Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 26. Feb. 2016 - 9 S 2445/15

bei uns veröffentlicht am26.02.2016

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. November 2015 - 10 K 3628/15 - geändert. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig (vgl. §§ 146, 147 VwGO) und begründet.
Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zu Unrecht teilweise stattgegeben. Auf der Grundlage der in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt sich, dass abweichend von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst (im Folgenden: Ministerium) vom 26.02.2015 gegenüber dem privaten Interesse der Antragstellerin, vom Vollzug des Bescheides vor einer endgültigen Entscheidung über dessen Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, überwiegt. Denn bei der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der mit dem angefochtenen Bescheid verfügten Mitteilung, dass das Amt der Antragstellerin als Rektorin der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg (im Folgenden: Hochschule) vorzeitig beendet sei.
1. Ebenso wie das Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die statthafte Rechtsschutzform ist. Die Antragstellerin hat beim Verwaltungsgericht den Antrag gestellt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Verfügung des Ministeriums vom 26.02.2015 - 10 K 1524/15 - wiederherzustellen. Hierbei bezieht sie sich auf das an ihren Bevollmächtigten adressierte Schreiben des Ministeriums mit dem Betreff „Vorzeitige Beendigung des Amtes von Frau Dr. … als Rektorin der Hochschule … nach § 18 Absatz 5 LHG“. In dem Schreiben heißt es, das Ministerium setze den Bevollmächtigten der Antragstellerin „hiermit … von folgender Entscheidung in Kenntnis“. Anschließend wird unter Nr. 1 mitgeteilt, Hochschulrat und Senat der Hochschule sowie das Ministerium hätten am 26.02.2015 als Beteiligte das Einvernehmen über die vorzeitige Beendigung des Amtes der Antragstellerin in der hochschulrechtlichen Funktion als Rektorin der Hochschule nach § 18 Abs. 5 Satz 3 LHG hergestellt. Das Amt der Antragstellerin als Rektorin sei damit vorzeitig beendet. Infolgedessen trete sie gemäß § 18 Abs. 5 Satz 7 LHG mit dem Ablauf des Februar 2015 für den Rest ihrer Amtszeit kraft Gesetzes in den einstweiligen Ruhestand (Nr. 2). Nach Eintritt in den einstweiligen Ruhestand lebten nach § 17 Abs. 4 Satz 8 LHG die Rechte und Pflichten der Antragstellerin aus dem während ihres Zeitbeamtenverhältnisses als Rektorin ruhenden Beamtenverhältnis auf Lebenszeit in der Innenverwaltung des Landes wieder auf. Diesbezüglich werde die Antragstellerin gebeten, mit dem Innenministerium Kontakt aufzunehmen. Dieses werde von der Beendigung des Amtes als Rektorin unterrichtet werden (Nr. 3). Das Wissenschaftsministerium lehne eine Weiterführung der Geschäfte durch die Antragstellerin nach § 9 Abs. 2 Satz 3 LHG ab (Nr. 4). Für Ziffer 1 und 4 werde auf Grundlage des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet (Nr. 5).
Bei dem Schreiben des Ministeriums vom 26.02.2015 handelt es sich um einen belastenden Verwaltungsakt (§ 35 Satz 1 LVwVfG), zu dessen Abwehr der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gegenüber einem Rechtsschutz nach § 123 VwGO vorrangig ist (vgl. § 123 Abs. 5 VwGO). In der Sache geht es der Antragstellerin (in erster Linie) um vorläufigen Rechtsschutz gegen die vorzeitige Beendigung ihres Amtes als Rektorin. Diese vorzeitige Beendigung setzt nach § 18 Abs. 5 Satz 1 LHG das „wechselseitige Einvernehmen“ von Hochschulrat, Senat und Wissenschaftsministerium voraus. Bei der vorzeitigen Beendigung als solcher handelt es sich daher ebenso wenig um einen Verwaltungsakt wie bei den einzelnen Erklärungen von Hochschulrat, Senat und Wissenschaftsministerium, die zur Erzielung des „wechselseitigen Einvernehmens“ erforderlich sind. Anders als bei einem Verwaltungsakt ist keiner dieser Vorgänge „auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet“. Dies gilt auch für die zuletzt ergangene Zustimmungserklärung des Ministeriums, mit der die Folge der vorzeitigen Beendigung des Amtes „endgültig“ ausgelöst werden sollte. Die Rechtswirkung nach außen tritt kraft Gesetzes ein; sie ist weder unmittelbar das Ergebnis der Zustimmungserklärung noch setzt sie die Bekanntgabe gegenüber dem Betroffenen voraus, durch die ein Verwaltungsakt erst wirksam wird (vgl. §§ 41, 43 Abs. 1 LVwVfG). Allein durch die einzelnen Erklärungen von Hochschulrat, Senat und Wissenschaftsministerium (Vorschlag bzw. Zustimmungserklärungen) ist der Status der Antragstellerin als Rektorin noch nicht verändert worden (vgl. HessVGH, Urteil vom 04.01.1989 - 6 UE 469/87 -, DVBl. 1989, 934, zu der - insoweit vergleichbaren - Abberufung eines hauptamtlichen Kreisbeigeordneten durch Beschlüsse des Kreistages; VG Bremen, Beschluss vom 16.05.2007 - 6 V 1005/07 -, juris; offen zur Verwaltungsaktqualität einer Abwahl HessVGH, Beschlüsse vom 16.11.2011 - 8 B 2230/11, 2231/11 -, juris). Vielmehr wird die Wirkung der Erklärungen erst durch die gesetzliche Rechtsfolgenanordnung in § 18 Abs. 5 Satz 1 LHG nach außen vermittelt.
Gleichwohl erfolgt der Rechtsschutz im vorliegenden Fall nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO, weil der Antragsgegner die vorzeitige Beendigung des Amtes als Rektorin der Hochschule mit dem Schreiben vom 26.02.2015 zum Gegenstand eines Verwaltungsakts gemacht hat. Er hat darin verbindlich die Feststellung getroffen, dass das Amt der Antragstellerin als Rektorin vorzeitig beendet sei. Nach dem insoweit maßgeblichen objektiven Erklärungswert des Schreibens (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.08.1995 - 1 C 15.94 -, BVerwGE 99, 101; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 15.10.2009 - 2 S 1457/09 -, VBlBW 2010, 119, und vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 -, VBlBW 2012, 473; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.02.2013 - 6 B 1483/12 -, WissR 2013, 176) handelt es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt, was bereits Form und Wortlaut des Schreibens nahelegen, im Übrigen aber auch dadurch untermauert wird, dass nicht zuletzt mit Blick auf die vom Bevollmächtigten der Antragstellerin angemeldeten Rechtmäßigkeitszweifel (vor allem in der Stellungnahme vom 20.02.2015, Bl. 1969-1972 der Akten Resolution/Sondersituation) ein erhebliches Klarstellungs- und damit auch Regelungsinteresse des Antragsgegners bestand. Nicht entscheidend ist, dass im Tenor des Bescheides der Begriff „Feststellung“ nicht enthalten ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.01.1997 - 11 S 2934/96 -, VBlBW 1997, 230; zur förmlichen Entscheidung über die Gültigkeit einer Wahl als feststellender Verwaltungsakt vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.04.1989 - 14 S 1029/89 -, juris).
Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kommt auch bei feststellenden Verwaltungsakten in Betracht (vgl. § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.02.2010 - 10 S 2702/09 -, VBlBW 2010, 243; BayVGH, Beschluss vom 15.03.2010 - 11 CS 09.3010 -, juris; NdsOVG, Beschluss vom 16.08.2010 - 12 ME 158/10 -, NJW 2010, 3674 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.09.2012 - 6 S 20.12 -, juris; Schoch, NVwZ 1991, 1121, 1122; zum finanzgerichtlichen Verfahren FG Berlin, Beschluss vom 06.09.1976 - V 10/76 -, NJW 1977, 127, 128). Sie scheidet hier auch nicht deshalb aus, weil es des feststellenden Verwaltungsakts zur Bewirkung der maßgeblich belastenden Rechtsfolgen womöglich nicht bedurft hätte beziehungsweise Belastungen auch unabhängig von dem Verwaltungsakt bestehen bleiben könnten (vgl. zu diesem Gesichtspunkt VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.01.1997, a.a.O.; Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 6. Aufl. 2014, § 80 Rn. 9, Fn. 14; vgl. indes zum Rechtsschutz einer abgewählten Hochschulpräsidentin im Wege eines Antrags auf Erlass einer Feststellungsanordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO: Thür. OVG, Beschluss vom 05.06.2014 - 1 EO 106/14 -, juris).
2. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Antragstellerin ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zukommt und sie diesen nicht rechtsmissbräuchlich gestellt hat.
Das Rechtsschutzbedürfnis kann insbesondere nicht mit Blick auf den Inhalt des Ministeriumsschreibens vom 28.04.2015 (Bl. 2404 der Akten Resolution/Sondersituation) und das auf den Erhalt des Schreibens folgende Verhalten der Antragstellerin verneint werden. In dem Schreiben hat das Ministerium auf seinen Bescheid vom 26.02.2015 Bezug genommen und darauf hingewiesen, dass die (am 26.03.2015 erhobene) Klage der Antragstellerin keine aufschiebende Wirkung entfalte. Die Anordnung des Sofortvollzugs bestehe fort, nachdem die Antragstellerin bislang keinen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt habe. Im Hinblick darauf habe sich die Hochschule in Abstimmung mit dem Ministerium entschlossen, nunmehr das Verfahren zur Neubesetzung der Stelle eines Rektors einzuleiten. Dies werde der Antragstellerin in Ausübung der beamtenrechtlichen Fürsorge mitgeteilt. Diese Unterrichtung stehe im Zusammenhang mit der weiterhin grundsätzlich bestehenden Möglichkeit der Antragstellerin, auch später noch einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zu stellen. Grundsätzlich sehe das Gesetz für einen solchen Antrag keine Frist vor. Fürsorglich werde jedoch darauf hingewiesen, dass eine spätere Erhebung je nach Stand des Neubesetzungsverfahrens unter Umständen dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ausgesetzt sein könnte. Diese Erwägung verstärke sich durch die der Antragstellerin als Landesbeamtin ihrem Dienstherrn gegenüber obliegende Treuepflicht, die die Kehrseite der Fürsorgepflicht des Dienstherrn darstelle. Sofern die Antragstellerin Einwendungen gegen die Einleitung des Neubesetzungsverfahrens als Inanspruchnahme der sofortigen Vollziehbarkeit habe, werde sie aus den genannten Erwägungen für verpflichtet gehalten, nun unverzüglich einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu stellen, um ihre Bedenken einer Klärung zuzuführen.
Die Antragstellerin reagierte auf dieses Schreiben nicht und ließ das Verfahren zur Neubesetzung der Stelle eines Rektors seinen Fortgang nehmen. Erst am 22.07.2015, dem Tag, an dem der neue Rektor gewählt werden sollte, nahm sie vorläufigen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht in Anspruch. Dies kann allerdings nicht als rechtsmissbräuchlich betrachtet werden. Die Antragstellerin hat ihr Vorgehen damit begründet, dass mit der Wahl eines neuen Rektors die Schaffung vollendeter Tatsachen drohe. Zudem sei ihr am 21.07.2015 die Urkunde über ihren Eintritt in den einstweiligen Ruhestand mit Ablauf des Monats Februar 2015 zugestellt und damit bekundet worden, dass an ihrer Versetzung in den einstweiligen Ruhestand festgehalten werden solle.
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Dem muss zwar entgegengehalten werden, dass der Antragstellerin nicht erst im Juli 2015, sondern spätestens mit dem Zugang (vgl. S. 9 des Schriftsatzes vom 14.09.2015 im Verfahren 10 K 3627/15) des Ministeriumsschreibens vom 28.04.2015 bekannt war, dass aufgrund der Absicht zur Neubesetzung des Rektorenamtes die Schaffung vollendeter Tatsachen zu ihren Lasten drohte. Weder die beamtenrechtliche Treuepflicht noch das Ministeriumsschreiben vom 28.04.2015 bewirkten indes, dass die Antragstellerin zu einem früheren Zeitpunkt als dem von ihr gewählten einen Eilantrag hätte stellen müssen, um einen Rechtsverlust zu vermeiden. Der Antragsgegner war sich bewusst, dass die Antragstellerin mit ihrem Rechtsschutzgesuch mangels einer gesetzlichen Frist grundsätzlich noch zuwarten durfte und konnte das für ihn damit verbundene Risiko auch nicht durch das Schreiben vom 28.04.2015 auf die Antragstellerin abwälzen. Unabhängig davon war zu dem Zeitpunkt, als das Ministeriumsschreiben an die Antragstellerin verfasst wurde, ohnehin schon die Findungskommission eingesetzt und die Stellenausschreibung vorbereitet (vgl. insbes. Bl. 2163 und 2164 der Akten Resolution/Sondersituation).
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Eine Verwirkung des Antragsrechts der Antragstellerin hätte allenfalls dann angenommen werden können, wenn sie mit ihrem Verhalten den Eindruck erweckt hätte, sie werde vorläufigen Rechtsschutz nicht mehr geltend machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.02.1974 - III C 115.71 -, BVerwGE 44, 339; Beschluss vom 22.05.1990 - 8 B 156.89 -, Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 13; zur Bedeutung von Treu und Glauben im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis für den Fristlauf vgl. BVerwG, Urteil vom 25.01.1974 - IV C 2.72 -, BVerwGE 44, 294; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.08.1987 - 8 S 1345/87 -, NVwZ 1989, 76; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.04.2009 - 10 S 5.09 -, BauR 2009, 1427; Thür. OVG, Beschluss vom 28.07.1993 - 1 EO 1/93 -, LKV 1994, 110). Ein solches Verhalten kann in der bloßen Untätigkeit der Antragstellerin in dem Zeitraum von Februar bis Juli 2015 noch nicht gesehen werden, zumal die Antragstellerin nach Aktenlage auch gesundheitlich beeinträchtigt war.
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Zwar kann ein Beamter aufgrund seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht, die auch Handlungs- und Mitwirkungspflichten impliziert, in bestimmten Fällen gehalten sein, seine Belange zeitnah geltend zu machen, um erforderlichenfalls alsbaldige Aufklärungs-, Abhilfe- beziehungsweise Vorsorgemaßnahmen zu ermöglichen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 12.09.2014 - 1 A 1637/12 -, IÖD 2014, 260 = juris Rn. 56, und vom 07.02.2011 - 1 A 833/08 -, juris Rn. 112; OVG Hamburg, Urteil vom 09.02.2011 - 1 Bf 90/08 -, ZBR 2012, 130 = juris Rn. 62; VG München, Urteil vom 23.06.2015 - M 5 K 13.341 -, juris Rn. 120). Eine Übertragung dieses Rechtsgedankens auf den vorliegenden Fall erscheint indes nicht gerechtfertigt, vor allem da die Anrufung eines Gerichts mit einem Kostenrisiko verbunden ist und eine sorgfältige Abwägung erfordert. Schließlich kann hier auch von einem „Missbrauch des Prozessrechts zu verfahrensfremden Zwecken“ (vgl. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.04.1994 - 11 A 799/94 -, NVwZ 1995, 396) nicht ausgegangen werden.
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3. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ferner angenommen, dass die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO entspricht, da sie einzelfallbezogen die Erwägungen erkennen lässt, aus denen sich ergibt, dass sich der Antragsgegner des Ausnahmecharakters der sofortigen Vollziehung bewusst gewesen ist, und die zu der Entscheidung über die sofortige Vollziehung geführt haben. Hiernach ging es dem Antragsgegner darum, eine Funktionsunfähigkeit der Hochschule zu vermeiden für den Fall, dass die Antragstellerin ihre Dienstgeschäfte wieder aufnehmen könnte, was für sich genommen schlüssig und tragfähig erscheint.
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4. Anders als das Verwaltungsgericht sieht der Senat indes auch die Voraussetzungen für den Erlass des Bescheides vom 26.02.2015, dabei insbesondere auch diejenigen für die festgestellte vorzeitige Beendigung des Amtes der Antragstellerin als Rektorin, als aller Voraussicht nach erfüllt an.
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a) Dem Ministerium stand die Befugnis zu, in der Form eines Verwaltungsakts die Feststellung zu treffen, dass das Amt der Antragstellerin als Rektorin vorzeitig beendet ist. Das Tätigwerden der Verwaltung in der Handlungsform des Verwaltungsakts bedarf der gesetzlichen Grundlage (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.10.2012 - 5 C 20.11 -, BVerwGE 144, 306). Auch für feststellende Verwaltungsakte bedarf es einer gesetzlichen Grundlage, insbesondere dann, wenn - wie hier - durch den Verwaltungsakt etwas als rechtens festgestellt wird, was der Betroffene erklärtermaßen nicht für rechtens hält (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.2015 - 11 S 714/15 -, juris, m.w.N.). Der Vorbehalt des Gesetzes erfordert für die Befugnis, einen feststellenden Verwaltungsakt zu erlassen, allerdings nicht zwingend eine Rechtsgrundlage, die die Verwaltung hierzu explizit ermächtigt. Es genügt, dass sich dies dem Gesetz durch Auslegung entnehmen lässt, wobei es als zulässig angesehen wird, auf eine „VA-Befugnis“ im Wege der Gesamtanalogie zu den Vorschriften zu schließen, die ausdrücklich oder implizit die zur Durchsetzung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht zuständige Behörde zum Erlass von Verwaltungsakten gegenüber Privatpersonen ermächtigen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.2015, a.a.O., m.w.N.). Vor diesem Hintergrund bilden die Vorschriften des Beamtenrechts und des Landeshochschulgesetzes, die das Ministerium - neben den im Landesdisziplinargesetz vorgesehenen Kompetenzen - unter anderem zum Verbot des Führens der Dienstgeschäfte, zur Ablehnung der Weiterführung der Geschäfte sowie dazu ermächtigen, auf die Leitung der Hochschule nach § 68 LHG Einfluss zu nehmen, eine ausreichende Rechtsgrundlage, um auch die vorzeitige Beendigung des Amtes als Rektorin verbindlich festzustellen.
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b) Das Ministerium hat voraussichtlich auch in der Sache zu Recht festgestellt, dass das Amt der Antragstellerin als Rektorin vorzeitig beendet ist.
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aa) Nach § 18 Abs. 5 Satz 1 Landeshochschulgesetz Baden-Württemberg (LHG) können Hochschulrat, Senat und Wissenschaftsministerium (Beteiligte) das Amt eines hauptamtlichen Rektoratsmitglieds im wechselseitigen Einvernehmen vorzeitig beenden. Jeder Beteiligte hat das Recht, den beiden anderen Beteiligten eine vorzeitige Beendigung vorzuschlagen (§ 18 Abs. 5 Satz 2 LHG). Der Vorschlag eines Beteiligten ist angenommen, wenn die beiden anderen Beteiligten zustimmen (§ 18 Abs. 5 Satz 3 LHG). Die Beschlüsse nach den Sätzen 2 und 3 bedürfen in Hochschulrat und Senat jeweils der Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder (§ 18 Abs. 5 Satz 4 LHG). § 18 Abs. 4 Satz 2 LHG (über den Ausschluss von der Mitwirkung) gilt entsprechend (§ 18 Abs. 5 Satz 5 LHG). Im Falle der vorzeitigen Beendigung ist das betroffene hauptamtliche Rektoratsmitglied aus dem Beamtenverhältnis auf Zeit zu entlassen oder sein Dienstvertrag zu kündigen, soweit in Satz 7 nichts anderes bestimmt ist (§ 18 Abs. 5 Satz 6 LHG). Gehört ein hauptamtliches Rektoratsmitglied nicht als hauptberufliche Professorin oder als hauptberuflicher Professor einer Hochschule des Landes Baden-Württemberg an, tritt es mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die vorzeitige Beendigung der Amtszeit erfolgte, für den Rest ihrer oder seiner Amtszeit kraft Gesetzes in den einstweiligen Ruhestand (§ 18 Abs. 5 Satz 7 LHG).
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Gemessen an diesen gesetzlichen Vorgaben wurde das Amt der Antragstellerin als Rektorin voraussichtlich wirksam vorzeitig beendet. Das wechselseitige Einvernehmen zwischen Hochschulrat, Senat und Wissenschaftsministerium über die vorzeitige Beendigung des Amtes der Antragstellerin als Rektorin (§ 18 Abs. 5 Satz 1 LHG) wurde nach Aktenlage wirksam erzielt.
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bb) Von einem formell wirksamen Vorschlag zur vorzeitigen Beendigung des Amtes seitens eines Beteiligten, nämlich des Hochschulrats, ist auszugehen.
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Unter dem 12.12.2014 lud der Vorsitzende des Hochschulrats dessen Mitglieder zu der Sitzung am 15.01.2015 um 15 Uhr ein. Als Tagesordnungspunkt für den nichtöffentlichen Sitzungsteil ist in der Einladung unter Nr. 3a) aufgeführt: „Vorzeitige Beendigung des Amtes der Rektorin nach § 18 Absatz 5 LHG - Anhörung der Rektorin - Beratung“. Für den hochschulöffentlichen Teil der Sitzung ist unter Nr. 3b) vorgesehen: „Vorzeitige Beendigung des Amtes der Rektorin nach § 18 Absatz 5 LHG - Beschlussfassung und Bekanntgabe des Ergebnisses“. Die Einladung wurde am 12.12.2014 per E-Mail an die Mitglieder des Hochschulrates sowie unter anderem an die Antragstellerin versandt. Aus der Niederschrift der Sitzung vom 15.01.2015 geht hervor, dass diese von 15 bis 16.15 Uhr stattfand.
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Der öffentliche Teil der Sitzung begann laut Niederschrift um 16 Uhr und endete um 16.13 Uhr. Der Vorsitzende stellte fest, dass die Tagesordnung für den hochschulöffentlichen Teil der Sitzung am 12.12.2014 an den dafür vorgesehenen Orten rechtzeitig bekanntgegeben worden sei. Entsprechend der Ankündigung in der Bekanntgabe sei der Beginn des hochschulöffentlichen Teils der Sitzung an der Tür des Raums durch Aushang deutlich gemacht worden. Der Hochschulrat beschloss einstimmig, dem Senat und dem Ministerium die vorzeitige Beendigung der Amtszeit der Rektorin vorzuschlagen (§ 18 Abs. 5 Satz 2 LHG).
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Die Einwendungen, die die Antragstellerin in formeller Hinsicht gegen den Abberufungsvorschlag des Hochschulrats erhebt, greifen nicht durch.
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(1) Die Antragstellerin macht geltend, die Ladung zur Sitzung sei nicht rechtzeitig erfolgt. Gemäß § 2 der Geschäftsordnung des Hochschulrates in Verbindung mit § 1 Abs. 2 der Bekanntmachungssatzung der Hochschule betrage die Ladungsfrist für öffentliche Hochschulratssitzungen 14 Tage. Der Aushang der Tagesordnung für die Hochschulratssitzung sei am 12.12.2014 erfolgt. In dieser Tagesordnung habe die Uhrzeit der Sitzung gefehlt. Die Uhrzeit sei ausweislich des Aktenvermerks der Geschäftsstelle des Hochschulrats am 07.01.2015 nachträglich nur für die nichtöffentliche Sitzung ergänzend eingefügt und ausgehängt worden. Damit sei für die Öffentlichkeit nicht erkennbar gewesen, wann die öffentliche Sitzung beginne. Der Einladung zur öffentlichen Sitzung fehle es an der erforderlichen Bestimmtheit. Selbst wenn man die Angabe der Uhrzeit für die nichtöffentliche Sitzung als ausreichend betrachten würde, fehle es am Erfordernis der 14-tägigen Ladungsfrist, da zwischen dem 07.01.2015 und dem 15.01.2015 lediglich acht Tage gelegen hätten.
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Dieses Vorbringen stützt sich in der Sache nicht auf Fehler der nach § 2 der Geschäftsordnung des Hochschulrates an die Sitzungsteilnehmer zu versendenden Einladungen, sondern enthält die Behauptung, die - nicht in der Geschäftsordnung geregelte - Bekanntmachung der Sitzung sei fehlerhaft erfolgt. Insoweit macht die Antragstellerin zum einen geltend, die in § 1 Abs. 2 der Bekanntmachungssatzung der Hochschule vorgegebene Anschlagfrist von zwei Wochen sei deshalb nicht eingehalten worden, weil die Uhrzeit für den nichtöffentlichen Teil der Sitzung erst acht Tage vor der Sitzung nachgetragen worden sei. Zum anderen rügt sie, hinsichtlich des öffentlichen Sitzungsteils sei die Bekanntmachung bis zuletzt zu unbestimmt geblieben, weil die Uhrzeit für deren Beginn nicht enthalten sei. Diese Einwände verfangen nicht.
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Ein in einer nicht ordnungsgemäß einberufenen Sitzung gefasster Beschluss ist wegen des Einberufungsmangels rechtswidrig. Ein Einberufungsmangel kann sich auch aus der fehlerhaften Bekanntmachung eines Sitzungstermins ergeben. Inhalt des Öffentlichkeitsgrundsatzes ist es nämlich nicht nur, dass die Sitzung selbst öffentlich abgehalten, es also grundsätzlich allen Interessierten nach einheitlichen Grundsätzen ermöglicht wird, den Sitzungsraum zu betreten und dem Sitzungsablauf zu folgen. Denn wenn die Betroffenen keine Kenntnis von der Sitzung erhalten, läuft der Schutzzweck auch dann leer, wenn nachfolgend die Sitzung selbst frei zugänglich abgehalten wird. Der Grundsatz der Öffentlichkeit beinhaltet daher auch, dass die Sitzung rechtzeitig bekannt gemacht wird (vgl. Senatsurteil vom 04.08.2010 - 9 S 2315/09 -, WissR 2010, 320; Sandberger, LHG BW, 2. Aufl. 2015, § 10 Rn. 5; „Anstoßfunktion“ der Bekanntmachung).
26 
Im vorliegenden Fall ist aber kein Bekanntmachungsfehler feststellbar. Was den nichtöffentlichen Sitzungsteil angeht, gibt es bereits keinen Grund dafür, überhaupt von einer Bekanntmachungspflicht auszugehen. Eine solche ist an keiner Stelle ausdrücklich geregelt. Sie erscheint aber auch nach Sinn und Zweck nicht geboten, denn die mit einer Bekanntmachung erreichbare Herstellung einer Öffentlichkeit kommt bei einer nichtöffentlichen Sitzung gerade nicht in Betracht. Hinsichtlich des öffentlichen Sitzungsteils mag eine genaue Uhrzeit für den Beginn aus dem Aushang nicht ersichtlich sein. Es erschließt sich jedoch eindeutig, wann der nichtöffentliche Sitzungsteil beginnen und dass der öffentliche Sitzungsteil sich daran anschließen sollte. Dies ist jedenfalls angesichts des nicht allzu großen Umfangs der Tagesordnung als hinreichend bestimmt anzusehen. Als möglicher Bekanntmachungsverstoß bleibt somit lediglich übrig, dass die Uhrzeit für den Beginn des nichtöffentlichen Teils erst acht Tage vor der Sitzung eingefügt worden sein soll, obwohl diese Uhrzeit auch Bedeutung für den öffentlichen Sitzungsteil hat. Auch insoweit liegt indes kein Rechtsfehler vor. Nach Sinn und Zweck der Bekanntmachungssatzung kann es nicht deren Aufgabe sein, die Anberaumung von Sitzungen des Hochschulrats mit einer Vorlaufzeit von weniger als zwei Wochen zu untersagen. Die Bekanntmachungssatzung zielt in erster Linie darauf ab, bereits beschlossene Normtexte der interessierten Öffentlichkeit für mindestens zwei Wochen an der Anschlagtafel zugänglich zu machen. Einer kurzfristigeren Anberaumung von öffentlichen Gremiensitzungen steht die Regelung aber nicht entgegen (vgl. zu dieser Erwägung auch die unten näher beleuchtete Geschäftsordnung des Senats der Hochschule). Somit ist auch nichts dagegen zu erinnern, dass die Uhrzeit im Aushang zum Sitzungstermin des Hochschulrats erst acht Tage vor dessen Sitzung eingefügt wurde.
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Unabhängig davon hatte die anfangs fehlende Eintragung der Uhrzeit wohl offensichtlich keinen Einfluss auf die Wahrung der Öffentlichkeit und erst recht keinen auf den Sitzungsverlauf selbst. Dies weckt Zweifel, ob ein möglicher Fehler überhaupt die Bagatellgrenze überschreiten würde und die gravierende Fehlerfolge rechtfertigen würde, deshalb den Beschluss des Hochschulrats für unwirksam zu erklären. Dies gilt umso mehr, als nach der Senatsrechtsprechung der erforderliche Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen einem Verfahrensfehler und einer möglichen Rechtsverletzung des Rechtsschutzsuchenden nur dann besteht, wenn im Gefüge der Verfahrenshandlungen gerade die einschlägige Verfahrensbestimmung eine Schutzaufgabe für dessen materiell-rechtliche Position hat (vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.2014 - 9 S 885/13 -, VBlBW 2014, 341).
28 
(2) Die Antragstellerin rügt weiter, der Hochschulrat habe ihr kein adäquates rechtliches Gehör eingeräumt. Zwar habe er ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme eröffnet, habe aber trotz mehrerer Nachfragen ihres Bevollmächtigten nicht konkretisiert, wozu sie Stellung nehmen solle. Damit habe sie sich nicht gezielt zu den Gründen der vorzeitigen Beendigung des Amtes äußern können, die vom Hochschulrat seiner Entscheidung zugrunde gelegt worden seien.
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Hierzu hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, dass es nicht geboten war, der Antragstellerin im Detail vorab zu erläutern, zu welchen Gesichtspunkten sie sich im Einzelnen äußern solle, da ihr die Spannungen an der Hochschule, ein vielfältig artikulierter Verlust an Vertrauen und die Hinweise in der Zusammenfassung des Kommissionsberichts bekannt waren (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 14.01.1965 - II C 53.62 -, BVerwGE 20, 160; Thür. OVG, Beschluss vom 05.06.2014, a.a.O.). Hinzu kommt, dass für die Entscheidung über die vorzeitige Beendigung des Amtes auch persönliche Überlegungen der einzelnen Mitglieder des Hochschulrats von Bedeutung sind und insoweit durchaus unterschiedliche Vorstellungen über mögliche Gründe eines Vertrauensverlusts bestehen können, so dass eine ins Einzelne gehende Anhörung zu jedem Belang kaum durchführbar wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.01.1965, a.a.O.).
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(3) Die Antragstellerin beanstandet ferner, der Hochschulrat habe den Grundsatz der Öffentlichkeit nicht eingehalten. Gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 LHG tage der Hochschulrat grundsätzlich nicht öffentlich. Ausgenommen hiervon seien gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 18 Abs. 5 LHG unter anderem Wahlen beziehungsweise Beschlüsse über die vorzeitige Beendigung des Amtes der hauptamtlichen Rektoratsmitglieder, weshalb der Tagesordnungspunkt „vorzeitige Beendigung des Amtes“ in Gänze öffentlich hätte behandelt werden müssen. Dagegen habe der Hochschulrat verstoßen, indem er lediglich die Abstimmung über den Beschlussvorschlag sowie die Bekanntgabe des Ergebnisses in die öffentliche, die Beratung jedoch in die nichtöffentliche Sitzung terminiert habe. Ausweislich der Tagesordnung und der Niederschrift habe in der öffentlichen Sitzung keine Beratung oder Sachdiskussion stattgefunden. Nach der Rechtsprechung zu kommunalen Gremiensitzungen dürfe aber eine nichtöffentliche Vorberatung nicht dazu dienen, die Sachdiskussion vorwegzunehmen, da dies das Gebot der Öffentlichkeit aushebeln würde. Diese Rechtsprechung sei auf die Sitzung des Hochschulrates analog anzuwenden. Die Verlagerung der Sachdiskussion in die nichtöffentliche Sitzung könne auch nicht mit Gründen des Personaldatenschutzes gerechtfertigt werden, da alle dem Hochschulrat zu dem Tagesordnungspunkt zugeleiteten Unterlagen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden seien. Dies sei - unter Verstoß gegen ihren Personaldatenschutz - durch Verteilung dieser Unterlagen an die stellvertretenden Senatsmitglieder, die keiner Verschwiegenheit unterlägen, erfolgt. Die öffentliche Behandlung der vorzeitigen Beendigung des Amtes im Hochschulrat sei der hohen Verantwortung geschuldet, die jedes Mitglied angesichts der weitreichenden Konsequenzen für die persönlichen Lebensumstände, die Reputation und die Finanzen der Betroffenen bei dieser Befassung habe. Dies sei auch der Hintergrund dafür, dass die Landesregierung bei der Novellierung des Landeshochschulgesetzes auf die Beteiligung von Hochschulrat, Senat und Ministerium großen Wert gelegt habe. Durch die Ausdehnung von bislang zwei auf drei Beteiligte für eine vorzeitige Beendigung des Amtes hätten die Amtsinhaber vor Willkür geschützt werden sollen. Die Ausübung von Willkür solle auch durch die Öffentlichkeit bei der Befassung mit den Gründen für die vorzeitige Beendigung des Amtes verhindert werden.
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Der Antragsgegner wendet sich zu Recht dagegen, dass das Verwaltungsgericht dieser Argumentation im Ergebnis gefolgt ist und den Grundsatz der Öffentlichkeit im vorliegenden Fall als verletzt angesehen hat.
32 
Nach § 20 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Alt. 2 LHG gehört zu den Aufgaben des Hochschulrats die Mitwirkung nach § 18 Abs. 5 LHG. Der Hochschulrat tagt gemäß § 20 Abs. 6 Satz 1 LHG nicht öffentlich „mit Ausnahme der Angelegenheiten“ nach Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 und 11. Die somit ausnahmsweise in öffentlicher Tagung zu behandelnde „Angelegenheit“ der Mitwirkung nach § 18 Abs. 5 LHG betrifft - wie bereits dargestellt - die Abstimmung über die zur Herstellung des wechselseitigen Einvernehmens über die vorzeitige Beendigung des Amtes eines hauptamtlichen Rektoratsmitglieds erforderliche Erklärung, das heißt über die Zustimmung zu einem seitens eines anderen Beteiligten beschlossenen Vorschlag oder - wie hier - über die Unterbreitung eines eigenen Vorschlags. Aus dem Gesetz geht nicht ausdrücklich hervor, ob die „Angelegenheit“ der Mitwirkung nach § 18 Abs. 5 LHG zusätzlich auch die der Abstimmung vorausgehende Beratung umfasst. Die Frage ist indes nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck der einschlägigen Bestimmungen zu verneinen.
33 
Was den Wortlaut der in § 20 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Alt. 2 LHG genannten Angelegenheit angeht, nämlich den Begriff der „Mitwirkung“, ist dem Verwaltungsgericht darin beizupflichten, dass dieser einem umfassenderen Verständnis zugänglich ist, als es bei der in anderen Nummern verwendeten Bezeichnung „Beschlussfassung“ der Fall ist. Auch hätte der Gesetzgeber zur Vermeidung von Auslegungsschwierigkeiten ohne Weiteres in Nr. 1 Alt. 2 LHG gleichermaßen den Begriff „Beschlussfassung“ statt den offeneren der „Mitwirkung“ aufnehmen können. Dass aus der unterschiedlichen Terminologie tatsächlich eine weitergehende Auslegung folgt, erscheint gleichwohl nicht überzeugend. Denn die letztlich rechtserhebliche „Mitwirkung“ im Sinne von § 18 Abs. 5 LHG besteht allein in der Beschlussfassung, weshalb das Wort „Mitwirkung“ auch als eine für diesen Fall bedeutungsgleiche Umschreibung angesehen werden kann. Umgekehrt hätte der Gesetzgeber zum Teil die mit dem Wort „Beschlussfassung“ verbundenen Gegenstände („2. Beschlussfassung über Struktur- und Entwicklungspläne sowie über die Planung der baulichen Entwicklung“, „3. Beschlussfassung über den Entwurf des Haushaltsvoranschlags oder des Wirtschaftsplans“) kaum treffend mit dem Wort „Mitwirkung“ bezeichnen können. Das bietet eine Erklärung dafür, dass der Begriffsunterschied auftritt, auch wenn Nr. 1 Alt. 2 LHG ebenso wie die anderen Nummern allein auf die Beschlussfassung abzielt. Zudem befasst sich § 20 Abs. 1 LHG selbst gar nicht mit der Frage der Öffentlichkeit oder Nichtöffentlichkeit der Sitzung, sondern enthält (lediglich) einen Aufgabenkatalog. Allein § 20 Abs. 6 Satz 1 LHG greift aus diesem Katalog die Nummern 1 und 11 heraus, was gegen eine Bedeutung der Begriffsunterschiede innerhalb von § 20 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Alt. 2 LHG einerseits und etwa § 20 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 oder 3 LHG andererseits im Hinblick auf die Problematik der Öffentlichkeit oder Nichtöffentlichkeit spricht.
34 
Ebenfalls nicht weiterführend erscheint es, aus dem Begriff des „Tagens“ in § 20 Abs. 6 Satz 1 LHG ableiten zu wollen, dass darunter auch stets ein „Beraten“ zu verstehen sei. Denn § 20 Abs. 6 Satz 1 LHG trifft für unterschiedliche Sachverhalte unter dem Oberbegriff des „Tagens“ gerade verschiedene Regelungen hinsichtlich der Öffentlichkeit oder Nichtöffentlichkeit.
35 
Aufschlussreicher erscheint indes der Vergleich mit den anderen Fällen, in denen das Gesetz die Öffentlichkeit anordnet, und die Gegenüberstellung mit den nicht-öffentlich zu behandelnden Fällen. Grundsätzlich ist hierbei in den Blick zu nehmen, dass das Landeshochschulgesetz das öffentliche Tagen des Hochschulrats gemäß § 20 Abs. 6 Satz 1 LHG auf sehr wenige Ausnahmefälle beschränkt. Bereits dies spricht für eine enge Auslegung der entsprechenden Tatbestände. Im Übrigen ist anzunehmen, dass für den Gesetzgeber übergeordnete Gesichtspunkte leitend waren, für bestimmte Fälle die Öffentlichkeit, für andere dagegen die Nichtöffentlichkeit vorzusehen. Hierbei ist festzustellen, dass der Hochschulrat außer bei der Mitwirkung nach § 18 Abs. 5 LHG lediglich in zwei weiteren Fällen öffentlich tagt. Dies betrifft zum einen gemäß § 20 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Alt. 1 LHG die Wahl der hauptamtlichen Rektoratsmitglieder gemeinsam mit dem Senat nach Maßgabe von § 18 Abs. 1 bis 3 LHG, zum anderen gemäß § 20 Abs. 1 Satz 4 Nr. 11 LHG die Erörterung des Jahresberichts der Rektorin oder des Rektors in einer gemeinsamen Sitzung mit dem Senat. Die anderen öffentlich zu behandelnden Gegenstände betreffen somit einen sehr engen Kreis und beschränken sich auf gemeinsam mit dem Senat abzuhaltende Sitzungen. Mit der Mitwirkung an der Abberufung eines hauptamtlichen Rektoratsmitglieds näher vergleichbar ist allein die Wahl der hauptamtlichen Rektoratsmitglieder gemeinsam mit dem Senat nach Maßgabe von § 18 Abs. 1 bis 3 LHG. Zu deren Ablauf heißt es in § 18 Abs. 2 Satz 2 LHG, dass der Hochschulrat und der Senat (Wahlgremien) in einer gemeinsamen Sitzung unter der Leitung der oder des Vorsitzenden des Hochschulrats die hauptamtlichen Rektoratsmitglieder wählen. Der Ablauf der drei möglichen Wahlgänge ist in § 18 Abs. 2 Satz 4 bis 6 LHG geregelt. Wird auch im dritten Wahlgang nach § 18 Abs. 2 LHG die erforderliche Mehrheit nicht erreicht, so ist das Verfahren nach Maßgabe von § 18 Abs. 3 LHG fortzusetzen. Die Beratung im Vorfeld der Wahl hat danach - wenngleich die Antragstellerin auch insoweit anderer Auffassung ist (Antragsschrift im Verfahren 10 K 3627/15 vom 22.07.2015, S. 4, dort Bl. 7 d.A.) - nicht im Rahmen einer öffentlichen Sitzung stattzufinden. Vor diesem Hintergrund leuchtet es nicht ein, dass die Beschlussfassung über die Abberufung, die das Gegenstück der Wahl bildet (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20.12.1993 - 2 BvR 1327/87 u.a. -, NVwZ 1994, 473, 474), anderen Regeln folgen sollte.
36 
Das Verwaltungsgericht hat angenommen, von einem solchen Abberufungsvorgang sei die Hochschule insgesamt und seien alle ihre Mitglieder - gleichermaßen wie etwa bei der Beschlussfassung über die Grundordnung der Hochschule - betroffen. Es bestehe daher ein besonderes Bedürfnis demokratischer Legitimation und mitgliedschaftlicher Begleitung. Dieses werde nicht befriedigt, wenn bloß die Anwesenheit bei einem - geheimen - Abstimmungsvorgang ermöglicht werde. Vielmehr sei die Sinnhaftigkeit einer derart eingeschränkten „Öffentlichkeit“ zu bezweifeln. Gerade das Zustandekommen der Entscheidung des Hochschulrats sei gegenüber allen Hochschulmitgliedern transparent zu machen (vgl. zur Transparenz der Tätigkeit von Hochschulgremien - ebenfalls den hohen Stellenwert betonend - Lund/Jäger, NWVBl. 2010, 301, 303). Diese Sichtweise wird indes der Wertung des Gesetzes und der Interessenlage der Beteiligten nicht voll gerecht.
37 
Zutreffend ist, dass es sich bei der vorzeitigen Beendigung des Amtes eines hauptamtlichen Rektoratsmitglieds um einen „drastischen“ Konfliktlösungsmechanismus handelt, der als ultima ratio für die Lösung von in hohem Maße eskalierten, anders nicht mehr beherrschbaren Konflikten mit der Hochschulleitung vorgesehen ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 26.10.2004 - 1 BvR 911/00 u.a. -, BVerfGE 111, 333 = juris Rn. 169; zur Abberufung eines Gemeindedirektors: NdsOVG, Urteil vom 17.12.1991 - 10 L 231/89 -, DVBl. 1992, 982; Ipsen, DVBl. 1992, 985). Angesichts dessen und wegen der wichtigen Funktion der hauptamtlichen Rektoratsmitglieder im Gefüge der Hochschule besteht ein starkes Informationsinteresse der Hochschulöffentlichkeit und ein besonderes Bedürfnis nach Sicherungen für die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens. Die rechtsstaatliche Entscheidungsfindung bedingt in diesem Zusammenhang allerdings nicht nur, dass eine demokratische Legitimation, eine mitgliedschaftliche Begleitung und eine weitgehende Transparenz angestrebt werden. Vielmehr ist hier in besonderer Weise auch dem Persönlichkeitsschutz der Betroffenen sowie der Funktionsfähigkeit und der Reputation der Hochschule, die bei einer hochschulöffentlichen Erörterung sämtlicher sach- und personenbezogener Interna unter Umständen erheblichen Schaden nehmen könnten, Rechnung zu tragen. Die vorzeitige Beendigung des Rektorenamtes stellt in der Hochschulwirklichkeit eine extreme Ausnahmesituation dar. Sie setzt regelmäßig einen nachhaltigen Verlust des Vertrauens in die Amtsführung des Rektors beziehungsweise die Zerrüttung des Verhältnisses zwischen dem Rektor und anderen Hochschulangehörigen voraus. Die Aufarbeitung einer solchen Situation birgt zwangsläufig die Gefahr tiefgreifender Beeinträchtigungen der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen, weshalb hier von Verfassungs wegen in prozeduraler Hinsicht eine besondere Rücksichtnahme geboten ist.
38 
Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht gerechtfertigt, § 20 Abs. 6 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 LHG so auszulegen, dass gerade auch die Erörterungen im Vorfeld einer Abstimmung über die vorzeitige Beendigung des Amtes eines hauptamtlichen Rektoratsmitglieds öffentlich stattzufinden haben. Diese berühren in hohem Maße Persönlichkeitsrechte und interne Vorgänge, die grundsätzlich den Schutz einer vertraulichen Behandlung verdienen. Dies gilt nicht zuletzt gerade im nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützten Interesse der betroffenen Einzelpersonen. Den Charakter einer Amtsbesetzungsentscheidung beziehungsweise eines Akts des universitären Verfassungslebens, der das besondere Öffentlichkeitsbedürfnis auslöst (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.10.2010 - 15 A 3225/08 -, WissR 2010, 413, in Abgrenzung zu Personalangelegenheiten, die die Erörterung persönlicher Daten einschließen), trägt allein die Abstimmung selbst.
39 
Nach § 20 Abs. 6 Satz 2 LHG kann der Hochschulrat über die schon kraft Gesetzes öffentlich zu behandelnden Gegenstände hinaus auch in anderen Angelegenheiten die Hochschulöffentlichkeit zulassen. Es ist jedoch nicht rechtsfehlerhaft, dass er dies im vorliegenden Fall unterlassen hat.
40 
An all dem vermag der Einwand der Antragstellerin, dass ohnehin bereits gegen ihren Personaldatenschutz verstoßen worden sei und alle dem Hochschulrat zu dem Tagesordnungspunkt zugeleiteten Unterlagen im Wege der Verteilung an die stellvertretenden Senatsmitglieder bereits der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden seien, nichts zu ändern. Ungeachtet dessen, wie der in diesem Vorbringen enthaltene Vorwurf im Einzelnen zu würdigen ist, kann die mündliche Erörterung der Angelegenheit nicht mit dem Versand bestimmter Dokumente, die lediglich eine von mehreren Diskussionsgrundlagen bilden können, gleichgesetzt werden. Unabhängig von der behaupteten Verbreitung der Dokumente war es weiterhin ein legitimes Ziel, durch die Nichtöffentlichkeit der Beratung die Persönlichkeitsrechte sowie die Funktionsfähigkeit und die Reputation der Hochschule zu schützen.
41 
Die von der Antragstellerin in Bezug genommene Rechtsprechung zu kommunalen Gremiensitzungen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.07.2000 - 14 S 237/99 -, VBlBW 2001, 65; vgl. ferner etwa Urteil vom 23.06.2015 - 8 S 1386/14 -, VBlBW 2016, 34; jeweils zu § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO), wonach eine nichtöffentliche Vorberatung nicht dazu dienen darf, die Sachdiskussion vorwegzunehmen, gibt für den vorliegenden Zusammenhang nichts her. Sie setzt nämlich voraus, dass nach dem zugrunde liegenden Gesetz - anders als bei § 20 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Alt. 2 LHG - über eine Angelegenheit öffentlich zu beraten und nicht nur öffentlich abzustimmen ist.
42 
Aus dem vom Verwaltungsgericht zitierten Senatsurteil vom 04.08.2010 - 9 S 2315/09 - (a.a.O.) ergeben sich ebenfalls keine durchgreifenden Argumente gegen das hier gefundene Ergebnis, denn es setzt sich lediglich mit einem Verstoß gegen die Öffentlichkeit bei einer „Beschlussfassung“ über die Änderung der Grundordnung, nicht dagegen mit einer vorherigen Beratung auseinander. Soweit in dem Urteil davon die Rede ist, die Sitzungsöffentlichkeit stelle sicher, dass die betroffenen Körperschaftsmitglieder Einblick in die Tätigkeit des Vertretungsorgans und ihrer einzelnen Mitglieder erhielten und sich dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik verschaffen könnten (ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.06.2015, a.a.O.), darf das nicht so verstanden werden, dass die Öffentlichkeit einer Beschlussfassung sich notwendigerweise auch auf die vorherige Beratung zu beziehen hat.
43 
Die Öffentlichkeit behält im Übrigen auch dann ihren Sinn (Sicherung der Ordnungsgemäßheit und Nachvollziehbarkeit), wenn sie sich nicht auch auf Vorbereitungs- und Beratungsvorgänge erstreckt, sondern allein auf die (geheime) Abstimmungshandlung bezieht. Das ist nicht nur allgemein anerkannt (vgl. näher für Bundestagswahlen: BVerfG, Urteile des Zweiten Senats vom 03.07.2008 - 2 BvC 1/07, 2 BvC 7/07 -, BVerfGE 121, 266, und vom 03.03.2009 - 2 BvC 3/07, 2 BvC 4/07 -, BVerfGE 123, 39; für Landtagswahlen: VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.03.1991 - 10/90 -, NVwZ 1991, 1175, 1179), sondern auch Inhalt der Wahlgesetze von Bund und Land (vgl. für Landtagswahlen § 34 Abs. 1 LWG; für Bundestagswahlen § 31 Satz 1 BWG; für Europawahlen § 4 EuWG; für Kommunalwahlen § 21 KomWG).
44 
Vor diesem Hintergrund kann die Frage, ob die Vorschriften über das ausnahmsweise öffentliche Tagen des Hochschulrats überhaupt dem Schutz der Interessen und Rechte der Antragstellerin zu dienen bestimmt sind, dahingestellt bleiben.
45 
(4) Weiter erhebt die Antragstellerin den Vorwurf, dass die Beschlussfassung des Hochschulrats nicht in geheimer Abstimmung erfolgt sei. Gemäß § 10 Abs. 4 Satz 3 LHG in Verbindung mit § 4 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Hochschulrats müssten Beschlüsse in Personalangelegenheiten in geheimer Abstimmung erfolgen. Geheim sei eine Abstimmung nur dann, wenn die Gremienmitglieder bei der Abstimmungshandlung unbeobachtet und unbeeinflusst blieben. In der Hochschulratssitzung seien diese Voraussetzungen nicht gegeben gewesen, da aufgrund der Bestuhlung für die Öffentlichkeit eine Einsichtnahme in die Abstimmungskabine möglich gewesen sei. Hinzu komme, dass auf dem Stuhl, von dem aus Einsicht in die Abstimmungskabine hätte genommen werden können, der Dekan Prof. H. gesessen habe, der als einer der Hauptakteure der gegen sie gerichteten „Inszenierung“ aufgetreten sei. Es könne mithin nicht ausgeschlossen werden, dass dieser Umstand auf die Hochschulratsmitglieder eine psychologische Wirkung entfaltet habe und diese nicht mehr unvoreingenommen hätten abstimmen können.
46 
Dieser Vortrag überzeugt nicht. Bereits das Verwaltungsgerichts hat zutreffend ausgeführt, dass sich aus den von der Antragstellerin vorgelegten Fotografien (Anlage AS 9 zum Schriftsatz vom 14.09.2015 im Verfahren 10 K 3627/15, Bl. 283 ff. d.A.) nichts ergibt, was auf eine Einsichtnahmemöglichkeit Dritter in die Abstimmungskabine schließen lassen könnte (vgl. dazu: VG Karlsruhe, Urteil vom 16.10.2013 - 4 K 2001/13 -, juris Rn. 30, m.w.N.). Im rückwärtigen Bereich der Kabine, in dem die Abstimmungshandlung vorzunehmen war, befanden sich keine Stühle. Die teils seitlich der Kabine platzierten Stühle ermöglichten augenscheinlich keinen Einblick in die Abstimmungsvorgänge. Auch eine mögliche psychologische Beeinflussung lässt sich dem Bildmaterial gerade nicht entnehmen. Der sich öffentlich vollziehende Abstimmungsverlauf wurde auch sonst von keiner Seite beanstandet.
47 
(5) Schließlich ist die Antragstellerin der Auffassung, es fehle im Ergebnis an einem Vorschlag des Hochschulrats im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 LHG, dem die beiden anderen Beteiligten (Senat und Ministerium) hätten zustimmen können. Der Hochschulrat habe sich nicht an die anderen Beteiligten gerichtet. Auch sei die Niederschrift der Hochschulratssitzung, aus der gegebenenfalls ein Vorschlag hätte entnommen werden können, den Senatsmitgliedern nicht zugänglich gemacht worden.
48 
Dieser Einwand beruht - wie bereits das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat - auf einem zu formalen Verständnis des § 18 Abs. 5 LHG. Der Abstimmung im Hochschulrat lag ein dem Text des § 18 Abs. 5 Satz 2 LHG entsprechender Beschlussvorschlag zugrunde, der einstimmig angenommen wurde. Demnach schlug der Hochschulrat den beiden anderen Beteiligten eine vorzeitige Beendigung des Amts der Rektorin vor. Hiermit war die Grundlage für die Zustimmung von Senat und Ministerium gelegt, zumal die Entscheidung Eingang in die Niederschrift des Hochschulrats fand und den anderen Beteiligten zeitnah bekannt wurde. Aus den Akten geht hervor, dass die anderen Beteiligten über die fortlaufende Kommunikation in das Verfahren eingebunden waren und ihnen deshalb die Bedeutung des Beschlusses als erster von drei Schritten zur Herstellung des Einvernehmens von vornherein klar war. Dies gilt umso mehr, als im Sommer des Jahres 2014 bereits ein erstes, vergebliches Verfahren zur vorzeitigen Beendigung des Amts der Rektorin eingeleitet worden war, wodurch eine besondere Sensibilität der Beteiligten für die Verfahrensanforderungen geweckt war. Besonderer förmlicher Mitteilungen beziehungsweise spezieller Anträge auf Zustimmung des Hochschulrats an Senat oder Ministerium bedurfte es unter diesen Umständen nicht.
49 
cc) Die zur Herstellung des Einvernehmens erforderliche Zustimmung des Senats der Hochschule zu dem Vorschlag des Hochschulrats, das Amt der Rektorin vorzeitig zu beenden, wurde ebenfalls formell wirksam erteilt.
50 
Unter dem 20.01.2015 lud der mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Rektors beauftragte Prof. Dr. M. die Mitglieder des Senats der Hochschule zur Sitzung am 28.01.2015 um 14.15 Uhr ein. Als Tagesordnungspunkt für den nichtöffentlichen Sitzungsteil ist darin unter Nr. 2 a) aufgeführt: „Vorzeitige Beendigung des Amtes der Rektorin nach § 18 Abs. 5 LHG - Anhörung der Rektorin - Beratung“. Für den hochschulöffentlichen Teil der Sitzung ist unter Nr. 2 b) vorgesehen: „Vorzeitige Beendigung des Amtes der Rektorin nach § 18 Abs. 5 LHG - Beschlussfassung und Bekanntgabe des Ergebnisses“. Das Einladungsschreiben mit der Tagesordnung wurde am 20.01.2015 ausgehängt. Nachdem die Tagesordnung im nichtöffentlichen Teil um einen weiteren Punkt („3. Berichte aus den Ausschüssen zum neuen LHG“) ergänzt worden war, wurde ferner die Tagesordnung in der veränderten Fassung am 26.01.2015 ausgehängt. Aus der Niederschrift der Sitzung vom 28.01.2015 geht hervor, dass diese von 14.15 bis 16 Uhr stattfand.
51 
Im öffentlichen Teil der Sitzung erhielt der Entscheidungsvorschlag „Der Senat stimmt der vorzeitigen Beendigung des Amtes der Rektorin nach § 18 Abs. 5 LHG zu.“ 17 Ja-Stimmen und eine Nein-Stimme bei einer Enthaltung. Mit Schreiben vom 29.01.2015 teilte Prof. Dr. M. dem Ministerium das Abstimmungsergebnis mit und bat darum, die weiteren Schritte zu veranlassen.
52 
Die gegen die formelle Wirksamkeit der Zustimmungserklärung des Senats erhobenen Rügen der Antragstellerin bleiben ohne Erfolg.
53 
