Verwaltungsgericht Trier Urteil, 23. Juni 2015 - 3 K 1893/14.TR

ECLI:ECLI:DE:VGTRIER:2015:0623.3K1893.14.TR.0A
bei uns veröffentlicht am23.06.2015

Tenor

Der Beklagte wird aus dem Dienst entfernt.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich derjenigen des behördlichen Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckungsfähigen Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger betreibt die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst.

2

Der am ... 1957 in A... geborene Beklagte steht als Oberstudienrat im Dienst des klagenden Landes. Nach dem Besuch des ...-Gymnasiums in A..., das er mit der allgemeinen Hochschulreife im Jahr 1976 verließ, absolvierte der Beklagte den Wehrdienst. Im Wintersemester 1977/1978 nahm er das Studium der Klassischen Philologie und der Evangelischen Theologie an der Universität B... auf. 1983 schloss er das Studium der Klassischen Philologie mit dem ersten Staatsexamen ab. Bereits ab 1978 arbeitete der Beklagte bis zum 31. Juli 1988 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am A... Institut für klassische Philologie. Im Jahr 1987 schloss er das Studium der Evangelischen Theologie ab und promovierte im gleichen Jahr. Zum 1. August 1988 wurde der Beklagte in den Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Gymnasien am Staatlichen Studienseminar in A... eingestellt. Nach erfolgreichem Vorbereitungsdienst unterrichtete er ab August 1990 am privaten ...-Gymnasium in C... Ab dem 1. Februar 2001 wurde er als Lehrer im Angestelltenverhältnis beim Land Rheinland-Pfalz beschäftigt. Mit Wirkung vom 1. Februar 2002 erfolgte die Ernennung zum Studienrat z.A. unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe. Sein Einsatz erfolgte weiterhin am ...-Gymnasium. Zum 1. August 2002 wurde der Beklagte an das staatliche ...-Gymnasium in D... versetzt.

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Mit Wirkung vom 1. Februar 2003 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Studienrat ernannt und mit Wirkung vom 18. Mai 2006 zum Oberstudienrat befördert.

4

Die zuletzt anlässlich seiner Bewerbung um eine Funktionsstelle angefertigte dienstliche Beurteilung vom 22. April 2008 endete mit dem Gesamturteil, dass Eignung, Befähigung und fachliche Leistung die Anforderungen erheblich übertreffen (Stufe A, 15 Punkte).

5

Der Beklagte ist verheiratet und hat sechs Kinder (...).

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Bis auf die hier angeschuldigten Verfehlungen ist der Beamte weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten.

7

Dem Disziplinarverfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

8

Nachdem die Schulleiterin des ...–Gymnasiums die Schulbehörde bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier (im Folgenden: ADD) mit Schreiben vom 17. Juni 2013 davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass der Beklagte mutmaßlich gegenüber der Schülerin K... (geb. ... 1996) sexuell übergriffig geworden sei, erstattete die ADD durch die Außenstelle Schulaufsicht in D... unter dem 24. Juni 2013 Strafanzeige gegen den Beklagten. Unter dem 27. Juni 2013 wurde zugleich ein Disziplinarverfahren gegen den Beamten eingeleitet. Der Beklagte wurde über seine Rechte belehrt und ihm wurde Gelegenheit gegeben, sich eines Bevollmächtigten oder Beistandes zu bedienen und sich zur Sache zu äußern. Gleichzeitig wurde er zur beabsichtigten vorläufigen Dienstenthebung und Einbehaltung der Hälfte seiner Bezüge angehört. Er wurde zudem auf die Möglichkeit hingewiesen, die Mitbestimmung des Personalrats zu beantragen. Auf Antrag des Beklagten und nach Vorlage einer Einkommens- und Vermögensübersicht stimmte der Bezirkspersonalrat am 14. August 2013 den beabsichtigten Maßnahmen zu.

9

Mit Bescheid vom 15. August 2013 wurde der Beamte vorläufig des Dienstes enthoben und die Einbehaltung von zehn v.H. seiner Dienstbezüge wurde verfügt. Zugleich wurde das Disziplinarverfahren für die Dauer des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen ausgesetzt.

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Durch Strafbefehl des Amtsgerichts O... vom 7. Februar 2014, rechtskräftig seit dem 11. März 2014 (...), wurde der Beklagte wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

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Unter dem 17. April 2014 wurde das Disziplinarverfahren fortgesetzt. Das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen wurde dem Beklagten mit Schreiben vom 9. Mai 2014 mitgeteilt. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, sich abschließend zu äußern und weitere Ermittlungen zu beantragen. Darüber hinaus wurde er über die Möglichkeit der Mitbestimmung des Personalrates belehrt.

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Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 30. Mai 2014 beantragte der Beklagte die Einholung eines aussagepsychologischen/–psychiatrischen Sachverständigengutachtens zu der Tatsache, dass die Bekundungen der Zeugin K... im Rahmen ihrer Anhörungen bei den Ermittlungsbehörden in ihrem inkriminierten Teil nicht erlebnisfundiert und somit nicht zuverlässig seien, die Vernehmung der Ehefrau L..., des Sohnes I... und der Tochter H... als Zeugen hinsichtlich des Verlaufs des Abends am 9. Juni 2013 sowie die Durchsuchung und Beschlagnahme betreffend die bei der Zeugin K... befindlichen schriftlichen Unterlagen einschließlich elektronischer Dokumente, Telekommunikationsdaten oder sonstiger technischer Aufzeichnungen. Zur Begründung trug der Beklagte vor, dass einzelne Textpassagen („ex-Tochter“) aus der Vernehmung der Zeugin vom 26. September 2013, mutmaßlich auf eine eigene, desolate familiäre Situation hindeuteten. Einen Streit zwischen ihm und seinem Sohn I... habe es entgegen der Aussage der Zeugin K... an dem besagten Abend nicht gegeben. Die Darstellung der Zeugin zu einer angeblich emotionalen Unterhaltung sei verkürzt. Im Anschluss an dieses Gespräch habe die Zeugin M... bei ihm gesucht, indem sie ihren Kopf gegen seinen von der Sessellehne herabhängenden Arm gelegt habe. Die Äußerungen “Mein ..., meine Tolle“ und „..wenn ich Probleme hätte oder irgendwie mit ihm reden wolle, ich könnte morgens, mittags, abends zu ihm kommen…“ seien in einem völlig anderen Kontext gefallen. Die Schilderungen der Zeugin seien widersprüchlich (Reißverschluss, Aufknöpfen der Hose etc.). Im Übrigen sei die Zeugin offenkundig in ihn verliebt gewesen. Sie habe auffallend oft den Kontakt zu ihm gesucht. Auf dem ...-ausflug der Klasse im Mai 2013 habe er ihr sogar aus dem Weg gehen müssen, um sie vor Gerede durch andere Schüler zu schützen. Dass sie angeblich nicht mit ihm über den Vorfall am 9. Juni 2013 habe reden wollen, stehe im Gegensatz dazu, dass die Zeugin noch am 29. Juni 2013 an seinem Geburtstag bei ihm zuhause angerufen habe, um ihm zu gratulieren und ihm zu sagen, “er könne ja mal vorbei kommen“. Dies sei bereits das zweite Telefonat gewesen. Auch in der Folgezeit habe die Zeugin massiv versucht, mit der Familie Kontakt aufzunehmen. Schriftliche Erklärungen über Facebook ließen darauf schließen, dass die Zeugin falsche Angaben gemacht habe, um ihn zu belasten. Hierauf deute unter anderem eine Nachricht vom 14. September 2013, in der es heiße: “Liebe ..., ich freue mich schon sehr auf unsere gemeinsame Zeit im Gefängnis! Das Gewehr ist schon poliert und wird seinen Zweck sicherlich erfüllen, da du die Tat ausführen wirst und ich nur der denkende Kopf im Hintergrund bitten, wirst du leider mehr Jahre hinter Gittern verbringen als ich, aber du befindest dich dort in guter Gesellschaft. Und denk bitte daran: Das Leben ist zum Lachen da, drum nehm ich Psychopharmaka!“. Außerdem habe die Zeugin folgende englische Textzeile versandt: „I ain´t here for your empathy, I don’t need your apology or your friendship or sympathy – it´s revenge that I seek to”. Die Zeugin suche also Rache.

13

Der Beklagte beantragte die Mitbestimmung der Personalvertretung.

14

Nachfolgend wurde im Disziplinarverfahren eine schriftliche Stellungnahme der Zeugin K... zum Vortrag des Beklagten eingeholt. Die Äußerung der Zeugin wurde dem Beklagten unter dem 13. August 2014 bekannt gegeben.

15

Der Bezirkspersonalrat Gymnasien und Kollegs stimmte in seiner Sitzung am 14. September 2014 der Erhebung der Disziplinarklage zu.

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Mit Schreiben vom 22. Oktober 2014 wurden die beantragten weitergehenden Ermittlungen abgelehnt.

17

Am 23. Oktober 2014 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst betreibt.

18

Dem Beklagten wird vorgeworfen, am 9. Juni 2013 seine damalige Schülerin K... in seiner Wohnung in N... sexuell missbraucht und damit ein Dienstvergehen begangen zu haben. Die dahingehenden Feststellungen ergäben sich aus dem rechtskräftigen Strafbefehl, die dem Disziplinarverfahren nach § 16 Abs. 2 LDG zugrunde gelegt würden. Anhaltspunkte gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugin bestünden nicht. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sich der Beklagte mit E-Mail vom 18. Juni 2013 an die Schülerin gewendet und auf ein Gespräch gedrängt habe. Als Begründung habe er angeführt: „Wir müssen das zwischen uns wieder in Ordnung bringen – da hat sich letzten Sonntag etwas verselbstständigt, und ich mach das mir zum Vorwurf.“ Der Inhalt einer solchen E-Mail würde keinen Sinn ergeben, wäre an dem besagten Sonntag nichts vorgefallen, wie der Beklagte nunmehr glauben machen wolle. Ausschlaggebend sei ohnehin sein Geständnis im Schriftsatz vom 21. Januar 2014 an die Staatsanwaltschaft D... Sein jetziger Einwand, er habe das Geständnis alleine aus Rücksicht auf seine Familie bzw. die betroffene Schülerin erklärt, sei als reine Schutzbehauptung zu qualifizieren.

19

Das außerdienstliche Dienstvergehen wiege schwer. Der Beklagte habe gegen den Kernbereich seiner Dienstpflichten verstoßen, nämlich den Schutz der Schülerinnen und Schüler vor sexuellen Übergriffen durch Lehrkräfte. Dies sei ein besonderes Anliegen des § 1 SchulG. Der Beklagte sei Lehrer der zum Tatzeitpunkt noch minderjährigen Schülerin gewesen. Auch wenn es sich um einen einmaligen Vorgang gehandelt habe, komme auf der anderen Seite erschwerend hinzu, dass das Geschehene nicht einvernehmlich erfolgt sei. Der Beklagte habe das Obhuts- und Näheverhältnis zu der Schülerin zur Verfolgung eigener Bedürfnisse ausgenutzt. Eine Lehrkraft, die sich so verhalte, könne weder den Erziehungsauftrag der Schule glaubhaft vermitteln, noch sei es den Eltern zuzumuten, ihm ihre Kinder weiter anzuvertrauen.

