Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 29. Juli 2008 - 11 S 158/08

bei uns veröffentlicht am29.07.2008

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 6. Dezember 2007 - 3 K 2586/07 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 12.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller sind Angehörige der Ashkali-Volksgruppe aus dem Kosovo. Die 1956 und 1959 geborenen Antragsteller zu 1 und 2 reisten im Juli 1992 mit fünf Kindern, darunter auch der 1991 geborene Antragsteller zu 3, als Asylbewerber in das Bundesgebiet. Ihre Asylanträge und spätere Folgeanträge blieben erfolglos. Die 1994 und 1998 im Bundesgebiet geborenen Antragsteller zu 4 und 5 sind ebenfalls Kinder der Antragsteller zu 1 und 2. Für sie wurden keine Asylanträge gestellt. Alle Antragsteller sind seit längerer Zeit vollziehbar ausreisepflichtig und waren bislang im Besitz von Duldungen. Ein Abschiebungsversuch im November 2005 scheiterte an der Bereitschaft der UNMIK, die Antragsteller aufzunehmen.
Am 09.10.2007 beantragten die Antragsteller die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 104 a AufenthG. Mit Bescheid vom 23.11.2007 lehnte das Landratsamt Ortenaukreis die Anträge ab. Zwar solle bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 104 a Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Es liege jedoch ein atypischer Ausnahmefall vor. Die Antragsteller seien nicht integriert. Es gebe im Landkreis keine andere Familie, über die sich das soziale Umfeld so massiv beschwere. Die Vorwürfe gingen von "offenkundigen und permanenten Provokationen und einer unverschämten Ausnutzung des Gastrechts" bis zur Feststellung, dass die Antragsteller "offensichtlich nicht willens sind, sich in die örtliche Gemeinschaft einzufügen und sich an Recht und Ordnung zu halten". Wegen diverser Vorfälle, wie Beschädigungen, Verschmutzungen, Bedrohungen, Beleidigungen, Diebstahl, Körperverletzung und Erpressungsversuchen, hätten sich sogar Bürgerinitiativen gegen die Familie entwickelt. Auch die Wohnortgemeinde setze sich für eine baldige Rückführung ein. Die Familie sei auch wirtschaftlich nicht integriert, ihr Lebensunterhalt sei nicht durch eigene Erwerbstätigkeit gesichert. Es gebe keinen Hinweis darauf, dass sich z. B. der Antragsteller zu 1 ernsthaft um eine Erwerbstätigkeit bemüht habe. Ein im Frühjahr 2007 vorgelegtes Beschäftigungsangebot sei vom potentiellen Arbeitgeber ohne Gründe zurückgezogen worden. Im September 2007 habe der Antragsteller zu 1 eine Beschäftigung trotz Zustimmung der Ausländerbehörde nicht aufgenommen. Es stehe damit bereits heute fest, dass eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe auch nicht verlängert werden könnte. Die Antragsteller zu 3 und 4 seien auch schulisch nicht integriert. Beide seien erheblich verhaltensauffällig und mit Schulordnungsmaßnahmen belegt worden. Der Antragsteller zu 4 habe im vergangenen Schuljahr 18 Tage unentschuldigt im Unterricht gefehlt und an 9 Tagen sei er wegen Fehlverhaltens vom Unterricht ausgeschlossen worden; insgesamt habe er 47 Tage im Unterricht gefehlt. Die Schule habe auch keine positive Schulabschlussprognose gegeben. Schließlich erfüllten die Antragsteller zu 2, 4 und 5 nicht die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht. Über die Widersprüche gegen diesen Bescheid wurde bislang nicht entschieden.
Nachdem die UNMIK im November 2007 einer Rückführung der Antragsteller zugestimmt hat, beabsichtigt der Antragsgegner erneut, die Antragsteller abzuschieben. Mit Beschluss vom 06.12.2007 hat das Verwaltungsgericht Freiburg ihm dies durch einstweilige Anordnung vorläufig untersagt. Anordnungsgrund und -anspruch seien in Bezug auf den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a Abs. 1 AufenthG glaubhaft gemacht. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners.
Wegen der Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
1. Die fristgerecht erhobene und den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechend begründete Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Überprüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), gebieten keine andere Entscheidung über die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Sicherung der in der Hauptsache verfolgten Ansprüche auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a Abs. 1 AufenthG123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an einen geduldeten Ausländer nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG setzt voraus, dass er sich am 01.07.2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und dass er 1. über ausreichenden Wohnraum verfügt, 2. über ausreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne der Stufe A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt, 3. bei Kindern im schulpflichtigen Alter den tatsächlichen Schulbesuch nachweist, 4. die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat, 5. keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen hat und diese auch nicht unterstützt und 6. nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylverfahrensgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben. Eine positive Integrationsprognose, wie sie § 104 a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 Halbsatz 2 sowie § 104 b Nr. 4 AufenthG für geduldete volljährige ledige Kinder geduldeter Ausländer, unbegleitete minderjährige Ausländer und minderjährige ledige Kinder ausgereister bislang geduldeter Ausländer verlangen, sieht § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG demgegenüber nicht vor. Liegen die genannten tatbestandlichen Voraussetzungen vor, "soll" abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 (Sicherung des Lebensunterhalts) und Abs. 2 (Visumpflicht) AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden; die übrigen allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 AufenthG müssen mithin ebenfalls erfüllt sein. In die nach dieser Bestimmung zu erteilende Aufenthaltserlaubnis sind im Sinne eines bis zur Volljährigkeit (vgl. dann § 104 a Abs. 2 AufenthG) abgeleiteten - unselbständigen - Aufenthaltsrechts (vgl. Hailbronner, a. a. O. § 104 a Rn. 19) auch die minderjährigen ledigen Kinder des geduldeten Ausländers einbezogen, wenn sie mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben.
Mit der Ausgestaltung als Soll-Vorschrift wird die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 AufenthG erleichtert. Während der Ausländer nach § 23 Abs. 1 AufenthG keinen unmittelbaren Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hat, sondern nur Gleichbehandlung nach Maßgabe der von der obersten Landesbehörde gebilligten praktischen Anwendung ihrer Anordnung i. S. des § 23 Abs. 1 AufenthG innerhalb des jeweiligen Bundeslandes beanspruchen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.09.2000 - 1 C 19.99 - BVerwGE 112, 63), bedeutet die Soll-Vorschrift in § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG, dass die Aufenthaltserlaubnis i n d e r R e g e l erteilt werden m u s s und nur bei Vorliegen von atypischen Umständen nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden ist (vgl. § 25 abs. 3 satz 1 AufenthG> BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - BVerwGE 124, 326). Zweck dieser gesetzlichen "Altfallregelung", die sich eng an den Bleiberechtsbeschluss der Innenministerkonferenz - IMK-Beschluss - vom 17.11.2006 (abgedruckt bei Hailbronner, AuslR, § 23 - Stand Februar 2008 - Anlage I) anlehnt, ist es, dem Bedürfnis der seit Jahren im Bundesgebiet geduldeten und hier integrierten Ausländer nach einer dauerhaften Perspektive in Deutschland Rechnung zu tragen, wobei die in § 104 a Abs. 1 AufenthG genannten Kriterien diejenigen begünstigen sollen, "die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben" (BT-Drs. 16/5065 S. 201 f.). Ob atypische Umstände vorliegen, die ausnahmsweise eine Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde erfordern, ist als Rechtsvoraussetzung von den Gerichten zu überprüfen (Senatsbeschluss vom 16.04.2008 - 11 S 100/08 - juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 22.11.2005, a. a. O., m. w. N.). Die Ausländerbehörde hat insoweit kein Ermessen. Verwaltungsvorschriften oder ministerielle Anwendungshinweise binden die Gerichte mithin ebenso wenig wie bei der Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 104 a Abs. 1 AufenthG. Wann ein atypischer Fall anzunehmen ist, ist nach dem Zweck des § 104 a Abs. 1 AufenthG - Gewährung einer dauerhaften Aufenthaltsperspektive für langjährig geduldete und integrierte Ausländer - zu bestimmen. Dabei dürften aus systematischen Gründen freilich nur Umstände berücksichtigungsfähig sein, die nicht bereits in den Tatbestandsvoraussetzungen von § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 AufenthG als Integrationskriterien geregelt sind (vgl. Hailbronner, a. a. O. §104 a AufenthG - Stand Februar 2008 - Rn. 3).
b) Das Verwaltungsgericht ist im angefochtenen Beschluss zunächst davon ausgegangen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 AufenthG erfüllt sind. Die in der Beschwerdebegründung hierzu dargelegten Gründe gebieten keine andere Beurteilung.