(1) Die Antragstellerin meint auch in Bezug hierauf, die Ladungsfrist sei nicht eingehalten worden. Die Tagesordnung der öffentlichen Senatssitzung hätte nach § 1 Abs. 2 der Bekanntmachungssatzung der Hochschule 14 Tage vor der Sitzung ausgehängt werden müssen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass hier nicht die Bekanntmachungssatzung, sondern nur die Geschäftsordnung des Senats Anwendung finde, wäre eine Ladungsfrist von einer Woche (§ 2 Abs. 2) notwendig gewesen. Auch diese sei nicht eingehalten. Die Einladung sei in ihrer vollständigen Form ausweislich der Akten am 26.01.2015, mithin erst zwei Tage vor der Sitzung, ausgehängt worden.
54 
Diese Rüge greift nicht durch. Soweit die Antragstellerin reklamiert, die ausgehängte Tagesordnung sei am 26.01.2015, mithin noch zwei Tage vor der Sitzung, geändert worden, betrifft das den Tagesordnungspunkt der vorzeitigen Beendigung ihres Amtes nicht. Insoweit blieb die Tagesordnung vielmehr unverändert. Auf mögliche Fehler hinsichtlich der Behandlung anderer Tagesordnungspunkte kann sich die Antragstellerin nicht berufen. Auszugehen ist deshalb von dem Aushangdatum 20.01.2015. Dieses steht indes in Übereinstimmung mit § 1 Abs. 2 der Bekanntmachungssatzung der Hochschule. Zwar beträgt danach die Anschlagfrist für Satzungen und sonstige öffentliche Bekanntmachungen zwei Wochen. Wird eine öffentliche Sitzung des Senats abgehalten, so bedarf es zur Herstellung der Öffentlichkeit einer vorherigen Bekanntmachung der Sitzung, weshalb der Anwendungsbereich der Bekanntmachungssatzung grundsätzlich eröffnet sein könnte. Allerdings kann es - wie bereits oben zum Hochschulrat ausgeführt - nach Sinn und Zweck der Bekanntmachungssatzung nicht deren Aufgabe sein, die Anberaumung von Senatssitzungen mit einer Vorlaufzeit von weniger als zwei Wochen zu untersagen. Die Bekanntmachungssatzung zielt in erster Linie darauf ab, bereits beschlossene Normtexte der interessierten Öffentlichkeit für mindestens zwei Wochen an der Anschlagtafel zugänglich zu machen. Einer kurzfristigeren Anberaumung von öffentlichen Gremiensitzungen steht die Regelung aber nicht entgegen. Diesem Verständnis folgen erkennbar auch § 2 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Senats, wonach die Einberufung des Senates mindestens eine Woche vor der anberaumten Sitzung erfolgt, sowie § 2 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Senats, dem zufolge in dringenden Fällen auch die Einberufung mit einer Frist von mindestens zwei Vorlesungstagen ausreichend ist (zur Einordnung der Geschäftsordnung als bloßes Innenrecht vgl. indes BVerwG, Beschluss vom 15.09.1987 - 7 N 1.87 -, NVwZ 1988, 1119, 1120; Senatsurteil vom 04.08.2010 -, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119; NdsOVG, Urteil vom 31.07.1984 - 2 A 90/80 -, NVwZ 1986, 496, 497; Rothe, DÖV 1991, 486, 489). Vor diesem Hintergrund war der Aushang der Bekanntmachung über die für den 28.01.2015 anberaumte Senatssitzung am 20.01.2015 ausreichend, um die Öffentlichkeit der Sitzung sicherzustellen.
55 
(2) Ein weiterer Einwand der Antragstellerin lautet, die Beratungen hätten nichtöffentlich stattgefunden, obwohl sie gemäß § 10 Abs. 4 LHG in Verbindung mit § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 18 Abs. 5 LHG hätten öffentlich sein müssen. Der Senat habe die Beratung nicht in seiner öffentlichen Sitzung am 28.01.2015, sondern bereits in einer gesonderten, nichtöffentlichen Sitzung am 20.01.2015 vorgenommen. Unterlagen, die sie dem Hochschulrat zugeleitet gehabt habe, seien sowohl den Senatsmitgliedern als auch deren Stellvertretern unautorisiert ausgehändigt und damit öffentlich gemacht worden, weshalb die nichtöffentliche Beratung auch nicht mit dem Personaldatenschutz gerechtfertigt werden könne.
56 
Hiermit vermag die Antragstellerin nicht durchzudringen. Der Senat hat zu Recht im nichtöffentlichen Teil der Sitzung vom 28.01.2015 über die Zustimmung zur vorzeitigen Beendigung des Amtes der Antragstellerin beraten. Die Gründe, die es rechtfertigen, im Hochschulrat nichtöffentlich zu beraten (siehe dazu oben), gelten entsprechend für die Beratung im Senat.
57 
(3) Als Rechtsfehler betrachtet es die Antragstellerin ferner, dass der Beauftragte des Ministeriums bei der Abstimmung mitgewirkt habe. Dessen Stimmabgabe sei rechtswidrig. Würde man dem Beauftragten ein Stimmrecht zugestehen, so hätte es das Ministerium jederzeit in der Hand, durch die Suspendierung eines Rektors/einer Rektorin und die Einsetzung eines Beauftragten unter Durchbrechung der Hochschulautonomie noch fehlende Mehrheiten für eine vorzeitige Beendigung des Amtes im Senat zu schaffen. Ein solches Szenario wäre rechtsmissbräuchlich. Dass dieses Vorgehen gleichwohl so vom Ministerium beabsichtigt gewesen sei, lasse sich sowohl der eindeutigen Aussage der Ministerin in dem Gespräch mit ihr am 05.11.2014 als auch der Pressemitteilung der Ministerin vom 08.12.2014, in der sie sowohl die Einsetzung eines Beauftragten als auch ihre Abwahl angekündigt habe, entnehmen. Der Beauftragte sei somit offenkundig zur Ermöglichung ihrer Abwahl eingesetzt worden. Diese Vermutung werde von einem Interview bestätigt, das dieser am 10.04.2015 geführt und persönlich autorisiert habe. Selbst wenn rein rechnerisch betrachtet der Wegfall der Stimme des Beauftragten im Senat am Ergebnis nichts geändert hätte, so sei schon die Ankündigung des Beauftragten vor Stimmabgabe, dass er mitstimmen werde, geeignet gewesen, das Ergebnis zu beeinflussen. Dies werde sowohl vom Verhalten der Beteiligten vor der Sitzung als auch durch deren Reaktion direkt nach der Beschlussfassung bestätigt. Schließlich sei von ihren Gegnern über Wochen hinweg daran gearbeitet worden, eine Mehrheit für die Abwahl im Senat zu erreichen. Die unsichere und knappe Mehrheit sei auch mit dem Ministerium diskutiert worden. Unter anderem hätten die Dekane und die Kanzlerin dem Ministerium am 17.12.2014 empfohlen, die Senatssitzung vorerst nicht anzuberaumen, da die Mehrheitsverhältnisse noch unklar seien. Die Zustimmung zur Abwahl sei deshalb auch erst im Senat terminiert worden, nachdem die Prorektorin Prof. Dr. M. entbunden und der Beauftragte bestellt gewesen sei. Die Ankündigung des Beauftragten zur Stimmabgabe müsse vor diesem Hintergrund als Signal gewertet werden, dass die Mehrheitsverhältnisse nun klar seien. Durch die Reaktion der Dekanin Prof. Dr. S. nach der Beschlussfassung werde dieses Vorgehen bestätigt, denn sie habe eine Wahlwiederholung ohne den Beauftragten vorgeschlagen, da nun die Mehrheitsverhältnisse klar seien.
58 
Diese Argumentation geht fehl. Der auf der Grundlage von § 68 Abs. 5 LHG bestellte, mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Rektors Beauftragte hat bei der Abstimmung im Senat zu Recht mitgewirkt. Er ist kraft seiner Beauftragung in sämtliche Aufgaben, Zuständigkeiten und Befugnisse der Rektorin eingerückt (vgl. VG Aachen, Urteil vom 27.03.2014 - 4 K 1895/13 -, juris Rn. 71) und damit stimmberechtigtes Mitglied im Senat. Da diese Folge an die engen Voraussetzungen des § 68 Abs. 5 LHG geknüpft ist, führt das nicht zu einer Verletzung der Hochschulautonomie. Für einen Rechtsmissbrauch ist weder Konkretes dargelegt noch sonst etwas ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als das Ministerium dem Beauftragten mit Schreiben vom 26.01.2015 (Bl. 1852-1853 der Akten Resolution/Sondersituation) mitgeteilt hat, es obliege ihm, ob er an der Entscheidung durch Abgabe seiner Stimme mitwirken wolle und in welchem Sinne er stimmen wolle, er möge sich hierzu als weisungsunabhängig betrachten.
59 
Soweit die Antragstellerin meint, aus der Reaktion der Dekanin Prof. Dr. S. etwas ableiten zu können, die eine Wahlwiederholung ohne den Beauftragten vorgeschlagen habe, verkennt sie die Bedeutung des Wahlwiederholungsvorschlags. Aus dem aus der Niederschrift ersichtlichen Zusammenhang ergibt sich, dass mit diesem allein bezweckt war, zusätzliche Rechtssicherheit für den Fall zu erlangen, dass die Antragstellerin - wie sodann tatsächlich geschehen - die Mitwirkung des Beauftragten beanstanden sollte. Dies lässt gerade nicht erkennen, dass der Beauftragte zum Zwecke einer rechtswidrigen Beeinflussung in die Abstimmung einbezogen wurde. Inwieweit es die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit des Senats überhaupt berührt hätte, wenn der Beauftragte zu Unrecht mitgewirkt hätte, kann dahinstehen (vgl. zur fehlerhaften Besetzung von Hochschulgremien § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG; zu dessen Auslegung Senatsbeschluss vom 03.02.2014, a.a.O.; Sandberger, a.a.O., § 10 Rn. 4).
60 
(4) Die Antragstellerin wendet weiter ein, dass die Sitzungsterminierung vom Beauftragten auf dem Briefkopf des Rektors vorgenommen worden sei. Die Einladung und die Tagesordnung zur Senatssitzung am 28.01.2015 seien vom Beauftragten mit dem Briefkopf „Rektor“ versendet worden. Diese Amtsbezeichnung habe dem Beauftragten aber nicht zugestanden, da sie zu diesem Zeitpunkt noch im Amt gewesen sei. Mit der Bezeichnung des Beauftragten als Rektor sei der Eindruck erweckt worden, als ob sie als Rektorin schon aus dem Amt entfernt und damit ihre Abwahl nur noch eine Formsache sei.
61 
Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Die Verwendung des Briefkopfes mit dem Text „Der Rektor“ durch den vom Ministerium auf der Grundlage von § 68 Abs. 5 LHG bestellten, mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Rektors Beauftragten ist unschädlich. Dies gilt umso mehr, als der Unterschrift des Beauftragten ausdrücklich der Zusatz „mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Rektors beauftragt“ beigefügt ist.
62 
(5) Nach Auffassung der Antragstellerin leidet die Entscheidung des Senats auch daran, dass mehrere Senatsmitglieder trotz Befangenheit abgestimmt hätten. Von den Senatsmitgliedern hätten die vier Dekane, die die gegen sie gerichtete Resolution unterzeichnet hätten, sowie die Kanzlerin wegen Befangenheit nicht mitstimmen dürfen. In mehreren ihrer Stellungnahmen, die den Senatsmitgliedern zugänglich gemacht worden seien, fänden sich kritische Auseinandersetzungen sowohl mit den Resolutionsunterzeichnern als auch mit der Kanzlerin. Sie habe in ihren Stellungnahmen ausgeführt, dass und wodurch alle fünf Personen Dienstvergehen begangen hätten, und habe das Ministerium aufgefordert, disziplinarisch tätig zu werden. Aufgrund dieser Tatsache hätten sowohl die Dekane als auch die Kanzlerin zwingend davon ausgehen müssen, sie werde bei einem Verbleib im Amt dafür Sorge tragen, dass die Vergangenheit aufgearbeitet, Dienstvergehen benannt und disziplinarisch geahndet würden. Der mit ihrem Verbleib als Rektorin für die Dekane und die Kanzlerin verbundene persönliche Nachteil sei offenkundig gewesen. Die Dekane hätten ein persönliches Interesse an ihrem Weggang gehabt. Ihr Bevollmächtigter habe ausdrücklich auf die Befangenheit der Dekane hingewiesen.
63 
Auch aus den mit diesen Darlegungen bezeichneten Umständen lässt sich eine Rechtswidrigkeit des Senatsbeschlusses vom 28.01.2015 nicht ableiten. Nach § 18 Abs. 4 Satz 2 LHG sind Bewerberinnen und Bewerber um das Amt als hauptamtliches Rektoratsmitglied von der Mitwirkung am Verfahren im Rektorat, in der Findungskommission, im Senat, im Hochschulrat und im Wahlpersonengremium ausgeschlossen. Nach § 18 Abs. 5 Satz 5 LHG gilt diese Regelung entsprechend für das Verfahren der vorzeitigen Beendigung des Amtes eines hauptamtlichen Rektoratsmitglieds. Von einem gesetzlichen Ausschlussgrund wäre daher lediglich die Antragstellerin selbst - wenn an ihre Stelle nicht ohnehin schon der nach § 68 Abs. 5 LHG Beauftragte getreten wäre - betroffen gewesen.
64 
Eine darüber hinausgehende Regelung zum Ausschluss von Senatsmitgliedern an der Mitwirkung am Verfahren - etwa wegen Besorgnis der Befangenheit - enthält das Landeshochschulgesetz nicht. Dieser vermeintlichen Regelungslücke kann indes - auch ohne dass es eine dieses Ergebnis belegende besondere Normierung gibt (vgl. in anderem Zusammenhang § 20 Abs. 4 Satz 7 LHG und hierzu LT-Drucks. 13/3640, S. 195 f.) - nicht durch eine (entsprechende) Anwendung der §§ 20, 21 LVwVfG beziehungsweise der in diesen Vorschriften zum Ausdruck kommenden allgemeinen Grundsätze über den Ausschluss oder die Ablehnung bestimmter Personen begegnet werden. Die vorzeitige Beendigung des Amtes eines hauptamtlichen Rektoratsmitglieds bildet die Kehrseite (actus contrarius) der Wahl (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 16.05.2007, a.a.O.; Herberger, in: Haug, Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2009, Rn. 265). Es handelt sich um ein von demokratischen Grundsätzen geprägtes Verfahren, vergleichbar einem Misstrauensvotum. In diesem Zusammenhang findet der Schutz gegen einen ungerechtfertigten Einfluss individueller Sonderinteressen grundsätzlich nicht durch Befangenheitsregeln, sondern dadurch statt, dass die Zustimmung zum Abberufungsvorschlag an die vorherige Beratung im Senat sowie an das hohe Quorum von zwei Dritteln der Mitglieder des Senats geknüpft ist (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen unter ee) zum Entscheidungsspielraum der Beteiligten).
65 
Im Übrigen kommt dem von der Antragstellerin hervorgehobenen Gesichtspunkt, im Falle des Scheiterns ihrer Abberufung hätten die Kanzlerin sowie die vier Dekane in erhöhtem Maße mit disziplinarischen Konsequenzen ihres früheren Verhaltens zu rechnen gehabt, nicht die von der Antragstellerin behauptete Bedeutung zu. Wie bereits das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, lag die Disziplinargewalt hinsichtlich der Unterzeichner der Resolution nicht bei der Antragstellerin, sondern beim Ministerium, das sich ihr gegenüber mit Schreiben vom 07.11.2014 für zuständig erklärt hatte (Bl. 1162-1163 der Akten Resolution/Sondersituation). Diese Zuständigkeitserklärung deckte sich mit der Rechtsansicht der Antragstellerin (Schreiben an das Ministerium vom 29.09.2014, Bl. 1077-1078 der Akten Resolution/Sondersituation) und wurde von ihr auch dankend zur Kenntnis genommen (Schreiben an das Ministerium vom 22.11.2014, Bl. 1208-1209 der Akten Resolution/Sondersituation).
66 
Der Senat lässt offen, ob die behauptete Befangenheit einzelner Senatsmitglieder ohnehin aufgrund der in § 10 Abs. 5 LHG getroffenen Regelung unbeachtlich wäre. Nach § 10 Abs. 5 Satz 1 LHG führt (auch) dann, wenn die Wahl eines Gremiums oder einzelner Mitglieder eines Gremiums für ungültig erklärt worden ist, dieses Gremium in der bisherigen Besetzung die Geschäfte bis zum Zusammentreten des aufgrund einer Wiederholungs- oder Neuwahl gebildeten Gremiums weiter. Die „Rechtswirksamkeit“ der Tätigkeit dieser Mitglieder wird durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt (Satz 2). Letzteres gilt bei einer fehlerhaften Besetzung von Gremien entsprechend (Satz 3). § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG ist eine spezialgesetzliche Unbeachtlichkeitsklausel, die im Interesse der Rechtssicherheit und zur Sicherstellung der Handlungs- und Funktionsfähigkeit universitärer Gremien und Organe bestimmten Verfahrensfehlern eine rechtliche Relevanz für die Rechtswirksamkeit von Beschlüssen und für die Aufhebbarkeit gegebenenfalls darauf gestützter Verwaltungsakte abspricht. Sie begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken und geht der allgemeinen Regelung des § 46 LVwVfG vor (vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.2014, a.a.O.). Ob indes eine fehlerhafte Besetzung im Sinne von § 10 Abs. 5 Satz 3 LHG auch im Falle der Befangenheit einzelner an einer Entscheidung mitwirkender Senatsmitglieder angenommen werden kann, muss an dieser Stelle nicht entschieden werden.
67 
(6) Die Antragstellerin moniert des Weiteren, dass sie vor der Beschlussfassung kein adäquates rechtliches Gehör erhalten habe. Sie habe zwar vor der Senatssitzung am 28.01.2015 die Gelegenheit erhalten, sich zu äußern. Es seien ihr aber weder die Niederschrift des Hochschulrats zur Kenntnis gegeben noch Gründe für die vorzeitige Beendigung des Amtes benannt worden. Die Niederschrift der Hochschulratssitzung sei ihr bis nach der Abstimmung des Senats vorenthalten worden. Der Beauftragte des Ministeriums habe gegenüber ihrem Bevollmächtigten sowohl die Angabe von Gründen als auch die Übersendung des Protokolls der Hochschulratssitzung verweigert. Somit sei für sie eine Stellungnahme, die sich mit den potentiellen Gründen für eine vorzeitige Beendigung des Amtes hätte auseinandersetzen können, ausgeschlossen gewesen.
68 
In Bezug auf dieses Vorbringen ist erneut darauf hinzuweisen, dass der Antragstellerin die maßgeblichen Gesichtspunkte, die zu der möglichen vorzeitigen Beendigung ihres Amtes als Rektorin führen konnten, in vergleichbarem Umfang wie den Senatsmitgliedern bekannt waren und dass die Entscheidung der Senatsmitglieder auch deren persönlichen Überlegungen überantwortet war, so dass eine nähere Detaillierung des Anhörungsgegenstandes nicht geboten war (vgl. bereits oben zur Anhörung vor der Sitzung des Hochschulrats sowie BVerwG, Urteil vom 14.01.1965, a.a.O.; Thür. OVG, Beschluss vom 05.06.2014, a.a.O.).
69 
(7) Ein formeller Fehler folgt schließlich auch nicht aus einer mangelnden Bezugnahme des Senatsbeschlusses vom 28.01.2015 auf den Vorschlag des Hochschulrats vom 28.01.2015. Es erschließt sich eindeutig, dass der Senat dem Vorschlag des Hochschulrats zugestimmt hat und nicht etwa mit seinem Beschluss ein eigenes, davon unabhängiges Initiativrecht zur vorzeitigen Beendigung des Amtes der Rektorin ausüben wollte. Dieser Beschlussinhalt ist folglich auch hinreichend bestimmt und der weiteren materiell-rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen.
70 
Soweit die Antragstellerin dem entgegenhält, der Senat habe sich nicht mit der Beschlussfassung des Hochschulrats auseinandergesetzt und die Dekanin Prof. Dr. S. habe bei dem Senatsbeschluss von „Wahl“ gesprochen beziehungsweise weitere Senatsmitglieder hätten den Beschluss als „Abwahl“ interpretiert, führt das nicht weiter. Diese Argumentation nimmt schon nicht genügend in den Blick, dass das Verfahren des Senats nach den gesamten Umständen und der Kommunikation im Vorfeld auch ohne ausdrückliche Erwähnung des Hochschulratsbeschlusses eindeutig auf diesen bezogen war. Zudem stimmte der Senat dem Wortlaut des im Protokoll enthaltenen Entscheidungsvorschlags zufolge der „vorzeitigen Beendigung des Amtes der Rektorin nach § 18 Abs. 5 LHG zu“. Es ist unzweifelhaft, dass damit keine neue Initiative zur vorzeitigen Beendigung des Amtes der Rektorin eingeleitet werden sollte, wozu es eines „Vorschlags“ und keiner „Zustimmung“ bedurft hätte. Wenngleich im Zusammenhang mit dem Beschluss des Senats von „Wahl“ oder „Abwahl“ gesprochen wurde, lässt dies keine abweichenden Schlüsse zu. Diese Begriffe mögen den Sinngehalt der vom Senat getroffenen Entscheidung rechtstechnisch nicht exakt umschreiben, geben aber den behandelten Gegenstand nachvollziehbar unabhängig davon wieder, ob es sich um einen Vorschlag oder um eine Zustimmung handelte.
71 
dd) Als letzter der Beteiligten im Sinne des § 18 Abs. 5 LHG erklärte auch das Ministerium mit Schreiben vom 26.02.2015 an den Hochschulrat und den Senat formell wirksam seine Zustimmung zur vorzeitigen Beendigung des Amtes. Auch hiergegen erhebt die Antragstellerin Einwände, die nicht durchgreifen.
72 
(1) Die Antragstellerin meint, die Zustimmung des Ministeriums hätte von Seiten der beiden anderen Beteiligten eines Vorschlags beziehungsweise Antrags auf Zustimmung bedurft. Anträge der beiden Gremienvorsitzenden (Senat und Hochschulrat) auf Zustimmung des Ministeriums gebe es aber nicht.
73 
Diese Betrachtung ist erneut (vgl. bereits oben zur Behauptung eines fehlenden äußeren „Vorschlags“ des Hochschulrats) als zu formal zurückzuweisen. Mit der im Schreiben des Beauftragten Prof. Dr. M. vom 29.01.2015 enthaltenen Bitte an das Ministerium, die weiteren Schritte zu veranlassen, nachdem das Abstimmungsergebnis im Senat vorlag, sollte unzweifelhaft die letzte noch erforderliche Zustimmung für das nach § 18 Abs. 5 Satz 1 LHG vorgesehene „dreigliedrige“ Einvernehmen eingeholt werden. Das Ministerium war durch keine weiteren, das Zusammenwirken der Beteiligten betreffenden Formvoraussetzungen gehindert, über die Erteilung seines Einvernehmens zu entscheiden. Insbesondere musste es vor seiner Entscheidung keinen gesonderten „Antrag“ des Hochschulrats auf Erteilung der Zustimmung abwarten beziehungsweise einholen.
74 
(2) Die Antragstellerin rügt ferner, ihr sei nicht in ausreichender Weise rechtliches Gehör gewährt worden. Sie habe zwar vor der Zustimmung zur vorzeitigen Beendigung des Amtes durch das Ministerium von diesem die Möglichkeit erhalten, hierzu Stellung zu nehmen, an einer adäquaten Überprüfung der Beschlüsse von Hochschulrat und Senat sei sie jedoch aufgrund der lange Zeit von der Hochschule verweigerten Akteneinsicht gehindert worden. Nachdem der Beauftragte mit Schreiben vom 19.01.2015 die Einsicht in die Hochschulakten verweigert gehabt habe, habe das Ministerium diese Entscheidung am 12.02.2015 aufgehoben, worauf sie am 17.02.2015 Einsicht habe nehmen können. Angesichts der kurzen Frist für die Stellungnahme gegenüber dem Ministerium bis zum 20.02.2015 sei es ihr aber nicht möglich gewesen, in diese Stellungnahme die gegebenenfalls aus den Hochschulakten zu gewinnenden Erkenntnisse einfließen zu lassen, zumal das Ministerium der beantragten Fristverlängerung nicht zugestimmt habe.
75 
Der Auffassung, vor dem von der Antragstellerin geschilderten Hintergrund sei die Anhörung unzureichend gewesen, kann nicht zugestimmt werden. Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt (siehe oben zur Anhörung der Antragstellerin vor der Sitzung des Hochschulrats sowie vor derjenigen des Senats; vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 14.01.1965, a.a.O.; Thür. OVG, Beschluss vom 05.06.2014, a.a.O.), war die Antragstellerin über alle wesentlichen Gesichtspunkte, die zu der möglichen vorzeitigen Beendigung ihres Amtes als Rektorin führen konnten, umfassend informiert. Nach den Beschlüssen im Hochschulrat und im Senat war ihr auch bekannt, dass und mit welchen Stimmverhältnissen ihr in den genannten Gremien durch den Vorschlag beziehungsweise die Zustimmung zu der vorzeitigen Beendigung ihres Amtes das Vertrauen entzogen worden war. Zudem erhielt die Antragstellerin auf ihren Antrag gegenüber dem Ministerium Gelegenheit zur Akteneinsicht, wovon sie auch Gebrauch machte. Ihr Bevollmächtigter und sie erhielten ferner eine - ebenfalls wahrgenommene - Gelegenheit zur Äußerung. Es erschließt sich weder aus den Darlegungen der Antragstellerin noch aus sonstigen Gründen, dass die Äußerungsfrist unzureichend bemessen gewesen wäre. Sie wurde auf den Antrag des Bevollmächtigten bereits bis zum 20.02.2015 verlängert. Eine weitere Verlängerung lehnte das Ministerium ab, machte jedoch gleichzeitig deutlich, dass es auch nach Fristablauf eingehende Stellungnahmen, wenn möglich, noch berücksichtigen werde. Es ist - auch vor dem Hintergrund der mit Schriftsatz vom 14.09.2015, S. 10 ff., im Verfahren 10 K 3627/15 formulierten Einwände (großer Aktenumfang, angebliche vorherige gezielte Informationsvorenthaltung) - nicht ersichtlich, dass das Ministerium rechtlich gehalten war, die Frist zur Äußerung großzügiger als geschehen zu bemessen.
76 
ee) In materiell-rechtlicher Hinsicht ist die vorzeitige Beendigung des Amtes der Antragstellerin als Rektorin ebenfalls voraussichtlich nicht zu beanstanden.
77 
Die Grenzen des Entscheidungsspielraums der Beteiligten (Hochschulrat, Senat und Ministerium) ist nicht überschritten. Die Überprüfung der Beschlüsse von Hochschulrat und Senat sowie die Zustimmung des Ministeriums sind einer gerichtlichen Kontrolle nur eingeschränkt zugänglich. Den Mitgliedern eines zur Mitentscheidung über die vorzeitige Beendigung eines Wahlamts berufenen Gremiums steht ein weiter Entscheidungsspielraum zu. Jedes Mitglied muss für sich beurteilen und entscheiden, ob bezogen auf eine Person, die aufgrund eines - gerichtlich ebenfalls nur eingeschränkt überprüfbaren -Wahlaktes in ein Amt gewählt wurde, das für die Ausübung dieses Wahlamtes erforderliche Vertrauen fortbesteht. Die dieser Einschätzung zugrunde liegenden Motive, die das einzelne Mitglied eines zur Abberufung berufenen Gremiums dazu bestimmen, sich für oder gegen eine Abberufung zu entscheiden, entziehen sich einer rechtlichen Qualifizierung und Kategorisierung. Das Gericht ist nicht befugt, seine eigenen Vorstellungen an die Stelle des mehrheitlichen Willens des zur Mitwirkung an der Abberufung berufenen Gremiums zu setzen. Infolgedessen erstreckt sich die gerichtliche Überprüfung der Mitwirkung von Hochschulrat und Senat an der Abberufungsentscheidung nur darauf, ob ein wichtiger Grund in der von der Abberufung betroffenen Person vorliegt und ob mit der Abberufung keine missbräuchlichen Zwecke verfolgt werden (vgl. Thür. OVG, Beschluss vom 05.06.2014, a.a.O.; LT-Drucks. 13/3640, S. 193; Haug, a.a.O., Rn. 269; Sandberger, a.a.O., § 18 Rn. 3; zur Abberufung eines kommunalen Wahlbeamten BVerwG, Beschluss vom 22.09.1992 - 7 B 40.92 -, NVwZ 1993, 377). Dementsprechend unterliegt auch die Zustimmungsentscheidung des Ministeriums, die ihrerseits die Gremienentscheidungen in angemessener Weise zu respektieren hat (vgl. zu der nach Art. 5 Abs. 3 GG, Art. 20 LV geschützten Hochschulautonomie in diesem Zusammenhang: BVerfG, Beschluss vom 24.06.2014 - 1 BvR 3217/07 -, BVerfGE 136, 338 = juris Rn. 95; Urteil vom 12.05.2015 - 1 BvR 1501/13 und 1 BvR 1682/13 -, NVwZ 2015, 1370, 1373; NdsOVG, Beschluss vom 02.09.2014 - 5 ME 104/14 -, WissR 2014, 402; Battis/Kersten, DÖV 1999, 973), nur einer eingeschränkten Kontrolle. Gemessen daran ist die vorzeitige Beendigung des Amtes der Antragstellerin als Rektorin rechtlich nicht zu beanstanden, weil ein wichtiger, die Beendigung rechtfertigender Grund in ihrer Person vorliegt und von einem rechtsmissbräuchlichen Einsatz des Instruments der vorzeitigen Beendigung des Amtes nach Aktenlage nicht ausgegangen werden kann.
78 
Es kann offen bleiben, ob angesichts des hier bei zwei Dritteln der Mitglieder von Hochschulrat und Senat angesetzten Quorums (§ 18 Abs. 5 Satz 4 LHG) von einem hinreichend wichtigen Grund allein schon deshalb ausgegangen werden muss, weil die erforderliche Mehrheit für die Abberufung votiert hat (so grundsätzlich bei einem Quorum von ¾ im Niedersächsischen Hochschulgesetz: BVerfG, Beschluss vom 24.06.2014, a.a.O.; NdsOVG, Beschluss vom 02.09.2014, a.a.O.: nur Kontrolle auf Willkür), oder ob darüber hinaus in eine Sachprüfung einzutreten ist (so Thür. OVG, Beschluss vom 05.06.2014, a.a.O.; Haug, a.a.O., Rn. 268 ff.). Für die strengere Begrenzung des Prüfungsmaßstabes spricht neben dem damit möglichen stärkeren Schutz der Hochschulautonomie und damit der Wissenschaftsfreiheit auch die Tatsache, dass sich die individuellen Motive der Abstimmungsberechtigten ohnehin nicht abschließend ermitteln lassen. Andererseits ist es unabhängig von der Frage, welche Beweggründe jeweils für die Abstimmung der Einzelnen leitend gewesen sein mögen, durchaus möglich, das Fehlen eines hinreichend legitimen Abberufungsgrundes festzustellen. Selbst wenn indes vor diesem Hintergrund in eine nähere Sachprüfung einzutreten sein sollte, ist ein hinreichend wichtiger Grund für die vorzeitige Beendigung des Amtes der Antragstellerin gegeben.
79 
Aufgrund des sich aus den Akten ergebenden Sachstandes ist davon auszugehen, dass die vorzeitige Beendigung des Amtes der Antragstellerin dadurch legitimiert ist, dass sie geeignet erscheint, die sonst erheblich beeinträchtigte beziehungsweise gefährdete Arbeitsfähigkeit der Organe der Hochschule wiederherzustellen und zu sichern. Die dem Senat vorliegenden Akten belegen eindeutig, dass die zwischen der Antragstellerin und der Kanzlerin sowie einer Vielzahl weiterer an der Hochschule tätigen Personen entstandenen Spannungen und Konflikte seit dem Jahre 2014 immer weiter eskalierten und eine gedeihliche Zusammenarbeit weitgehend unmöglich machten. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die an dem Konflikt beteiligten Personen oder Dritte in der Lage gewesen wären, diesen Eskalationsprozess zu beenden und das Verhältnis zwischen Antragstellerin und der Kanzlerin sowie den weiteren Personen auf eine Ebene zurückzuführen, auf der die Konflikte hätten beendet werden können. Dies hat auch das Verwaltungsgericht so gesehen. Aufgrund der Stellung und des Aufgabenbereichs von Rektor(in) und Kanzler(in) einer Hochschule ist es aber insbesondere unabdingbar, dass die Inhaber dieser beiden funktionsgebundenen Ämter vertrauensvoll zusammenarbeiten (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.11.2014 - 4 B 31.11 -, WissR 2014, 409). Es bestehen keine Zweifel daran, dass eine Hochschule Schaden zu nehmen droht, wenn das Verhältnis der Inhaber dieser beiden Ämter so gestört ist, dass sie sich im Schwerpunkt mit der gegenseitigen Bekämpfung und nicht mit der Wahrnehmung der ihnen jeweils und gemeinsam obliegenden Aufgaben befassen. Sowohl Rektor(in) als auch Kanzler(in) (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 2 LHG) sind nach § 16 Abs. 1 Satz 2 LHG, § 6 der Grundordnung Mitglied der Hochschulleitung, des Rektorats. Das Rektorat ist nach § 16 Abs. 3 Satz 1 LHG für alle Angelegenheiten zuständig, für die in diesem Gesetz oder in der Grundordnung nicht ausdrücklich eine andere Zuständigkeit festgelegt ist (vgl. auch Thür. OVG, Beschluss vom 05.06.2014, a.a.O.).
80 
Vor diesem Hintergrund bestehen keine Zweifel daran, dass ein wichtiger Grund Hochschulrat, Senat und Ministerium bewogen hat, das Einvernehmen über die vorzeitige Beendigung des Amtes der Antragstellerin herbeizuführen. Auf die einzelnen Ereignisse, die die Konflikte zwischen der Antragstellerin und der Kanzlerin sowie den weiteren Personen und die daraus resultierenden Probleme der Zusammenarbeit der Hochschulgremien belegen, und insbesondere auf die Verschuldensfrage kommt es nicht entscheidend an (vgl. Thür. OVG, Beschluss vom 05.06.2014, a.a.O., unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 25.01.1967 - VI C 58.65 -, BVerwGE 26, 65 zur Bedeutung schuldhaften Verhaltens für die auf innerdienstliche Spannungen zurückzuführende Versetzung eines Beamten; siehe hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 26.11.2004 - 2 B 72.04 -, Buchholz 235 § 9 BDO Nr. 41; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.05.1999 - 4 S 660/99 -, IÖD 1999, 270; BayVGH, Beschluss vom 24.03.2015 - 3 ZB 14.591 -, juris, m.w.N.). Entscheidend ist, dass die vorzeitige Beendigung des Amtes der Antragstellerin bewirkt wurde, weil aus nachvollziehbaren Gründen keine Möglichkeit mehr gesehen wurde, die andauernden und immer weiter eskalierenden Spannungen zwischen der Antragstellerin und der Kanzlerin sowie weiteren Personen zu beenden. Nach Aktenlage beruhte dies im Übrigen keineswegs allein oder ganz überwiegend auf Dienstpflichtverletzungen anderer beziehungsweise auf den behaupteten Fürsorgepflichtverletzungen des Ministeriums, sondern nicht unerheblich (zumindest auch) auf dem Führungsstil und dem persönlichen Verhalten der Antragstellerin. Bei alledem war auch in Rechnung zu stellen, dass die mittlerweile erfolgte Berichterstattung in den Medien (mit Überschriften wie z.B. in der Heilbronner Stimme vom 11.07.2014: „Schlammschlacht an der Hochschule“, Bl. 461 der Akten Resolution/Sondersituation; vom 29.07.2014: „Turbulenzen an Hochschule gehen weiter“, Bl. 496 der Akten Resolution/Sondersituation; vom 30.07.2014: „Erbitterter Machtkampf“, Bl. 538 der Akten Resolution/Sondersituation; in der Ludwigsburger Kreiszeitung vom 02.07.2014: „Ein tiefer Riss geht durch die Hochschule“, Bl. 448 der Akten Resolution/Sondersituation; vom 31.07.2014: „Hochschule versinkt im Chaos“ sowie „Irgendwas muss jetzt passieren“, Bl. 548-549 der Akten Resolution/Sondersituation; vom 23.08.2014: „Studenten fürchten um ihre Zukunft“, Bl. 787 der Akten Resolution/Sondersituation; usw.) die Gefahr einer weiteren Vertiefung des Konflikts und einer nachhaltigen Schädigung des Ansehens der Hochschule heraufbeschwor.
81 
Der Abberufung der Antragstellerin als Rektorin stand dabei nicht entgegen, dass bereits im Sommer 2014 ein Abberufungsversuch unternommen worden und aufgrund der damaligen Abstimmungsverhältnisse gescheitert war (bei 19 Stimmberechtigten zwölf Stimmen für die Abberufung, drei Enthaltungen, eine ungültige Stimme in der Senatssitzung vom 25.06.2014). Selbst wenn viel für die „Sperrwirkung“ eines gescheiterten Abberufungsversuchs gegenüber einem neuen Abberufungsverfahren bei unveränderten Verhältnissen sprechen mag (vgl. auch die eigene Einschätzung des Antragsgegners, Bl. 502-503, 558-559 sowie 1258-1259 der Akten Resolution/Sondersituation), so hatte sich hier die Sachlage bis Dezember 2014 / Januar 2015 jedenfalls so deutlich verändert, dass die erneute Einleitung des Beendigungsverfahrens statthaft war. Dabei kann außer Betracht bleiben, dass mit Schreiben vom 30.07.2014 (Bl. 517 der Akten Resolution/Sondersituation) die Dekane und die Mitglieder des Personalrates ihren Rücktritt erklärten, weil sie eine Zusammenarbeit mit der Antragstellerin nicht mehr für möglich und deren Verbleib im Amt für nicht tragbar hielten. Gleiches gilt für die Rücktrittserklärung des Datenschutzbeauftragten der Hochschule (Bl. 551 der Akten Resolution/Sondersituation), die Rücktrittserklärung des Leiters sowie des stellvertretenden Leiters des Instituts für Angewandte Forschung und des Donauraumbeauftragten (Bl. 577 der Akten Resolution/Sondersituation), die Rücktrittserklärung des Repräsentanten der Hochschule beim Projekt Kinderuniversität sowie des Ausstellungsorganisators (Bl. 601 der Akten Resolution/Sondersituation) sowie die Rücktrittserklärung des Senatsbeauftragten für die Hochschulzeitung (Bl. 615 der Akten Resolution/Sondersituation). Selbst wenn man nur von der Antragstellerin selbst gesetzte Gründe für einen neuen Abberufungsversuch ausreichen lässt, waren solche nach Aktenlage in ausreichendem Maße gegeben. Der Antragstellerin gelang es nicht, auf die Ebene einer sachlichen und gedeihlichen Zusammenarbeit mit der Kanzlerin und den Fakultätsleitungen zurückzukehren. Mit Schreiben vom 17.11.2014 (Bl. 1183-1184 der Akten Resolution/Sondersituation) teilte die Antragstellerin dem Innenministerium selbst mit, seit dem Gespräch „im Juni“ (gemeint sein kann nur das Gespräch vom 18.07.2014, Bl. 469-470 der Akten Resolution/Sondersituation) hätten sich „die Umstände an der Hochschule nun leider doch so entwickelt, dass ein Weggang von mir mittlerweile naheliegt“. Auch die externe Kommission, die die Funktionsfähigkeit der Hochschule analysierte, kam in ihrem Bericht vom 21.11.2014 (Bl. 1187-1196 der Akten Resolution/Sondersituation) unter anderem zu dem Ergebnis, der Führungsstil der Antragstellerin stehe im Gegensatz zu der an einer Hochschule gebotenen Führungskultur und könne nicht erfolgreich sein, weshalb inzwischen die Beziehungen innerhalb der Hochschule so zerrüttet seien, dass eine Wendung zu einer angemessenen Führungskultur unter der gegenwärtigen Leitung nicht zu erwarten sei. Das Ergebnisprotokoll des Dienstgesprächs vom 08.12.2014 zwischen dem Ministerium, der Prorektorin und der Kanzlerin spiegelt die Sorge und Verunsicherung der Hochschulmitarbeiter wider; es wurde demzufolge bereits eine hohe Personalfluktuation festgestellt (Bl. 1249-1252 der Akten Resolution/Sondersituation). Am 17.12.2014 verhinderte die Antragstellerin, dass sich der Senat mit der Einsetzung eines Beauftragten gemäß § 68 Abs. 5 LHG befassen konnte. Sie weigerte sich, den Tagesordnungspunkt zuzulassen, obwohl ihr die Rechtsauffassung des Ministeriums bekannt war, dass sie von der Beteiligung insoweit ausgeschlossen war (Bl. 1368 der Akten Resolution/Sondersituation). Die damit verbundene Auseinandersetzung wurde streitig weitergeführt (vgl. Beanstandung des Verhaltens der Antragstellerin als rechtswidrig durch das Ministerium = Bl. 1441-1444 der Akten Resolution/Sondersituation, Widerspruch = Bl. 1494-1499 der Akten Resolution/Sondersituation, Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit = Bl. 1501-1504 der Akten Resolution/Sondersituation). Mit einer Pressemitteilung vom 12.01.2015 (Bl. 1677-1678 der Akten Resolution/Sondersituation) zeigte sich die Antragstellerin „verwundert“ über die Vorgehensweise des Ministeriums und erklärte unter anderem, ihre Sorge sei groß, dass nach ihrem Weggang „alles unter den Teppich gekehrt“ werden würde. Es liegt auf der Hand, dass das Verhalten der Antragstellerin auf diese Weise erheblich dazu beitrug, das Verhältnis zu den übrigen Hochschulangehörigen immer mehr zu zerrütten.
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Anders als das Verwaltungsgericht sieht der Senat die Abberufung der Antragstellerin als Rektorin nach Aktenlage keinem Verdacht des treuwidrigen Verhaltens beziehungsweise des Rechtsmissbrauchs ausgesetzt. Das Verwaltungsgericht hat insoweit die Behauptung der Antragstellerin aufgegriffen, die Empfehlungen der vom Ministerium eingesetzten Kommission seien unter einem unzulässigen Einfluss des Antragsgegners formuliert worden. Das Verwaltungsgericht hat beanstandet, dass die Kommission während ihrer Tätigkeit vom 01.09.2014 bis zum 31.10.2014 Akten nicht geführt beziehungsweise dem Ministerium nicht übergeben habe. Der darin liegende Verstoß gegen die Aktenführungspflicht mache es im Rahmen des Eilverfahrens unmöglich, den Vorwurf weiter aufzuklären. Um den Verdacht auszuräumen, wäre die Kenntnis sämtlicher bei der Tätigkeit der Kommission angefallenen Akten unabdingbar. Ohne Kenntnis der Akten könne nicht nachvollzogen werden, auf welcher Grundlage die Kommission zu ihren Empfehlungen gekommen sei und wie sie sich im Kommissionsbericht niedergeschlagen hätten. Ohne eine aufwändige, dem Verfahren in der Hauptsache vorbehaltene Beweisaufnahme könne daher ein treuwidriges Verhalten des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin nicht ausgeschlossen werden. Da dieser Mangel dem Antragsgegner zuzurechnen sei, dürfe hieraus der Antragstellerin kein Nachteil erwachsen, sei eine Offenheit des Ausgangs des Verfahrens in der Hauptsache und ferner ein Überwiegen des Suspensivinteresses der Antragstellerin anzunehmen. Dem kann der Senat jedenfalls im Ergebnis nicht folgen.
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Soweit das Verwaltungsgericht es als unbefriedigend und in Widerspruch zu der von den Kommissionsmitgliedern übernommenen Verpflichtung stehend ansieht, dass die Kommission keine Akten geführt beziehungsweise dem Ministerium übergeben hat, erscheint dieser Standpunkt einleuchtend (vgl. unter der Überschrift „Verschwiegenheitspflicht“ den Passus auf Bl. 1055 der Akten Resolution/Sondersituation: „Bei Beendigung der Kommissionsarbeit werden alle im Zusammenhang mit der Kommissionsarbeit angefallenen Unterlagen sowie etwa angefertigte Abschriften oder Kopien an das Wissenschaftsministerium übergeben.“). Darüber hinaus ist bereits die Einsetzung der Kommission als solche, wenngleich diese auch von der Antragstellerin befürwortet wurde (vgl. Bl. 469, 481, 512, 689 und 1088 der Akten Resolution/Sondersituation), angesichts der ihr verliehenen Rechte rechtlichen Bedenken ausgesetzt. In dem Schreiben zur Einsetzung (Bl. 1055 der Akten Resolution/Sondersituation) heißt es, die Kommission habe die Aufgabe, die aktuelle und zukünftige Funktions- und Gestaltungsfähigkeit der Hochschule zu analysieren und Empfehlungen zur Überwindung der bestehenden Vertrauens- und Führungskrise vorzulegen. In diesem Zusammenhang übe sie die Rechte des Wissenschaftsministeriums nach § 68 Abs. 1 LHG aus. Dementsprechend teilte das Ministerium der Hochschule mit Schreiben vom 22.09.2014 (Bl. 1056 der Akten Resolution/Sondersituation) mit, es wolle sich in seiner Eigenschaft als Aufsichtsbehörde gemäß § 68 Abs. 1 LHG über die aktuelle und zukünftige Funktions- und Gestaltungsfähigkeit der Hochschule näher unterrichten. Mit der Ausübung dieses Rechts habe es die Herren S., MdL, Prof. Dr. M. und Dr. H. beauftragt. In dieser Eigenschaft gälten sie als Angehörige des Wissenschaftsministeriums und unterlägen als solche sowohl der Amtsverschwiegenheit als auch dem Datenschutzrecht. In Ausübung des Unterrichtungsrechts nach § 68 Abs. 1 LHG erbetene Auskünfte, Aktenvorlagen (dies umfasse gegebenenfalls auch den Zugang zu elektronisch gespeicherten Daten), Zugang zu Einrichtungen der Hochschule könnten und müssten deshalb erteilt beziehungsweise gewährt werden. Dies gelte für alle Organe, Amtsträger, Verwaltungsmitarbeiter und weitere Mitglieder und Angehörigen der Hochschule. Auf welche Rechtsgrundlage sich diese Übertragung hoheitlicher Befugnisse stützen lassen sollte, ist nicht ersichtlich. Die Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse durch Private bedarf aber einer Beleihung, das heißt einer Übertragung dieser Befugnis durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.11.2015 - 9 B 21.15 -, juris Rn. 13, m.w.N.; näher BVerwG, Urteil vom 26.08.2010 - 3 C 35.09 -, BVerwGE 137, 377 = juris Rn. 24 ff.; zum Begriff der Beleihung Senatsurteil vom 26.03.2015 - 9 S 516/14 -, VBlBW 2015, 479).
84 
Aus den sich somit erhebenden Bedenken vermag der Senat allerdings keinen Schluss auf eine etwaige Treuwidrigkeit beziehungsweise Rechtsmissbräuchlichkeit der Abberufung der Antragstellerin als Rektorin zu ziehen. Dies gilt auch mit Blick darauf, dass die Mitwirkung des Ministeriums an der Entscheidung über die Abberufung nach § 18 Abs. 5 Satz 1 LHG ohnehin verfassungsrechtlichen Schranken unterliegt. Bei der insoweit gebotenen Abwägung der gegenläufigen privaten und öffentlichen Interessen und unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls (zum Maßstab bei der Prüfung eines Verwertungsverbots im Verwaltungsverfahren vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 21.06.2010 - 10 S 4/10 -, VBlBW 2010, 400, und vom 28.02.2012 - 10 S 3390/11 -, NJW 2012, 2744; Urteil vom 18.06.2012 - 10 S 452/10 -, VBlBW 2013, 19; ferner Hufen/Siegel, Fehler im Verwaltungsverfahren, 5. Aufl. 2013, Rn. 237 ff.; Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 24 Rn. 33 und § 26 Rn. 60; Spilker, Behördliche Amtsermittlung, 2015, S. 217 ff.; jeweils m.w.N.), besteht kein Grund, die in dem Kommissionsbericht enthaltenen Erkenntnisse einem Verwertungsverbot zu unterziehen. Nicht ersichtlich ist, dass die Kommission von Seiten des Antragsgegners in bedenklicher Weise unsachlich beeinflusst worden sein könnte oder dass es gar zu Manipulationen am Inhalt des Kommissionsberichts gekommen sein könnte. Vor allem aber lässt sich eine Kausalität der Mängel, die der Kommissionstätigkeit anhaften mögen, für den Fortgang des Abberufungsverfahrens nicht feststellen. Die Kommission diente dem Antragsgegner ersichtlich als Instrument zur Aufklärung des Sachverhalts (vgl. auch § 26 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG). Fehler bei der Sachverhaltsaufklärung können wegen § 44a VwGO nicht selbständig geltend gemacht werden, aber auf die materiell-rechtliche Ebene durchschlagen. Allerdings kommt auch die Heilung derartiger Fehler im verwaltungsgerichtlichen Verfahren infolge der Wahrnehmung der verwaltungsprozessualen Aufklärungspflicht (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO) in Betracht, wenn sich im Ergebnis die Richtigkeit der Sachentscheidung ergibt (vgl. Hufen/Siegel, a.a.O., Rn. 220 f.; zum Recht auf ein faires Verfahren in diesem Zusammenhang: EuGH, Urteil vom 10.04.2003 - C-276/01 -, Slg. 2003, I S. 3735, Rn. 72 ff.). So liegt der Fall hier.
85 
Auftrag der Kommission war nicht die Untersuchung einzelner Dienstvergehen oder sonstiger Verfehlungen der Rektorin oder anderer Hochschulangehöriger. Sie war (lediglich) zu dem Zweck eingesetzt worden, die aktuelle Funktions- und Gestaltungsfähigkeit der Hochschule zu analysieren und Empfehlungen zur Überwindung der bestehenden Vertrauens- und Führungskrise zu geben, was sich maßgeblich danach bestimmte, welches Maß an Vertrauensverlust der Hochschulleitung beziehungsweise an Zerrüttung der Beziehungen innerhalb der Hochschule vorzufinden war. Die für die Frage der Abberufung relevanten zentralen Feststellungen im Kommissionsbericht decken sich mit der vom Senat vorgefundenen Aktenlage. Sie sind im Kern von der Antragstellerin nicht substantiiert in Frage gestellt worden. Entsprechendes gilt für die dem Bericht zugrundeliegenden Feststellungen zu der Aufforderung an die Antragstellerin, von ihrem Amt zurückzutreten. Diese steht im Übrigen tendenziell in Übereinstimmung mit deren bereits aufgezeigten eigenen Einschätzung im Schreiben vom 17.11.2014 (Bl. 1183-1184 der Akten Resolution/Sondersituation), wonach sich „die Umstände an der Hochschule nun leider doch so entwickelt (hätten), dass ein Weggang von mir mittlerweile naheliegt“. Wie oben bereits dargestellt, waren die innerhalb der Hochschulleitung und auch sonst an der Hochschule im Verhältnis zur Antragstellerin entstandenen Zerwürfnisse so gravierend, dass sich die Situation an der Hochschule auch unabhängig vom Zustandekommen des Kommissionsberichts immer weiter auf eine Abberufung der Antragstellerin hin zuspitzte.
86 
Soweit die Antragstellerin behauptet, der Kommissionsbericht habe nach einem internen Aktenvermerk dazu benutzt werden sollen, um zum Zwecke der Abberufung gezielt öffentlichen Druck aufzubauen (S. 2 des Schriftsatzes vom 21.10.2015 im Verfahren 10 K 3628/15), geht dies an dem tatsächlichen Inhalt des Vermerks vorbei. Dieser befasst sich mit den „möglichen Szenarien“ zur Realisierung der Kommissionsempfehlungen. Als eine unter mehreren Optionen wird ein neues „Abwahlverfahren“ thematisiert und dazu ausgeführt, unter dem - auch öffentlich aufkommenden - Druck des Kommissionsergebnisses (Rektorin nicht mehr tragbar) sei es kaum vorstellbar, dass sich die Studierenden gegen eine Abwahl entscheiden würden (Bl. 1120 der Akten Resolution/Sondersituation). Somit strebte der Verfasser des Vermerks nicht an, Druck aufzubauen, sondern traf eine Prognose zur Wirkung des von ihm ohnehin erwarteten - nicht zuletzt aus der Öffentlichkeit herrührenden - Drucks. Dafür, dass die Ministerin bei einem Gespräch mit den Kommissionsmitgliedern am 23.10.2014 diese „gelenkt“ beziehungsweise ihnen bestimmte Inhalte ihres Berichts vorgegeben haben könnte, gibt es keine Anhaltspunkte.
87 
Die nach Angaben des Antragsgegners aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes erstellte Zusammenfassung des Kommissionsberichts (Bl. 1210-1217 der Akten Resolution/Sondersituation) enthält keine Kürzungen oder sonstigen Änderungen, die zu einer Fehlinformation oder gar Täuschung ihrer Adressaten führen könnten. Die vom Antragsgegner vorgelegte Gegenüberstellung beider Fassungen (Bl. 293-311 der Akte 10 K 3628/15) sowie die von der Antragstellerin formulierten Einwände (insbes. S. 6 ff. des Schriftsatzes vom 21.10.2015 im Verfahren 10 K 3628/15) belegen zwar, dass bei strenger Einzelbetrachtung nicht alle Kürzungen dem angegebenen Zweck entsprechend notwendig gewesen sein mögen, eine verfälschende oder sonst rechtserhebliche Qualität der Weglassungen lässt sich jedoch nicht erkennen.
88 
Ebenso wenig durchschlagend ist die Rüge der Antragstellerin, die Akten des Ministeriums seien im Ganzen - auch soweit es nicht um die Aktenführung der Kommission gehe - lückenhaft. Zwar heißt es in der Stellungnahme des Ministeriums vom 07.07.2015 auf eine Anfrage mehrerer Abgeordneter (LT-Drucks. 15/7131, S. 3): „Frau Ministerin Bauer erfuhr von der Resolution am 17. März 2014 durch E-Mail von Dr. Markus Rösler MdL (15.21 Uhr).“ Die Antragstellerin vermisst die benannte E-Mail in den Akten des Ministeriums. Dass hieraus indes Schlüsse auf eine rechtserhebliche, zu Lasten der Antragstellerin lückenhafte Aktenführung gezogen werden könnten, erschließt sich nicht. Die E-Mail, mit der die „Resolution der Fakultätsvorstände“ vom 14.03.2014 an das Ministerium übersandt wurde, ist in den Akten enthalten (Bl. 11 der Akten Resolution/Sondersituation). Dass die Ministerin persönlich noch im Wege der zusätzlichen E-Mail eines Dritten von der Resolution unterrichtet worden sein mag, erscheint für die Rechtsposition der Antragstellerin ohne Belang.
89 
Soweit die Antragstellerin bestreitet, dass sie für eine Herabsetzung der Funktionsfähigkeit der Hochschule verantwortlich sei, weckt das keine materiell-rechtlichen Bedenken gegen ihre Abberufung. Wie bereits dargestellt, kommt es auf die Verschuldensfrage nicht entscheidend an. Auch belegen weder die Äußerungen des Beauftragten in einem Interview mit der Ludwigsburger Kreiszeitung am 10.04.2015 (als Anlage K57 von der Antragstellerin vorgelegt, Bl. 703 der VG-Akte 10 K 1524/15) noch die Stellungnahme des Ministeriums (LT-Drucks. 15/7731), dass die Funktionsfähigkeit der Hochschule in der Zeit, in der die Antragstellerin noch ihr Amt ausübte, nicht gefährdet gewesen sei. Wenngleich an den genannten Stellen bekundet wurde, der Lehr- und Prüfungsbetrieb habe ohne spürbare Auswirkungen gewährleistet werden können beziehungsweise die Hochschule sei vom Beauftragten funktionsfähig vorgefunden worden, so wird damit ein dringender Handlungsbedarf auf der Leitungsebene der Hochschule keineswegs negiert. Von offen zu Tage getretenen Konflikten auf der Leitungsebene sowie von Problemen in Bezug auf Zusammenarbeit, Kommunikation und Umgang innerhalb der Hochschule ist gerade auch in der Stellungnahme des Ministeriums (a.a.O., Nr. 1, S. 2 und 3) die Rede. Auch soweit es in der Stellungnahme (a.a.O., Nr. 2, S. 3) heißt, nicht zuletzt aufgrund der unter anderem auf den Beschlüssen des Verwaltungsgerichts Stuttgart fußenden, fortdauernden öffentlichen Auseinandersetzungen, die zusätzlich geeignet seien, eine Verunsicherung der Hochschulmitglieder und Angehörigen, der Kooperationspartner der Hochschule sowie potenzieller Studienbewerber/-innen auszulösen, sei weiterhin von einer konkreten Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Selbstverwaltung der Hochschule auszugehen, lässt das nicht den Schluss zu, die Person der Antragstellerin habe mit der angenommenen Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit nichts zu tun. Auch versteht sich von selbst, dass ein öffentlichkeitswirksamer Rechtsstreit um die Abberufung der Rektorin erhebliche Unruhe in die Hochschule trägt.
90 
Vor dem Hintergrund all dessen begegnet es nach Aktenlage auch keinen rechtlichen Bedenken, dass das Ministerium die Weiterführung der Geschäfte durch die Antragstellerin nach § 9 Abs. 2 Satz 3 LHG abgelehnt hat (Nr. 4 des Bescheides vom 26.02.2015).
91 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene zu 2 im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es billigem Ermessen, ihre außergerichtlichen Kosten der unterliegenden Antragstellerin aufzuerlegen. Für eine Billigkeitsentscheidung im Sinne des § 162 Abs. 3 VwGO zugunsten des Beigeladenen zu 1 gibt es keinen Grund, da dieser weder einen Antrag gestellt noch sonst in hier berücksichtigungsfähiger Weise zur Förderung des Verfahrens beigetragen hat.
92 
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 Satz 2 und Nr. 18.12 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (VBlBW Sonderbeilage Januar 2014).
93 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 26. Feb. 2016 - 9 S 2445/15

