Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 16. März 2010 - 11 K 4295/09

bei uns veröffentlicht am16.03.2010

Tenor

Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.08.2009 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet.
Der am ... 1992 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste am 02.03.2009 über den Flughafen Stuttgart in das Bundesgebiet ein. Dabei legte er bei der Einreisekontrolle eine gefälschte rumänische Identitätskarte vor. Aufgrund dieses Umstandes wurde er noch am 02.03.2009 im Flughafengelände Stuttgart festgenommen. Am 27.03.2009 stellte der Kläger beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen förmlichen Asylantrag.
Mit Urteil vom 02.07.2009 - 20 Ls 56 Js 18187/09 jug. - wurde der Kläger vom Amtsgericht Nürtingen - Jugendschöffengericht - wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen und unerlaubter Einreise zu einer Jugendstrafe von 6 Monaten verurteilt. Zur Strafzumessung wurde ausgeführt, eine Jugendstrafe von 6 Monaten sei zu verhängen, da die Schwere der Schuld zu bejahen sei. Eine Vollstreckung der Jugendstrafe zur Bewährung komme in Anbetracht der persönlichen Umstände des Angeklagten nicht in Betracht. Er habe in Deutschland keinerlei Hinwendungsort oder soziale Bindungen.
Mit Bescheid vom 10.08.2009 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland unter der Bedingung aus, dass sein Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter bzw. ohne die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, abgeschlossen wird. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger erfülle den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Aufgrund der offenbarten kriminellen Energie könne von einer für den Erlass einer Ausweisungsverfügung ausreichenden Wiederholungsgefahr ausgegangen werden. Die Ausweisung sei auch aus generalpräventiven Gründen gerechtfertigt. Denn die Straftaten der Urkundenfälschung in Tateinheit mit Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen und insbesondere unerlaubter Einreise nähmen immer mehr zu. Schutzwürdige persönliche, wirtschaftliche oder sonstige Bindungen im Sinne des § 55 Abs. 3 AufenthG bestünden nicht. Weniger belastende Mittel seien nicht ersichtlich. Die privaten Interessen des Klägers, nicht ausgewiesen zu werden, müssten hinter dem öffentlichen Interesse an der Ausweisung zurückstehen. § 56 Abs. 4 AufenthG hindere nicht die Ausweisung eines Asylbewerbers. Erforderlich sei lediglich die Verbindung der Ausweisungsverfügung mit einer aufschiebenden Bedingung.
Am 01.09.2009 wurde der Kläger aus der Haft entlassen.
Am 09.09.2009 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, das Regierungspräsidium Karlsruhe habe die schwierige Situation, in der sich Flüchtlinge, zumal aus einer Kriegs- und Krisenregion wie Afghanistan, befänden, nicht ausreichend berücksichtigt. Eine legale Einreise sei einem Flüchtling kaum möglich. Unberücksichtigt geblieben sei weiter, dass er ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling sei. Üblicherweise würden unbegleitete minderjährige Flüchtlinge vom örtlichen Jugendamt in Obhut genommen und nicht inhaftiert. Es sei ungewöhnlich, dass die illegale Einreise und der Besitz falscher Dokumente im Falle der Asylantragstellung verfolgt würden. Regelmäßig würden eingeleitete Verfahren eingestellt bzw. allenfalls Arbeitsstunden verhängt. Aufgrund seiner Traumatisierung habe er sich mehrere Wochen im Gefängniskrankenhaus aufgehalten.
In der mit Schriftsatz vom 02.03.2010 vorgelegten fachärztlichen Bescheinigung der Trauma-Ambulanz Stuttgart vom 01.03.2010 führt Dr. S aus, beim Kläger bestehe ein schweres depressives Syndrom und eine dissoziative Störung auf dem Boden einer schweren, von traumatischen Ereignissen geprägten Störung der Persönlichkeitsentwicklung. Der Kläger habe sich mehrmals während der U- bzw. Strafhaft im Justizvollzugskrankenhaus H. aufgehalten. Die von den dortigen Ärzten gestellten Diagnosen seien aus fachlicher Sicht nicht haltbar. Die Ärzte hätten beim Kläger konstante Selbstbeschädigungen, Suizidimpulse, Verzweiflung und Vereinsamung festgestellt. Bei dieser Symptomatik würde jeder kompetente Psychiater auf den Gedanken kommen, dass es sich um eine posttraumatische Folgestörung handeln könnte. Für diesen Befund sprächen auch die vom Kläger geschilderten intrusiven Erlebnisse, sein Vermeidungsverhalten, seine affektive Übererregung, sein selbstschädigendes Verhalten, der Verlust sozialer Kompetenz und seine fehlende Beziehungsfähigkeit. Es sei schwer verständlich, wie ein offenkundig schwer traumatisierter Jugendlicher wie der Kläger während seiner Haftzeit behandelt worden sei. Im Justizvollzugskrankenhaus H. sei der Kläger nicht exploriert, aber mit Medikamenten ruhiggestellt worden. Dieses Vorgehen sei unter fachlichen und ethischen Gesichtspunkten nicht nachvollziehbar. Dieser Umgang mit dem Kläger habe zu einer weiteren schwerwiegenden Traumatisierung geführt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.08.2009 aufzuheben.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Er verweist auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung. Ergänzend trägt er vor, es bestehe ein gewichtiges und überwiegendes öffentliches, die Ausweisung rechtfertigendes Interesse, gegen eine vorsätzliche Missachtung von Einreisevorschriften in Verbindung mit Urkundenfälschung und Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen zeitnah und konsequent einzuschreiten.
13 
Mit Bescheid vom 11.03.2010 stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fest, dass beim Kläger das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegt.
14 
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger vorgetragen, er habe den vom Amtsgericht Nürtingen bestellten Pflichtverteidiger, Rechtsanwalt ..., nicht ausgesucht. Im Gefängnis habe er ständig mit Suizidgedanken gekämpft. Die Ungewissheit über die Dauer der Haft habe ihm schwer zu schaffen gemacht. In der Haft sei er depressiv geworden und habe angefangen, sich zu schlagen und zu verletzen. Bei der Kontrolle durch die Grenzbeamten am Flughafen Stuttgart habe er erstmals um Asyl nachgesucht.
15 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die zur Sache gehörende Behördenakte und die beigezogene Strafakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Das Gericht kann trotz Ausbleibens eines Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da er bei der Ladung darauf hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
17 
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.08.2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
18 
Seit dem Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970) ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung bei allen Ausländern einheitlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45/06 - BVerwGE 130, 20 und Urt. v. 13.01.2009 - 1 C 2/08 - NVwZ 2009, 227). Durch die Zeitpunktverlagerung sind bei der Anfechtung einer Ausweisung während des gerichtlichen Verfahrens bis zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt neu eingetretene Tatsachen - sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Ausländers - zu berücksichtigen. Dies wirkt sich auch auf eine Ermessensentscheidung aus; diese bedarf bei Änderung der Sach- oder Rechtslage während des gerichtlichen Verfahrens der Aktualisierung (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.01.2009 - 1 C 2/08 - a.a.O.).
19 
Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat die Ausweisungsverfügung auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützt. Ob die dort genannten Voraussetzungen vorliegen, erscheint im Hinblick auf die erstmalige strafrechtliche Verfehlung des Klägers und eine fehlende Wiederholungsgefahr höchst zweifelhaft (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2004 - 1 C 23/03 - BVerwGE 122, 199). Dies braucht jedoch nicht weiter vertieft zu werden. Denn der Beklagte hat die Ausweisung des Klägers jedenfalls ermessensfehlerhaft verfügt.
20 
Eine Ausweisungsentscheidung nach § 55 AufenthG erfordert eine sachgerechte Abwägung der öffentlichen Interessen an einer Ausreise des Ausländers mit den Interessen des Ausländers an einem weiteren Aufenthalt (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.1996 - 1 C 9/94 - BVerwGE 102, 63). Dabei darf sich die Ausländerbehörde in ihrer Abwägung auch an den in §§ 53 bis 55 AufenthG aufgeführten Ausweisungsgründen als - weder abschließenden noch zwingenden - Wertungen des Gesetzgebers orientieren. Die darin normierten Tatbestände dürfen allerdings nicht im Sinne einer Regelvermutung oder einer sonstigen schematisierenden Entscheidungsdirektive angewendet werden, die auch nur den Anschein eines Automatismus begründet (vgl. BVerwG, Urt. v. 02.09.2009 - 1 C 2/09 - InfAuslR 2010, 3 -). Vielmehr ist stets auf die Umstände und Besonderheiten des Einzelfalles abzustellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 30/02 - BVerwGE 121, 297 und Urt. v. 02.09.2009 - 1 C 2/09 a.a.O.).
21 
Die danach zu treffende Ermessensentscheidung kann nur Bestand haben, wenn die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung der behördlichen Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 1 VwGO ergibt, dass die Behörde die erforderliche Abwägung vorgenommen und dabei die wesentlichen Umstände des Einzelfalles einschließlich der Interessen des Ausländers an einem weiteren Aufenthalt berücksichtigt hat. Der nach Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich garantierte gerichtliche Rechtsschutz setzt voraus, dass die Behörde offenbart, von welchen Gesichtspunkten sie sich bei der Ausübung des Ermessens hat leiten lassen. Diesem Zweck dient auch die Pflicht zur Begründung von Verwaltungsakten gemäß § 39 Abs. 1 LVwVfG (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.1996 - 1 C 9/94 - a.a.O. und Urt. v. 05.09.2006 - 1 C 20/05 - NVwZ 2007, 470). Die Ermessensentscheidung ist danach fehlerhaft, wenn die Behörde bei Ihrer Ermessensbetätigung von unzutreffenden tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen ausgeht oder wenn sie die in die Ermessensbetätigung eingestellten Umstände in einer nicht dem Zweck des Gesetzes entsprechenden Weise gewichtet (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. § 114 Rn. 12 ff. m.w.N.).
22 