Der Antragsgegner verweist in dieser Hinsicht auf seine Antragserwiderung in erster Instanz vom 04.12.2007. Darin hatte er im Wesentlichen vorgetragen, mangels Anhaltspunkten für eine positive Prognose zur künftigen Sicherung des Lebensunterhalts durch eigene Erwerbstätigkeit könne trotz "abstrakter" Erfüllung der Voraussetzungen nach § 104 a Abs. 1 AufenthG vom Sollanspruch abgewichen werden; die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sei allerdings schon wegen des unregelmäßigen Schulbesuchs der Antragsteller zu 3 und 4 ausgeschlossen. Dem Verweis auf diesen Vortrag ist in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 AufenthG danach allenfalls die Darlegung zu entnehmen, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei in Bezug auf die Antragsteller zu 3 und 4 der "tatsächliche Schulbesuch" nicht i. S. des § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG nachgewiesen. Hierzu legt der Antragsgegner unter Bezugnahme auf eine von ihm eingeholte Auskunft der Schule ergänzend dar, der Antragsteller zu 3 habe ohne Krankheitstage insgesamt 18 Tage im Schuljahr 2006/07 und im Schuljahr 2007/2008 bis Anfang Januar 2008 insgesamt 10 Tage gefehlt. Auch habe er nur unregelmäßig an Schulpraktika teilgenommen und teilnehmende Firmen hätten über häufige Verspätungen und Fehltage geklagt. Der Antragsteller zu 4 habe ohne Krankheitstage insgesamt 27 Tage im Schuljahr 2006/07 und im Schuljahr 2007/2008 bis Anfang Januar 2008 bislang insgesamt 17 Tage gefehlt. Daraus folgt entgegen der Ansicht des Antragsgegners allerdings nicht ohne Weiteres, dass die Tatbestandsvoraussetzung nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG nicht erfüllt ist.
10 
§ 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG verlangt für Kinder im schulpflichtigen Alter - lediglich - einen Nachweis über den "tatsächlichen Schulbesuch". Der Gesetzgeber formuliert damit in Anlehnung an Nr. 4.2 Satz 1 IMK-Beschluss ein bildungsbezogenes Integrationskriterium. Der Besuch einer Schule im schulpflichtigen Alter fördert die sprachliche wie soziale Integration und ermöglicht den Erwerb eines die spätere Berufsausbildung ermöglichenden Schulabschlusses. Anders als Nr. 4.2 Satz 1 IMK-Beschluss, wonach der Nachweis "durch Zeugnisvorlage" zu führen ist, schreibt § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG allerdings keinen qualifizierten Nachweis vor. Insbesondere ermächtigt die Vorschrift die Behörde abweichend von Nr. 4.2 Satz 1 IMK-Beschluss nicht, die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis von einer "positiven Schulabschlussprognose" abhängig zu machen. Es genügt, dass die Schule tatsächlich besucht wird. Der Gesetzgeber begnügt sich mit der Erwartung, dass bereits mit dem Nachweis des Schulbesuchs im schulpflichtigen Alter als solchem aufgrund des gesetzlichen Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schulen ein Erwerb hinreichender sprachlicher wie sozialer Fähigkeiten und das Erreichen eines die Berufsausbildung ermöglichenden Schulabschlusses gewährleistet erscheinen. Die Voraussetzung dürfte mithin erfüllt ein, wenn das Kind während seines schulpflichtigen Alters - ungeachtet der in den Bundesländern in Bezug auf geduldete vollziehbar ausreisepflichtige Kinder unterschiedlich beantworteten Frage, ob es der Schulpflicht unterliegt oder nicht - ohne Unterbrechung in eine Schule aufgenommen war und im Sinne der landesrechtlichen Regelungen über die Schulbesuchspflicht am Unterricht teilgenommen hat. Ein erlaubtes Fernbleiben vom Unterricht wegen zwingender Verhinderung, z. B. infolge Krankheit, oder aufgrund einer Befreiung, Beurlaubung oder auch aufgrund einer Schulordnungsmaßnahme, dürfte demnach unschädlich sein, selbst wenn Fehlzeiten dieser Art - wie bei Schulordnungsmaßnahmen - vom Kind selbst verschuldet sind. Ob unerlaubtes Fernbleiben vom Unterricht ("Schulschwänzen") den aufenthaltsrechtlich gebotenen Nachweis des "tatsächlichen Schulbesuchs" ausschließt, ist im übrigen eine Frage des Einzelfalls und gemäß dem integrationspolitischen Zweck des § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG zu beantworten, also danach, ob es - auch unter ergänzender Berücksichtigung erlaubter Abwesenheitszeiten - die aufgrund des jeweiligen Schulbesuchs erwartbare sprachliche wie soziale Integration und das Erreichen des gegebenenfalls angestrebten Schulabschlusses ausschließt oder ernsthaft in Frage stellt. Das dürfte allenfalls bei unerlaubtem Fernbleiben von erheblicher Dauer und/oder Häufigkeit in Betracht kommen und nur nach Einholung einer diesbezüglichen fachkundigen Stellungnahme der jeweiligen Schule sachgerecht zu entscheiden sein.
11 
Ausgehend davon dürften die in der Beschwerdebegründung dargelegten Fehlzeiten zunächst um die Tage zu reduzieren sein, an denen die Antragsteller zu 3 und 4 auf Grund von Schulordnungsmaßnahmen von der Pflicht zur Teilnahme am Unterricht beurlaubt waren. Danach verbleiben gemäß der dem Landratsamt Ortenaukreis übersandten Aufstellung der …-… - Förderschule - … vom 08.01.2008 (S. 1337-1341 der Akten des Regierungspräsidiums Freiburg) folgende Zeiten unerlaubten Fernbleibens vom Unterricht: Beim Antragsteller zu 3 im Schuljahr 2006/2007 insgesamt 5 Tage und im Schuljahr 2007/2008 bis Anfang Januar 2008 insgesamt 6 Tage sowie beim Antragsteller zu 4 im Schuljahr 2006/2007 insgesamt 18 Tage und im Schuljahr 2007/2008 bis Anfang Januar 2008 insgesamt 12 Tage. Dabei handelt es sich zwar um Fehlzeiten erheblicher Dauer und Häufigkeit, die die Regelmäßigkeit der Teilnahme am Unterricht in Frage stellen. Auch sind nach der vom Senat eingeholten Auskunft der Schule vom 24.07.2008 