Verwaltungsgericht Trier Urteil, 26. Juni 2018 - 7 K 2085/18.TR

bei uns veröffentlicht am26.06.2018

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19. Februar 2018 wird aufgehoben, soweit der Reparaturauftrag vom 10. April 2017 beanstandet wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die aufsichtsbehördliche Beanstandung einer Eilentscheidung ihres Ortsbürgermeisters über die Reparatur eines gemeindeeigenen Traktors sowie des in der Folge erteilten Reparaturauftrages.

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Mit Kaufvertrag vom 1. Dezember 2015 hat die Klägerin den streitbefangenen Traktor in gebrauchtem Zustand (Baujahr 1991) zu einem Kaufpreis von 11.300,00 Euro (netto wie brutto) erworben. Im Kaufpreis enthalten war zugleich ein gebrauchter Böschungsmulcher. Nachdem in den Jahren 2015 und 2016 bereits Reparaturkosten in Höhe von insgesamt 4.185,85 Euro (Bl. 138 der Verwaltungsakte) für den Traktor entstanden waren, erlitt dieser Anfang Februar 2017 einen weiteren Defekt, war hierdurch nicht mehr fahrtauglich und wurde zunächst abgeschleppt. Am 29. März 2017 wurde er sodann in der Werkstatt der Firma ***, ***, geöffnet, wobei eine Schadensursache nicht bestimmt werden konnte. Ausweislich der daraufhin von der Firma ** erstellten Kostenaufstellung wurden für die Reparatur des Traktors Materialkosten in Höhe von 3.074,24 Euro (netto) sowie 70 bis 80 Arbeitsstunden zu je 48,00 (netto) Euro veranschlagt. Zudem wurde in der Kostenaufstellung darauf hingewiesen, dass ein weiterer Aufpreis in Höhe von 450 Euro (netto) entstünde, sofern alle Lager des Schaltgetriebes ersetzt werden sollten.

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Diese Kostenaufstellung ließ der Ortsbürgermeister der Klägerin Ortsbürgermeister - am Freitag, dem 31. März 2017, den Mitgliedern des Gemeinderates zukommen. Sodann wandte er sich sonntags, am 2. April 2017, an die Verbandsgemeindeverwaltung Kell am See - Verbandsgemeindeverwaltung - und bat darum, die Firma *** gemäß der beigefügten Kostenaufstellung mit der Reparatur des Traktors (einschließlich der Erneuerung sämtlicher Lager) zu beauftragen. Da hinsichtlich des Einsatzes des Traktors Dringlichkeit bestünde, halte er eine Eilentscheidung für erforderlich. Übergangsweise könne die Klägerin jedoch auf einen privaten Traktor zurückgreifen.

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Daraufhin bat die Verbandsgemeindeverwaltung den Ortsbürgermeister am Montag, dem 3. April 2017, die Angelegenheit abschließend im Gemeinderat beraten zu lassen. Dies lehnte der Ortsbürgermeister am 4. April 2017 ab, da die Klägerin so bald wie möglich den eigenen Traktor benötige. Der CDU-Fraktion, welche mit Schreiben vom 2. April 2017, beim Ortsbürgermeister am 4. April 2017 eingegangen, die Durchführung einer Gemeinderatssitzung beantragt hatte, teilte er mit, der Antrag laufe ins Leere, da bereits eine Eilentscheidung erfolgt sei.

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Nachdem er die Verbandsgemeindeverwaltung am 6. April 2017 zunächst erfolglos um Übersendung einer Kopie des Auftragsschreibens gebeten hatte, setzte der Ortsbürgermeister der Verbandsgemeindeverwaltung sodann am 7. April 2017 eine Frist zur Vorlage des Auftragsschreibens an die Firma *** bis zum 10. April 2017, 10 Uhr und kündigte an, dass er das Auftragsschreiben andernfalls selbst überstellen werde.

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Mit Schreiben vom 7. April 2017 wies die Kreisverwaltung Trier-Saarburg Kreisverwaltung - den Ortsbürgermeister unter Bezugnahme auf § 120 der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung (Gesetz vom 31. Januar 1994 (GVBl. 1994, 153), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 02.03.2017 (GVBl. S. 21)) - GemO - und § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - darauf hin, dass ihrer Auffassung nach die gesetzlichen Voraussetzungen einer Eilentscheidung nach § 48 GemO nicht vorlägen und bat ihn, bis Montag, den 10. April 2017, mitzuteilen, warum er keinen Beschluss des Gemeinderates herbeigeführt habe. Daraufhin antwortete der Ortsbürgermeister am selben Tag, die Eilentscheidung sei wegen Dringlichkeit erforderlich gewesen.

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Mit handschriftlich unterzeichnetem Schreiben vom 10. April 2017 beauftragte der Ortsbürgermeister (unter seiner Amtsbezeichnung) schließlich die Firma *** mit der Reparatur des streitgegenständlichen Traktors gemäß der vorigen Kostenaufstellung (einschließlich des Austauschs der Lager). Die Reparatur wurde in der Folge am 26. April 2017 fertiggestellt. Da hierbei ein höherer Material- und Zeitaufwand entstand, als ursprünglich veranschlagt, stellte die Firma *** der Klägerin am 8. Mai 2017 11.356,53 Euro brutto (9.543,30 Euro netto) in Rechnung. Diese Rechnung leitete der Ortsbürgermeister an die Verbandsgemeindeverwaltung weiter. Die Forderung ist mittlerweile beglichen.

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Am 11. Mai 2017, zugestellt am 15. Mai 2017, erließ die Kreisverwaltung nach Anhörung der Klägerin den an den Ortsbürgermeister adressierten streitgegenständlichen Bescheid, mit welchem sie die Eilentscheidung des Ortsbürgermeisters vom 2. April 2017 und den im Zusammenhang damit erteilten Reparaturauftrag vom 10. April 2017 gemäß § 121 GemO beanstandet. Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie ihre vorigen Ausführungen. Insbesondere bestreite sie, dass der Klägerin ein schwerer und praktisch nicht wiedergutzumachender Schaden gedroht habe, zumal übergangsweise die Ersatzmaschine zur Verfügung gestanden habe. Zudem habe es an der Unaufschiebbarkeit der Entscheidung über die Reparatur gefehlt, da es im Zeitraum zwischen dem Eintritt des Schadens und der Erteilung des Reparaturauftrags am 10. April 2017 und selbst in der Zeit zwischen der Eilentscheidung vom 2. April 2017 bis zur Erteilung des Auftrags möglich gewesen sei, einen Gemeinderatsbeschluss herbeizuführen.

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Gegen diesen Bescheid legte der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 8. Juni 2017 „namens und in Auftrag des Ortsbürgermeisters“ Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, eine nachträgliche isolierte Beanstandung ohne Aufhebung der beanstandeten Entscheidung sei nach § 121 GemO nicht möglich.

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Darüber hinaus läge ein Fall des Ermessensnichtgebrauchs vor. Bei der Ermessensausübung sei insbesondere zu berücksichtigen gewesen, dass die Kreisverwaltung bereits seit dem 2. April 2017 Kenntnis von der Eilentscheidung gehabt und dennoch bis zur Auftragserteilung keine kommunalaufsichtlichen Maßnahmen ergriffen habe. Schließlich sei die Beanstandung unverhältnismäßig.

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Mit Beschluss vom 4. September 2017 bestätigte der Gemeinderat der Klägerin in der Folge die Eilentscheidung des Ortsbürgermeisters sowie die Auftragserteilung zur Reparatur des gemeindeeigenen Traktors. Am 18. September 2017 beschloss der Gemeinderat ferner, dass er die Eilentscheidung und Auftragsvergabe als erledigt ansehe und diesbezüglich nicht beabsichtige, Ansprüche geltend zu machen. In einem weiteren Beschluss vom 12. Oktober 2017 bestätigte der Gemeinderat der Klägerin schließlich die Erteilung der Prozessvollmacht an die jetzigen Prozessbevollmächtigten zur Einlegung des Widerspruchs.

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Am 21. Dezember 2017 übersandte der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Kell am See - Verbandsgemeinde - der Kreisverwaltung sowie der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion - ADD - die Rechnung für die Reparatur des Traktors unter Bezugnahme „auf das laufende Widerspruchsverfahren im Zusammenhang mit einer Eilentscheidung von Ortsbürgermeister ***".

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Die ADD wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2018, der Klägerin zugestellt am 27. Februar 2018, zurück. Zur Begründung trug sie vor, der Widerspruch sei bereits unzulässig, da die Ortsgemeinde als Widerspruchsführerin nach § 68 Abs. 1 S. 1 GemO bei Widerspruchseinlegung nicht durch die Verbandsgemeindeverwaltung vertreten worden sei. Im Übrigen sei der Widerspruch auch unbegründet. Indem der Ortsbürgermeister den Reparaturauftrag erteilt habe, habe er trotz der internen Kompetenzüberschreitung als Organ der Gemeinde gehandelt. Diese Maßnahme sei zu beanstanden gewesen, da sie mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 48 GemO das geltende Recht verletze. Auch habe der Ortsbürgermeister die Eilentscheidung nicht im Einvernehmen mit den Beigeordneten getroffen. Unschädlich sei, dass die Beanstandung keine Aufhebungsverfügung enthalte, denn der Erlass einer solchen sei keine Wirksamkeitsvoraussetzung für einen Bescheid nach § 121 GemO, sondern lediglich eine weitere Handlungsmöglichkeit der Aufsichtsbehörde. Ebenso sei unerheblich, dass die Folgen der Eilentscheidung nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten, denn es stehe im Ermessen der Behörde, ob sie eine Rückgängigmachung verlange. Die isolierte Beanstandung behalte vorliegend ihren Sinn, da sie die Klägerin für die Zukunft sensibilisiere und einer Wiederholung in ähnlichen Fällen vorbeuge. Da die vorigen Mitteilungen und Unterrichtungen wirkungslos geblieben seien, sei sie zu diesem Zweck erforderlich.

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Nach einem entsprechenden Gemeinderatsbeschluss hat die Klägerin am 26. März 2018 durch den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie im Wesentlichen das Vorbringen ihres Ortsbürgermeisters im Widerspruchsverfahren. Ergänzend trägt sie vor, der Widerspruch sei zulässig. In § 68 GemO sei nicht ausdrücklich geregelt, dass die Verbandsgemeinde im Widerspruchsverfahren vertretungsbefugt sei. Da die Vorwürfe der Kreisverwaltung den Ortsbürgermeister persönlich getroffen hätten, habe dieser auch Widerspruch einlegen können. Zudem sprächen die Gesamtumstände für eine Rechtsscheinvertretung. Schließlich seien sowohl die Verbandsgemeindeverwaltung, als auch der Beklagte aus Fürsorgegesichtspunkten verpflichtet gewesen, die Klägerin auf das Erfordernis der Widerspruchseinlegung durch die Verbandsgemeindeverwaltung hinzuweisen.

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Sie beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19. Februar 2018 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

19

Zur Begründung bezieht er sich auf seine Ausführungen im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid.

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Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen sowie den Verwaltungsakten des Beklagten. Die genannten Unterlagen lagen vor und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Beanstandung des Reparaturauftrages richtet. Im Übrigen ist sie unbegründet.

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I. Die Klage ist in Gestalt einer Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO statthaft, denn bei der streitgegenständlichen Beanstandung handelt es sich um einen belastenden Verwaltungsakt (PdK RhPf B-1, GemO § 121, Ziff. 1.3, beck- online), der gegenüber der Klägerin die verbindliche Feststellung enthält, dass die Eilentscheidung sowie der Reparaturauftrag gegen geltendes Recht verstoßen (PdK RhPf B-1, GemO § 121, Ziff. 4.1., beck-online). Obschon seit dem 4. September 2017 ein Gemeinderatsbeschluss zur Eilentscheidung und Auftragserteilung vorliegt, ist die Beanstandung nicht gegenstandslos geworden, denn der Gemeinderat hat durch die Bestätigung der Eilentscheidung zum Ausdruck gebracht, dieser im Innenverhältnis der gemeindlichen Organe als Grundlage für die Auftragserteilung weiterhin rechtliche Wirkung beizumessen. Die Auftragserteilung ihrerseits entfaltet nach wie vor Rechtswirkung, da der Vertrag über die Reparatur des Traktors Rechtsgrund für das Behaltendürfen der beiderseits erbrachten vertraglichen Leistungen ist.

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Des Weiteren ist die Klägerin nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Zwar ist die Beanstandung an den Ortsbürgermeister der Klägerin adressiert, jedoch kann die Klägerin sich jedenfalls deshalb auf eine mögliche Verletzung ihrer Rechte aus Art. 49 Abs. 3 S. 1 der rheinland-pfälzischen Landesverfassung (Gesetz vom 18. Mai 1947 (VOBl. S. 209), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Mai 2015 (GVBl. S. 35)) - LV - und Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz - GG - berufen, weil der Widerspruchsbescheid ausweislich seines Rubrums an die Ortsgemeinde gerichtet war.

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Ferner wurde das nach § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO erforderliche Vorverfahren durchgeführt, denn der Ortsbürgermeister der Klägerin hat am 8. Juni 2017 durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten form- und fristgerecht Widerspruch eingelegt, § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO. Hierbei ist unschädlich, dass der Widerspruch „namens und in Auftrag des Ortsbürgermeisters“ eingelegt wurde, denn in dieser Formulierung setzt sich lediglich fort, dass der Beklagte seinerseits im Bescheid den Ortsbürgermeister der Klägerin persönlich angesprochen hat, anstatt die Beanstandung ausdrücklich an die Ortsgemeinde zu adressieren. Überdies ergibt eine am objektiven Empfängerhorizont orientierte Auslegung nach §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - (hierzu: BVerwG, Beschluss vom 13. September 1999 - 11 B 14/99 -, juris), dass der Ortsbürgermeister gemäß § 47 Abs. 1 S. 1 GemO in seiner Eigenschaft als Vertreter der Gemeinde gehandelt hat, denn er beruft sich zur Begründung seines Widerspruchs nicht auf eigene, ihm als Organ der Klägerin oder als natürliche Person zustehende Rechte, sondern auf das Selbstverwaltungsrecht der Klägerin und die Pflicht des Beklagten zu gemeindefreundlichem Verhalten. Ebenso hat ausweislich des Widerspruchsbescheids auch der Beklagte den Widerspruch ausgelegt.

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Darüber hinaus ist letztlich unschädlich, dass die Klägerin im Vorverfahren durch den Ortsbürgermeister anstelle des Bürgermeisters der Verbandsgemeinde vertreten wurde. Zwar folgt aus § 68 Abs. 1 S. 1 der rheinland- pfälzischen Gemeindeordnung (Gesetz vom 31. Januar 1994 (GVBl. 1994, 153), zuletzt geändert durch Gesetz vom 02.03.2017 (GVBl. 2017, 21)) - GemO -, dass die Vertretung der Klägerin im Widerspruchsverfahren dem Bürgermeister der Verbandsgemeinde als Leiter der Verbandsgemeindeverwaltung (§ 64 Abs. 3 S. 1 GemO), obliegt (VG Trier, Urteil vom 06. April 2018 - 7 K 7497/17.TR -, juris, VG Neustadt, Urteil vom 19. August 2014 - 5 K 1129/13.NW -, juris), denn die Vertretung im Widerspruchsverfahren unterfällt dem Begriff des „Verwaltungsgeschäfts“ (hierzu mit ausführlicher Begründung: VG Trier, Urteil vom 06. April 2018, a. a. O., Rn. 31 ff.).

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Der demnach bei der Einlegung des Widerspruchs durch den Ortsbürgermeister vorliegende Vertretungsmangel wurde jedoch nach der analog anwendbaren Vorschrift des § 177 BGB rückwirkend (§ 184 Abs. 1 BGB) geheilt (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 17. April 1984 - GmS-OGB 2/83 -, BGHZ 91, 111-117, BVerwGE 69, 380-383, Rn. 13; vgl. Kopp/ Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 62 Rn. 17), da der Bürgermeister der Verbandsgemeinde die Widerspruchseinlegung konkludent genehmigt hat, indem er am 21. Dezember 2017 unter Bezugnahme auf das laufende Widerspruchsverfahren die Rechnung für die Reparatur des Traktors an die Kreisverwaltung sowie die ADD gesendet hat, ohne Einwände gegen die Widerspruchseinlegung zu erheben. Hierdurch hat er aus Sicht eines objektiven Empfängers zum Ausdruck gebracht, dass er die Einlegung des Widerspruchs billigt, denn andernfalls hätte es ihm infolge der Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Klägerin (§ 70 Abs. 1 GemO) oblegen, seine Einwände ausdrücklich geltend zu machen. Dies hätte dem Verbandsbürgermeister in seiner Eigenschaft als Leiter der Verbandsgemeindeverwaltung auch bewusst sein müssen. Die Genehmigung war unter Zugrundelegung der Rechtsgrundsätze der §§ 89 Abs. 2 und 579 Abs. 1 Nr. 4 der Zivilprozessordnung - ZPO - durch den Ablauf der Widerspruchsfrist nicht ausgeschlossen (vgl. VG Trier, Urteil vom 06. April 2018, a. a. O.).