Vorliegend liegt ein Ermessensfehler schon darin, dass der Beklagte nicht alle Ermittlungen durchgeführt und insbesondere die Strafakte nicht ausgewertet hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 - NVwZ 2007, 1300). Eine auch - wie im vorliegenden Fall - auf generalpräventive Gesichtspunkte gestützte Ausweisung setzt voraus, dass die Ausländerbehörde die Umstände der Straftat und die persönlichen Verhältnisse des Betroffenen von Amts wegen sorgfältig ermittelt und eingehend würdigt; vor Erlass einer Ausweisungsentscheidung ist deshalb die Einsicht in die Strafakte unerlässlich (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 a.a.O.).
23 
Ein weiterer Ermessensfehler liegt darin, dass der Beklagte es unterlassen hat, die Strafvollstreckungsakte und die Gefangenenpersonalakte heranzuziehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.12.2008 - 11 S 1453/07 - VBlBW 2009, 274). Der Kläger befand sich zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Ausweisung in Strafhaft. Es wäre daher für eine fehlerfreie Ermessensentscheidung geboten gewesen, diese Akten beizuziehen. In diesem Fall wäre dem Beklagten auch die Erkrankung des Klägers nicht verborgen geblieben.
24 
Die Annahme des Beklagten im angefochtenen Bescheid, dass der Kläger auch in Zukunft in ähnlicher Weise straffällig werde und ihm eine günstige Sozialprognose nicht gestellt werden könne, ist gleichfalls ermessensfehlerhaft. Aufgrund der konkreten Umstände des vorliegenden Falles vermag das Gericht die Gefahr einer Wiederholung des Urkundendelikts nicht zu erkennen. Der Kläger hat die Urkundenfälschung begangen, um nach Deutschland einreisen und hier einen Asylantrag stellen zu können. Nach Erreichen dieses Ziels gibt es keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Kläger werde erneut mit Hilfe einer Urkundenfälschung in das Bundesgebiet einreisen, zumal eine Abschiebung des Klägers im Hinblick auf das vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 11.03.2010 festgestellte Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausscheidet. Dem Kläger kann deshalb - jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung - eine günstige Prognose gestellt werden.
25 
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Höhe der vom Amtsgericht Nürtingen mit Urteil vom 02.07.2009 - 20 Ls 56 Js 18187/09 jug. - ausgesprochenen Jugendstrafe von 6 Monaten ohne Bewährung. Zwar kann die Strafhöhe auf das Maß der Schuld und die Gefährlichkeit des Täters und damit auch auf eine Wiederholungsgefahr schließen lassen. Das Urteil des Amtsgerichts Nürtingen - Jugendschöffengericht - vom 02.07.2009 weist indes mehrere Rechtsfehler auf, kann deshalb nicht überzeugen und folglich keine indizielle Wirkung für eine Wiederholungsgefahr entfalten.
26 
Das Amtsgericht Nürtingen - Jugendschöffengericht - hat die Verhängung der Jugendstrafe allein auf den Gesichtspunkt der „Schwere der Schuld“ gestützt. Die Schwere der Schuld im Sinne von § 17 Abs. 2 JGG ist vor allem bei Kapitalverbrechen zu bejahen und wird daneben in der Regel nur bei anderen besonders schweren Taten in Betracht kommen (vgl. BGH, Urt. v. 07.10.2004 - 3 StR 136/04 - StV 2005, 66; KG Berlin, Beschl. v. 07.10.2008 - 1 Ss 345/08 - StV 2009, 91). Dagegen kann ein Vergehen mit vergleichsweise geringem Gewicht - selbst wenn es eine äußerst niederträchtige Tat darstellt und bedenkenlos begangen wurde - die Schwere der Schuld nicht begründen (vgl. BGH, Urt. v. 07.10.2004 - 3 StR 136/04 - a.a.O.). Eine derartige besonders schwere Tat hat das Amtsgericht Nürtingen in seinem Urteil nicht festgestellt und ist vorliegend auch nicht feststellbar. Darüber hinaus ist die Verhängung von Jugendstrafe allein wegen der Schwere der Schuld nur dann zulässig, wenn diese aus erzieherischen Gründen erforderlich ist (vgl. BGH, Urt. v. 29.09.1961 - 4 StR 301/61 - BGHSt 16, 261 und Urt. v. 09.08.2000 - 3 StR 176/00 - NStZ-RR 2001, 215; OLG Schleswig, Beschl. v. 22.12.2003 - 1 Ss 128/03 - juris). Diesen Anforderungen werden die Strafzumessungserwägungen des Amtsgerichts Nürtingen - Jugendschöffengericht - in seinem Urteil vom 02.07.2009 in keinster Weise gerecht. Die erzieherischen Gründe für die gewählte Rechtsfolge sind mit keinem Wort dargelegt. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger nicht vorbestraft ist, hätte gerade die Erforderlichkeit der Jugendstrafe besonderer Begründung bedurft (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.08.2007 - III - 2 Ss 92/07 - juris -).
27 
Im Hinblick auf die Versagung der Aussetzung der Strafe zur Bewährung im Urteil des Amtsgerichts Nürtingen - Jugendschöffengericht - vom 02.07.2009 ist festzustellen, dass das Jugendschöffengericht den Inhalt des § 21 Abs. 1 JGG verkannt und maßgebliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Das Urteil des Amtsgerichts Nürtingen lässt die für die Anwendung des § 21 Abs. 1 JGG notwendige Gesamtwürdigung der in der Tat und in der Täterpersönlichkeit liegenden Umstände unter Berücksichtigung des das Jugendstrafrecht beherrschenden Erziehungsgedankens vermissen (vgl. BGH, Beschl. v. 06.11.1986 - 1 StR 440/86 - juris - und Beschl. v. 11.06.1993 - 4 StR 244/93 - StV 1993, 533). Vielmehr stützt das Jugendschöffengericht die Versagung einer Strafaussetzung zur Bewährung lediglich auf den fehlenden Hinwendungsort des Klägers und seine fehlenden sozialen Bindungen. Diese Erwägung wird der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht gerecht. So setzt sich das Amtsgericht Nürtingen nicht damit auseinander, welche Wirkungen der Vollzug der Untersuchungshaft für die weitere Lebensführung des Klägers entfaltet (vgl. BGH, Beschl. v. 26.10.2006 - 3 StR 326/06 - StV 2008, 113). Das Amtsgericht Nürtingen hat weiter nicht berücksichtigt, dass der Kläger bisher nicht vorbestraft ist. Bei der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung muss indes das Fehlen von Vorstrafen berücksichtigt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 12.03.1987 - 4 StR 94/87 - juris -). Schließlich hätte berücksichtigt werden müssen, dass der Kläger schon im Ermittlungsverfahren ein umfassendes Geständnis abgelegt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 11.10.1985 - 2 StR 458/85 - StV 1986, 69).
28 
Das Amtsgericht Nürtingen - Jugendschöffengericht - hat den Kläger zudem unter Verkennung der Rechtsvoraussetzungen auch wegen unerlaubter Einreise verurteilt. Zwar können grundsätzlich auch Asylbewerber den Tatbestand der unerlaubten Einreise (§ 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG) verwirklichen. Eine unerlaubte Einreise im Sinne dieser Bestimmung liegt jedoch dann nicht vor, wenn der Ausländer zwar nicht im Besitz der erforderlichen Einreisepapiere ist, aber entsprechend § 13 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG bereits an der Grenze um Asyl nachgesucht hat und ihm daraufhin von der Grenzbehörde gemäß § 18 Abs. 2 AsylVfG die Einreise gestattet wurde (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AsylVfG RdNr. 17; Funke-Kaiser in: GK-AufenthG § 14 RdNr. 16 ff.). Denn die Gestattung der Einreise nach § 18 AsylVfG gilt als Sondertatbestand, durch den die allgemeinen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes über die Anforderungen an eine erlaubte Einreise (§ 14 AufenthG) modifiziert werden (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, § 14 AufenthG RdNr. 30). Nach diesen Vorgaben kann vorliegend von einer unerlaubten Einreise des Klägers keine Rede sein.
29 
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt, dass er am Flughafen Stuttgart bei der Kontrolle durch die Grenzbeamten um Asyl nachgesucht hat. Dies wird bestätigt durch die in der Strafakte enthaltene Beschuldigtenvernehmung durch das Amtsgericht Nürtingen vom 03.03.2009. Bei dieser Vernehmung hat der Kläger angegeben, er möchte in Deutschland Asyl bekommen. Nachdem er sich in Afghanistan geweigert habe, im Opium-Geschäft mitzuarbeiten, sei sein Leben in Gefahr gewesen. Sein Stiefvater habe ihn mit einer zerbrochenen Flasche geschlagen. Anschließend sei er geflohen. Dieses Vorbringen ist materiell als Asylgesuch im Sinne des § 13 Abs. 1 AsylVfG zu qualifizieren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.03.2006 - 1 B 126/05 - NVwZ 2006, 830; BGH, Beschl. v. 21.11.2002 - V ZB 49/02 - BGHZ 153, 18). Trotz der Einreise über einen sicheren Drittstaat (Griechenland) wurde dem Kläger die Einreise in das Bundesgebiet durch die Grenzbehörde nicht verweigert (§ 18 Abs. 2 AsylVfG). Dies ist im Hinblick auf die mittlerweile ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu Rücküberstellungen nach Griechenland auf der Grundlage der Dublin-Verordnung auch nachvollziehbar (vgl. Beschl. v. 08.09.2009 - 2 BvQ 56/09 - DVBl 2009, 1304; Beschl. v. 23.09.2009 - 2 BvQ 68/09 - juris - und Beschl. v. 08.12.2009 - 2 BvR 2780/09 - juris -). Aufgrund des an der Grenze gestellten Asylgesuchs hätte der Kläger an die nächst gelegene Aufnahmeeinrichtung zur Meldung weitergeleitet werden müssen (§ 18 Abs. 1 AsylVfG). Da somit die Einreise nicht unerlaubt war, erwarb der Kläger die Aufenthaltsgestattung nicht erst mit Stellung des förmlichen Asylantrags (§ 55 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG); vielmehr trat mit dem Nachsuchen um Asyl an der Grenze (unabhängig von der förmlichen Asylantragstellung) die Gestattungswirkung des § 55 AsylVfG ein (vgl. Funke-Kaiser a.a.O. RdNr. 17). Das Amtsgericht Nürtingen - Jugendschöffengericht - ist nach allem in seinem Urteil vom 02.07.2009 zu Unrecht davon ausgegangen, der Kläger sei (auch) der unerlaubten Einreise schuldig. Zwar hat der vom Amtsgericht Nürtingen dem Kläger bestellte Pflichtverteidiger in der Hauptverhandlung vom 02.07.2009 eine Jugendstrafe von 6 Monaten beantragt. Dieses nicht nachvollziehbare Verhalten des Pflichtverteidigers, das bei wohlwollender Betrachtung auf unzureichenden Rechtskenntnissen beruhen dürfte, kann gleichwohl die rechtsfehlerhafte Entscheidung des Amtsgerichts Nürtingen - Jugendschöffengericht - vom 07.02.2009 nicht exkulpieren.
30 