20

Der Kläger beantragt,

21

den Beamten aus dem Dienst zu entfernen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

24

Er trägt vor, dass es sehr wohl den Tatsachen entspreche, dass er das Geständnis aus Rücksicht auf seine Familie bzw. die betroffene Schülerin und seine eigenen Kinder im Strafverfahren abgegeben habe. Von daher könnten die Feststellungen des Strafbefehls bereits nicht zu Grunde gelegt werden. Selbst ein auf einer durchgeführten Hauptverhandlung basierendes Strafurteil, das – wie hier – auf einem inhaltsleeren Formalgeständnis beruhen würde, reiche nach der Rechtsprechung für die richterliche Überzeugungsbildung nicht aus und könne im beamtenrechtlichen Disziplinarverfahren keine Bindungswirkung entfalten. Das Verwaltungsgericht müsse daher eine eigenständige Prüfung vornehmen.

25

Er bestreite das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen. Die Aussagen der einzigen Belastungszeugin seien nicht glaubhaft. Er halte vollumfänglich an den im behördlichen Disziplinarverfahren bereits gestellten Beweisanträgen fest und verweise insoweit auf den hierzu gemachten Vortrag. Es gehe vorliegend nicht um die allgemeine Glaubwürdigkeit der Schülerin K..., sondern um die Glaubhaftigkeit ihrer Zeugenaussage im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Dem Kläger sei die Schülerin persönlich nicht bekannt. Auch seien seine Familienangehörigen zu hören, da sich aus den zu erwartenden Aussagen Erkenntnisse zu der Befindlichkeit der Zeugin vor und nach der angeblichen Tat ergeben würden. Die im Schriftsatz vom 30. Mai 2014 im Übrigen aufgezeigten Widersprüchlichkeiten in der Aussage der Belastungszeugin K... seien lediglich durch oberflächliche Erwägungen seitens des Klägers abgetan worden. Die Zeugin selbst habe bereits mit Schreiben vom 24. Juni 2013 auf die Erstattung einer Anzeige gegen ihn verzichtet.

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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze sowie auf die Verwaltungs- und Personalakten verwiesen. Diese lagen dem Gericht ebenso wie die Strafakte der Staatsanwaltschaft D... (...) vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

28

Der Beklagte hat sich eines Dienstvergehens schuldig gemacht, welches unter Berücksichtigung des Umfangs der Pflichtverletzung und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit sowie unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten die Entfernung aus dem Dienst erforderlich macht (§§ 11 Abs. 1 und 2, 3 Abs. 1 Nr. 5 und § 8 Landesdisziplinargesetz vom 2. März 1998 (GVBl S. 29), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juni 2013 (GVBl S. 157) – LDG –). Aufgrund des eingetretenen irreparablen Vertrauensverlustes und der nicht wiedergutzumachenden Ansehensschädigung ist eine mildere disziplinarrechtliche Ahndung des Dienstvergehens nicht angezeigt.

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Das behördliche Disziplinarverfahren weist keine wesentlichen Mängel auf (vgl. § 64 LDG). Solche wurden vom Beklagten auch nicht geltend gemacht.

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In der Sache steht fest, dass der Beamte sich eines schweren Dienstvergehens schuldig gemacht hat. Nach § 47 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S.1010) – BeamtStG - begeht ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Zu den elementaren und im Interesse der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes unabdingbaren beamtenrechtlichen Verhaltensgeboten gehört es, dass der Beamte sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig verhält (§ 34 S. 3 BeamtStG), d.h. sein Verhalten gesetzmäßig ist und er insbesondere nicht gegen Strafgesetze verstößt. Gegen diese Pflicht hat der Beklagte durch den sexuellen Übergriff auf eine zum Tatzeitpunkt in seinem Obhutsverhältnis stehende Schülerin verstoßen (I.) mit der Folge, dass aufgrund des dadurch bewirkten endgültigen Vertrauensverlustes seine Entfernung aus dem Dienst unausweichlich ist (II.).

I.

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Dieser rechtlichen Würdigung legt das Gericht zunächst die Feststellungen des Strafbefehls des Amtsgerichts O... vom 7. Februar 2014 (Az. ...) zu Grunde, die sich nach Durchführung einer Überprüfung im Wege einer umfassenden Beweisaufnahme im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht als zutreffend erwiesen haben. Im Strafbefehl lautet es:

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„Ihnen wird nach dem von der Staatsanwaltschaft ermittelten Sachverhalt zur Last gelegt, am 09.06.2013 in P... sexuelle Handlungen an einer Person unter achtzehn Jahren, die Ihnen zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist, unter Missbrauch einer mit dem Ausbildung- und Betreuungsverhältnis verbundenen Abhängigkeit vorgenommen oder an sich von dem Schutzbefohlenen vornehmen lassen zu haben.

33

Sie waren zum Tatzeitpunkt der Lehrer der am 24.03.1996 geborenen Zeugin K... im Leistungskurs ... am „...–Gymnasium“ in D... Die Zeugin K... war zudem sehr gut mit ihrer Tochter befreundet.

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Die Zeugin K... besuchte am 09. Juni 2013 ihre Tochter in ihrem Haus, um auch dort zu übernachten. Im Verlauf des Abends verließ zunächst Ihr Sohn, kurz darauf dann Ihre Ehefrau und Ihre Tochter das Wohnzimmer, um sich zu Bett zu begeben, so dass sie mit der Zeugin K... allein im Wohnzimmer waren. Nachdem sie sich eine Weile mit der erst 17jährigen Zeugin K... unterhalten hatten, fassten sie den Entschluss, die Situation auszunutzen, um sexuelle Handlungen an der Zeugin vorzunehmen. Dabei war Ihnen sowohl das Alter der Zeugin bekannt, als auch bewusst, dass Ihnen als Lehrer sexuelle Handlungen an einer Schülerin untersagt sind.

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Zunächst streichelten sie der Zeugin über die Arme und den Kopf. Völlig unvermittelt griffen sie sodann unter das Oberteil der Zeugin an deren Brust und begannen, diese zu „massieren“. Anschließend drehten sie den Kopf der Zeugin zu sich und küssten sie auf den Mund, wobei sie mit ihrer Zunge in den Mund der Zeugin eindrangen. Die Zeugin K... war schockiert und erstarrte und konnte sich nicht weder verbal noch körperlich zur Wehr setzen. Nun gingen sie dazu über, die Hose der Zeugin zu öffnen. Während sie die Zeugin weiterhin auf den Mund und die Brüste küssten, führten sie eine Hand in die Hose an die Scheide der Zeugin und streichelten diese. Im weiteren Verlauf drangen sie auch mit zwei Fingern in die Scheide der Zeugin ein und bewegten diese hin und her. Erst nach einer Weile schaffte es die Zeugin, aufzustehen und so ihren Übergriff zu beenden. Als sie das Wohnzimmer verlassen wollte, hielten Sie sie noch kurzzeitig fest und griffen der Zeugin nochmals von hinten in die Hose an deren Gesäß. Erst dann ließen sie die Zeugin gehen.

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Vergehen strafbar gemäß § 174 Abs. 1 Nr. 2 StGB….“

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Die im Termin zur mündlichen Verhandlung durchgeführte Beweisaufnahme durch Anhörung der Hauptbelastungszeugin K... hat die vorbenannten Feststellungen des Amtsgerichts vollumfänglich bestätigt. Die Bekundungen der Zeugin vor Gericht stehen im Einklang nicht nur mit denen in der polizeilichen Vernehmung vom 26. September 2013 sondern auch mit den von der Zeugin unmittelbar nach dem Vorfall aus zeitnaher Erinnerung heraus gefertigten schriftlichen Aufzeichnungen vom 13. bis 18. Juni 2013. Vor Gericht wie im Strafverfahren war die Zeugin in der Lage, ein chronologisch geordnetes und in sich stimmiges Gesamtgeschehen zu schildern, in das die körperlichen Übergriffe des Beklagten eingebettet waren.

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Dementsprechend bestätigte sie zunächst durch ausführliche Schilderungen den Verlauf des Nachmittags, wie er sich bereits aktenkundig aus dem Strafverfahren ergibt, um sodann – ebenso - detailreich und widerspruchsfrei die körperlichen Zudringlichkeiten des Beklagten zu erläutern. Hierzu gab sie vor Gericht an, dass der Beklagte sich nach einem emotionalen Gespräch, in dessen Verlauf sie geweint habe, zu Ihr auf den Boden gesetzt und ihr sodann unvermittelt unter die Bluse gegriffen, die Hose aufgeknöpft, ihr zwischen den Beinen und an den Oberschenkeln gerieben und sie gestreichelt habe, wobei er sie leicht auf den Boden gedrückt habe. Ferner habe er ihre Hose heruntergezogen und seine Finger mehrfach in ihren Intimbereich geführt. Dabei habe er ihr Oberteil hochgezogen, ihren Kopf zu sich gedreht und sie immer wieder heftig - auch mit der Zunge - auf den Mund und die Brüste geküsst. Der Beklagte habe erst dann von ihr abgelassen, als sie ihm gesagt habe, dass sie ins Bett müsse. Aber auch danach habe er sie nochmal geküsst und er habe, nachdem er ihr ein Getränk aus der Küche geholt habe, erneut mit den Händen von hinten in ihre Hose an ihr Gesäß gefasst.

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An der Glaubwürdigkeit der Zeugin bestehen auch unter Berücksichtigung der Einwände des Beklagten keine durchgreifenden Zweifel. Wie bereits dargestellt hat die Belastungszeugin insgesamt dreimal den Geschehensablauf nahezu identisch geschildert. Dabei mag dahingestellt bleiben, ob die Zeugin vor der Beweisaufnahme vor dem erkennenden Gericht möglicherweise ihre Aussagen im Strafverfahren durchgelesen hat, um sich auf die mündliche Verhandlung vorzubereiten, denn ihre Aussage wirkte insgesamt nicht als eine künstlich einstudierte. Hiergegen spricht der Umstand, dass die Zeugin auch auf Fragen des Gerichts in der Lage war, spontane Angaben zu machen. Dabei räumte sie - insbesondere hinsichtlich der zeitlichen Abläufe – wiederholt Erinnerungslücken ein, die nachvollziehbar dem langen Zeitablauf geschuldet sind. Zudem differenzieren sich ihre Aussagen vor Gericht hinsichtlich einzelner Detailpunkte von denen im Strafverfahren, so dass auch dies entgegen den Bekundungen des Verfahrensbevollmächtigten des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung gegen eine künstlich stringente, dem Beklagten schadende Aussage spricht. So schilderte die Zeugin vor Gericht erstmals, dass der Beklagte, während sie auf dem Rücken gelegen habe, neben ihr auf der Seite gelegen und später als er sie heftig geküsst habe, auf ihr gelegen habe und sich dann wieder zur Seite gelegt habe, um ihr in die Unterhose zu fassen. Auf konkrete Frage, ob sich die Zeugin nach dem Vorfall noch einmal mit dem Beklagten telefonisch in Verbindung gesetzt habe, gab die Zeugin vor Gericht – ebenso - erstmals unumwunden zu, dass dies der Fall gewesen sei. Diesbezüglich vermochte sie im Weiteren auch spontan und glaubwürdig zu bekräftigen, dass es dabei nicht – wie vom Beklagten behauptet - um dessen Geburtstag oder um den fraglichen Abend, sondern um ihre Freundschaft zu H... gegangen sei.