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II. Die Klage, deren übrige Zulässigkeitsvoraussetzungen ebenfalls vorliegen, ist begründet, soweit die Klägerin sich gegen die Beanstandung des Reparaturauftrags vom 10. April 2017 wendet. Die aufsichtsbehördliche Beanstandung des Reparaturauftrags in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO. Maßgeblich ist hierbei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchbescheids, da sich vorliegend aus dem materiellen Recht nichts Abweichendes ergibt (vgl. OVG RP, Urteil vom 7. Juli 1987 - 7 A 62/86 -; grds.: BVerwG, Beschluss vom 3. November 2006 - 10 B 19/06 -, juris).

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Zwar lagen bei Erlass des Ausgangsbescheids am 11. Mai 2017 die zur Beanstandung des Reparaturauftrags erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 121 S. 1 GemO vor (1.), jedoch ist der Widerspruchsbescheid rechtswidrig, da der im Innenverhältnis zunächst fehlende Ratsbeschluss noch während des Vorverfahrens nachgeholt wurde (2.).

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1. Der Reparaturauftrag war tauglicher Gegenstand einer aufsichtsbehördlichen Beanstandung gegenüber der Ortsgemeinde, da es sich um eine „sonstige Maßnahme der Gemeindeverwaltung" handelt. Unter diesen Begriff fallen alle rechtserheblichen Maßnahmen von Einzelpersonen der Gemeinde, soweit sie als Organ oder Amtsträger tätig werden. Sie können öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sein (PdK RhPf B-1, Gemo § 121, Ziff. 2.3, beck-online). Von der Staatsaufsicht ausgenommen sind nach § 127 Abs. 2 GemO lediglich bürgerlich-rechtliche Verpflichtungen der Gemeinde, die im ordentlichen Rechtsweg zu verfolgen sind. Dies zugrunde gelegt stellt die Erteilung des Reparaturauftrags eine beanstandungsfähige Maßnahme dar, denn hierdurch hat der Ortsbürgermeister in Vertretung der Klägerin den Vertrag über die Reparatur des Traktors abgeschlossen. In dieser Situation greift der Ausschlusstatbestand des § 127 Abs. 2 GemO noch nicht ein, da die zivilrechtliche Verpflichtung, welche später im Zivilrechtsweg durchzusetzen wäre, hierdurch erst begründet wurde (vgl. Hendler/Hufen/Jutzi, Landesrecht Rheinland-Pfalz, 6. Auflage 2012, § 3 Rn. 171).

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Die Auftragserteilung verstieß zudem gegen bestehendes Recht. Obschon sie den Vorgaben des § 49 Abs. 1 S. 1 GemO entsprach und als zivilrechtliche Willenserklärung des vertretungsbefugten Ortsbürgermeisters (§ 47 Abs. 1 S. 1 GemO) im Außenverhältnis von Beginn an wirksam war, überschritt dieser bei der Auftragserteilung im Innenverhältnis seine organschaftlichen Kompetenzen, da ein Gemeinderatsbeschluss über den Reparaturauftrag nicht vorlag.

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Ein solcher war nach § 32 Abs. 1 S. 2 GemO erforderlich, da die Entscheidung über die Reparatur des Traktors nicht der laufenden Verwaltung gemäß § 47 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 GemO unterfiel. Zu den Geschäften der laufenden Verwaltung gehören die Angelegenheiten, die für die Gemeinde weder nach der wirtschaftlichen noch nach der grundsätzlichen Seite von wesentlicher Bedeutung sind und die mit einer gewissen Häufigkeit wiederkehren (OVG RP, Urteil vom 12. Januar 1999 - 6 A 10972/98.OVG -, ESOVG, m. w. N.), so dass nach feststehenden Grundsätzen verfahren wird (PdK RhPf B-1, GemO § 47, Ziff. 2.3.2, beck-online). Die Entscheidung über die Reparatur des Traktors stellte keine derartige Routineangelegenheit dar, denn sie erforderte umfassende Zweckmäßigkeitserwägungen. Hierbei war insbesondere über die Wirtschaftlichkeit der Reparatur zu entscheiden, da die Reparaturkosten sich bereits nach dem Kostenvoranschlag auf 6.434,24 Euro bis 7.364,24 Euro (jeweils netto), d. h. circa 57 bis 65 Prozent des Kaufpreises beliefen und (ausgehend von 7.364,24 Euro) zusammen mit den bereits zuvor angefallenen Reparaturkosten den Kaufpreis für Traktor und Böschungsmulcher überschritten. Hinzu kam, dass der Traktor bereits 26 Jahre alt war, denn insofern war nicht auszuschließen, dass weitere Reparaturen erforderlich würden. Schließlich fiel die Reparatur auch finanziell ins Gewicht, da das Haushaltsvolumen der 580 bis 600 Einwohner starken Ortsgemeinde nach den Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung lediglich circa 400.000 bis 500.000 Euro beträgt. Ohne dass die Wirtschaftlichkeit der Reparatur im vorliegenden Rechtsstreit einer Entscheidung bedürfte, hätten diese Besonderheiten jedenfalls eine Beschlussfassung des Gemeinderates erfordert.

32

Der erforderliche Ratsbeschluss konnte durch die Eilentscheidung des Ortsbürgermeisters vom 2. April 2017 nicht ersetzt werden, denn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 S. 1 GemO waren nicht erfüllt.

33

§ 48 GemO ist als Ausnahmeregelung eng auszulegen, wobei streng zu prüfen ist, ob die Entscheidung wirklich eilbedürftig ist und worin der zu erwartende Nachteil besteht. Um zu verhindern, dass die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung zwischen Bürgermeister und Gemeinderat leichtfertig unterlaufen wird, ist zu verlangen, dass ein schwerer und praktisch nicht wiedergutzumachender Schaden verhindert werden muss. Auch ist zu prüfen, ob unter Ausnutzung der gemäß § 34 Abs. 3 Satz 2 GemO vorgesehenen Möglichkeit der Verkürzung der Einberufungsfrist der Gemeinderat nicht doch noch zur Vermeidung des Nachteils eingeschaltet werden kann. Eine Eilentscheidung nach § 48 GemO kommt daher nur in ganz dringenden Fällen in Betracht, in denen eine Entscheidung binnen weniger Stunden getroffen werden muss (OVG RP, Urteil vom 13. April 2006 - 1 A 11596/05 -, Rn. 28, juris).

34

Ausgehend von diesem strengen Maßstab bestand vorliegend evident keine Eilbedürftigkeit.

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Zunächst ist schon nicht feststellbar, dass der Klägerin überhaupt ein schwerwiegender, unumkehrbarer Schaden gedroht hat. Weder hat sie substantiiert vorgetragen, noch ist sonst ersichtlich, dass Anfang April - nachdem der Traktor bereits seit circa zwei Monaten funktionsunfähig war - unvermittelt gemeindliche Maßnahmen anstanden, die nur mittels des gemeindeeigenen Traktors erledigt werden konnten und deren Aufschub einen erheblichen Schaden verursacht hätte. Insbesondere hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt dargelegt, um welche konkrete Aufgabe es sich gehandelt haben soll und warum diese nicht auf andere Weise hätte erledigt werden können. Auch fehlen jegliche dezidierten Angaben zur Größenordnung des befürchteten Schadens. Soweit die Klägerin angeführt hat, der Traktor habe die Werkstatt der Firma *** blockiert und zudem sei das Provisorium von Ratsmitgliedern beanstandet worden, ist nicht nachvollziehbar, inwiefern hieraus für die Ortsgemeinde ein schwerwiegender Schaden resultiert. Insbesondere waren die Kosten für das Zerlegen des Traktors zu diesem Zeitpunkt ohnehin bereits angefallen.

36

Darüber hinaus wäre es dem Ortsbürgermeister der Klägerin - selbst wenn ein Nachteil im Sinne des § 48 S. 1 GemO gedroht hätte - möglich gewesen, noch rechtzeitig eine Gemeinderatssitzung einzuberufen. Insoweit belegt der Umstand, dass die Auftragserteilung letztlich erst am 10. April 2017, d. h. acht Tage nach der Eilentscheidung, erfolgt ist, ohne dass die Klägerin geltend macht, aufgrund dessen einen Schaden erlitten zu haben, dass gerade keine Entscheidung innerhalb weniger Stunden erforderlich war, um einen Nachteil zu vermeiden. Vielmehr wird hieran deutlich, dass es möglich gewesen wäre, unter Wahrung der regulären Ladungsfrist des § 34 Abs. 3 S. 1 GemO eine Gemeinderatssitzung einzuberufen. Im Übrigen hätte der Gemeinderat jedenfalls unter Verkürzung der Ladungsfrist noch rechtzeitig einen Beschluss fassen können, denn wenn die Voraussetzungen des § 48 S. 1 GemO zu bejahen gewesen wären, hätte auch Dringlichkeit im Sinne des § 34 Abs. 3 S. 2 GemO bestanden (vgl. OVG RP, Urteil vom 13. April 2006, a. a. O., Rn. 29).

37

Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass im Zeitpunkt der Auftragserteilung Eilbedürftigkeit i. S. d. § 48 S. 1 GemO eingetreten war, denn die Klägerin hat weder dargelegt, noch ist sonst ersichtlich, dass sich die vorstehende Sachlage im Zeitraum bis zum 10. April 2017 dahingehend geändert hat, dass der Ortsgemeinde ein schwerwiegender Nachteil gedroht hätte.

38

Auf die Frage, ob der Ortsbürgermeister gemäß § 48 S. 1 GemO im Benehmen mit den Beigeordneten gehandelt hat, kommt es nach alledem nicht an, da es bereits an der Eilbedürftigkeit gefehlt hat.

39

2. Dennoch ist der streitgegenständliche Bescheid in Gestalt des Widerspruchbescheids rechtswidrig, denn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 121 GemO sind noch vor Erlass des Widerspruchsbescheids entfallen. Der Reparaturauftrag verstieß zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gegen das bestehende Recht, denn ausgehend von den Rechtsgedanken des § 45 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG sowie der §§ 182, 184 BGB hat der Gemeinderat den Kompetenzverstoß des Ortsbürgermeisters durch den Ratsbeschluss vom 4. September 2017 geheilt. Hierdurch wurde der im Innenverhältnis fehlende Mitwirkungsakt nachgeholt, da der Gemeinderat deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass der Reparaturauftrag seinem Willen entspricht. Dies war dem Gemeinderat unbenommen, denn es unterfällt dem Selbstverwaltungsrecht der Klägerin, darüber zu befinden, ob sie der erfolgten Auftragserteilung in der Sache zustimmt und diese im Innenverhältnis mitträgt. Insbesondere standen keine schutzwürdigen Vertrauenspositionen Dritter entgegen, da die Auftragserteilung, wie oben bereits ausgeführt, im Außenverhältnis von vornherein wirksam war.

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Diese Änderung der Sach- und Rechtslage durfte die ADD bei der Entscheidung über den Widerspruch nicht unberücksichtigt lassen (vgl. OVG RP, Urteil vom 7. Juli 1987 - 7 A 62/86 -), denn als nächsthöhere Fachbehörde nach § 118 Abs. 2 GemO oblag es ihr, Recht- und Zweckmäßigkeit der Beanstandung umfassend zu prüfen. Hiervon ausgehend hätte sie dem Widerspruch abhelfen müssen, denn durch die Nachholung des Gemeinderatsbeschlusses war bereits im Vorverfahren ein rechtmäßiger Zustand hergestellt worden, so dass Sinn und Zweck der kommunalen Aufsicht (§ 117 S. 1 GemO) ein Einschreiten nicht mehr erforderten. Im Übrigen war es nach Entfallen des beanstandeten Rechtsverstoßes jedenfalls unverhältnismäßig, die Beanstandung aufrecht zu erhalten.

41

III. Demgegenüber ist die Klage unbegründet, soweit sie sich gegen die Beanstandung der Eilentscheidung des Ortsbürgermeisters vom 2. April 2017 richtet. Insoweit ist die Beanstandung nach § 121 GemO rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.

42

Zunächst ist die Beanstandung gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG hinreichend bestimmt. Zwar hat der Beklagte sich im Ausgangsbescheid an den Ortsbürgermeister gewandt, jedoch genügt es, dass die erforderliche Bestimmtheit durch den Widerspruchsbescheid hergestellt wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. September 2004 - 6 C 29/03 -, BVerwGE 122, 29-53). Dieser bringt sowohl im Rubrum, als auch in der Begründung unzweifelhaft zum Ausdruck, dass die Beanstandung an die Ortsgemeinde gerichtet ist.

43

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 121 GemO waren hinsichtlich der Eilentscheidung auch im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchbescheids weiterhin erfüllt, denn diese war gemäß vorstehenden Ausführungen mangels Eilbedürftigkeit rechtswidrig und wurde - im Gegensatz zum Reparaturauftrag - durch den Gemeinderatsbeschluss vom 4. September 2017 nicht geheilt. Maßgeblich ist insoweit, dass dem Ortsbürgermeister die sachliche Zuständigkeit für die Entscheidung über die Reparatur des Auftrags gefehlt hat, da die Voraussetzungen des § 48 GemO nicht vorlagen. Auf diesen Zuständigkeitsverstoß findet § 45 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG keine entsprechende Anwendung (vgl. OVG RP, Urteil vom 13. April 2006, a. a. O., Rn. 34 m. w. N.), denn die Regelungen der Gemeindeordnung zur sachlichen Zuständigkeit können nicht nachträglich durch die Gemeindeorgane abbedungen werden. Auch sieht die Gemeindeordnung keine Möglichkeit vor, eine Eilentscheidung, die ohne jegliche Eilbedürftigkeit getroffen wurde, nachträglich zu bestätigen (vgl. OVG RP, Urteil vom 13. April 2006, a. a. O., Rn. 34). Vielmehr eröffnet § 32 Abs. 1 S. 2 GemO ausschließlich die Möglichkeit, Entscheidungen im Vorhinein auf den Bürgermeister zu übertragen.

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Die Anwendbarkeit des § 121 GemO war zudem nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Folgen der Eilentscheidung, d. h. die Erteilung des Reparaturauftrags, nicht mehr rückgängig gemacht werden konnten. Die aufsichtsbehördliche Beanstandung behielt dennoch ihren Sinn, da sie die Klägerin künftig vor der Wiederholung gleichartiger Rechtsverstöße bewahren sollte (vgl. OVG RP, Urteil vom 1. Juli 1974 - 7 A 16/72 -, Leitsatz bei juris; VGH BW, Urteil vom 5. August 2002 - 1 S 379/01 -, Rn. 25, juris; entgegen: BayVGH, Urteil vom 27. Mai 1992 - 4 B 91.190 -, juris und VG Regensburg, Urteil vom 30. Juni 1999 - RO 3 K 98.749 - Rn. 44, juris). Darüber hinaus belegt der Wortlaut des § 121 S. 2 GemO, wonach die Aufsichtsbehörde „ferner“ verlangen kann, dass die Folgen der Maßnahme rückgängig gemacht werden, dass die Beanstandung nicht zwingend mit einem Folgenbeseitigungsverlangen verbunden sein muss. Im Übrigen erfordert eine effektive Kommunalaufsicht auch in solchen Fällen die Möglichkeit einer Beanstandung, denn andernfalls würde § 121 GemO durch den schnellen, unumkehrbaren Vollzug rechtswidriger Beschlüsse und Maßnahmen ausgehebelt.