Der Ausweisungsbescheid des Beklagten leidet zudem an weiteren Ermessensfehlern: Nach der vom Kläger vorgelegten fachärztlichen Bescheinigung von Dr. S vom 01.03.2010 leidet er an einem schweren depressiven Syndrom und an einer dissoziativen Störung auf dem Boden einer schweren, von traumatischen Ereignissen geprägten Störung der Persönlichkeitsentwicklung. Diese Erkrankung ist nach dem Inhalt der fachärztlichen Bescheinigung auch auf die erlittene Untersuchungs- bzw. Strafhaft zurückzuführen. Da maßgebend auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen ist, hätte auch dieser Umstand noch nachträglich vom Beklagten berücksichtigt werden müssen. Dies ist indes nicht geschehen. Entsprechendes gilt im Hinblick auf das vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 11.03.2010 festgestellte Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
31 
Im angefochtenen Bescheid hat der Beklagte schließlich auch die spezifische Situation des Klägers als minderjähriger Afghane nicht berücksichtigt und auch nicht gewichtet. Im Rahmen der nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 AufenthG anzustellenden Ermessenserwägungen darf aber nicht unberücksichtigt bleiben, ob und in welchem Maß den Betroffenen hinsichtlich des Rechtsverstoßes, der zum Anlass für die Ausweisung genommen werden soll, ein Vorwurf trifft (vgl. VGH München, Beschl. v. 25.03.2008 - 19 ZB 08.342 - juris -). Ob die Ausländerbehörde bei der Ausübung des Ausweisungsermessens zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote bei Asylbewerbern prüfen und berücksichtigen muss (so Discher in GK-AufenthG II § 55 RdNr. 1468 ff.; a. A. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2003 - 13 S 1113/02 - VBlBW 2003, 486), kann dahingestellt bleiben. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hätte jedenfalls berücksichtigen müssen, dass bei der gegenwärtigen innenpolitischen Situation in Afghanistan die Vorgehensweise des Klägers, nämlich sein Heimatland zu verlassen und eine bessere Zukunft im Ausland zu suchen, sich als zumindest nachvollziehbar erweist. Hinsichtlich dieses Umstandes stellt sich mangels Identität des Prüfungsgegenstandes nicht die Frage einer Vorgreiflichkeit der Entscheidung des Bundesamts über die Asyl- oder Flüchtlingsanerkennung sowie zu Abschiebungsverboten. Zwar bleibt die Verwendung einer gefälschten Identitätskarte auch in einem solchen Kontext eine rechtswidrige Tat. Im Rahmen einer staatlichen Sanktion ist jedoch eine erkennbare und auch in der mündlichen Verhandlung deutlich zutage getretene Motivationslage angemessen zu berücksichtigen. Insbesondere wenn - wie im vorliegenden Fall - eine Wiederholungsgefahr nicht droht, kann dies Anlass sein, eine gewisse Nachsicht walten zu lassen, zumal der Kläger sechs Monate Untersuchungs- bzw. Strafhaft hinter sich hat.
32 
Ermessenserwägungen hat der Beklagte nicht nachgeschoben. Von der Möglichkeit, in Erfüllung seiner Pflicht zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle seine Ermessenserwägungen in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO im laufenden Verfahren zu aktualisieren (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.01.2009 - 1 C 2.08 - a.a.O.), hat der Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.08.2009 ist folglich aufgrund der dargelegten Ermessensfehler aufzuheben.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
16 
Das Gericht kann trotz Ausbleibens eines Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da er bei der Ladung darauf hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
17 
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.08.2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
18 
Seit dem Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970) ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung bei allen Ausländern einheitlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45/06 - BVerwGE 130, 20 und Urt. v. 13.01.2009 - 1 C 2/08 - NVwZ 2009, 227). Durch die Zeitpunktverlagerung sind bei der Anfechtung einer Ausweisung während des gerichtlichen Verfahrens bis zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt neu eingetretene Tatsachen - sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Ausländers - zu berücksichtigen. Dies wirkt sich auch auf eine Ermessensentscheidung aus; diese bedarf bei Änderung der Sach- oder Rechtslage während des gerichtlichen Verfahrens der Aktualisierung (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.01.2009 - 1 C 2/08 - a.a.O.).
19 
Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat die Ausweisungsverfügung auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützt. Ob die dort genannten Voraussetzungen vorliegen, erscheint im Hinblick auf die erstmalige strafrechtliche Verfehlung des Klägers und eine fehlende Wiederholungsgefahr höchst zweifelhaft (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2004 - 1 C 23/03 - BVerwGE 122, 199). Dies braucht jedoch nicht weiter vertieft zu werden. Denn der Beklagte hat die Ausweisung des Klägers jedenfalls ermessensfehlerhaft verfügt.
20 
Eine Ausweisungsentscheidung nach § 55 AufenthG erfordert eine sachgerechte Abwägung der öffentlichen Interessen an einer Ausreise des Ausländers mit den Interessen des Ausländers an einem weiteren Aufenthalt (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.1996 - 1 C 9/94 - BVerwGE 102, 63). Dabei darf sich die Ausländerbehörde in ihrer Abwägung auch an den in §§ 53 bis 55 AufenthG aufgeführten Ausweisungsgründen als - weder abschließenden noch zwingenden - Wertungen des Gesetzgebers orientieren. Die darin normierten Tatbestände dürfen allerdings nicht im Sinne einer Regelvermutung oder einer sonstigen schematisierenden Entscheidungsdirektive angewendet werden, die auch nur den Anschein eines Automatismus begründet (vgl. BVerwG, Urt. v. 02.09.2009 - 1 C 2/09 - InfAuslR 2010, 3 -). Vielmehr ist stets auf die Umstände und Besonderheiten des Einzelfalles abzustellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 30/02 - BVerwGE 121, 297 und Urt. v. 02.09.2009 - 1 C 2/09 a.a.O.).
21 
Die danach zu treffende Ermessensentscheidung kann nur Bestand haben, wenn die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung der behördlichen Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 1 VwGO ergibt, dass die Behörde die erforderliche Abwägung vorgenommen und dabei die wesentlichen Umstände des Einzelfalles einschließlich der Interessen des Ausländers an einem weiteren Aufenthalt berücksichtigt hat. Der nach Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich garantierte gerichtliche Rechtsschutz setzt voraus, dass die Behörde offenbart, von welchen Gesichtspunkten sie sich bei der Ausübung des Ermessens hat leiten lassen. Diesem Zweck dient auch die Pflicht zur Begründung von Verwaltungsakten gemäß § 39 Abs. 1 LVwVfG (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.1996 - 1 C 9/94 - a.a.O. und Urt. v. 05.09.2006 - 1 C 20/05 - NVwZ 2007, 470). Die Ermessensentscheidung ist danach fehlerhaft, wenn die Behörde bei Ihrer Ermessensbetätigung von unzutreffenden tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen ausgeht oder wenn sie die in die Ermessensbetätigung eingestellten Umstände in einer nicht dem Zweck des Gesetzes entsprechenden Weise gewichtet (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. § 114 Rn. 12 ff. m.w.N.).
22 
Vorliegend liegt ein Ermessensfehler schon darin, dass der Beklagte nicht alle Ermittlungen durchgeführt und insbesondere die Strafakte nicht ausgewertet hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 - NVwZ 2007, 1300). Eine auch - wie im vorliegenden Fall - auf generalpräventive Gesichtspunkte gestützte Ausweisung setzt voraus, dass die Ausländerbehörde die Umstände der Straftat und die persönlichen Verhältnisse des Betroffenen von Amts wegen sorgfältig ermittelt und eingehend würdigt; vor Erlass einer Ausweisungsentscheidung ist deshalb die Einsicht in die Strafakte unerlässlich (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 a.a.O.).
23 
Ein weiterer Ermessensfehler liegt darin, dass der Beklagte es unterlassen hat, die Strafvollstreckungsakte und die Gefangenenpersonalakte heranzuziehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.12.2008 - 11 S 1453/07 - VBlBW 2009, 274). Der Kläger befand sich zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Ausweisung in Strafhaft. Es wäre daher für eine fehlerfreie Ermessensentscheidung geboten gewesen, diese Akten beizuziehen. In diesem Fall wäre dem Beklagten auch die Erkrankung des Klägers nicht verborgen geblieben.
24 
Die Annahme des Beklagten im angefochtenen Bescheid, dass der Kläger auch in Zukunft in ähnlicher Weise straffällig werde und ihm eine günstige Sozialprognose nicht gestellt werden könne, ist gleichfalls ermessensfehlerhaft. Aufgrund der konkreten Umstände des vorliegenden Falles vermag das Gericht die Gefahr einer Wiederholung des Urkundendelikts nicht zu erkennen. Der Kläger hat die Urkundenfälschung begangen, um nach Deutschland einreisen und hier einen Asylantrag stellen zu können. Nach Erreichen dieses Ziels gibt es keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Kläger werde erneut mit Hilfe einer Urkundenfälschung in das Bundesgebiet einreisen, zumal eine Abschiebung des Klägers im Hinblick auf das vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 11.03.2010 festgestellte Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausscheidet. Dem Kläger kann deshalb - jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung - eine günstige Prognose gestellt werden.
25 
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Höhe der vom Amtsgericht Nürtingen mit Urteil vom 02.07.2009 - 20 Ls 56 Js 18187/09 jug. - ausgesprochenen Jugendstrafe von 6 Monaten ohne Bewährung. Zwar kann die Strafhöhe auf das Maß der Schuld und die Gefährlichkeit des Täters und damit auch auf eine Wiederholungsgefahr schließen lassen. Das Urteil des Amtsgerichts Nürtingen - Jugendschöffengericht - vom 02.07.2009 weist indes mehrere Rechtsfehler auf, kann deshalb nicht überzeugen und folglich keine indizielle Wirkung für eine Wiederholungsgefahr entfalten.
26 
