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| | Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die Beklagte hat den Kläger zu Recht zu Wassergebühren für das Jahr 2008 in der in ihrem Bescheid vom 28.2.2009 genannten Höhe herangezogen. Das Verwaltungsgericht hätte deshalb der Klage insoweit nicht stattgeben dürfen. |
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| | 1. Das Verwaltungsgericht hat auf die Klage des Klägers den Wasser- und Abwassergebührenbescheid der Beklagten vom 28.2.2009 aufgehoben. Was die Heranziehung des Klägers zu Abwassergebühren betrifft, hat die Beklagte das Urteil nicht angefochten. Die Entscheidung ist damit insoweit rechtskräftig geworden. Der Bescheid der Beklagten vom 28.2.2009 ist danach im Berufungsverfahren nur insoweit zu überprüfen, als die Beklagte den Kläger zu Wassergebühren herangezogen hat. |
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| | 2. Der Bescheid stützt sich insoweit auf die Satzung der Beklagten über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser - Wasserversorgungssatzung (WVS) - vom 3.2.1997 in ihrer für das Jahr 2008 geltenden Fassung, gegen deren Gültigkeit vom Kläger keine Einwendungen erhoben werden. Nach § 39 Abs. 1 WVS erhebt die Beklagte für die Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungsanlagen Grund- und Verbrauchsgebühren. Die Verbrauchsgebühr wird nach der gemessenen Wassermenge berechnet; es kommt dabei nicht darauf an, ob die gemessene Wassermenge ungenutzt (etwa durch schadhafte Rohre, offenstehende Zapfstellen oder Rohrbrüche hinter dem Wasserzähler) verlorengegangen ist (§ 43 Abs. 1 WVS). Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich bei einer Zählerprüfung ergibt, dass der Wasserzähler über die nach der Eichordnung zulässigen Verkehrsfehlergrenzen hinaus falsch anzeigt oder der Zähler stehengeblieben ist; der Wasserverbrauch ist in einem solchen Fall gemäß § 62 AO zu schätzen (§ 43 Abs. 2 WVS). Die verbrauchte Wassermenge wird durch Messeinrichtungen (Wasserzähler) festgestellt, die den eichrechtlichen Vorschriften entsprechen (§ 21 Abs. 1 S. 1 WVS). Der Wasserabnehmer kann jederzeit die Nachprüfung der Messeinrichtung durch eine Eichbehörde oder eine staatlich anerkannte Prüfstelle im Sinne von § 6 Abs. 2 des Eichgesetzes in der nach § 26 der Neufassung dieses Gesetzes vom 23. März 1992 weiter anzuwendenden Fassung verlangen (§ 22 Abs. 1 S. 1 WVS). |
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| | Den in einer gemeindlichen Gebührensatzung getroffenen Regelungen, wie sie in der Satzung der Beklagte enthalten sind, ist nach der Rechtsprechung des Senats die Vermutung zu entnehmen, dass die von einem eichrechtlichen Vorschriften entsprechenden Zähler gemessene Wassermenge der in dem zurückliegenden Ablesezeitraum tatsächlich bezogenen Wassermenge entspricht, wenn eine ordnungsgemäße Überprüfung des Zählers ergeben hat, dass der Wasserzähler nicht über die nach der Eichordnung zulässigen Verkehrsfehlergrenzen hinaus falsch anzeigt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 8.10.1987 - 2 S 1997/85 -; Urt. v. 22.8.1988 - 2 S 424/87 -). Daran ist festzuhalten. |
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| | Gegen eine solche Regelung bestehen keine Bedenken. Bei der Erhebung von Wassergebühren handelt es sich um ein Massengeschäft. Dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität kommt deshalb bei der Regelung der Gebührenerhebung besondere Bedeutung zu. Die an die genannte Voraussetzung geknüpfte Vermutung, dass die von dem Zähler gemessene Wassermenge der in dem zurückliegenden Ablesezeitraum tatsächlich bezogenen Wassermenge entspricht, ist danach sachlich gerechtfertigt, da es - worauf der Senat bereits in den zitierten Urteilen hingewiesen hat - einen unvertretbaren Verwaltungsaufwand bedeutete, wenn die Gemeinde auf den Einwand, die Anzeige des Wasserzählers sei unrichtig, jeweils gezwungen wäre, den tatsächlichen Wasserverbrauch zu ermitteln, obwohl eine Prüfung des Zählers keine Messungenauigkeiten aufgedeckt hat, die über die nach der Eichordnung zulässigen Verkehrsfehlergrenzen hinausgehen. |