45

Entgegen der Auffassung der Klägerin ermächtigt § 121 S. 1 GemO die Aufsichtsbehörde überdies, einen Gemeinderatsbeschluss bzw. eine Maßnahme der Gemeindeverwaltung zu beanstanden, ohne zugleich die Aufhebung des Beschlusses bzw. der Maßnahme zu verlangen (entgegen VG Gera, Beschluss vom 5. Februar 2002 - 2 E 38/02 GE - juris). Dies ergibt sich zunächst aus dem Wortlaut der Vorschrift, denn die Formulierung „kann" bezieht sich grammatikalisch auf beide Halbsätze des § 121 S. 1 GemO. Doch auch in materieller Hinsicht macht der in § 117 S. 2 GemO enthaltene Grundsatz, wonach die Aufsicht so zu führen ist, dass Entschlusskraft und Verantwortungsfreude der Gemeinde gefördert werden, deutlich, dass es der Aufsichtsbehörde nicht verwehrt sein darf, eine isolierte Beanstandung auszusprechen. Eine solche greift gegenüber einer Beanstandung mit Aufhebungsverlangen nämlich weniger stark in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde ein, da dieser hinsichtlich der Herstellung eines rechtmäßigen Zustandes ein Entscheidungsspielraum verbleibt. Zeigt sich eine Gemeinde kooperativ, mag es im Einzelfall ausreichen, sie auf diese Weise zum Handeln im Einklang mit dem Recht anzuleiten. Schließlich entspricht eine derartige Auslegung auch dann Sinn und Zweck der Kommunalaufsicht, wenn die Aufhebung eines Gemeinderatsbeschlusses oder einer Maßnahme - etwa wegen schutzwürdiger Interessen Dritter - unmöglich ist, denn in diesen Fällen ist es - wie hier - zur Sicherstellung der Rechtskonformität künftigen Gemeindehandelns erforderlich, zumindest eine Beanstandung auszusprechen, um die Gemeinde vor künftigen gleichartigen Verstößen zu bewahren.

46

Im Übrigen wäre, selbst wenn man dies anders beurteilen und ein Aufhebungsverlangen für erforderlich halten würde, nicht die Beanstandung rechtswidrig, sondern die Unterlassung des Aufhebungsverlangens (vgl. Lange, Kommunalaufsicht, 2013, S. 1151).

47

Des Weiteren hat der Beklagte das ihm in § 121 S. 1 GemO eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Sofern man nicht ohnehin von intendiertem Ermessen ausgeht, wurde das Fehlen von Ermessenserwägungen im Ausgangsbescheid jedenfalls durch den Widerspruchsbescheid geheilt (vgl. BeckOK VwVfG/Aschke VwVfG § 40 Rn. 99, beck-online).

48

Auch ist das Abwägungsergebnis des Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beanstandung war wie vorstehend ausgeführt geeignet, um die Klägerin in Zukunft von gleichartigen Verstößen gegen § 48 GemO abzuhalten. Zu diesem Zweck war sie auch erforderlich, denn die Klägerin hat trotz mehrfacher Hinweise der Verbandsgemeinde sowie der Kreisverwaltung auf ihrer Rechtsauffassung beharrt und durch die Bestätigung der Eilentscheidung zum Ausdruck gebracht, dieser als Grundlage für die Auftragserteilung im Innenverhältnis weiterhin Rechtswirkungen beizumessen. In dieser Situation hat der Beklagte mit der isolierten Beanstandung das mildeste Mittel gewählt, um der Klägerin für die Zukunft die Rechtswidrigkeit einer solchen Vorgehensweise vor Augen zu führen. Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Beanstandung angesichts der offenkundigen Missachtung der Voraussetzungen des § 48 GemO zudem verhältnismäßig. Daran vermag auch der Umstand, dass der Beklagte die Beanstandung nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt ausgesprochen hat, nichts zu ändern, denn die Aufsichtsbehörde war nicht verpflichtet, sich der vom Ortsbürgermeister gesetzten Frist, die erkennbar jedweden sachlichen Grundes entbehrt hat, zu beugen. Vielmehr ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte zunächst das Mittel der Unterrichtung nach § 120 GemO gewählt hat, um den Sachverhalt einer Klärung zuzuführen. Letztlich verkennt die Klägerin in diesem Zusammenhang, dass der Ortsbürgermeister als gemeindliches Organ unabhängig vom Vorgehen der Aufsichtsbehörde zur Einhaltung des geltenden Rechts verpflichtet ist.

49

Nach alledem war der Klage nur im tenorierten Umfang stattzugeben.

50

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO.

51

V. Die vorläufige Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.

52

VI. Gründe, die Berufung zuzulassen, bestehen nicht (§§ 124, 124 a VwGO).

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Tenor Die Baugenehmigung des Beklagten vom 7. Juni 2011 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 26. November 2013 werden aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der

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(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Zuwendungen aus dem „Kommunalen Entschuldungsfond Rheinland- Pfalz“ für die Jahre 2012, 2013 und 2014 sowie die Versagung weiterer Zuwendungen für das Jahr 2015 durch den Beklagten.

2

Am 9. Februar 2012 schlossen die Klägerin, vertreten durch ihren Ortsbürgermeister, und das Land Rheinland- Pfalz, vertreten durch die Kreisverwaltung des ... – Kreisverwaltung –, einen Konsolidierungsvertrag zur Teilnahme am Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland- Pfalz – KEF –. Die vertraglichen Regeln nehmen zunächst Bezug auf die gemeinsame Erklärung der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Rheinland- Pfalz und der rheinland- pfälzischen Landesregierung vom 22. September 2010 zur Einrichtung des KEF – Gemeinsame Erklärung – sowie den vom Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur – Innenministerium – veröffentlichten Leitfaden mit der Bezeichnung „Kommunaler Entschuldungsfonds Rheinland- Pfalz“ – Leitfaden – und bestimmen des Weiteren u. a. Folgendes:

㤠1 Teilnahme am KEF-RP

4

[…] Insbesondere unter der Voraussetzung einer erfolgreichen Umsetzung der kommunalen Konsolidierungszusagen im Haushaltsvorjahr erfolgt die Bewilligung von Zuwendungen auf den jährlich zu stellenden Antrag der teilnehmenden Kommune für das Haushaltsjahr durch einen Bewilligungsbescheid der zuständigen Bewilligungsbehörde.

§ 6 Laufzeit des Vertrages

6

Dieser Vertrag tritt am 1. Januar 2012 in Kraft und endet spätestens am 31. Dezember 2026 bzw. mit Ablauf des Haushaltsjahres, in dem der Umfang der Liquiditätskredite der teilnehmenden Kommune unter Berücksichtigung der auf den eigenen Haushalt entfallenden Zahlungsmittelbestände erstmals auf ein Drittel des Standes zum 31. Dezember 2009 vermindert wurde, soweit nicht ausnahmsweise ein unmittelbarer Wiederanstieg der Liquiditätskredite absehbar ist. […].“

7

Den maßgeblichen Liquiditätskreditbestand der Klägerin zum 31. Dezember 2009 legten die Beteiligten gemäß § 2 des Konsolidierungsvertrages auf 240.803 Euro fest. Dieser Liquiditätskreditbestand konnte bereits im Jahr 2010 völlig abgebaut werden (hin zu einem liquiden Geldmittelbestand von 58.574,72 Euro), da die Klägerin den Erlös aus der Veräußerung eines Grundstückes in Höhe von circa 340.000 Euro zur Tilgung ihrer Liquiditätskredite verwandte, anstatt – wie ursprünglich beabsichtigt – mit dem Veräußerungserlös einen zum Bau einer Gemeindehalle aufgenommenen Investitionskredit (mit Zinsbindung bis zum Jahr 2038) zu tilgen. Auch in der Folge lag der Liquiditätskreditbestand mit einem Geldmittelbestand von 5.444,24 Euro zum 31. Dezember 2011 und - 80.102,78 Euro zum 31. Dezember 2012 unter der Grenze von einem Drittel des Standes zum 31. Dezember 2009 (d.h. 80.267,67 Euro) – Drittelgrenze –. Die Entwicklung der Liquiditätskreditbestände der Klägerin im Zeitraum vom Stichtag des 31. Dezember 2009 bis zum Vertragsschluss im Jahr 2012 wurde von der Klägerin bei Vertragsschluss nicht offengelegt und seitens des Beklagten nicht überprüft.

8

Auf Antrag der Klägerin bewilligte die Kreisverwaltung mit Bewilligungsbescheid vom 18. Juli 2012 erstmals eine Zuweisung in Höhe von 8.376,00 Euro. Am 29. Mai 2013 stellte die Klägerin einen weiteren Antrag auf Gewährung von Zuwendungen aus dem KEF. Hierbei wies sie darauf hin, dass sie zum 30. Dezember 2012 mit einem Liquiditätskreditbestand von 80.103 Euro die Drittelgrenze unterschreite und grundsätzlich nicht mehr die Voraussetzungen für eine Teilnahme am KEF erfülle. Die weiteren Zuwendungen würden dennoch beantragt, denn sobald die vertragliche Zinsbindung auslaufe, erfolge die Tilgung des Investitionskredites, so dass sie die Drittelgrenze wieder überschreiten werde.

9

Daraufhin wandte die Kreisverwaltung sich an das Innenministerium und bat um Mitteilung, ob der Klägerin trotz Unterschreitens der Drittelgrenze Zuwendungen aus dem KEF gewährt werden könnten. Das Innenministerium antwortete, der Abschluss eines Konsolidierungsvertrages sei überhaupt nicht in Betracht gekommen, da die Drittelgrenze schon im Jahr 2010 unterschritten worden sei. Daher seien der Konsolidierungsvertrag mit der Klägerin rückwirkend aufzuheben und die Zuwendungen zurückzuführen. Diese Antwort leitete der Bürgermeister der Verbandsgemeinde ... an einen Mitarbeiter der Verbandsgemeindeverwaltung ... weiter, welcher unter Bezugnahme auf die E- Mail des Innenministeriums darlegte, dass seiner Auffassung nach mit einem unmittelbaren Wiederanstieg der Liquiditätskredite zu rechnen sei, so dass die Klägerin aus Sicht der Verwaltung weiter am KEF teilnehmen könne und die Auffassung des Innenministeriums widerlegt sei. Diese E- Mail wurde in „CC“ auch an den Ortsbürgermeister der Klägerin versendet.

10

Bevor weitere Maßnahmen veranlasst wurden, korrigierte die Klägerin ihre Angaben am 13. Juni 2013 dahingehend, dass der Liquiditätskreditbestand zum 30. Dezember 2012 bei 81.199 Euro (d. h. über der maßgeblichen Drittelgrenze) gelegen habe. Mit Bescheid vom 4. Juli 2013 bewilligte die Kreisverwaltung daher in der Folge erneut antragsgemäß eine Zuwendung in Höhe von 8.375,00 Euro.

11

Im Jahr 2014 bezifferte die Klägerin den Stand der Liquiditätskredite zum 31. Dezember 2013 auf 72.569 Euro und legte der Kreisverwaltung eine Übersicht vor (Bl. 72 der Verwaltungsakte), aus welcher sich ergibt, dass der Liquiditätskreditbestand zum 31. Dezember 2012 tatsächlich -80.102,78 Euro betragen hat. Dennoch wurden der Klägerin mit Bescheid vom 22. Mai 2014 unter der Bedingung, dass die Drittelgrenze zum 31. Dezember 2013 nicht erreicht sei, abermals antragsgemäß Zuwendungen in Höhe von 8.375,00 Euro bewilligt. Am 10. April 2015 beantragte die Klägerin sodann Zuwendungen aus dem KEF für das Jahr 2014. Dabei teilte sie mit, dass der Stand der Liquiditätskredite zum 31. Dezember 2014 bei 0,00 Euro liege. Sie verfügte zum 31. Dezember 2014 über liquide Geldmittel in Höhe von 65.188,35 Euro.

12

Am 24. November 2015 erließ die Kreisverwaltung nach vorheriger Anhörung und Stellungnahme der Klägerin vom 28. Oktober 2015 den streitgegenständlichen Bescheid, mit dem sie die Bewilligungsbescheide aus den Jahren 2012, 2013 und 2014 zurücknahm, die jährlichen Zuwendungen für die betreffenden Jahre auf 0,00 Euro festsetzte, die überzahlten Beträge in Höhe von 25.126,00 Euro bis zum 23. Dezember 2015 zurückforderte und den Antrag auf Gewährung von Zuwendungen für das Jahr 2015 ablehnte. Zur Begründung führte sie aus, eine Fortsetzung der Teilnahme am KEF komme nur ausnahmsweise in Betracht, wenn ein Wideranstieg der Liquiditätskredite unmittelbar nach Ablauf des Haushaltsjahres, in dem die Drittelgrenze erstmals unterschritten werde, trotz strengster Haushaltsdisziplin absehbar sei. Zum Zeitpunkt der Bewilligung des KEF am 1. Januar 2012 hätten die Anspruchsvoraussetzungen für das Jahr 2012 nicht vorgelegen. Im Hinblick auf den dargestellten Ausnahmetatbestand sei jedoch zunächst die weitere Entwicklung der Liquiditätskredite der Ortsgemeinde abzuwarten gewesen. Da die maßgeblichen Liquiditätskreditbestände in den Jahren 2012 bis 2014 letztlich unter der Drittelgrenze geblieben seien, seien die Zuwendungen zu Unrecht gewährt worden und nun zurückzufordern. Die zur Rücknahme der Bescheide führenden Tatsachen seien der Kreisverwaltung am 28. April 2015 umfassend offenbart worden, so dass die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG eingehalten worden sei. Auf ein schutzwürdiges Vertrauen könne die Klägerin sich nicht berufen. Auch könne auf die Geltendmachung der Rückforderung nicht verzichtet werden, da im Hinblick auf die nur sehr begrenzt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bei einem hochdefizitären Landeshaushalt ein öffentliches Interesse an der Rückforderung bestehe. Zudem sei die Rückforderung im Hinblick auf die Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes gegenüber den anderen am KEF teilnehmenden Kommunen geboten.

13

Die der Klägerin gewährten Zuwendungen aus dem KEF waren zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig verbraucht.

14

Gegen den Bescheid des Beklagten legte der Ortsbürgermeister der Klägerin am 2. Dezember 2015 Widerspruch ein. Am 15. März 2016 beschloss der Ortsgemeinderat der Klägerin, den Ortsbürgermeister offiziell als Rechtsanwalt zu beauftragen, falls es anders nicht zur Akteneinsicht komme. Sodann begründete der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin ihren Widerspruch unter Berufung auf ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der Bewilligungsbescheide. Schließlich sei die Rücknahme der Bewilligungsbescheide wegen Ablaufs der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG nicht mehr möglich. Doch selbst wenn man grundsätzlich die Berufung einer Gemeinde auf Vertrauensschutz für ausgeschlossen halte, liege ein Fall des „venire contra factum proprium“ und damit ein Ausnahmefall vor, in dem ein schutzwürdiges Vertrauen zu bejahen sei.

15

Währenddessen entwickelten sich die Liquiditätskreditbestände der Klägerin dergestalt, dass sie zum 31. Dezember 2015 über liquide Geldmittel in Höhe von 29.991,82 Euro verfügte. Zum 31. Dezember 2016 betrug ihr Liquiditätskreditbestand -81.649,04 Euro.

16

Mit Schreiben vom 20. Februar 2017 wandte sich die ADD – welcher die Kreisverwaltung den Widerspruch zwischenzeitlich vorgelegt hatte – an die Klägerin und teilte mit, dass sie den Widerspruch für unzulässig halte, da die Klägerin bei Einlegung des Widerspruchs nicht durch den Verbandsbürgermeister vertreten worden sei. Daraufhin genehmigte der Verbandsbürgermeister gegenüber der ADD mit Schreiben vom 10. März 2017 schriftlich die Einlegung des Widerspruchs vom 2. Dezember 2015. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2017 wies die ADD den Widerspruch sodann zurück, da er bereits unzulässig sei. Der Ortsbürgermeister sei zur Einlegung des Widerspruchs nicht vertretungsberechtigt gewesen, so dass der Widerspruch unwirksam sei.

17

Hiergegen hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 30. Mai 2017 Klage erhoben. Ein entsprechender Beschluss des Ortsgemeinderates über die Erhebung der Klage und Bevollmächtigung des Ortsbürgermeisters als Prozessvertreter wurde in einer Sitzung am 21. August 2017 getroffen.

18

Zur Begründung der Klage wiederholt und vertieft die Klägerin ihre vorigen Ausführungen. Ergänzend trägt sie vor, selbst wenn man davon ausginge, dass der Ortsbürgermeister nicht zur Einlegung des Widerspruchs vertretungsbefugt sei, sei er nicht als Vertreter ohne Vertretungsmacht anzusehen, da der Verbandsbürgermeister die Widerspruchseinlegung während des laufenden Widerspruchverfahrens rückwirkend genehmigt habe. Ferner beanstandet sie, dass eine Kündigung gemäß § 4 des Konsolidierungsvertrages nicht erfolgt sei. Auch lägen die Voraussetzungen für die Gewährung von Zuwendungen im Jahr 2015 vor.