Das Amtsgericht Nürtingen - Jugendschöffengericht - hat die Verhängung der Jugendstrafe allein auf den Gesichtspunkt der „Schwere der Schuld“ gestützt. Die Schwere der Schuld im Sinne von § 17 Abs. 2 JGG ist vor allem bei Kapitalverbrechen zu bejahen und wird daneben in der Regel nur bei anderen besonders schweren Taten in Betracht kommen (vgl. BGH, Urt. v. 07.10.2004 - 3 StR 136/04 - StV 2005, 66; KG Berlin, Beschl. v. 07.10.2008 - 1 Ss 345/08 - StV 2009, 91). Dagegen kann ein Vergehen mit vergleichsweise geringem Gewicht - selbst wenn es eine äußerst niederträchtige Tat darstellt und bedenkenlos begangen wurde - die Schwere der Schuld nicht begründen (vgl. BGH, Urt. v. 07.10.2004 - 3 StR 136/04 - a.a.O.). Eine derartige besonders schwere Tat hat das Amtsgericht Nürtingen in seinem Urteil nicht festgestellt und ist vorliegend auch nicht feststellbar. Darüber hinaus ist die Verhängung von Jugendstrafe allein wegen der Schwere der Schuld nur dann zulässig, wenn diese aus erzieherischen Gründen erforderlich ist (vgl. BGH, Urt. v. 29.09.1961 - 4 StR 301/61 - BGHSt 16, 261 und Urt. v. 09.08.2000 - 3 StR 176/00 - NStZ-RR 2001, 215; OLG Schleswig, Beschl. v. 22.12.2003 - 1 Ss 128/03 - juris). Diesen Anforderungen werden die Strafzumessungserwägungen des Amtsgerichts Nürtingen - Jugendschöffengericht - in seinem Urteil vom 02.07.2009 in keinster Weise gerecht. Die erzieherischen Gründe für die gewählte Rechtsfolge sind mit keinem Wort dargelegt. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger nicht vorbestraft ist, hätte gerade die Erforderlichkeit der Jugendstrafe besonderer Begründung bedurft (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.08.2007 - III - 2 Ss 92/07 - juris -).
27 
Im Hinblick auf die Versagung der Aussetzung der Strafe zur Bewährung im Urteil des Amtsgerichts Nürtingen - Jugendschöffengericht - vom 02.07.2009 ist festzustellen, dass das Jugendschöffengericht den Inhalt des § 21 Abs. 1 JGG verkannt und maßgebliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Das Urteil des Amtsgerichts Nürtingen lässt die für die Anwendung des § 21 Abs. 1 JGG notwendige Gesamtwürdigung der in der Tat und in der Täterpersönlichkeit liegenden Umstände unter Berücksichtigung des das Jugendstrafrecht beherrschenden Erziehungsgedankens vermissen (vgl. BGH, Beschl. v. 06.11.1986 - 1 StR 440/86 - juris - und Beschl. v. 11.06.1993 - 4 StR 244/93 - StV 1993, 533). Vielmehr stützt das Jugendschöffengericht die Versagung einer Strafaussetzung zur Bewährung lediglich auf den fehlenden Hinwendungsort des Klägers und seine fehlenden sozialen Bindungen. Diese Erwägung wird der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht gerecht. So setzt sich das Amtsgericht Nürtingen nicht damit auseinander, welche Wirkungen der Vollzug der Untersuchungshaft für die weitere Lebensführung des Klägers entfaltet (vgl. BGH, Beschl. v. 26.10.2006 - 3 StR 326/06 - StV 2008, 113). Das Amtsgericht Nürtingen hat weiter nicht berücksichtigt, dass der Kläger bisher nicht vorbestraft ist. Bei der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung muss indes das Fehlen von Vorstrafen berücksichtigt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 12.03.1987 - 4 StR 94/87 - juris -). Schließlich hätte berücksichtigt werden müssen, dass der Kläger schon im Ermittlungsverfahren ein umfassendes Geständnis abgelegt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 11.10.1985 - 2 StR 458/85 - StV 1986, 69).
28 
Das Amtsgericht Nürtingen - Jugendschöffengericht - hat den Kläger zudem unter Verkennung der Rechtsvoraussetzungen auch wegen unerlaubter Einreise verurteilt. Zwar können grundsätzlich auch Asylbewerber den Tatbestand der unerlaubten Einreise (§ 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG) verwirklichen. Eine unerlaubte Einreise im Sinne dieser Bestimmung liegt jedoch dann nicht vor, wenn der Ausländer zwar nicht im Besitz der erforderlichen Einreisepapiere ist, aber entsprechend § 13 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG bereits an der Grenze um Asyl nachgesucht hat und ihm daraufhin von der Grenzbehörde gemäß § 18 Abs. 2 AsylVfG die Einreise gestattet wurde (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AsylVfG RdNr. 17; Funke-Kaiser in: GK-AufenthG § 14 RdNr. 16 ff.). Denn die Gestattung der Einreise nach § 18 AsylVfG gilt als Sondertatbestand, durch den die allgemeinen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes über die Anforderungen an eine erlaubte Einreise (§ 14 AufenthG) modifiziert werden (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, § 14 AufenthG RdNr. 30). Nach diesen Vorgaben kann vorliegend von einer unerlaubten Einreise des Klägers keine Rede sein.
29 
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt, dass er am Flughafen Stuttgart bei der Kontrolle durch die Grenzbeamten um Asyl nachgesucht hat. Dies wird bestätigt durch die in der Strafakte enthaltene Beschuldigtenvernehmung durch das Amtsgericht Nürtingen vom 03.03.2009. Bei dieser Vernehmung hat der Kläger angegeben, er möchte in Deutschland Asyl bekommen. Nachdem er sich in Afghanistan geweigert habe, im Opium-Geschäft mitzuarbeiten, sei sein Leben in Gefahr gewesen. Sein Stiefvater habe ihn mit einer zerbrochenen Flasche geschlagen. Anschließend sei er geflohen. Dieses Vorbringen ist materiell als Asylgesuch im Sinne des § 13 Abs. 1 AsylVfG zu qualifizieren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.03.2006 - 1 B 126/05 - NVwZ 2006, 830; BGH, Beschl. v. 21.11.2002 - V ZB 49/02 - BGHZ 153, 18). Trotz der Einreise über einen sicheren Drittstaat (Griechenland) wurde dem Kläger die Einreise in das Bundesgebiet durch die Grenzbehörde nicht verweigert (§ 18 Abs. 2 AsylVfG). Dies ist im Hinblick auf die mittlerweile ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu Rücküberstellungen nach Griechenland auf der Grundlage der Dublin-Verordnung auch nachvollziehbar (vgl. Beschl. v. 08.09.2009 - 2 BvQ 56/09 - DVBl 2009, 1304; Beschl. v. 23.09.2009 - 2 BvQ 68/09 - juris - und Beschl. v. 08.12.2009 - 2 BvR 2780/09 - juris -). Aufgrund des an der Grenze gestellten Asylgesuchs hätte der Kläger an die nächst gelegene Aufnahmeeinrichtung zur Meldung weitergeleitet werden müssen (§ 18 Abs. 1 AsylVfG). Da somit die Einreise nicht unerlaubt war, erwarb der Kläger die Aufenthaltsgestattung nicht erst mit Stellung des förmlichen Asylantrags (§ 55 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG); vielmehr trat mit dem Nachsuchen um Asyl an der Grenze (unabhängig von der förmlichen Asylantragstellung) die Gestattungswirkung des § 55 AsylVfG ein (vgl. Funke-Kaiser a.a.O. RdNr. 17). Das Amtsgericht Nürtingen - Jugendschöffengericht - ist nach allem in seinem Urteil vom 02.07.2009 zu Unrecht davon ausgegangen, der Kläger sei (auch) der unerlaubten Einreise schuldig. Zwar hat der vom Amtsgericht Nürtingen dem Kläger bestellte Pflichtverteidiger in der Hauptverhandlung vom 02.07.2009 eine Jugendstrafe von 6 Monaten beantragt. Dieses nicht nachvollziehbare Verhalten des Pflichtverteidigers, das bei wohlwollender Betrachtung auf unzureichenden Rechtskenntnissen beruhen dürfte, kann gleichwohl die rechtsfehlerhafte Entscheidung des Amtsgerichts Nürtingen - Jugendschöffengericht - vom 07.02.2009 nicht exkulpieren.
30 
Der Ausweisungsbescheid des Beklagten leidet zudem an weiteren Ermessensfehlern: Nach der vom Kläger vorgelegten fachärztlichen Bescheinigung von Dr. S vom 01.03.2010 leidet er an einem schweren depressiven Syndrom und an einer dissoziativen Störung auf dem Boden einer schweren, von traumatischen Ereignissen geprägten Störung der Persönlichkeitsentwicklung. Diese Erkrankung ist nach dem Inhalt der fachärztlichen Bescheinigung auch auf die erlittene Untersuchungs- bzw. Strafhaft zurückzuführen. Da maßgebend auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen ist, hätte auch dieser Umstand noch nachträglich vom Beklagten berücksichtigt werden müssen. Dies ist indes nicht geschehen. Entsprechendes gilt im Hinblick auf das vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 11.03.2010 festgestellte Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
31 
Im angefochtenen Bescheid hat der Beklagte schließlich auch die spezifische Situation des Klägers als minderjähriger Afghane nicht berücksichtigt und auch nicht gewichtet. Im Rahmen der nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 AufenthG anzustellenden Ermessenserwägungen darf aber nicht unberücksichtigt bleiben, ob und in welchem Maß den Betroffenen hinsichtlich des Rechtsverstoßes, der zum Anlass für die Ausweisung genommen werden soll, ein Vorwurf trifft (vgl. VGH München, Beschl. v. 25.03.2008 - 19 ZB 08.342 - juris -). Ob die Ausländerbehörde bei der Ausübung des Ausweisungsermessens zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote bei Asylbewerbern prüfen und berücksichtigen muss (so Discher in GK-AufenthG II § 55 RdNr. 1468 ff.; a. A. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.05.2003 - 13 S 1113/02 - VBlBW 2003, 486), kann dahingestellt bleiben. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hätte jedenfalls berücksichtigen müssen, dass bei der gegenwärtigen innenpolitischen Situation in Afghanistan die Vorgehensweise des Klägers, nämlich sein Heimatland zu verlassen und eine bessere Zukunft im Ausland zu suchen, sich als zumindest nachvollziehbar erweist. Hinsichtlich dieses Umstandes stellt sich mangels Identität des Prüfungsgegenstandes nicht die Frage einer Vorgreiflichkeit der Entscheidung des Bundesamts über die Asyl- oder Flüchtlingsanerkennung sowie zu Abschiebungsverboten. Zwar bleibt die Verwendung einer gefälschten Identitätskarte auch in einem solchen Kontext eine rechtswidrige Tat. Im Rahmen einer staatlichen Sanktion ist jedoch eine erkennbare und auch in der mündlichen Verhandlung deutlich zutage getretene Motivationslage angemessen zu berücksichtigen. Insbesondere wenn - wie im vorliegenden Fall - eine Wiederholungsgefahr nicht droht, kann dies Anlass sein, eine gewisse Nachsicht walten zu lassen, zumal der Kläger sechs Monate Untersuchungs- bzw. Strafhaft hinter sich hat.
32 
Ermessenserwägungen hat der Beklagte nicht nachgeschoben. Von der Möglichkeit, in Erfüllung seiner Pflicht zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle seine Ermessenserwägungen in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO im laufenden Verfahren zu aktualisieren (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.01.2009 - 1 C 2.08 - a.a.O.), hat der Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.08.2009 ist folglich aufgrund der dargelegten Ermessensfehler aufzuheben.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 16. März 2010 - 11 K 4295/09