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 26. Feb. 2016 - 9 S 2445/15

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 26. Feb. 2016 - 9 S 2445/15 zitiert 22 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

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(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 44a


Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder ge

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(1) Die Klage ist bei dem Gericht schriftlich zu erheben. Bei dem Verwaltungsgericht kann sie auch zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden. (2) Der Klage und allen Schriftsätzen sollen vorbehaltlich des § 55a Absatz 5 S

Europawahlgesetz - EuWG | § 4 Geltung des Bundeswahlgesetzes


Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, gelten für die Wahl der Abgeordneten die Vorschriften der Abschnitte zwei bis sieben des Bundeswahlgesetzes überdie Wahlorgane, das Wahlrecht, die Vorbereitung der Wahl, die Wahlhandlung, die Fests

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 26. Feb. 2016 - 9 S 2445/15 zitiert oder wird zitiert von 16 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 26. Feb. 2016 - 9 S 2445/15 zitiert 16 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 24. März 2015 - 3 ZB 14.591

bei uns veröffentlicht am 24.03.2015

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5000,- Euro festgesetzt. Gründe

Verwaltungsgericht München Urteil, 23. Juni 2015 - M 5 K 13.341

bei uns veröffentlicht am 23.06.2015

Tenor I. Soweit das Klageverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, wird das Verfahren eingestellt. II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 10. Nov. 2015 - 10 K 3628/15

bei uns veröffentlicht am 10.11.2015

Tenor Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 26. Februar 2015 - 10 K 1524/15 - wird mit der Maßgabe wiederhergestellt, dass die Wahrnehmung der Dienstges

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. Nov. 2015 - 11 S 714/15

bei uns veröffentlicht am 09.11.2015

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 8. Oktober 2014 - 5 K 48/13 - geändert. Der Bescheid des Land-ratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 10. Februar 2012 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsid

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 23. Juni 2015 - 8 S 1386/14

bei uns veröffentlicht am 23.06.2015

Tenor Auf die Berufungen der Kläger werden die Urteile des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28. Februar 2014 - 2 K 3238/12 und 2 K 3104/12 - geändert.Der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2011 und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bo

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 26. März 2015 - 9 S 516/14

bei uns veröffentlicht am 26.03.2015

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29. November 2013 - 4 K 2179/12 - wird zurückgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 12. Sept. 2014 - 1 A 1637/12

bei uns veröffentlicht am 12.09.2014

Tenor Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Verfügung des Vorstandes der Deutschen Post AG vom 15. Dezember 2009 über die Versetzung des Klägers in den Ruhestand nach Vollendung des 63. Lebensjahres sowie der diesbezügliche Widerspruchsbescheid

Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 27. März 2014 - 4 K 1895/13

bei uns veröffentlicht am 27.03.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstr

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 03. Feb. 2014 - 9 S 885/13

bei uns veröffentlicht am 03.02.2014

Tenor Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 4. März 2013 - 7 K 3335/11 - wird abgelehnt.Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.Der Streitwert des Zulassungsverfahren

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 16. Okt. 2013 - 4 K 2001/13

bei uns veröffentlicht am 16.10.2013

Tenor 1. Der Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 12.07.2013 wird aufgehoben und das beklagte Land wird verpflichtet, die Bürgermeisterwahl der Gemeinde Malsch vom 09.06.2013 für ungültig zu erklären.2. Das beklagte Land, der Beigeladene zu 1 un

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 02. Aug. 2012 - 1 S 618/12

bei uns veröffentlicht am 02.08.2012

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. November 2011 - 3 K 641/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde.Es wird festgestellt, dass die an den Kläger gerichtete Auflage in Ziffer 7 der Ver

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 18. Juni 2012 - 10 S 452/10

bei uns veröffentlicht am 18.06.2012

Tenor Das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 7. Oktober 2009 - 2 K 320/09 - wird geändert. Die Verfügung des Landratsamts Ortenaukreis vom 4. Dezember 2008 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 6. Februar 2009 w

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 04. Aug. 2010 - 9 S 2315/09

bei uns veröffentlicht am 04.08.2010

Tenor Artikel 1 Nummer 7 und Artikel 1 Nummer 8 der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz vom 24. Oktober 2008 werden für unwirksam erklärt. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Ver

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 21. Juni 2010 - 10 S 4/10

bei uns veröffentlicht am 21.06.2010

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. Oktober 2009 - 1 K 1301/09 - wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 22. Feb. 2010 - 10 S 2702/09

bei uns veröffentlicht am 22.02.2010

Tenor Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. November 2009 - 7 K 3943/09 - geändert. Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen den

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 15. Okt. 2009 - 2 S 1457/09

bei uns veröffentlicht am 15.10.2009

Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 5. März 2009 - 2 K 2480/08 - wird mit folgender Maßgabe zurückgewiesen: Es wird festgestellt, dass das der Klägerin mit Schreiben