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Wesentlich für die Glaubwürdigkeit der Zeugin spricht die Schilderung der die Handlungen des Beklagten begleitenden emotionalen Empfindungen. Hierzu gab die Zeugin bereits im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung am 26. September 2013 an, dass sie das Ergreifen ihrer Brust „unmittelbar als willkürlich und nicht als Versehen“ empfunden habe. In dem Moment sei sie geschockt gewesen und habe nicht ganz genau gewusst, was da gerade abgehe. Ziemlich schnell habe er – der Beklagte - dann ihren Kopf zu sich gedreht, sie heftig mit der Zunge geküsst und dann nochmal unter ihr T-Shirt gefasst und an den Oberschenkeln zwischen den Beinen mit den Händen gerieben. In dem Moment habe sie sich in einer Starre befunden. Sie habe ein bisschen gezittert, die meiste Zeit ihre Augen geschlossen und den Kopf von ihm weggedreht gehalten. Auf Aufforderung des Beklagten, etwas zu sagen, habe sie dazu nichts sagen können. Später griff die Zeugin diese Aussage nochmal auf und gab hierzu an, dass sie in dieser Situation schockiert gewesen sei. Sie habe es ekelhaft gefunden, weil er – der Beklagte - auch nach Alkohol geschmeckt habe. Bei den Berührungen habe sie nichts Schönes empfunden. Sie habe die Augen zugemacht und den Kopf ein bisschen weggedreht gehalten, um sich so von der Situation zu distanzieren. Selten habe sie ihn angesehen, aber sie habe nicht ganz wirklich realisiert was passiert sei. Sie sei eigentlich keine Person, die den Mund halte, wenn etwas nicht richtig laufe. Aber der Moment sei so unwirklich gewesen, dass sie in einer Starre gestanden habe, weil der Beklagte für sie auch eine große Autoritätsperson gewesen sei und irgendwie sei es schwer gewesen, ihm zu widersprechen oder einfach nur zu sagen, dass sie das nicht wolle. Später im Bett habe sie das Geschehene rekapituliert und habe es als absurd gefunden, dann auch noch neben ihrer Freundin H... zu liegen. Sie habe die ganze Nacht kein Auge zu gemacht und habe sich am nächsten Morgen beim Frühstück gemeinsam mit der Ehefrau sehr unwohl gefühlt.

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Angesichts der geschilderten objektiven Begebenheiten sind die Empfindungen realitätsgetreu und bis ins Detail nachvollziehbar. Hätte die zum Tatzeitpunkt 17jährige Zeugin die angeschuldigte Situation nicht tatsächlich durchlebt, wäre sie nach allgemeiner Lebenserfahrung auch nicht in der Lage gewesen, ein sich derart deckendes objektives Geschehen und subjektives Empfinden darzulegen. Auch im Termin zur mündlichen Verhandlung schilderte die Zeugin, dass sie von der Attacke des Beklagten völlig überrascht und geschockt gewesen sei. Unbeschadet des guten Verhältnisses zur Familie und auch der vielfach geführten guten Gespräche mit dem Beklagten habe sie gedacht, dass das Lehrer– Schüler– Verhältnis auf jeden Fall gewahrt bliebe. Deswegen sei sie auch ganz perplex gewesen, als er sie heruntergedrückt habe, wogegen sie sich nicht gewehrt habe. Im Einklang mit dem geschilderten inneren Gefühlsleben am Abend des 9. Juni 2013 stehen die Schilderungen der Ereignisse des nächsten und auch der darauffolgenden Tage. Hier tritt die empfundene tiefe Enttäuschung deutlich darüber zutage, dass der Beklagte sich verhalten habe, als sei nichts geschehen und sich nicht bei ihr entschuldigt habe, obwohl es ihm möglich gewesen wäre, mit ihr alleine ein Gespräch zu führen. Die hieraus folgende Verletztheit und innere Zerrissenheit hat die Zeugin letztlich bewogen, sich der Schulleiterin zu offenbaren.

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Der Zeugin kann auch keine Belastungstendenz angelastet werden. Hiergegen spricht unabhängig von den obigen Ausführungen der Umstand, dass sie keinen Strafantrag gegen den Beklagten gestellt hat und zu keinem Zeitpunkt bestrebt war, den Beklagten in ein schlechtes Licht zu stellen. Nicht nur im Strafverfahren, sondern auch vor dem erkennenden Gericht betonte die Zeugin mehrfach, dass der Beklagte keine Gewalt angewandt habe. Auch als er sie festgehalten habe – so die Zeugin-, sei dies kein aggressives Festhalten gewesen. Im Rahmen ihrer Vernehmung am 26. September 2013 wurde deutlich, dass sie zudem versuchte, die Motivationslage des Beklagten zu eruieren und zu verstehen. Dementsprechend deutete sie das Verhalten und insbesondere die mehrfache Aufforderung des Beklagten “…dann geh doch….“, nachdem sie bekundet habe, ins Bett gehen zu wollen, dahin, dass der Beklagte ihr möglicherweise einen Gefallen habe tun wollen und gedacht habe, dass es auch ihr gefalle. Dieser Erklärungsversuch und der subjektiver Eindruck der Zeugin passen auch nachvollziehbar zu der von ihr geschilderten mehrfachen Aufforderung des Beklagten, die Zeugin solle zu der Situation etwas sagen, seine Äußerungen “ich bin dein Beschützer“ oder „ich pass auf dich auf“, „ich halte dich“ „mein ..., meine Tolle“ und schließlich sein Angebot, die Zeugin könne „morgens, mittags und abends zu ihm kommen, wenn sie Probleme habe oder mit ihm reden“ wolle. All dies zeigt, dass die Zeugin offenkundig bestrebt war, sich an jede Einzelheit zu erinnern, die zu Gunsten des Beklagten als Entschuldigung gewertet werden könnte. Auch im Termin zur mündlichen Verhandlung bekräftigte die Zeugin im Zusammenhang mit den hier erwähnten, nach dem Vorfall kursierenden, Facebook- und SMS-Nachrichten, dass diese nicht von ihr stammten und dass sie kein Interesse daran habe, dem Beklagten noch etwas anzuhängen.

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Der Beklagte hat auch selbst keinen Grund vorgetragen, weshalb die Zeugin bestrebt sein könnte, ihm aufgrund unwahrer Tatsachen schädigen zu wollen. Sein Hinweis auch im Termin zur mündlichen Verhandlung, dass sich die Zeugin K... in ihn verliebt habe, und möglicherweise aus einer enttäuschten Empfindung heraus eine falsche Aussage getätigt habe, sieht das Gericht durch die glaubwürdige Zeugenaussage aus den vorgenannten Gründen als widerlegt an. Wesentlich gegen diese Vermutung spricht auch der Umstand, dass der Beklagte ein Verliebt sein der Zeugin bereits auf der ...-fahrt einen Monat zuvor bemerkt haben will, er aber selbst offenkundig keine Bedenken hatte, an dem späten Abend des 9. Juni 2013 allein mit seiner Schülerin im Wohnzimmer zu bleiben. Wäre dies tatsächlich der Fall gewesen, hätte er es als gewissenhafter Lehrer mit Sicherheit nicht zu dieser Situation kommen lassen. Von daher stellt sich dieser Erklärungsversuch als eine offenkundige Schutzbehauptung dar.

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Angesichts der vorgenannten Erwägungen sind die im Übrigen gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugin bereits mit Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten des Beklagten vom 30. Mai 2014 im behördlichen Disziplinarverfahren vorgetragenen Einwände nicht belastbar. Dass die Zeugin zu Beginn ihrer Vernehmung am 26. Januar 2013 von einer “Ex–Tochter“ gesprochen hat, ist entgegen der Auffassung des Beklagten kein Indiz für deren Unglaubwürdigkeit, da sie mutmaßlich in einer „desolaten familiären Situation lebe“, sondern erscheint vor dem Hintergrund der im Übrigen fundierten Zeugenaussagen vielmehr dem Umstand der polizeilichen Zeugenvernehmung, eine für ein 17jähriges Mädchen außergewöhnliche Situation, geschuldet. Zwar konnte der von der Zeugin geschilderte Streit an dem besagten Abend zunächst mit dem Sohn I... und dann mit der Ehefrau L... im Rahmen der Zeugenvernehmung nicht bestätigt werden, jedoch lässt sich hieraus ebenso nicht die Unglaubwürdigkeit der Zeugin herleiten. Möglicherweise mag die Zeugin eine lebhaft geführte Unterredung subjektiv als Streit empfunden haben, jedenfalls erschüttert eine dahingehende Ungenauigkeit nicht die Glaubhaftigkeit des dargelegten Gesamtgeschehens. Inwieweit die Äußerung hinsichtlich des Öffnens des Reißverschlusses und die Schilderung des Greifens von hinten in eine enge Hose unglaubwürdig sein sollen, erschließt sich dem Gericht nicht. Dass die gefallenen Äußerungen “mein ..., meine Tolle“ und „wenn ich Probleme hätte oder irgendwie mit ihm reden wolle, ich könnte morgens, mittags, abends zu ihm kommen“ in einem völlig anderen Kontext gefallen sein sollen und mithin an diesem Abend das angeschuldigte Fehlverhalten schlicht nicht stattgefunden haben soll, ist ausweislich der obigen Ausführungen widerlegt. Ebenso ist ausweislich der oben ausgeführten, nachvollziehbar geschilderten Empfindungen der Zeugin anlässlich des körperlichen Übergriffs und des zwischen Schülern und Lehrer bestehenden Autoritätsverhältnisses die Tatsache erklärbar, dass die Zeugin sich selbst beim Einführen von Fingern in ihren Intimbereich nicht zur Wehr gesetzt hat. Zudem ist in diesem Zusammenhang zu sehen, dass sich der Vorfall in der Nacht im Haus des Beklagten – ihres Lehrers - und in Anwesenheit der übrigen Familienmitglieder, denen die Zeugin ersichtlich sehr zugetan war, stattgefunden hat. In diesem Zusammenhang von einem 17jährigen Mädchen ein nach normalen Maßstäben gebotenes Verhalten zu erwarten, wäre realitätsfremd. Soweit der Beklagte schließlich mutmaßliche Racheambitionen der Zeugin, belegt durch eine Facebook–Nachricht sowie eine versendete SMS, anführt, ist er darauf zu verweisen, dass die Zeugin bezüglich der Facebook-Nachricht bereits im disziplinaren Ermittlungsverfahren nachvollziehbar dargelegt hat, dass diese Nachricht nicht an die Tochter des Beklagten H... gerichtet war. Für die Richtigkeit dieser Behauptung spricht der Umstand, dass die Zeugin ihre Freundin H... zu keinem Zeitpunkt in abgekürzter Form mit “...“ bezeichnet hat. Außerdem erschließt sich aus dem Inhalt der Facebook-Nachricht kein konkreter Zusammenhang zur Person des Beklagten. Bei der mutmaßlichen „Rache-SMS“ handelt es sich zudem entgegen den Bekundungen des Beklagten nicht um eine versendete SMS, sondern um einen für jeden Whatsapp-Nutzer erkennbaren Whatsapp-Status, ebenfalls ohne inhaltlichen Zusammenhang zum Beklagten.

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Die vom Beklagten genannten Entlastungszeugen vermochten vor Gericht ebenso keine zu seinen Gunsten sprechende Beweislage herbeizuführen. Sowohl die Ehefrau als auch die beiden Kinder waren zum Zeitpunkt des angeschuldigten Vergehens nicht im Wohnzimmer anwesend und konnten von daher lediglich zum Randgeschehen Angaben machen. Ergiebig waren die Zeugenaussagen lediglich hinsichtlich des Umstandes, dass die Zeugin K... am 29. Juni 2013 – dem Geburtstag des Beklagten - noch einmal mit dem Beklagten ein Telefongespräch geführt hat – wie bereits ausgeführt - und die von der Zeugin K... geschilderten Ereignisse am Morgen nach dem körperlichen Übergriff den Tatsachen entsprechen. Entgegen den Bekundungen der Ehefrau des Beklagten bestätigte der Sohn I..., dass er am nächsten Morgen nicht beim Frühstück anwesend war, sondern erst später gemeinsam mit seinem Vater in die Schule gefahren ist.