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 16. März 2010 - 11 K 4295/09

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels
Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 16. März 2010 - 11 K 4295/09 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 55 Bleibeinteresse


(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 53 Ausweisung


(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 56 Überwachung ausreisepflichtiger Ausländer aus Gründen der inneren Sicherheit


(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei de

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 95 Strafvorschriften


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,2. ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet a

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 14 Unerlaubte Einreise; Ausnahme-Visum


(1) Die Einreise eines Ausländers in das Bundesgebiet ist unerlaubt, wenn er 1. einen erforderlichen Pass oder Passersatz gemäß § 3 Abs. 1 nicht besitzt,2. den nach § 4 erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt,2a. zwar ein nach § 4 erforderliche

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 17 Form und Voraussetzungen


(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung. (2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 21 Strafaussetzung


(1) Bei der Verurteilung zu einer Jugendstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Jugendliche sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und auch oh

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 16. März 2010 - 11 K 4295/09 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 16. März 2010 - 11 K 4295/09 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Nov. 2002 - V ZB 49/02

bei uns veröffentlicht am 21.11.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 49/02 vom 21. November 2002 In der Freiheitsentziehungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja AsylVfG §§ 13 Abs. 1, 14, 55 Abs. 1 S. 3 a) Die Aufenthaltsgestattung des unerlaubt aus einem sicheren Dri

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BVERFG 2 BvR 2780/09

bei uns veröffentlicht am 01.12.2010

Tenor Die einstweilige Anordnung vom 8. Dezember 2009 wird für die Dauer von weiteren sechs Monaten, längstens bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, wiederholt.

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.

(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 136/04
vom
7. Oktober 2004
in der Strafsache
gegen
wegen fahrlässiger Tötung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Oktober
2004, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Winkler
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Becker,
Hubert
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 7. November 2003 wird, soweit es die Angeklagte B. betrifft, verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels sowie die der Angeklagten B. dadurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen fahrlässiger Tötung zur Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge. Dem Rechtsmittel bleibt der Erfolg versagt.
Die sachlichrechtliche Überprüfung des Urteils hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erbracht (§ 349 Abs. 2 StPO).
Dies gilt auch hinsichtlich der von der Revision in mehrfacher Hinsicht beanstandeten Beweiswürdigung der Jugendkammer.
Das Ergebnis der Beweisaufnahme festzustellen und zu würdigen ist allein Sache des Tatrichters. Die sachlichrechtliche Prüfung durch das Revisionsgericht beschränkt sich auch insoweit darauf, ob die Entscheidung Rechtsfehler aufweist. Gemessen an den nach ständiger Rechtsprechung maßgebli-
chen Grundsätzen (vgl. nur BGHSt 10, 208, 209; 21, 149, 151; 29, 18, 20; Schoreit in KK 5. Aufl. § 261 Rdn. 51), läßt die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils keinen durchgreifenden Rechtsfehler erkennen.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin erweist sich die Beweiswürdigung der Jugendkammer insgesamt betrachtet weder als widersprüchlich noch als lückenhaft. Das Tatgericht hat vielmehr eine erschöpfende Würdigung der vorhandenen Beweisanzeichen vorgenommen und sich auf dieser Grundlage anhand möglicher Schlüsse von dem festgestellten Geschehensablauf überzeugt. Zwingend brauchen die gezogenen Schlußfolgerungen nicht zu sein. Eine Gesamtbetrachtung der Beweiswürdigung ergibt im übrigen, daß das Landgericht sich seine Überzeugung von der Richtigkeit der Einlassung der Angeklagten anhand einer Gesamtwürdigung des Beweisergebnisses unter Berücksichtigung aller für und gegen die Darstellung der Angeklagten sprechenden Einzelumstände gebildet hat (vgl. BGHR StPO § 261 Einlassung 6).
Der Senat verkennt nicht, daß auch eine Würdigung der Beweise im Sinne der Anklage möglich gewesen wäre, vielleicht sogar näher gelegen hätte. Doch rechtfertigt dieser Umstand nicht einen Eingriff des Revisionsgerichts in die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Winkler Pfister von Lienen Becker Hubert

(1) Bei der Verurteilung zu einer Jugendstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Jugendliche sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs unter der erzieherischen Einwirkung in der Bewährungszeit künftig einen rechtschaffenen Lebenswandel führen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Jugendlichen, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind. Das Gericht setzt die Vollstreckung der Strafe auch dann zur Bewährung aus, wenn die in Satz 1 genannte Erwartung erst dadurch begründet wird, dass neben der Jugendstrafe ein Jugendarrest nach § 16a verhängt wird.

(2) Das Gericht setzt unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Jugendstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aus, wenn nicht die Vollstreckung im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen geboten ist.

(3) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Jugendstrafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

(1) Die Einreise eines Ausländers in das Bundesgebiet ist unerlaubt, wenn er

1.
einen erforderlichen Pass oder Passersatz gemäß § 3 Abs. 1 nicht besitzt,
2.
den nach § 4 erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt,
2a.
zwar ein nach § 4 erforderliches Visum bei Einreise besitzt, dieses aber durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkt oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen wurde und deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder annulliert wird, oder
3.
nach § 11 Absatz 1, 6 oder 7 nicht einreisen darf, es sei denn, er besitzt eine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8.

(2) Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden können Ausnahme-Visa und Passersatzpapiere ausstellen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 49/02
vom
21. November 2002
In der Freiheitsentziehungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
AsylVfG §§ 13 Abs. 1, 14, 55 Abs. 1 S. 3

a) Die Aufenthaltsgestattung des unerlaubt aus einem sicheren Drittstaat in die
Bundesrepublik Deutschland eingereisten Ausländers setzt einen förmlichen Asylantrag
voraus.

b) Ein Asylgesuch setzt mehr als die bloße Verwendung des Wortes "Asyl" voraus;
hinzutreten müssen Erklärungen des Betroffenen oder sonstige tatsächliche Umstände
, die erkennen lassen, daß er Schutz vor einer aus seiner Sicht gegebenen
politischen Verfolgung sucht.
BGH, Beschl. v. 21. November 2002 - V ZB 49/02 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 21. November 2002 durch
die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß der 6. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 25. Juni 2002 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen.
Der Antrag des Betroffenen vom 15. Juli 2002 auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe wird abgelehnt.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000

Gründe:

I.

