Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 04. Apr. 2013 - 8 S 304/13

bei uns veröffentlicht am04.04.2013

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Januar 2013 - 2 K 3867/12 - geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Landratsamts Esslingen vom 9. Oktober 2012 wird angeordnet.

Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen in beiden Rechtszügen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers je zur Hälfte und ihre eigenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht eingelegte und begründete sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 24.01.2013 ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) geben Anlass, dem Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unter Änderung des angefochtenen Beschlusses zur Verhinderung vollendeter Tatsachen stattzugeben. Das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Baugenehmigung vom 09.10.2012 hat größeres Gewicht als das Sofortvollzugsinteresse der Beigeladenen und des Antragsgegners (vgl. § 80 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 80 Abs. 5 S. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212 a Abs. 1 BauGB). Denn die Baugenehmigung verletzt den Antragsteller als Eigentümer eines unmittelbar angrenzenden Nachbargrundstücks voraussichtlich in seinem Recht auf Beachtung der bauordnungsrechtlich gebotenen Abstandsfläche.
Die Baugenehmigung verstößt nach derzeitigem Erkenntnisstand zu Lasten des Grundstücks des Antragstellers gegen die Abstandsflächenvorschriften der §§ 5 und 7 LBO, die nachbarschützende Wirkung haben. Die nach § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO erforderliche Mindesttiefe der Abstandsfläche von 2,50 m, die gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 LBO auf dem Baugrundstück selbst liegen muss, wird mit der östlichen, zum Grundstück des Antragstellers weisenden Gebäudeaußenwand unterschritten. Diese Mindesttiefe wird zwar zur realen Grundstücksgrenze, nicht aber zu der fiktiven Grundstücksgrenze eingehalten, die aufgrund der Abstandsflächenbaulast zu beachten ist, die im Baulastenbuch der Gemeinde Neuhausen a. d. F. zu Lasten des Baugrundstücks in 4 m Breite entlang der Grundstücksgrenze zugunsten des Grundstücks des Antragstellers eingetragen ist. Denn diese Abstandsflächenbaulast hat zur Folge, dass der von ihr erfasste Teil des Baugrundstücks bei der Berechnung der Abstandsfläche nicht berücksichtigt wird (vgl. § 7 Satz 1 LBO). Die Baulast bewirkt insofern eine fiktive Verschiebung der Grundstücksgrenze (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.07.2001 - 8 S 1485/01 - VBlBW 2002, 127). Ihre Verletzung ist daher wie eine Verletzung der Abstandsflächenvorschriften zu werten, die auch vom Antragsteller wegen der nachbarschützenden Wirkung dieser Vorschriften geltend gemacht werden kann (vgl. zum Ganzen auch Sauter, LBO für Baden- Württemberg, Komm., Stand 2010, § 71 Rn. 7 m. w. N. und Rn. 8). Bezogen auf die baulastbedingt um 4 m verschobene fiktive Grundstücksgrenze hält das Bauvorhaben nicht die erforderliche Mindesttiefe der Abstandsfläche von 2,50 m, sondern nur eine Abstandsflächentiefe von ca. 1 m auf dem Baugrundstück ein.
Die vom Landratsamt ausgesprochene Befreiung "von den Bestimmungen über Abstandsflächen" dürfte entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts rechtswidrig sein. Eine Befreiung von der Baulast selbst scheidet bereits deshalb aus, weil sie keine Rechtsvorschrift i. S. des § 56 Abs. 5 Satz 1 LBO ist (vgl. Sauter, a.a.O. Rn. 52). Für eine Befreiung von den Vorschriften der §§ 5, 7 LBO dürften die Voraussetzungen nach § 56 Abs. 5 Satz 1 LBO, dass Gründe des allgemeinen Wohls die Abweichung erfordern (Nr. 1) oder dass die Einhaltung einer Vorschrift in den §§ 4 bis 39 LBO oder aufgrund der LBO im Einzelfall zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führt (Nr. 2), nicht erfüllt sein. Für das Vorliegen von Gründen des allgemeinen Wohls ist im vorliegenden Fall nichts zu erkennen. Aber auch eine offenbar nicht beabsichtigte Härte liegt nicht vor. Eine Härte im Sinne der Vorschrift ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend unter Bezugnahme auf entsprechende Kommentarliteratur und Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs (vgl. die Nachweise im angegriffenen Beschluss) dargelegt hat, gegeben, wenn nachhaltig in die Rechte des Betroffenen eingegriffen und ihm dadurch ein erhebliches, über die jedermann treffenden allgemeinen Auswirkungen hinausgehendes Opfer abverlangt wird. Erfasst sind atypische Umstände, bei deren Vorliegen die gesetzliche Regelanordnung zu fragwürdigen Ergebnissen führen würde (Schlotterbeck in Schlotterbeck/Hager/Busch/ Gammerl, LBO, Komm., 6. Aufl., 2011, § 56 Rn. 41). Die Härte ist offenbar nicht beabsichtigt, wenn das Grundstück bei Einhaltung der in § 56 Abs. 5 Satz 1 LBO genannten Vorschriften nicht oder nur schwer bebaut werden kann und diese Beschränkung nicht durch die Zielsetzung oder den Schutzzweck dieser Vorschriften gefordert wird, wenn also die schematische Anwendung der Vorschrift zu Ungerechtigkeiten führen würde, namentlich ein ganz unbilliges Ergebnis zur Folge hätte.
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts fehlt bereits eine Härte. Eine solche liegt nicht in der erschwerten Bebaubarkeit eines Baugrundstücks, die ausschließlich Folge einer Baulast ist, und zwar selbst dann, wenn die Voraussetzungen für einen zwingenden Verzicht auf die Baulast (vgl. 71 Abs. 3 Satz 2 LBO) erfüllt sind. Die durch eine Baulast bewirkte Einschränkung der Bebaubarkeit eines Grundstücks (vgl. § 7 LBO) ist kein Sonderopfer, das dem Eigentümer des mit der Baulastverpflichtung belasteten Grundstücks abverlangt wird. Denn er hat die eingeschränkte Bebaubarkeit seines Grundstücks durch die Baulastbewilligung selbst herbeigeführt und sich des Bebauungsrechts, das er nunmehr - im Wege einer Befreiung - beansprucht, selbst begeben. Dies löst auch bei einem Wegfall des öffentlichen Interesses an der Baulast weder eine atypische, eine Härte i. S. des § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 LBO begründende Sondersituation auf dem baulastpflichtigen Grundstück noch ein unbilliges Ergebnis aus. Sofern, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat, das öffentliche Interesse an der Baulast nicht mehr bestehen sollte, hätte dies nur zur Folge, dass die Baurechtsbehörde den Verzicht auf die Baulast - in einem entsprechenden Verfahren - erklären muss (§ 71 Abs. 3 Satz 2 LBO). Gemäß § 71 Abs. 3 Satz 1 LBO kann die Baulast nur durch schriftlichen Verzicht der Baurechtsbehörde in einem förmlichen Verfahren zum Erlöschen gebracht werden. Dieser hat rechtsvernichtenden, also konstitutiven Charakter und kann als rechtsgestaltender Verwaltungsakt vom Baulastbegünstigten mit Rechtsbehelfen angefochten werden (vgl. Sauter, a.a.O. Rn. 46). Ein Verzicht auf die Baulast liegt aber - noch - nicht vor. Wegen des konstitutiven Charakters der Verzichtserklärung behält die wirksam entstandene und eingetragene Baulast ohne einen solchen rechtswirksam erklärten Verzicht ihre uneingeschränkte Verbindlichkeit und bleiben ihre Wirkungen in vollem Umfang bestehen. Die Annahme einer Härte i. S. von § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 LBO kann auch nicht darauf gestützt werden, dass der Baulastbegünstigte gegen einen Baulastverzicht der Baurechtsbehörde möglicherweise von seinen Rechtsbehelfsmöglichkeiten mit aufschiebender Wirkung Gebrauch macht und sich die Erteilung der Baugenehmigung dadurch verzögert. Die Annahme einer Härte mit dieser Begründung würde vielmehr zu einer nicht gerechtfertigten Einschränkung des gesetzlich vorgesehenen Rechtsschutzes des Baulastbegünstigten gegen einen Baulastverzicht der Baurechtsbehörde führen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 und 162 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 und 52 Abs. 1 GKG. i.V.m. Nr. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs vom Juli 2004; insofern war der Streitwert des Hauptsacheverfahrens anzusetzen, da es um die Verhinderung der Schaffung vollendeter Tatsachen auf dem Baugrundstück ging.
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 04. Apr. 2013 - 8 S 304/13

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 04. Apr. 2013 - 8 S 304/13 zitiert 6 §§.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 100 Kosten bei Streitgenossen


(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.