46

Soweit die Ehefrau des Beklagten angegeben hat, dass sie an dem besagten Abend um 22.00 Uhr oder 22.30 Uhr ins Bett gegangen sei, dort noch sieben Seiten in einem Buch gelesen habe, während dieser Zeit nichts Auffälliges aus dem Wohnzimmer, das sich gegenüber dem Elternschlafzimmer befinde, wahrgenommen habe und sie – lesend oder reflektierend – noch mitbekommen habe, als ihr Ehemann ins Bett gekommen sei, kann dieser Aussage als erkennbare Gefälligkeitsaussage kein Glauben geschenkt werden. Unter Zugrundelegung der glaubhaften Zeitangaben der Zeugin K... im Strafverfahren hat sich der körperliche Übergriff in der Zeit zwischen 23.30 und 1.15 Uhr zugetragen. Es sei etwa 1:15 Uhr gewesen – so die Zeugin –, nachdem der Beklagte ihr das Getränk gegeben habe. Vor dem erkennenden Gericht erklärte sie sich dahin, dass sie wohl gegen 23.30 Uhr mit dem Beklagten alleine gewesen sei. Um ca. 1:00 Uhr habe er ihr ein Getränk geholt und ca. eine Viertelstunde später seien sie auseinandergegangen. Hierzu im Widerspruch steht nicht die Aussage der Zeugin vor dem erkennenden Gericht, das das Ereignis “jedenfalls eine halbe Stunde“ gedauert habe. Zum einen handelt es sich hierbei lediglich um eine Mindestangabe, zum anderen hat die Zeugin im gleichen Zusammenhang bekräftigt, dass es ihr sehr lange vorgekommen sei. Die demnach fehlende Genauigkeit hinsichtlich der Zeitdauer steht jedoch weder der Glaubhaftigkeit der Schilderung des Ablaufs, noch der Glaubwürdigkeit der Zeugin entgegen, sondern spricht im Gegenteil für Ihr ernsthaftes Bemühen, die Abläufe nach ihrer Erinnerung wiederzugeben. Diese zeitlichen Angaben unterstellt, können die von der Zeugin L... genannten Umstände nicht den Tatsachen entsprechen. Als Ehefrau des Beklagten hat sie ein erhebliches Interesse, die Glaubwürdigkeit der einzigen Belastungszeugin zu entkräften. Unter Berücksichtigung dessen, dass sowohl Sie als auch ihre als Zeugin vernommene Tochter H... im Rahmen der Zeugenvernehmung der Hellhörigkeit des Hauses eine offenkundig zentrale Bedeutung beigemessen haben, um dem in Rede stehenden Vorwurf von vorneherein die Wahrhaftigkeit zu nehmen, kommt ihrer Aussage keine entscheidende Beweiskraft zu.

47

Steht nach alledem bereits aufgrund der oben genannten Gesamtumstände die Glaubhaftigkeit der Ablaufschilderung und auch die Glaubwürdigkeit der Zeugin K... fest, so gilt dies umso mehr, als der Beklagte auch im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht seine E-Mail vom 17. Juni 2013, in der es heißt:

48

„Liebe ...,
seit über einer Woche versuche ich, mit dir ein Wort zu wechseln, aber du bist für mich total abgetaucht. Deshalb versuche ich es jetzt auf diesem Wege, obwohl ich nicht weiß, ob eine E-Mail das richtige Medium ist.

49

Wir müssen das zwischen uns wieder in Ordnung bringen – da hat sich letztens Sonntag etwas verselbstständigt, und ich mache das mir zum Vorwurf. Wir haben so viel Gemeinsames, schon gemacht und noch vor uns – wirf das bitte nicht Weg: mir ist das sehr wichtig, und ich denke, Dir auch.

50

Lass es bitte wieder gut sein zwischen uns, lass uns reden – und lauf nicht weiter Weg.“, nicht zu erklären vermochte. Seine Einlassung, dass er im Laufe der Woche gemerkt habe, dass wohl „etwas schiefgelaufen“ sei, ohne dies – auch auf Nachfrage des Gerichts - näher erläutern zu können, ist in diesem Zusammenhang nicht plausibel. Vielmehr steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugungsgewissheit des Gerichts fest, dass dieses “Etwas“, was sich verselbstständigt hat und den Beklagten zu der, im Schüler–Lehrerverhältnis nicht nur von der Art der Kontaktaufnahme, sondern insbesondere nach der gewählten eng vertrauten und emotionalen sprachlichen Inhaltsgestaltung, ungewöhnlichen E-Mailnachricht veranlasst hat, der sexuelle Übergriff vom 9. Juni 2013 war.

51

Schließlich spricht für die Glaubwürdigkeit der Zeugin das vom Beklagten im Strafverfahren abgelegte Geständnis. Einem Geständnis im Disziplinarverfahren kommt vergleichbar mit dem Geständnis im Strafprozess kein absolut sicherer Erkenntniswert zu, womit es als Beweismittel der freien richterlichen Beweiswürdigung unterliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1986, 2 BD 46/85 – juris –). Danach ist das Geständnis des Beklagten vorliegend als glaubhaft zu werten, obwohl es widerrufen worden ist. Der Beklagte vermochte dem Gericht keine hinreichende Motivationslage darzulegen, die ihn zu einer mutmaßlich falschen Selbstbezichtigung und deren anschließender Rückgängigmachung bewogen haben könnte. Der Beklagte war bereits im Strafverfahren anwaltlich vertreten und ihm hätte insbesondere auch aufgrund seiner Vorbildung bewusst sein müssen, dass dem Strafverfahren ein Disziplinarverfahren folgt, in dem sich ebenso die Notwendigkeit einer Zeugenvernehmung mit den damit einhergehenden Belastungen nicht nur für seine Familie sondern auch für die Zeugin stellen würde. Wäre er daher im Strafverfahren bereits von seiner Unschuld überzeugt gewesen, wäre es richtig und konsequent gewesen, vor dem Strafgericht eine Beweisaufnahme zu erwirken. Dies hat er jedoch bewusst unterlassen. Zudem hat er es bewusst unterlassen, gegen den Strafbefehl Einspruch zu erheben, was ebenso ein Indiz für die Richtigkeit dessen Feststellungen ist.

52

Bestehen nach alledem keinerlei Bedenken hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Zeugin K..., bedurfte es auch keiner Einholung eines diese Frage klärenden Sachverständigengutachtens. Es ist Aufgabe des Gerichts, mittels eigener Sachkunde die Glaubwürdigkeit eines Zeugen zu beurteilen. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn besondere Umstände vorliegen, deren Würdigung eine spezielle Sachkunde erfordern. Solche Umstände sind gegeben, wenn es um die Beurteilung einer psychischen Störung geht, deren Auswirkungen auf die Aussagetüchtigkeit spezifisches Fachwissen erfordert, was nicht Allgemeingut von Richtern ist (vgl. BGH, Beschluss vom 5. März 2013, 5 StR 39/13 – juris –). Anhaltspunkte für das Vorliegen einer dahingehenden Störung oder Erkrankung sind im Fall der Zeugin K... unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt gegeben.

53

Soweit der Beklagte im Disziplinarverfahren und wiederholt im Klageverfahren eine Durchsuchung und Beschlagnahme von Beweismitteln bei der Zeugin begehrt, so ist er darauf zu verweisen, dass das Landesdisziplinargesetz eine dahingehende Möglichkeit nicht vorsieht und zudem angesichts der eindeutigen Beweislage sich eine dahingehende Notwendigkeit von vorneherein nicht stellt.

54

Steht nach alledem fest, dass der Beklagte sich eines sexuellen Übergriffs auf Schutzbefohlene strafbar gemacht hat, ist ihm in disziplinarrechtlicher Hinsicht damit gleichzeitig ein schwerer innerdienstlicher Verstoß gegen das Achtungs- und Vertrauensgebot vorzuwerfen (§ 34 S. 3 BeamtStG). Nicht achtungsgerecht ist ein Verhalten, das das Ansehen des Beamten und des Beamtentums beeinträchtigen kann, wobei hier nicht erforderlich ist, dass ein Ansehensschaden eingetreten ist. Es genügt vielmehr, dass das Verhalten eines Beamten geeignet ist, sein Ansehen zu beeinträchtigen. Der Begriff des Vertrauens bezieht sich dagegen auf das interne Verhältnis des Beamten zu seinem Dienstherrn, insbesondere auf Verhaltensweisen, die für den Dienstherrn Zweifel an der dienstlichen Zuverlässigkeit des Beamten begründen können. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn der Beamte gegen seine beruflichen Kernpflichten verstößt und darüber hinaus der Kernpflichtverstoß zugleich ein strafbewehrtes Verhalten darstellt.

55

Der Beklagte hat vorliegend im Kernbereich seiner dienstlichen Pflichten versagt und damit auf Grund der bestehenden materiellen Dienstbezogenheit seines Fehlverhaltens (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 2006, 1 DB 6/06 und Urteil vom 20. Februar 2011, 1 DB 55/99; Bay.VGH, Urteil vom 12. März 2013, 16a D 11.624 – juris –), ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen.

56

Gemäß § 25 Abs. 1 Schulgesetz in der Fassung vom 24. Juli 2014 (GVBl. S. 125), – SchulG – gestalten Lehrkräfte Erziehung und Unterricht im Rahmen der für die Schule geltenden Rechtsvorschriften. Die Verpflichtungen der Schule ihren Schülern sowie deren Eltern gegenüber sind damit wesentlicher Bestandteil der Dienstpflichten der Lehrerinnen und Lehrer. Im Mittelpunkt dieser Pflichten steht der staatliche Erziehungsauftrag (vgl. Art. 33 Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV -, § 1 SchulG), welcher durch die Vermittlung von Werten, insbesondere der Achtung und Wahrung persönlicher Würde im Zusammenleben der Menschen, und der unabdingbaren Integrität amtlicher Auftraggeber in einem demokratischen Gemeinwesen geprägt ist (vgl. OVG RP, Urteil vom 12. März 2002, 3 A1 1870/01). Das Verhalten des Lehrers muss daher gemäß § 1 Abs. 2 S. 2 SchulG eine Erziehung der Schüler zu eigenverantwortlichem Handeln mit dem Ziel der freien Entfaltung der Persönlichkeit sowie der Ermöglichung einer Orientierung in der modernen Welt gewährleisten. Es hat darüber hinaus das elterliche Erziehungsrecht zu achten und darf insbesondere nicht geeignet sein, das vertrauensvolle und partnerschaftliche Zusammenwirken von Schule und Eltern im Sinne des § 2 Abs. 3 SchulG zu gefährden. Mit der Einfügung des Abs. 5 in § 1 SchulG (Schulgesetzänderung vom 8. Februar 2013, GVBl. S. 9) hat der Gesetzgeber unter Klarstellung, dass das Schulverhältnis insgesamt als besonderes Obhutsverhältnis zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern besteht, den Schutz der Schülerinnen und Schüler vor sexuellen Übergriffen durch Lehrkräfte bekundet.