Der Betroffene, pakistanischer Staatsangehöriger, wurde am 22. April 2002 in einem Waldgebiet nahe W. ohne gültige Papiere festgenommen. Nach seinen Angaben war er über Italien nach Deutschland eingereist. Bei seiner Vernehmung durch die Polizei erklärte er unter anderem:
"Jetzt bin ich hier und jetzt bleib ich auch hier. Wo ich genau hinwollte , ist mir egal. ... Wenn ich Arbeit bekomme, dann arbeite ich auch. N. hat mir gesagt, wenn ich in Deutschland bin, dann bekomme ich auch Asyl. Deshalb bin ich jetzt hier.“
Nach Anhörung des Betroffenen, bei der dieser seine gegenüber der Polizei gemachten Angaben als richtig bestätigte, hat das Amtsgericht gegen ihn mit Beschluß vom 23. April 2002 Sicherungshaft gemäß § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AuslG für die Dauer von drei Monaten angeordnet. Hiergegen hat der Betroffene mit anwaltlichem Schriftsatz vom 5. Mai 2002 Beschwerde eingelegt. Am 8. Mai 2002 wurde der Ausländerbehörde der Antragstellerin vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mitgeteilt, daß der Betroffene dort einen Asylantrag gestellt habe. Aus diesem Grunde wurde der Betroffene am 16. Mai 2002 aus der Haft entlassen. Daraufhin hat er im Beschwerdeverfahren die Feststellung beantragt, daß die Anordnung der Haft rechtswidrig gewesen sei. Mit Beschluß vom 25. Juni 2002, dem Betroffenen zugestellt am 1. Juli 2002, hat das Landgericht festgestellt, daß die Fortdauer der Haft vom 9. Mai 2002 bis zum 16. Mai 2002 rechtswidrig gewesen sei; im übrigen hat es den Feststellungsantrag und die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die am 15. Juli 2002 beim Landgericht eingegangene sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen, die das Oberlandesgericht zurückweisen möchte. Es sieht sich daran jedoch durch den Beschluß des Oberlandesgerichts Köln vom 15. April 2002, 16 Wx 58/02, gehindert und hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.


Die Vorlage ist gemäß § 28 Abs. 2 FGG i. V. mit § 103 Abs. 2 Satz 1 AuslG und § 3 Satz 2 FEVG zulässig, da das vorlegende Gericht bei der Auslegung der bundesgesetzlichen Vorschrift des § 13 Abs. 1 AsylVfG von dem auf weitere Beschwerde ergangenen Beschluß des Oberlandesgerichts Köln vom 15. April 2002 abweichen will.

Das vorlegende Gericht geht davon aus, daß ein Ausländer auch im Fall der unerlaubten Einreise aus einem sicheren Drittstaat durch das gegenüber einer mit ausländerrechtlichen Fragen befaßten amtlichen Stelle geäußerte Asylgesuch eine der Anordnung von Sicherungshaft gemäß § 57 Abs. 2 AuslG entgegenstehende Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 Abs. 1 AsylVfG erwerben kann, wenn und weil die betreffende Stelle – Polizei, Ausländerbehörde oder Haftrichter – zur Aufnahme und Weiterleitung des Gesuchs an die zuständige Behörde, die Bundesanstalt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, verpflichtet ist. Ein zur Weiterleitung verpflichtendes Asylgesuch im Sinne von § 13 Abs. 1 AsylVfG liege allerdings nicht vor, wenn sich der Betroffene – wie hier - ohne weitere Begründung auf Asyl berufe und sein Begehren nicht erkennen lasse, daß er politische Verfolgung fürchtet. Demgegenüber meint das Oberlandesgericht Köln, bereits die Verwendung des Wortes "Asyl“ lasse mangels entgegenstehender Anhaltspunkte darauf schließen, daß sich der Betroffene auf politische Gründe berufen wolle; eine weitergehende Begründung sei nicht erforderlich.
Die im Beschwerdeverfahren zu prüfende Rechtmäßigkeit der Haftanordnung hängt damit nach der für die Zulässigkeit der Vorlage maßgeblichen rechtlichen Beurteilung des vorlegenden Gerichts (vgl. Senat, Beschl. v. 28. Februar 2001, V ZB 8/01, NVwZ-Beilage I 7/2001, 62 m. w. Nachw.) von der streitigen Rechtsfrage ab, welche Anforderungen an das Vorliegen eines Asylgesuchs zu stellen sind. Zwar haben beide Oberlandesgerichte ein übereinstimmendes Verständnis von dem in § 13 Abs. 1 AsylVfG im Sinne eines formlosen Asylgesuchs (Renner, Ausländerrecht, 7. Aufl., § 13 AsylVfG Rdn. 3) verwendeten Begriff des Asylantrags. Insbesondere gehen sie davon aus, daß
ein Asylgesuch im Rechtssinn nur dann vorliegt, wenn sich dem geäußerten Willen des Ausländers entnehmen läßt, daß er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht. Meinungsunterschiede bestehen jedoch bei der Subsumtion des Sachverhalts, nämlich der nicht näher begründeten Berufung auf Asyl, unter die gesetzliche Vorschrift des § 13 Abs. 1 AsylVfG. Damit betrifft der Streit die Auslegung dieser Rechtsnorm (vgl. BGH, Beschl. v. 9. Oktober 1956, II ZB 11/56, NJW 1957, 19, 20; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. Aufl., § 28 Rdn. 13; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 28 Rdn. 8; Bumiller/Winkler, FGG, 7. Aufl., § 28 Rdn. 6).

III.


Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Soweit das Landgericht die sofortige Beschwerde des Betroffenen mit Beschluß vom 25. Juni 2002 zurückgewiesen hat, ist die sofortige weitere Beschwerde gemäß §§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 2 FGG i. V. mit § 103 Abs. 2 Satz 1 AuslG, § 3 Satz 2 FEVG statthaft. Sie wurde vom Betroffenen form- und fristgerecht eingelegt (§§ 29 Abs. 4, 21 Abs. 2, 22 Abs. 1 FGG). Zwar hat der Senat ein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme verneint, wenn sich in einer Abschiebungshaftsache die Hauptsache durch Entlassung des Betroffenen aus der Haft erledigt hat (Senat, BGHZ 139, 254). Zwischenzeitlich hat jedoch das Bundesverfassungsgericht in diesen Fällen ein Feststellungsinteresse im Hinblick auf das bei Freiheitsentziehungen bestehende Rehabilitierungsinteresse des Betroffenen anerkannt (BVerfG,
Beschl. v. 5. Dezember 2001, NJW 2002, 2456). Dem ist das Landgericht in dem angefochtenen Beschluß zu Recht gefolgt.
2. In der Sache selbst hat die sofortige weitere Beschwerde keinen Erfolg , da die Anordnung der Sicherungshaft durch das Amtsgericht rechtmäßig war.

a) Nach § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. mit § 61 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 AuslG ist ein Ausländer zur Sicherung der Zurückschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn er aufgrund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist. Ausweislich der Antragsschrift vom 23. April 2002 beabsichtigte die Ausländerbehörde der Antragstellerin, den Betroffenen nach Italien zurückzuschieben. Von dort aus war der Betroffene ohne die erforderliche Aufenthaltsgenehmigung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AuslG) und ohne Paß und damit unerlaubt eingereist (§ 58 Abs. 1 AuslG). Er war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AuslG vollziehbar zur Ausreise verpflichtet. Durch die gegenüber der Polizei erfolgte Berufung auf "Asyl" hat der Betroffene keine Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erworben. Dabei kommt es entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts nicht darauf an, ob die Erklärung des Betroffenen als Asylgesuch im Sinne von § 13 Abs. 1 AsylVfG zu verstehen ist. Da der Betroffene aus einem sicheren Drittstaat (§ 26 a Abs. 2 AsylVfG) unerlaubt eingereist war, setzte die Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG einen förmlichen Asylantrag im Sinne von § 14 AsylVfG voraus, den der Betroffene jedoch erst nach der Haftanordnung gestellt hat. Soweit das vorlegende Gericht annimmt, bereits das – formlose – Asylgesuch könne eine Aufenthaltsgestattung begründen, wenn die Stelle, der gegenüber es geäußert wird, zu seiner Aufnahme und Weiterleitung
an die Bundesanstalt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge verpflichtet sei, findet dies in § 55 Abs. 1 AsylVfG keine Stütze. Die an das Asylgesuch anknüpfende Aufenthaltsgestattung nach Satz 1 dieser Vorschrift ist der wirksamen Asylantragstellung zeitlich vorgelagert, um den durch die verfassungsrechtliche Asylgarantie geforderten Abschiebungs- und Verfolgungsschutz effektiv zu gewährleisten (Marx, AsylVfG, 3. Aufl., § 55 Rdn. 4). Der aus einem sicheren Drittstaat unerlaubt eingereiste Ausländer genießt aber nach Art. 16 a Abs. 2 GG kein Asylrecht, so daß in diesen Fällen für eine Vorverlagerung des Aufenthaltsrechts keine Veranlassung besteht. Darüber hinaus schreibt das Asylverfahrensgesetz eine Weiterleitung nur für schriftliche Asylanträge vor, die bei der Ausländerbehörde eingereicht werden (§ 14 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG). Die Aufnahme eines mündlichen Antrags zur Niederschrift und dessen Weiterleitung , zumal durch die Polizei oder den Haftrichter, ist weder im Verwaltungsverfahrensgesetz noch im Asylverfahrensgesetz vorgesehen. Mündliche Anträge sind danach nur bei der Bundesanstalt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge möglich (Renner, a. a. O., § 14 Rdn. 5, 14; Marx, a. a. O., § 14 Rdn. 10). War dem Betroffenen damit der Aufenthalt im Bundesgebiet im Zeitpunkt der Haftanordnung – noch – nicht gestattet, dann bestehen an deren Rechtmäßigkeit keine Zweifel.