seit Januar 2008 weitere erhebliche Fehlzeiten unerlaubten Fernbleibens vom Unterricht hinzugekommen, und zwar beim Antragsteller zu 3 insgesamt 24 Tage sowie beim Antragsteller zu 4 insgesamt 34 Tage. Auch hat der Antragsteller zu 3 nach der "Anlage zum Abschlusszeugnis für die Schuljahre 2005 - 2008" (S. 1343 der Akten des Regierungspräsidiums Freiburg) bis Ende des Jahres 2007 nur sehr unregelmäßig an den Angeboten der Schule im Rahmen der beruflichen Neuorientierung (betriebliche Tages- und Blockpraktika) teilgenommen. Nach der Auskunft der Schule an den Senat vom 24.07.2008 ist er zudem in den letzten zehn Wochen des Schuljahres 2007/2008 unerlaubt dem Tagespraktikum ferngeblieben. Das sind zweifellos erhebliche unerlaubte Fehlzeiten. Ob sie - auch unter ergänzender Berücksichtigung der nicht unwesentlichen Zeiten erlaubter Unterrichtsabwesenheit - die aufgrund des Besuchs der Förderschule erwartbare sprachliche wie soziale Integration und das Erreichen des Schulabschlusses, sofern ein solcher auf der Förderschule überhaupt erreichbar sein sollte, ausschließen oder ernsthaft in Frage stellen, ist bislang allerdings weder nach der Beschwerdebegründung noch sonst nach Aktenlage sicher zu beurteilen. Eine fachkundige Äußerung der Schule zu dieser Frage wurde bislang nicht eingeholt. Auch Zeugnisse über die schulischen Leistungen liegen nicht vor. Die Schule hat mit ihrer Auskunft an den Senat vom 24.07.2008 für beide Antragsteller allerdings amtliche Schulbesuchsbescheinigungen übersandt, die die ununterbrochene Zugehörigkeit der Antragsteller zu 3 und 4 zur Schule und ihren durchgehenden Schulbesuch bestätigen und in keiner Weise relativieren. Darin bescheinigt die Schulleitung, der Antragsteller zu 3) sei seit dem 10.09.2001 Schüler ihrer Schule und habe im Schuljahr 2007/2008 die Klasse 9 besucht; ferner ist für ihn vermerkt: "Schulentlassung: 11.07.2008", allerdings ohne Angaben zum Schulabschluss. Für den Antragsteller zu 4 wird bestätigt, dass er seit dem 30.09.2001 Schüler der Schule sei und im Schuljahr 2007/2008 die Klasse "6/7" besucht habe; ferner ist für ihn vermerkt: "Voraussichtlicher Schulbesuch bis Juli 2010". Bei dieser Sachlage kann entgegen der Beschwerdebegründung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, die schulischen Fehlzeiten schlössen den Nachweis des - ansonsten unbestrittenen - tatsächlichen Schulbesuchs i. S. des § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG aus. Das bedarf vielmehr weiterer Prüfung im Widerspruchsverfahren.
12 
b) Aber auch soweit das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss das Vorliegen eines atypischen Falls in Bezug auf die künftige Sicherung des Lebensunterhalts durch eigene Erwerbstätigkeit verneint hat, greift die Beschwerde nicht durch.
13 
Der Antragsgegner meint zum einen, das Verwaltungsgericht sei insoweit den Rechtswirkungen der "ermessensleitenden Richtlinien" in den ministeriellen Anwendungshinweisen zu § 104 a AufenthG nicht gerecht geworden. Dieser Einwand ist schon deshalb unbegründet, weil das Vorliegen eines atypischen Falles - wie dargelegt - nicht dem Ermessen der Behörde unterliegt, sondern über diese Frage - als Rechtsvoraussetzung - von den Gerichten ohne Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle zu entscheiden ist.
14 
Zum anderen legt der Antragsgegner dar, es liege auf der Hand, dass der kurz vor Vollendung seines 52. Lebensjahres stehende, über keinerlei berufliche Qualifikation verfügende und während seines nahezu 15jährigen Aufenthalts in Deutschland nie erwerbstätig gewesene Antragsteller zu 1 allenfalls eine einfache Tätigkeit im unteren Lohnsegment werde ausüben können, aus der er kein hinreichendes Einkommen zur Deckung des Lebensunterhalts seiner Familie erzielen könnte. Auch dieser Einwand greift nicht durch. Grundsätzlich und im Regelfall wird der Aufenthaltstitel dem Personenkreis nach § 104 a Abs. 1 AufenthG erteilt, auch wenn der Lebensunterhalt nicht im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG gesichert ist. Allerdings ist auch der Aufenthaltstitel nach § 104 a Abs. 1 Satz 3 i. V. m. Satz 1 AufenthG darauf angelegt, in eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts zu münden. Daher kann ein atypischer Fall bejaht und bereits die erstmalige Erteilung abgelehnt werden, wenn schon zum Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung mit hinreichender Sicherheit prognostiziert werden kann, dass der Ausländer eine eigenständige Sicherung auf Dauer nicht erreichen wird und im Verlängerungsfall auch die Voraussetzungen eines Härtefalls im Sinne des Absatzes 6 nicht vorliegen werden. Bloße Zweifel genügen jedoch insoweit nicht, denn das System der Legalisierung nach § 104 a AufenthG ist in dieser Hinsicht gerade auf Probe angelegt. Ein atypischer Fall kann in Bezug auf die Sicherung des Lebensunterhalts daher nur angenommen werden, wenn mit hinreichender Sicherheit absehbar ist, dass