57

Diese einfachgesetzliche Ausgestaltung der Dienstpflichten der Lehrer entspricht den Vorgaben der rheinland-pfälzischen Landesverfassung. Danach haben Lehrer ihr Amt im Sinne der Grundsätze der Verfassung auszuüben (Art. 36 LV). Als staatliche Handlungsorgane haben sie ebenso das Recht der Schüler auf Entwicklung ihrer körperlichen und geistigen Anlagen sowie auf die freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit zu achten wie Sie verpflichtet sind, deren persönliche Freiheit und Selbstständigkeit zu schützen und ihr Wohlergehen zu fördern (Art. 1 Abs. 1 und 2 LV). Über diese – für alle Beamten geltenden – Pflichten hinaus sind sie zudem insbesondere verpflichtet, die Jugend zu sittlicher Haltung zu erziehen und das Recht der Eltern über die Erziehung ihrer Kinder zu bestimmen (Art. 27 Abs. 1 LV), zu beachten (vgl. OVG RP, Urteil vom 24. Februar 2012, 3 A 11426/11.OVG).

58

Durch den Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften zum Schutz von Kindern und Jugendlichen hat der Beklagte unabhängig davon, dass der Übergriff außerhalb des Dienstes erfolgte, gegen seine vorgenannten besonderen Dienstpflichten verstoßen und sich damit achtungs- und vertrauensunwürdig verhalten. Hinsichtlich dieses Pflichtenverstoßes ist dem Beamten – wie bereits im Strafverfahren durch das Amtsgericht O... festgestellt – ein vorsätzliches Verhalten vorzuhalten. Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit des Beklagten zum Tatzeitpunkt sind weder von diesem geltend gemacht noch nach den gegebenen Umständen ersichtlich.

II.

59

Welche Disziplinarmaßnahme für das angeschuldigte Dienstvergehen erforderlich ist, richtet sich gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 LDG nach dessen Schwere unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung.

60

Maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der disziplinaren Maßnahme ist demnach die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale). Zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens.

61

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild“ des Beamten erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor und nach der Tat. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Einen Aspekt des Persönlichkeitsbildes stellt auch tätige Reue dar, wie sie durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils noch vor der drohenden Entdeckung zum Ausdruck kommt.

62

Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

63

Aus den gesetzlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 LDG folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu befinden, ob der Beamte auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen wird, oder ob die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Beeinträchtigung des Ansehens des Berufsbeamtentums bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wiedergutzumachen ist. Ergibt die prognostische Gesamtwürdigung, dass ein endgültiger Vertrauensverlust noch nicht eingetreten ist, haben die Verwaltungsgerichte diejenige Disziplinarmaßnahme zu verhängen, die erforderlich ist, um den Beamten zur Beachtung der Dienstpflichten anzuhalten und der Ansehensbeeinträchtigung entgegenzuwirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007, Az.: 2 C 9/06 – juris -).

64

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze gilt für den hier zu entscheidenden Fall Folgendes: Eine Einstufung anhand der Kriterien der Schwere des Dienstvergehens ergibt vorliegend als Ausgangspunkt der Bewertung die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis. Sexuelle Verfehlungen von Lehrern an den ihnen anvertrauten Schülern betreffen – wie bereits erwähnt und durch § 1 Abs. 5 SchulG nunmehr klargestellt - den Kernbereich ihrer Pflichten und machen den Beamten regelmäßig untragbar. Er beeinträchtigt nicht nur das Ansehen des Berufsbeamtentums, sondern zeigt damit in der Regel seine Nichteignung für den Lehrerberuf. Ein Lehrer ist nach dem umfassenden Bildungsauftrag der Schule nicht nur zur Vermittlung von Wissen, sondern auch zur Erziehung der Schüler verpflichtet. Er muss insbesondere die geistige und sittliche Entwicklung der ihm anvertrauten Schüler fördern und schützen. Schüler, Eltern, Dienstherrn und Öffentlichkeit müssen sich unbedingt darauf verlassen können, dass sexuelle Verfehlungen von Lehrern gegenüber Schülern auch außerhalb des unmittelbaren schulischen Umfeldes unterbleiben. Die Wahrung der Integrität der Schüler, die Pflicht zur Gewährleistung ihrer behutsamen Entwicklung sowie Anspruch und Vertrauen der Schüler und Eltern darauf, dass Lehrer das Obhuts- und Näheverhältnis zu den Schülern nicht zur Verfolgung eigener Bedürfnisse ausnutzen, verpflichten den Lehrer dazu, sich in sexueller Hinsicht uneingeschränkt korrekt – in Wort und Tat – zu verhalten. Körperliche Distanz hat daher das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern auch dann zu prägen, wenn der Schüler mit deren Aufgabe vordergründig einverstanden ist (vgl. OVG RP, Urteil vom 24. Februar 2012, a.a.O.; Bay.VGH, Urteil vom 27. Oktober 2004,16 a D 03.2067 – juris –).

65

Unter dieser Prämisse hat der Beklagte ein äußerst schwerwiegendes Dienstvergehen begangen, das die Höchstmaßnahme indiziert. Der Beklagte hat am 9. Juni 2013 an der minderjährigen Zeugin K... sexuelle Handlungen vorgenommen und sich damit nach § 174 Abs. 1 Nr. 2 StrafgesetzbuchStGB strafbar gemacht, der für dieses Verhalten einen Strafrahmen von drei Monaten bis fünf Jahren vorsieht und damit selbst bei außerdienstlichen Verfehlungen den Orientierungsrahmen der Dienstentfernung indiziert (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 2010, 2 C 13/10 – juris -). Dabei fällt ins Gewicht, dass der Beklagte die sexuellen Handlungen über einen Zeitraum von ca. einer Stunde zur Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse – möglicherweise in der Vorstellung, dass die Schülerin ihm ebenso zugetan ist wie er ihr – wiederholt getätigt und sich zu keinem Zeitpunkt seiner Dienstpflichten besonnen und aus eigenem Entschluss von ihr abgelassen hat. Mit dem mehrfachen Eindringen mit den Fingern in den Intimbereich der Schülerin hat er deren körperliche Integrität in nicht unerheblichem Maß verletzt. Bedingt durch den damit feststehenden unnatürlichen Eingriff in die sittliche Entwicklung der minderjährigen Schülerin, hat der Beklagte diese der Gefahr ausgesetzt, das Geschehene wegen ihrer noch nicht ausreichenden fortgeschrittenen Reife intellektuell und gefühlsmäßig nicht verarbeiten zu können. Er hat bewusst in die sittliche Entwicklung der Zeugin eingegriffen und damit die nachhaltige und harmonische Entfaltung ihrer Persönlichkeit sowie ihrer Einordnung in die Gemeinschaft gefährdet. Durch derartige Verhaltensweisen werden dem Opfer – typischerweise – erhebliche zumindest seelische Schäden zugefügt, deren Folgen ein ganzes Leben lang andauernden können. Zugleich benutzt der Täter die Betroffenen als Mittel zur Befriedigung seiner geschlechtlichen Triebe. Eine solche Herabminderung des Kindes oder Jugendlichen zu einem bloßen Objekt der Sexualität verletzt deren Menschenwürde und Persönlichkeitsrecht in elementarster Weise (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1987, 1 D 141/86 – juris –). Dass sich gerade vorliegend diese Gefahr realisiert hat, zeigt sich bildlich und eindeutig in den gefühlsmäßigen Schilderungen der Zeugin K... Diese empfand die sexuellen Handlungen des Beklagten insbesondere in Anbetracht des Schüler– Lehrer– Verhältnisses als schockierend und waren für sie derart nachhaltig, dass sie sich nach dem Ereignis in psychologische Behandlung begeben musste. Ausweislich der Disziplinarakte ergibt sich, dass die Zeugin im Rahmen des Gesprächs am 13. Juni 2013 mit der Schulleiterin des -Gymnasiums Frau ... einen traumatisierten Eindruck gemacht hat, woraufhin unverzüglich die psychologische Betreuung der Zeugin eingeleitet wurde. Möglicherweise empfand die Zeugin eine Bewunderung für den Beklagten, was sich darin zeigt, dass sie an dem besagten Abend mit ihm allein im Wohnzimmer verblieben und es dort – wie offensichtlich auch bereits in der Vergangenheit - zu einem emotionalen Gespräch gekommen ist. Von einem ausgebildeten Pädagogen wäre in dieser Situation umso mehr zu erwarten gewesen, sich emotional, intellektuell und lebenspraktisch zu verhalten und die gebotene Distanz zu wahren. Dieser Notwendigkeit hat der Beklagte sich bewusst verschlossen und damit gezeigt, dass ihm die Befriedigung der eigenen sexuellen Bedürfnisse wichtiger als die unbeeinträchtigte Entwicklung der ihm bereits seit langer Zeit persönlich bekannten Zeugin K... war. Belastend ist weiterhin zu würdigen, dass der Beklagte sich zu den sexuellen Handlungen im häuslichen Bereich in Anwesenheit der gesamten Familie und zur Nachtzeit hat hinreißen lassen, und damit die besondere Ausweglosigkeit der Zeugin ausgenutzt hat.

66

Die für den Beamten sprechenden Entlastungsgründe haben in der Gesamtschau kein solches Gewicht, dass von der Verhängung der Höchstmaßnahme abzusehen wäre (BVerwG, Urteil vom 1. März 2012, 2 B 140/11 – juris –). Der Beklagte ist disziplinarisch nicht vorbelastet und hat gute Leistungen als Lehrer gezeigt. Diese Umstände, die an sich zum Selbstverständnis eines jeden Beamtenverhältnisses zählen, sind nicht derart gewichtig, dass sie geeignet wären, die Schwere der Tat aufzuwiegen.

67

Der Beklagte hat die Tat auch noch nach Vorliegen einer für ihn erdrückenden Beweislage bestritten. Mithin können auch weder eine geständige Einlassung noch eine tätige Reue zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist daher ausgehend von der bereits durch die Schwere des Dienstvergehens indizierten Höchstmaßnahme eine positive Prognose zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme gebieten würde, nicht möglich. Der Beamte hat das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in sein Amt als Lehrer endgültig verloren und ist von daher aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

68

Die Verhängung der Höchstmaßnahme verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Danach muss die im Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und zu den von dem Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung den Zwecke der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, dem aufgezeigten Zweck der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis – wie hier - zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als für alle öffentlich – rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, Urteil vom 14. November 2011, 1 D 60.00 – juris –).

69

Eine abweichende Entscheidung von der gesetzlich normierten Dauer der Gewährung eines Unterhaltsbeitrages ist vorliegend nicht geboten, da keine Gründe ersichtlich sind, die aus fürsorgerechtlichen Gesichtspunkten im Einzelfall eine abweichende Entscheidung rechtfertigen konnten (§§ 8, 70 LDG).

70

Die Kostenentscheidung beruht auf § 99 Abs. 1 LDG. Verfahren nach dem Landesdisziplinargesetz sind gebührenfrei (§ 109 Abs. 1 LDG).