b) Unabhängig hiervon ist dem vorlegenden Gericht allerdings darin zuzustimmen , daß die Erklärung des Betroffenen gegenüber der Polizei nicht als Asylgesuch verstanden werden kann. Die vom Oberlandesgericht Köln vertretene Auffassung, allein die Verwendung des Wortes "Asyl" lasse darauf schließen, daß sich der Betroffene auf politische Gründe berufen wolle, verkennt , daß der Asylbegriff keinen vorgegebenen allgemeingültigen Inhalt hat, sondern als Rechtsbegriff der näheren Ausgestaltung durch den Gesetzgeber
und die Rechtsprechung unterliegt. Es kann deshalb nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß derjenige, der diesen Begriff verwendet, ihn gerade in dem durch § 13 Abs. 1 AsylVfG festgelegten Sinn versteht. Denkbar ist weiterhin , daß dem jeweils Betroffenen die Bedeutung des Wortes "Asyl" überhaupt nicht bekannt ist (vgl. den der Entscheidung OVG Münster, NVwZ-RR 1989, 390 zugrundeliegenden Sachverhalt). Ein Asylgesuch setzt daher mehr als die bloße Verwendung des Wortes "Asyl" voraus (OVG Münster, a. a. O; Marx, a. a. O, § 13 Rdn. 3). Hiervon ist auch der Gesetzgeber ausgegangen (BT-Drucks. 9/875, S. 15). Hinzutreten müssen Erklärungen des Betroffenen, insbesondere eine kurze Begründung seines Asylbegehrens, oder sonstige tatsächliche Umstände, die erkennen lassen, daß der Betroffene Schutz vor einer aus seiner Sicht gegebenen politischen Verfolgung sucht (KG, FGPrax 1997, 116; Renner, a. a. O., § 13 AsylVfG, Rdn. 4 f; GK-AsylVfG, Stand: Juli 1998, § 13 Rdn. 38 f). Derartige Anhaltspunkte sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Den Angaben des Betroffenen gegenüber der Polizei läßt sich lediglich entnehmen, daß er bereit ist zu arbeiten. Dies deutet eher darauf hin, daß seine Einreise wirtschaftlich motiviert war.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 15 Abs. 1, 14 Abs. 3 FEVG.
4. Prozeßkostenhilfe für das Verfahren über die sofortige weitere Be- schwerde war mangels hinreichender Erfolgsaussicht nicht zu bewilligen (§ 114 ZPO i. V. mit § 103 Abs. 2 Satz 1 AuslG, § 3 Satz 2 FEVG, § 14 FGG).
Tropf Klein Lemke Gaier Schmidt-Räntsch

Tenor

Die einstweilige Anordnung vom 8. Dezember 2009 wird für die Dauer von weiteren sechs Monaten, längstens bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, wiederholt.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.

(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 136/04
vom
7. Oktober 2004
in der Strafsache
gegen
wegen fahrlässiger Tötung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Oktober
2004, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Winkler
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Becker,
Hubert
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 7. November 2003 wird, soweit es die Angeklagte B. betrifft, verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels sowie die der Angeklagten B. dadurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen fahrlässiger Tötung zur Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge. Dem Rechtsmittel bleibt der Erfolg versagt.
Die sachlichrechtliche Überprüfung des Urteils hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erbracht (§ 349 Abs. 2 StPO).
Dies gilt auch hinsichtlich der von der Revision in mehrfacher Hinsicht beanstandeten Beweiswürdigung der Jugendkammer.
Das Ergebnis der Beweisaufnahme festzustellen und zu würdigen ist allein Sache des Tatrichters. Die sachlichrechtliche Prüfung durch das Revisionsgericht beschränkt sich auch insoweit darauf, ob die Entscheidung Rechtsfehler aufweist. Gemessen an den nach ständiger Rechtsprechung maßgebli-
chen Grundsätzen (vgl. nur BGHSt 10, 208, 209; 21, 149, 151; 29, 18, 20; Schoreit in KK 5. Aufl. § 261 Rdn. 51), läßt die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils keinen durchgreifenden Rechtsfehler erkennen.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin erweist sich die Beweiswürdigung der Jugendkammer insgesamt betrachtet weder als widersprüchlich noch als lückenhaft. Das Tatgericht hat vielmehr eine erschöpfende Würdigung der vorhandenen Beweisanzeichen vorgenommen und sich auf dieser Grundlage anhand möglicher Schlüsse von dem festgestellten Geschehensablauf überzeugt. Zwingend brauchen die gezogenen Schlußfolgerungen nicht zu sein. Eine Gesamtbetrachtung der Beweiswürdigung ergibt im übrigen, daß das Landgericht sich seine Überzeugung von der Richtigkeit der Einlassung der Angeklagten anhand einer Gesamtwürdigung des Beweisergebnisses unter Berücksichtigung aller für und gegen die Darstellung der Angeklagten sprechenden Einzelumstände gebildet hat (vgl. BGHR StPO § 261 Einlassung 6).
Der Senat verkennt nicht, daß auch eine Würdigung der Beweise im Sinne der Anklage möglich gewesen wäre, vielleicht sogar näher gelegen hätte. Doch rechtfertigt dieser Umstand nicht einen Eingriff des Revisionsgerichts in die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Winkler Pfister von Lienen Becker Hubert

(1) Bei der Verurteilung zu einer Jugendstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Jugendliche sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs unter der erzieherischen Einwirkung in der Bewährungszeit künftig einen rechtschaffenen Lebenswandel führen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Jugendlichen, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind. Das Gericht setzt die Vollstreckung der Strafe auch dann zur Bewährung aus, wenn die in Satz 1 genannte Erwartung erst dadurch begründet wird, dass neben der Jugendstrafe ein Jugendarrest nach § 16a verhängt wird.

(2) Das Gericht setzt unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Jugendstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aus, wenn nicht die Vollstreckung im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen geboten ist.

(3) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Jugendstrafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

(1) Die Einreise eines Ausländers in das Bundesgebiet ist unerlaubt, wenn er

1.
einen erforderlichen Pass oder Passersatz gemäß § 3 Abs. 1 nicht besitzt,
2.
den nach § 4 erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt,
2a.
zwar ein nach § 4 erforderliches Visum bei Einreise besitzt, dieses aber durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkt oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen wurde und deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder annulliert wird, oder
3.
nach § 11 Absatz 1, 6 oder 7 nicht einreisen darf, es sei denn, er besitzt eine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8.

(2) Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden können Ausnahme-Visa und Passersatzpapiere ausstellen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 49/02
vom
21. November 2002
In der Freiheitsentziehungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
AsylVfG §§ 13 Abs. 1, 14, 55 Abs. 1 S. 3

a) Die Aufenthaltsgestattung des unerlaubt aus einem sicheren Drittstaat in die
Bundesrepublik Deutschland eingereisten Ausländers setzt einen förmlichen Asylantrag
voraus.

b) Ein Asylgesuch setzt mehr als die bloße Verwendung des Wortes "Asyl" voraus;
hinzutreten müssen Erklärungen des Betroffenen oder sonstige tatsächliche Umstände
, die erkennen lassen, daß er Schutz vor einer aus seiner Sicht gegebenen
politischen Verfolgung sucht.
BGH, Beschl. v. 21. November 2002 - V ZB 49/02 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 21. November 2002 durch
die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß der 6. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 25. Juni 2002 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen.
Der Antrag des Betroffenen vom 15. Juli 2002 auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe wird abgelehnt.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000

Gründe:

I.

Der Betroffene, pakistanischer Staatsangehöriger, wurde am 22. April 2002 in einem Waldgebiet nahe W. ohne gültige Papiere festgenommen. Nach seinen Angaben war er über Italien nach Deutschland eingereist. Bei seiner Vernehmung durch die Polizei erklärte er unter anderem:
"Jetzt bin ich hier und jetzt bleib ich auch hier. Wo ich genau hinwollte , ist mir egal. ... Wenn ich Arbeit bekomme, dann arbeite ich auch. N. hat mir gesagt, wenn ich in Deutschland bin, dann bekomme ich auch Asyl. Deshalb bin ich jetzt hier.“
Nach Anhörung des Betroffenen, bei der dieser seine gegenüber der Polizei gemachten Angaben als richtig bestätigte, hat das Amtsgericht gegen ihn mit Beschluß vom 23. April 2002 Sicherungshaft gemäß § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AuslG für die Dauer von drei Monaten angeordnet. Hiergegen hat der Betroffene mit anwaltlichem Schriftsatz vom 5. Mai 2002 Beschwerde eingelegt. Am 8. Mai 2002 wurde der Ausländerbehörde der Antragstellerin vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mitgeteilt, daß der Betroffene dort einen Asylantrag gestellt habe. Aus diesem Grunde wurde der Betroffene am 16. Mai 2002 aus der Haft entlassen. Daraufhin hat er im Beschwerdeverfahren die Feststellung beantragt, daß die Anordnung der Haft rechtswidrig gewesen sei. Mit Beschluß vom 25. Juni 2002, dem Betroffenen zugestellt am 1. Juli 2002, hat das Landgericht festgestellt, daß die Fortdauer der Haft vom 9. Mai 2002 bis zum 16. Mai 2002 rechtswidrig gewesen sei; im übrigen hat es den Feststellungsantrag und die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die am 15. Juli 2002 beim Landgericht eingegangene sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen, die das Oberlandesgericht zurückweisen möchte. Es sieht sich daran jedoch durch den Beschluß des Oberlandesgerichts Köln vom 15. April 2002, 16 Wx 58/02, gehindert und hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.


Die Vorlage ist gemäß § 28 Abs. 2 FGG i. V. mit § 103 Abs. 2 Satz 1 AuslG und § 3 Satz 2 FEVG zulässig, da das vorlegende Gericht bei der Auslegung der bundesgesetzlichen Vorschrift des § 13 Abs. 1 AsylVfG von dem auf weitere Beschwerde ergangenen Beschluß des Oberlandesgerichts Köln vom 15. April 2002 abweichen will.