19

Die Klägerin beantragt,

20

den Bescheid der Beklagten vom 24. November 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 2. Mai 2017 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die beantragte Zuwendung für das Jahr 2015 nach dem Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland- Pfalz zu bewilligen.

21

Der Beklagte beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Zur Begründung wiederholt und vertieft der Beklagte seine Ausführungen aus dem Ausgangs- und Widerspruchsbescheid. Ergänzend weist er darauf hin, dass er Anhaltspunkte für ein erstmaliges Unterschreiten der Drittelgrenze im Jahr 2012 erst im Zusammenhang mit einer Prüfung des Förderverfahrens durch den Rechnungshof Rheinland-Pfalz erhalten habe, als die Klägerin den Liquiditätskreditbestand zum 31.Dezember 2012 wieder auf den ursprünglich angegebenen (unter der Drittelgrenze liegenden) Betrag von 80.103 Euro beziffert habe. Erst in Kenntnis der am 27. April 2015 eingereichten Unterlagen, wonach die Liquiditätskredite zum Stichtag 31. Dezember 2014 komplett abgebaut werden konnten, hätten dem Beklagten alle für eine Entscheidung über die Teilnahme der Klägerin am KEF notwendigen Unterlagen vorgelegen. Eine Kündigung des Konsolidierungsvertrages sei nicht erforderlich gewesen, da er nach § 6 zum 31. Dezember 2012 geendet habe.

24

In der mündlichen Verhandlung vom 6. März 2018 haben die Beteiligten zur gütlichen Beendigung des Rechtsstreits einen Vergleich mit Widerrufsvorbehalt geschlossen, der vom Beklagten mit Schreiben vom 22. März 2018 widerrufen wurde.

25

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen, dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 6. März 2018 sowie den Verwaltungsakten des Beklagten. Die genannten Unterlagen lagen vor und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung wie auch der Beratung gemacht worden.

Entscheidungsgründe

27

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.

28

I. Statthafte Klageart ist, soweit die Klägerin die Aufhebung der Ziffern 1. bis 5. des streitgegenständlichen Bescheids begehrt, eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Var. 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – sowie hinsichtlich ihres auf Aufhebung der Ziffer 6. des Bescheids und Gewährung weiterer Zuwendungen für das Jahr 2015 gerichteten Begehrens eine Verpflichtungsklage in Form einer Versagungsgegenklage, § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO.

29

Auch wurde das nach § 68 Abs. 1 und 2 VwGO für beide Klagen erforderliche Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt, denn die Klägerin hat am 2. Dezember 2015 form- und fristgerecht Widerspruch eingelegt. Hierbei kann dahinstehen, ob vorliegend die einmonatige Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO Anwendung findet oder infolge einer fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 S. 1 VwGO gilt, da die Klägerin bei der Einlegung des Widerspruchs sogar die kürzere Monatsfrist gewahrt hat.

30

Unschädlich ist, dass die Klägerin hierbei vom Ortsbürgermeister anstelle des Bürgermeisters der Verbandsgemeinde vertreten wurde.

31

Zwar folgt aus § 68 Abs. 1 S. 1 der rheinland- pfälzischen Gemeindeordnung (Gesetz vom 31. Januar 1994 (GVBl. 1994, 153), zuletzt geändert durch Gesetz vom 02.03.2017 (GVBl. 2017, 21)) – GemO –, dass die Vertretung der Klägerin im Widerspruchsverfahren dem Bürgermeister der Verbandsgemeinde als Leiter der Verbandsgemeindeverwaltung (§ 64 Abs. 3 S. 1 GemO), obliegt (so auch VG Neustadt, Urteil vom 19. August 2014 – 5 K 1129/13.NW –, juris), denn eine Auslegung ergibt, dass dies vom Begriff des „Verwaltungsgeschäfts“ erfasst ist.

32

Hierfür spricht zunächst die Gesetzesbegründung zu § 68 Abs. 1 S. 1 GemO (Lt.-Drucks. 7/1884, S. 92), ausweislich derer die Formulierung „Führung der Verwaltungsgeschäfte“ der Praxis, wonach die Verbandsgemeindeverwaltung alle Dienstverrichtungen übernimmt, die üblicherweise in Gemeinden mit einer hauptamtlichen Verwaltung nicht mehr vom Ortsbürgermeister persönlich erledigt werden, Rechnung tragen soll, denn um eine solche Dienstverrichtung handelt es sich hier. Die Vertretung der Gemeinde im Widerspruchsverfahren unterfällt nicht den Tätigkeiten, welche ein ehrenamtlicher Ortsbürgermeister üblicherweise ohne Zuhilfenahme der Verbandsgemeindeverwaltung selbst übernehmen kann, da ihm in der Regel sowohl die erforderlichen juristischen Vorkenntnisse, als auch die personellen und sachlichen Kapazitäten fehlen. Demgegenüber verfügt die Verbandsgemeindeverwaltung über Mitarbeiter mit entsprechenden Rechtskenntnissen und einen laufenden Bürobetrieb. Belegt wird diese Einschätzung durch die Erwägungen des Gesetzgebers anlässlich der Einführung des § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 GemO, denn hierfür war ebenfalls maßgeblich, dass nur die Verbandsgemeinde Bedienstete mit entsprechender Rechtskenntnis beschäftigt (Lt.-Drucks. 8/2992, S. 18).

33

Diese Erwägungen entsprechen auch Sinn und Zweck des § 68 Abs. 1 GemO, denn die Norm bezweckt – wie an der Gesetzesbegründung erkennbar – der Gemeinde bei Aufgaben, die über das, was ein ehrenamtlicher Ortsbürgermeister ohne Weiteres selbst erledigen kann, hinausgehen, die fachkundige Hilfe der Verbandsgemeindeverwaltung zur Seite zu stellen. Hieran besteht hinsichtlich des Widerspruchsverfahrens nicht nur wegen der Rechtskenntnis der Verbandsgemeindebediensteten, sondern auch mit Blick auf das Interesse an einer effizienten Durchführung des Verwaltungsverfahrens sowie des gegebenenfalls anschließenden gerichtlichen Verfahrens ein Bedürfnis. So ist es zum einen sachgerecht, bereits den Widerspruch in fachkundiger Weise juristisch zu bearbeiten, da der Rechtsstreit hierdurch womöglich schon im Widerspruchsverfahren beigelegt werden kann. Zum anderen ist es mit Blick auf die Erfolgsaussichten in einem späteren gerichtlichen Verfahren von Vorteil, wenn die Ausführungen im Widerspruchs- und Gerichtsverfahren einheitlich von der Verbandsgemeindeverwaltung gefertigt und begründet werden.

34

Diesem Verständnis steht der Wortlaut des § 68 Abs. 1 S. 1 GemO nicht entgegen, denn die Auflistung unter § 68 Abs. 1 S. 2 GemO verdeutlicht, dass der Begriff des „Verwaltungsgeschäfts“ nach dem Willen des Gesetzgebers weit auszulegen ist (vgl. Lt.-Drucks. 7/1884, S. 92). Ebenso schließt der Umstand, dass Ziff. 5.1 der Verwaltungsvorschrift zu § 68 GemO (Verwaltungsvorschrift zur Durchführung der Gemeindeordnung vom 3. Mai 1979 (MinBl. S. 179), zuletzt geändert durch Rundschreiben des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur vom 31. März 2014 (MinBl. S. 39) – GemOVV –) nur auf solche Rechtsbehelfe Bezug nimmt, die gegen die Gemeinde gerichtet sind, diese Auslegung nicht aus, denn der Anwendungsbereich förmlicher Gesetzes kann durch bloße Verwaltungsvorschriften nicht eingeschränkt werden. Schließlich begegnet ein solches Normverständnis mit Blick auf § 68 Abs. 1 S. 3 GemO keinen Bedenken, denn soweit dort die Wahrnehmung der Aufgaben des Ortsbürgermeisters als Vertreter der Gemeinde nach Außen vom Begriff des Verwaltungsgeschäfts ausgenommen wird, können hiermit nur repräsentative Aufgaben des Ortsbürgermeisters gemeint sein, da andernfalls kein Anwendungsbereich verbliebe, in dem die Verbandsgemeinde gemäß § 68 Abs. 1 S. 1 GemO „im Namen“ der Ortsgemeinde handeln könnte (vgl. PdK RhPf B-1, GemO § 68, Ziff. 5.6, beck-online; VG Koblenz Urt. v. 21.4.2011 – 1 K 1496/10.KO, BeckRS 2011, 51583, beck-online).

35

Eine derartige Auslegung führt ferner nicht zu einer Einschränkung des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinde, denn die Bindung der Verbandsgemeindeverwaltung an Beschlüsse des Ortsgemeinderates und Entscheidungen des Ortsbürgermeisters gemäß § 68 Abs. 1 HS 2 GemO gewährleistet, dass die Entscheidung über das „Ob“ der Widerspruchseinlegung sowie sonstige wesentliche Entscheidungen bei der Gemeinde verbleiben.

36

Der demnach bei der Einlegung des Widerspruchs durch den Ortsbürgermeister vorliegende Vertretungsmangel wurde jedoch nach der analog anwendbaren Vorschrift des § 177 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB – durch die schriftliche Genehmigung des Bürgermeisters der Verbandsgemeinde rückwirkend (§ 184 Abs. 1 BGB) geheilt (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 17. April 1984 – GmS-OGB 2/83 –, BGHZ 91, 111-117, BVerwGE 69, 380-383, Rn. 13; vgl. Kopp/ Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 62 Rn. 17). Dem steht nicht entgegen, dass die Widerspruchsfrist zum Zeitpunkt der Genehmigung – selbst unter Zugrundelegung der Jahresfrist – abgelaufen war, denn mit Blick auf die Rechtsgrundsätze der §§ 89 Abs. 2 und 579 Abs. 1 Nr. 4 der ZivilprozessordnungZPO – ist der Einzelfallgerechtigkeit in Fällen der vorliegenden Art der Vorrang gegenüber dem Gebot der Rechtsklarheit einzuräumen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. April 1978 – II C 5.74 –, Rn. 37 ff., juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 04. September 2008 – 7 A 2358/07 –, Rn. 44, juris).

37

Des Weiteren wird die Wirksamkeit des Widerspruchs nicht dadurch beeinträchtigt, dass seitens der Klägerin kein förmlicher Ratsbeschluss zur Einlegung des Widerspruchs gefasst wurde, obgleich dies nach § 32 Abs. 1 S. 2 GemO im Innenverhältnis zwischen Ortsbürgermeister und Gemeinderat erforderlich gewesen wäre, da die Widerspruchseinlegung nicht zu den Geschäften der laufenden Verwaltung (§ 47 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 GemO) zählt. Maßgeblich ist insoweit, dass der Ortsbürgermeister im Außenverhältnis – wie an der Einlegung des Widerspruchs ersichtlich wird – als Organ der Gemeinde mit unmittelbarer Wirkung für die Gemeinde entschieden hat, dass ein Widerspruchsverfahren durchgeführt werden soll. Diese Entscheidung des Ortsbürgermeisters, an die der Bürgermeister nach § 68 Abs. 1 S. 1 HS 2 GemO gebunden ist, ist im Außenverhältnis trotz des fehlenden, im Innenverhältnis erforderlichen Ratsbeschlusses wirksam (vgl. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18. März 2015 – 7 B 10021/15 –, juris, Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Juni 1971 – VGH 7/70 –, juris), da der Ortsbürgermeister die Gemeinde nicht etwa rechtsgeschäftlich vertritt, sondern diese vielmehr nur durch den Ortsbürgermeister als Organ überhaupt handlungsfähig ist.

38

Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, denn der Gemeinderat der Klägerin hat durch die Beschlussfassung über die Klageerhebung am 21. August 2017 jedenfalls konkludent die Einlegung des Widerspruchs genehmigt, da er hierdurch zum Ausdruck gebracht hat, dass die Verfolgung des bereits im Widerspruch zum Ausdruck gebrachten Begehrens seinem Willen entspricht. Dies beinhaltet bei einer lebensnahen Betrachtung zugleich das Einverständnis mit dem bereits durchgeführten Widerspruchsverfahren, da es ansonsten an einer Sachurteilsvoraussetzung der Klage fehlen würde. Gemäß den vorstehenden Ausführungen war die Genehmigung auch noch nach Ablauf der Klagefrist möglich.

39

Unschädlich ist mit Blick auf die Zulässigkeit der Klage schließlich, dass der Gemeinderat der Klägerin die Beauftragung des Bevollmächtigten am 15. März 2016 nur unter dem Vorbehalt beschlossen hat, dass es anders nicht zur Akteneinsicht käme. Ungeachtet der Frage, ob und wann es zur Akteneinsicht kam – was hier keiner weiteren Aufklärung bedarf – hätte es insoweit allenfalls bei der Begründung des Widerspruchs an der Vertretungsbefugnis des Prozessbevollmächtigten gemangelt, denn bei der Widerspruchseinlegung hat der Ortsbürgermeister noch nicht in seiner Eigenschaft als Anwalt mitgewirkt. Ein Vertretungsmangel bei der Widerspruchsbegründung ist mit Blick auf die Zulässigkeit der Klage jedoch nicht von Belang, denn maßgeblich ist nach § 70 Abs. 1 VwGO allein, dass form- und fristgerecht Widerspruch eingelegt wurde – was nach obigen Ausführungen der Fall ist –, weil hierdurch verhindert wird, dass der Verwaltungsakt in Bestandskraft erwächst. Hingegen enthält die VwGO keine Pflicht zur Begründung des Widerspruchs (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017,§ 69 Rn. 5), so dass etwaige Fehler einer Begründung den wirksam eingelegten Widerspruch auch nicht unzulässig machen können. Im Übrigen hat der Gemeinderat durch den Beschluss vom 21. August 2017 gemäß obigen Erwägungen auch die Bevollmächtigung des Prozessbevollmächtigten für das Widerspruchsverfahren jedenfalls konkludent genehmigt.

40

Des Weiteren hat die Klägerin am 30. Mai 2017 ordnungsgemäß nach § 81 VwGO Klage erhoben. Die vom Prozessbevollmächtigten zunächst ohne entsprechenden Gemeinderatsbeschluss über die Klageerhebung und Bevollmächtigung erhobene Klage hat der Gemeinderat der Klägerin durch den Beschluss vom 21. August 2017 nachträglich genehmigt – was nach obigen Ausführungen, die hier ebenfalls Geltung beanspruchen, auch nach Ablauf der Klagefrist möglich war.

41

II. Die Klage, deren übrige Zulässigkeitsvoraussetzungen ebenfalls vorliegen, ist jedoch unbegründet.

42

1. Soweit die Klage sich gegen die Rücknahme der Bewilligungsbescheide vom 18. Juli 2012, 4. Juli 2013 sowie vom 22. Mai 2014 über die Gewährung von Zuwendungen aus dem KEF durch den streitgegenständlichen Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids (§ 79 Abs. 1 S. 1 VwGO) richtet, hat sie keinen Erfolg, da die Ziffern 1.- 3. des streitgegenständlichen Bescheids rechtmäßig sind und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO. Der Widerspruchsbescheid ist zwar materiell rechtswidrig, führt jedoch ebenfalls zu keiner Rechtsverletzung der Klägerin.

43

Der Beklagte hat die Bewilligungsbescheide nach § 1 Abs. 1 des rheinland- pfälzischen Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (Gesetz vom 23. Dezember 1976 (GVBl. S. 308), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2015 (GVBl. S. 487)) i. V. m. § 48 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG –, welcher mangels vorrangiger Spezialregelungen Anwendung findet, in formell und materiell rechtmäßiger Weise zurückgenommen. Auch der Bescheid vom 22. Mai 2014 konnte trotz Nichteintritts der enthaltenen Bedingung nach § 48 VwVfG zurückgenommen werden, da er jedenfalls einen unzutreffenden Rechtsschein entfaltet hat, der durch die Rücknahme beseitigt werden konnte.

44

Die Bewilligungsbescheide waren zum Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig, da die Voraussetzungen für die Gewährung von Zuwendungen aus dem KEF nicht vorlagen. Sowohl die Gemeinsame Erklärung (insb. S. 5), als auch der Leitfaden (Ziff. 2.1.) sehen zur Beteiligung am KEF den Abschluss eines Konsolidierungsvertrags vor. Daran fehlt es vorliegend, denn eine ergänzende Vertragsauslegung unter entsprechender Anwendung von §§ 133, 157 BGB und Berücksichtigung der Besonderheiten des öffentlichen Rechts ergibt, dass der von den Beteiligten am 9. Februar 2012 geschlossene Konsolidierungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen ist, da die Klägerin ihre Liquiditätskredite schon im Jahr 2010 auf weniger als ein Drittel des Standes zum 31. Dezember 2009 reduziert hat.