71

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 21 LDG i.V.m. §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Trier Urteil, 23. Juni 2015 - 3 K 1893/14.TR

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Trier Urteil, 23. Juni 2015 - 3 K 1893/14.TR

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht Trier Urteil, 23. Juni 2015 - 3 K 1893/14.TR zitiert 7 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 34 Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild


(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

Strafgesetzbuch - StGB | § 174 Sexueller Mißbrauch von Schutzbefohlenen


(1) Wer sexuelle Handlungen 1. an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist,2. an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm im Rahmen eines Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsver

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Verwaltungsgericht Trier Urteil, 23. Juni 2015 - 3 K 1893/14.TR zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2013 - 5 StR 39/13

bei uns veröffentlicht am 05.03.2013

5 StR 39/13 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 5. März 2013 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. März 2013 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das U

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 19. Aug. 2010 - 2 C 13/10

bei uns veröffentlicht am 19.08.2010

Tatbestand 1 Der 1952 geborene Beklagte wurde zum 1. Oktober 1970 als Zollanwärter in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen. Mit Wirkung vom 12. August 2005 wurde e

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(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

5 StR 39/13

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 5. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. März 2013

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 8. Oktober 2012 mit den Feststellungen nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexueller Nötigung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision. Er beanstandet das Verfahren und rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
2
1. Nach den durch das Landgericht getroffenen Feststellungen vergewaltigte der bislang unbestrafte Angeklagte den am 1. November 1983 geborenen Nebenkläger zwischen Anfang 1992 und Januar 1993 in mindestens fünf Fällen brutal, wobei er in einem Fall dem Hund des Kindes zur Verstärkung seiner Drohungen das Rückgrat brach und in einem anderen Fall Zigaretten auf der Haut des Kindes ausdrückte. Tatort war ein von den Beteiligten als „Hexenhäuschen“ bezeichnetes Haus in Weiskirchen, in dem der Ange- klagte mit seiner damaligen Lebensgefährtin, der Mutter des Nebenklägers, im fraglichen Zeitraum wohnte.
3
Der Nebenkläger war schon im Kindesalter verhaltensauffällig. Auf Anraten des behandelnden Psychologen und des Jugendamts wurde er 1992 aus der Familie herausgenommen und in die Obhut der Großmutter gegeben , hielt sich aber auch beim Angeklagten und seiner Mutter auf. Er befand sich mehrfach, auch stationär, in jugendpsychiatrischer Behandlung. So wurde er aus einer psychiatrischen Einrichtung im Kindesalter am 14. Januar 1993 entlassen und kehrte in die Obhut der Großmutter zurück. Einzelheiten der sexuellen Übergriffe teilte der Nebenkläger erstmals als Erwachsener seiner damaligen Lebensgefährtin und, nachdem sein Verteidiger solches pauschal in einem gegen ihn gerichteten Strafverfahren thematisiert hatte, im Rahmen einer staatsanwaltschaftlichen Vernehmung vom 2. Januar 2012 mit.
4
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a) Folgendes Geschehen liegt zugrunde:
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Der Verteidiger hatte die Einholung eines Gutachtens zur Glaubhaftigkeit der belastenden Angaben des Nebenklägers beantragt. Dieser leide an einer antisozialen bzw. dissozialen Persönlichkeitsstörung, die sich aus bereits im frühen Kindesalter aufgetretenem aggressiv-dissozialem Verhalten herleite. Hauptmerkmal der Persönlichkeitsstörung sei ein tiefgreifendes Muster von Missachtung und Verletzung der Rechte anderer, das in der Kindheit beginne und bis ins Erwachsenenalter fortdauere. Weil Täuschung und Manipulation zentrale Merkmale dieser Störung seien, müssten die Tatschilderungen zu Lasten des Angeklagten als höchst unzuverlässig gelten.
7
Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen, weil es über die erforderliche Sachkunde selbst verfüge (§ 244 Abs. 4 Satz 1 StPO). Die von der Verteidigung behauptete Persönlichkeitsstörung möge bei dem Nebenkläger vorliegen. Jedoch seien Täuschung und Manipulation gerade keine zentralen Merkmale dieser Störung. Die Hinzuziehung medizinischer Hilfe sei nicht erforderlich, weil die Aussage des Nebenklägers eine Vielzahl von Realkennzeichen aufweise, in hohem Maße konstant sei und im Randbereich durch Bekundungen anderer Zeugen gestützt werde.
8
b) Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist die Rüge zulässig im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erhoben. Zwar bedarf es hierfür – was die Revision auch nicht verkennt – grundsätzlich des Vortrags der Einwilligung der zu begutachtenden Person in die beantragte Untersuchung (vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 8. Januar 2013 – 1 StR 602/12 mwN). Das kann aber dann nicht gelten, wenn einem Sachverständigen ersichtlich unabhängig von einer Einwilligung des Zeugen die erforderlichen Erkenntnisse auch ohne persönliche Begutachtung verschafft werden können (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 27. März 1990 – 5 StR 119/90, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Ungeeignetheit 7, vom 25. September 1990 – 5 StR 401/90, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 1 Unzulässigkeit 6, vom 28. Oktober 2008 – 3 StR 364/08, NStZ 2009, 346, 347). So liegt es hier.
9
c) Die Rüge hat auch in der Sache Erfolg. Mit der gegebenen Begründung durfte der Beweisantrag nicht abgelehnt werden. Zwar kann sich das Gericht bei der Beurteilung von Zeugenaussagen grundsätzlich eigene Sachkunde zutrauen; etwas anderes gilt aber, wenn besondere Umstände vorliegen, deren Würdigung eine spezielle Sachkunde erfordert, die dem Gericht nicht zur Verfügung steht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. März 1994 – 5 StR 62/94, StV 1994, 634, vom 29. Oktober 1996 – 4 StR 508/96, NStZ-RR 1997, 106, vom 28. Oktober 2008 – 3 StR 364/08, NStZ 2009, 346, 347, vom 28. Oktober 2009 – 5 StR 419/09, NStZ 2010, 100, 101, und vom 23. Mai 2012 – 5 StR 174/12, NStZ-RR 2012, 353, 354). Solche Umstände sind hier gegeben. Die Beurteilung einer psychischen Störung des vielfach in psychiatrischen Einrichtungen untergebrachten sowie in seinem Aussageverhalten auffälligen Nebenklägers und von deren Auswirkungen auf die Aussagetüchtigkeit erfordert spezifisches Fachwissen, das nicht Allgemeingut von Richtern ist; demgemäß hätte die eigene Sachkunde näherer Darle- gung bedurft (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1958 – 4 StR 211/58, BGHSt 12, 18, 20; Beschlüsse vom 21. Dezember 1983 – 3 StR 437/83, StV 1984, 232, und vom 23. Mai 2012 – 5 StR 174/12, aaO). Eine solche ist weder dem Zurückweisungsbeschluss noch den Urteilsgründen zu entnehmen.
10
d) Die Ablehnung des Beweisantrags führt auf die Revisionsrüge zur umfassenden Aufhebung des Urteils, weil dieses insgesamt auf dem Rechtsfehler beruhen kann.
11
3. Der Senat weist darauf hin, dass die im angefochtenen Urteil vorgenommene Beweiswürdigung auch sachlich-rechtlich revisionsrechtlicher Überprüfung nicht standgehalten hätte. Hierzu sowie für die neue Hauptverhandlung ist namentlich zu bemerken:
12
a) Angesichts der überaus schwierigen Beweislage betreffend die rund 20 Jahre zurückliegenden Taten hätte es einer eingehenden und zusammenhängenden Darstellung und Bewertung der Bekundungen des Nebenklägers bedurft, wobei auch im angefochtenen Urteil angesprochene Widersprüche zwischen der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung und der Aussage in der Hauptverhandlung im Einzelnen zu benennen und zu würdigen gewesen wären. Dem genügen die eher kursorischen Erwägungen des Landgerichts nicht, die jeglichen konkreten Beleg für Aussagekonstanz oder markante Realkennzeichen vermissen lassen. Gänzlich unzulänglich bleiben die Ausführungen zu der für die Einschätzung der Lebensumstände und einer Gewalttätigkeit des Angeklagten zur Tatzeit besonders bedeutsamen Aussage der Mutter des Nebenklägers.
13
b) Entsprechend den Ausführungen der Revision sind die Feststellungen zur zeitlichen Einordnung der Taten nicht frei von Widersprüchen. Das Landgericht hat den Tatzeitraum auf Anfang 1992 bis Januar 1993 festgelegt. Dies tritt schon in erhebliche Spannung mit der zugleich zugrunde gelegten Aussage des im November 1983 geborenen Nebenklägers, der Ange- klagte habe ihn im Alter von vier bis acht Jahren sexuell missbraucht. Ferner erhält sich das Urteil nicht dazu, dass der Nebenkläger, der das „Hexenhäuschen“ als „Ge ängnis“ emp unden hat (UA S 1 ), gerade im Jahr 199 aus der Familie herausgenommen und bei der Großmutter untergebracht wurde und dass eine stationäre psychiatrische Unterbringung am 14. Januar 1993 endete, nach der der Nebenkläger zur Großmutter zurückkehrte. Es versteht sich in diesem Zusammenhang auch nicht von selbst, dass die Großmutter, der der Nebenkläger nach seiner Aussage von sexuellen Übergriffen des Angeklagten erzählt hat, gleichwohl und ungeachtet nach den Urteilsgründen aufgrund ständiger Misshandlungen von Seiten des Angeklagten vorhandener multipler Hämatome und anderer Verletzungen des Ne- benklägers etwa weitere Besuche im „Hexenhäuschen“ zugelassen hat
14
c) Das Landgericht hat festgestellt, dass der Schließmuskel des Nebenklägers durch die analen Vergewaltigungen geschädigt worden sei, weswegen dieser immer wieder eingekotet habe (UA S. 8). Der Angeklagte hat in diesem Zusammenhang angegeben, dass der Nebenkläger im fraglichen Zeitraum seinen Onkel S. sexueller Übergriffe beschuldigt habe, woraufhin der Nebenkläger ohne Befund durch einen in den Urteilsgründen benannten Arzt untersucht worden sei (UA S. 10, 11). Diese Angaben , denen das Landgericht nach den Urteilsgründen nicht nachgegangen ist, finden eine gewisse Bestätigung in der Aussage der Mutter des Nebenklägers , wonach aufgrund der Beschuldigung des Onkels das Jugendamt eingeschaltet worden sei, ohne dass sich der Vorwurf habe erhärten lassen (UA S. 21). Hiermit und namentlich mit Art, Umfang und Ergebnis eingeleiteter Untersuchungen hätte sich das Landgericht im Einzelnen auseinandersetzen müssen.
15
d) Eine zentrale Bedeutung misst das Urteil der durch einen Polizeibeamten eingeführten Aussage der – durch das Landgericht wegen einer Erkrankung nicht vernommenen – Tante des Nebenklägers bei. Ihr gegenüber soll sich der Nebenkläger als einziger neben der verstorbenen Groß- mutter bereits im Kindesalter offenbart haben, indem er bekundete, er müsse am „Pimmel“ des Angeklagten spielen und dieser stecke den „Pimmel“ in seinen Po. Den Urteilsgründen ist jedoch nicht zu entnehmen, wie die Zeugin auf diese Mitteilung reagiert und was sie gegebenenfalls veranlasst hat. Der Mutter des Nebenklägers scheint sie nach deren im Rahmen einer von der Verteidigung erhobenen Aufklärungsrüge wiedergegebenen polizeilichen Aussage hiervon nichts gesagt zu haben. Der Senat weist darauf hin,dass – beiunveränderter Beweissituation – die persönliche Vernehmung der genannten Zeugin in der neuen Hauptverhandlung dringend angezeigt sein wird.
16
e) Nach den Feststellungen ist der unbestrafte Angeklagte nunmehr in vierter Ehe verheiratet, wobei in die 1995/1996 eingegangene dritte Ehe durch die Ehefrau Kinder im Alter von vier und sechs Jahren eingebracht worden sind (UA S. 5). Es könnte von indizieller Bedeutung sein, wenn insbesondere diese Ehe – wie nach den Urteilsgründen die Beziehung zur Mutter des Nebenklägers – durch fortwährenden Alkoholmissbrauch, ständige gravierende Gewalttätigkeiten und unter Umständen auch sexuelle Übergriffe des Angeklagten geprägt gewesen wäre.
17
f) Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte bei allen Taten beträchtlich alkoholisiert gewesen ist. Anhaltspunkte für einen Ausschluss der Schuldfähigkeit hat es nicht gesehen (UA S. 25). Damit sind indessen die Voraussetzungen der verminderten Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen. Zwar zeigte der An- geklagte nach den Feststellungen „keine Aus allerscheinungen“ (UA S 8) Im Hinblick darauf, dass für diesen Befund ausschließlich die Wahrnehmung eines Kindes von jedenfalls unter zehn Jahren in Betracht kommt, wären insoweit nähere Ausführungen unabdingbar gewesen.
Basdorf Sander Schneider Dölp König

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Wer sexuelle Handlungen

1.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist,
2.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm im Rahmen eines Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, unter Missbrauch einer mit dem Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit oder
3.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die sein leiblicher oder rechtlicher Abkömmling ist oder der seines Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, mit der er in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebt,
vornimmt oder an sich von dem Schutzbefohlenen vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ebenso wird bestraft, wer unter den Voraussetzungen des Satzes 1 den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen an oder vor einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt.