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Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 26. Februar 2015 - 10 K 1524/15 - wird mit der Maßgabe wiederhergestellt, dass die Wahrnehmung der Dienstgeschäfte einer Rektorin der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg durch die Antragstellerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache unterbleibt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer am 26.03.2015 erhobenen Klage. Diese richtet sich gegen einen Bescheid des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg vom 26.02. 2015, in dem dieses unter Anordnung der sofortigen Vollziehung der Antragstellerin die vorzeitige Beendigung ihres Amtes als Rektorin der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen L. nach Herstellung des Einvernehmens nach § 18 Abs. 5 Satz 3 LHG mitgeteilt hat.
Diese Entscheidung beruhte im Wesentlichen auf folgendem, hier ohne Anspruch auf Vollständigkeit zusammengefassten Geschehen:
Am 13.12.2011 wurde die Antragstellerin vom Hochschulrat, zuletzt als einzige Kandidatin, zur Rektorin auf sechs Jahre gewählt. Auf ihren Vorschlag wählte der Senat am 28.03.2012 Frau Prof. Dr. M. und Prof. Z. zu Prorektoren. Diese Wahl wurde vom Hochschulrat in seiner Sitzung am 02.04.2012 bestätigt. Ab dem 01.07.2013 folgte Prof. Dr. K. Prof. Z. im Amt des Prorektors nach. Die Hochschulleitung (Rektorat) vervollständigte die zuletzt auf Vorschlag der Antragstellerin am 15.05.2012 vom Hochschulrat gewählte Kanzlerin D..
In den Jahren 2012 und 2013 arbeitete die Hochschulleitung untereinander und im Kontakt mit den Gremien der Hochschule - Senat, Hochschulrat - wie auch den Leitungen der beiden Fakultäten im Wesentlichen gut zusammen. Nach außen wurden Spannungen ab Anfang 2014 erkennbar. In einer an die Mitglieder des Senats und des Hochschulrats gerichteten und von der Leitung beider Fakultäten (Dekane, Prodekane, Studiendekane) unterzeichneten „Resolution“ vom 14.03.2014 wurde das Führungsverhalten insbesondere der Antragstellerin massiv kritisiert. Die daraufhin vom Vorsitzenden des Hochschulrats am 17.03.2014 erbetene, 21 Seiten umfassende, an den Vorsitzenden des Hochschulrats adressierte Stellungnahme des Rektorats datiert vom 25.03.2014 und ist neben der Antragstellerin lediglich von den beiden Prorektoren unterzeichnet. Die Kanzlerin gab am 31.03.2014 gegenüber dem Wissenschaftsministerium eine eigene „Teilkommentierung aus Sicht der Kanzlerin“ zur „Stellungnahme des Rektorates - … - vom 25.03.2014 zur Resolution der Fakultätsleitungen vom 14.03.2014“ ab und warf dabei „die Frage nach disziplinar- und strafrechtlichen Konsequenzen der Rektoratsmitglieder auf, die die Stellungnahme unterschrieben haben“. Der Hochschulratsvorsitzende übersandte die Stellungnahme des Rektorats sowie eine von ihm erbetene „grobe rechtliche Einschätzung der Resolution“ durch einen Rechtsanwalt Anfang April (Eingang: 03.04.2014) an das Ministerium. Die genannte „Einschätzung“ vom 01.04.2014 kommt zu dem Ergebnis, dass durch die Resolution „tragende Grundsätze des Beamtenrechts verletzt“ worden seien. Aus einem parallel zu diesem Vorgang erfolgten E-Mail-Kontakt der Kanzlerin zum Wissenschaftsministerium am 27.03.2014 wird deutlich, dass zwischen ihr und der Antragstellerin jedenfalls bereits seit Dezember 2013 u.a. im Zusammenhang mit der Behandlung von „Repräsentationsausgaben“ (Geschenken), mit der Einschätzung der Wertigkeit ihrer Tätigkeit und mit Personalentscheidungen massive inhaltliche und kommunikative Spannungen bestanden. Das Ministerium führte im April und Mai 2014 zahlreiche Gespräche mit Beteiligten, aus denen sich bereits die Möglichkeit einer „Abwahl“ der Antragstellerin durch den Senat ergab, nahm aber gegenüber der Hochschule und deren Funktionsträgern nicht Stellung, weder im Sinne einer rechtlichen Klärung der erhobenen Vorwürfe noch im Blick auf mögliche Disziplinarmaßnahmen. Zum 30.04.2014 legten beide Prorektoren ihre Ämter nieder, verblieben aber zunächst faktisch in ihrer Funktion. Diese endete bei Prorektor Dr. K. durch seine Erkrankung und seinen Eintritt in den Ruhestand zum 31.05.2014. Nach einer internen Stellungnahme des Ministeriums vom 21.05.2014 waren gegenüber der Antragstellerin erhobene Vorwürfe der Vorteilsgewährung, Bestechung (mit Blick auf Geschenke / Zulagen an Mitglieder des Hochschulrats) oder der Untreue nicht berechtigt. Eine entsprechende Strafanzeige eines Professors der Hochschule vom 23. 06./29.07.2014 führte zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, die am 27.10.2014 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden, da in Bezug auf gemachte Geschenke, bewilligte Aufwandsentschädigungen bzw. Zulagen oder der Verleihung der Ehrensenatorwürde ein strafbares Verhalten der Antragstellerin nicht festzustellen sei.
Ein - erster - Versuch der vorzeitigen Beendigung der Amtszeit der Antragstellerin als Rektorin („Abwahl“) durch den Senat blieb ohne Ergebnis, da in dessen Sitzung am 25.06.2014 die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit der Stimmen nicht erreicht wurde. Bemühungen der Antragstellerin um einen Neubeginn innerhalb der Hochschule und insbesondere zwischen ihr und den Unterzeichnern der „Resolution“ sowie der Kanzlerin scheiterten ebenso wie eine „Abwahl“-Abstimmung im Hochschulrat am 28.07.2014, die vom Ministerium als unzulässig beanstandet wurde und daher folgenlos blieb. In einem internen Vermerk des Ministeriums vom 30.07.2014 wird festgestellt, die Antragstellerin sei als Rektorin „nicht die alleinige Problemstelle“, habe aber auch „keine unwesentlichen Beiträge zur Entwicklung der Sachlage an der Hochschule geleistet“. Auch der Vorsitzende des Hochschulrats fordere ihre Ablösung. Das Meinungsbild im Hochschulrat sei insoweit „einstimmig“. Auch das Ministerium sehe „das Verhältnis zwischen Hochschule und Rektorin (in Anlehnung an einen Begriff des Scheidungsrechts) als nachhaltig zerrüttet an“. „Eine neue Initiative zum Abwahlverfahren“ sei „erst bei Vorliegen neuer, durchgreifender Gründe statthaft.“ Die Einsetzung einer dreiköpfigen Kommission sei gegenüber der Einsetzung eines Beauftragten nach § 68 Abs. 5 LHG das „mildere Mittel“ und daher geboten. Die Ergebnisse der Kommission würden die Basis weiterer Entscheidungen sein.
Sich an die gescheiterte Abwahl im Senat anschließende Rücktritte zahlreicher Funktionsträger der Hochschule (Dekane, Prodekane, Mitglieder des Personalrats) am 30.07.2014, begründet damit, dass die Einsetzung einer Kommission zu nichts führe und eine weitere Zusammenarbeit mit der Rektorin nicht möglich sei, führten zu keinem erneuten Abwahlverfahren, da nach Ansicht des Ministeriums hierdurch keine von der Rektorin selbst geschaffenen neuen Umstände eingetreten seien, die allein ein solches Vorgehen rechtfertigen könnten. Vielmehr setzte das Ministerium zum 01.09.2014 eine dreiköpfige Kommission ein, deren Aufgabe es sein sollte, die aktuelle und zukünftige Funktions- und Gestaltungsfähigkeit der Hochschule zu analysieren und Empfehlungen zur Überwindung der bestehenden Vertrauens- und Führungskrise vorzulegen. Hierbei bezog sich das Ministerium ausdrücklich auf seine Aufsichtsrechte aus § 68 Abs. 1 LHG und verpflichtete die Kommission dazu, dass sie über alle dienstlichen Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen oder aus Anlass ihrer Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, auch nach der Beendigung der Arbeit der Kommission Stillschweigen bewahre. Bei Beendigung der Kommissionsarbeit sollten „alle im Zusammenhang mit der Kommissionsarbeit angefallenen Unterlagen sowie etwa angefertigte Abschriften oder Kopien an das Wissenschaftsministerium übergeben“ werden. Die Kommission führte innerhalb der Hochschule zahlreiche Gespräche und nahm dabei auch schriftliche Konzepte, Darstellungen und Vorschläge von Gesprächspartnern entgegen. Seit dem 23.10.2014 lag der Ministerin ein Entwurf des Kommissionsberichts vor. Der endgültige Bericht wurde der Ministerin von der Kommission am 21.11.2014 übergeben. Eine im Ministerium gefertigte „Zusammenfassung“ vom 24.11.2014 ging der Hochschule als „streng vertraulich“ und nur zur hochschulinternen Verwendung zu. Nach Aktenvermerk des die Funktion der Geschäftsstelle der Kommission wahrnehmenden Referenten des Ministeriums vom 22.10.2014 stellte die Kommission bereits im Entwurf ihres Berichtes fest, die Funktionsfähigkeit der Hochschule sei unter den gegenwärtigen Bedingungen „perspektivisch gefährdet“. Ein Weg aus der Krise erfordere personelle Veränderungen. Eine Möglichkeit, dass die Hochschule unter der Führung der aktuellen Rektorin in eine gedeihliche Zukunft steuere, werde von der Kommission nicht gesehen. Die beste, „vom Ministerium favorisierte und auch von der Kommission empfohlene Variante“ wäre „der freiwillige (sofortige) Rücktritt der Rektorin“. In Betracht komme aus Sicht des Ministeriums aber auch ein weiteres Abwahlverfahren nach § 18 Abs. 5 LHG, nachdem die Rektorin ihren Führungsstil nach dem 25.06.2014 nicht geändert und sich das Klima im Rektorat wie auch Umgangston und kollegiales Miteinander an der Hochschule insgesamt weiter verschlechtert hätten. Die hierfür erforderlichen Mehrheiten würden im Hochschulrat „sicher zu Stande kommen“. Hinsichtlich „leichter Restzweifel“ am Verhalten der studentischen Mitglieder des Senats stellt der Vermerk fest: „Unter dem - auch öffentlich aufkommenden - Druck des Kommissionsergebnisses (Rektorin nicht mehr tragbar) ist es kaum vorstellbar, dass sich die Studierenden bei einem neuerlichem(!) Abwahlantrag gegen eine Abwahl der Rektorin entscheiden würden.“ Dagegen sei die Einsetzung eines Beauftragten nach § 68 Abs. 5 LHG eine „ultima ratio“, die die Funktionsunfähigkeit der Hochschule voraussetze. Dieses Stadium sei, auch aus Sicht der Kommission, „Stand heute noch nicht erreicht“. In einem Gespräch mit der Ministerin am 05.11.2014 auf der Grundlage des Entwurfs des Kommissionsberichts (Stand: 03.11.2014) erklärte die Antragstellerin nach einem hierzu angefertigten Vermerk des Ministeriums, sie sehe ihre Verpflichtung darin, dass die Kanzlerin sowie die Dekanin I zur Verantwortung gezogen würden. Erst im Nachgang sei sie bereit, über ihre eigenen Schlussfolgerungen nachzudenken. Sie wurde aufgefordert, sich hierzu bis zum 12.11.2014 zu erklären.
Mit Schreiben vom 07.11.2014 erklärte das Ministerium seine Zuständigkeit für disziplinarische Maßnahmen gegen die Unterzeichner der „Resolution“ vom 14.03.2014.
Die Antragstellerin war vom 13. bis 30.11.2014 krankgeschrieben. Ein erneutes Gespräch mit der Ministerin am 13.11.2014 fand daher nicht statt. Einen weiteren Gesprächstermin am 08.12.2014 machte die Antragstellerin von der Anwesenheit ihres Bevollmächtigten abhängig. Soweit ersichtlich, fand dieser Termin nicht statt.
In einer Pressemitteilung am 08.12.2014 kündigte die Ministerin die Einsetzung eines Beauftragten zum 12.01.2015 an, „um die Funktionsfähigkeit der Hochschule für Öffentliche Verwaltung in L. zu gewährleisten“. Weiter habe die Ministerin im Gespräch mit den Hochschulratsmitgliedern darauf hingewiesen, „dass der Bericht, den die Kommission zuvor unter Führung von Gerhard Stratthaus erarbeitet habe, mit seinen eindeutigen Empfehlungen neue Erkenntnisse enthalte und ein neues Licht auf die Situation an der Hochschule werfe. Damit sei auch eine neue Befassung der Hochschulgremien mit der Abwahl der Rektorin rechtlich wieder möglich. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass auch seit dem Einsetzen der Kommission keine Signale zu erkennen gewesen seien, die als ein Aufeinander zugehen(!) oder als Versuche zur Befriedung der Situation an der Hochschule zu deuten gewesen wären.“
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Am 18.12.2014 wurde auch die zweite, noch amtierende Prorektorin auf ihren Wunsch hin von ihrer kommissarischen Tätigkeit wegen eines verbalen Angriffs auf sie in der Senatssitzung am 17.12.2014 freigestellt.
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Die Bestellung eines Beauftragten nach § 68 Abs. 5 LHG zur befristeten Wahrnehmung der Funktion der Rektorin erfolgte durch Verfügung des Ministeriums vom 09.01.2015 zum 12.01.2015. Am 12.01.2015 wurde der Antragstellerin die Führung ihrer Dienstgeschäfte nach § 39 BeamtStG untersagt.
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Am 15.01.2015 beriet der Hochschulrat in nichtöffentlicher Sitzung über die Abwahl der Antragstellerin. Der Beschluss hierüber erfolgte nach Herstellung der (Hochschul)Öffentlichkeit in geheimer Abstimmung. Danach war die Haltung des Hochschulrats einhellig und die Ablehnung der Antragstellerin einstimmig.
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Am 21.01.2015 beriet der Senat in nichtöffentlicher Sitzung über die aktuelle Situation der Hochschule. In der folgenden Sitzung am 28.01.2015 beriet der Senat wiederum in nichtöffentlicher Sitzung über das Schicksal der Rektorin. Die krankheitsbedingt verhinderte Antragstellerin erhielt Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme. Danach stimmte der Senat nach Herstellung der (Hochschul-)Öffentlichkeit in geheimer Sitzung ab. Für die Beendigung des Amtes der Antragstellerin wurden 17 Stimmen abgegeben bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung.
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Am 26.02.2015 erging der streitgegenständliche Bescheid des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, gegen den die Antragstellerin am 26.03.2015 Klage erhoben hat.
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Im vorliegenden Antrag vom 22.07.2015 trägt die Antragstellerin vor, ein Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag sei gegeben. Rechtsmissbrauch wegen verspäteter Antragstellung könne ihr nicht entgegengehalten werden.
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Der Antrag sei begründet, denn die Erfolgsaussichten der Klage seien groß. Die Entscheidungen des Hochschulrats vom 15.01.2015 sowie des Senats vom 28.01.2015 wie auch die Zustimmung des Ministeriums im angefochtenen Bescheid seien formell wie materiell rechtswidrig.
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Die Antragstellerin rügt, der Beschluss des Hochschulrats sei bereits aus mehreren formellen Gründen fehlerhaft: Die Ladung zur Sitzung des Hochschulrats sei nicht rechtzeitig erfolgt, gegenüber ihr sei dabei gegen das Gehörsgebot verstoßen und der Grundsatz der Öffentlichkeit sei verletzt worden. Außerdem sei die Abstimmung nicht geheim gewesen. Materiell habe es an einem wichtigen Grund für ihre Abwahl gefehlt. Entsprechendes (Nicht-Einhalten der Ladungsfrist, Verstoß gegen die Öffentlichkeit, kein angemessenes rechtliches Gehör der Antragstellerin) gelte auch für den Beschluss des Senats. Zudem habe der Beauftragte unter dem Briefkopf des „Rektors“ zur Sitzung eingeladen, sei die Stimmabgabe unkorrekt gewesen, da auch der Beauftragte und befangene Personen (die Dekane und Prodekane) an der Abstimmung teilgenommen hätten, und fehle es an dem gebotenen „Vorschlag“ des Hochschulrats vor der Abstimmung. In materieller Hinsicht sei daher unklar, ob es sich bei der Äußerung des Senats um einen „Vorschlag“ oder die „Zustimmung“ hierzu gehandelt habe. Auch habe sich der Senat nicht mit den Gründen der Entscheidung des Hochschulrats auseinandersetzen können, da diese nicht bekannt gewesen seien. Zudem fehle es auch hier am gebotenen „wichtigen Grund“. Hingegen seien Grundlage für die Entscheidung des Senats auch irreführende bzw. falsche Angaben der Kanzlerin und des Beauftragten über Anschlussverwendung und Gehalt der Antragstellerin gewesen.
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Auch der Bescheid des Antragsgegners sei sowohl formell als auch materiell rechtswidrig. Es hätten ihm keine Anträge von Hochschulrat oder Senat zugrunde gelegen und der Antragstellerin sei in zeitlicher Hinsicht kein ausreichendes rechtliches Gehör gewährt worden. In sachlicher Hinsicht sei die Prüfung möglicher Abwahlgründe nicht möglich. Solche Gründe könnten auch nicht nachgeschoben werden. Schließlich bestehe der Verdacht eines treuwidrigen Handelns des Antragsgegners, wenn dieser sich auf Empfehlungen der Kommission stütze, ohne diese offenzulegen. Insoweit sei nicht nachvollziehbar, welche Änderungen der Kommissionsbericht zwischen einem ersten Entwurf vom 22.10.2014 und der in den Akten befindlichen Fassung erfahren habe und wer für die dann an die Hochschule weitergegebene „Zusammenfassung“ verantwortlich sei.
19 
Die Antragstellerin beantragt,
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die aufschiebende Wirkung der Klage vom 26.03.2015 (10 K 1524/15) gegen die Verfügung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 26.02.2015 wiederherzustellen.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sei rechtsmissbräuchlich, insbesondere verspätet gestellt. Was das Handeln der Kommission und hierzu bestehende Akten betreffe, so habe es sich um eine externe Kommission gehandelt, die autonom aufgetreten sei und zu deren Arbeit der Antragsgegner über keine Akten verfüge.
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Es gebe keine Anhaltspunkte für eine - formelle oder materielle - Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 26.02.2015. Anhörungsrechte der Antragstellerin seien nicht verletzt worden. Die Möglichkeiten der Antragstellerin, Einsicht in die vollständigen Akten zu nehmen, seien ausreichend gewesen. Die Einladung zur Sitzung des Hochschulrats sei mängelfrei. Die nachträgliche Ergänzung der Uhrzeit habe Rechte der Antragstellerin nicht verletzt. Auch sei die Hochschulöffentlichkeit gewahrt, die Wahl selbst geheim gewesen. Die Ladungsfrist von einer Woche zur Sitzung des Senats am 28.01.2015 sei ausreichend gewesen. Die Nichtöffentlichkeit seiner Beratung sei nicht zu beanstanden. Zu Recht hätten auch die stellvertretenden Senatsmitglieder die die Antragstellerin betreffenden Unterlagen erhalten. Auch die Mitwirkung des Beauftragten in Sitzung und Abstimmung sei nicht zu beanstanden, im Übrigen jedenfalls für das Ergebnis ohne Bedeutung. Ebenso sei die Mitwirkung von Mitgliedern, die die Antragstellerin als befangen ansehe, ohne rechtliche Folgen. Die in beiden Hochschulgremien erreichten Mehrheiten in den jeweiligen Abstimmungen seien klar und eindeutig gewesen. Ob und gegebenenfalls in welcher Form formale Kontakte zwischen den am Verfahren nach § 18 Abs. 5 LHG Beteiligten bestanden hätten, sei unerheblich. In materieller Hinsicht sei der Vertrauensverlust, den die Antragstellerin bei den Hochschulgremien wie auch dem Antragsgegner erlitten habe, offenkundig. Er ergebe sich insbesondere aus den in den Gremien erzielten qualifizierten Abstimmungsmehrheiten. Bereits hieraus ergebe sich der „wichtige Grund“ für die streitgegenständliche Entscheidung. Ob dieser Vertrauensverlust „berechtigt“ gewesen sei, sei gerichtlicher Überprüfung nicht zugänglich. Vielmehr bestehe insoweit eine „Einschätzungsprärogative“ der Verwaltung angesichts der Unersetzbarkeit der Meinungsbildung in den Gremien. Die Abstimmung am 28.01.2015 sei auch nicht aufgrund irreführender Angaben zur finanziellen und beruflichen Zukunft der Antragstellerin erfolgt.
25 
Dem Gericht lagen die Akten des Antragsgegners „Hochschule L. - Resolution/Sondersituation“ (17 Hefte) sowie je ein Band „Hochschulratsprotokolle von 2009 bis 2015“ und „Senatssitzungen von 2009 bis 2015“ vor. Zudem wurden die Akten der parallel anhängigen Verfahren 10 K 3627, 10 K 1524/15, 10 K 628/15 und 10 K 2343/15 beigezogen.
II.
26 
1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin gegeben und der Antrag auch nicht rechtsmissbräuchlich gestellt.
27 
Ein Rechtsschutzbedürfnis für den vorliegenden Antrag ergibt sich bereits daraus, dass die Antragstellerin ohne aufschiebende Wirkung ihrer Klage bereits heute ihr Amt als Rektorin an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen tatsächlich verloren hat, was es ihr zumindest erheblich erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen würde, ihr weiteres Ziel zu erreichen, nämlich die Neubesetzung dieser Stelle an der Hochschule bereits vor Rechtskraft der Entscheidung im Klageverfahren zu verhindern. Hingegen ist sie bei Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage jedenfalls bis zum Eintritt von deren Rechtskraft - weiterhin - als Inhaberin des Rektoramts anzusehen.
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Dieser innere Zusammenhang zwischen aufschiebender Wirkung der am 26.03.2015 erhobenen Klage und Neubesetzung der Rektorenstelle lässt es auch nicht rechtsmissbräuchlich oder aus anderem Grund rechtswidrig erscheinen, dass der vorliegende Antrag erst am 22.07.2015 und damit fünf Monate nach Ergehen des Bescheids vom 26.02.2015 gestellt worden ist. Zum einen ist ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gesetzlich nicht an eine bestimmte Frist gebunden. Zum anderen erscheint es nicht nur nachvollziehbar, dass die Begründung der Klage in der Hauptsache, die wegen ihrer Bedeutung für den Erfolg des vorliegenden Eilantrags davon nicht getrennt werden kann, angesichts des Umfangs der einschlägigen Akten einige Zeit in Anspruch genommen hat, sondern insbesondere auch, dass der Eilantrag - erst - dann gestellt worden ist, als eine anderweitige Besetzung des Amtes des Rektors konkret drohte. Dies war erst mit der Wahl der hierfür vorgesehenen Person am 22.07.2015 der Fall.
29 
2. Der Antrag ist auch begründet. Das Überwiegen des Suspensivinteresses der Antragstellerin ergibt sich, ausgehend von den allgemeinen Voraussetzungen für den Erfolg eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO [s. dazu unter a)] und unter Berücksichtigung der - hinreichenden - Begründung der sofortigen Vollziehbarkeit des angefochtenen Bescheids [s. dazu unter b)], aus den überwiegenden Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache [s. dazu unter c)]. Den Interessen des Antragsgegners an einem - weiteren - ungestörten Funktionieren des Hochschule wird dabei mit einer der tatsächlichen Entwicklung geschuldeten Maßgabe nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO Rechnung getragen [s. dazu unter d)].
30 
a) Bei der Entscheidung über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine eigenständige Interessenabwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des Bescheids verschont zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung vorzunehmen, bei der aber hinsichtlich des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung die gesetzgeberische Entscheidung für den grundsätzlichen Vorrang des Suspensivinteresses zu beachten ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 80 Rn. 114 und 152a zum Aussetzen des sofortigen Vollzugs bereits bei offenen Erfolgsaussichten einer Klage und Gleichgewichtigkeit von Aussetzungs- und Vollziehungsinteresse in Fällen des § 80 Abs. 1 mit Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). In erster Linie richtet sich die Entscheidung des Gerichts nach den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache. Erweist sich dieser voraussichtlich als erfolgreich, dürfte regelmäßig das private Aussetzungsinteresse überwiegen. Demgegenüber überwiegt das öffentliche Interesse jedenfalls dann, wenn sich der Rechtsbehelf in der Hauptsache als nicht erfolgreich erweisen und mit der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs eine Gefährdung wichtiger Rechtsgüter einhergehen würde (vgl. zu Art. 12 Abs. 1 GG: BVerfG, Beschluss vom 24.08.2011 - 1 BvR 1611/11 -, NVwZ 2012, 104, 105). Das Gericht entscheidet hierüber im Rahmen einer - dem Charakter des vorläufigen Rechtsschutzes entsprechenden - summarischen Prüfung (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rn. 125, 152, 158).
31 
b) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 1 und 4 des angefochtenen Bescheids genügt in formeller Hinsicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, da sie gesondert verfügt und ausreichend schriftlich begründet worden ist. Die Begründung lässt, wie geboten, einzelfallbezogen die Erwägungen erkennen, aus denen sich ergibt, dass sich der Antragsgegner des Ausnahmecharakters der sofortigen Vollziehung bewusst gewesen ist, und die zu der Entscheidung über die sofortige Vollziehung geführt haben. Das vom Antragsgegner angeführte Kriterium der Vermeidung einer - sich möglicherweise weiter verstärkenden - Funktionsunfähigkeit der Hochschule, wenn die Antragstellerin ihre Dienstgeschäfte im April 2015 wieder aufnehmen könnte, erscheint für sich genommen schlüssig und tragfähig. Damit ist dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rn. 85 und BVerwG, Beschluss vom 31.01.2002 - 1 DB 2/02 -, Juris).
32 
c) Allerdings überwiegt entgegen der Einschätzung des Antragsgegners das Suspensivinteresse der Antragstellerin, denn ihre Klage vom 26.03.2015 ist zulässig und dürfte im Rahmen der hier allein möglichen kursorischen Auswertung der Sachlage und deren rechtlicher Prüfung mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit auch begründet sein. Durchschlagend ist hierbei bereits der formale Mangel fehlender Öffentlichkeit der Beratungen in den nach § 18 Abs. 5 LHG zur Entscheidung berufenen Hochschulgremien [s. dazu unter aa)]. Weiter führt die jedenfalls formelle Prüfungspflicht des Antragsgegners als drittem Beteiligten nach § 18 Abs. 5 LHG vor Herstellung seines Einvernehmens in Verbindung mit dem ihm gegenüber erhobenen Vorwurf eines treuwidrigen Verhaltens und der insoweit bestehenden Ungewissheit über das Geschehen, das zu den beiden Abstimmungen im Januar 2015 geführt hat, und die insbesondere auf Unklarheiten hinsichtlich der Aktenlage zurückzuführen ist, dazu, dass auch aus diesem weiteren, selbständig tragenden Grund der Erfolg der Klage jedenfalls als offen anzusehen und bei dieser Sachlage ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin an einer aufschiebenden Wirkung ihrer Klage anzunehmen ist [s. dazu unter bb)]. Auf weitere vorgetragene Gründe kommt es, da nicht entscheidungserheblich, nicht mehr an. Auf sie wird daher nur noch überblicksweise eingegangen [s. dazu unter cc)].
33 
aa) Sowohl der Beschluss des Hochschulrats in seiner Sitzung am 15.01.2015 [„Der Hochschulrat beschließt, dem Senat und dem MWK die vorzeitige Beendigung der Amtszeit der Rektorin vorzuschlagen (§ 18 Abs. 5 S. 2 LHG)“] als auch die Zustimmung des Senats vom 28.01.2015 („Der Senat stimmt der vorzeitigen Beendigung des Amtes der Rektorin nach § 18 Abs. 5 LHG zu“) dürften wegen Verstoßes gegen die gesetzlich vorgeschriebene Öffentlichkeit der Mitwirkung dieser Gremien am Verfahren nach § 18 Abs. 5 LHG rechtswidrig sein, weswegen der Antragsgegner seine Zustimmung nach der ihm gebotenen formellen Prüfung nicht hätte erteilen dürfen.
34 
Nach § 20 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 zweite Alternative und Abs. 6 Satz 1 LHG gehört zu den Aufgaben des Hochschulrats u.a. „die Mitwirkung nach § 18 Abs. 5“, der im Rahmen dieser „Angelegenheit“ (hochschul-)öffentlich tagt. Es handelt sich insoweit um eine ausdrücklich als „Ausnahme“ bezeichnete Regelung zum Verfahren des ansonsten nichtöffentlich tagenden Gremiums. Für den Senat, der nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 zweite Alternative LHG „insbesondere“ für „die Mitwirkung nach § 18 Abs. 5“ zuständig ist, gilt nichts anderes. Auch er tagt nach § 10 Abs. 4 Satz 1 LHG im Grundsatz „nicht öffentlich mit Ausnahme der Angelegenheiten nach § 19 Absatz 1 Satz 2 Nummern 1, 2, 12 bis 14“, also ausdrücklich auch bei der „Mitwirkung nach § 18 Abs. 5“.
35 
Tatsächlich bestand die 51. Sitzung des Hochschulrats am 15.01.2015 aus zwei Teilen, einem nichtöffentlichen und einem zweiten, in dem die Hochschulöffentlichkeit hergestellt war. Im ersten, nichtöffentlichen Teil war unter TOP 3a - vorzeitige Beendigung des Amtes der Rektorin nach § 18 Abs. 5 LHG - neben der - von der Antragstellerin nicht wahrgenommenen - „Anhörung der Rektorin“ die „Beratung“ hierzu angesetzt. Ausweislich des Protokolls dieser Sitzung erörterte der Hochschulrat vor dem Hintergrund einer Reihe von ihm vorliegender, näher bezeichneter Schreiben „intensiv und umfassend die Entwicklungen und die Sachlage an der Hochschule - insbesondere seit dem gescheiterten Versuch der Beendigung der Amtszeit der Rektorin im Sommer 2014 und deren Auswirkungen auf das Vertrauen des Hochschulrats in die Amtsführung der Rektorin.“ Noch in nichtöffentlicher Sitzung beschloss der Hochschulrat einstimmig, „in geheimer Abstimmung über den Vorschlag gegenüber dem Senat und MWK zur vorzeitigen Beendigung der Amtszeit der Rektorin (§ 18 Abs. 5 S. 2 LHG) abzustimmen“. Im sich anschließenden öffentlichen Teil (16.00 Uhr bis 16.13 Uhr) und Anwesenheit von ca. 20 Personen „(Professoren, Mitarbeiter/innen und Studierende)“ erfolgte unter TOP 3b - Vorzeitige Beendigung des Amtes der Rektorin nach § 18 Absatz 5 LHG, Beschlussfassung und Bekanntgabe des Ergebnisses - lediglich noch diese geheime Abstimmung, deren Ablauf protokolliert wurde, und die Mitteilung des Ergebnisses, das „einstimmig“ ausfiel.
36 
In vergleichbarer Weise befasste sich der Senat mit der Frage einer vorzeitigen Beendigung des Amtes der Rektorin: In der nichtöffentlichen 90. Sitzung am 21.01.2015 wurden unter TOP 2 - Sachstand und Beratung zur aktuellen Situation der Hochschule L. - nicht nur die Suspension der Antragstellerin für drei Monate und die Einsetzung eines Beauftragten, sondern auch die an der Hochschule bestehenden Probleme und deren Entwicklung erörtert und über das erforderliche Quorum für eine erfolgreiche Abwahl der Rektorin beraten. Für die folgende 91. Sitzung am 28.01.2015 sah die Tagesordnung zunächst einen nichtöffentlichen Teil (TOP 1: Genehmigung des Protokolls, TOP 2a: Vorzeitige Beendigung des Amtes der Rektorin nach § 18 Abs. 5 LHG - Anhörung der Rektorin, Beratung - ), danach einen hochschulöffentlichen Teil (TOP 2b: Vorzeitige Beendigung des Amtes der Rektorin nach § 18 Abs. 5 LHG - Beschlussfassung und Bekanntgabe des Ergebnisses -) und danach wiederum einen nichtöffentlichen dritten Abschnitt (TOP 3: Berichte aus den Ausschüssen zum neuen LHG, TOP 4: Verschiedenes) vor. Die Sitzung dauerte von 14.15 Uhr bis 16.00 Uhr. Unter TOP 2a erfolgte lediglich der Hinweis, dass die Antragstellerin aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, an der Anhörung teilzunehmen, jedem Senatsmitglied jedoch eine schriftliche Stellungnahme zugegangen sei, sowie der Hinweis, dass nach Ansicht des MWK der Sitzungsleiter, Prof. Dr. M., in seiner Eigenschaft als Beauftragter nach § 68 Abs. 5 LHG auch in der Angelegenheit nach § 18 Abs. 5 LHG voll stimmberechtigt sei. Im hochschulöffentlichen Teil der Sitzung erfolgte nach Diskussion des Verfahrens - Einhaltung der Einladungsfrist zur Sitzung ohne Sachdiskussion - allein die - geheime - Abstimmung (Ergebnis: 17 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme, 1 Enthaltung), gefolgt von der Überlegung, ob zur Sicherheit noch einmal ohne Beteiligung des Sitzungsleiters abgestimmt werden solle, was dann schon wegen der Klarheit des Ergebnisses nicht geschah.
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Diese Beschränkung der Hochschulöffentlichkeit auf - im Wesentlichen - allein den Vorgang einer - geheimen - Abstimmung in Hochschulrat und Senat dürfte aus mehreren Gründen mit der gesetzlichen Anforderung einer öffentlichen Tagung des jeweiligen Gremiums, soweit es um die „Mitwirkung nach § 18 Abs. 5“ geht, nicht zu vereinbaren sein.
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Bereits der Wortlaut der in § 19 Abs. 1 Satz 2 LHG genannten Materien, für die der Senat zuständig ist, spricht dagegen. In dessen Nummern 1 bis 15 ist neben „Wahl“, „Mitwirkung“, „Zustimmung“, „Stellungnahme“, „Entscheidungen“ und „Erörterung“ auch ausdrücklich von „Beschlussfassung“ (Nr. 7, 8, 9, 10 und 12) die Rede. Bereits von der Wortbedeutung her dürfte „Mitwirkung“ über die reine „Beschlussfassung“ hinausgehen, so dass von einer öffentlichen Sitzung mehr als die Anwesenheit bei einem Abstimmungsvorgang und der Bekanntgabe von dessen Ergebnis umfasst sein dürfte. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Aufgabenbeschreibung des Hochschulrats in § 20 Abs. 1 Satz 4 LHG, wo - ohne die besonderen, die DHBW betreffenden Nummern 12-15 - neben „Wahl“ und „Mitwirkung“ auch „Beschlussfassung“, „Zustimmung“, „Feststellung“, „Stellungnahme“ und „Erörterung“ genannt sind.
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Die Annahme, dass ein „Mitwirken“ in dem Verfahren nach § 18 Abs. 5 LHG, dort geregelt in den Sätzen eins bis fünf, über die bloße Abstimmung nach den Sätzen vier und fünf dieser Norm hinausgeht, wird durch einen Vergleich mit der - nach § 10 Abs. 4 Satz 1 erster Halbsatz LHG gleichfalls öffentlich erfolgenden - „Beschlussfassung über die Grundordnung und ihre Änderungen“ (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 LHG) bestätigt. Hierzu hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Normenkontrollurteil vom 04.08.2010 - 9 S 2315/09 - festgestellt:
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„Bei der Beschlussfassung über die Änderung der Grundordnung hat der Senat der Antragsgegnerin gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 LHG auch öffentlich zu tagen. Die Sitzungsöffentlichkeit stellt sicher, dass die betroffenen Körperschaftsmitglieder Einblick in die Tätigkeit des Vertretungsorgans und ihrer einzelnen Mitglieder erhalten und sich dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik verschaffen können (vgl. dazu auch BVerfG, Urteil vom 04.07.2007 - 2 BvE 1/06 u.a. -, BVerfGE 118, 277 [353]; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 17. Aufl. 1990, Rn. 152). Zugleich unterzieht der Öffentlichkeitsgrundsatz die Organtätigkeit der allgemeinen Kontrolle und trägt so dazu bei, der Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen sowie dem Anschein vorzubeugen, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten. Mit dem Zweck, eine gesetzmäßige und sachgerechte Arbeit zu ermöglichen und Missdeutungen der Willensbildung und Beschlussfassung zu vermeiden, dient der Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit damit dem öffentlichen Interesse an demokratischer Legitimation und mitgliedschaftlicher Begleitung und Kontrolle (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.02.1992 - 1 S 2242/91 -, VBlBW 1992, 375 für die kommunale Selbstverwaltung). Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit sogar von einem „allgemeinen Öffentlichkeitsprinzip der Demokratie“ gesprochen (BVerfG, Urteil vom 14.01.1986 - 2 BvE 14/83 u.a. -, BVerfGE 70, 324 [358]). Gerade die Verabschiedung der Grundordnung, die als „Hochschulverfassung“ die grundlegenden Organisations- und Verfahrensfragen regelt, bedarf daher einer öffentlichen Verhandlung (WissR 2010, 320 ff. und bei Juris, dort Rn. 30).“
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Für den - außergewöhnlichen und hinsichtlich der Interessenlage sämtlicher Mitglieder der Körperschaft „Hochschule“ (§ 8 Abs. 1 Satz 1 LHG) mit einer Diskussion über die Ausgestaltung der Grundordnung absolut vergleichbaren - Fall der zwangsweisen vorzeitigen Beendigung des Amtes des obersten Repräsentanten der Hochschule (vgl. § 17 LHG, insbes. dessen Absätze 1, 6 und 8) kann nichts anderes gelten. Auch von einem solchen Vorgang ist die Hochschule insgesamt und sind alle ihre Mitglieder betroffen und auch - möglicherweise gerade auch - bei ihm besteht für ein angemessenes Maß an demokratischer Legitimation und mitgliedschaftlicher Begleitung ein besonderes Bedürfnis. Dies erschöpft sich nicht in der bloßen Anwesenheit bei einem - geheimen - Abstimmungsvorgang. Vielmehr wäre an der Sinnhaftigkeit einer derart eingeschränkten „Öffentlichkeit“ zu zweifeln.
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Dagegen spricht auch nicht, dass im Grundsatz beide Gremien nichtöffentlich tagen und entscheiden. Gerade die dargestellte ausdrückliche Ausnahme ist - im Gegenteil - deshalb in besonderer Weise ernst zu nehmen, weil es sich dabei um eine besondere Regelung für eine ganz außergewöhnliche Situation handelt.
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Dies gilt umso mehr, als viel dafür spricht, dass, wie vom Antragsgegner vorgetragen, bereits die normativ geforderte qualifizierte Mehrheit - nach § 18 Abs. 5 Satz 4 LHG von zwei Dritteln in Hochschulrat und Senat - den erforderlichen „wichtigen Grund“ für die vorzeitige Beendigung des Amtes eines hauptamtlichen Rektoratsmitglieds, hier der Rektorin, gewissermaßen in sich trägt. Da nicht angenommen werden kann, dass das Verhalten mehrerer Stimmberechtigter aus absolut identischen Gründen zur gleichen Form der Stimmabgabe geführt hat, wäre das Ermitteln eines - allgemein geforderten - „wichtigen Grundes“ (vgl. Sandberger, Landeshochschulgesetz Baden-Württemberg, Kommentar, 2. Aufl. 2015, § 18 Rn. 3, S. 145 unter Hinweis auf die amtliche Begründung, LT-Drucks 13/3640 S. 193; vgl. Thür. OVG, Beschluss vom 05.06.2014 - 1 EO 106/14 -, Juris Rn. 44 f.; vgl. BVerwG, Urteil vom 26.11.2009 - 2 C 15/08 -, BVerwGE 135, 286, 301 und Juris Rn. 54) für die Entscheidung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 oder Satz 3 LHG bei genauer Betrachtung lediglich eine Form der nachträglichen Erklärung des Abstimmungsverhaltens, aber nicht der objektiven Feststellung. Daher dürfte der in der Rechtsprechung aktuell vertretenen Auffassung zu folgen sein, wonach sich dieser „wichtige Grund“ im Erreichen einer - in besonderer Weise qualifizierten - Mehrheit niederschlägt und nicht weiter hinterfragt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.06.2014 - 1 BvR 3217/07 -, BVerfGE 136, 338, 380 und bei Juris, dort Rn. 95; BVerwG, Urteil vom 26.11.2009 - 2 C 15/08 -, BVerwGE 135, 286, 300 f. und bei Juris, dort Rn. 52 ff.; nds. OVG, Beschluss vom 02.09.2014 - 5 ME 104/14 -, WissR 201, 402 ff., Juris Rn. 39 f.).
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Hiervon ausgehend ist es indes umso mehr geboten, das Zustandekommen dieser - inhaltlich dann nicht mehr überprüfbaren - Entscheidung in einer Weise transparent zu machen, die den davon Betroffenen, also allen Körperschaftsmitgliedern, Gelegenheit bietet, davon, und zwar gerade vom Vorgang des Entstehens der zum „Abwahl“-Beschluss führenden Entscheidung, Kenntnis zu nehmen. Daher ist von der „Mitwirkung nach § 18 Abs. 5“ LHG, die hochschulöffentlich zu erfolgen hat, auch die der Abstimmung vorangehende Beratung mit umfasst.
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Der somit festzustellende Verstoß gegen das Gebot der (hochschul)öffentlichen Befassung mit dem Thema der vorzeitigen Beendigung des Amtes der Rektorin wird nicht durch Verfahrensregelungen in § 10 LHG geheilt. Dessen Abs. 5 betrifft lediglich die fehlerhafte personale Besetzung eines Gremiums. Andere formale Fehler sind hiervon nicht erfasst. Vielmehr führt der genannte Verstoß dazu, dass die beiden Abstimmungen am 15.01.2015 im Hochschulrat und am 28.01.2015 im Senat formal fehlerhaft zustande gekommen sind. Daraus folgt, dass auch die der Antragstellerin gegenüber mit Bescheid vom 26.02.2015 erfolgte „Entscheidung“ über die vorzeitige Beendigung ihres Amtes als Rektorin einen erheblichen Rechtsmangel aufweist, der zu ihrer Aufhebung führen dürfte. Dies gilt unabhängig davon, ob der Antragsgegner in Wahrnehmung seines Rechts, das Zustandekommen der beiden Gremienentscheidungen vom 15. und 28. Januar 2015 auf formale Korrektheit zu prüfen, sein Einvernehmen nach § 18 Abs. 5 LHG hätte erteilen dürfen. Für ein solches Kontrollrecht, das dem Antragsgegner wohl zustehen dürfte und dann auch zur Verweigerung des Einvernehmens hätte führen sollen, spricht, dass ihm einerseits nach § 67 Abs. 1 LHG die Rechtsaufsicht über die Hochschulen zusteht und er über ein Beanstandungs- und Eintrittsrecht nach § 68 Abs. 3 und 4 LHG verfügt, andererseits mit diesem - lediglich - formalen Kontrollrecht kein Eingriff in die durch Art. 5 Abs. 3 GG garantierte Freiheit von Wissenschaft und Lehre verbunden ist. Unabhängig hiervon setzt die genannte „Entscheidung“ vom 26.02.2015 in jedem Fall ein wirksames „wechselseitiges Einvernehmen“ im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 1 LHG voraus. Dieses dürfte angesichts der rechtsfehlerhaft zustande gekommenen Beschlüsse vom 15. und vom 28. Januar 2015 nicht vorliegen.
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bb) Die Antragstellerin erhebt weiter gegenüber dem Antragsgegner den Vorwurf eines treuwidrigen Verhaltens. Dieses soll darin bestehen, dass die Empfehlungen der Kommission, wie sie sich in der der Hochschule mitgeteilten „Zusammenfassung“ niedergeschlagen haben, unter dem tätigen Einfluss des Antragsgegners formuliert worden sein sollen. Indizien hierfür könnten sein, dass bereits Ende Juli innerhalb des Ministeriums über ein - erneutes - Abwahlverfahren nachgedacht worden ist, dass der - nicht bekannte - erste Entwurf des Kommissionsberichts vorab mit der Ministerin besprochen wurde, dass der Antragstellerin ihr Rücktritt bereits zu einem Zeitpunkt nahegelegt wurde, zu dem die Haltung der Kommission über das Ministerium hinaus noch nicht bekannt war und dass nach der Pressemitteilung der Ministerin vom 08.12.2014 auf der Grundlage des - als „vertraulich“ bzw. „streng vertraulich“ qualifizierten und nur hochschulintern in einer Zusammenfassung verbreiteten - Kommissionsberichts auch eine neue Befassung der Hochschulgremien mit der Abwahl der Rektorin rechtlich wieder möglich sei.
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Eine Aufklärung der näheren Umstände, die zu dieser Rücktrittsempfehlung vom 05.11.2014 wie auch der Einschätzung der Ministerin geführt haben, ist dem Gericht mangels Aktenkenntnis nicht möglich. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass nach Angaben des Antragsgegners Akten der Kommission während ihrer Tätigkeit zwischen dem 1. September 2014 und dem 31. Oktober 2014 nicht geführt wurden und dem Antragsgegner nicht bekannt sind.
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Dies ist nicht nur unbefriedigend, sondern steht in eklatantem Widerspruch zu der Verpflichtung, die von den Kommissionsmitgliedern zu Beginn ihrer Tätigkeit gegenüber dem Ministerium abgegeben worden ist. Demnach war die Kommission, die ausdrücklich ausgestattet mit den dem Ministerium gegenüber der Hochschule zustehenden Aufsichtsrechten und in dessen Auftrag tätig geworden ist, gehalten, sämtliche angefallenen Akten nach Beendigung ihrer Tätigkeit dem Ministerium zu übergeben. Auch wenn die Kommission, entgegen den behördlichen Gepflogenheiten, denen auch sie als vom Ministerium eingesetzt unterworfen gewesen sein dürfte, keine eigenen Akten geführt haben sollte, so sind zumindest die Vorschläge, Darlegungen und weiteren Schriftstücke, die anlässlich von Besprechungen Kommissionsmitgliedern übergeben worden sind, als Teile eines Aktenbestandes der Kommission zu betrachten und hätten daher an das Ministerium weitergegeben werden müssen (vgl. zur Entgegennahmepflicht Schenk, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, Kommentar, 4. Aufl. 2014, § 24 Rn. 179). Von einer „externen“ und „autonom“ handelnden Kommission, die nicht nur losgelöst vom Ministerium sondern damit auch von behördlichen Pflichten agiert hätte, kann angesichts der Umstände, unter denen sie eingesetzt und auch verpflichtet worden ist, keine Rede sein.
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Der somit in mehrfacher Hinsicht festzustellende Verstoß gegen die allgemeine und auch hier bestehende Aktenführungspflicht (vgl. Schenk, a.a.O. § 24 Rn. 57-59 unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 06.06.1983 - 2 BvR 244/83, NJW 1983, 2135 f. und in Juris, dort Rn. 3 f.; OVG MV, Beschluss vom 22.12.2000 - 2 L 38/99 -, NVwZ 2002, 104, 106 f. und Juris Rn. 55 f. m. Nachw.; vgl. auch LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17.01.2012 - 1 Sa 84 b/11, Juris Rn. 69) macht es derzeit, d.h. im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens, unmöglich, durch weitere Aufklärung des Sachverhalts den genannten Vorwürfen weiter nachzugehen. Um einen entsprechenden Verdacht auszuräumen, wäre die Kenntnis sämtlicher bei der Tätigkeit der Kommission angefallenen Akten unabdingbar. Ohne Kenntnis der betreffenden Akten kann im vorliegenden Verfahren nicht nachvollzogen werden, auf welcher Grundlage die Kommission zu ihren Empfehlungen gekommen ist und wie sie sich im Kommissionsbericht niedergeschlagen haben. Ohne eine damit erforderlich werdende aufwändige Beweisaufnahme kann daher ein treuwidriges Verhalten des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin nicht ausgeschlossen werden. Diese Beweisaufnahme müsste, falls entscheidungserheblich, dem Verfahren in der Hauptsache vorbehalten bleiben.
50 
Sie wäre im Falle der Entscheidungserheblichkeit auch geboten, denn sollten tatsächlich die Kommission oder auch nur ihre Empfehlungen mit Blick auf ein auf deren Grundlage gelingendes Abwahlverfahren von Seiten des Ministeriums Einflüssen ausgesetzt gewesen sein, die ein Gelingen des - erneuten - Abwahlverfahrens zum Ziel hatten, so wäre der Vorwurf eines treuwidrigen Verhaltens nicht von vornherein und ohne genaue Prüfung des Sachverhalts als abwegig anzusehen. Ein solches Verhalten könnte vielmehr als Manipulation des Verfahrens nach § 18 Abs. 5 LHG anzusehen sein und damit zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung vom 26.02.2015 führen.
51 
Da dieser Mangel allein dem Antragsgegner zuzurechnen ist, darf hieraus der Antragstellerin kein Nachteil erwachsen. Zum Schutz der Antragstellerin ist daher bei dieser Sachlage aus den vorliegenden Mängeln der Aktenführung zwar - noch - keine Umkehrung der Beweislast (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.08.2010 - 9 S 2315/09 -, Juris Rn. 40; OVG MV, Beschluss vom 22.12.2000 - 2 L 38/99 -, NVwZ 2002, 104, 106 und Juris, dort Rn. 52), aber doch eine Offenheit des Ausgangs des Verfahrens in der Hauptsache anzunehmen. Da diese Offenheit nur darauf zurückzuführen ist, dass die Details des Geschehens innerhalb der Kommission, während ihrer Gespräche mit Angehörigen der Hochschule und im Zusammenhang mit der Erstellung ihres abschließenden Berichts und den darin enthaltenen Empfehlungen derzeit nicht weiter aufzuklären sind und dieser Umstand seinen Grund allein im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners hat, ist hieraus darüber hinaus auch ein Überwiegen des Suspensivinteresses der Antragstellerin abzuleiten.
52 
cc) Die weiteren vorgetragenen formalen oder inhaltlichen Mängel dürften entweder nicht vorliegen oder jedenfalls für den Erfolg der Klage nicht von Bedeutung sein:
53 
(1) Von der Frage, ob und gegebenenfalls welche Ladungsfristen vor den entscheidenden Sitzungen, hier insbesondere der des Senats am 28.01.2015, einzuhalten waren und ob diese eingehalten worden sind, dürften - jedenfalls soweit es um nichtöffentliche Sitzungen geht - nur Rechte der Mitglieder der Gremien selbst betroffen sein. Hierauf dürfte sich die Antragstellerin daher nicht berufen können. Gegenüber dem bereits erörterten Umstand, dass Teile dieser Sitzungen nicht hätten nichtöffentlich erfolgen dürfen, tritt der Umstand, dass - die Öffentlichkeit dieser Teile vorausgesetzt - dann auch fraglich erscheint, ob hierzu korrekt eingeladen worden ist, in den Hintergrund. Im Übrigen spricht viel dafür, dass sich die Frist von 14 Tagen in § 1 Abs. 2 der Satzung der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen über öffentliche Bekanntmachungen vom 12.09.2007 nur auf Normtexte und nicht auch auf Einladungen zu Sitzungen des Senats bezieht, hierfür vielmehr eine regelmäßige Frist von einer Woche nach § 2 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Senats vom 08.11.2006 gilt.
54 
(2) Auch die Verletzung rechtlichen Gehörs vor den Hochschulgremien dürfte die Antragstellerin wohl zu Unrecht rügen. Es erscheint wohl nicht geboten, ihr im Detail vorab zu erläutern, wozu ihr rechtliches Gehör gewährt werden soll. Die allgemein bestehenden Spannungen an der Hochschule, ein vielfältig artikulierter Verlust an Vertrauen und die Hinweise in der Zusammenfassung des Kommissionsberichts waren ihr bekannt.
55 
(3) Formale Fehler beim Abstimmungsvorgang, insbesondere im Hochschulrat, dürften ebenfalls nicht gegeben sein. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Fotografien ergibt sich nichts, was auf eine direkte - und kontrollierende - Einsicht in die Abstimmungskabine schließen lassen könnte. Im Übrigen erscheint fraglich, ob es zur Durchführung einer geheimen Abstimmung des Aufstellens einer Wahlkabine überhaupt bedurfte. Dies ergibt sich jedenfalls nicht aus der Geschäftsordnung des Hochschulrats vom 23.02.2005.
56 
(4) Auch die Einladung zur Senatssitzung am 28.01.2015 - wie schon zuvor zur Sitzung am 21.01.2015 - durch den Beauftragten unter dem Briefkopf „Der Rektor“ dürfte rechtlich ohne Bedeutung sein, zumal der Beauftragte seiner Unterschrift in jedem Falle der Benutzung dieses Briefkopfes soweit ersichtlich den Zusatz „mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Rektors beauftragt“ beigefügt hat.
57 
(5) Die Stimmabgabe im Senat am 28.01.2015 bietet wohl gleichfalls zu rechtlichen Zweifeln keinen Anlass. Zwar würde eine Befangenheit der Dekane und Prodekane zu einem Mangel am nötigen Quorum führen. § 18 Abs. 5 Satz 4 LHG verlangt ausdrücklich eine „Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder“, und eine bestehende Befangenheit dürfte nicht zum Verlust der Mitgliedschaft im Sinne dieser Norm führen. Auch erscheint fraglich, ob es, wie vom Antragsgegner vorgetragen, bei Abstimmungen dieser Art auf den Aspekt der Befangenheit schon deshalb nicht ankommen kann, weil typischerweise sämtliche Senatsmitglieder von der Frage, ob ein wichtiger Grund für einen vorzeitigen Amtsverlust gegeben ist, in persönlicher Weise betroffen sind. Diese Betroffenheit kann jedenfalls nicht ohne Weiteres mit der Frage eines möglicherweise drohenden Disziplinarverfahrens gleichgesetzt werden. Eine Befangenheit auch der Personen, die als Unterzeichner der „Resolution“ vom 14.03.2014 aus Sicht der Antragstellerin disziplinarische Maßnahmen zu gewärtigen hätten, ist indes wohl deshalb nicht anzunehmen, weil zum Zeitpunkt der Abstimmung die Disziplinargewalt über sie - nämlich spätestens seit November 2014 - auf das Ministerium übergangen ist, was die Antragstellerin danach noch im November durch eine Pressemitteilung auch verlautbarte.
58 
(6) Auch auf die Einhaltung korrekter „formaler“ Beziehungen zwischen den drei am Verfahren nach § 18 Abs. 5 LHG Beteiligten dürfte es nicht ankommen. Den Abstimmungen im Hochschulrat und Senat vom 15. und 28. Januar 2015 lagen dem Text des § 18 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 LHG entsprechende Beschlussvorschläge zugrunde. Demnach hat der Hochschulrat den beiden anderen Beteiligten eine vorzeitige Beendigung (des Amts der Rektorin) „vorgeschlagen“ und der Senat hat diesem Vorschlag „zugestimmt“. Da beides den anderen Beteiligten zeitnah bekannt geworden ist und es sich insgesamt um ein zwar dreigliedriges, aber dabei doch einheitliches Verfahren handelt, dürfte es auf förmliche Mitteilungen an die jeweils anderen Beteiligten nicht entscheidungserheblich ankommen.
59 
(7) Gleichfalls nicht entscheidungserheblich dürfte sein, dass ein - sachlich überprüfbarer - „wichtiger Grund“ für die streitgegenständlichen Entscheidungen nicht ausdrücklich benannt ist. Wie sich bereits aus den Ausführungen unter aa) ergibt, schließt sich die Kammer der dort dargestellten und zitierten Ansicht an, wonach sich dieser „wichtige Grund“ gerade bei Entscheidungen, die im Wege von Abstimmungen herbeigeführt werden, also auch im vorliegenden Zusammenhang aus dem für eine solche Entscheidung vorausgesetzten und in der Abstimmung dann auch erreichten qualifizierten Quorum ergibt.
60 
(8) Daraus folgt zugleich, dass es auch auf eine Auseinandersetzung mit den Gründen der Entscheidung des Hochschulrats im Senat nicht ankommen kann, da es einer ausdrücklichen Darlegung dieser Gründe aus dem unter aa) und (7) Ausgeführten gar nicht bedurfte.
61 
(9) Nach der vorläufigen Rechtsansicht der Kammer dürfte es auf die Frage einer möglichen beruflichen Zukunft der Antragstellerin und damit auch ihrer künftigen finanziellen Versorgung bei der Bewertung der Abstimmung im Senat am 28.01.2015 nicht ankommen. Daher sind auch - möglicherweise ungenaue oder irreführende - Angaben der Kanzlerin und des Beauftragten über eine Anschlussverwendung und das Gehalt der Antragstellerin wohl unerheblich. Sollte sich erweisen, dass Abstimmungsberechtigte ihr Verhalten tatsächlich von diesem - mit der Situation an der Hochschule nicht im Zusammenhang stehenden - Gesichtspunkt abhängig gemacht haben, wäre diese Rechtsansicht zu prüfen und möglicherweise im Hauptsacheverfahren insoweit weitere Aufklärung geboten.
62 
(10) Wie bereits unter (6) ausgeführt, dürfte auch für die Entscheidung des Antragsgegners das Vorliegen förmlicher Anschreiben von Hochschulrat und Senat nicht zwingend erforderlich gewesen sein. Ob die Antragstellerin auch gegenüber der Entscheidung vom 26.02.2015 hinreichendes rechtliches Gehör erhalten hat, mag in zeitlicher Hinsicht angesichts des Umfangs der einzusehenden Akten zweifelhaft erscheinen. Ein möglicher Verstoß hiergegen dürfte indes jedenfalls durch die im Hauptsacheverfahren ermöglichte und umfassend genutzte Möglichkeit, Akten einzusehen und sich hierzu zu äußern, geheilt worden sein (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 LVwVfG). Eine inhaltliche Prüfung der Gründe, die zu den Entscheidungen von Hochschulrat und Senat vom 15. bzw. 28. Januar 2015 geführt haben, durch den Antragsgegner dürfte aus den dargelegten Gründen nicht geboten gewesen sein.
63 
d) Der wegen Verstoßes gegen das Öffentlichkeitsprinzip überwiegend wahrscheinliche Erfolg der Antragstellerin in der Hauptsache sowie - davon unabhängig - die Offenheit des Ausgangs der Hauptsache deshalb, weil wegen Verstoßes gegen die Aktenführungspflicht eine hinreichende Aufklärung des Sachverhalts derzeit nicht möglich erscheint, führen beide dazu, dass das Suspensivinteresse der Antragstellerin gegenüber dem Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung seiner Entscheidung vom 26.02.2015 überwiegt. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass bei letzterem über die Vollziehung der Entscheidung hinaus auch die Sicherheit hinsichtlich der Leitung der - am vorliegenden Verfahren nicht unmittelbar beteiligten - Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in L. zu betrachten ist. Gleichwohl ist das Interesse der Antragstellerin daran, eine Nachbesetzung ihrer Stelle als Rektorin dieser Hochschule bis zum Ausgang des Hauptsacheverfahrens zu verhindern und ihr damit im Falle ihres Erfolges dessen Ausübung offen zu halten, im vorliegenden Fall und unter den gegebenen Umständen höher zu bewerten.
64 
Zugleich spricht aus Sicht der Kammer viel dafür, dass derzeit eine erneute vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Leitung der Hochschule unter Mitwirkung der Antragstellerin unrealistisch erscheint. Mit Sicherheit haben die von der Antragstellerin im Juni 2015 gestellten Strafanzeigen nicht zur Entspannung der Situation beigetragen. Vielmehr ist eine „Zerrüttung“ innerhalb der Hochschulleitung auch für die Kammer unstreitig. Daher erscheint die Wiederaufnahme ihres Amtes durch die Antragstellerin zum jetzigen Zeitpunkt untunlich. Auch erscheint nicht völlig ausgeschlossen, dass aufgezeigte Defizite bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits in der Hauptsache durch künftiges Verhalten der Beteiligten korrigiert werden. Ein dann denkbarer doppelter Wechsel im Rektorenamt sollte indes auf jeden Fall vermieden werden. Auch aus Sicht der Hochschule wäre einem solchen Geschehensablauf jedenfalls eine - weitere - temporäre Vakanz im Amt des Rektors vorzuziehen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ist deshalb mit der Maßgabe nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 80 Rn. 169; Schoch, in: Schoch/Schneider/ Bier, Kommentar zur VwGO, Loseblatt, Stand Sept. 2011, § 80 Rn. 436) verbunden, dass die Antragstellerin ihre - damit weiterhin bestehende - Funktion als Rektorin dieser Hochschule bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage in der Hauptsache nicht wahrnimmt.
65 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Hinsichtlich der Kostentragungspflicht hat die Antragstellerin in vollem Umfang obsiegt. Die mit der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung verbundene Maßgabe ist allein den faktischen Gegebenheiten geschuldet und schmälert die rechtliche Position, die Grundlage der Kostenentscheidung ist, nicht.
66 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG und der Anlehnung an Nr. 18.12 (Hochschulwahlen) des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Beilage zu Heft 1 der VBlBW), da der Beamtenstatus der Antragstellerin nicht in Rede steht. Angesichts der Bedeutung der vorliegenden Rechtssache wird von einer Reduzierung des Streitwerts nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 abgesehen.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 5. März 2009 - 2 K 2480/08 - wird mit folgender Maßgabe zurückgewiesen:

Es wird festgestellt, dass das der Klägerin mit Schreiben vom 19.03.2008 übersandte Schreiben der Stadtwerke ... vom 17.03.2008 kein Verwaltungsakt ist.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Abwassergebühren.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Anwesens ... ... im Gebiet der Beklagten. Das Grundstück vom 01.07.1989 bis zum 31.07.2004 an die Eheleute S. vermietet. Die Stadtwerke ... GmbH rechnete in dieser Zeit die Kosten für Abfall, Wasser, Entwässerung, Erdgas und Strom unmittelbar mit den Eheleuten S. ab. Die Jahresabrechnungen für Wasser und Abwasser erfolgten zwischen 1998 und 2004 jeweils auf der Grundlage einer Schätzung. Am 30.07.2004 fand im Hinblick auf den Auszug der Eheleute S. eine Schlussablesung des Wasserzählers statt. Dabei stellte die Stadtwerke ... GmbH fest, dass der Wasserverbrauch bis zum 30.07.2004 um 1.450 m 3 zu niedrig geschätzt worden war.
Die Stadtwerke ... GmbH ist ein Tochterunternehmen der ... Verkehrs-, Versorgungs- und Hafen GmbH, welche wiederum ein Tochterunternehmen der Beklagten ist. Die Stadtwerke ... GmbH ist das Versorgungsunternehmen der Beklagten für Wasser, Gas, Strom und Fernwärme; insoweit ist das Leistungsverhältnis mit den Bürgern privatrechtlich ausgestaltet. Hinsichtlich der Entsorgungsarten Abwasser und Abfall besteht dagegen ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis zwischen der Beklagten und den Bürgern; insoweit handelt die Stadtwerke ... GmbH im Auftrag der Beklagten, sie berechnet für diese unter anderem die städtischen Gebühren für die Entwässerung, fertigt die Abgabenbescheide aus, versendet sie, nimmt die Abgaben entgegen und führt sie an die Beklagte ab.
Mit Schreiben vom 19.03.2008 machte die Stadtwerke ... GmbH gegenüber der Klägerin als Eigentümerin des oben genannten Anwesens eine Forderung für Frischwasser und Entwässerung geltend. Im Schreiben hieß es unter anderem, die Klägerin sei als Eigentümerin gemäß der Entwässerungsentsorgungssatzung der Beklagten Schuldnerin der öffentlich-rechtlichen Entwässerungsgebühren. Daneben bestehe mit ihr als Grundstückseigentümerin auch ein Wasserversorgungsvertrag durch die zugelassene Entnahme von Wasser auf ihrem Grundstück durch die damaligen Mieter. Nachdem die Mieter weitere Zahlungen verweigert hätten, sähen sich die Stadtwerke gezwungen, sich direkt an die Klägerin als Gebührenschuldnerin und Vertragspartnerin zu wenden. Hinsichtlich der genauen Berechnung war dem Schreiben die „Rechnung vom 17.03.2008“ beigefügt.
Mit diesem als „Rechnung“ bezeichneten Schreiben, das im Briefkopf die Stadtwerke ... GmbH ausweist, wird für die Leistungen Trinkwasser, Entwässerung und Abfallentsorgung die Zahlung eines Betrags von insgesamt 4.552,53 EUR gefordert, auf den geleistete Abschlagszahlungen in Höhe von 612,-- EUR angerechnet werden. Für die „Versorgungsart Entwässerung“ entfällt davon unter Zugrundelegung eines Verbrauchs von 1.450 m 3 im Zeitraum vom 08.09.2003 bis zum 30.07.2004 ein Betrag von 2.088,-- EUR. Auf der Rückseite von Seite 3 des Schreibens findet sich unter der Rubrik „Hinweise und Erläuterungen zu unserer Rechnung“ unter anderem folgender Absatz:
Rechtsbehelfsbelehrung zum Gebührenbescheid:
Berechnung und Einzug von Abfall- und Entwässerungsgebühren erfolgen im Auftrag und im Namen der Stadt ... Für diesen Teil der Abrechnung (Gebührenbescheid) gilt die folgende Rechtsbehelfsbelehrung: Gegen den Gebührenbescheid für Abfallentsorgung und Entwässerung kann innerhalb eines Monats nach Erhalt Widerspruch eingelegt werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift an das Amt für Abfallwirtschaft, ... ... in ... ... (Abfallgebühren) bzw. an das Tiefbauamt - Abteilung Stadtentwässerung -, ... ... in ... ... (Entwässerungsgebühren) der Stadt ... zu richten.
Mit an die Stadtwerke ... GmbH gerichtetem Schreiben der Eigentümerschutz-Gemeinschaft ... & ... vom 31.03.2008 ließ die Klägerin sinngemäß Einwendungen gegen die geltend gemachten Forderungen erheben. Im Schreiben hieß es unter anderem wie folgt:
Mit Schreiben vom 19.03.2008 machen sie gegenüber unserer Mandantin als Eigentümerin des im Betreff bezeichneten Anwesens eine Forderung für Wasser- und Abwassergebühren sowie Abfallentsorgungsgebühren in Höhe von 3.886,20 EUR geltend.
10 
Nach Überprüfung der Sach- und Rechtslage können wir unserer Mandantin nicht empfehlen, diese Forderung zu begleichen... Der durch sie festgestellte Frischwasserverbrauch und der damit verbundene Abwasserverbrauch ist nicht nachvollziehbar. Für den Zeitraum 08.09.2003 bis 08.12.2003 sollen 1.332 m 3 verbraucht worden sein...
11 
Mit Schreiben vom 09.04.2008 teilten die Stadtwerke ... GmbH der Klägerin sinngemäß mit, der jährlich abgerechnete Verbrauch für die damaligen Mieter seit 1998 habe jeweils auf einer Verbrauchsschätzung beruht, da die Mieter seither keinen Zutritt zwecks Ablesung der Zähler gewährt hätten. Erst beim Austausch des Wasserzählers sei eine Ablesung wieder möglich gewesen. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass ein Teil des strittigen Verbrauchs tatsächlich in den Vorjahren angefallen sei. Der Wasserzähler sei jedenfalls nach erfolgter Prüfung in Ordnung gewesen.
12 
Im Anschluss daran erfolgte weiterer Schriftwechsel zwischen der nunmehr durch ihren heutigen Prozessbevollmächtigten vertretenen Klägerin und der Stadtwerke ... GmbH. In diesem berief sich die Klägerin unter anderem auf Verjährung und bestritt, dass durch die Eheleute S. kein Zutritt zum Anwesen in den Jahren ab 1998 gewährt worden sei. Die Stadtwerke kündigten wegen der privatrechtlichen Ansprüche aus dem Wasserversorgungsvertrag Klage sowie wegen der öffentlich-rechtlichen Entwässerungsgebühren die Vollstreckung an.
13 
Am 26.08.2008 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht ... erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass die Rechnung der Stadtwerke ... GmbH vom 17.03.2008, soweit in ihr Entwässerungsgebühren enthalten sind, nichtig ist, hilfsweise, die Rechnung der Stadtwerke ... GmbH vom 17.03.2008, soweit in ihr Entwässerungsgebühren enthalten sind, aufzuheben. Zur Begründung hat die Klägerin im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Die Rechnung der Stadtwerke vom 17.03.2008 stelle keine geeignete Grundlage dar, um ihr gegenüber die Entwässerungsgebühren zu vollstrecken. Sollte es sich bei der Rechnung um einen Verwaltungsakt handeln, so sei dieser mangels Erkennbarkeit der ausstellenden Behörde nichtig. Er sei jedenfalls nicht bestandskräftig geworden. Die im Schreiben vom 17.03.2008 enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung hinsichtlich der Entwässerungsgebühr sei unzureichend und damit unbeachtlich. Die Rechtsbehelfsbelehrung sei in den Hinweisen zum Schreiben mehr oder weniger versteckt worden, ein Hinweis an auffälliger Stelle fehle.
14 
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat erwidert: Der Entwässerungsgebührenbescheid vom 17.03.2008 sei bestandskräftig und die Klage deshalb unzulässig. Das Schreiben von ... & ... vom 31.03.2008 könne nicht als Widerspruch ausgelegt werden. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet.
15 
Mit Urteil vom 05.03.2009 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe festgestellt, dass die Rechnung der Stadtwerke ... GmbH vom 17.03.2008, soweit in ihr Entwässerungsgebühren enthalten sind, nichtig ist. In den Entscheidungsgründen heißt es unter anderem: Die Klage sei als Nichtigkeitsfeststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 2. Alt. VwGO statthaft. Die Rechnung der Stadtwerke ... vom 17.03.2008 sei, soweit in ihr Entwässerungsgebühren enthalten seien, ein Verwaltungsakt im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) KAG i.V.m. § 118 AO. Dies ergebe sich nicht zuletzt aus der Verwendung der Begriffe „öffentlich-rechtliche Entwässerungsgebühren“ und „Gebührenschuldnerin“ im Begleitschreiben der Stadtwerke ... vom 19.03.2008.
16 
Die Nichtigkeitsfeststellungsklage sei auch begründet. Die Rechnung vom 17.03.2008 verstoße, soweit in ihr Entwässerungsgebühren enthalten seien, gegen § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) KAG i.V.m. § 119 Abs. 3 Satz 1 AO und sei deshalb gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) KAG i.V.m. § 125 Abs. 2 Nr. 1 AO nichtig. Gemäß § 119 Abs. 3 Satz 1 AO müsse ein Kommunalabgabenbescheid die erlassende Behörde - im vorliegenden Fall die Stadt... - bezeichnen. Danach müsse die erlassende Behörde einwandfrei identifizierbar sein. Dem werde die Rechnung vom 17.03.2008 nicht gerecht. Der Hinweis darauf, dass die Berechnung und der Einzug der Entwässerungsgebühren im Auftrag und im Namen der Stadt ... erfolge, finde sich lediglich in den Hinweisen und Erläuterungen zur Rechnung unter der Überschrift Rechtsbehelfsbelehrung zum Gebührenbescheid. In Hinweisen und Erläuterungen und dann gar noch unter der Rubrik Rechtsbehelfsbelehrung erwarte der normale, nicht mit den Feinheiten des Kommunalabgabenrechts vertraute Bürger eine derartige Information nicht. Ohnehin sei eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht die geeignete Stelle, um die erlassende Behörde zu kennzeichnen. Hinzu komme, dass auf der Deckseite der Rechnung unter der Zusammenstellung der einzelnen Bruttobeträge auch noch in fetter, größerer Schrift zu lesen sei „Fragen zur Rechnung? Rufen Sie uns an: Telefon .../... ...!“. Diese Rufnummer sei die der Stadtwerke. Neben der ausschließlichen Bezeichnung der Stadtwerke ... GmbH im Briefkopf vermittele auch dieser Satz den Eindruck, dass sich der Empfänger der Rechnung bei Problemen mit den Stadtwerken ... auseinandersetzen müsse. In dem Begleitschreiben und auch sonst in der Rechnung werde im Übrigen auch immer nur die Stadtwerke ... GmbH genannt.
17 
Zur Begründung der mit Beschluss vom 18.06.2009 zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend: Die Rechnung und der Gebührenbescheid ergingen gemeinsam in einem „Papierwerk“. Die Beklagte und die Stadtwerke wollten den Bürgern die Abrechnung und die Gebühren so verständlich wie möglich machen. Daher solle alles „aus einer Hand“ erfolgen und die Kosten für die Daseinsvorsorge so übersichtlich wie möglich gestaltet sein. Unter der Überschrift „Hinweis und Erläuterungen zu unserer Rechnung“ finde sich eine weitere Unterüberschrift „Rechtsbehelfsbelehrung zum Gebührenbescheid“, aus der sich die erlassende Behörde ohne Zweifel ergebe. Es sei nicht erforderlich, dass die erlassende Behörde im Briefkopf oder als erstes genannt werden müsse. Die erlassende Behörde müsse bei einem schriftlichen Verwaltungsakt aus dem Schriftstück selbst (z.B. Kopfleiste, Dienstsiegel) einwandfrei identifizierbar sein. Ausreichend sei auch die Erkennbarkeit im Zusammenhang mit der in dem Bescheid angegebenen Adresse der Behörde, der Unterschrift oder dem Beglaubigungsvermerk. Eine Unterschrift oder ein Beglaubigungsvermerk befänden sich in der Regel nicht auf dem Briefkopf eines Schreibens, sondern erst am Ende. Wenn es aber genüge, dass die erlassende Behörde erst am Ende eines Schriftstücks erkennbar sei, müsse auch der Hinweis auf die erlassende Behörde unter der Rubrik „Hinweise und Erläuterungen zu unserer Rechnung“ ausreichen. Nach alledem sei die erlassende Behörde auf Seite 3 der Rechnung eindeutig bezeichnet. Es schade auch nicht, dass auf der ersten Seite des Bescheides hinsichtlich Fragen zur Rechnung eine Telefonnummer der Stadtwerke genannt werde. Die Stadtwerke hätten alle Daten, die für die Berechnung der Abfall- und Entwässerungsgebühren erforderlich seien. Fragen einfacher Art oder Beschwerden könnten deshalb die Stadtwerke sofort beantworten. Diese Praxis befinde sich im Einklang mit § 2 Abs. 3 KAG.
18 
Auch der Hilfsantrag der Klägerin sei unbegründet. Der Gebührenbescheid vom 17.03.2008 sei bestandskräftig. Der Bescheid sei gemeinsam mit einem individuellen Anschreiben vom 19.03.2008 versendet worden, womit er gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) KAG i.V.m. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO am 22.03.2008 als bekanntgegeben gelte. Bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist am 22.04.2008 sei bei der Beklagten kein Widerspruch gegen den Gebührenbescheid eingegangen.
19 
Die Beklagte beantragt,
20 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 05.03.2009 zu ändern und die Klage abzuweisen.
21 
Die Klägerin ändert ihren Klageantrag dahin ab, dass dieser nunmehr lautet:
22 
festzustellen, dass das ihr mit Schreiben vom 19.03.2008 übersandte Schreiben der Stadtwerke ... vom 17.03.2008 kein Verwaltungsakt ist,
23 
hilfsweise festzustellen, dass das Schreiben vom 17.03.2008, soweit mit ihm Entwässerungsgebühren angefordert werden, nichtig ist,
24 
weiter hilfsweise das Schreiben, soweit mit ihm Entwässerungsgebühren angefordert werden, aufzuheben.
25 
Im Übrigen beantragt die Klägerin,
26 
nach Maßgabe des geänderten Klageantrags die Berufung gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen.
27 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
28 
Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Die Klage ist mit ihrem im Berufungsverfahren geänderten und nunmehr auf die Feststellung gerichteten Hauptantrag, dass das an die Klägerin mit Schreiben vom 19.03.2008 übersandte Schreiben der Stadtwerke ... GmbH vom 17.03.2008 kein Verwaltungsakt ist, zulässig und begründet.
29 
1. Der Übergang von der ursprünglich erhobenen Nichtigkeitsfeststellungsklage zu einem allgemeinen Feststellungsbegehren ist zulässig. Er bedeutet keine Änderung der Klage im Sinne von § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 91 VwGO, weil damit keine Änderung des sachlichen Klagebegehrens und damit auch nicht des Klagegrundes vorgenommen wird. Das Klagebegehren richtete sich von Anfang an gegen das der Klägerin übersandte Schreiben der Stadtwerke ... GmbH vom 17.03.2008 und der daraus von der Beklagten abgeleiteten Behauptung, ihr stehe auf der Grundlage dieses Schreibens ein Vollstreckungstitel hinsichtlich der gegenüber der Klägerin geltend gemachten „Entwässerungsgebühren“ zu. Der zu beurteilende Lebenssachverhalt bleibt damit auch im Berufungsverfahren unverändert. Auf Hinweis des Gerichts hat die Klägerin lediglich ihre rechtliche Argumentation geändert und damit ihr Rechtsschutzbegehren präzisiert.
30 
2. Der nunmehr gestellte Hauptantrag ist zulässig. Zwar ist die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 1. Alt. VwGO nicht zulässig, soweit der jeweilige Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Das wäre der Fall, wenn es sich bei dem Schreiben der Stadtwerke ... GmbH vom 17.03.2008 um einen die Klägerin belastenden Verwaltungsakt handeln würde, da ein solcher mit der Anfechtungsklage hätte angegriffen werden können. Bei der zwischen den Beteiligten streitigen Einordnung des Schreibens als Verwaltungsakt oder nicht hoheitliche Rechnungsstellung handelt es sich damit um eine sogenannte doppelt relevante Tatsache, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit einer Klage maßgeblich ist (vgl. u. a. BGH, Beschluss vom 04.07.2001 - XII ZB 161/98 - NJW 2001, 3337). Für die Zulässigkeit des gestellten Festsetzungsantrags genügt daher die bloße Rechtsbehauptung der Klägerin, das umstrittene Schreiben vom 17.03.2008 sei nicht als Verwaltungsakt zu qualifizieren.
31 
3. Die Klage ist begründet. Bei dem zu beurteilenden Schreiben der Stadtwerke ... GmbH vom 17.03.2008 handelt es sich - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - nicht um einen Verwaltungsakt, der die erlassende Behörde nicht erkennen lässt und deshalb gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) KAG i.V.m. § 125 Abs. 2 Nr. 1 AO nichtig ist; die Auslegung des Schreibens nach Maßgabe eines objektiven Empfängerhorizonts unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben ergibt vielmehr bereits, dass eine für den Bürger verbindliche behördliche Regelung nicht vorliegt und das Schreiben damit nicht als Verwaltungsakt im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) KAG i.V.m. § 118 Satz 1 AO (vgl. dazu die gleichlautende Vorschrift des § 35 Satz 1 VwVfG/LVwVfG) zu qualifizieren ist.
32 
Bei der Auslegung des Schreibens der Stadtwerke ... GmbH vom 17.03.2008 hat sich der Senat von folgenden Überlegungen leiten lassen: Für die Frage, ob eine Erklärung der Behörde als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung neben dem Wortlaut und dem objektiven Erklärungswert - insbesondere unter Berücksichtigung der Regelungsbefugnis der Behörde und dem Regelungsgehalt - auf die äußere Form (z.B. Bezeichnung als Bescheid oder Verfügung) sowie eine gegebenenfalls beigefügte bzw. fehlende Rechtsmittelbelehrung abzustellen. Das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung kann ein Indiz gegen das Vorliegen eines Verwaltungsakts sein, schließt jedoch für sich allein das Vorliegen eines Verwaltungsaktes nicht zwingend aus. Unklarheiten hinsichtlich der von der Behörde gewählten Verwaltungsakt-Form gehen zu deren Lasten. Bei Auslegungszweifeln ist bei belastenden Verwaltungsakten das den Betroffenen weniger belastende und bei begünstigenden Verwaltungsakten das den Betroffenen mehr begünstigende Auslegungsergebnis vorzuziehen; insoweit gehen etwaige Unklarheiten zu Lasten der Behörden (st. Rspr. des Bundesfinanzhofs, vgl. die Nachweise bei Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 118 RdNr. 55).
33 
Ob ein Verwaltungsakt ergangen ist, hat, da Verwaltungsakte Willenserklärungen sind, nach den für die Auslegung von Willenserklärungen allgemein geltenden Grundsätzen zu erfolgen. Entsprechend anwendbar sind die §§ 133, 157 BGB. Entscheidend ist der erklärte Wille der Behörde und der sich daraus ergebende objektive Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen - aus der Sicht eines objektiven Betrachters -, das heißt nach Maßgabe eines objektiven Empfängerhorizonts unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte. Für die Auslegung ist vom Wortlaut des Ausspruchs (Tenor) und der dazu gegebenen Begründung auszugehen. Dabei ist entsprechend § 133 BGB der wirkliche Wille der Behörde zu erforschen, und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Zu würdigen ist der gesamte Inhalt der Erklärung einschließlich der Gesamtumstände. Es können zur Auslegung auch der Erläuterungsteil eines Schreibens sowie dem Schreiben bzw. dem Verwaltungsakt beigefügte Unterlagen herangezogen werden (vgl. dazu Pahlke/Koenig, aaO, § 118 RdNr. 54).
34 
In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist die hier streitgegenständliche „Rechnung vom 17.03.2008“ nach Maßgabe eines objektiven Empfängerhorizonts nicht als einseitige verbindliche Regelung seitens der beklagten Stadt, sondern auch hinsichtlich der Entsorgungsart „Entwässerung“ nicht als hoheitliche Regelung, sondern als tatsächliches Verwaltungshandeln in Form eines schlichten Abrechnungsschreibens zu werten.
35 
Zwar findet sich auf Seite 3 des Schreibens vom 17.03.2008 in der drittletzten Zeile im Zusammenhang mit der Berechnung des für die Entwässerung zu zahlenden Betrags die Formulierung „Entwässerungsgebühr“. Darüber hinaus enthalten auch die „Hinweise und Erläuterungen zur Rechnung“ auf der Rückseite von Seite 3 des Schreibens im 11. Absatz eine Rechtsbehelfsbelehrung hinsichtlich der Entwässerung; dort wird auch ausdrücklich erklärt, dass die Berechnung der Entwässerungsgebühren im Auftrag und im Namen der Stadt ... und damit einer Verwaltungsbehörde erfolgt. Diese Rechtsmittelbelehrung und die Bezugnahme auf die Stadt ... einschließlich der damit verbundenen behördlichen Regelungsbefugnis legen eine verbindliche Regelung hinsichtlich der Abwasserbeseitigung und damit einen Verwaltungsakt nahe. Dies dürfte insbesondere aus der Sicht eines „qualifizierten Juristen“, der das Schreiben vom 17.03.2008 vollständig und damit einschließlich der Hinweise und Erläuterungen zur Kenntnis nimmt, gelten.
36 
Eine solche Auslegung wird allerdings unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen der Sicht eines „objektiven Betrachters“ und damit eines juristisch nicht vorgebildeten Bürgers nicht gerecht. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben kommt der Seite 1 des Schreibens vom 17.03.2008 maßgebliche Bedeutung zu. Das Schreiben ist dort insgesamt als „Rechnung“ der Stadtwerke ... GmbH bezeichnet. Die Formulierung „Rechnung“ spricht eindeutig für eine privatrechtliche Handlungsform; auch kann die Stadtwerke ... GmbH als Gesellschaft des Privatrechts aus der Sicht eines unbefangenen Dritten grundsätzlich nicht hoheitlich und damit in Form eines Verwaltungsakts handeln. Auf Seite 1 dieser „Rechnung“ hat die Stadtwerke ... GmbH die von der Klägerin zu zahlenden Beträge für Trinkwasser, Entwässerung und Abfallentsorgung aufgelistet und anschließend einen Gesamtrechnungsbetrag ausgewiesen. Es wird dort nicht ansatzweise zwischen der Abrechnung für das Trinkwasser, das auf einem privatrechtlichen Vertrag beruht, und den hoheitlichen Gebühren für Entwässerung und Abfallentsorgung unterschieden. Es fehlen auch Begriffe, die wie etwa „Verfügung“ oder „Bescheid“ auf ein hoheitliches Handeln hinweisen könnten. Darüber hinaus enthält dieser Teil der „Rechnung“ keinen Hinweis darauf, dass hinsichtlich des zu zahlenden Betrags für die Entwässerung und die Abfallentsorgung eine einseitige verbindliche Regelung für die angeschriebenen Bürger getroffen wird. Die Formulierung „der Restbetrag in Höhe von ... wird bis zum 08.04.2008 fällig“ entspricht vielmehr den Gepflogenheiten bei einer privaten Rechnung. Im Gegensatz dazu enthält die erste Seite eines Verwaltungsaktes im Regelfall den Tenor, mit dem einseitig für den betroffenen Bürger eine verbindliche Rechtsfolge gesetzt wird. Auch hieran fehlt es bei dem Schreiben vom 17.03.2008. Seite 1 des Schreibens schließt mit der Grußformel durch die Stadtwerke ... GmbH. Auch in diesem Zusammenhang fehlt jeder Hinweis auf die Beklagte als Hoheitsträgerin oder auf eine Rechtsbehelfsbelehrung, aus der etwa auf eine hoheitlich verbindliche Regelung mit der Folge einer Rechtsschutzmöglichkeit für den Bürger geschlossen werden könnte.
37 
Vor dem Hintergrund des eindeutigen Erklärungsinhalts auf Seite 1 der „Rechnung“ kommt der Rechtsmittelbelehrung, die sich lediglich „versteckt“ auf der Rückseite der Seite 3 des Schreibens befindet, keine entscheidende Bedeutung zu. Auf den Seiten 2 und 4 sowie auf der Vorderseite der Seite 3 des Schreibens werden die einzelnen Leistungsarten Abfallentsorgung, Trinkwasser, Entwässerung nach Zeitraum, Zählerstand und Preis zahlenmäßig weiter aufgeschlüsselt. Nach Maßgabe eines objektiven Empfängerhorizonts musste aber nicht davon ausgegangen werden, dass in diesem Teil des Schreibens rechtlich relevante Erklärungen enthalten sind, die über den Erklärungswert auf Seite 1, die mit der Grußformel abgeschlossen ist, hinausgehen. Aus der Sicht eines objektiven Betrachters bestand insbesondere nicht die Notwendigkeit, die umfangreichen Hinweise und Erläuterungen zur Rechnung bis in jedes Detail zur Kenntnis zu nehmen. Die Rechtsbehelfsbelehrung zum Gebührenbescheid ist weder drucktechnisch (etwa Fettdruck) hervorgehoben noch enthält Seite 1 der Rechnung einen Hinweis auf diesen für die rechtliche Beurteilung wichtigen Zusatz. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist zudem eingebettet in Erläuterungen zum Datenschutz, zur richtigen Tarifwahl bei der Stromversorgung sowie in Informationen zum Gasversorgungsnetz und dem Wasserentnahmeentgelt, das die Stadtwerke ... GmbH an das Land Baden-Württemberg abführen muss. Weder nach der Überschrift („Hinweise und Erläuterungen zu unserer Rechnung“) noch nach der Gestaltung der Seite musste der Empfänger des Schreibens mit rechtlich relevanten Erklärungen rechnen, insbesondere nicht mit Informationen, die das Schreiben vom 17.03.2008 hinsichtlich der Entsorgungsarten Abfall und Entwässerung erst zum hoheitlichen Verwaltungsakt erklären.
38 
Eine andere Sichtweise rechtfertigt auch nicht das Begleitschreiben der Stadtwerke ... GmbH vom 19.03.2008. Zwar heißt es in dem Schreiben ausdrücklich, die Klägerin sei „Vertragspartner des Wasserversorgungsvertrags und daneben auch Gebührenschuldner für die öffentlich-rechtlichen Entwässerungsgebühren“. Das genügt jedoch nicht, um bei einer Gesamtschau mit der „Rechnung vom 17.03.2008“ einen verbindlichen Regelungsgehalt des Schreibens zu begründen. Im Schreiben vom 19.03.2008 heißt es weiter, nachdem die Mieter weitere Zahlungen verweigert hätten, sähen sich die Stadtwerke gezwungen, sich direkt an die Klägerin als Gebührenschuldner und Vertragspartner zu wenden. Ausgehend von dieser Formulierung kann das Schreiben vom 17.03.2008 ohne weiteres als formlose Abrechnung hinsichtlich der Entwässerung und damit etwa als Ankündigung bzw. Anhörung hinsichtlich eines noch zu ergehenden Verwaltungsaktes verstanden werden. Auch nimmt das Anschreiben vom 19.03.2008 gerade nicht Bezug auf einen konkreten Gebührenbescheid, sondern macht die Forderung nur unter Bezugnahme auf die „Rechnung vom 17.03.2008“ in allgemeiner Form geltend. Auch in diesem Zusammenhang ist jedenfalls maßgeblich darauf abzustellen, dass Seite 1 des Schreibens vom 17.03.2008 aus der Sicht eines objektiven Empfängers eindeutig und unmissverständlich als „zivilrechtliche“ Abrechnung zu qualifizieren ist und bereits von daher für die Klägerin kein Anlass bestand, eine verbindliche Regelung durch Hoheitsakt in Betracht zu ziehen. Schließlich stammt auch das Anschreiben vom 19.03.2008 von der privatrechtlichen GmbH und enthält keinen Hinweis auf die beklagte Stadt als Hoheitsträgerin.
39 
Einer Entscheidung über die Hilfsanträge der Klägerin bedarf es nach alledem nicht mehr.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
42 
Beschluss vom 15. Oktober 2009
43 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 1.881,-- EUR festgesetzt.
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
28 
Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Die Klage ist mit ihrem im Berufungsverfahren geänderten und nunmehr auf die Feststellung gerichteten Hauptantrag, dass das an die Klägerin mit Schreiben vom 19.03.2008 übersandte Schreiben der Stadtwerke ... GmbH vom 17.03.2008 kein Verwaltungsakt ist, zulässig und begründet.
29 
1. Der Übergang von der ursprünglich erhobenen Nichtigkeitsfeststellungsklage zu einem allgemeinen Feststellungsbegehren ist zulässig. Er bedeutet keine Änderung der Klage im Sinne von § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 91 VwGO, weil damit keine Änderung des sachlichen Klagebegehrens und damit auch nicht des Klagegrundes vorgenommen wird. Das Klagebegehren richtete sich von Anfang an gegen das der Klägerin übersandte Schreiben der Stadtwerke ... GmbH vom 17.03.2008 und der daraus von der Beklagten abgeleiteten Behauptung, ihr stehe auf der Grundlage dieses Schreibens ein Vollstreckungstitel hinsichtlich der gegenüber der Klägerin geltend gemachten „Entwässerungsgebühren“ zu. Der zu beurteilende Lebenssachverhalt bleibt damit auch im Berufungsverfahren unverändert. Auf Hinweis des Gerichts hat die Klägerin lediglich ihre rechtliche Argumentation geändert und damit ihr Rechtsschutzbegehren präzisiert.
30 
2. Der nunmehr gestellte Hauptantrag ist zulässig. Zwar ist die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 1. Alt. VwGO nicht zulässig, soweit der jeweilige Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Das wäre der Fall, wenn es sich bei dem Schreiben der Stadtwerke ... GmbH vom 17.03.2008 um einen die Klägerin belastenden Verwaltungsakt handeln würde, da ein solcher mit der Anfechtungsklage hätte angegriffen werden können. Bei der zwischen den Beteiligten streitigen Einordnung des Schreibens als Verwaltungsakt oder nicht hoheitliche Rechnungsstellung handelt es sich damit um eine sogenannte doppelt relevante Tatsache, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit einer Klage maßgeblich ist (vgl. u. a. BGH, Beschluss vom 04.07.2001 - XII ZB 161/98 - NJW 2001, 3337). Für die Zulässigkeit des gestellten Festsetzungsantrags genügt daher die bloße Rechtsbehauptung der Klägerin, das umstrittene Schreiben vom 17.03.2008 sei nicht als Verwaltungsakt zu qualifizieren.
31 
3. Die Klage ist begründet. Bei dem zu beurteilenden Schreiben der Stadtwerke ... GmbH vom 17.03.2008 handelt es sich - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - nicht um einen Verwaltungsakt, der die erlassende Behörde nicht erkennen lässt und deshalb gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) KAG i.V.m. § 125 Abs. 2 Nr. 1 AO nichtig ist; die Auslegung des Schreibens nach Maßgabe eines objektiven Empfängerhorizonts unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben ergibt vielmehr bereits, dass eine für den Bürger verbindliche behördliche Regelung nicht vorliegt und das Schreiben damit nicht als Verwaltungsakt im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) KAG i.V.m. § 118 Satz 1 AO (vgl. dazu die gleichlautende Vorschrift des § 35 Satz 1 VwVfG/LVwVfG) zu qualifizieren ist.
32 
Bei der Auslegung des Schreibens der Stadtwerke ... GmbH vom 17.03.2008 hat sich der Senat von folgenden Überlegungen leiten lassen: Für die Frage, ob eine Erklärung der Behörde als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung neben dem Wortlaut und dem objektiven Erklärungswert - insbesondere unter Berücksichtigung der Regelungsbefugnis der Behörde und dem Regelungsgehalt - auf die äußere Form (z.B. Bezeichnung als Bescheid oder Verfügung) sowie eine gegebenenfalls beigefügte bzw. fehlende Rechtsmittelbelehrung abzustellen. Das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung kann ein Indiz gegen das Vorliegen eines Verwaltungsakts sein, schließt jedoch für sich allein das Vorliegen eines Verwaltungsaktes nicht zwingend aus. Unklarheiten hinsichtlich der von der Behörde gewählten Verwaltungsakt-Form gehen zu deren Lasten. Bei Auslegungszweifeln ist bei belastenden Verwaltungsakten das den Betroffenen weniger belastende und bei begünstigenden Verwaltungsakten das den Betroffenen mehr begünstigende Auslegungsergebnis vorzuziehen; insoweit gehen etwaige Unklarheiten zu Lasten der Behörden (st. Rspr. des Bundesfinanzhofs, vgl. die Nachweise bei Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 118 RdNr. 55).
33 
Ob ein Verwaltungsakt ergangen ist, hat, da Verwaltungsakte Willenserklärungen sind, nach den für die Auslegung von Willenserklärungen allgemein geltenden Grundsätzen zu erfolgen. Entsprechend anwendbar sind die §§ 133, 157 BGB. Entscheidend ist der erklärte Wille der Behörde und der sich daraus ergebende objektive Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen - aus der Sicht eines objektiven Betrachters -, das heißt nach Maßgabe eines objektiven Empfängerhorizonts unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte. Für die Auslegung ist vom Wortlaut des Ausspruchs (Tenor) und der dazu gegebenen Begründung auszugehen. Dabei ist entsprechend § 133 BGB der wirkliche Wille der Behörde zu erforschen, und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Zu würdigen ist der gesamte Inhalt der Erklärung einschließlich der Gesamtumstände. Es können zur Auslegung auch der Erläuterungsteil eines Schreibens sowie dem Schreiben bzw. dem Verwaltungsakt beigefügte Unterlagen herangezogen werden (vgl. dazu Pahlke/Koenig, aaO, § 118 RdNr. 54).
34 
In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist die hier streitgegenständliche „Rechnung vom 17.03.2008“ nach Maßgabe eines objektiven Empfängerhorizonts nicht als einseitige verbindliche Regelung seitens der beklagten Stadt, sondern auch hinsichtlich der Entsorgungsart „Entwässerung“ nicht als hoheitliche Regelung, sondern als tatsächliches Verwaltungshandeln in Form eines schlichten Abrechnungsschreibens zu werten.
35 
Zwar findet sich auf Seite 3 des Schreibens vom 17.03.2008 in der drittletzten Zeile im Zusammenhang mit der Berechnung des für die Entwässerung zu zahlenden Betrags die Formulierung „Entwässerungsgebühr“. Darüber hinaus enthalten auch die „Hinweise und Erläuterungen zur Rechnung“ auf der Rückseite von Seite 3 des Schreibens im 11. Absatz eine Rechtsbehelfsbelehrung hinsichtlich der Entwässerung; dort wird auch ausdrücklich erklärt, dass die Berechnung der Entwässerungsgebühren im Auftrag und im Namen der Stadt ... und damit einer Verwaltungsbehörde erfolgt. Diese Rechtsmittelbelehrung und die Bezugnahme auf die Stadt ... einschließlich der damit verbundenen behördlichen Regelungsbefugnis legen eine verbindliche Regelung hinsichtlich der Abwasserbeseitigung und damit einen Verwaltungsakt nahe. Dies dürfte insbesondere aus der Sicht eines „qualifizierten Juristen“, der das Schreiben vom 17.03.2008 vollständig und damit einschließlich der Hinweise und Erläuterungen zur Kenntnis nimmt, gelten.
36 
Eine solche Auslegung wird allerdings unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen der Sicht eines „objektiven Betrachters“ und damit eines juristisch nicht vorgebildeten Bürgers nicht gerecht. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben kommt der Seite 1 des Schreibens vom 17.03.2008 maßgebliche Bedeutung zu. Das Schreiben ist dort insgesamt als „Rechnung“ der Stadtwerke ... GmbH bezeichnet. Die Formulierung „Rechnung“ spricht eindeutig für eine privatrechtliche Handlungsform; auch kann die Stadtwerke ... GmbH als Gesellschaft des Privatrechts aus der Sicht eines unbefangenen Dritten grundsätzlich nicht hoheitlich und damit in Form eines Verwaltungsakts handeln. Auf Seite 1 dieser „Rechnung“ hat die Stadtwerke ... GmbH die von der Klägerin zu zahlenden Beträge für Trinkwasser, Entwässerung und Abfallentsorgung aufgelistet und anschließend einen Gesamtrechnungsbetrag ausgewiesen. Es wird dort nicht ansatzweise zwischen der Abrechnung für das Trinkwasser, das auf einem privatrechtlichen Vertrag beruht, und den hoheitlichen Gebühren für Entwässerung und Abfallentsorgung unterschieden. Es fehlen auch Begriffe, die wie etwa „Verfügung“ oder „Bescheid“ auf ein hoheitliches Handeln hinweisen könnten. Darüber hinaus enthält dieser Teil der „Rechnung“ keinen Hinweis darauf, dass hinsichtlich des zu zahlenden Betrags für die Entwässerung und die Abfallentsorgung eine einseitige verbindliche Regelung für die angeschriebenen Bürger getroffen wird. Die Formulierung „der Restbetrag in Höhe von ... wird bis zum 08.04.2008 fällig“ entspricht vielmehr den Gepflogenheiten bei einer privaten Rechnung. Im Gegensatz dazu enthält die erste Seite eines Verwaltungsaktes im Regelfall den Tenor, mit dem einseitig für den betroffenen Bürger eine verbindliche Rechtsfolge gesetzt wird. Auch hieran fehlt es bei dem Schreiben vom 17.03.2008. Seite 1 des Schreibens schließt mit der Grußformel durch die Stadtwerke ... GmbH. Auch in diesem Zusammenhang fehlt jeder Hinweis auf die Beklagte als Hoheitsträgerin oder auf eine Rechtsbehelfsbelehrung, aus der etwa auf eine hoheitlich verbindliche Regelung mit der Folge einer Rechtsschutzmöglichkeit für den Bürger geschlossen werden könnte.
37 
Vor dem Hintergrund des eindeutigen Erklärungsinhalts auf Seite 1 der „Rechnung“ kommt der Rechtsmittelbelehrung, die sich lediglich „versteckt“ auf der Rückseite der Seite 3 des Schreibens befindet, keine entscheidende Bedeutung zu. Auf den Seiten 2 und 4 sowie auf der Vorderseite der Seite 3 des Schreibens werden die einzelnen Leistungsarten Abfallentsorgung, Trinkwasser, Entwässerung nach Zeitraum, Zählerstand und Preis zahlenmäßig weiter aufgeschlüsselt. Nach Maßgabe eines objektiven Empfängerhorizonts musste aber nicht davon ausgegangen werden, dass in diesem Teil des Schreibens rechtlich relevante Erklärungen enthalten sind, die über den Erklärungswert auf Seite 1, die mit der Grußformel abgeschlossen ist, hinausgehen. Aus der Sicht eines objektiven Betrachters bestand insbesondere nicht die Notwendigkeit, die umfangreichen Hinweise und Erläuterungen zur Rechnung bis in jedes Detail zur Kenntnis zu nehmen. Die Rechtsbehelfsbelehrung zum Gebührenbescheid ist weder drucktechnisch (etwa Fettdruck) hervorgehoben noch enthält Seite 1 der Rechnung einen Hinweis auf diesen für die rechtliche Beurteilung wichtigen Zusatz. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist zudem eingebettet in Erläuterungen zum Datenschutz, zur richtigen Tarifwahl bei der Stromversorgung sowie in Informationen zum Gasversorgungsnetz und dem Wasserentnahmeentgelt, das die Stadtwerke ... GmbH an das Land Baden-Württemberg abführen muss. Weder nach der Überschrift („Hinweise und Erläuterungen zu unserer Rechnung“) noch nach der Gestaltung der Seite musste der Empfänger des Schreibens mit rechtlich relevanten Erklärungen rechnen, insbesondere nicht mit Informationen, die das Schreiben vom 17.03.2008 hinsichtlich der Entsorgungsarten Abfall und Entwässerung erst zum hoheitlichen Verwaltungsakt erklären.
38 
Eine andere Sichtweise rechtfertigt auch nicht das Begleitschreiben der Stadtwerke ... GmbH vom 19.03.2008. Zwar heißt es in dem Schreiben ausdrücklich, die Klägerin sei „Vertragspartner des Wasserversorgungsvertrags und daneben auch Gebührenschuldner für die öffentlich-rechtlichen Entwässerungsgebühren“. Das genügt jedoch nicht, um bei einer Gesamtschau mit der „Rechnung vom 17.03.2008“ einen verbindlichen Regelungsgehalt des Schreibens zu begründen. Im Schreiben vom 19.03.2008 heißt es weiter, nachdem die Mieter weitere Zahlungen verweigert hätten, sähen sich die Stadtwerke gezwungen, sich direkt an die Klägerin als Gebührenschuldner und Vertragspartner zu wenden. Ausgehend von dieser Formulierung kann das Schreiben vom 17.03.2008 ohne weiteres als formlose Abrechnung hinsichtlich der Entwässerung und damit etwa als Ankündigung bzw. Anhörung hinsichtlich eines noch zu ergehenden Verwaltungsaktes verstanden werden. Auch nimmt das Anschreiben vom 19.03.2008 gerade nicht Bezug auf einen konkreten Gebührenbescheid, sondern macht die Forderung nur unter Bezugnahme auf die „Rechnung vom 17.03.2008“ in allgemeiner Form geltend. Auch in diesem Zusammenhang ist jedenfalls maßgeblich darauf abzustellen, dass Seite 1 des Schreibens vom 17.03.2008 aus der Sicht eines objektiven Empfängers eindeutig und unmissverständlich als „zivilrechtliche“ Abrechnung zu qualifizieren ist und bereits von daher für die Klägerin kein Anlass bestand, eine verbindliche Regelung durch Hoheitsakt in Betracht zu ziehen. Schließlich stammt auch das Anschreiben vom 19.03.2008 von der privatrechtlichen GmbH und enthält keinen Hinweis auf die beklagte Stadt als Hoheitsträgerin.
39 
Einer Entscheidung über die Hilfsanträge der Klägerin bedarf es nach alledem nicht mehr.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
42 
Beschluss vom 15. Oktober 2009
43 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 1.881,-- EUR festgesetzt.
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. November 2011 - 3 K 641/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde.