45

Der Konsolidierungsvertrag lässt Raum für eine entsprechende ergänzende Auslegung, da er insoweit eine planwidrige Regelungslücke enthält. Der die Laufzeit des Konsolidierungsvertrages betreffende § 6 des Vertrags erfasst lediglich Konstellationen, in denen die Drittelgrenzenach Vertragsschluss erstmals erreicht wird, nicht jedoch den vorliegenden Fall des Unterschreitens der Drittelgrenze zeitlich weit vor Vertragsschluss, da dem Konsolidierungsvertrag im Ganzen die Vorstellung zugrunde liegt, dass das Konsolidierungsziel noch nicht erreicht ist.

46

Dies wird deutlich, wenn man den Gesamtkontext des Konsolidierungsvertrages in den Blick nimmt: Dieser ist Voraussetzung für die Teilnahme am KEF, welcher seinerseits gemäß der Gemeinsamen Erklärung und dem Leitfaden die Reduzierung der maßgeblichen Liquiditätskreditbestände der teilnehmenden Kommunen auf ein Drittel des Standes zum 31. Dezember 2009 zum Ziel hat. Wird diese Drittelgrenze erstmalig erreicht, endet der Vertrag nach seinem § 6 automatisch mit Ablauf des entsprechenden Kalenderjahres. Demgegenüber obliegt es der teilnehmenden Kommune, die Liquiditätskreditbestände langfristig unter der Drittelgrenze zu halten, denn es ist nicht möglich, erneut am KEF teilzunehmen, wenn die Drittelgrenze mittel- oder langfristig wieder überschritten wird. Dies zeigt zum einen § 6 des Vertrages, wonach nur ein unmittelbarer Wiederanstieg beachtlich ist. Zum anderen belegt Ziff. 2. 1 des Leitfadens, dass allein das erstmalige Erreichen des Konsolidierungsziels maßgeblich ist, denn hiernach war ein Beitritt zum KEF nur bis zum 31. Dezember 2013 möglich – was eine Programmteilnahme nach einem späteren Unterschreiten der Drittelgrenze ausschließt. Dementsprechend sind auch die vertraglichen Bestimmungen, insbesondere die Verpflichtung der Kommune zur Durchführung von Konsolidierungsmaßnahmen, erkennbar darauf ausgelegt, die Liquiditätskreditbestände erstmalig auf die Drittelgrenze zu reduzieren.

47

Dieses Regelungsgefüge impliziert jedoch, dass die teilnehmende Kommune die Drittelgrenze nicht bereits in dem Zeitraum zwischen dem Stichtag zum 31. Dezember 2009 und dem Abschluss des Konsolidierungsvertrags erreicht oder gar unterschritten hat (ohne dass ein unmittelbarer Wiederanstieg über die Drittelgrenze droht), denn wenn das Konsolidierungsziel schon erreicht wäre, wären die entsprechenden Konsolidierungsmaßnahmen sowie die Gewährung von Zuwendungen obsolet. Vielmehr liefe eine Teilnahme am KEF in diesem Fall auf eine Unterstützung der Kommune bei der mittel- bzw. langfristigen Wahrung ihres Liquiditätskreditbestandes hinaus – was zu obiger Systematik im Widerspruch stünde.

48

Dies zugrunde gelegt, enthält der Konsolidierungsvertrag eine Regelungslücke, denn es fehlt an einer Bestimmung für den Fall, dass das Konsolidierungsziel entgegen dem Grundgedanken des Regelungsgefüges bereits vor Vertragsschluss erreicht wurde. Diese Regelungslücke ist planwidrig, denn sie läuft dem Willen der Vertragsparteien zuwider. Würde man sie nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung schließen, hätte dies nämlich zur Folge, dass die Klägerin wirksam am KEF teilgenommen hätte, obwohl sie das durch das KEF- Programm bezweckte Ziel bereits erreicht hatte. Dies widerspricht den Interessen der Beteiligten, denn aus Sicht des Beklagten bestand in dieser Situation kein Grund zur Gewährung von Zuwendungen und seitens der Klägerin keine Notwendigkeit, sich zu einschneidenden Konsolidierungsmaßnahmen zu verpflichten.

49

Schließt man diese Lücke – mangels vorrangigen dispositiven Rechts – durch eine ergänzende Vertragsauslegung führt dies zur Unwirksamkeit des Vertrags, denn bei einer lebensnahen Auslegung ist davon auszugehen, dass die Beteiligten in Kenntnis dieser Lücke eine vertragliche Regelung getroffen hätten, wonach der Vertrag nur unter dem Vorbehalt wirksam werden sollte, dass die maßgeblichen Liquiditätskreditbestände der Klägerin nicht bereits vor Vertragsschluss auf ein Drittel des Standes zum 31. Dezember 2009 vermindert wurden oder dass, sofern dies im Vorjahr des Vertragsschlusses der Fall war, ein unmittelbarer Anstieg nicht absehbar war.

50

Obschon ein Vertrag in aller Regel nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung um eine Bestimmung ergänzt werden kann, die ihrerseits im rechtlichen Ergebnis den Vertrag beseitigt (BGH, Urteil vom 15. Dezember 1969 – II ZR 69/67 –, beck-online), entspricht diese Auslegung aufgrund der Besonderheiten des Falles sowie des öffentlichen Rechts vorliegend dem hypothetischen Parteiwillen. Dies wird zunächst bei einer teleologischen Betrachtung deutlich, denn nach Erreichen des Konsolidierungsziels ist der Abschluss eines Konsolidierungsvertrages gemäß obigen Ausführungen erkennbar nicht mehr sachgerecht. Belegt wird dies durch die in § 6 des Vertrags enthaltene auflösende Bedingung, wonach der Vertrag mit Ablauf des Jahres, in welchem das Konsolidierungsziel erstmalig erreicht wird, automatisch endet, ohne dass den Beteiligten insoweit ein Entscheidungsspielraum verbliebe.

51

Darüber hinaus spricht für ein solche Auslegung, dass die Beteiligten als Körperschaften des öffentlichen Rechts infolge von Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz – GG – an den Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit (vgl. Art. 114 Abs. 2 S. 1 GG; § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (Haushaltsgrundsätzegesetz vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1273), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 14. August 2017 (BGBl. I S. 3122)) – HGrG –) gebunden sind. Legt man der ergänzenden Vertragsauslegung zugrunde, dass die Beteiligten beim Vertragsschluss im Einklang mit diesem Grundsatz handeln wollten, drängt sich der o. g. Vorbehalt auf, denn es liefe dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zuwider, durch den Abschluss eines Konsolidierungsvertrags (jedenfalls zunächst) die Möglichkeit zur Gewährung von Zuwendungen zu eröffnen, obwohl die Klägerin keiner Zuwendungen bedurfte, da das Konsolidierungsziel schon erreicht war.

52

Eine andere, dem hypothetischen Parteiwillen ebenso nahekommende Alternative zur Schließung der vertraglichen Lücke ist nicht ersichtlich. Die denkbare Variante, § 6 des Vertrages dahingehend anzuwenden, dass der Vertrag zwar zunächst wirksam zustande gekommen, mit Ablauf des Jahres 2012 jedoch automatisch beendet wäre, entspricht gemäß den vorstehenden Ausführungen nicht dem Parteiwillen, da nach Erreichen des Konsolidierungsziels keine Veranlassung zur Gewährung von Zuwendungen und Verpflichtung zu Konsolidierungsmaßnahmen besteht. Gleiches gilt hinsichtlich der Möglichkeit, den Vertrag ergänzend dahingehend auszulegen, dass die Beteiligten im vorliegenden Fall zur Kündigung berechtigt wären, denn § 6 des Vertrages belegt – im Gegensatz zu § 4 –, dass der Bestand des Vertrages nicht mehr zur Disposition der Beteiligten stehen soll, sobald das Konsolidierungsziel erreicht ist.

53

Diese ergänzende Vertragsauslegung geht einer Anwendung der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 60 VwVfG entsprechend) vor, da sie den hypothetischen Parteiwillen abbildet und führt vorliegend zur Unwirksamkeit des Konsolidierungsvertrages, weil die Klägerin ihre maßgeblichen Liquiditätskredite bereits im Jahr 2010 völlig abbauen konnte.

54

Obwohl der Kreditabbau auf ein einmaliges Ereignis – den Verkaufserlös aus der Veräußerung des Grundstücks – zurückzuführen ist, war hierbei ein unmittelbarer Wiederanstieg der Liquiditätskredite über die Drittelgrenze nicht zu erwarten, da die Klägerin im Jahr 2010 nicht nur die Drittelgrenze erreicht hat, sondern sogar über einen liquiden Geldmittelbestand von 58.574,72 Euro verfügte. In dieser Situation kam der Klägerin zunächst ein beachtlicher finanzieller Handlungsspielraum zu, bevor ein erneutes Überschreiten der Drittelgrenze von – 80.267,67 Euro drohte. Insbesondere war ein unmittelbarer Wiederanstieg mit Blick auf die nach Ende der Kreditlaufzeit beabsichtigte Tilgung des Investitionskredites zum Bau der Gemeindehalle nicht zu erwarten, da dieser Kredit nach den Angaben der Klägerin im Schreiben vom 29. Mai 2013 erst nach Ablauf der Zinsbindung (d. h. im Jahr 2038) getilgt werden sollte. Darauf, dass der Verkaufserlös ursprünglich zur Tilgung des Investitionskredites verwendet werden sollte, kommt es demgegenüber nicht an, denn mit Blick auf den mit der Teilnahme am KEF verfolgten Zweck ist allein maßgeblich, dass die Liquiditätskredite faktisch unter die Drittelgrenze gesenkt wurden und kein unmittelbarer Wiederanstieg zu erwarten war. Mangels Unmittelbarkeit des Wiederanstiegs kann das Vorliegen eines sachlichen Zusammenhangs zwischen dem Abbau der Liquiditätskredite und der beabsichtigten Tilgung des Investitionskredites dahinstehen.

55

Doch selbst wenn man entgegen der vorstehenden Sichtweise davon ausginge, der Konsolidierungsvertrag sei zunächst wirksam zustande gekommen, wäre die Gewährung von Zuwendungen aus dem KEF für die Jahre 2012 bis 2014 rechtswidrig gewesen, denn eine am Willen der Vertragsparteien orientierte Auslegung des Konsolidierungsvertrags ergibt jedenfalls, dass ein Anspruch auf die Gewährung von Zuwendungen aus dem KEF nur dann besteht, wenn das Konsolidierungsziel noch nicht erreicht wurde. Nur dann besteht der in Ziff. 2.2.3. des Leitfadens geforderte „Bedarf für die Gewährung einer Zuweisung aus dem KEF“. Nicht zuletzt folgt dies abermals aus der Bestimmung des § 6, denn die automatische Vertragsbeendigung nach Ablauf des Jahres, in dem die Drittelgrenze erstmalig erreicht wird, lässt keinen Zweifel daran, dass die betreffende Kommune ab diesem Moment nicht mehr in den Kreis der vom KEF Begünstigten fällt. Auch macht die Formulierung in § 1 des Vertrages, wonach die Bewilligung „insbesondere“ unter der Bedingung erfolgt, dass die Konsolidierungsmaßnahmen durchgeführt wurden, deutlich, dass dies allein nicht ausreicht, sondern weitere Voraussetzungen vorliegen müssen. Um eine solche handelt es sich nach Sinn und Zweck des KEF bei dem Erfordernis des Nichterreichens des Konsolidierungsziels bei Vertragsschluss.

56

Im Übrigen hätte der Vertrag – sofern man davon ausgeht, dass er zunächst wirksam zustande kam – bei einer entsprechenden Anwendung des § 6 jedenfalls spätestens mit Ablauf des Jahres 2012 automatisch geendet. Hält man den Vertrag zunächst für wirksam, wäre jedenfalls eine solche entsprechende Anwendung des § 6 unter Zugrundelegung des Parteiwillens geboten, denn wenn schon ein ordnungsgemäß zustande gekommener Vertrag endet, sobald die Drittelgrenze erstmalig erreicht wird, muss ein Vertrag, der geschlossen wurde, obwohl die Drittelgrenze schon im Vorfeld erreicht wurde, mit Blick auf die Zielrichtung des KEF erst Recht nach Ablauf eines Jahres enden.

57

Beide Auslegungsvarianten führen zur Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Bewilligungsbescheide, da diesen die vertragliche Grundlage gefehlt hat (vgl. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06. Juni 2002 – 8 A 10236/02 –, Rn. 50, juris). Dies gilt auch, wenn man der zweiten Variante folgend, davon ausgeht, dass der Vertrag zunächst wirksam zustande kam, denn jedenfalls fehlte es insoweit am Vorliegen der zur Gewährung von Zuwendungen erforderlichen, aus vorstehender Vertragsauslegung folgenden Voraussetzung des Nichterreichens des Konsolidierungsziels – welche im Bescheid vom 22. Mai 2014 sogar ausdrücklich zur Bedingung gemacht wurde.

58

Die den Vertrauensschutz regelnde Vorschrift des § 48 Abs. 2 VwVfG stand der Rücknahme der rechtswidrigen Bescheide nicht entgegen, denn die Klägerin kann sich als Körperschaft des öffentlichen Rechts gegenüber dem beklagten Land nicht auf Vertrauensschutz berufen (vgl. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 03. November 1987 – 7 A 21/87 –, juris; zu Verwaltungsbehörden: BVerwG, Urteil vom 08. Dezember 1965 – V C 21.64 –, BVerwGE 23, 25-31). Grund hierfür ist zum einen, dass die Klägerin – wie vorstehend bereits ausgeführt – selbst an den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gebunden ist, denn insofern ist ihr Vertrauen in den Bestand eines hiergegen verstoßenden rechtswidrigen Bescheids nicht schutzwürdig. Zum anderen dient der Vertrauensschutz dem Schutz des Bürgers vor dem überlegenen Staat, nicht aber dem Schutz von Körperschaften des öffentlichen Rechts untereinander.

59

Ein Ausnahmefall, in welchem sich die Klägerin dennoch auf Vertrauensschutz berufen könnte, liegt hier nicht vor. Insbesondere ist weder substantiiert vorgetragen, dass die Klägerin aufgrund der Rückzahlung der Zuwendungen aus dem KEF ihre öffentlichen Aufgaben nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen könnte (hierzu: Bayerischer VGH, Urteil vom 06. April 2001 – 4 B 00.334 –, Rn. 17, juris) oder in sonstiger Weise existenziell gefährdet wäre, noch sind dahingehende Anhaltspunkte erkennbar. Anderes folgt nicht aus dem Grundsatz des „venire contra factum proprium“, denn die Gesetzesbindung der Klägerin, welche Grund für den Ausschluss des Vertrauensschutzes ist, wird nicht dadurch gemindert, dass der Beklagte zunächst fälschlicherweise vom Vorliegen der Voraussetzungen zur Gewährung von Zuwendungen ausging – zumal hierfür, wenn man wie die Beteiligten vom wirksamen Zustandekommen des Vertrages ausgeht, zunächst greifbare Anzeichen vorlagen. So hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass er infolge der Korrektur der Liquiditätskreditbestände der Klägerin im Jahr 2013 zunächst davon ausging, diese überschreite weiterhin die Drittelgrenze. Auch setzt der Beklagte sich durch die Rücknahme des Bescheids für das Jahr 2014 nicht in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Weise zu der vorigen Bewilligung in Widerspruch, denn dieser Bescheid stand ausdrücklich unter der Bedingung, dass die Drittelgrenze nicht erreicht wurde.

60

Des Weiteren ist die Entscheidung des Beklagten über die Rücknahme der streitgegenständlichen Bewilligungsbescheide ermessensfehlerfrei.