(2) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird eine Person bestraft, der in einer dazu bestimmten Einrichtung die Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung von Personen unter achtzehn Jahren anvertraut ist, und die sexuelle Handlungen

1.
an einer Person unter sechzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt oder
2.
unter Ausnutzung ihrer Stellung an einer Person unter achtzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt.
Ebenso wird bestraft, wer unter den Voraussetzungen des Satzes 1 den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen an oder vor einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt.

(3) Wer unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2

1.
sexuelle Handlungen vor dem Schutzbefohlenen vornimmt, um sich oder den Schutzbefohlenen hierdurch sexuell zu erregen, oder
2.
den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, daß er sexuelle Handlungen vor ihm vornimmt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 oder des Absatzes 3 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder mit Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn das Unrecht der Tat gering ist.

Tatbestand

1

Der 1952 geborene Beklagte wurde zum 1. Oktober 1970 als Zollanwärter in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen. Mit Wirkung vom 12. August 2005 wurde er zum Zollinspektor ernannt.

2

Das Amtsgericht Kandel verurteilte den Beklagten durch rechtskräftiges Urteil vom 20. Juni 2006 wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften in 136 tateinheitlichen Fällen zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils hatte der Beklagte im Zeitraum von Anfang 2004 bis zur Beschlagnahme seines privaten Computers im November 2005 mindestens 102 Bilddateien sowie 34 Video-Sequenzen jeweils mit kinderpornographischem Inhalt, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, auf die Festplatte seines Computers geladen.

3

Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Oberwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, durch den vorsätzlichen Besitz von mindestens 20 verschiedenen ungelöschten kinderpornographischen Bilddateien und mindestens 17 verschiedenen ungelöschten kinderpornographischen Video-Sequenzen habe der Beklagte ein sehr schweres außerdienstliches Dienstvergehen begangen. Das hohe Eigengewicht eines solchen Dienstvergehens leite sich daraus ab, dass die Herstellung kinderpornographischer Darstellungen den sexuellen Missbrauch von Kindern durch Erwachsene zwingend voraussetze. Wer als Beamter kinderpornographisches Material besitze, beweise erhebliche Persönlichkeitsmängel mit der Folge einer nachhaltigen Ansehensschädigung oder gar des völligen Ansehensverlustes. Das im Verlaufe des Straf- und Disziplinarverfahrens erkennbar gewordene Persönlichkeitsbild des Beklagten gebe keine Veranlassung zu der Annahme, er habe den Unrechtsgehalt seines Handelns erkannt und auf der Basis einer solchen Erkenntnis Einsicht in seine Mitverantwortung als Konsument kinderpornographischer Darstellungen für den sexuellen Missbrauch von Kindern gewonnen. Zwar unterziehe sich der Beklagte inzwischen einer Verhaltenstherapie. Seine Äußerungen ließen aber erkennen, dass die bescheinigten Therapiesitzungen nach wie vor keine Erkenntnis des Unrechtsgehalts der Tat, Reue oder kritische Betrachtung des eigenen Handelns bewirkt hätten.

4

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Revision, mit der er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 29. September 2009 und des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. Februar 2009 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen,

hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Dienst zu erkennen.

5

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision des Beklagten ist mit der Maßgabe der Zurückverweisung nach § 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO begründet. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht. Das Berufungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Entfernung aus dem Beamtenverhältnis aufgrund einer Bemessungsentscheidung bestätigt, die nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 und Abs. 2 Satz 1 BDG genügt. Da die Tatsachenfeststellungen im Berufungsurteil nicht ausreichen, um dem Senat eine abschließende Entscheidung über die Disziplinarklage zu ermöglichen, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO, § 70 Abs. 2 BDG).

7

1. Der Beklagte hat durch den vorsätzlichen Besitz kinderpornographischer Schriften im Sinne von § 11 Abs. 3 StGB, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen (§ 54 Satz 3 BBG a.F. i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F.).

8

a) Maßgeblich ist die Rechtslage zum Tatzeitpunkt, weil sich aus der Neufassung des Bundesbeamtengesetzes durch das Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) für den Beklagten kein materiellrechtlich günstigeres Recht ergibt (Urteile vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1, Rn. 33 und 51 bis 53 und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - zur Veröffentlichung in den Entscheidungssammlungen BVerwGE und Buchholz vorgesehen - Rn. 17).

9

Der Beklagte hat das Dienstvergehen außerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten nicht in sein Amt und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (Urteil vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - a.a.O. Rn. 54). Er hatte die kinderpornographischen Dateien ausschließlich auf seinen privaten Computern abgespeichert.

10

Das Verhalten eines Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert (§ 54 Satz 3 BBG a.F.). Besitzt ein Beamter vorsätzlich kinderpornographische Schriften im Sinne von § 11 Abs. 3 StGB, so verstößt er gegen diese Pflicht.

11

Ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes erfüllt den objektiven Tatbestand eines Dienstvergehens, wenn die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. (ebenso § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG n.F.) erfüllt sind. Es muss nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet sein, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Die Disziplinarwürdigkeit außerdienstlichen Verhaltens nach diesen Kriterien ist von der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nach § 13 BDG zu unterscheiden.

12

Grund für die Einfügung der besonderen Anforderungen für die Annahme eines außerdienstlichen Dienstvergehens durch das Gesetz zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 20. Juli 1967 (BGBl I S. 725) war das Bestreben des Gesetzgebers, den Tatbestand des Dienstvergehens im Bereich außerdienstlichen Verhaltens von Beamten einzuschränken. Der geänderten Stellung der Beamten in der Gesellschaft, von denen außerdienstlich kein wesentlich anderes Sozialverhalten als von jedem Bürger erwartet wird, sollte Rechnung getragen werden (Urteile vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <23 und 26 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 23 S. 22 und 25 und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - Rn. 15).

13

Das Merkmal "in besonderem Maße" bezieht sich auf die Eignung zur Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung und ist nur erfüllt, wenn das Verhalten des Beamten in quantitativer oder qualitativer Hinsicht über das für eine jede Eignung vorausgesetzte Mindestmaß an Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung hinausgeht. Ist eine derart qualifizierte Möglichkeit der Beeinträchtigung gegeben, kommt es weiterhin darauf an, ob diese Beeinträchtigung bedeutsam wäre. Das Merkmal "in bedeutsamer Weise" bezieht sich auf den "Erfolg" der möglichen Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung. Die zur Beeinträchtigung in besonderem Maße geeignete Pflichtverletzung weist Bedeutsamkeit auf, wenn sie in qualitativer oder quantitativer Hinsicht das einer jeden außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß an disziplinarrechtlicher Relevanz deutlich überschreitet (Urteil vom 8. Mai 2001 - BVerwG 1 D 20.00 - BVerwGE 114, 212 <219 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 29 S. 40).

14

Die Beeinträchtigung der Achtung und des Vertrauens muss sich entweder auf das Amt des Beamten im konkret-funktionellen Sinne (Dienstposten), d.h. auf die Erfüllung der dem Beamten konkret obliegenden Dienstpflichten, oder auf das Ansehen des Berufsbeamtentums als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung beziehen (Urteile vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - a.a.O. S. 25, vom 12. Dezember 2001 - BVerwG 1 D 4.01 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 32 S. 53 f. und vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - a.a.O. Rn. 52).

15

b) Das strafrechtlich geahndete außerdienstliche Dienstvergehen des Beklagten weist keinen Bezug zu seinem Dienstposten auf. Der Dienstbezug ist gegeben, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt. Daran fehlt es. Weder hatte der Beklagte dienstlich Kontakt mit Kindern noch gehörte die Bekämpfung von Kindesmissbrauch oder Kinderpornographie zu seinen dienstlichen Tätigkeiten. Allein der Umstand, dass der Beklagte als Beamter der "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" dienstlich mit der Verfolgung und Ahndung von Rechtsverstößen Dritter befasst war, begründet ebenfalls keinen solchen Dienstbezug. Rückschlüsse aus dem außerdienstlichen Fehlverhalten des Klägers auf seine künftige Amtsführung oder eine Beeinträchtigung in derselben können nicht gezogen werden.

16

Bei erstmaligem außerdienstlichem Fehlverhalten ist die Eignung zur Beeinträchtigung von Achtung und Vertrauen im Hinblick auf das Ansehen des Beamtentums bereits unter Hinweis auf die gesetzgeberischen Wertungen auch bei der Begehung einer Straftat zum Nachteil des Staates (vgl. § 48 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F., § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG) oder der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen einer vorsätzlich begangenen schwerwiegenden Straftat (vgl. § 48 Satz 1 Nr. 1 BBG a.F., § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG) angenommen worden (Urteile vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - a.a.O. S. 26 f. und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - Rn. 18).

17

Unabhängig von diesen Fallgruppen lässt der Strafrahmen Rückschlüsse auf das Maß der disziplinarrechtlich relevanten Ansehensschädigung zu. Die Disziplinarwürdigkeit eines erstmaligen außerdienstlichen Verhaltens eines Beamten im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. (n.F.) ist regelmäßig anzunehmen, wenn das außerdienstliche Verhalten im Strafgesetzbuch als Vergehen mit einer Freiheitsstrafe im mittleren Bereich belegt ist. Durch die Festlegung des Strafrahmens bringt der Gesetzgeber verbindlich den Unrechtsgehalt eines Delikts zum Ausdruck. An dieser Wertung hat sich auch die Entscheidung über die Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. (n.F.) zu orientieren, wenn andere Kriterien, wie etwa ein Dienstbezug oder die Verhängung einer Freiheitsstrafe bei einer vorsätzlich begangenen Straftat ausscheiden. Hierdurch wird hinsichtlich der Frage der Disziplinarwürdigkeit außerdienstlichen Verhaltens eine Entscheidung gewährleistet, die an nachvollziehbare Kriterien anknüpft.

18

Durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften vom 27. Dezember 2003 (BGBl I S. 3007) hat der Gesetzgeber den Strafrahmen für den Besitz kinderpornographischer Schriften von einem auf zwei Jahre Freiheitsstrafe erhöht. Gemessen an den Kriterien des Strafgesetzbuches handelt es sich um eine Strafandrohung im mittleren Bereich.