die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis weder nach § 104 a Abs. 5 AufenthG noch nach den Härtefallvorschriften des § 104 a Abs. 6 AufenthG in Betracht kommen wird (vgl. Senatsbeschluss vom 16.04.2008, a. a. O.). Erforderlich ist insoweit entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht eine positive Prognose hinsichtlich der künftigen Sicherung des Lebensunterhalts. Vielmehr müsste bereits jetzt hinreichend sicher sein, dass eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausscheidet. Diese negative Prognose ist nur in extremen Ausnahmefällen gerechtfertigt (vgl. Senatsbeschluss vom 16.04.2008, a. a. O.). Zwar ist absehbar, dass der Antragsteller zu 1 insbesondere aufgrund seiner geringen Qualifikation Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt haben wird. Das rechtfertigt aber nicht die sichere Prognose, das die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ausgeschlossen erscheint, aus der ein Einkommen zur Deckung des gesamten Lebensunterhalts der Familie erzielt werden kann.
15 
c) Soweit der angefochtene Beschluss im übrigen das Vorliegen eines atypischen Falls der Prüfung im Hauptsacheverfahren vorbehält, ist auch das entgegen der Beschwerdebegründung rechtlich nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner legt dar, im Hinblick darauf, dass die Antragsteller sich jeglichem Einfluss von Schule, Jugendhilfe- und Sicherheitsbehörden entzögen, die Antragsteller zu 1 und 2 offenkundig ihrer Erziehungspflicht nicht oder zumindest nicht im gebotenen Umfang nachkämen, der Antragsteller zu 4 zudem noch nicht strafmündig sei und sich Jugendhilfebehörde, Polizei und Gemeindeverwaltung angesichts des Bedrohungspotentials, das die Antragsteller für ihre soziale Umgebung bildeten, genötigt sähen, einen "runden Tisch" ausschließlich zur Problematik der Familie der Antragsteller zu bilden, widerspreche es Sinn und Zweck der Altfallregelung, ihnen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Der Senat lässt offen, ob dem uneingeschränkt gefolgt werden kann, insbesondere ob alle vom Antragsgegner angeführten Umstände solche sind, die keinem Integrationskriterium nach § 104 a Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AufenthG zuzuordnen sind und deshalb einen atypischen Fall begründen könnten. Er teilt vielmehr die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass die Beantwortung dieser Frage dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass mit einer Abschiebung der Antragsteller ein ihnen nach § 104 a Abs. 1 AufenthG zustehender Anspruch wohl unwiederbringlich verloren wäre, weil die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dieser Vorschrift im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal "geduldeter Ausländer" die weitere Anwesenheit im Bundesgebiet voraussetzt (vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27.11.2007 - 17 B 1779/07 - juris). Denn eine Duldung erlischt mit der Ausreise des Ausländers (§ 60a Abs. 5 Satz 1 AufenthG). Sind aber alle Tatbestandsvoraussetzungen nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erfüllt, spricht zunächst mehr dafür als dagegen, dass der Anspruch besteht. Ob ein atypischer Ausnahmefall vorliegt, kann zudem nur aufgrund einer umfassenden und sorgfältigen Prüfung aller Gesichtspunkte und gegebenenfalls nach persönlicher Anhörung der Ausländer entschieden werden, was regelmäßig dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist. Hinzu kommt, dass die Behörde selbst bei Vorliegen eines atypischen Falles immer noch eine Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen erteilen kann und diese Ermessenentscheidung hier bislang nicht getroffen sein dürfte. Als Ermessensgesichtspunkt wäre wohl auch einzubeziehen, dass der Gesetzgeber der Ausländerbehörde in § 104 a Abs. 4 Satz 1 AufenthG die Möglichkeit einräumt, die Aufenthaltserlaubnis unter der Bedingung zu erteilen, dass der Ausländer an einem Integrationsgespräch teilnimmt oder eine Integrationsvereinbarung abschließt. Dies könnte ein Mittel sein, um die Antragsteller während der Geltungsdauer der "Aufenthaltserlaubnis auf Probe" zur Behebung ihrer Integrationsdefizite anzuhalten. Wird eine Integrationsvereinbarung abgeschlossen, könnte die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis von der Erfüllung der eingegangenen Integrationsverpflichtung abhängig gemacht werden (vgl. BT-Drs. 16/5065 S. 202). Bei dieser Ausgangslage erscheint eine vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens erzwungene Ausreise unverhältnismäßig und mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht vereinbar, weil sie der Sache nach die Hauptsache zu Lasten der Antragsteller vorweg nehmen würde.
16 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 39 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG (je Antragsteller 2.500,-- EUR).
17 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 29. Juli 2008 - 11 S 158/08