61

Zunächst war das Ermessen des Beklagten nicht durch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG eingeschränkt. Die Jahresfrist ist im Verhältnis der Klägerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts zum Land grundsätzlich nicht anwendbar (vgl. in der Tendenz: BVerwG, Urteil vom 27. April 2006 – 3 C 23/05 –, BVerwGE 126, 7-14). Grund ist, dass sie primär dem Schutz des Vertrauens dient, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach Fristablauf trotz entgegenstehender Rechtslage Bestand hat. Damit schützt § 48 Abs. 4 VwVfG ebenso wie der Vertrauensschutz nach § 48 Abs. 2 VwVfG das Interesse des Adressaten eines Verwaltungsakts an der Rechtssicherheit. Die rechtliche Unzulässigkeit der Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes nach Ablauf der Jahresfrist ist insofern eine weitere Ausnahme vom Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. § 48 Abs. 4 VwVfG dient demnach als ebenfalls vertrauensschützende Norm dem Schutz des Bürgers vor dem ihm überlegenen Staat. Da öffentliche Rechtsträger wegen ihrer besonderen Gesetzesbindung diesen Schutz nicht in Anspruch nehmen und sich nicht auf den Fortbestand eines rechtswidrigen Zustandes berufen können, ist § 48 Abs. 4 VwVfG auf die Klägerin als Kommune nicht anwendbar. Insofern überwiegt entgegen der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 12. Juni 2007 - 15 A 371/05 - juris, Rn. 20) das öffentliche Interesse an der Rechtmäßigkeit von Verwaltungshandeln das Interesse der Klägerin an der „Klarheit ihrer finanziellen Planungsgrundlagen“ (vgl. OVG RP, Urteil vom 11. Februar 2011 – 2 A 10895/10 –, Rn. 44, juris). Eine Ausnahme von der Nichtanwendbarkeit der Jahresfrist liegt aus den oben im Zusammenhang mit dem Vertrauensschutz angeführten Gründen ebenfalls nicht vor.

62

Ungeachtet dessen war die Jahresfrist zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids noch nicht abgelaufen. Maßgeblich für den Beginn der Jahresfrist ist nämlich die Kenntnis des zuständigen Amtswalters von allen relevanten Tatsachen. Diese liegt in der Regel erst nach Abschluss des Anhörungsverfahrens vor, wenn Umstände aus der Sphäre des Zuwendungsempfängers für die Ermessensausübung maßgeblich sind (BVerwG, Urteil vom 20. September 2001 – 7 C 6/01 –, juris). Ebenso war der vorliegende Fall gelagert, da der Beklagte bei der Ermessensausübung berücksichtigen musste, ob Belange der Klägerin einer Rücknahme der Bescheide entgegenstünden. Dies zugrunde gelegt, endete die Jahresfrist erst am 28. Oktober 2016 und somit nach Erlass des Bescheids vom 24. November 2015, denn die Stellungnahme der Klägerin im Anhörungsverfahren ist erst am 28. Oktober 2015 beim Beklagten eingegangen.

63

Ferner lagen keine Gesichtspunkte vor, die eine Ermessensentscheidung zu Gunsten der Klägerin rechtfertigen könnten. Vielmehr hat sich das hinsichtlich der Rücknahme der Bescheide intendierte Ermessen des Beklagten – von dem dieser entgegen der Auffassung der Klägerin auf Seite 4 des Rücknahmebescheids Gebrauch gemacht hat – dahingehend reduziert, dass allein eine Rücknahme der Bewilligungsbescheide rechtmäßig war, da kein atypischer Ausnahmefall vorlag.

64

Ausgangspunkt ist, dass das Ermessen des Beklagten unter Zugrundelegung der speziellen Regelungen zum KEF in Verbindung mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit dahingehend intendiert war, die streitgegenständlichen Bescheide zurückzunehmen. Grund hierfür ist die eng umrissene Zielrichtung des KEF – welcher allein zur wirksamen Unterstützung der teilnehmenden Kommunen bei der Reduzierung ihres Liquiditätskreditbestandes auf ein Drittel des Stands zum 31. Dezember 2009 geschaffen wurde –, denn hiermit ist es unvereinbar, Zuwendungen beim Empfänger zu belassen, obwohl er das Konsolidierungsziel bereits vor Vertragsschluss erreicht hat. Dementsprechend verbleibt der zuständigen Aufsichtsbehörde bei Erreichen des Konsolidierungsziels grundsätzlich keinen Ermessensspielraum hinsichtlich der Vertragsbeendigung. Hierzu stünde es im Widerspruch, wenn dem Beklagten allein infolge des Umstandes, dass das Erreichen des Konsolidierungsziels vor Vertragsschluss erst nachträglich bekannt wird, regelmäßig ein uneingeschränkter Ermessensspielraum zukäme. Zudem würden hierdurch ohne jeglichen Grund die Kommunen, die unerkannt schon vor Vertragsschluss das Konsolidierungsziel erreicht haben, gegenüber solchen, bei denen dies erst nach Vertragsschluss gelungen ist, privilegiert, da in diesem Fall kein Ermessen hinsichtlich weiterer Zuwendungen besteht. Ferner ist die Rücknahme rechtswidriger Bewilligungsbescheide auch mit Blick auf das begrenzte Maximalvolumen des KEF in aller Regel geboten. Eventuell schutzwürdigen Belangen der Kommunen kann indes durch die Prüfung des Vorliegens eines atypischen Falls, welcher im Einzelfall eine andere Entscheidung rechtfertigen würde, hinreichend Rechnung getragen werden.

65

Ein derartiger atypischer Fall liegt hier jedoch nicht vor, denn der konkrete Sachverhalt weist keine außergewöhnlichen Umstände auf, deren Besonderheiten von solchem Gewicht sind, dass sie eine vom Regelfall abweichende Behandlung gebieten (vgl. zur Definition: OVG Lüneburg, Urteil vom 15. November 2016 – 8 LB 58/16 –, Rn. 66, juris).

66

Zum einen führt die Rücknahme der Bescheide – wie vorstehend ausgeführt – nicht zu einer außergewöhnlichen, existenziellen Gefährdung der Klägerin oder einem Unvermögen der Klägerin zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben.

67

Zum anderen handelt es sich auch mit Blick auf ein eventuelles Mitverschulden des Beklagten um keinen atypischen Fall. Ein solches Mitverschulden ist grundsätzlich schon kein atypischer Umstand, denn wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt erlassen, so wird – mit Ausnahme der Fälle arglistiger Täuschung, unrichtiger oder unvollständiger Angaben des Begünstigten oder eines Dritten – typischerweise ein Verschulden oder Mitverschulden der Behörde vorliegen (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 16. Oktober 2013 – 3 L 170/10 –, Rn. 52, juris).

68

Auch die Besonderheiten des vorliegenden Falles erfordern keine andere Bewertung, denn das Mitverschulden des Beklagten geht nicht in außergewöhnlicher Weise über das typischerweise bei Erlass eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes vorliegende Mitverschulden hinaus. Vielmehr überwiegt vorliegend das Verschulden der Klägerin.

69

Maßgeblich ist insoweit, dass die rechtswidrige Gewährung von Zuwendungen aus dem KEF hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, dass die Klägerin es bei Vertragsschluss unterlassen hat, den Beklagten über den zwischenzeitlichen Abbau der Liquiditätskredite in Kenntnis zu setzen, obwohl sie schon zu diesem Zeitpunkt hätte erkennen können und müssen, dass es sich hierbei mit Blick auf die weitere Teilnahme am KEF um eine äußerst wichtige Tatsache gehandelt hat, die sie dem Beklagten hätte mitteilen müssen.

70

Der Klägerin musste sich hierbei aufdrängen, dass sie auch vor Vertragsschluss verpflichtet war, die in ihre Sphäre fallenden Umstände, die für die Teilnahme am KEF von Belang sein können, mitzuteilen und auf diese Weise eine eingehende Prüfung des Beklagten zu ermöglichen. Nicht zuletzt war an § 6 des Vertrages klar erkennbar, dass das Erreichen des Konsolidierungsziels von erheblicher Bedeutung war. Auch war der Klägerin durch die im Vertrag in Bezug genommene Gemeinsame Erklärung und den Leitfaden bekannt, dass das Ziel des KEF allein die Hilfe beim erstmaligen Erreichen der Drittelgrenze war. Zudem konnte die Klägerin an § 5 des Konsolidierungsvertrages unschwer erkennen, dass es ihr grundsätzlich oblag, in eigener Verantwortung unaufgefordert Mitteilung von den entscheidenden finanziellen Verhältnissen, u. a. dem Liquiditätskreditbestand, zu machen. Dementsprechend bestimmt auch der Leitfaden, dass die Aufsichtsbehörde den Antrag der Kommune auf der Grundlage der Angaben der Kommune überprüft (Ziff. 2.2.3, 2.2.4) – ohne jeweils eine Verifizierung der Angaben seitens des Beklagten vorzusehen. Auch die in den streitgegenständlichen Bescheiden in Bezug genommene Ziff. 5.2 der Anlage 13, Teil I/Anlage 3 zur Verwaltungsvorschrift zum Vollzug der Haushaltsordnung vom 20.Dezember 2012 (in der Fassung vom 20. Oktober 2008, Gliederungsnr. 6300, juris) sieht vor, dass der Zuwendungsempfänger verpflichtet ist, unverzüglich anzuzeigen, wenn sich für die Bewilligung maßgebliche Umstände ändern oder wegfallen. Obschon diese Regelungen erst während des Vertragsverhältnisses Anwendung finden, wird hieran jedenfalls deutlich, dass das Konzept des KEF auf einer vertrauensvollen Zusammenarbeit von Land und Kommunen und insbesondere zutreffenden und vollständigen Angaben seitens der Kommunen basiert. Ebenso hätte die Klägerin erkennen müssen, dass der Zahlungseingang von circa 340.000 Euro aus dem Verkauf des Grundstücks einen mit Blick auf die Teilnahme am KEF relevanten Umstand darstellt, der dem Beklagten zwingend mitzuteilen war, denn dieser finanzielle Vorgang ging in seiner Größenordnung weit über die alltäglichen Geschäfte der Klägerin hinaus und führte zu einer grundlegenden Verbesserung ihrer finanziellen Situation.

71

Demgegenüber traf den Beklagten bei Vertragsschluss allenfalls ein geringfügiges Mitverschulden, denn er durfte angesichts der im Regelungsregime des KEF erfolgten, vorstehend dargestellten Aufgaben- und Verantwortungszuweisung grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Klägerin ihn von sämtlichen relevanten Umständen in Kenntnis setzen würde.

72

Soweit der Beklagte es nach der Mitteilung der Klägerin vom 29. Mai 2013 sowie der E- Mail des Innenministeriums vom 7. Juni 2013 zunächst (vor der Bewilligung der Zuwendungen für 2013 und 2014) unterlassen hat, die Wirksamkeit des Vertrages einer vertieften Prüfung zu unterziehen, begründet dies ebenfalls kein zur Annahme eines atypischen Ausnahmefalles führendes überwiegendes Mitverschulden des Beklagten, denn im Ergebnis hat sich hierbei lediglich ausgewirkt, dass es infolge des Verschuldens der Klägerin überhaupt zum Abschluss des Konsolidierungsvertrags gekommen ist – so dass der Beklagte grundsätzlich von der Programmteilnahme der Klägerin ausging.

73

Auch liegt hierin kein außergewöhnlich hohes Mitverschulden des Beklagten, denn seine Fehleinschätzung beruhte im Wesentlichen auf der im Konsolidierungsvertrag bestehenden Regelungslücke. Mangels ausdrücklichen Wirksamkeitsvorbehalts für die Fälle der Erreichung des Konsolidierungsziels vor Vertragsschluss hat der Beklagte sich nämlich darauf beschränkt, die Voraussetzungen des § 6 des Vertrags zu prüfen. Auch wenn dies im Ergebnis nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht ausreichend war und entsprechende Anhaltspunkte aufgrund der E- Mail des Innenministeriums vorlagen, stellt dies jedenfalls keine besonders schwere Sorgfaltspflichtverletzung, denn es handelt sich letztlich um einen – angesichts der Regelungslücke und der fehlenden Rechtsprechung – naheliegenden Rechtsirrtum. Hierbei war der Beklagte zudem, wie in der mündlichen Verhandlung dargelegt, erkennbar darum bemüht, eine an den Belangen der Klägerin orientierte weitere Vorgehensweise zu finden.

74

Schließlich kann die Klägerin sich auch nicht auf eine Verwirkung des Rechts zur Rücknahme der rechtswidrigen Bescheide durch eine Untätigkeit des Beklagten berufen, da dieser sogar die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG – die ihm im jeden Fall zusteht – gewahrt hat.

75

Doch nicht nur der Ausgangsbescheid ist rechtmäßig, sondern auch der Widerspruchsbescheid weist keine Fehler auf, die der – gegen den Ausgangsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids gerichteten – Anfechtungsklage zum Erfolg verhelfen würden.

76

Insbesondere wurde der Widerspruchsbescheid von der zuständigen Widerspruchsbehörde erlassen. Zur Bestimmung der zuständigen Widerspruchsbehörde ist auf die gesetzlichen Regelungen zurückzugreifen, da weder die Gemeinsame Erklärung, noch der Leitfaden oder der Konsolidierungsvertrag Bestimmungen zum Widerspruchsverfahren enthalten. Hiervon ausgehend ist § 126 GemO vorliegend entsprechend anwendbar. Eine unmittelbare Anwendung scheidet in systematischer Hinsicht aus, da die Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide sowie die Versagung weiterer Zuwendungen keine aufsichtsbehördlichen Anordnungen nach §§ 117 ff. GemO, sondern Maßnahmen zum Vollzug des KEF darstellen. Hierbei wird die Aufsichtsbehörde im Gegensatz zu den Situationen, die den aufsichtsbehördlichen Maßnahmen nach §§ 117 ff. GemO zugrunde liegen, zunächst als Ausgangsbehörde tätig. Dennoch ist die ADD anstelle des Kreisrechtsausschusses nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 a AGVwGO zuständige Widerspruchsbehörde, denn § 126 GemO ist als vorrangige gesetzliche Regelung nach seinem Sinn und Zweck entsprechend anzuwenden.

77

Maßgeblich ist insoweit, dass sich hier im Widerspruchsverfahren – ebenso wie im Falle einer aufsichtsbehördlichen Anordnung nach den §§ 117 ff. GemO – nicht Bürger und Staat gegenüberstehen, sondern sowohl auf Kläger- als auch auf Beklagtenseite Körperschaften des öffentlichen Rechts beteiligt sind, denn in dieser Konstellation besteht ebenfalls kein Bedürfnis, das Widerspruchsverfahren gemäß § 6 AGVwGO durch die Einschaltung von Laienbeisitzern und die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung bürgernah, ähnlich einem Rechtsbehelfsverfahren auszugestalten und auf diese Weise die Akzeptanz der Bürger zu erhöhen. Vielmehr ist es angesichts des komplexen Regelungsregimes des KEF zur Herstellung von Rechtssicherheit sachdienlich, eine Widerspruchsbehörde einzuschalten, die im Gegensatz zum Kreisrechtsausschuss (§ 7 Abs. 1 S. 2 AGVwGO) den Weisungen des zuständigen Ministers unterliegt, denn nur auf diesem Wege wird eine einheitliche Anwendung der Regelungen zum KEF unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit – an den die Kommunen ebenfalls gebundenen sind – sichergestellt. Das Interesse an einer gleichartigen Verfahrensweise wird überdies im Vorwort zum Leitfaden deutlich. Der Wortlaut des § 126 GemO steht seiner entsprechenden Anwendung schließlich nicht entgegen. Vielmehr spricht hierfür begrifflich, dass die Kreisverwaltung – obschon sie zugleich Erlassbehörde des Ausgangsbescheids ist – letztlich eine aufsichtsbehördliche Tätigkeit ausübt (vgl. Ziff. C. 1. der Gemeinsamen Erklärung), da sie beaufsichtigt, ob die teilnehmenden Kommunen im Einklang mit den Regelungen zum KEF handeln. Auch die Aufgabenzuweisung im Leitfaden knüpft ausdrücklich an die zuständige Aufsichtsbehörde an (Ziff. 2.1., 2.2.3. des Leitfadens).

78

Doch selbst wenn der Widerspruchsbescheid von der unzuständigen Widerspruchsbehörde erlassen worden wäre, hätte dies nicht die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids zur Folge (vgl. Schoch/Schneider/Bier/Pietzcker VwGO § 79 Rn. 4-4a, beck-online). Zwar ist Streitgegenstand der Anfechtungsklage nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der Ausgangsbescheid „in Gestalt“ des Widerspruchsbescheids, jedoch vermag ein formeller Fehler des Widerspruchsbescheids die „Gestalt“ des Ausgangsbescheids nicht zu ändern (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 27. Juli 2007 – 21 ZB 07.1275 –, Rn. 3, juris, vgl. BeckOK VwGO/Möstl VwGO § 79 Rn. 9, beck-online), denn hierzu gehören allein der Verfügungssatz und die tragenden Gründe des Verwaltungsaktes (vgl. Schoch/Schneider/Bier/Pietzcker VwGO § 79 Rn. 4-4a, beck-online).