19

Wer kinderpornographische Schriften besitzt (§ 184b Abs. 4 Satz 2 StGB), trägt durch seine Nachfrage nach solchen Darstellungen zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern (§ 176a Abs. 2 StGB) und damit zum Verstoß gegen ihre Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit bei. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Er greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Bildung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seine Einordnung in die Gemeinschaft, weil ein Kind wegen seiner fehlenden oder noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten kann. Zudem degradiert der Täter die sexuell missbrauchten kindlichen Opfer zum bloßen auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung (Urteile vom 6. Juli 2000 - BVerwG 2 WD 9.00 - BVerwGE 111, 291 <294 f.> = Buchholz 236.1 § 17 SG Nr. 33 S. 25 und vom 25. September 2007 - BVerwG 2 WD 19.06 - Buchholz 450.2 § 38 WDO Nr. 23 S. 19).

20

2. Die Bemessungsentscheidung des Berufungsgerichts verstößt gegen § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 und Abs. 2 Satz 1 BDG.

21

a) Die Verwaltungsgerichte erkennen aufgrund einer eigenen Bemessungsentscheidung gemäß § 13 Abs. 1 und 2 BDG auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme, wenn sie nach umfassender Sachaufklärung (§ 58 BDG sowie § 86 Abs. 1 und 2 VwGO) zu der Überzeugung gelangen, dass der Beamte die ihm in der Disziplinarklageschrift zur Last gelegten dienstpflichtwidrigen Handlungen begangen hat, und dem Ausspruch der Disziplinarmaßnahme kein rechtliches Hindernis entgegensteht (§ 60 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 BDG). Sie sind dabei an die tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Wertungen des klagenden Dienstherrn nicht gebunden (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 11 und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - Rn. 9 sowie Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 S. 2).

22

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung.

23

Den Bedeutungsgehalt dieser gesetzlichen Begriffe hat der Senat in den Urteilen vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - (BVerwGE 124, 252 <258 ff.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 21 ff.) und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - (a.a.O. Rn. 13 ff.; seitdem stRspr) näher bestimmt. Danach ist maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens. Das Bemessungskriterium "Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit" gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 BDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

24

Aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums zu gewährleisten (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 16).

25

b) Für das außerdienstlich begangene Dienstvergehen des Besitzes kinderpornographischer Schriften scheidet eine Regeleinstufung wie sie in der Rechtsprechung für schwerwiegendes innerdienstliches Fehlverhalten entwickelt worden ist (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 20 m.w.N.), aus. Danach kommt regelmäßig die Entfernung aus dem Dienst (bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts) dann in Betracht, wenn die Schwere des innerdienstlichen Dienstvergehens das für die weitere dienstliche Tätigkeit notwendige Vertrauensverhältnis endgültig zerstört hat (z.B. Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 28). Im Bereich der Sexualdelikte hat der Senat den mit Freiheitsstrafe geahndeten außerdienstlichen sexuellen Missbrauchs eines Kindes (§ 176 Abs. 1 StGB) als derart schwerwiegend erachtet, dass die Höchstmaßnahme indiziert ist, wenn es insgesamt an hinreichend gewichtigen entlastenden Umständen fehlt (Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - a.a.O.) Anders als bei einem solchen unmittelbaren Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung ist beim Besitz kinderpornografischer Schriften eine Regeleinstufung nicht angezeigt, weil die Variationsbreite der jeweiligen Schwere der außerdienstlichen Verfehlung zu groß ist. Dies gilt für den Besitz kinderpornografischer Schriften namentlich dann, wenn es an einem dienstlichen Bezug des strafbaren Verhaltens fehlt. In diesen Fällen hat sich die Maßnahmebemessung als Richtschnur an der jeweiligen Strafandrohung auszurichten. Denn durch die Strafandrohung bringt der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck. Die Anknüpfung an den Strafrahmen gewährleistet auch insoweit eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarrechtliche Ahndung von Dienstvergehen. Ebenso wie bei einer Regeleinstufung sind die Verwaltungsgerichte auch bei der Bestimmung eines Orientierungsrahmens gehalten, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Die Verwaltungsgerichte dürfen ihre eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts nicht an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen, wenn sie den Strafrahmen für unangemessen niedrig halten. Das Ausmaß des Ansehensschadens, der durch eine außerdienstlich begangene Straftat herangerufen wird, wird maßgeblich durch den Strafrahmen bestimmt.

26

Auf der Grundlage des vom Gesetzgeber im Jahr 2003 angehobenen Strafrahmens für das Vergehen des Besitzes kinderpornographischer Schriften, der im mittelschweren Bereich liegt, hat sich die Zuordnung einer Disziplinarmaßnahme für derartige außerdienstliche Verfehlungen als Richtschnur an der Maßnahme der Zurückstufung (§ 9 BDG) zu orientieren. Anders als das Delikt der außerdienstlichen Trunkenheitsfahrt ist der außerdienstliche Besitz kinderpornografischer Schriften in besonderem Maße geeignet, das Ansehen des Beamtentums in bedeutsamer Weise zu beeinträchtigen. Dies folgt aus den mit dem Delikt einhergehenden Eingriff in die Menschenwürde des Kindes, das zum bloßen Objekt sexueller Begierde degradiert wird. Dieser Unrechtsgehalt hat im Strafrahmen seinen Ausdruck gefunden.

27

3. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts reichen in mehrfacher Hinsicht für eine Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme im konkreten Fall durch den Senat nicht aus:

28

a) Das Ausmaß des Dienstvergehens des Beklagten ist vom Berufungsgericht nicht eindeutig festgestellt worden. Bei der disziplinarrechtlichen Ahndung des Dienstvergehens des Besitzes kinderpornographischer Schriften kommt es auch auf deren Anzahl an. Insoweit sind die Angaben im Berufungsurteil unklar. Einerseits ist das Berufungsgericht im Anschluss an das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, auf den Computern des Beklagten seien 20 verschiedene ungelöschte kinderpornographische Bilder und 17 verschiedene ungelöschte kinderpornographische Filme vorhanden gewesen. Andererseits ist im Berufungsurteil mehrfach die Rede davon, der Beklagte habe "mindestens" diese Anzahl von verschiedenen ungelöschten Bildern und Videosequenzen abgespeichert. Die Verwendung des Wortes "mindestens" schließt nicht aus, dass die tatsächliche Zahl der Dateien höher ist. Damit ist aber das dem Beklagten zur Last gelegte Fehlverhalten nicht hinreichend deutlich festgestellt. Zugleich lassen es die häufige Verwendung des Wortes "mindestens" sowie die Ausführungen zu den vom Berufungsgericht angenommenen Persönlichkeitsmängeln des Beklagten als möglich erscheinen, dass dem Beklagten der sonstige Inhalt der Festplatten seiner Computer (gelöschte Bilder und Videosequenzen, sog. Posingbilder und tierpornographische Filme), doch angelastet worden ist.

29

b) Die tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil zu den Auswirkungen der Verhaltenstherapie, die der Beklagte im März 2009 im Hinblick auf den Besitz kinderpornographischer Schriften begonnen hat, sind unzureichend. Hierzu eigene Feststellungen zu treffen, ist dem Revisionsgericht versagt.

30

Auch das Verhalten des Beamten nach der Entdeckung der Tat und dem Beginn der Ermittlungen ist für die Entscheidung der Verwaltungsgerichte nach § 13 BDG relevant. Dies gilt zu Lasten des Beamten wie auch zu seinen Gunsten. Das Persönlichkeitsbild und die Verhaltensprognose sind ungünstig, wenn eine im Hinblick auf das Dienstvergehen begonnene Therapie ohne Erfolg bleibt. Dies macht zudem deutlich, dass der Beamte uneinsichtig ist und sich die im Strafverfahren ausgesprochene Geldstrafe nicht als Pflichtenmahnung hat dienen lassen (Urteil vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - a.a.O. Rn. 70 und Beschluss vom 5. März 2010 - BVerwG 2 B 22.09 - NJW 2010, 2229 <2231>). Demgegenüber können nachträgliche Therapiemaßnahmen bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mildernd berücksichtigt werden, wenn eine günstige Zukunftsprognose gestellt werden kann (Urteil vom 27. November 2001 - BVerwG 1 D 64.00 - Rn. 35 m.w.N., juris). Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit festzustellen, inwieweit eine vom Beamten im Hinblick auf sein Fehlverhalten begonnene Therapie Erfolg hat. Bei der Würdigung ist zu berücksichtigen, dass entlastende Umstände nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" schon dann beachtlich sind, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (Urteil vom 24. September 2009 - BVerwG 2 C 80.08 - Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 4 Rn. 22 m.w.N.).

31

Für die Beurteilung des Erfolgs einer Verhaltenstherapie bedarf es besonderer Sachkunde, über die Richter regelmäßig nicht verfügen. Das Berufungsgericht hat eine eigenständige Bewertung der bisherigen Ergebnisse der Therapie vorgenommen, ohne aber die angenommene eigene Sachkunde nachvollziehbar zu belegen. Für seine erneute Entscheidung wird das Berufungsgericht zur Aufklärung der Ergebnisse der Therapie entweder den behandelnden Therapeuten als sachverständigen Zeugen vernehmen oder aber einen bisher nicht mit der Behandlung des Beklagten befassten Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragen müssen.

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c) Bei seiner erneuten Bemessungsentscheidung wird das Berufungsgericht ferner zu beachten haben, dass dem Beamten bei der Gesamtwürdigung aller Umstände rechtlich zutreffende Äußerungen nicht zum Vorwurf gemacht werden können. Dies gilt hier insbesondere für das Vorbringen, es handele sich um ein außerdienstliches Dienstvergehen, für dessen disziplinarrechtliche Ahndung besondere Regelungen gelten.

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4. Sollte das Berufungsgericht bei seiner neuen Ermessensentscheidung nach § 13 BDG zu dem Ergebnis kommen, angemessene Disziplinarmaßnahme sei die Zurückstufung des Beklagten nach § 9 BDG, so wäre diese aus laufbahnrechtlichen Gründen von vornherein ausgeschlossen (Urteil vom 12. April 2000 - BVerwG 1 D 12.99 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 20 S. 20). Denn der Beklagte wurde nach den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil nach erfolgreichem Abschluss des Aufstiegsverfahrens im August 2005 zum Zollinspektor ernannt und befindet sich noch im Eingangsamt der Laufbahn des gehobenen Dienstes (Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 BLV).

34

Ist eine Zurückstufung aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen, ist auf die nächstmildere Maßnahme der Kürzung der Dienstbezüge zu erkennen. In diesem Fall ist § 14 Abs. 1 Nr. 2 BDG zu berücksichtigen, weil gegen den Beklagten wegen desselben Sachverhalts im Strafverfahren unanfechtbar eine Geldstrafe verhängt worden ist. Bleibt der Beamte aus laufbahnrechtlichen Gründen von der an sich gebotenen Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung nach § 9 BDG verschont und wird allein deshalb eine Kürzung der Dienstbezüge (§ 8 BDG) ausgesprochen, so sind die besonderen Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Nr. 2 BDG stets erfüllt. Der Ausschluss der Zurückstufung lässt die mildere Maßnahme der Kürzung der Dienstbezüge neben der im Strafverfahren verhängten Strafe als erforderlich erscheinen, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten. Auf das Vorliegen konkreter Umstände für eine Wiederholungsgefahr (vgl. Urteil vom 23. Februar 2005 - BVerwG 1 D 13.04 - BVerwGE 123, 75 <80> = Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 8 S. 18) kommt es in diesem Fall nicht an.

35

Nach § 15 Abs. 4 und 5 BDG ist eine Ahndung des Dienstvergehens des Beklagten mit einer Kürzung der Dienstbezüge noch möglich.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.