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 29. Juli 2008 - 11 S 158/08

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 29. Juli 2008 - 11 S 158/08 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 25 Aufenthalt aus humanitären Gründen


(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlau

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 5 Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen


(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass 1. der Lebensunterhalt gesichert ist,1a. die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt is

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist. (2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 23 Aufenthaltsgewährung durch die obersten Landesbehörden; Aufnahme bei besonders gelagerten politischen Interessen; Neuansiedlung von Schutzsuchenden


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergrup

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 29. Juli 2008 - 11 S 158/08 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 29. Juli 2008 - 11 S 158/08 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Apr. 2008 - 11 S 100/08

bei uns veröffentlicht am 16.04.2008

Tenor Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 6. Dezember 2007 - 3 K 2531/07 - wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 29. Juli 2008 - 11 S 158/08.

Oberlandesgericht München Verfügung, 14. Aug. 2015 - 10 U 1977/15

bei uns veröffentlicht am 14.08.2015

Tenor A. 1. Der Senat beabsichtigt, die Berufungen beider Parteien vom 05.08.2015 bzw. 20.07.2015 gegen das Endurteil des LG München I vom 27.03.2015 durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 II 1 ZPO wegen offensichtlich fehlende

Oberlandesgericht München Beschluss, 12. Nov. 2014 - 10 U 3222/14

bei uns veröffentlicht am 12.11.2014

Gründe 1. Der Klägerin wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 14.07.2014 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. 2. Eine Kostenentscheidung ist insoweit

Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 17. Aug. 2009 - 3 K 1150/08.KO

bei uns veröffentlicht am 17.08.2009

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand 1 Die Kläger begehren die Erteilung von Aufenthaltser

Referenzen

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.

(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.