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| | 3. Der im Gebäude des Klägers eingebaute Wasserzähler hat für das Jahr 2008 eine verbrauchte Wassermenge von 1.694 m³ gemessen. Der Wasserzähler wurde auf Verlangen des Klägers ausgebaut und durch eine staatlich anerkannte Prüfstelle für Messgeräte überprüft. Nach dem Prüfschein vom 4.2.2009 hat die Überprüfung zu keinen Beanstandungen geführt. Damit greift die genannte Vermutung, dass die von dem Zähler gemessene Wassermenge der in dem zurückliegenden Ablesezeitraum tatsächlich bezogenen Wassermenge entspricht. Diese Vermutung hat der Kläger nicht widerlegt. |
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| | a) Der Kläger ist aus verschiedenen Gründen der Meinung, dass der von dem Wasserzähler angezeigte Verbrauch im Jahre 2008 durch eine Fehlmessung zustande gekommen sei. Mit diesem Einwand kann der Kläger nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats nicht gehört werden, da danach die aus Satzungsbestimmungen, wie sie in der Satzung der Beklagten enthalten sind, zu entnehmende Vermutung nicht widerlegt werden kann. Insoweit sieht sich der Senat jedoch zu einer Änderung seiner Rechtsprechung veranlasst. |
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| | Stellt das Gesetz für das Vorhandensein einer Tatsache eine Vermutung auf, ist nach der über § 173 VwGO anzuwendenden Regel des § 292 S. 1 ZPO der Beweis des Gegenteils, nämlich der Beweis, dass die vom Gesetz vermutete Tatsache nicht vorliegt, zulässig, es sei denn, das Gesetz schreibt etwas anderes vor. Eine von dieser Regel abweichende Aussage ist den in Rede stehenden Bestimmungen in der Satzung der Beklagten nicht zu entnehmen. Sinn und Zweck der betreffenden Vorschriften fordern es nicht, die von ihnen aufgestellte Vermutung als unwiderleglich zu qualifizieren. Steht dem Gebührenschuldner die Möglichkeit offen, die Vermutung zu widerlegen, wird die Gebührenerhebung nicht in unvertretbarer Weise erschwert. |
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| | b) Der Beweis, dass entgegen der sich aus der Satzung der Beklagten ergebenden Vermutung der Wasserzähler in dem zurückliegenden Ablesezeitraum den Wasserverbrauch nicht richtig angezeigt hat, ist danach zulässig. Um diesen Beweis zu führen, genügt es jedoch nicht, die Vermutung zu erschüttern; es muss vielmehr der volle Beweis des Nichtbestehens der vermuteten Tatsache erbracht werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.7.1994 - 8 C 4.93 - NVwZ 1996 175 und Urt. v. 24.8.1990 - 8 C 65.89 - BVerwGE 85, 314; BGH, Urt. v. 4.2.2002 - II ZR 37/00 - NJW 2002, 2101). Diesen Beweis hat der Kläger nicht erbracht. |
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| | Die Tatsache, dass der Wasserverbrauch des Klägers in den Vorjahren jeweils nur ungefähr ein Zehntel des für das Jahr 2008 gemessenen Wasserverbrauchs betrug und auch in den Jahren danach nur das gleiche, deutlich geringere Maß erreichte, beweist nicht, dass die für das Jahr 2008 gemessene Wassermenge nicht der tatsächlich bezogenen Wassermenge entspricht, da der wesentlich höhere Wasserverbrauch in diesem Jahr auch durch offen stehende Entnahmestellen, Undichtigkeiten oder schadhafte Rohre hinter dem Wasserzähler zustande gekommen sein kann. |
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| | Für den Umstand, dass es in der am Grundstück des Klägers vorbeiführenden B... im September 2008 zu einem Wasserrohrbruch gekommen ist, gilt das Gleiche. Zu der Frage, ob der angezeigte Wasserverbrauch auf eine Sog- oder Druckwirkung oder einen Wasserschlag infolge des Rohbruchs zurückgeführt werden kann, hat das Verwaltungsgericht bei dem Leiter einer staatlich anerkannten Prüfstelle für Messgeräte für Wasser ein Gutachten eingeholt. Nach Ansicht des Sachverständigen ist die Frage zwar nicht mit absoluter Sicherheit zu verneinen, er hält eine solche Beeinflussung aber für zumindest wenig wahrscheinlich, da Informationen, dass ein Rohrbruch durch eine Sog- oder Druckwirkung oder einen Wasserschlag Einfluss auf den Wasserzähler habe, weder aus dem Netzgebiet der Stadt Karlsruhe noch aus anderen Netzgebieten vorlägen. Gegen den vom Kläger vermuteten Zusammenhang spreche zudem, dass in dem von dem Rohrbruch betroffenen Gebiet nur in einem Haushalt ein ungewöhnlich hoher Wasserverbrauch gemessen worden sei. Der Senat sieht keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Beurteilung zu zweifeln. Einwendungen gegen das Gutachten werden auch vom Kläger nicht erhoben. |