Es wird festgestellt, dass die an den Kläger gerichtete Auflage in Ziffer 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.

Die Beklagte trägt die gesamten Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die vom Kläger begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit einer an ihn als Versammlungsleiter gerichteten Auflage, nach der das Mitführen von Gegenständen, die zur Verhinderung der Identitätsfeststellung geeignet und bestimmt sind, bei der Versammlung verboten ist.
Mit Schreiben vom 25.01.2011 und 01.02.2011 meldete der Kläger bei der Beklagten für Samstag, den 12.02.2011, 12 - 15 Uhr, eine Versammlung mit 200 bis 250 Teilnehmern auf dem Karlsruher Marktplatz an. Die Kundgebung richtete sich gegen einen wenige Tage später stattfindenden Castor-Transport aus dem Karlsruher Institut für Technologie - KIT - nach Lubmin. Ein LKW sollte als Bühne dienen, die Teilnehmer und Passanten sollten per Lautsprecher, Transparenten und Flyern erreicht werden.
Mit Bescheid vom 09.02.2011 bestätigte die Beklagte gemäß § 14 VersammlG die Versammlung und erteilte - ausweislich der Begründung gestützt auf § 15 VersammlG - eine Reihe von Auflagen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Ziffer 7 der Verfügung lautete:
„Es ist verboten an der Versammlung in einer Aufmachung teilzunehmen, die geeignet und den Umständen nach darauf ausgerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern (Vermummungsverbot). Gegenstände, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, dürfen bei der Versammlung nicht mitgeführt werden. Hierzu zählt insbesondere die Bekleidung mit Kapuzenpullovern und Halstüchern, wenn dadurch eine Identifizierung unmöglich gemacht wird (z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen).“
Die Einzelbegründung zu Ziffer 7 lautete:
„Die Auflage ergibt sich direkt aus § 17 a Abs. 2 Versammlungsgesetz.“
Des weiteren wurde der Kläger als Versammlungsleiter verpflichtet, sich zu Beginn bei der Polizeieinsatzleitung zu melden und während der Veranstaltung per Mobiltelefon erreichbar zu sein. Ihm wurde aufgegeben, je 50 Teilnehmer einen Ordner einzusetzen und deren Personalien vorab der Polizei mitteilen. Es wurden Einzelheiten bezüglich des Bühnen- und Standaufbaus sowie der Beschaffenheit von Transparenten und Fahnen geregelt, unter anderem wurden Transparente mit einer Länge von über 3 m untersagt. Verboten wurden auch die Blockade und Behinderung des Straßenbahnverkehrs, der Ausschank, Verkauf und Konsum alkoholischer Getränke sowie das Mitführen von Glasbehältnissen und Hunden. Der Kläger wurde verpflichtet, den Versammlungsort nach der Veranstaltung zu reinigen.
Der Bescheid verpflichtete den Kläger, den Teilnehmern den Verlauf und die Auflagen mitzuteilen und auf mögliche Bußgeldverfahren hinzuweisen. Ziffer 1 der Verfügung endete mit dem Satz:
„Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.“
10 
Der Sofortvollzug aller Auflagen wurde angeordnet.
11 
Am 11.02.2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen einige der verfügten Auflagen, über den nicht entschieden wurde.
12 
Die Versammlung fand am 12.02.2011 statt und wurde um 14.15 Uhr vom Kläger beendet. Die Versammlung, an der zur Spitzenzeit ca. 300 und 350 Personen teilnahmen, verlief friedlich. Die Beklagte teilte dem Kläger während der Versammlung mit, dass auf den Sofortvollzug der Auflagen verzichtet werde.
13 
Am 09.03.2011 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass die Ziffern 1, 3, 5, 7, 9 und 10 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig waren, soweit diese
14 
a) den Kläger verpflichten, dem Polizeieinsatzleiter vor Versammlungsbeginn die Mobiltelefonnummer, unter der er jederzeit während der Versammlung erreichbar ist, mitzuteilen,
15 
b) den Kläger verpflichten, als Versammlungsleiter die Personalien (Name, Vorname und Wohnort) der eingesetzten Ordner in einer Liste zu erfassen, die der Polizei am 12.02.2011 um 11.30 Uhr vorzulegen ist,
16 
c) den Kläger verpflichten, keine Transparente mitzuführen, die die Länge von 3 m überschreiten,
17 
d) das Mitführen von Gegenständen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, bei der Versammlung verbieten, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen,
18 
e) das Mitführen von Glasbehältnissen auf der Versammlung verbieten,
19 
f) das Mitführen von Hunden während der Versammlung untersagen.
20 
Mit Urteil vom 24.11.2011 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe festgestellt, dass die Ziffern 1, 3, 5, 9 und 10 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 in dem mit der Klage angegriffenen Umfang rechtswidrig waren. Lediglich in Bezug auf das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2 und 3 der Verfügung), hat es die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es insoweit ausgeführt: Die Anordnung wiederhole lediglich den Wortlaut des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG und konkretisiere diesen durch Beispiele. Das angeführte Tragen von Kapuzenpullovern und Halstüchern sei nur insofern verboten, als dies in einer Weise geschehe, die eine Identifizierung der Person unmöglich mache. Danach sei das Tragen der genannten Kleidungsstücke nicht generell untersagt, sondern nur dann, wenn es dem Verbot des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG zuwiderlaufe. In dieser Auslegung begegne das Verbot keinen Bedenken.
21 
Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 22.03.2012 - 1 S 89/12 - zugelassenen Berufung trägt der Kläger vor: Das Verbot des Mitführens von zur Vermummung geeigneten Gegenständen stelle nicht lediglich eine Konkretisierung des gesetzlichen Verbots dar. Während nach § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG lediglich das Mitführen von Gegenständen verboten sei, die geeignet und den Umständen nach zur Vermummung bestimmt seien, verbiete die angegriffene Verfügung schon das bloße Tragen geeigneter Kleidungsstücke, ohne dass eine Zweckbestimmung notwendig sei. Zur Vermummung geeignete Kleidungsstücke, insbesondere die in der Verfügung genannten Kapuzenpullover seien ein weit verbreitetes modisches Kleidungsstück. Das Verbot sei den potentiellen Teilnehmern nicht vorab bekannt, es hindere Bürger an der spontanen Teilnahme. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG seien nicht gegeben. Die Veranstaltung sei, wie bereits im Vorfeld absehbar gewesen sei, friedlich verlaufen. Die Auflage sei schließlich zu unbestimmt; der Kläger könne nicht zuverlässig beurteilen, ob ein Verstoß gegen die Auflage vorliege. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers seien mehrere Vorfälle bekannt, bei denen Jugendlichen vor Demonstrationen das Tragen von Halstüchern oder Kapuzenpullovern untersagt worden sei, obwohl die jeweiligen Umstände nahegelegt hätten, dass die Kleidungsstücke nicht der Vermummung, sondern dem Schutz vor der Witterung dienen sollten.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24.11.2011 - 3 K 641/11 - zu ändern und festzustellen, dass Ziff. 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.
24 
Die Beklagte beantragt,
25 
die Berufung zurückzuweisen.
26 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Ziffer 7 der Verfügung verbiete nicht das Tragen von zur Vermummung potentiell geeigneten Kleidungsstücken an sich, sondern nur in Verbindung mit der Absicht die Identitätsfeststellung zu verhindern. Diese Absicht sei nur festzustellen durch eine bereits stattgefundene Vermummung. Die Verfügung wiederhole und konkretisiere nur das gesetzliche Vermummungsverbot und bedürfe daher keiner Gefahrenprognose nach § 15 Abs. 1 VersammlG.
27 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
28 
Die Berufung des Klägers, über die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Antrag des Klägers nicht das in Ziffer 7 Satz 1 der Verfügung vom 09.02.2011 angeordnete Vermummungsverbot, sondern lediglich das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2). Aus Ziffer 7 Satz 3 der Verfügung lässt sich entnehmen, dass zu diesen Gegenständen insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen. Im Übrigen konkretisiert Satz 3 jedoch, wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz ergibt „(z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen)“, nicht das Mitführungsverbot gemäß Satz 2, sondern das vom Kläger nicht angegriffene Vermummungsverbot gemäß Satz 1.
II.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Mitführungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
30 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
31 
Das Mitführungsverbot in Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 ist ein Verwaltungsakt und nicht lediglich ein Hinweis auf die Gesetzeslage, denn es erweckt unabhängig von seinem tatsächlichen rechtlichen Gehalt zumindest den Eindruck einer abschließenden Einzelfallregelung (OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 07.07.1999 - 2 L 264/98 - NJW 2000, 1059; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 16). Ob eine behördliche Äußerung einen Verwaltungsakt darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen ist (Stelkens, a.a.O., Rn. 71). Dabei sind nicht nur der Tenor, sondern auch die Begründung und die Umstände der Bekanntgabe zu berücksichtigen. Eine von der Behörde als „Auflage“ bezeichnete Maßnahme kann danach eine Verfügung mit Regelungsgehalt sein. Es kann sich aber auch nur um einen bloßen Hinweis auf die allgemeine Rechtslage handeln (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - BVerfGK 10, 493 <496> = NVwZ 2007, 1183; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6).
32 
Zwar klingt der isolierte Wortlaut von Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung nach einem schlichten Hinweis auf die Gesetzeslage, da er lediglich § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiedergibt. Auch die Bezeichnung als „Auflage“, die im versammlungsrechtlichen Zusammenhang auf § 15 Abs. 1 VersammlG verweist, steht einem solchen Verständnis nicht zwingend entgegenstehen, da die Verwendung dieses Begriffs für versammlungsrechtliche Vorgaben jeglicher Art gebräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007, a.a.O.).
33 
Die Begründung der Verfügung ist in sich widersprüchlich. Im allgemeinen Teil wird einleitend § 15 VersammlG als Rechtsgrundlage für alle „nachstehenden Auflagen“ angegeben. Die Einzelbegründung zu Ziffer 7, nach der sich diese Auflage direkt aus § 17 a Abs. 2 VersammlG ergeben soll, klingt demgegenüber nach einem bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Die Einzelbegründung deutet also im Gegensatz zur allgemeinen, alle Auflagen betreffenden Begründung darauf hin, dass die Beklagte keine weitergehende Regelung treffen wollte. Denn § 17 a Abs. 2 VersammlG kann ersichtlich nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen. Auch dass sich die Auflage „direkt“ aus dem Gesetz ergeben soll, legt nahe, dass nicht eine weitere Pflicht begründet werden soll, die sich dann nur mittelbar aus dem Gesetz ergeben könnte.
34 
Entscheidend für ein Verständnis als Verwaltungsakt spricht jedoch, dass Ziffer 7 in einer Liste von Einzelanordnungen steht, die allesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind. Sämtliche anderen Ziffern treffen entweder spezifische Regelungen für die konkret angemeldete Versammlung, etwa die Position der Bühne, oder sie stellen Ge- und Verbote auf, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Für den Kläger als Empfänger war nicht erkennbar, warum einzig Ziffer 7 keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben sollte. Dies gilt umso mehr, als dass diese Besonderheit weder aus der Gliederung noch durch die Formulierung erkennbar wird. Weder wurde die Ziffer 7 als gesetzeswiederholender Hinweis oder als „standardisierte Auflage“ bezeichnet und vom sonstigen Text abgesetzt (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 21.02.2009 - 10 CS 09.439 - juris; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6) noch wurde sie sprachlich durch eine auf einen bloßen Hinweis hindeutende Formel wie „Grundsätzlich gilt …“ eingeleitet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.02.2006 - 24 CS 06.314 - juris).
35 
Für einen eigenständigen Regelungsgehalt von Ziffer 7 spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers auch eine Zusammenschau mit dem letzten Satz der Ziffer 1, wonach der Kläger als Versammlungsleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.
36 
Schließlich konnte ein objektiver Empfänger die Auflage mit Blick auf die Anordnung des Sofortvollzugs nur als Verwaltungsakt verstehen, denn diese Anordnung ergibt nur Sinn, wenn die Beklagte mittels Verwaltungsakt handeln wollte.
37 
Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155 und vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61, jeweils m.w.N.).
38 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
39 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - a.a.O.). Die Klage wurde binnen Monatsfrist erhoben.
40 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.).
41 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>).
42 
Danach kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegend zumindest aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bejaht werden. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405 ; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004, a.a.O.). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 a.a.O. S. 406 ). Dies ist hier der Fall.
43 
Die Beklagte geht davon aus, dass die angegriffene Auflage keiner Ermächtigungsgrundlage bedarf. Sie hat Auflagen dieses Inhalts auch in der Vergangenheit bei vergleichbaren Versammlungen bereits verfügt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie davon in Zukunft Abstand nehmen wird. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch in Zukunft Versammlungen mit gleicher Zielrichtung veranstalten zu wollen. Der Protest der Atomkraftgegner richtet sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten. Daher werden Castor-Transporte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu vergleichbaren Versammlungen bieten.
44 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Mitführungsverbot war als an den Kläger als Versammlungsleiter gerichtete Auflage rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
45 
Als belastende staatliche Maßnahme bedarf das Mitführungsverbot gemäß Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 einer Ermächtigungsgrundlage (a). Die Tatbestandsvoraussetzungen keiner in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt (b).
46 
a) Eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Verfügung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Wesentlichen den Gesetzestext des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiederholt. Der Erlass eines belastenden Verwaltungsakts setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene rechtliche Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern auch dafür, dass die Behörde in Form eines Verwaltungsakts handeln darf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 35 Rn. 23 m.w.N.). Gesetzeswiederholende Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999 - 8 B 12627/98 - NVwZ 1999, 679 ; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660 u.a. - DVBl 1999, 624 m.w.N. und Beschl. v. 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 - juris Rn. 17). Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung besteht darin, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O.; zur Vollstreckungsfunktion: Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 11). Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in den Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O. m.w.N.).
47 
Vorliegend richtet sich das Mitführungsverbot nach seinem materiellen Regelungsgehalt an alle Versammlungsteilnehmer. Für den Kläger als Versammlungsleiter beinhaltet das an ihn gerichtete Verbot darüber hinaus das Gebot, für dessen Einhaltung zu sorgen. Denn nur so kann der Leiter gegen ein an ihn adressiertes, aber für alle Teilnehmer geltendes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - a.a.O. S. 496) Verbot verstoßen.
48 
b) Da das Versammlungsgesetz sich für unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe als abschließende Regelung darstellt, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und damit auch auf die polizeiliche Generalklausel ausschließt (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 1 Rn. 193; Senatsurteil vom 12.07.2010, a.a.O.), kommen hier in Ermangelung einer versammlungsrechtlichen Generalermächtigung nur die speziellen Ermächtigungsgrundlagen des Versammlungsgesetzes in Betracht.
49 
aa) Die Verfügung konnte nicht auf Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht (Senatsurteil vom 30.06.2011, a.a.O.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <352 ff.>; BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 6 C 21.07 - BVerwGE 131, 216 <218>).
50 
Eine unmittelbare Gefahr, also ein Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt, wird vorliegend auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Im Gegenteil war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits ex ante von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Versammlung war nicht als Aufzug geplant und stand in keinem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zu dem Castor-Transport. Mit illegalen, unfriedlichen Protestaktionen, die aus Sicht der Teilnehmer eine Vermummung notwendig gemacht hätten, war nicht zu rechnen.
51 
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen hätten, wäre es fraglich, ob das an den Versammlungsleiter gerichtete Gebot, für die Einhaltung des Verbots der Mitführung von Vermummungsgegenständen zu sorgen, nicht unverhältnismäßig wäre. Denn im Gegensatz zu einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot wird sich ein Verstoß gegen das Mitführungsverbot oftmals nicht ohne weiteres feststellen lassen. Ein Teilnehmer verstößt bereits dann gegen das bußgeldbewehrte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a VersammlG) Mitführungsverbot, wenn er über zur Vermummung geeignete Gegenstände wie Kapuzenpullover oder Halstücher die tatsächliche Gewalt mit der Maßgabe ausübt, diese Gegenstände jederzeit zum Zweck der Vermummung verfügbar zu haben und er sich dessen bewusst ist (vgl. Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 19, 30). Nicht erforderlich ist, dass die Vermummungsgegenstände offen getragen oder gar bereits zur Vermummung verwendet werden. Mangels polizeilicher Befugnisse wird der Versammlungsleiter daher Verstöße gegen das Mitführungsverbot, welches in erster Linie dazu dient, eine konkrete Handhabe für präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld potenziell unfriedlicher Versammlungen zu schaffen, regelmäßig kaum feststellen können.
52 
bb) Auch § 17 a Abs. 4 VersammlG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann die Behörde Anordnungen zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 treffen. § 17 a Abs. 4 VersammlG ermächtigt nur zu Maßnahmen gegenüber denjenigen Personen, die im Begriff sind, eines der gesetzlichen Verbote zu verletzen (Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 52, Ott/Wächtler/Heinhold, § 17 a Rn. 57). Dies ergibt sich aus der Systematik des Versammlungsgesetzes, das Maßnahmen gegen die Versammlung als Ganze in § 15 konzentriert. Eine Anordnung, die unterschiedslos auch Personen betrifft, bei denen eine Verbotsmissachtung weder vorliegt noch droht, kann daher nicht auf § 17 a Abs. 4 VersammlG gestützt werden.
III.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
55 
Beschluss vom 2. August 2012
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
28 
Die Berufung des Klägers, über die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Antrag des Klägers nicht das in Ziffer 7 Satz 1 der Verfügung vom 09.02.2011 angeordnete Vermummungsverbot, sondern lediglich das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2). Aus Ziffer 7 Satz 3 der Verfügung lässt sich entnehmen, dass zu diesen Gegenständen insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen. Im Übrigen konkretisiert Satz 3 jedoch, wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz ergibt „(z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen)“, nicht das Mitführungsverbot gemäß Satz 2, sondern das vom Kläger nicht angegriffene Vermummungsverbot gemäß Satz 1.
II.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Mitführungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
30 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
31 
Das Mitführungsverbot in Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 ist ein Verwaltungsakt und nicht lediglich ein Hinweis auf die Gesetzeslage, denn es erweckt unabhängig von seinem tatsächlichen rechtlichen Gehalt zumindest den Eindruck einer abschließenden Einzelfallregelung (OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 07.07.1999 - 2 L 264/98 - NJW 2000, 1059; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 16). Ob eine behördliche Äußerung einen Verwaltungsakt darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen ist (Stelkens, a.a.O., Rn. 71). Dabei sind nicht nur der Tenor, sondern auch die Begründung und die Umstände der Bekanntgabe zu berücksichtigen. Eine von der Behörde als „Auflage“ bezeichnete Maßnahme kann danach eine Verfügung mit Regelungsgehalt sein. Es kann sich aber auch nur um einen bloßen Hinweis auf die allgemeine Rechtslage handeln (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - BVerfGK 10, 493 <496> = NVwZ 2007, 1183; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6).
32 
Zwar klingt der isolierte Wortlaut von Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung nach einem schlichten Hinweis auf die Gesetzeslage, da er lediglich § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiedergibt. Auch die Bezeichnung als „Auflage“, die im versammlungsrechtlichen Zusammenhang auf § 15 Abs. 1 VersammlG verweist, steht einem solchen Verständnis nicht zwingend entgegenstehen, da die Verwendung dieses Begriffs für versammlungsrechtliche Vorgaben jeglicher Art gebräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007, a.a.O.).
33 
Die Begründung der Verfügung ist in sich widersprüchlich. Im allgemeinen Teil wird einleitend § 15 VersammlG als Rechtsgrundlage für alle „nachstehenden Auflagen“ angegeben. Die Einzelbegründung zu Ziffer 7, nach der sich diese Auflage direkt aus § 17 a Abs. 2 VersammlG ergeben soll, klingt demgegenüber nach einem bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Die Einzelbegründung deutet also im Gegensatz zur allgemeinen, alle Auflagen betreffenden Begründung darauf hin, dass die Beklagte keine weitergehende Regelung treffen wollte. Denn § 17 a Abs. 2 VersammlG kann ersichtlich nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen. Auch dass sich die Auflage „direkt“ aus dem Gesetz ergeben soll, legt nahe, dass nicht eine weitere Pflicht begründet werden soll, die sich dann nur mittelbar aus dem Gesetz ergeben könnte.
34 
Entscheidend für ein Verständnis als Verwaltungsakt spricht jedoch, dass Ziffer 7 in einer Liste von Einzelanordnungen steht, die allesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind. Sämtliche anderen Ziffern treffen entweder spezifische Regelungen für die konkret angemeldete Versammlung, etwa die Position der Bühne, oder sie stellen Ge- und Verbote auf, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Für den Kläger als Empfänger war nicht erkennbar, warum einzig Ziffer 7 keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben sollte. Dies gilt umso mehr, als dass diese Besonderheit weder aus der Gliederung noch durch die Formulierung erkennbar wird. Weder wurde die Ziffer 7 als gesetzeswiederholender Hinweis oder als „standardisierte Auflage“ bezeichnet und vom sonstigen Text abgesetzt (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 21.02.2009 - 10 CS 09.439 - juris; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6) noch wurde sie sprachlich durch eine auf einen bloßen Hinweis hindeutende Formel wie „Grundsätzlich gilt …“ eingeleitet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.02.2006 - 24 CS 06.314 - juris).
35 
Für einen eigenständigen Regelungsgehalt von Ziffer 7 spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers auch eine Zusammenschau mit dem letzten Satz der Ziffer 1, wonach der Kläger als Versammlungsleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.
36 
Schließlich konnte ein objektiver Empfänger die Auflage mit Blick auf die Anordnung des Sofortvollzugs nur als Verwaltungsakt verstehen, denn diese Anordnung ergibt nur Sinn, wenn die Beklagte mittels Verwaltungsakt handeln wollte.
37 
Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155 und vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61, jeweils m.w.N.).
38 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
39 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - a.a.O.). Die Klage wurde binnen Monatsfrist erhoben.
40 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.).
41 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>).
42 
Danach kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegend zumindest aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bejaht werden. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405 ; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004, a.a.O.). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 a.a.O. S. 406 ). Dies ist hier der Fall.
43 
Die Beklagte geht davon aus, dass die angegriffene Auflage keiner Ermächtigungsgrundlage bedarf. Sie hat Auflagen dieses Inhalts auch in der Vergangenheit bei vergleichbaren Versammlungen bereits verfügt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie davon in Zukunft Abstand nehmen wird. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch in Zukunft Versammlungen mit gleicher Zielrichtung veranstalten zu wollen. Der Protest der Atomkraftgegner richtet sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten. Daher werden Castor-Transporte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu vergleichbaren Versammlungen bieten.
44 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Mitführungsverbot war als an den Kläger als Versammlungsleiter gerichtete Auflage rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
45 
Als belastende staatliche Maßnahme bedarf das Mitführungsverbot gemäß Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 einer Ermächtigungsgrundlage (a). Die Tatbestandsvoraussetzungen keiner in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt (b).
46 
a) Eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Verfügung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Wesentlichen den Gesetzestext des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiederholt. Der Erlass eines belastenden Verwaltungsakts setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene rechtliche Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern auch dafür, dass die Behörde in Form eines Verwaltungsakts handeln darf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 35 Rn. 23 m.w.N.). Gesetzeswiederholende Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999 - 8 B 12627/98 - NVwZ 1999, 679 ; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660 u.a. - DVBl 1999, 624 m.w.N. und Beschl. v. 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 - juris Rn. 17). Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung besteht darin, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O.; zur Vollstreckungsfunktion: Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 11). Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in den Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O. m.w.N.).
47 
Vorliegend richtet sich das Mitführungsverbot nach seinem materiellen Regelungsgehalt an alle Versammlungsteilnehmer. Für den Kläger als Versammlungsleiter beinhaltet das an ihn gerichtete Verbot darüber hinaus das Gebot, für dessen Einhaltung zu sorgen. Denn nur so kann der Leiter gegen ein an ihn adressiertes, aber für alle Teilnehmer geltendes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - a.a.O. S. 496) Verbot verstoßen.
48 
b) Da das Versammlungsgesetz sich für unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe als abschließende Regelung darstellt, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und damit auch auf die polizeiliche Generalklausel ausschließt (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 1 Rn. 193; Senatsurteil vom 12.07.2010, a.a.O.), kommen hier in Ermangelung einer versammlungsrechtlichen Generalermächtigung nur die speziellen Ermächtigungsgrundlagen des Versammlungsgesetzes in Betracht.
49 
aa) Die Verfügung konnte nicht auf Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht (Senatsurteil vom 30.06.2011, a.a.O.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <352 ff.>; BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 6 C 21.07 - BVerwGE 131, 216 <218>).
50 
Eine unmittelbare Gefahr, also ein Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt, wird vorliegend auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Im Gegenteil war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits ex ante von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Versammlung war nicht als Aufzug geplant und stand in keinem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zu dem Castor-Transport. Mit illegalen, unfriedlichen Protestaktionen, die aus Sicht der Teilnehmer eine Vermummung notwendig gemacht hätten, war nicht zu rechnen.
51 
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen hätten, wäre es fraglich, ob das an den Versammlungsleiter gerichtete Gebot, für die Einhaltung des Verbots der Mitführung von Vermummungsgegenständen zu sorgen, nicht unverhältnismäßig wäre. Denn im Gegensatz zu einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot wird sich ein Verstoß gegen das Mitführungsverbot oftmals nicht ohne weiteres feststellen lassen. Ein Teilnehmer verstößt bereits dann gegen das bußgeldbewehrte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a VersammlG) Mitführungsverbot, wenn er über zur Vermummung geeignete Gegenstände wie Kapuzenpullover oder Halstücher die tatsächliche Gewalt mit der Maßgabe ausübt, diese Gegenstände jederzeit zum Zweck der Vermummung verfügbar zu haben und er sich dessen bewusst ist (vgl. Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 19, 30). Nicht erforderlich ist, dass die Vermummungsgegenstände offen getragen oder gar bereits zur Vermummung verwendet werden. Mangels polizeilicher Befugnisse wird der Versammlungsleiter daher Verstöße gegen das Mitführungsverbot, welches in erster Linie dazu dient, eine konkrete Handhabe für präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld potenziell unfriedlicher Versammlungen zu schaffen, regelmäßig kaum feststellen können.
52 
bb) Auch § 17 a Abs. 4 VersammlG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann die Behörde Anordnungen zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 treffen. § 17 a Abs. 4 VersammlG ermächtigt nur zu Maßnahmen gegenüber denjenigen Personen, die im Begriff sind, eines der gesetzlichen Verbote zu verletzen (Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 52, Ott/Wächtler/Heinhold, § 17 a Rn. 57). Dies ergibt sich aus der Systematik des Versammlungsgesetzes, das Maßnahmen gegen die Versammlung als Ganze in § 15 konzentriert. Eine Anordnung, die unterschiedslos auch Personen betrifft, bei denen eine Verbotsmissachtung weder vorliegt noch droht, kann daher nicht auf § 17 a Abs. 4 VersammlG gestützt werden.
III.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
55 
Beschluss vom 2. August 2012
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. November 2009 - 7 K 3943/09 - geändert.

Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 30.09.2009 aufschiebende Wirkung hat.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27.11.2009 ist zulässig (vgl. §§ 146, 147 VwGO) und begründet.
Aus den vom Antragsteller in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt sich, dass der sachdienlich verstandene Antrag des Antragstellers auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 02.10.2009 gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 30.09.2009 entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung statthaft und auch im Übrigen zulässig ist. Der Antrag hat in der Sache Erfolg, weil ein Fall der sogenannten faktischen Vollziehung vorliegt.
Bei der Entscheidung des Antragsgegners vom 30.09.2009, die festgestellt hatte, dass die dem Antragsteller erteilte tschechische Fahrerlaubnis der Klasse B vom 10.01.2005 keine Berechtigung zur Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr im Bundesgebiet entfaltet, handelt es sich - entgegen der wohl in der Erwiderung zur Beschwerde vertretenen Auffassung des Antragsgegners - um einen feststellenden Verwaltungsakt im Sinne von § 35 LVwVfG. Der Antragsgegner hat damit eine verbindliche und auf Bestandskraft angelegte Rechtsfolgenanordnung gemäß § 35 Satz 1 LVwVfG getroffen, indem er über die von der tschechischen Fahrerlaubnis vermittelte Berechtigung mit Außenwirkung entschieden hat. Dieser Qualifizierung als Verwaltungsakt steht die Tatsache, dass sich die fehlende Berechtigung zum Ausnutzen der tschechischen Fahrerlaubnis im Inland möglicherweise bereits unmittelbar aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV ergibt, nicht entgegen. Beschreitet die Verwaltungsbehörde in dieser Verfahrenssituation den Weg der rechtsnormwiederholenden und -konkretisierenden Verfügung, ohne zugleich den Sofortvollzug anzuordnen, muss sie billigerweise die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen im Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht abwarten und darf diesen Zustand nicht durch Vollzugsmaßnahmen unterlaufen (vgl. Bayer.VGH, Beschluss vom 06.10.2005 - 8 CE 05.585 -, NJW 2006, 2282).
Wie die Beschwerde zutreffend ausführt, liegt eine faktische Vollziehung des feststellenden Verwaltungsakts vor, obwohl der Antragsgegner auf dem tschechischen Führerschein des Antragstellers keinen Versagungsvermerk angebracht hat. Vollziehung des Verwaltungsaktes im Sinne von § 80 Abs. 1 VwGO bedeutet jegliches Gebrauchmachen von dem Verwaltungsakt, jegliche Verwirklichung seines materiellen Regelungsgehalts, gleichgültig, ob diese Verwirklichung durch die erlassende oder eine andere Behörde erfolgt, ob sie freiwillig oder zwangsweise geschieht, es einer behördlichen Ausführungsmaßnahme bedarf oder die Rechtswirkung durch den Verwaltungsakt selbst eintritt. Die aufschiebende Wirkung untersagt jedermann, aus dem angefochtenen Verwaltungsakt unmittelbare oder mittelbare, tatsächliche oder rechtliche Folgerungen gleich welcher Art zu ziehen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 24.06.1996 - 10 M 944/96 -, NVwZ-RR 997, 655; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl. 2008, RdNr. 631). Gerade bei feststellenden Verwaltungsakten, die ihre Regelungswirkung unmittelbar entfalten und keines weiteren behördlichen Ausführungsaktes bedürfen, ist von einem weiten Vollzugsbegriff auszugehen. Der erlassenden Behörde ist es deshalb vor Eintritt der Vollziehbarkeit untersagt, dem Bürger die ausgesprochene Regelungswirkung entgegenzuhalten. Wie insbesondere die rein materiell-rechtlichen Erwägungen des Antragsgegners im erstinstanzlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und in seiner Beschwerdeerwiderung vom 19.01.2010 zeigen, geht das Landratsamt nicht von der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers aus, sondern berühmt sich der Vollziehbarkeit der Entscheidung vom 30.09.2009. Auch entfaltet die Feststellungsverfügung für den Antragsteller insofern eine nachteilige Rechtswirkung, als er damit von der Fahrerlaubnisbehörde auf die aus ihrer Sicht nicht vorliegende Berechtigung zum Fahren im Bundesgebiet ausdrücklich hingewiesen worden ist und somit in Zukunft bei Nichtbeachtung die ernsthafte Gefahr besteht, dass er strafrechtlich wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 StVG verfolgt wird (vgl. hierzu VG Ansbach, Beschluss vom 10.10.2008 - AN 10 S 08.01570 -, juris). Bezeichnenderweise hat der Antragsgegner in diesem Zusammenhang in der Feststellungsverfügung selbst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bekanntgewordene Verstöße hiergegen zur Anzeige gebracht würden. Eine derartige aktive Anregung von Strafverfolgungsmaßnahmen ist einer Vollzugsmaßnahme durch die Verwaltungsbehörde wertungsmäßig gleichzustellen (vgl. Bayer.VGH, Beschluss vom 06.10.2005, a.a.O., zur Einleitung eines Bußgeldverfahrens).
Setzt sich der Betroffene gegen die faktische Vollziehung des Verwaltungsaktes zur Wehr, ist einstweiliger Rechtsschutz in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren. Das Rechtsschutzbegehren ist dabei auf die Feststellung gerichtet, dass der in der Hauptsache eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in diesen Fällen nicht möglich, weil der Suspensiveffekt bereits durch die Einlegung des Rechtsbehelfs eingetreten ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.06.1983 - 1 C 36.82 -, Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 42 -; Bayer.VGH, Beschluss vom 16.03.2004 - 7 CS 03.3171 -, NVwZ-RR 2005, 679 -, Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., RdNr. 1046, m.w.N.). Bei der gebotenen sachdienlichen Auslegung (§§ 86 Abs. 3, 88 VwGO) war das erstinstanzliche Rechtsschutzbegehren des Antragstellers als Feststellungsantrag im oben dargestellten Sinne zu verstehen. Das so verstandene Begehren des Antragstellers ist auch nicht wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlt nur dann, wenn die Klage oder der Antrag für den Betroffenen offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann. Die Nutzlosigkeit muss dabei eindeutig sein; im Zweifel ist das Rechtsschutzinteresse zu bejahen (st. Rspr. des BVerwG, vgl. Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 25.03 -, BVerwGE 121, 1; Urteil vom 11.12.2008 - 3 C 26.07 -, BVerwGE 132, 315). Hier ergibt es sich jedenfalls daraus, dass dem Antragsteller die Feststellungsentscheidung - würde hiergegen kein einstweiliger Rechtsschutz gewährt - bis zur Entscheidung der Hauptsache als eigenständiger Rechtsgrund entgegengehalten werden könnte, ohne dass es noch darauf ankommt, ob ein derartiges Recht möglicherweise schon von vornherein nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV nicht bestand.
Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg. Nachdem der Antragsgegner - wie oben näher dargestellt - die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers derzeit nicht beachtet, ist von dem Verwaltungsgerichtshof antragsgemäß festzustellen, dass dieser außergerichtliche Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Da die faktische Vollziehung wegen der Missachtung des Suspensiveffekts ohne weiteres rechtswidrig ist, wägt das Verwaltungsgericht in diesem Falle nicht zwischen öffentlichem Vollzugsinteresse und individuellem Aussetzungsinteresse wie sonst im Anwendungsbereich von § 80 Abs. 5 VwGO ab (vgl. hierzu Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 80 RdNr. 273). Deshalb ist dem Senat im vorliegenden Verfahren eine Klärung der die Beteiligten materiell interessierenden Frage, ob die tschechische Fahrerlaubnis den Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt, verwehrt. Eine entscheidungstragende inhaltliche Prüfung - in einem neuen Verfahren zunächst vor dem Verwaltungsgericht - wäre nur dann möglich, wenn der Antragsgegner - was trotz des ergangenen Beschlusses möglich ist und keines Verfahrens nach § 80 Abs. 7 VwGO bedarf - nachträglich die sofortige Vollziehung seines Bescheides vom 30.09.2009 anordnen oder der Antragsteller eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO mit dem Ziel der Feststellung einleiten würde, dass die Voraussetzungen für einen Anerkennungsausschluss nach § 28 Abs. 4 FeV nicht vorliegen.
Lediglich zur Vermeidung von Missverständnissen und im Interesse der Vermeidung weiteren Rechtsstreits weist der Senat auf seine dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers bekannte ständige Rechtsprechung hin, dass nach den Grundsätzen der Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 26.06.2008 (Rs. C-329/06 und C-343/06 sowie C-334/06 bis C-336/06) der Aufnahmemitgliedstaat die Anerkennung einer im EU-Ausland erteilten Fahrerlaubnis ablehnen kann, wenn auf der Grundlage von Angaben im Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins sein Inhaber, auf den im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaates eine Maßnahme des Entzugs einer früheren Fahrerlaubnis angewendet worden ist, seinen amtlichen Wohnsitz im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedstaates hatte. Diese Voraussetzungen dürften hier erfüllt sein, weil in dem dem Antragsteller am 10.01.2005 ausgestellten Führerschein in der Rubrik Nr. 8 sein inländischer Wohnort eingetragen ist. Unerheblich ist, dass das von der Richtlinie 91/439/EWG vorgeschriebene Wohnortprinzip in der tschechischen Republik erst nach der Erteilung der Fahrerlaubnis eingeführt worden ist. Maßgeblich ist allein, dass die Fahrerlaubnis unter Verstoß gegen die - auch für die tschechische Republik verbindlichen - gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben erteilt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2008 - 3 C 26.07 -, BVerwGE 132, 315; Senatsbeschl. vom 23.11.2009 - 10 S 2209/09 -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2, § 47 und § 53 Abs. 2 Nr. 2 sowie § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen Nrn. 1.5 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004.
10 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Klage ist bei dem Gericht schriftlich zu erheben. Bei dem Verwaltungsgericht kann sie auch zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden.

(2) Der Klage und allen Schriftsätzen sollen vorbehaltlich des § 55a Absatz 5 Satz 3 Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Verfügung des Vorstandes der Deutschen Post AG vom 15. Dezember 2009 über die Versetzung des Klägers in den Ruhestand nach Vollendung des 63. Lebensjahres sowie der diesbezügliche Widerspruchsbescheid ohne Datum (nach dem Entwurf: 7. Juli 2010), zugestellt am 8. Juli 2010, werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

I.

Soweit das Klageverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, wird das Verfahren eingestellt.

II.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger steht als Beamter auf Lebenszeit in Diensten der Beklagten und ist als Brandsinspektor (Besoldungsgruppe A 9 S mit Zulage) bei der Berufsfeuerwehr tätig.

Im Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis 31. August 2007 leistete er im Rahmen des Wachschichtplans der Berufsfeuerwehr Dienst. Danach war ein Dienst von 24 Stunden zu leisten, darauf folgen 24 Stunden dienstfrei, danach folgen 24 Stunden Dienst, 24 Stunden frei, 24 Stunden Dienst, dann folgen vier freie Tage. Dadurch wurde eine durchschnittliche Dienstzeit von 48 Stunden in der Woche überschritten.

Mit Mitteilung vom Oktober 2012 (Mitteilung Nr. 2012/87) wurde allen Dienstkräften der Feuerwehr bekannt gegeben, dass derzeit vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juli 2012 geprüft werde, in welchem Zeitraum die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Anspruch auf Ausgleich von Zuvielarbeit haben könnten. Für den Zeitraum 1. Juli 2005 bis 31. August 2007 sei der Anspruch abschließend geprüft und könne nun zur Zahlung angewiesen werden. Die Auszahlung werde derzeit vorbereitet.

Mit Schreiben vom ... und ... Dezember 2012 machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Ausgleich der europarechtlich unzulässigen Zuvielarbeit im Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis 31. August 2007 in Freizeit oder Geld geltend.

Mit Schreiben vom ... Dezember 2012 teilte die Beklagte der Klagepartei mit, dass der Anspruch für den Zeitraum 1. Juli 2005 bis 31. August 2007 dem Grunde nach anerkannt werde. Eine Auszahlung werde vorbereitet und sei im ersten Quartal 2013 zu erwarten. Zusätzlich würden auch Ausgleichsansprüche für den Zeitraum 1. Januar 2001 bis 30. Juni 2005 geleistet. Der Umfang der Zuvielarbeit in dieser Spanne werde derzeit noch anhand des Dienstplans ermittelt. Eine mit diesem Schreiben inhaltlich gleichlautende Mitteilung vom 21. Dezember 2012 erging an alle Dienstkräfte der Feuerwehr (Mitteilung Nr. 2012/108).

Mit Schriftsatz vom 25. Januar 2013, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat der Kläger Klage erhoben mit dem Ziel, für die im Zeitraum 1. Januar 2001 bis 31. August 2007 über die Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche hinaus geleistete Arbeitszeit vollen Freizeitausgleich, hilfsweise eine Entschädigung in Geld zu gewähren. Nachdem die Beklagte im Februar und August 2013 dem Kläger eine Geldentschädigung in Höhe von insgesamt 12.754,50 Euro ausbezahlt hatte, erklärten die Beteiligten in dieser Höhe übereinstimmend die Hauptsache für erledigt.

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

1. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für die in der Zeit vom 01.01.2001 bis 31.08.2007 über die Höchstwochenarbeitszeit von 48 Stunden hinaus geleistete Arbeitszeit von insgesamt 2.054,88 Stunden eine Entschädigung in Geld nach dem jeweils geltenden Stundensatz für die Mehrarbeitsvergütung in Höhe von € 19.671,66 ohne Abzüge zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger

für den Zeitraum 01.06.2001 bis 30.06.2001 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 1.844,81 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.07.2001 bis 31.07.12001 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 2.227,81 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.08.2001 bis 31.08.2001 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 2.614,29 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.09.2001 bis 30.09.2001 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 3.003,81 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.10.2001 bis 31.10.2001 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 3.394,05 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.11.2001 bis 30.11.2001 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 3.787,86 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.12.2001 bis 31.12.2001 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 4.183,66 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.01.2002 bis 31.01.2002 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summer von € 4.583,25 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.02.2002 bis 28.02.2002 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 4.989,72 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.03.2002 bis 31.03.2002 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 5.395,70 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.04.2002 bis 30.04.2002 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 5.807,39 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.05.2002 bis 31.05.2002 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 6.220,52 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.06.2002 bis 30.06.2002 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 6.637,51 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.07.2002 bis 31.07.2002 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 7.055,81 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.08.2002 bis 31.08.2002 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 7.477,57 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.09.2002 bis 30.09.2002 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 7.902,01 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.10.2002 bis 31.10.2002 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 8.327,53 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.11.2002 bis 30.11.2002 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 8.757,36 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.12.2002 bis 31.12.2002 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 9.188,13 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.01.2003 bis 31.01.2003 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 9.623,42 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.02.2003 bis 28.02.2003 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 10.086,48 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.03.2003 bis 31.03.2003 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 10.546,50 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.04.2003 bis 30.04.2003 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 11.015,02 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.05.2003 bis 31.05.2003 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 11.484,21 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.06.2003 bis 30.06.2003 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 11.958,28 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.07.2003 bis 31.07.2003 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 12.432,87 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.08.2003 bis 31.08.2003 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 12.904,64 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.09.2003 bis 30.09.2003 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 13.378,90 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.10.2003 bis 31.10.2003 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 13.853,39 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.11.2003 bis 30.11.2003 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 14.332,66 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.12.2003 bis 31.12.2003 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 14.812,02 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.01.2004 bis 31.01.2004 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 15.296,36 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.02.2004 bis 29.02.2004 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 15.782,00 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.03.2004 bis 31.03.2004 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 16.264,87 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.04.2004 bis 30.04.2004 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 16.755,55 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.05.2004 bis 31.05.2004 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 17.263,82 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.06.2004 bis 30.06.2004 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 17.777,54 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.07.2004 bis 31.07.2004 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 18.290,95 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.08.2004 bis 31.08.2004 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 18.809,86 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.09.2004 bis 30.09.2004 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 19.331,46 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.10.2004 bis 31.10.2004 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 19.852,53 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.11.2004 bis 30.11.2004 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 20.379,55 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.12.2004 bis 31.12.2004 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 20.905,89 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.01.2005 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 21.438,38 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.02.2005 bis 28.02.2005 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 21.975,39 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.03.2005 bis 31.03.2005 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 22.504,02 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.04.2005 bis 30.04.2005 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 23.046,65 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.05.2005 bis 31.05.2005 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 23.588,22 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.06.2005 bis 30.06.2005 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 24.136,57 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.07.2005 bis 31.07.2005 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 24.683,71 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.08.2005 bis 31.08.2005 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 25.237,00 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.09.2005 bis 30.09.2005 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 25.793,19 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.10.2005 bis 31.01.2005 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 26.347,93 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.11.2005 bis 30.11.2005 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 26.909,94 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.12.2005 bis 31.12.2005 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 27.470,35 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.01.2006 bis 31.01.2006 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 28.038,24 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.02.2006 bis 28.02.2006 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 28.613,87 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.03.2006 bis 31.03.2006 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 29.177,63 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.04.2006 bis 30.04.2006 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 29.759,43 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.05.2006 bis 31.05.2006 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 30.339,18 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.06.2006 bis 30.06.2006 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 30.927,26 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.07.2006 bis 31.07.2006 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 31.513,12 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.08.2006 bis 31.08.2006 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 32.123,07 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.09.2006 bis 30.09.2006 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 32.736,62 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.10.2006 bis 31.10.2006 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 33.347,56 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.11.2006 bis 30.11.2006 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 33.968,34 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.12.2006 bis 31.12.2006 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 34.586,31 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.01.2007 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 35.214,40 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.02.2007 bis 28.02.2007 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 35.868,63 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.03.2007 bis 31.03.2007 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 36.504,44 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.04.2007 bis 30.04.2007 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 37.167,11 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.05.2007 bis 31.05.2007 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 37.826,27 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.06.2007 bis 30.06.2007 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 38.497,58 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.07.2007 bis 31.07.2007 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 39.165,16 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.08.2007 bis 31.08.2007 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 39.861,53 ohne Abzüge

für den Zeitraum 01.09.2007 bis 29.01.2013 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 40.562,74 ohne Abzüge

für den Zeitraum 30.01.2013 bis 29.07.2013 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 35.822,74 ohne Abzüge

ab dem 30.07.2013 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus einer Summe von € 27.808,24 ohne Abzüge

zu zahlen.

Der dem Kläger unstrittig zustehende Entschädigungsbetrag sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts pauschal zu berechnen. Soweit die Beklagte durch den Kläger geleistete Dienstzeiten zugrunde gelegt habe, seien diese Aufzeichnungen für eine Bestimmung des Ausgleichsanspruchs zu ungenau. Auch die Berechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit sei unzutreffend. Tatsächlich sei von einer Durchschnittsarbeitszeit pro Woche von 54,5 Stunden in den Jahren 2001 und 2002 und von 55 Stunden in den folgenden Jahren auszugehen. Der Entschädigungsanspruch sei daher für insgesamt 2.054,88 im streitgegenständlichen Zeitraum angefallene Stunden an Zuvielarbeit zu leisten. Der von der Beklagten bei der erfolgten Auszahlung vorgenommene Abzug von Steueranteilen sei unzulässig. Denn eine weitergehende Benachteiligung des Klägers bei der Entschädigung durch die Verringerung des Betrags um einen Steueranteil sei nicht angemessen; es handle sich dabei nicht um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Schließlich stünden dem Kläger auch die geltend gemachten Prozesszinsen zu. In der Mitteilung Nr. 80/2003 vom 6. November 2003 habe die Beklagte zugesichert, dass bei „abschließender Gerichtsentscheidung diese selbstverständlich auf alle Beamten der Branddirektion Anwendung finden“ werde. Damit habe die Landeshauptstadt bei objektivem Verständnis dieser Erklärung zugesagt, auch Rechtshängigkeitszinsen zu leisten. Es sei davon auszugehen, dass entsprechende Musterklagen am 1. Juni 2001 bei Gericht eingereicht worden seien.

Soweit die Hauptsache nicht für übereinstimmend erledigt erklärt wurde hat die Beklagte zuletzt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es gebe keine rechtlich verbindliche Vorgabe dazu, wie der Entschädigungsanspruch aufgrund von Zuvielarbeit zu berechnen sei. Soweit das Bundesverwaltungsgericht eine pauschale Berechnung vorgenommen habe, sei diese nicht bindend. Die Aufzeichnungen der Beklagten über die geleisteten Dienste seien auch hinreichend verlässlich. Bei rund 1.700 Mitarbeitern habe es nur zehn Fälle gegeben, in denen konkrete Einwendungen gegen die Richtigkeit vorgebracht worden seien, davon seien nur fünf begründet gewesen und hätten zu geringfügigen Änderungen geführt. Die unterschiedliche Berechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit beruhe auf einer aus Sicht der Beklagten unzutreffenden Aufrundung durch die Klagepartei. Auch im Übrigen sei die Berechnung daran orientiert, die über der unionsrechtlich zulässigen wöchentlichen Höchstarbeitszeit geleisteten Dienststunden den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend zu entschädigen. Die Entschädigungszahlungen unterlägen als Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit der Steuerpflicht, weshalb ein entsprechender Abzug durch die Beklagte habe vorgenommen werden müssen. Die geltend gemachten Prozesszinsen ständen dem Kläger ebenfalls nicht zu, da dem objektiven Erklärungsinhalt eine Zusage, dass Prozesszinsen für den Erfolg der Musterklage auch an die nicht klagenden Beamten geleistet würden, nicht entnommen werden könne.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie die Niederschrift vom 23. Juni 2015 verwiesen.

Gründe

I.

Soweit die Beteiligten übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt (§ 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO entsprechend).

II.

Im Übrigen ist die zulässige Leistungsklage unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung weiterer 19.671,66 Euro nicht zu.

1. Grundsätzlich haben Beamte, von denen eine über der in Art. 6 lit. b der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl EG Nr. L 299 S. 9; inhaltlich gleichlautend Art. 6 Nr. 2 RL 93/104EG) liegende durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden liegende Dienstzeit verlangt wurde, ab 1. Januar 2001 Anspruch auf Ausgleich der unionswidrig geleisteten Zuvielarbeit. Ein solcher Anspruch ergibt sich sowohl als unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch wie auch als antragsbedingter beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch. Dieser ist vorrangig durch Freizeit auszugleichen. Kann aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht innerhalb eines Jahres Freizeitausgleich gewährt werden, wandelt sich der Ausgleichsanspruch in einen Geldanspruch um. Dieser Anspruch unterliegt den Verjährungsregeln des nationalen Rechts (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U. v. 26.7.2012 - 2 C 29/11 - BVerwGE 143, 381 - juris).

2. Die Art und Weise der Berechnung des zwischen den Beteiligten dem Grunde nach unstrittigen Ausgleichsanspruchs des Klägers ist rechtlich nicht zu beanstanden. Ein Ausgleich der Zuvielarbeit in Freizeit wurde dem Kläger durch die Beklagte, soweit ersichtlich, nicht konkret angeboten, der Kläger hat sich gegen eine Entschädigung in Geld nicht gewendet.

a) Weder aus Rechtsnormen noch der Rechtsprechung lassen sich Vorgaben für den Dienstherrn entnehmen, dass der Ausgleich für unionsrechtlich rechtswidrig abverlangte Zuvielarbeit nach einer bestimmten Art und Weise zu berechnen ist.

Hinsichtlich der Bemessung des geltend gemachten Ausgleichsanspruchs gibt es im Unionsrecht keine konkreten Vorgaben.

Der Europäische Gerichtshof hat hierzu angegeben, dass der zu leistende Ersatz des erlittenen Schadens angemessen sein muss. Es ist Sache des nationalen Rechts des betreffenden Mitgliedstaats, unter Beachtung des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes zu bestimmen, ob der Ersatz des Schadens in Form von Freizeitausgleich oder einer finanziellen Entschädigung zu gewähren ist und die Regeln für die Art und Weise der Berechnung der Anspruchshöhe festzulegen (EuGH, U. v. 25.11.2010 - C-429/09, Rechtssache Fuß - juris Rn. 98, NZA 2011, 53).

Im nationalen Recht finden sich keine konkreten Regelungen zu Art und Weise der Gewährung eines solchen Schadenersatzanspruchs.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 26. Juli 2012 (2 C 29/11 - juris Rn. 32, BVerwGE 143, 381) ausgeführt, dass die Zuvielarbeit pauschal unter Abzug des sechswöchigen Urlaubsanspruchs sowie einer weiteren Woche für die Wochenfeiertage zu errechnen ist. Eine nähere Begründung hierzu wird dort nicht gegeben, insbesondere nicht dazu, ob der Ausgleichsanspruch aufgrund von Zuvielarbeit in allen Fällen pauschal zu berechnen ist. Vielmehr hat dieses Gericht die Frage, ob ein solcher Anspruch nach stundengenauer oder pauschaler Ermittlung des Umfangs der Zuvielarbeit zu ermitteln ist, ausdrücklich offen gelassen und für den seinerzeit entschiedenen Fall festgestellt, dass kein Raum für einen Ermessensspielraum des Dienstherrn besteht, eine ihm günstige Berechnungsmethode zu wählen (BVerwG, B. v. 10.6.2009 - 2 B 26/09 - juris Rn. 7 f.). Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht für einen zeitlichen Ausgleich wiederholt darauf hingewiesen, dass dieser grundsätzlich dann als angemessen anzusehen sei, wenn der Ausgleich ebenso lang ist wie der zuvor geleistete rechtwidrige Dienst (U. v. 29.9.2011 - 2 C 32/10 - juris Rn. 15, BVerwGE 140, 351; U. v. 28.4.2003 - 2 C 28/02 - juris Rn. 23, ZBR 2003, 383).

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat in seinem (dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.7.2012 - 2 C 70/11 - juris vorausgehenden [inhaltlich gleichlautend mit dem Urteil vom 26.7.2012 - 2 C 29/11 - juris, BVerwGE 143, 381]) Urteil vom 18. Oktober 2011 (OVG 4 B 13.11 - juris Rn. 36) ausdrücklich angegeben, dass das Bundesverwaltungsgericht (B. v. 10.6.2009 - 2 B 26/09 - juris) ausdrücklich offen gelassen hat, ob der Umfang der Zuvielarbeit stundengenau oder pauschal zu ermitteln ist. Eine Pauschalierung, wie sie bereits bei der Bestimmung des Umfangs von Schadensersatz zulässig sei (vgl. § 287 Abs. 1 der Zivilprozessordnung/ZPO), entspreche aber in jedem Fall dem Wesen des Billigkeitsausgleichs. Es wird darauf hingewiesen, dass in den meisten Entscheidungen eine pauschale Berechnung vorgenommen werde.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht andererseits hat die Ermittlung eines Ausgleichsanspruchs auf der Basis einer Aufstellung der Arbeitszeit pro Monat durch Aufteilung auf vier Wochen und „Herunterrechnen“ über den Drei-Wochen-Schicht-Rhythmus auf die wöchentliche Arbeitszeit, darauf folgende Multiplikation mit vier, um die entsprechende Mehrarbeit pro Monat zu berechnen, rechtlich nicht beanstandet (B. v. 4.1.2012 - 5 LA 85/10 - juris Rn.18, NdsVBl 2013, 15).

Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim errechnet anhand von Dienstzeiterfassungsbelegen des Klägers über seine Dienststunden, die nach Durchsicht des Beklagten und des Verwaltungsgerichtshofs korrigiert wurden, die durchschnittliche über der unionsrechtlich zulässigen wöchentlichen Höchstarbeitszeit liegende Arbeitszeit (U. v. 30.9.2014 - 4 S 1918/13 - juris Rn. 58 ff., VBlBW 2015, 117).

Wenn das Verwaltungsgericht Düsseldorf die Auffassung vertritt, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinen oben genannten Urteilen vom 26. Juli 2012 (2 C 29/11 - juris Rn. 32, BVerwGE 143, 381) eine klare Festlegung für eine pauschale Bestimmung der Zuvielarbeit getroffen habe (VG Düsseldorf, U. v. 23.4.2013 - 26 K 3150/12 - juris Rn. 51), trifft das soweit ersichtlich jedoch nicht zu.

b) Bestehen keine rechtlichen Vorgaben zur Berechnung des finanziellen Ausgleichsanspruchs wegen unionswidrig geleisteter Zuvielarbeit, kommt dem Dienstherrn eines Beamten ein organisatorischer Spielraum zu, wie er den Ausgleichsanspruch berechnet.

Bei der konkreten Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses kommt dem Dienstherrn ein Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerwG, U. v. 25.4.1996 - BVerwG 2 C 21.95 - BVerwGE 101, 112 zur Ausbringung von Planstellen im Haushalt; U. v. 27.3.2014 - 2 C 50/11 - juris, BVerwGE 149, 244 zum grundsätzlich weiten Ermessen bei der Ausgestaltung der Besoldung). Davon ist auch die Art und Weise der Berechnung eines Ausgleichsanspruchs für Zuvielarbeit im oben genannten Sinn umfasst. Es müssen dabei lediglich die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität beachtet werden (EuGH, U. v. 25.11.2010 - C-429/09, Rechtssache Fuß - juris Rn. 98, NZA 2011, 53). Wie der Dienstherr die beiden genannten Prinzipien in Ausgleich bringt, gehört zum rechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Organisationsermessen des jeweiligen Dienstherrn. Der Ausgleichsanspruch kann pauschal berechnet werden (BVerwG, U. v. 26.7.2012 - 2 C 29/11 - juris Rn. 32, BVerwGE 143, 381; OVG Berlin-Bbg, U. v. 18.10.2011 - OVG 4 B 13.11 - juris Rn. 36). Auch eine Berechnung auf der Basis einer Aufstellung über die Arbeitszeit, die darauf aufbauend schematisch die durchschnittliche Zuvielarbeit berechnet (VGH BW, U. v. 30.9.2014 - 4 S 1918/13 - juris Rn. 58 ff., VBlBW 2015, 117; NdsOVG, B. v. 4.1.2012 - 5 LA 85/10 - juris Rn.18, NdsVBL 2013, 15) ist rechtlich möglich. Das folgt daraus, dass das Beamtenverhältnis ein wechselseitig bindendes Dienst- und Treueverhältnis ist (vgl. BVerfG, B. v. 22.3.1990 - 2 BvL 1/86 - juris, NJW 1990, 1061).

c) Die von der Beklagten gewählte Berechnungsmethode hält sich innerhalb des ihr als Dienstherrin des Klägers zukommenden organisatorischen Ermessensspielraums.

aa) Wie oben dargestellt, besteht keine rechtliche Einengung auf die Berechnung des Ausgleichsanspruchs auf pauschale Weise. Soweit die Beklagte mit ihrer Berechnung anhand der konkret geleisteten Dienste versucht, bei der Bemessung des finanziellen Anspruchs dem Äquivalenzprinzip soweit als möglich gerecht zu werden, ist das rechtlich nicht zu beanstanden. Denn es sollen möglichst dem Einzelfall angemessene und der geleisteten Dienstzeit entsprechende Ausgleichszahlungen geleistet werden. Soweit bei dem Ausgleich der Zuvielarbeit durch Freizeit dieser als angemessen angesehen wird, wenn die Ausgleichszeit genauso lang bemessen wird wie die Zuvielarbeit (BVerwG, U. v. 29.9.2011 - 2 C 32/10 - juris Rn. 15, BVerwGE 140, 351; U. v. 28.4.2003 - 2 C 28/02 - juris Rn. 23, ZBR 2003, 383), so kann für den Anspruch in Geld, in den sich der Freizeitausgleichsanspruch umwandelt, nichts anderes gelten. Wenn die Beklagte anführt, dass sie nach Art. 61 Abs. 2 Satz 1 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) zu einer wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung verpflichtet ist, kann sie diese gesetzliche Vorgabe als rechtlichen Gesichtspunkt angeben, der für eine Abrechnung nach tatsächlich geleisteten Dienststunden spricht. Daher kann auch nicht gegen die gewählte Abrechnungsmethode eingewandt werden, dass die Beklagte zunächst ein anderes System favorisiert, dann aber auf das vorliegend zu beurteilende umgestellt habe. Denn gegen die streitgegenständliche Berechnungsmethode ist rechtlich nichts zu erinnern. Es kann dagegen auch nicht eingewendet werden, dass sich die Beklagte durch die Formulierung in der Mitteilung der Landeshauptstadt vom 6. November 2003 (Mitteilung Nr. 80/2003) auf eine pauschale Berechnungsmethode festgelegt hätte. Dort ist lediglich formuliert, dass „bei abschließender Gerichtsentscheidung diese selbstverständlich auf alle Beamten der Branddirektion Anwendung finden werde“. Nach dem objektiven Empfängerhorizont, also der in Anwendung der Rechtsgrundsätze der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) für den Inhalt einer Erklärung maßgeblichen Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtungsweise (vgl. OVG Berlin-Bbg, B. v. 23.3.2015 - OVG 6 N 25.15 - juris Rn. 8; OVG NRW, B. v. 28.7.2014 - 6 A 755/13 - juris Rn.10), ist die Anwendung einer konkreten Berechnungsmethode von dieser Zusage nicht erfasst. Das lässt sich bereits nach grammatikalischem Verständnis dem Wortlaut nicht entnehmen. Außerdem ist eine pauschale Berechnung weder durch Rechtsvorschrift noch durch ober- oder höchstrichterliche Rechtsprechung vorgegeben, worauf sich die Formulierung „abschließende Gerichtsentscheidung“ in der Mitteilung Nr. 80/2003 allenfalls beziehen könnte.

bb) Der Ausgangspunkt der Berechnung für die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der Feuerwehrbeamten ist die nach der Dienstvereinbarung vom 9. Februar 1995 grundsätzlich geltende Arbeitszeit von 56 Wochenstunden für die Berufsfeuerwehr der Beklagten. Diese Wochenstundenzahl wird durch fünf (2001/2002) bzw. vier (ab 2003) freie Tage pro Jahr verkürzt. Die Vertreter der Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung verdeutlicht, dass jeweils ein weiterer Tag zu vier bzw. drei „Arbeitszeitverkürzungstagen“ durch die Dienststelle gewährt wurde. So gelangt die Beklagte unter Aufrundung auf volle Zahlen zu einer Reduzierung um zwei Stunden (2001/2002) bzw. 1,5 Stunden (ab 2003).

Der maßgebliche Unterschied in der Berechnung der Klagepartei (vgl. hierzu Schriftsatz vom 23.9.2013, S. 12 ff.) besteht darin, dass die Jahrestage durch den Zeitraum von neun Tagen für einen Wachzyklus geteilt werden, wobei die sich ergebende Zahl von 40,55 Wachzyklen pro Jahr sogleich auf 40,6 Wachzyklen pro Jahr aufgerundet wird. Die während eines Wachzyklus zu leistende Wachschichtzeit bei Vollschichten (3 x 24 Stunden) wird mit diesem Faktor multipliziert. Die so errechnete Jahresarbeitszeit wird um die vier bzw. drei Tage zur Arbeitszeitverkürzung reduziert. Die ermittelte Gesamtarbeitszeit wird durch 365 Jahrestage geteilt und mit sieben Tagen zur Ermittlung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit multipliziert.

Die Beklagte wiederum teilt ebenfalls die 365 Tage eines Jahres durch den neun Tage dauernden Wachzyklus und ermittelt so aufgerundet von 40,55 auf 40,6 die Zahl der möglichen Wachzyklen pro Jahr. Dieser Faktor wird mit drei vollen Wachtagen pro Zyklus multipliziert und ergibt 121,8 Wachtage. Da aber nur volle Wachtage zu einem Freizeitausgleich führen (Nr. 2.6 der Dienstvereinbarung vom 9.2.1995 über den Dienstablauf im Wachdienst) wird auf 121 Wachtage als volle Zahl abgerundet. Dass die Abrundung sachlich gerechtfertigt ist, zeigt sich auch an der Kontrollbetrachtung, dass selbst bei einer unterstellten Wochenarbeitszeit von 56 Stunden pro Woche multipliziert mit 52 Wochen, dieses Produkt wiederum geteilt durch 24 Stunden (für einen vollen Wachdienst) 121,33 volle Wachtage ermittelt werden. Diese 121 Wachtage werden mit 24 Stunden multipliziert, hiervon vier bzw. drei Tage (umgerechnet in 24 Stunden) Arbeitszeitverkürzung abgezogen und durch die Zahl der Jahreswochen geteilt. Das ergibt für 2001 und 2002 eine Wochenarbeitszeit von 54 Stunden, ab 2003 von 54,46 bzw. aufgerundet 54,5 Wochenstunden. Wie die von der Beklagten im Verfahren M 5 K 13.341 vorgelegte Alternativberechnung zeigt, wirkt sich eine Zugrundelegung von 122 Wachtagen bei der Berechnung nicht günstiger für die Beamten aus. Zur Ermittlung der durchschnittlich pro Wachtag angefallenen Zuvielarbeit wird die jährliche durchschnittliche wöchentliche Zuvielarbeit ermittelt und durch die Zahl der höchst möglichen Wachtage von 116 bzw. 117 (ab 2003) dividiert. Denn der finanzielle Ausgleich wird pro geleistetem Wachtag ermittelt.

Der wesentliche Unterschied zwischen der Berechnungsmethode der Klagepartei wie der Beklagtenpartei resultiert aus der Rundung. Die Klagepartei rundet die Zahl der möglichen Wachschichten pro Jahr von 40,55 auf 40,60 sogleich auf und ermittelt über drei Wachtage nach Reduzierung um die Arbeitszeitverkürzungstage die Gesamtjahresarbeitszeit, die dann auf Tage und Wochen zur Berechnung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit umgerechnet wird. Die sich so ergebende Durchschnittszahl nach Berechnung der Klagepartei wird von 54,18 Stunden pro Woche bzw. 54,67 Stunden pro Woche auf die volle halbe Stunde aufgerundet (Schriftsatz vom 23.9.2013, S. 13 Fn. 9 und 11). Die Beklagte wiederum geht bei ihrer Berechnung über die Zahl der Wachtage, rundet auf volle Wachtage ab, reduziert sie um die Arbeitszeitverkürzung und rundet dann von 54,46 auf 54,5 Stunden pro Woche auf (für 2001 und 2002 errechnet sich ein glatter Wert von 54,0 Stunden pro Woche).

Die Berechnung der Beklagten ist nicht sachwidrig und hält sich in einem rechtlich nicht zu beanstandenden Rahmen. Sie ist an der Ermittlung der tatsächlich angefallenen Arbeitszeit ausgerichtet. Dabei ist zu betonen, dass gerade bei Rundungen dem Beamten kein Anspruch zukommt, dass immer jeweils auf die nächsthöhere Stundenzahl bzw. halbe Stunde aufgerundet wird. Das Argument für die Abrundung der vollen Wachtage von 121,8 Wachtagen auf 121 volle Wachtage, dass Freizeitausgleich nur für jeweils einen vollen Wachtag anfällt, ist sachlich gerechtfertigt. Auch die Kontrollbetrachtung der höchstmöglichen Zahl an Wachtagen bei 56 Stunden Wochenarbeitszeit belegt, dass 121 Wachtage als maximale Bezugsgröße den tatsächlichen Verhältnissen gerecht wird. Das gilt auch für die Berechnung der durchschnittlich pro Wachtag angefallenen Zuvielarbeit und die darauf basierende Berechnung der finanziellen Entschädigung.