79

Auch eine isolierte Aufhebung des Widerspruchsbescheids wäre in diesem Fall nicht möglich, da die Klägerin keinen entsprechenden Antrag nach § 79 Abs. 2 VwGO gestellt hat. Soll der Widerspruchsbescheid neben dem Erstbescheid selbständig angefochten werden, muss der Kläger dies wegen seiner Dispositionsbefugnis unter Darlegung seines Rechtsschutzinteresses durch entsprechende von der Anfechtung des Erstbescheides unabhängige Erwägungen klar zum Ausdruck bringen. (BVerwG, Urteil vom 25. August 1982 – 8 C 50/80 –, juris; vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. Juli 1996 – 8 S 1127/96 –, Rn. 2, juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 27. Juli 2007, a. a. O., Rn. 4). Daran fehlt es hier, denn die Klägerin hat ihr Begehren ausschließlich unter materiellen Gesichtspunkten begründet, ohne hierbei zum Ausdruck zu bringen, dass sie als Minus zum Hauptantrag auch die isolierte Aufhebung des Widerspruchsbescheids begehren würde.

80

Des Weiteren verhilft es der Anfechtungsklage nicht zum Erfolg, dass der Beklagte den Widerspruch unter Zugrundelegung obiger Ausführungen fälschlicherweise als unzulässig zurückgewiesen hat. Obschon er der Klägerin hierdurch die Ermessensprüfung im Widerspruchsverfahren abgeschnitten hat, ist diese insoweit nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO), denn infolge der Ermessensreduzierung auf null hätte der Beklagte im Widerspruchsbescheid zwingend zu demselben Ergebnis kommen müssen, wie im Ausgangsbescheid.

81

2. Auch soweit die Klägerin die Zuwendungen für die Jahre 2012 bis 2014 auf 0 Euro festgesetzt hat (Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids) hat die Klage keinen Erfolg. Es fehlt jedenfalls an einer Rechtsverletzung der Klägerin, da diese nach obigen Ausführungen für die Jahre 2012 und 2014 keinen Anspruch auf die Gewährung von Zuwendungen aus dem KEF hatte.

82

3. Ebenso ist die Rückforderung der infolge der rechtswidrigen Bewilligungsbescheide gezahlten Zuwendungen aus dem KEF (Ziff. 5 des Bescheids) rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, da die Voraussetzungen des § 49 a Abs. 1 S. 1 VwVfG vorlagen. Insbesondere kann die Klägerin sich nicht gemäß § 49 a Abs. 2 S. 1 VwVfG i. V. m. § 818 BGB auf den Wegfall der Bereicherung berufen, da sie infolge ihrer Bindung an den Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit Pflichten von stärkerer Bindungskraft hat als Privatpersonen im Rahmen des bürgerlich-rechtlichen Bereicherungsrechts, die nicht in gleicher Weise dem Gemeinwohl und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verpflichtet sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 1970 – II C 48.68 –, BVerwGE 36, 108-114; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. März 2012 – OVG 12 N 7.11 –, Rn. 4, juris). Aus den oben genannten Gründen stehen der Rückforderung zudem weder Treu und Glauben, noch der Einwand der Verwirkung entgegen.

83

4. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass die auf die Gewährung von Zuwendungen aus dem KEF für das Jahr 2015 gerichtete Verpflichtungsklage ebenfalls keinen Erfolg hat. Die Ablehnung der Gewährung weiterer Zuwendungen war rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Die Klägerin hat hierauf keinen Anspruch, da ein wirksamer Konsolidierungsvertrag nach obigen Ausführungen von vornherein nicht vorlag, bzw. jedenfalls spätestens mit Ablauf des Jahres 2012 geendet hat. Doch selbst wenn man vom Fortbestand des Konsolidierungsvertrages ausginge, bestünde gemäß obigen Ausführungen kein Anspruch auf die Gewährung von Zuwendungen aus dem KEF für das Jahr 2015 nachdem das Konsolidierungsziel bereits im Jahr 2010 erreicht war.

84

5. Nach alledem war die Klage abzuweisen. Über die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren war angesichts der für die Klägerin negativen Kostenfolge nicht mehr zu entscheiden.

85

III. Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

86

IV. Die vorläufige Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.

87

V. Gründe, die Berufung zuzulassen, bestehen nicht (§§ 124, 124 a VwGO). Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, da die zu klärenden Rechtsfragen die Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles betreffen.

Tenor

Die Baugenehmigung des Beklagten vom 7. Juni 2011 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 26. November 2013 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.

2

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beigeladenen sind Eigentümer des u.a. mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks ... Nr. …, Flurstück Nr. ... in Oberotterbach. Sie reichten am 11. November 2010 einen Bauantrag ein für einen Vorbau (Carport) vor der an der westlichen schon vorhandenen Garage. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...“ der Ortsgemeinde Oberotterbach, der einen Mindestabstand der baulichen Anlagen zum öffentlichen Verkehrsraum von 5,50 m vorschreibt. Diesen Abstand hält das Erweiterungsvorhaben nach dem vorgelegten Plan nicht ein.

3

Mit Beschlüssen vom 16. Dezember 2010 und vom 2. Februar 2011 lehnte der Gemeinderat der Klägerin die Erteilung des Einvernehmens unter Hinweis auf den Bebauungsplan ab.

4

Der Beklagte erteilte die beantragte Baugenehmigung am 7. Juni 2011 unter Zulassung einer Abweichung von § 8 Abs. 9 LBauO hinsichtlich der Gebäudelänge und einer Ausnahme von § 30 BauGB hinsichtlich der Festsetzungen des Bebauungsplans über den Abstand zur Straße, ohne das versagte Einvernehmen zu ersetzen. Die Baugenehmigung wurde der Klägerin mit Schreiben an die Verbandsgemeinde vom 7. Juni 2013 zur Kenntnisnahme übersandt.

5

Mit Schreiben des Ortsbürgermeisters vom 29. Juni 2011 legte die Klägerin Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein und verwies auf das verweigerte Einvernehmen. Es ging bei dem Beklagten am selben Tag mit E-Mail des Sachbearbeiters der Baubehörde der Verbandsgemeinde (Bl. 16 der Widerspruchsakte) mit der Bemerkung „vorab zu Ihrer Info“, außerdem auch per Fax, abgesandt von der Bauabteilung der Verbandsgemeinde (Bl. 19), und schließlich am 1. Juli 2011 auf dem Postweg ein.

6

Der Beklagte bestätigte den Eingang des Widerspruchs mit Schreiben vom 4. Juli 2011 und erklärte, dieser werde zum Anlass genommen, die Angelegenheit nochmals zu überprüfen. Außerdem informierte er die Beigeladenen mit Schreiben vom selben Tag darüber, dass die Ortsgemeinde Oberotterbach gegen die ihnen erteilte Baugenehmigung „fristgerecht Widerspruch eingelegt“ habe.

7

Mit Schreiben vom 22. Juli 2011 begründete die Klägerin ihren Widerspruch. Der Beklagte erklärte sodann in seiner Stellungnahme vom 28. Juli 2011 erneut, der Widerspruch sei fristgerecht eingelegt worden, und begründete seine Nichtabhilfeentscheidung. Mit Schreiben an den Kreisrechtsausschuss vom selben Tag bat er darum, den Mangel der fehlenden Ersetzung des Einvernehmens der Klägerin im Bescheid vom 7. Juni 2011 mit dem Widerspruchsbescheid zu heilen.

8

Nachdem am Tag zuvor die Geschäftsstelle des Kreisrechtsausschusses die Verbandsgemeindeverwaltung darauf hingewiesen hatte, dass ein Widerspruch durch die Verbandsgemeinde für erforderlich gehalten werde, legte diese mit Schreiben vom 6. September 2011 namens der Ortsgemeinde erneut Widerspruch gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung ein und begründete dies näher.

9

Der Kreisrechtsausschuss wies den Widerspruch der klagenden Ortsgemeinde gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2013 zurück. Er sah den Widerspruch als unzulässig an, weil er von der Verbandsgemeinde zu spät eingelegt worden sei. Die der Klägerin übersandte Ausfertigung der Baugenehmigung gelte als ihr am 10. Juni 2011 zugegangen mit der Folge, dass die Widerspruchsfrist am Montag, den 11. Juli 2011, abgelaufen sei. Dagegen sei das Widerspruchsschreiben der Verbandsgemeindeverwaltung erst am 6. September 2011 eingegangen.

10

Die Frist zur Einlegung des Widerspruchs sei auch nicht durch das Schreiben des Ortsbürgermeisters vom 29. Juni 2011 gewahrt worden, denn der Ortsbürgermeister sei nicht dazu berechtigt gewesen, Widerspruch einzulegen. Vielmehr ergebe sich aus § 68 GemO, dass für die Klägerin nur die Verbandsgemeindeverwaltung wirksam Widerspruch erheben könne. Die fehlende Befugnis des Ortsbürgermeisters sei auch nicht geheilt worden, weil die Verbandsgemeinde den Widerspruch nicht vor Ablauf der Widerspruchsfrist nachgeholt habe. Insoweit habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung. Es könne zwar sein, dass sie sich durch die rügelose Entgegennahme des Widerspruchs durch den Beklagten und dann durch dessen Schreiben vom 28. Juli 2011 in dem Irrtum befunden habe, der Widerspruch sei durch den Ortsbürgermeister wirksam eingelegt worden. Der Irrtum hätte jedoch auch ursächlich für die Fristversäumung sein müssen. Daran fehle es, denn im Zeitpunkt des Schreibens vom 28. Juli 2011 sei die Frist bereits abgelaufen gewesen.

11

Am 20. Dezember 2013 hat die Klägerin Klage erhoben.

12

Sie bezweifelt, ob die Widerspruchsfrist durch die Übersendung der Baugenehmigung zur Kenntnisnahme überhaupt in Gang gesetzt worden sei. Jedenfalls sei sie ebenso wie die Verbandsgemeindeverwaltung davon ausgegangen, dass sie selbst Widerspruch einlegen müsse.

13

Der Widerspruchsbescheid sei schon deshalb rechtswidrig, weil der Widerspruch zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen worden sei. Die Klägerin habe rechtzeitig Widerspruch eingelegt, denn dazu sei die Ortsgemeinde selbst berechtigt gewesen. Nach § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GemO gehöre zwar die gerichtliche Vertretung einer Ortsgemeinde zu den Verwaltungsgeschäften, die die Verbandsgemeinde ausführe. Darunter falle aber nicht das Widerspruchsverfahren als verlängertes Verwaltungsverfahren. Im Übrigen folge aus § 68 GemO nur, dass die Verbandsgemeinde aufgrund eines gesetzlichen Mandats für die Ortsgemeinde und nicht etwa als Prozessstandschafter in eigenem Namen tätig werde. Die Entscheidung, ob Klage erhoben bzw. Widerspruch eingelegt werde, obliege ausschließlich der Willensbildung der Ortsgemeinde, so dass eine Einlegung eines Widerspruchs durch diese nicht unwirksam sein könne.

14

Die Baugenehmigung des Beklagten vom 7. Juni 2011 sei darüber hinaus rechtswidrig, weil das vorgesehene Verfahren der Ersetzung des verweigerten Einvernehmens nicht eingehalten worden sei. Dabei handele sich um einen eigenständigen Verwaltungsakt gegenüber der Gemeinde. Die fehlende Ersetzung des verweigerten Einvernehmens führe zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung, ohne dass es noch auf die Vereinbarkeit der Baugenehmigung mit dem materiellen Bauplanungsrecht ankomme.

15

Der Mangel der fehlenden Ersetzung des Einvernehmens sei auch nicht durch die Entscheidung des Kreisrechtsausschusses geheilt worden, denn die Zurückweisung des Widerspruchs sei allein mit der Nichteinhaltung der Widerspruchsfrist begründet worden. Auf die materielle Rechtslage sei nicht eingegangen worden.

16

Im Übrigen sei die Baugenehmigung auch in der Sache rechtswidrig, weil sie den bauplanungsrechtlichen Anforderungen des § 31 BauGB nicht genüge, wie weiter ausgeführt wird.

17

Die Klägerin beantragt,

18

die Baugenehmigung des Beklagten vom 7. Juni 2011 und den Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses der Beklagten vom 26. November 2013 aufzuheben.

19

Der Beklagte beantragt,

20

die Klage abzuweisen.

21

Er macht geltend, die Klage sei bereits unzulässig, weil es an einem vorausgegangenen ordnungsgemäßen Widerspruchsverfahren fehle. Die Klägerin habe die gemäß § 70 Abs. 1 VwGO zu beachtende Frist von einem Monat für die Einlegung des Widerspruchs nicht eingehalten.

22

Der Ortsbürgermeister der Klägerin habe nicht wirksam Widerspruch einlegen können. Dies folge schon aus dem Grundtatbestand des § 68 Abs. 1 Satz 1 GemO, wonach die Verbandsgemeindeverwaltung die Verwaltungsgeschäfte der Ortsgemeinden in deren Name und in deren Auftrag führe. Dabei sei die Verbandsgemeindeverwaltung an die Beschlüsse der Ortsgemeinderäte und an Entscheidungen der Ortsbürgermeister gebunden. Die gesetzliche Vertretungsregelung des § 68 Abs. 1 Satz 1 GemO umfasse auch die Einlegung von Widersprüchen für die Ortsgemeinden. Von dem zwischen Ortsgemeinde und Verbandsgemeindeverwaltung bestehenden Weisungsrecht sei die Wahrnehmung der Verwaltungskompetenz gerade zu unterscheiden.

23

Da nicht rechtzeitig Widerspruch eingelegt worden sei, sei die Baugenehmigung bestandskräftig geworden und damit einer sachlichen Prüfung durch das Gericht entzogen.

24

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

25

Sie führen in der mündlichen Verhandlung aus, ihnen sei bei der Baubehörde gesagt worden, es werde kein Problem mit dem Carport geben, weil die Gemeinde zuvor für ein solches Vorhaben in der Nähe das Einvernehmen zu einer Ausnahme erteilt habe. Dann habe zunächst der Ortsplaner Bedenken gehabt, diese aber bei einem Ortstermin ihrem Verständnis nach nicht mehr aufrechterhalten.

26

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und der vorliegenden Bau- und Widerspruchsakten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 19. August 2014 gewesen ist.

Entscheidungsgründe

27

Die Klage ist zulässig (I) und muss auch in der Sache Erfolg haben (II).

I.

28

1. Die Klägerin ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, denn sie macht geltend, dass die angefochtene Baugenehmigung ohne Berücksichtigung des von ihr verweigerten Einvernehmens gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 Baugesetzbuch (BauGB) erteilt wurde. Insofern kann sie sich jedenfalls auf eine Verletzung ihres danach bestehenden gemeindlichen Beteiligungsrechts berufen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. August 1988, NVwZ-RR 1989,6).

29

2. Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht die fehlende ordnungsgemäße Durchführung eines Vorverfahrens gemäß § 68 ff. VwGO entgegen.

30

a) Der Lauf der von der Klägerin zu beachtenden einmonatigen Widerspruchsfrist gemäß § 70 Abs. 1 VwGO begann mit der Bekanntgabe der den Beigeladenen erteilten Baugenehmigung mit Schreiben an die Verbandsgemeinde vom 7. Juni 2011. Die Übersendung „zur Kenntnisnahme“ stellt eine ordnungsgemäße Bekanntgabe im Sinne von § 41 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Eine solche Betroffenheit der Klägerin ergibt sich schon aus den Ausführungen zur Klagebefugnis. Aus der Übersendung der Baugenehmigung mit dem Begleitschreiben „zur Kenntnisnahme“ folgt der erforderliche Bekanntgabewille der Behörde gegenüber der Klägerin. Auch die der Baugenehmigung beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung bezieht sich auf potentiell Drittbetroffene und setzt - wenn ihnen der Verwaltungsakt bekannt gegeben wird – auch ihnen gegenüber die Widerspruchsfrist in Lauf (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. März 2010 – 7 B 36/09 –, juris). Damit stellt der Beklagte hier zu Recht darauf ab, dass die Baugenehmigung vom 7. Juni 2011 unter Beachtung von § 41 Abs. 2 VwVfG auch der Klägerin gegenüber mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post, also am 10. Juni 2011, als bekanntgegeben gilt, sodass der Fristablauf für sie auf Montag, den 11. Juli 2011 fiel.

31

Da das Widerspruchsschreiben der Verbandsgemeindeverwaltung erst am 6. September 2011 bei der Baubehörde einging, war es verspätet und konnte somit – für sich allein gesehen – das Widerspruchsrecht der Klägerin nicht mehr wahren.