(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 6. Dezember 2007 - 3 K 2531/07 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 06.12.2007, mit dem dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt wurde, die Antragstellerinnen abzuschieben, ist zwar fristgerecht eingelegt (§ 147 Abs. 1 VwGO) und begründet worden (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) und auch sonst zulässig. Die Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg. Die von dem Antragsgegner vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung sich das Beschwerdeverfahren grundsätzlich zu beschränken hat (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), gebieten keine andere Entscheidung.
Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO zu Recht stattgegeben. Denn die Antragstellerinnen haben sowohl das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, - der Antragsgegner beabsichtigt, sie abzuschieben -, als auch die Voraussetzungen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 und 3 VwGO, §§ 920, Abs. 2, 294 ZPO). Ebenso wie das Verwaltungsgericht geht der Senat bei der im Eilverfahren allein angezeigten und möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage davon aus, dass die nach Abschluss der jeweiligen Asylverfahren geduldeten Antragstellerinnen voraussichtlich einen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG haben. Für die Dauer eines Erteilungsverfahrens für einen Aufenthaltstitel kann ausnahmsweise durch eine einstweilige Anordnung gemäß § 123 VwGO eine Aussetzung der Abschiebung erwirkt werden, wenn nur so sichergestellt werden kann, dass eine ausländerrechtliche Regelung einem möglicherweise Begünstigten zugute kommt, wobei das Vorliegen der Voraussetzungen glaubhaft zu machen ist. In diesem Fall ist zur Sicherung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) eine Ausnahme von dem Grundsatz zu machen, dass die Erteilung einer Duldung für die Dauer eines Aufenthaltserlaubnisverfahrens aus gesetzessystematischen Gründen ausscheidet, wenn ein vorläufiges Bleiberecht nach § 81 AufenthG nicht eingetreten ist (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 12.02.2008 - 18 B 230/08 - juris). Vorliegend droht den Antragstellerinnen durch die Abschiebung ein vollständiger Rechtsverlust: Der Senat geht davon aus, dass ein möglicher Anspruch nach § 104 a AufenthG voraussetzt, dass der Betreffende sich (geduldet oder jedenfalls mit einem Duldungsanspruch) in Deutschland aufhält (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 30.08.2007 - 18 B 1349/07 - juris).
Bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen „soll“ die Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erteilt werden. Dies bedeutet, dass im Regelfall ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis besteht und eine Versagung nur in atypischen Ausnahmefällen in Betracht kommt. Ob ein Ausnahmefall vorliegt, ist gerichtlich voll überprüfbar. Grundsätzlich und im Regelfall wird der Aufenthaltstitel dem Personenkreis nach § 104 a Abs. 1 AufenthG erteilt, auch wenn der Lebensunterhalt nicht im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG gesichert ist (Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a Rn. 61). Da auch der Titel nach § 104 a Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Satz 1 AufenthG darauf angelegt ist, in eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts zu münden, kann ein Ausnahmefall bejaht und bereits die erstmalige Erteilung abgelehnt werden, wenn schon zum Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung mit hinreichender Sicherheit prognostiziert werden kann, dass der Ausländer eine eigenständige Sicherung auf Dauer nicht erreichen wird und im Verlängerungsfall auch die Voraussetzungen eines Härtefalls im Sinne des Absatzes 6 nicht vorliegen werden. Bloße Zweifel genügen jedoch insoweit nicht, denn das System der Legalisierung nach § 104 a AufenthG ist gerade auf Probe angelegt (Funke-Kaiser, a.a.O. Rn. 64). Ein Ausnahmefall, der trotz Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen die Versagung der Aufenthaltserlaubnis rechtfertigt, kann insoweit nur angenommen werden, wenn mit hinreichender Sicherheit absehbar ist, dass die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis weder nach § 104 a Abs. 5 AufenthG noch nach den Härtefallvorschriften des § 104 a Abs. 6 AufenthG in Betracht kommen wird.
Daran gemessen liegt hier kein Ausnahmefall vor, der trotz Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG die Versagung der Aufenthaltserlaubnis rechtfertigen könnte.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners liegt ein atypischer Sachverhalt nicht darin begründet, dass der Ehemann der Antragstellerin zu 1 und Vater der Antragstellerinnen zu 2 bis 4 am 23.01.2007 abgeschoben worden ist und von der Abschiebung der Restfamilie nur wegen einer schwangerschaftsbedingten vorübergehenden Reiseunfähigkeit der Antragstellerin zu 1 abgesehen wurde. § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG differenziert nicht nach bestimmten Duldungsgründen. Maßgeblich für das Eingreifen der gesetzlichen Altfallregelung ist nach der Konzeption des Gesetzes - neben den weiteren in § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - 6 AufenthG normierten Voraussetzungen - allein die Aufenthaltsdauer. Ob und aus welchen Gründen sich der Ausländer geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat, ist - abgesehen von Fällen des Rechtsmissbrauchs - unerheblich und kann auch für die Frage, ob ein Ausnahmefall gegeben ist, keine Rolle spielen.
Eine Atypik liegt auch nicht darin, dass der Vater der Antragstellerinnen zu 2 bis 4 (mit-)sorgeberechtigt ist und die Anwendung der Altfallregelung auf die Antragstellerinnen ihn „von der Wahrnehmung des Sorgerechts ausschließen würde“. Der Vater der Antragstellerinnen zu 2 bis 4 hat keinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt und ist auch bei der Frage der Atypik nicht mit in den Blick zu nehmen. Zum einen hat die Antragstellerin zu 1 im Beschwerdeverfahren durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht, dass sie seit der Abschiebung im Januar 2007 keinen Kontakt mehr zu ihrem Ehemann hat und ihr seine aktuelle Adresse nicht bekannt ist. Zum anderen würde er durch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an die Antragstellerinnen auch nicht von der Wahrnehmung seines Sorgerechts ausgeschlossen. Nicht die mögliche Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an die Antragstellerinnen, sondern die Sperrwirkung der Abschiebung (§ 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) hindert ihn an der Ausübung des Sorgerechts im Bundesgebiet. Die Antragstellerinnen sind zudem bei der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen zum Verbleib im Bundesgebiet berechtigt, nicht aber verpflichtet. Es steht ihnen frei, zum Zweck der Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft in das Kosovo auszureisen. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist auch die Wiederherstellung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet, falls dies zu einem späteren Zeitpunkt angestrebt werden sollte, keineswegs ausgeschlossen. Zwar könnte dem Vater der Antragstellerinnen zu 2 bis 4 keine Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a AufenthG erteilt werden. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug nach Abschnitt 6 des Aufenthaltsgesetzes ist durch § 29 Abs. 3 Satz 3 AufenthG ausgeschlossen. In der Rechtsprechung des Senats ist aber geklärt, dass § 29 Abs. 3 Satz 3 AufenthG der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zum Schutz von Ehe und Familie nicht entgegensteht (Senatsurteil vom 18.04.2007 - 11 S 1035/06 - AuAS 2007, 219).
Schließlich lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit prognostizieren, dass die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse mangels eigenständiger Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen sein wird. Erforderlich ist insoweit entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht eine positive Prognose hinsichtlich der künftigen Sicherung des Lebensunterhalts. Vielmehr kommt ein Ausnahmefall unter diesem Gesichtspunkt nur in Betracht, wenn zum Zeitpunkt der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG hinreichend sicher ist, dass eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausscheidet. Diese Prognose ist nur in extremen Ausnahmefällen gerechtfertigt. Hier ist zwar absehbar, dass die Antragstellerin zu 1 insbesondere aufgrund ihrer geringen Qualifikation Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt haben wird. Dies rechtfertigt aber nicht die sichere Prognose, es sei ausgeschlossen, dass sie ein Einkommen in Höhe des Sozialhilfebedarfs der Familie erzielen werde. Zudem dürfte, solange die am 17.04.2007 geborene Antragstellerin zu 4 das 3. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, eine Verlängerung nach § 104 a Abs. 6 Satz 2 Nr. 3 AufenthG in Betracht kommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 39 Abs. 1 GKG.
10 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist.