Das vorlegende Gericht geht davon aus, daß ein Ausländer auch im Fall der unerlaubten Einreise aus einem sicheren Drittstaat durch das gegenüber einer mit ausländerrechtlichen Fragen befaßten amtlichen Stelle geäußerte Asylgesuch eine der Anordnung von Sicherungshaft gemäß § 57 Abs. 2 AuslG entgegenstehende Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 Abs. 1 AsylVfG erwerben kann, wenn und weil die betreffende Stelle – Polizei, Ausländerbehörde oder Haftrichter – zur Aufnahme und Weiterleitung des Gesuchs an die zuständige Behörde, die Bundesanstalt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, verpflichtet ist. Ein zur Weiterleitung verpflichtendes Asylgesuch im Sinne von § 13 Abs. 1 AsylVfG liege allerdings nicht vor, wenn sich der Betroffene – wie hier - ohne weitere Begründung auf Asyl berufe und sein Begehren nicht erkennen lasse, daß er politische Verfolgung fürchtet. Demgegenüber meint das Oberlandesgericht Köln, bereits die Verwendung des Wortes "Asyl“ lasse mangels entgegenstehender Anhaltspunkte darauf schließen, daß sich der Betroffene auf politische Gründe berufen wolle; eine weitergehende Begründung sei nicht erforderlich.
Die im Beschwerdeverfahren zu prüfende Rechtmäßigkeit der Haftanordnung hängt damit nach der für die Zulässigkeit der Vorlage maßgeblichen rechtlichen Beurteilung des vorlegenden Gerichts (vgl. Senat, Beschl. v. 28. Februar 2001, V ZB 8/01, NVwZ-Beilage I 7/2001, 62 m. w. Nachw.) von der streitigen Rechtsfrage ab, welche Anforderungen an das Vorliegen eines Asylgesuchs zu stellen sind. Zwar haben beide Oberlandesgerichte ein übereinstimmendes Verständnis von dem in § 13 Abs. 1 AsylVfG im Sinne eines formlosen Asylgesuchs (Renner, Ausländerrecht, 7. Aufl., § 13 AsylVfG Rdn. 3) verwendeten Begriff des Asylantrags. Insbesondere gehen sie davon aus, daß
ein Asylgesuch im Rechtssinn nur dann vorliegt, wenn sich dem geäußerten Willen des Ausländers entnehmen läßt, daß er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht. Meinungsunterschiede bestehen jedoch bei der Subsumtion des Sachverhalts, nämlich der nicht näher begründeten Berufung auf Asyl, unter die gesetzliche Vorschrift des § 13 Abs. 1 AsylVfG. Damit betrifft der Streit die Auslegung dieser Rechtsnorm (vgl. BGH, Beschl. v. 9. Oktober 1956, II ZB 11/56, NJW 1957, 19, 20; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. Aufl., § 28 Rdn. 13; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 28 Rdn. 8; Bumiller/Winkler, FGG, 7. Aufl., § 28 Rdn. 6).

III.


Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Soweit das Landgericht die sofortige Beschwerde des Betroffenen mit Beschluß vom 25. Juni 2002 zurückgewiesen hat, ist die sofortige weitere Beschwerde gemäß §§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 2 FGG i. V. mit § 103 Abs. 2 Satz 1 AuslG, § 3 Satz 2 FEVG statthaft. Sie wurde vom Betroffenen form- und fristgerecht eingelegt (§§ 29 Abs. 4, 21 Abs. 2, 22 Abs. 1 FGG). Zwar hat der Senat ein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme verneint, wenn sich in einer Abschiebungshaftsache die Hauptsache durch Entlassung des Betroffenen aus der Haft erledigt hat (Senat, BGHZ 139, 254). Zwischenzeitlich hat jedoch das Bundesverfassungsgericht in diesen Fällen ein Feststellungsinteresse im Hinblick auf das bei Freiheitsentziehungen bestehende Rehabilitierungsinteresse des Betroffenen anerkannt (BVerfG,
Beschl. v. 5. Dezember 2001, NJW 2002, 2456). Dem ist das Landgericht in dem angefochtenen Beschluß zu Recht gefolgt.
2. In der Sache selbst hat die sofortige weitere Beschwerde keinen Erfolg , da die Anordnung der Sicherungshaft durch das Amtsgericht rechtmäßig war.

a) Nach § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. mit § 61 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 AuslG ist ein Ausländer zur Sicherung der Zurückschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn er aufgrund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist. Ausweislich der Antragsschrift vom 23. April 2002 beabsichtigte die Ausländerbehörde der Antragstellerin, den Betroffenen nach Italien zurückzuschieben. Von dort aus war der Betroffene ohne die erforderliche Aufenthaltsgenehmigung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AuslG) und ohne Paß und damit unerlaubt eingereist (§ 58 Abs. 1 AuslG). Er war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AuslG vollziehbar zur Ausreise verpflichtet. Durch die gegenüber der Polizei erfolgte Berufung auf "Asyl" hat der Betroffene keine Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erworben. Dabei kommt es entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts nicht darauf an, ob die Erklärung des Betroffenen als Asylgesuch im Sinne von § 13 Abs. 1 AsylVfG zu verstehen ist. Da der Betroffene aus einem sicheren Drittstaat (§ 26 a Abs. 2 AsylVfG) unerlaubt eingereist war, setzte die Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG einen förmlichen Asylantrag im Sinne von § 14 AsylVfG voraus, den der Betroffene jedoch erst nach der Haftanordnung gestellt hat. Soweit das vorlegende Gericht annimmt, bereits das – formlose – Asylgesuch könne eine Aufenthaltsgestattung begründen, wenn die Stelle, der gegenüber es geäußert wird, zu seiner Aufnahme und Weiterleitung
an die Bundesanstalt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge verpflichtet sei, findet dies in § 55 Abs. 1 AsylVfG keine Stütze. Die an das Asylgesuch anknüpfende Aufenthaltsgestattung nach Satz 1 dieser Vorschrift ist der wirksamen Asylantragstellung zeitlich vorgelagert, um den durch die verfassungsrechtliche Asylgarantie geforderten Abschiebungs- und Verfolgungsschutz effektiv zu gewährleisten (Marx, AsylVfG, 3. Aufl., § 55 Rdn. 4). Der aus einem sicheren Drittstaat unerlaubt eingereiste Ausländer genießt aber nach Art. 16 a Abs. 2 GG kein Asylrecht, so daß in diesen Fällen für eine Vorverlagerung des Aufenthaltsrechts keine Veranlassung besteht. Darüber hinaus schreibt das Asylverfahrensgesetz eine Weiterleitung nur für schriftliche Asylanträge vor, die bei der Ausländerbehörde eingereicht werden (§ 14 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG). Die Aufnahme eines mündlichen Antrags zur Niederschrift und dessen Weiterleitung , zumal durch die Polizei oder den Haftrichter, ist weder im Verwaltungsverfahrensgesetz noch im Asylverfahrensgesetz vorgesehen. Mündliche Anträge sind danach nur bei der Bundesanstalt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge möglich (Renner, a. a. O., § 14 Rdn. 5, 14; Marx, a. a. O., § 14 Rdn. 10). War dem Betroffenen damit der Aufenthalt im Bundesgebiet im Zeitpunkt der Haftanordnung – noch – nicht gestattet, dann bestehen an deren Rechtmäßigkeit keine Zweifel.

b) Unabhängig hiervon ist dem vorlegenden Gericht allerdings darin zuzustimmen , daß die Erklärung des Betroffenen gegenüber der Polizei nicht als Asylgesuch verstanden werden kann. Die vom Oberlandesgericht Köln vertretene Auffassung, allein die Verwendung des Wortes "Asyl" lasse darauf schließen, daß sich der Betroffene auf politische Gründe berufen wolle, verkennt , daß der Asylbegriff keinen vorgegebenen allgemeingültigen Inhalt hat, sondern als Rechtsbegriff der näheren Ausgestaltung durch den Gesetzgeber
und die Rechtsprechung unterliegt. Es kann deshalb nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß derjenige, der diesen Begriff verwendet, ihn gerade in dem durch § 13 Abs. 1 AsylVfG festgelegten Sinn versteht. Denkbar ist weiterhin , daß dem jeweils Betroffenen die Bedeutung des Wortes "Asyl" überhaupt nicht bekannt ist (vgl. den der Entscheidung OVG Münster, NVwZ-RR 1989, 390 zugrundeliegenden Sachverhalt). Ein Asylgesuch setzt daher mehr als die bloße Verwendung des Wortes "Asyl" voraus (OVG Münster, a. a. O; Marx, a. a. O, § 13 Rdn. 3). Hiervon ist auch der Gesetzgeber ausgegangen (BT-Drucks. 9/875, S. 15). Hinzutreten müssen Erklärungen des Betroffenen, insbesondere eine kurze Begründung seines Asylbegehrens, oder sonstige tatsächliche Umstände, die erkennen lassen, daß der Betroffene Schutz vor einer aus seiner Sicht gegebenen politischen Verfolgung sucht (KG, FGPrax 1997, 116; Renner, a. a. O., § 13 AsylVfG, Rdn. 4 f; GK-AsylVfG, Stand: Juli 1998, § 13 Rdn. 38 f). Derartige Anhaltspunkte sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Den Angaben des Betroffenen gegenüber der Polizei läßt sich lediglich entnehmen, daß er bereit ist zu arbeiten. Dies deutet eher darauf hin, daß seine Einreise wirtschaftlich motiviert war.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 15 Abs. 1, 14 Abs. 3 FEVG.
4. Prozeßkostenhilfe für das Verfahren über die sofortige weitere Be- schwerde war mangels hinreichender Erfolgsaussicht nicht zu bewilligen (§ 114 ZPO i. V. mit § 103 Abs. 2 Satz 1 AuslG, § 3 Satz 2 FEVG, § 14 FGG).
Tropf Klein Lemke Gaier Schmidt-Räntsch

Tenor

Die einstweilige Anordnung vom 8. Dezember 2009 wird für die Dauer von weiteren sechs Monaten, längstens bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, wiederholt.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.