32

b) Mit dem Widerspruchsschreiben der klagenden Ortsgemeinde selbst vom 29. Juni 2011 wurde jedoch – innerhalb der Frist – bereits ein ordnungsgemäßes Vorverfahren eingeleitet.

33

Allerdings hatte die Einlegung des Widerspruchs der Klägerin gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 Gemeindeordnung (GemO) durch die Verbandsgemeindeverwaltung zu erfolgen, denn diese führt die Verwaltungsgeschäfte der Ortsgemeinde in deren Namen und in deren Auftrag. Die dort festgelegte gesetzliche Vertretungsregelung umfasst auch die Einlegung von Widersprüchen der Ortsgemeinde (so auch VG Neustadt/W., Urteil vom 6. November 1996, 11 K 2991/96.NW, esovg). Zwar ist die Vertretung in Widerspruchsverfahren in § 68 GemO nicht ausdrücklich erwähnt. Der Gesamtzusammenhang rechtfertigt aber keine andere Beurteilung.

34

Zur näheren Bestimmung des Begriffs der Verwaltungsgeschäfte sind in § 68 Abs. 1 Satz 2 GemO folgende Aufgaben beschrieben: Verwaltung der gemeindlichen Abgaben (Nr. 1), Führung des Rechnungswesens etc. (Nr. 2), Vollstreckungsgeschäfte (Nr. 3) und Vertretung in gerichtlichen Verfahren mit Ausnahme von Rechtsstreitigkeiten einer Ortsgemeinde mit der Verbandsgemeinde etc. (Nr. 4). Aus diesem gesetzlich vorgeschriebenen Vertretungsgefüge fiele eine Widerspruchseinlegung durch die Ortsgemeinde völlig heraus. Wenn das gerichtliche Verfahren danach ausdrücklich als Verwaltungsgeschäft anzusehen ist, so muss dies auch für das vorgeschaltete Widerspruchsverfahren gelten. Mit der Formulierung „Führung der Verwaltungsgeschäfte“ sollten letztlich alle Dienstverrichtungen erfasst werden, die üblicherweise in Gemeinden mit hauptamtlicher Verwaltung nicht mehr vom Bürgermeister persönlich erledigt werden (vgl. Gabler/Höhlein u.a., Praxis der Kommunalverwaltung Rheinland-Pfalz, Online-Kommentar zur GemO, Anm. 2.1 zu § 68).

35

Damit erfordert die gesetzliche Vertretungsregelung eine Erklärung der Verbandsgemeindeverwaltung im Namen der Ortsgemeinde, die in dem Schreiben des Ortsbürgermeisters vom 29. Juni 2011 gerade nicht gesehen werden kann.

36

Hieran allein scheitert die Wahrung des Widerspruchsrechts der Klägerin durch das Schreiben vom 29. Juni 2011 aber noch nicht. Es handelt sich bei der Einlegung des Widerspruchs nämlich nicht um eine unvertretbare Willenserklärung, sodass Vertretung grundsätzlich möglich ist. Aufgrund der Gesamtumstände kann auch von einer Rechtsscheinvertretung der Verbandsgemeindeverwaltung durch den Ortsbürgermeister ausgegangen werden kann.

37

Die Grundsätze der Rechtsscheinvollmacht sind im öffentlichen Recht anwendbar, soweit sich nicht etwas anderes aus bestimmten Vorschriften des öffentlichen Rechts ergibt (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 27. Juni 2012, 10 LB 27/10, juris m. w. N.). Danach ist eine Duldungsvollmacht anzunehmen, denn der Widerspruch wurde mit Wissen und Wollen der Verbandsgemeindeverwaltung eingelegt. Dies ergibt sich daraus, dass die Verbandsgemeindeverwaltung das Schreiben sowohl – wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung erklärt hat – aufgesetzt und per Fax sowie auf dem Postweg versandt als auch selbst per E-Mail mit dem Begleitschreiben „vorab zu Ihrer Info“ an die Baubehörde des Beklagten gerichtet hat.

38

Denkbar erscheint im Übrigen auch, den Ortsbürgermeister hier als vollmachtlosen Vertreter der Verbandsgemeindeverwaltung anzusehen, die gemäß § 68 Abs. 1 GemO nur im Namen der Ortsgemeinde hätte auftreten können. Die ausdrückliche Widerspruchseinlegung der Verbandsgemeindeverwaltung vom 6. September 2011 wirkt sich dann als nachträgliche Bevollmächtigung aus, die den schwebend unwirksamen Widerspruch mit Schreiben vom 29. Juni 2011 auch noch rückwirkend heilen konnte, da zu diesem Zeitpunkt der Widerspruch noch nicht als unzulässig zurückgewiesen worden war (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 8. Oktober 2002, Au 3 K 02.777, juris).

39

c) Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass es sich bei § 68 Abs. 1 GemO um eine spezielle Regelung handelt, die der Anwendbarkeit der Grundsätze über eine Rechtsscheinvertretung bzw. über die Vertretung ohne Vertretungsmacht im Verhältnis zwischen Ortsgemeinde und Verbandsgemeindeverwaltung entgegensteht, so hätte der Kreisrechtsausschuss den Widerspruch gleichwohl nicht als verspätet zurückweisen dürfen, denn es lag ein Wiedereinsetzungsgrund im Sinne von § 70 Abs. 2 iVm § 60 Abs. 1 VwGO vor. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände trifft die Klägerin nämlich kein Verschulden an der Nichtanerkennung des Widerspruchsschreibens vom 29. Juni 2011 mit der Folge der nicht rechtzeitigen Widerspruchserhebung.

40

Zunächst ist von entscheidender Bedeutung, dass § 68 Abs. 1 GemO, wie oben dargelegt, jedenfalls keine ausdrückliche Regelung dazu trifft, dass nur die Verbandsgemeindeverwaltung für die Ortsgemeinden Widerspruch einlegen kann. In dieser Situation musste sich die klagende Ortsgemeinde damit auf die Handhabung der Verbandsgemeindeverwaltung, die dem Ortsbürgermeister das Widerspruchsschreiben gewissermaßen nur „zur Unterschrift vorgelegt“ hat, verlassen können. Beide Betroffenen – die Ortsgemeinde und die Verbandsgemeindeverwaltung waren offenbar der Auffassung, dass die konkrete Handhabung rechtlich korrekt war. Mangels ausdrücklicher Regelung und auch mangels konkreter Gerichtsentscheidungen zu dieser Konstellation war diese Annahme auch nicht so offensichtlich fehlerhaft, dass man von einem selbstverschuldeten Irrtum ausgehen müsste. Hinzu kommt, dass der Beklagte nach Eingang des umstrittenen Schreibens aus Fürsorgegesichtspunkten heraus verpflichtet gewesen wäre, die Klägerin bzw. die Verbandsgemeindeverwaltung auf das Erfordernis der Widerspruchseinlegung durch Letztere hinzuweisen, und zwar sofort und nicht erst Anfang September, als die Frist bereits abgelaufen war. Angesichts des Eingangs des Schreibens der Klägerin am 29. Juni 2011 wäre bis zum Fristablauf am 11. Juli 2011 ausreichend Zeit gewesen, um den Fehler zu beheben. Der Beklagte hat aber das Schreiben der Klägerin vom 29. Juni 2011 von Anfang an als wirksamen Widerspruch behandelt. Er hat ihr mit Schreiben vom 4. Juli 2011 geantwortet, der Widerspruch werde zum Anlass genommen, die Angelegenheit nochmals zu überprüfen, und die Beigeladenen mit einem Schreiben vom selben Tag darüber informiert, die Ortsgemeinde Oberotterbach habe gegen die ihnen erteilte Baugenehmigung „fristgerecht Widerspruch eingelegt“, so dass die Bauherren auch nicht darauf vertrauen konnten, die Baugenehmigung sei bestandskräftig geworden.

41

Unter diesen Umständen kommt es auf die vom Kreisrechtsausschuss im Widerspruchsbescheid angesprochene Frage, dass das Schreiben der Baubehörde vom 28. Juli 2011, in dem der Widerspruch als fristgerecht bezeichnet worden ist, erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist abgesandt worden sei und deshalb für die Fristversäumung nicht mehr ursächlich gewesen sein könne, nicht an. Der Irrtum bei Ortsgemeinde und Verbandsgemeinde bestand schon von Anfang an und war zudem durch das Schreiben der Baubehörde vom 4. Juli 2011 zumindest indirekt bestärkt worden, weil darin eine Befassung mit der Angelegenheit in der Sache in Aussicht gestellt wurde.

42

Nach alledem wäre jedenfalls eine Wiedereinsetzung in die versäumte Widerspruchsfrist auch ohne ausdrücklichen Antrag von Amts wegen erforderlich gewesen, zumal die nach Auffassung des Kreisrechtsausschusses versäumte Handlung (Widerspruchseinlegung durch die Verbandsgemeindeverwaltung) inzwischen nachgeholt war.

43

II. Die somit insgesamt zulässige Klage ist auch begründet, denn die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 6. Juni 2011 und der dazu ergangene Widerspruchsbescheid sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

44

Vor Erteilung der Baugenehmigung vom 7. Juni 2011 an die Beigeladenen war das Einvernehmen der klagenden Ortsgemeinde gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB einzuholen, denn bauplanungsrechtlich sollte die Zulassung des Vorhabens auf der Grundlage von § 31 Abs. 1 BauGB unter Zulassung einer Ausnahme von den Festsetzungen des Bebauungsplans erfolgen. Das Einvernehmen wurde hier weder ausdrücklich erteilt noch ist von einer Einvernehmensfiktion auszugehen, denn die Klägerin hat ihr Einvernehmen mit dem Gemeinderatsbeschluss vom 16. Dezember 2010 rechtzeitig versagt. Die Entscheidung war innerhalb der gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB in Verbindung mit § 63 Abs. 1 LBauO einzuhaltenden Frist von zwei Monaten nach Eingang des Bauantrags, der bei der Verbandsgemeindeverwaltung am 11. November 2010 einging, zu treffen. Diese Voraussetzung liegt hier vor.

45

Die rechtzeitige Versagung des Einvernehmens hatte zur Folge, dass die Baugenehmigung nur unter ausdrücklicher Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens durch die Ausgangs- oder Widerspruchsbehörde erteilt werden durfte. Die Voraussetzungen dafür ergeben sich aus § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB in Verbindung mit § 71 LBauO. Nach § 71 Abs. 1 LBauO kann das Einvernehmen der Gemeinde im bauaufsichtlichen Verfahren nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 ersetzt werden, wenn eine Gemeinde, die nicht untere Bauaufsichtsbehörde ist, ihr u. a. nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB erforderliches Einvernehmen rechtswidrig versagt hat. Es kann darüber hinaus gemäß § 71 Abs. 5 LBauO auch von der Widerspruchsbehörde ersetzt werden. Dafür sind besondere Verfahrensschritte vorgeschrieben.

46

Offen bleiben kann hier, ob die Versagung des Einvernehmens durch die Klägerin überhaupt rechtswidrig war. Ob ein Vorhaben – wie hier das der Beigeladenen - bauplanungsrechtlich unter Zulassung einer Ausnahme von den Festsetzungen des Bebauungsplans im Sinne von § 31 Abs. 1 BauGB zulässig ist, hat nämlich die Gemeinde als Trägerin der Planungshoheit vollumfänglich zu prüfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juli 2010, NVwZ 2011,61).

47

Ungeachtet der Frage, ob die Klägerin ihr Einvernehmen rechtswidrig versagt hat, wurde jedenfalls das zwingend erforderliche Ersetzungsverfahren vorliegend durch die Baubehörde, die die Baugenehmigung erteilt hat, nicht beachtet. Dabei ist zunächst gem. § 71 Abs. 3 Satz 2 LBauO eine qualifizierte Anhörung der Gemeinde durchzuführen. Ob dies erfolgt ist, kann hier offen bleiben. Gründe der Rechtsklarheit erfordern es weiter, dass die Ersetzung des Einvernehmens in dem Genehmigungsbescheid – oder ggf. im Widerspruchsbescheid - ausdrücklich erfolgt (VG Neustadt/W., Urteil vom 13. Juli 2006, 4 K 623/06.NW, esovg, m. w. N.). Insbesondere ist die Ersetzungsentscheidung gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz LBauO zu begründen. Mit diesem zwingenden Begründungserfordernis wird gewährleistet, dass der Gemeinde die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitgeteilt werden, warum ihr Einvernehmen – insoweit im Wege der kommunalaufsichtlichen Ersatzvornahme gemäß § 123 GemO (§ 71 Abs. 2 Satz 1 LBauO) – ersetzt und die Baugenehmigung erteilt wird (vgl. Jeromin, Kommentar zur LBauO, 2. Aufl. zu § 71, Rn.15). Daran fehlt es vorliegend unstreitig. Es hätte sonst auch kein Anlass zu der im Schreiben der Baubehörde an den Kreisrechtsausschuss vom 28. Juli 2011 ausgesprochenen Bitte bestanden, den Mangel der fehlenden Ersetzung des Einvernehmens der Klägerin im Bescheid vom 7. Juni 2011 mit dem Widerspruchsbescheid zu heilen. Dass dies dann im Widerspruchsverfahren nicht geschah, ist eindeutig, weil sich der Kreisrechtsausschuss aufgrund seiner Beurteilung des Widerspruchs als unzulässig mit der materiellen Rechtslage nicht befasst hat.

48

Hat die Gemeinde – wie hier die Klägerin – aber ihr Einvernehmen fristgerecht versagt und erfolgte keine Ersetzung durch die Bau- oder Widerspruchsbehörde, so kann sie die Aufhebung der gleichwohl erteilten Baugenehmigung verlangen, ohne dass es auf die materielle Rechtslage ankommt. Bereits die Missachtung des gesetzlich gewährleisteten Rechts der Gemeinde auf Einvernehmen führt zur Aufhebung der Baugenehmigung; einer materiell-rechtlichen Überprüfung der Rechtslage bedarf es nicht (BVerwG, Beschluss vom 11. August 2008 – 4 B 25/08 –, juris). Gleiches hat zu gelten, wenn das Ersetzungsverfahren nicht eingehalten wurde. Auch in diesem Fall ist die erteilte Baugenehmigung auf die Klage der Gemeinde hin ohne Überprüfung der materiellen Rechtslage aufzuheben, wenn die Gemeinde das Einvernehmen fristgemäß versagt hat (Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, 112. Ergänzungslieferung 2014, zu § 36 Rn. 47).

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3 VwGO.

50

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

51

Beschluss

52

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,00 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.

(2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.

(1) Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.

(2) Durch die Rückwirkung werden Verfügungen nicht unwirksam, die vor der Genehmigung über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts von dem Genehmigenden getroffen worden oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt sind.

(1) Handelt jemand für eine Partei als Geschäftsführer ohne Auftrag oder als Bevollmächtigter ohne Beibringung einer Vollmacht, so kann er gegen oder ohne Sicherheitsleistung für Kosten und Schäden zur Prozessführung einstweilen zugelassen werden. Das Endurteil darf erst erlassen werden, nachdem die für die Beibringung der Genehmigung zu bestimmende Frist abgelaufen ist. Ist zu der Zeit, zu der das Endurteil erlassen wird, die Genehmigung nicht beigebracht, so ist der einstweilen zur Prozessführung Zugelassene zum Ersatz der dem Gegner infolge der Zulassung erwachsenen Kosten zu verurteilen; auch hat er dem Gegner die infolge der Zulassung entstandenen Schäden zu ersetzen.

(2) Die Partei muss die Prozessführung gegen sich gelten lassen, wenn sie auch nur mündlich Vollmacht erteilt oder wenn sie die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird;
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird;
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird;
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

(1) Hängt die Wirksamkeit eines Vertrags oder eines einseitigen Rechtsgeschäfts, das einem anderen gegenüber vorzunehmen ist, von der Zustimmung eines Dritten ab, so kann die Erteilung sowie die Verweigerung der Zustimmung sowohl dem einen als dem anderen Teil gegenüber erklärt werden.

(2) Die Zustimmung bedarf nicht der für das Rechtsgeschäft bestimmten Form.

(3) Wird ein einseitiges Rechtsgeschäft, dessen Wirksamkeit von der Zustimmung eines Dritten abhängt, mit Einwilligung des Dritten vorgenommen, so finden die Vorschriften des § 111 Satz 2, 3 entsprechende Anwendung.

(1) Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.

(2) Durch die Rückwirkung werden Verfügungen nicht unwirksam, die vor der Genehmigung über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts von dem Genehmigenden getroffen worden oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt sind.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird;
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird;
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird;
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.