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| | Die Tatsache, dass bei der Überprüfung des im Wohnhaus des Klägers eingebauten Wasserzählers eine größere Menge an Rostpartikeln im Gehäuse vor dem Sieb festgestellt wurde, beweist ebenfalls nicht, dass der Wasserzähler in dem zurückliegenden Ablesezeitraum den Wasserverbrauch nicht richtig angezeigt hat. Nach dem Ergänzungsgutachten des vom Verwaltungsgericht beauftragten Sachverständigen ist eine Verunreinigung des Wassers mit Rost keineswegs unüblich und „mehrheitlich“ ohne Einfluss auf die Messgenauigkeit. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Sachverständige dementsprechend bekundet, dass nicht „pauschal“ auf ein geändertes Anströmverhalten geschlossen werden könne, wenn vor einem Sieb Rostpartikeln vorhanden seien. |
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| | Zur weiteren Klärung der Frage, ob die bei der Überprüfung des Wasserzählers des Klägers festgestellten Rostpartikel zu Messabweichungen in der hier in Rede stehenden Größenordnung führen können, hat der Senat sich an eine Reihe weiterer staatlich anerkannter Prüfstellen für Messgeräte für Wasser gewandt und um Auskunft gebeten, ob und inwieweit nach ihren Erfahrungen und Kenntnissen eine Beeinflussung des Wasserzählers durch Verunreinigungen mit Rostpartikeln möglich ist. Nach den Auskünften ist eine solche Beeinflussung grundsätzlich möglich, da eine Verengung des Einströmkanals vor dem eigentlichen Messapparat zu einer Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit des Wassers und damit zu einem schnelleren Drehen des im Zähler befindlichen Flügelrads führen kann. Eine Messabweichung in der hier in Rede stehenden Größenordnung wird jedoch ebenfalls übereinstimmend für ausgeschlossen oder zumindest sehr unwahrscheinlich gehalten. |
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| | In dem Schreiben des Leiters der Prüfstelle bei der Firma ... ... ... heißt es bspw., dass mögliche Messabweichungen infolge von Verunreinigungen von Wasserzählern nur gering seien und im Allgemeinen nicht dazu führten, dass das Messgerät die Verkehrsfehlergrenze überschreite. Solange sich die Fremdkörper nicht im Messwerk selbst befänden, betrage der Einfluss auf die Messgeschwindigkeit nur wenige Prozent. Größere Fremdkörper würden durch das Einlaufsieb abgefangen, kleinere Fremdkörper störten die Funktion des Zählers im Allgemeinen nicht, da sie sofort wieder ausgeschwemmt würden. Beläge im Messwerk könnten in seltenen Fällen zu Messabweichungen von 10 % bis 25 % führen. Beläge im Messwerk seien jedoch im vorliegenden Fall nicht festgestellt worden. Dass ein Zähler durch die hier vermutete Art der Verschmutzung das Zehnfache der tatsächlichen Menge anzeige, sei auszuschließen. Die anderen vom Senat angeschriebenen Prüfstellen für Messgeräte für Wasser haben sich im Ergebnis ähnlich geäußert. |
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| | Der Senat hat somit davon auszugehen, dass der von dem Wasserzähler des Klägers gemessene Wasserverbrauch der im Jahre 2008 tatsächlich bezogenen Wassermenge entspricht. Die Beklagte hat die vom Kläger für das Jahr 2008 zu bezahlenden Wassergebühren danach zu Recht auf (1.694 m³ x 0,78 EUR/m³ =) 1.321,32 EUR zuzüglich 94,27 EUR Mehrwertsteuer festgesetzt. |
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| | Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. |
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| | Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.415,59 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG). |
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| | Der Beschluss ist unanfechtbar. |
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