(2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als Beamter.

(3) Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gilt der Bezug von:

1.
Kindergeld,
2.
Kinderzuschlag,
3.
Erziehungsgeld,
4.
Elterngeld,
5.
Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
6.
öffentlichen Mitteln, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen und
7.
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
Ist der Ausländer in einer gesetzlichen Krankenversicherung krankenversichert, hat er ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Bei der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug werden Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen berücksichtigt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16a bis 16c, 16e sowie 16f mit Ausnahme der Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, als gesichert, wenn der Ausländer über monatliche Mittel in Höhe des monatlichen Bedarfs, der nach den §§ 13 und 13a Abs. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bestimmt wird, verfügt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16d, 16f Absatz 1 für Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, sowie § 17 als gesichert, wenn Mittel entsprechend Satz 5 zuzüglich eines Aufschlages um 10 Prozent zur Verfügung stehen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt die Mindestbeträge nach Satz 5 für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. August des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(4) Als ausreichender Wohnraum wird nicht mehr gefordert, als für die Unterbringung eines Wohnungssuchenden in einer öffentlich geförderten Sozialmietwohnung genügt. Der Wohnraum ist nicht ausreichend, wenn er den auch für Deutsche geltenden Rechtsvorschriften hinsichtlich Beschaffenheit und Belegung nicht genügt. Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres werden bei der Berechnung des für die Familienunterbringung ausreichenden Wohnraumes nicht mitgezählt.

(5) Schengen-Staaten sind die Staaten, in denen folgende Rechtsakte in vollem Umfang Anwendung finden:

1.
Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19),
2.
die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1) und
3.
die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).

(6) Vorübergehender Schutz im Sinne dieses Gesetzes ist die Aufenthaltsgewährung in Anwendung der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 212 S. 12).

(7) Langfristig Aufenthaltsberechtigter ist ein Ausländer, dem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. EU 2004 Nr. L 16 S. 44), die zuletzt durch die Richtlinie 2011/51/EU (ABl. L 132 vom 19.5.2011, S. 1) geändert worden ist, verliehen und nicht entzogen wurde.

(8) Langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU ist der einem langfristig Aufenthaltsberechtigten durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellte Aufenthaltstitel nach Artikel 8 der Richtlinie 2003/109/EG.

(9) Einfache deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER).

(10) Hinreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11) Ausreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11a) Gute deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(12) Die deutsche Sprache beherrscht ein Ausländer, wenn seine Sprachkenntnisse dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechen.

(12a) Eine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn es sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf handelt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist.

(12b) Eine qualifizierte Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zu ihrer Ausübung Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die in einem Studium oder einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden.

(12c) Bildungseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Ausbildungsbetriebe bei einer betrieblichen Berufsaus- oder Weiterbildung,
2.
Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung.

(13) International Schutzberechtigter ist ein Ausländer, der internationalen Schutz genießt im Sinne der

1.
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) oder
2.
Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).

(14) Soweit Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31), der die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung betrifft, maßgeblich ist, gelten § 62 Absatz 3a für die widerlegliche Vermutung einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 und § 62 Absatz 3b Nummer 1 bis 5 als objektive Anhaltspunkte für die Annahme einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 entsprechend; im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 bleibt Artikel 28 Absatz 2 im Übrigen maßgeblich. Ferner kann ein Anhaltspunkt für Fluchtgefahr vorliegen, wenn

1.
der Ausländer einen Mitgliedstaat vor Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz verlassen hat und die Umstände der Feststellung im Bundesgebiet konkret darauf hindeuten, dass er den zuständigen Mitgliedstaat in absehbarer Zeit nicht aufsuchen will,
2.
der Ausländer zuvor mehrfach einen Asylantrag in anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gestellt und den jeweiligen anderen Mitgliedstaat der Asylantragstellung wieder verlassen hat, ohne den Ausgang des dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz abzuwarten.
Die für den Antrag auf Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
a)
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 oder 2 besteht,
b)
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
c)
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Überstellungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft vorzuführen. Auf das Verfahren auf Anordnung von Haft zur Überstellung nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 finden die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend Anwendung, soweit das Verfahren in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nicht abweichend geregelt ist.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.