Auch eine (von keinem der Beteiligten angestellte) Vergleichsberechnung ergibt, dass sich die Rundung durch die Beklagte in einem rechtlich nicht zu beanstandenden Rahmen hält. Werden 365 Tage durch neun Tage je Wachzyklus geteilt, ergeben sich rechnerisch 40,55 Wachzyklen pro Jahr. Wird diese Zahl ungerundet mit drei Wachtagen (die in einem Wachzyklus anfallen, also 72 Stunden) multipliziert, ergeben sich ungerundet 2919,60 Stunden pro Jahr. Werden hiervon vier Tage (96 Stunden in 2001 und 2002) bzw. drei Tage (72 Stunden ab 2003) an Arbeitszeitverkürzung abgezogen und die sich so ergebende Jahresstundenzahl durch 52 Wochen geteilt, ergibt sich eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 54,3 Stunden (2001, 2002) bzw. 54,76 Stunden (ab 2003). Gegen eine entsprechende Abrundung auf 54 bzw. 54,5 Stunden ist angesichts des dem Dienstherrn zustehenden Organisationsermessens rechtlich nichts zu erinnern.

Die von der Klagepartei angesprochenen Zeiten für Übergabe, Personalversammlung und Feiertage sind in Nr. 2.5 der Dienstvereinbarung vom 9. Februar 1995 in den Freizeitausgleich mit aufgenommen und daher bei der Berechnung der Zuvielarbeit nicht mehr zu berücksichtigen. Die Schaltjahresproblematik, die nur im Jahr 2004 auftrat, führt zur Rundung von 54,62 Stunden pro Woche auf 54,5 Stunden pro Woche. Insoweit ist die Berechnung der Beklagten (Schriftsatz vom 29.11.2013, S. 3) nachvollziehbar. Wie bereits dargestellt, würde sich auch eine Erhöhung auf 122 Wachtage nicht zugunsten der Beamten auswirken. Die Teilnahme an Lehrgängen wurde bei der Berechnung der Zuvielarbeit berücksichtigt, sofern der Beamte der Wachstärke zugerechnet wurde. Das gilt dann nicht, wenn eine Abkommandierung erfolgte, so dass tatsächlich eine wöchentliche Arbeitszeit unter 48 Stunden geleistet wurde. Auch das ist sachgerecht und nicht zu beanstanden.

Auch wenn durch Rundungen u. a. gewisse Unschärfen in der Berechnung auftreten, so ist die an den konkreten Dienstzeiten ausgerichtete Berechnung bei aller Kompliziertheit jedenfalls einzelfallgerechter als eine pauschale Berechnung, die weit größere Ungenauigkeiten in Kauf nimmt, nach der Rechtsprechung aber (auch) zulässig ist.

cc) Soweit der Kläger vorträgt, die Berechnung nach tatsächlich geleisteten Dienststunden sei schon deswegen fehlerhaft, weil das Zeiterfassungssystem jedenfalls bis zum Jahr 2005 fehleranfällig gewesen sei, kann das der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Denn der Kläger hätte auf eventuelle Unstimmigkeiten bei der Zeiterfassung seiner geleisteten Dienstzeiten zeitnah hinweisen müssen.

Zu den Sorgfaltspflichten des Beamten gehört es aufgrund seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht, die Besoldungsmitteilungen bei besoldungsrelevanten Änderungen im dienstlichen oder persönlichen Bereich auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und auf Überzahlungen zu achten (vgl. nur: BVerwG, U. v. 26.4.2012 - 2 C 4/11 - juris Rn. 11; U. v. 26.4.2012 - 2 C 15/10 - juris Rn. 17, NVwZ-RR 2012, 930). Ausgehend von diesem Gedanken kann für die Erfassung der Arbeitszeit nichts anderes gelten. Aufgrund des oben bereits dargestellten besonderen Charakters des Beamtenverhältnisses als wechselseitig bindendes, auf Lebenszeit angelegtes Dienst- und Treueverhältnis (vgl. BVerfG, B. v. 22.3.1990 - 2 BvL 1/86 - juris, NJW 1990, 1061) treffen den Beamten besondere Pflichten. Dazu gehört es auch, Unstimmigkeiten bei der Feststellung der geleisteten Dienstzeiten zeitnah geltend zu machen, um diese alsbald aufklären und erforderlichenfalls entsprechend Abhilfe schaffen zu können. Das ist vorliegend nicht erfolgt. Wenn eine entsprechende Beanstandung erst - wie im vorliegenden Fall - zum Teil über zehn Jahre nach den angeblichen Fehlerfassungen angebracht wird, ist das verspätet und kann keine Konsequenzen für die Vergangenheit nach sich ziehen. Das folgt schon daraus, dass eine nachvollziehbare Überprüfung des Vorhalts nach Verstreichen eines solchen Zeitraums für alle Beteiligten kaum mehr möglich ist. Das zeigt sich gerade in den Fällen, in denen durch die jeweiligen Kläger angebliche Fehlerfassungen aus den Jahren 2001 bis 2003 erstmals im Schriftsatz vom 22. Juni 2015 an konkreten Tagen gerügt wurden (allerdings in geringem Umfang).

Auch das Argument, dass den Beamten die Bedeutung einer korrekten Arbeitszeiterfassung seinerzeit nicht habe bewusst sein können, entbindet diese nicht von einer entsprechenden Pflicht. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte im Anschreiben vom 19. Juli 2013 vor Auszahlung der zweiten Rate an die Beamten angegeben hat, dass bei Unterschieden zu den persönlichen Aufzeichnungen eine Überprüfung und in begründeten Fällen eine Korrektur stattfinde. Das ist ein über die dargestellte Pflicht zur zeitnahen Rüge hinausgehendes Entgegenkommen gegenüber den Beamten, zu der die Landeshauptstadt nicht verpflichtet war. Soweit ersichtlich, hat der Kläger auch auf diesen Hinweis keine Rüge gegen die Zeiterfassung erhoben.

Es kann auch keine Rede davon sein, dass die Beklagte treuwidrig ein völlig ungeeignetes Zeiterfassungssystem eingesetzt hätte und sich auf ersichtlich falsche Ergebnisse stützen würde. Das ist bereits nicht vorgetragen und wurde auch nicht zeitnah vom Kläger gegenüber der Beklagten gerügt. Auch nach dem Sachverhalt ist eine Fehlerquote von 5%, die in einem von der Klagepartei vorgelegten Power-Point-Vortrag genannt ist (Blatt 203 der Gerichtsakte), die Ansicht eines Personalrats und nicht die Haltung der Personalverwaltung der Beklagten. Die Beklagte kann insoweit zu Recht darauf verweisen, dass trotz eines Hinweises im Schreiben vom 19. Juli 2013 bei über 1.700 betroffenen Feuerwehrbeamten nur zehn Rügen zur Unstimmigkeit der Zeiterfassung erhoben worden seien, von denen fünf berechtigt gewesen seien. Das kann keine generellen Zweifel an der Geeignetheit des Zeiterfassungssystems erwecken.

3. Es besteht auch kein Anspruch des Klägers auf Auszahlung des Ausgleichsbetrages durch die Beklagte ohne Abzug von Einkommensteuer.

a) Für diesen Streitpunkt ist nicht der Finanzrechtsweg gemäß § 33 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eröffnet. Es handelt sich bei der vorliegenden Streitigkeit insbesondere weder um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden (Nr. 1), noch um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit über die Vollziehung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften der Abgabenordnung zu vollziehen sind (Nr. 2).

Unter Abgabenangelegenheiten sind alle mit der Verwaltung der Abgaben oder sonst mit der Anwendung abgabenrechtlicher Vorschriften durch die Finanzbehörde zusammenhängende Angelegenheiten zu verstehen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 FGO). Fehlt eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung, so entscheidet sich die Frage, ob eine solche Streitigkeit vorliegt, nach der Rechtsnatur des Klagebegehrens, wie sie sich aus dem dem Klageantrag zugrunde liegenden Sachverhalt ergibt.

Hier streiten die Beteiligten um die öffentlich-rechtliche und im Verwaltungsrecht wurzelnde Frage, in welchem Umfang ein unstreitig bestehender Anspruch auf finanzielle Abgeltung von Freizeitausgleich zu befriedigen ist. Die Frage, ob der von der Beklagten festgesetzte Entschädigungsbetrag der Einkommensteuer bzw. Lohnsteuer unterliegt, ist demgegenüber eine steuerrechtliche Vorfrage, die im Rahmen der Frage, ob die Beklagte ihrer Entschädigungspflicht vollumfänglich und ausreichend nachgekommen ist, geklärt werden muss. Denn nach allgemeinen Grundsätzen des Prozessrechts sind die Verwaltungsgerichte im Rahmen ihrer Rechtswegzuständigkeit zur Entscheidung über alle - auch rechtswegfremde - Vorfragen befugt. Hierin liegt kein Eingriff in die Kompetenz der Finanzbehörden bzw. der Finanzgerichte (vgl. VG Düsseldorf, U. v. 29.1.2014 - 26 K 3079/13 - juris Rn. 19 ff. m. w. N.).

b) Der streitgegenständliche Ausgleichsbetrag unterliegt der Steuerpflicht für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterliegen der Einkommensteuer u. a. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt. Ob Entschädigungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer steuerpflichtig sind, richtet sich nach dem tatsächlichen Grund der Zahlung. Erfolgt die Zahlung als Entgelt für die Arbeitsleistung oder als Ersatz für entgangene Einnahmen („aus nichtselbstständiger Arbeit"), so besteht Steuerpflicht. Steuerpflichtig sind auch Entschädigungen für dienstlich verursachte Aufwendungen, soweit sie nicht ausdrücklich von der Besteuerung ausgenommen sind.

Bei einem Anspruch auf Freizeitausgleich bzw. Ausgleich in Geld hierfür wegen unionsrechtswidrig geleisteter Zuvielarbeit handelt es sich allerdings nicht um zur Besoldung gehörende Dienstbezüge gemäß Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 des Bayerischen Besoldungsgesetzes (BayBesG). Vielmehr steht dem Kläger insoweit ein unionsrechtlicher Ausgleichsanspruch zu (s. o., vgl. BVerwG, U. v. 26.7.2012 - 2 C 29/11 - 2 C 29/11 - juris, BVerwGE 143, 381). Trotz des grundlegenden Unterschieds zwischen rechtmäßiger Mehrarbeit und rechtswidriger Zuvielarbeit kann für den vorzunehmenden Ausgleich auf die Vorschriften des Mehrarbeitsrechts zurückgegriffen werden, weil der Zweck des Ausgleichs von Mehrarbeit der gleiche ist wie derjenige von Zuvielarbeit. In beiden Fällen geht es um einen Ausgleich für eine überobligationsmäßige Heranziehung des Beamten zum Dienst (BVerwG, U. v. 26.7.2012 - 2 C 70/11 - juris, NVwZ 2012, 1472). Auf die Besoldung kann hingegen nicht zurückgegriffen werden, da diese kein Entgelt im Sinne einer Entlohnung für konkrete Dienste darstellt, sondern vielmehr die Gegenleistung des Dienstherrn dafür ist, dass sich der Beamte mit voller Hingabe der Erfüllung seiner Dienstpflichten widmet.

Auch unter Berücksichtigung dieser besonderen Rechtsnatur des Geldausgleichs sind die streitigen Zahlungen als Einnahme bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen, da sie durch das Dienstverhältnis des Klägers veranlasst waren und sich für ihn als „Frucht“ seiner Arbeit darstellen. Denn zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zur-Verfügung-Stellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 EStG ist es unerheblich, ob es sich um laufende oder einmalige Bezüge handelt. Kein Arbeitslohn liegt hingegen vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird.

Der Steuerpflicht steht nicht entgegen, dass es sich um eine Entschädigung handelt. Das bedeutet nicht, dass dieser Geldausgleich nicht zu versteuern wäre. Welche Leistungen steuerfrei sind, bestimmt § 3 EStG. Die Entschädigung für Zuvielarbeit ist dort nicht genannt. Vielmehr ist in § 24 Nr. 1 lit. a und lit. b EStG bestimmt, dass zu den Einkünften im Sinne des § 2 Absatz 1 auch Entschädigungen gehören, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit gewährt worden sind (so auch: FG Münster, U. v. 31.3.2014 - 1 K 3818/13 E - juris).

Ist die Entschädigung hiernach steuerpflichtig, so war die Beklagte gehalten, den Steuerabzug durchzuführen und die hierauf entfallende Lohnsteuer einzubehalten.

Gemäß § 38 Abs. 3 EStG hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (vgl. zum Ganzen: VG Düsseldorf, U. v. 29.1.2014 - 26 K 3079/13 - juris Rn. 32 ff. m. w. N.)

4. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Prozesszinsen entsprechend § 291 BGB nicht zu.

Zum einen fehlt es an einem dem Kläger zustehenden Anspruch gegen die Beklagte, der eine entsprechende Verzinsung auslösen würde.

Zum anderen ist nach der maßgeblichen Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtungsweise (vgl. OVG Berlin-Bbg, B. v. 23.3.2015 - OVG 6 N 25.15 - juris Rn. 8; OVG NRW, B. v. 28.7.2014 - 6 A 755/13 - juris Rn.10) aus der Mitteilung der Landeshauptstadt vom 6. November 2003 (Mitteilung Nr. 80/2003) nicht zu entnehmen, dass die Beklagte Prozesszinsen an alle Beamte der Berufsfeuerwehr zahlen werde, auch wenn diese ihre Ansprüche nicht selbstständig klageweise geltend gemacht haben. Aus der Formulierung, „dass bei abschließender Gerichtsentscheidung diese selbstverständlich auf alle Beamten der Branddirektion Anwendung finden werde“ kann nicht entnommen werden, dass davon auch Nebenforderungen umfasst sind. Vielmehr bezieht sich der Erklärungsinhalt aus Sicht eines objektiven Empfängers auf einen Ausgleichsanspruch als Hauptforderung. Selbstständig und nicht zwingend geltend zu machende Nebenforderungen werden davon nicht erfasst. Ein entsprechender umfassend zu verstehender Erklärungsinhalt müsste sich ausdrücklich auch auf Prozesszinsen beziehen, was aber nicht der Fall ist.

Für die Zeit von der Klageerhebung am 25. Januar 2013 bis zu den erfolgten Zahlungen durch die Beklagte stehen dem Kläger für den Zahlungsbetrag keine Prozesszinsen zu, da erst im Schriftsatz vom 23. September 2013, als die Beklagte ihrer Ansicht nach den finanziellen Ausgleichsanspruch vollständig erfüllt hatte, der Klageantrag im Hauptantrag auf Zahlung eines Geldbetrages gestellt wurde. Erst ab diesem Zeitpunkt war eine Geldschuld (§ 291 BGB) im Hauptantrag eingeklagt. Zuvor war der Klageantrag auf Freizeitausgleich gerichtet, eine Geldschuld nur hilfsweise.

5. Auf die zuletzt von der Beklagten aufgeworfene Frage der Verjährung bzw. des Erlöschens der Hauptforderung wie auch der Prozesszinsen (Schriftsatz vom 16.6.2015) kommt es für die Entscheidung nicht an. Denn die Ansprüche bestehen bereits nicht.

III.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

1. Soweit die Beteiligten übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt haben, entspricht es billigem Ermessen (§ 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 161 Rn. 15 ff.), dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Denn die Klageerhebung am 25. Januar 2013 war angesichts der von der Beklagten als unmittelbar bevorstehend dargestellten und dann auch erfolgten Zahlungen nicht geboten.

Bei Klageerhebung war unstrittig, dass die Beklagte dem Kläger einen Ausgleichsanspruch für Zuvielarbeit im Zeitraum 1. Januar 2001 bis 31. August 2007 leisten werde. Andererseits sind die Berechnungen und Erhebungen zur Auszahlung komplex und die Anzahl der Anspruchsberechtigten erheblich. Daher wäre es dem Kläger - auch unter Berücksichtigung des Beamtenverhältnisses als besonderes Dienst- und Treueverhältnis - zuzumuten gewesen, mit einer Klageerhebung zuzuwarten, bis die Beklagte die angekündigte Entscheidung über die Ansprüche des Klägers konkret getroffen hatte.

Die Beklagte hatte bereits im Oktober 2012 in einer Mitteilung an alle Beamten der Branddirektion (Nr. 2012/87) angegeben, dass die Ansprüche für den Zeitraum 1. Juli 2005 bis 31. August 2007 geprüft worden seien und zur Auszahlung angewiesen würden. Auf die Schreiben des Klägerbevollmächtigten vom ... und ... Dezember 2012 wurde bereits am ... Dezember 2012 geantwortet, dass mit einer Auszahlung von Ansprüchen für den Zeitraum 1. Juli 2005 bis 31. August 2007 voraussichtlich Ende des ersten Quartals 2013 gerechnet werden könne. Bezüglich des Zeitraums 1. Januar 2001 bis 30. Juni 2005 seien die erforderlichen Erhebungen noch im Gange und es werde noch um etwas Geduld gebeten. Eine inhaltlich gleichlautende Mitteilung vom 21. Dezember 2012 (Nr. 2012/108) erging zuvor an alle Mitarbeiter.

Eine Klageerhebung zur Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs war angesichts dieser Mitteilungen der Beklagten nicht erforderlich. Das wird auch dadurch unterstrichen, dass in der Klageschrift vom 25. Januar 2013 als Hauptantrag Freizeitausgleich geltend gemacht wird, was jedoch von der Beklagten - soweit ersichtlich - nicht angeboten wurde und nie im Raum stand. Erst nach den erfolgten Zahlungen hat der Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 23. September 2013 den Klageanspruch auf eine zuvor nur als Hilfsantrag geltend gemachte Zahlung umgestellt und auch erheblich höher beziffert. Auch war die Klage zu diesem Zeitpunkt nicht erforderlich, um eine eventuell laufende Verjährungs- oder Erlöschensfrist zu hemmen (§ 204 BGB, Art. 71 Abs. 2 des Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch/AGBGB). Denn die Verjährung bzw. das Erlöschen tritt jeweils zu Jahresende ein, da die Fristen mit Jahresschluss beginnen (§ 199 Abs. 1 BGB, Art. 71 Abs. 1 Satz 2 AGBGB). Die am 25. Januar 2013 erhobene Klage war daher nicht geeignet, eine Hemmung herbeizuführen, da ein Fristablauf erst mit Jahresende drohte, bis dahin aber Zahlungen zugesagt waren.

§ 161 Abs. 3 VwGO kommt nicht zur Anwendung, da die Klage vor Ablauf der Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO erhoben wurde. Denn der der Klage vorausgehende Antrag wurde am ... bzw. ... Dezember 2012 gestellt, die Klage wurde bereits am 25. Januar 2013 erhoben (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 161 Rn. 23).

2. Im Übrigen trägt der Kläger als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens.

3. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der ZPO.

IV.

Die Berufung wird nach §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die im vorliegenden Verfahren inmitten stehenden Rechtsfragen, insbesondere ob eine konkrete Berechnung des Ausgleichsanspruch möglich ist oder dieser pauschal zu bestimmen ist, sind in der Rechtsprechung nicht geklärt und stellen sich nach Darstellung der Beklagten- wie der Klagepartei in zahlreichen weiteren Fällen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124 Rn. 36 ff.).

Nr. I. dieses Urteils ist unanfechtbar. Im Übrigen ergeht folgende

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 8. Oktober 2014 - 5 K 48/13 - geändert. Der Bescheid des Land-ratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 10. Februar 2012 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 3. Dezember 2012 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung des Erlöschens seiner Niederlassungserlaubnis.
Er ist im Jahre 1970 geboren und türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik stellte er am 03.06.1993 einen Asylantrag. Er erhielt am 20.07.1993 eine Aufenthaltsgestattung.
Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge erkannte den Kläger in Vollzug eines verwaltungsgerichtlichen Urteils mit Bescheid vom 05.08.1997 als Asylberechtigten an und stellte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG fest. Seit dem 12.08.1997 war der Kläger im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis und eines internationalen Reiseausweises. Am 15.08.2006 wurde ihm eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG ausgehändigt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge widerrief mit Blick auf geänderte Verhältnisse in der Türkei mit Bescheid vom 29.10.2008 die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Die hiergegen erhobene Klage nahm der Kläger am 14.01.2009 zurück, weil die zuständige Ausländerbehörde zugesagt hatte, seine Niederlassungserlaubnis in einen vorzulegenden Nationalpass zu übertragen.
Im Jahre 2001 beantragte der Kläger seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband. Hierüber ist bis heute nicht rechtskräftig entschieden.
Bei dem Kläger manifestierte sich spätestens im März 1998 eine paranoid-halluzinatorische Schizophrenie. Diese fand ihren Ausdruck in Denkstörungen in Form eines hochfloriden Verfolgungswahns. Das Landgericht M. ordnete mit rechtskräftigem Urteil vom 14.12.1999 die Unterbringung des Klägers in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB an. Dieser hatte im Zustand der Schuldunfähigkeit am 21.03.1998 in einem Männerwohnheim einen Betreuer mit Reizgas angegriffen, weil er sich für bedroht gehalten hatte, und diesen mit der Faust zu Boden geschlagen. Nach dem Eingreifen der Polizei hatte er eine Beamtin beleidigt. Die Vollstreckung der Maßregel wurde nach § 67b StGB zur Bewährung ausgesetzt. Damit trat Führungsaufsicht ein, die seit 17.05.2003 erledigt ist. Mit Beschluss vom 14.12.1999 hatte das Landgericht die Bewährungszeit auf drei Jahre festgesetzt, den Kläger einem Bewährungshelfer unterstellt, ihn angewiesen, in einem betreuten Wohnheim Wohnung zu nehmen, sich einer fachärztlichen Behandlung zu unterziehen, die vom Arzt angeordneten Medikamente weisungsgemäß zu nehmen und in vom behandelten Arzt anzuordnenden Zeiträumen einen „Medikamentenspiegel“ fertigen zu lassen. Zwei Strafverfahren aus dem Jahre 2002 und 2003 wegen Leistungserschleichung waren wegen Schuldunfähigkeit eingestellt worden.
Nach den in den Akten enthaltenen fachärztlichen Äußerungen und den eigenen Angaben des Klägers befindet er sich wegen seiner Erkrankung seit 1998 bis heute in regelmäßiger fachpsychiatrischer-psychotherapeutischer ambulanter und stationärer Behandlung. Die stationären Behandlungen erfolgen in der Psychiatrischen Universitätsklinik H. oder im Psychiatrischen Zentrum N., wobei seine Verweildauer jeweils bis zu mehreren Wochen im Jahr beträgt. Er benötigt hochdosierte neuroleptische Substanzen, die wegen der Wirksamkeit und möglicher Nebenwirkungen fachärztlich überwacht werden müssen. Der Nervenarzt Dr. F. kam in einem amtsärztlichen Sachverständigengutachten vom 10.07.2006 zu dem Ergebnis, dass beim Kläger ein schizophrenes Residuum mit Residualwahn und subdepressiver Verstimmung, bei bekannter chronisch paranoid-halluzinatorischer Psychose besteht und es sich um eine chronische psychische Krankheit mit seelischer Behinderung i.S.d. Betreuungsgesetzes handelt.
Bereits mit Beschluss vom 16.06.2000 hatte das Amtsgericht H. dem Kläger einen Betreuer mit dem Aufgabenkreis Gesundheitssorge, Vermögenssorge, Aufenthaltsbestimmung und Wohnungsangelegenheiten zur Seite gestellt. Die Betreuung bestand bis März 2010.
Seit dem 14.10.2003 verfügte der Kläger über einen Schwerbehindertenausweis, aus dem der Grad der Behinderung 60 ersichtlich war. Seit 10.08.2011 weist der unbefristet geltende Ausweis den Grad der Behinderung 80 aus, zusätzlich ist das Merkzeichen „G“ aufgeführt.
Der Kläger besuchte in der Türkei nach eigenen Angaben etwa 5 Jahre lang die Schule und arbeitete ab dem Alter von 15 Jahren bis zu einer Ausreise nach Deutschland in der Gastronomie. Aus dem Versicherungsverlauf der Deutschen Rentenversicherung vom 04.08.2015 sind der Bezug von Sozialleistungen, Zeiten geringfügiger nicht versicherungspflichtiger Beschäftigung, aber auch Pflichtbeitragszeiten aufgrund von Erwerbstätigkeit erkennbar. Zuletzt arbeitete der Kläger versicherungspflichtig von März 2008 bis Januar 2010 bei der Firma I., einem Unternehmen, das (psychisch) behinderten Menschen eine berufliche Tätigkeit ermöglicht. Als Helfer im Gartenbau und in der Landschaftspflege erhielt er dort monatlich etwa 1.000 Euro netto. Am 10.01.2011 stellte er einen Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Nach dem Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern vom 04.06.2013 bezieht er seit dem 01.01.2011 Rente, die mittlerweile monatlich etwa 95 Euro beträgt.
10 
Der Kläger heiratete am 02.12.2011 eine deutsche Staatsangehörige, mit der er seit 2007 in fester Beziehung lebt. Diese arbeitet mit einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 2.000 Euro seit 01.03.1989 bei der gleichen Firma.
11 
In den Jahren 2009 bis 2011 hielt sich der Kläger wie folgt außerhalb des Bundesgebiets auf:
12 
 Einreise in die Türkei
        
 Ausreise aus der Türkei/Einreise in die BRD
 22.03.2009
        
 12.04.2009
 29.01.2010
        
 08.06.2010
 16.06.2010
        
 10.12.2010
 16.12.2010
        
 13.05.2011
 22.05.2011
        
 22.06.2011
13 
Nachdem sein damaliger Betreuer den Kläger im Februar 2010 in seiner bisherigen Wohnung nicht mehr erreichen konnte, teilte er auf Veranlassung des Betreuungsgerichts am 01.03.2010 dem Einwohnermeldeamt den Wegzug des Klägers mit und meldete ihn bei der Krankenkasse ab. Das Betreuungsverhältnis wurde sodann aufgehoben.
14 
Nach vorheriger Anhörung stellte das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis mit Bescheid vom 10.02.2012 fest, dass die Niederlassungserlaubnis des Klägers erloschen ist. Zur Begründung führte es unter anderem aus: Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG lägen vor. Der Kläger sei im Jahr 2010 insgesamt 321 Tage und im Jahr 2011 164 Tage in der Türkei gewesen. Dies ginge weit über einen Besuchsaufenthalt hinaus. Die Abmeldung durch den Betreuer sei ein Indiz dafür, dass nicht nur ein vorübergehender Aufenthalt geplant gewesen sei. Es sei auch davon auszugehen, seine bisherige Wohnung in H. sei aufgegeben worden. Es könne ihm nicht zu Gute kommen, dass er jeweils kurzfristig wieder eingereist sei. Eine wiederholte Rückkehr für wenige Tage sei grundsätzlich nicht geeignet, die nur vorübergehende Natur der Ausreise zu belegen. Die Privilegierung des § 51 Abs. 2 AufenthG greife nicht. Er habe zum Zeitpunkt der Ausreise noch keine 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet gelebt, denn die unbefristete Aufenthaltserlaubnis sei erst am 19.08.1997 erteilt worden; zuvor sei er nur im Besitz einer Aufenthaltsgestattung gewesen. Weiterhin sei der Lebensunterhalt nicht gesichert.
15 
Das Landratsamt Rhein Neckar Kreis erteilte dem Kläger mit Blick auf die eheliche Lebensgemeinschaft mit seiner deutschen Ehefrau am 29.02.2012 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, die zuletzt bis 06.02.2016 verlängert worden ist.
16 
Nachdem das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 03.12.2012, zugestellt am 07.12.2012, den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 10.02.2012 zurückgewiesen hatte, erhob dieser am 07.01.2013 Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Er habe im Januar 2010 ohne sein Verschulden seinen Arbeitsplatz verloren. Er sei frustriert gewesen. Ohnehin habe ihm die ständig fortschreitendende Chronifizierung seiner Krankheit, verbunden auch mit längeren Zeiten akuter Erkrankung, zu schaffen gemacht. Er habe sich als Ausländer, als psychisch Kranker isoliert und oft auch arbeitsunfähig gefühlt. Er habe das Gefühl gehabt, einmal heraus zu müssen, um etwas Luft zu bekommen, seine Beziehung zu seiner Familie zu beleben, 16 Jahre der Trennung aufholen zu müssen. Diese drei Wochen in der Türkei im Jahre 2009 seien viel zu kurz gewesen. Er sei jeweils rechtzeitig vor Ablauf der Sechsmonatsfrist des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG nach Deutschland zurückgekommen und habe das Bundesgebiet stets nur vorübergehend verlassen. Die Wiederherstellung der persönlichen Bindungen mit seinen Eltern und Geschwistern nach so vielen Jahren sei mehr als notwendig gewesen und habe auch die mehrfachen längeren Aufenthalte in der Türkei gerechtfertigt, die für ihn immer nur die Bedeutung eines ausführlichen Urlaubs gehabt hätten. Sein Leben und seine Zukunft habe er aber immer in Deutschland gesehen. Das zeige sich nicht nur daran, dass er seit 2001 das Ziel seiner Einbürgerung hartnäckig verfolge, sondern vor allem an seiner seit 2007 stabilen Partnerschaft mit seiner deutschen Frau. Er habe sich damals, als er seine Wohnung aufgegeben und das erste Mal für einige Monate in der Türkei gewesen sei, von dieser Frau nicht getrennt. Vielmehr habe er aus seiner Wohnung unter anderem Kleidung, ein Fernsehgerät und eine Kaffeemaschine in die Wohnung seiner Freundin gebracht. Er habe schon damals, als er noch die eigene Wohnung gehabt habe, oft den überwiegenden Teil der Woche zusammen mit ihr in ihrer Wohnung verbracht. Er habe mit ihr in jener Wohnung gelebt, als er zwischen den Türkeiaufenthalten in Deutschland gewesen sei. Sie habe in dieser Zeit für seinen Lebensunterhalt gesorgt, was ihr mit ihrem Einkommen ohne weiteres möglich gewesen sei. Im Dezember 2010 sei sie über Weihnachten mit ihm zusammen für zehn Tage in der Türkei gewesen.
17 
Der Beklagte trat der Klage aus den Gründen der angefochtenen Bescheide entgegen.
18 
Das Verwaltungsgericht wies nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung mit Urteil vom 08.10.2014 - 5 K 48/13 - die Klage ab. Es begründete seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt: Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG für die Erlöschung der Niederlassungserlaubnis lägen vor. Der Kläger habe seinen Lebensmittelpunkt auf unbestimmte Zeit in die Türkei verlegt. Er sei am 29.01.2010 in die Türkei gereist und erst endgültig am 22.06.2011 in das Bundesgebiet zurückgekehrt. Er habe sich über einen Zeitraum von etwa einem Jahr und fünf Monaten mit im Verhältnis zu diesem Zeitraum vergleichsweise kurzen Unterbrechungen durch Aufenthalte im Bundesgebiet von einigen Tagen in der Türkei aufgehalten. Ein Aufenthalt von dieser Dauer überschreite deutlich den Zeitraum, in dem üblicherweise ein bloßer Besuchs-, Geschäfts- oder Erholungsaufenthalt stattfinde. Weiter habe für den Kläger jedenfalls ab seiner zweiten Einreise in die Türkei der Zeitpunkt der Rückkehr in das Bundesgebiet für einen unabsehbaren Zeitpunkt nicht festgestanden. Dass er seinen Lebensmittelpunkt nicht befristet in die Türkei verlegt habe, zeige sein gesamtes Agieren im Zusammenhang mit der von ihm erstrebten Wiederbelebung der familiären Beziehungen vor Ort in der Türkei. Er habe in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass er nicht gewusst habe, wie lange sein Aufenthalt in der Türkei dauern würde. Er habe aus der Türkei Anfang Februar 2010 seine möblierte Wohnung gekündigt, in dem er den Vermieter angerufen und ihm die Schlüssel zurückgeschickt habe. Er habe auch den Kontakt zu seinem Betreuer und damit auch die wesentliche rechtliche Verbindung nach Deutschland aufgegeben. Er könne sich auch nicht auf § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG berufen. Zwar habe er sich im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlöschens der Niederlassungserlaubnis im Jahre 2010 bereits 15 Jahre lang rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, da nach § 55 Abs. 3 AsylVfG die Zeiten des gestatteten Aufenthalts hier mitgerechnet werden müssten. Allerdings fehle es aufgrund seiner bisherigen Erwerbsbiographie an einer positiven Prognose der Sicherung seines Lebensunterhalts i.S.d. § 2 Abs. 3 AufenthG. Es hätten auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestanden, dass seine damalige Freundin, seine jetzige Ehefrau, ihn in dem für § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ausreichenden Umfang unterhalten werden könnte und würde, zumal diese ihn auch während seines Aufenthalts in der Türkei nicht finanziell unterstützt habe.
19 
Auf Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 02.04.2015 - 11 S 177/15 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Der Beschluss wurde am 08.04.2015 zugestellt.
20 
Der Kläger hat am 08.05.2015 die Berufung unter Stellung eines Antrags begründet. Er ergänzt sein bisheriges Vorbringen und führt unter Vorlage einer Erklärung seiner Ehefrau vom 16.06.2015 unter anderem aus: Er habe zu keinem Zeitpunkt seinen Lebensmittelpunkt in die Türkei verlegt und auch dies nicht tun wollen. Seine jetzige Ehefrau sei im Übrigen schon in der Zeit vor ihrer Eheschließung bereit und imstande gewesen, für ihrer beider Lebensunterhalt aufzukommen. Das habe sie auch tatsächlich getan. Seine Niederlassungserlaubnis gelte daher jedenfalls wegen § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG fort.
21 
Der Kläger beantragt,
22 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 08.10.2014 - 5 K 48/13 - zu ändern und den Bescheid des Landratsamts Rhein- Neckar-Kreis vom 10. Februar 2012 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 3. Dezember 2012 aufzuheben.
23 
Der Beklagte beantragt,
24 
die Berufung zurückzuweisen.
25 
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
26 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den Kläger sowie dessen Ehefrau angehört. Hinsichtlich ihrer Angaben wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.
27 
Wegen des weiteren Vortrags und Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts sowie die Ausländerakten vor. Der Senat hat ferner die Akten des Einbürgerungsverfahrens sowie die Betreuungsakten des Amtsgerichts H. beigezogen.

Entscheidungsgründe

 
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und ordnungsgemäß begründete Berufung des Klägers hat Erfolg. Gegen die in Form eines Verwaltungsakts getroffene Feststellung des Erlöschens der Niederlassungserlaubnis ist die Anfechtungsklage statthaft (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 20.11.1990 - 1 C 8.89 - juris Rn. 16 f.; Senatsbeschluss vom 22.01.1997 - 11 S 2934/96 - juris Rn. 6 zu § 44 Abs 1 Nr. 3 AuslG 1990). Mit der Entscheidung über die Anfechtungsklage wird der Streit zwischen den Beteiligten beigelegt, ob die Niederlassungserlaubnis kraft Gesetzes erloschen ist; einer (zusätzlichen) Feststellungsklage, dass dieser Aufenthaltstitel fortbesteht, bedarf es nicht (vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 18.02.2015 - 10 ZB 14.345 - juris Rn. 6). Die Anfechtungsklage ist begründet. Der Bescheid des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 10.02.2012 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 03.12.2012 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
29 
Zwar steht der Ausländerbehörde die Befugnis zu, durch einen Verwaltungsakt festzustellen, ob die Voraussetzungen eines gesetzlichen Erlöschungsgrunds nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 oder Nr. 7 AufenthG gegeben sind (I.). Im vorliegenden Fall erfüllt der Kläger jedoch weder die Tatbestandsvoraussetzungen der Nr. 6 noch diejenigen der Nr. 7 des § 51 Abs. 1 AufenthG (II.). Selbst wenn man im Übrigen unterstellen würde, der Kläger wäre aus einem nicht nur vorübergehenden Grund in die Türkei ausgereist, ist seine Niederlassungserlaubnis aufgrund der Privilegierung nach § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht erloschen (III.).
I.
30 
Die Ausländerbehörde hat mit nach Form und Inhalt als Verwaltungsakt ergangener Entscheidung vom 10.02.2012 zu Lasten des Klägers verbindlich festgestellt, dass durch seinen Aufenthalt in der Türkei ab dem 29.01.2010 aufgrund des diesem zugrunde liegende Sachverhalt der gesetzliche Erlöschungstatbestand nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erfüllt ist, was der Kläger gegenüber dem Beklagten stets bestritten hat. Die für die Handlung in Form eines feststellenden Verwaltungsakts erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage liegt vor.
31 
1. Zwar kann ein feststellender Verwaltungsakt nicht vollstreckt werden. Gerade in der Verwendung der Rechtsform Verwaltungsakt kann aber wegen dessen von der Frage der Rechtswidrigkeit unabhängigen Rechtswirksamkeit eine Belastung liegen, und sei es nur die Last, fristgerecht einen Rechtsbehelf einzulegen, um den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern. Auch für feststellende Verwaltungsakte bedarf es daher einen gesetzlichen Grundlage (Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd II, 2. Aufl. 2012, § 35 Rn. 62; Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl 2010, § 22 Rn. 28 f. - jew. mwN). Dies gilt insbesondere dann, wenn durch den Verwaltungsakt etwas als Rechtens festgestellt wird, was der Betroffene erklärtermaßen nicht für Rechtens hält (BVerwG, Urteile vom 10.10.1990 - 1 B 131/90 - NVwZ 1991, 267 f. und vom 29.11.1985 - 8 C 105/83 - BVerwGE, 72, 265, 266). Der Senat folgt nicht der Auffassung, wonach die Verwaltung auch ohne besondere gesetzliche Ermächtigung befugt sei, öffentlich-rechtlich begründete Pflichten des Bürgers durch Verwaltungsakt zu konkretisieren und feststellen, weil die Ermächtigung der Verwaltung zur Tätigkeit aufgrund öffentlichen Rechts und damit kraft hoheitlicher Gewalt die Befugnis zum Handeln durch Verwaltungsakt einschließe (so etwa HambOVG, Urteil vom 02.02.1990 - Bf IV 86/89 - juris Rn. 28; VG München, Urteil vom 22.01.2009 - M 10 K 08.2944 - juris Rn. 32).
32 
2. § 51 AufenthG enthält keine eigenständige materielle Ermächtigungsgrundlage, die der Ausländerbehörde ausdrücklich die Handlungsform des Verwaltungsakts zur verbindlichen Feststellung einräumt, ob ein Aufenthaltstitel kraft Gesetzes erloschen ist. Konstitutiv für das Erlöschen des Aufenthaltstitels ist im Anwendungsbereich des § 51 Abs. 1 Nr. 6 und 7 AufenthG allein das Gesetz (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 05.05.1992 - 13 S 1948/91 - juris Rn. 17; GK-AufenthG, § 51 Rn. 20 ). Ein feststellender Verwaltungsakt wirkt insoweit nur deklaratorisch. Er dient der Klarstellung, ob die - abschließend in der Norm festgelegten - Voraussetzungen für das gesetzlich angeordnete Erlöschen des Aufenthaltstitels eingetreten sind und entspricht zudem einem praktischen Bedürfnis (aA VG Hannover, Urteil vom 28.09.2010 - 12 A 327/09 - juris Rn. 19). So kann nicht in allen Fällen das Erlöschen des Aufenthaltstitels kraft Gesetzes inzident im Rahmen einer Abschiebungsandrohung geklärt werden. Dies verdeutlicht der vorliegende Fall, in dem der Aufenthalt des Klägers ehebedingt befristet legalisiert worden und es daher nicht zu einer Abschiebungsandrohung gekommen ist.
33 
Der Vorbehalt des Gesetzes erfordert für die Befugnis, einen feststellenden Verwaltungsakt zu erlassen, nicht zwingend eine Rechtsgrundlage, die die Verwaltung hierzu explizit ermächtigt. Es genügt, dass sich dies dem Gesetz durch Auslegung entnehmen lässt (siehe hierzu allgemein BVerwG, Urteil vom 20.08.2014 - 6 C 15.13 - juris Rn. 23 mwN), wobei es als zulässig angesehen wird, auf eine „VA-Befugnis“ im Wege der Gesamtanalogie zu den Vorschriften zu schließen, die ausdrücklich oder implizit die zur Durchsetzung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht zuständige Behörde zum Erlass von Verwaltungsakten gegenüber Privatpersonen ermächtigen (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 28; Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, a.a.O., Rn. 29).
34 
Der erkennende Gerichtshof hat bereits zum gesetzlichen Erlöschungstatbestand des § 9 Abs. 1 Nr. 3 AuslG 1965, der nunmehr in § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG vergleichbar enthalten ist, entschieden, dass für die durch Verwaltungsakt getroffene Feststellung, eine Aufenthaltserlaubnis sei kraft Gesetzes erloschen, die die Ausländerbehörden zur Erteilung und Ausgestaltung der Aufenthaltserlaubnis und Aufenthaltsberechtigung ermächtigenden Vorschriften der §§ 2, 7 und 8 i.V.m. § 9 Abs. 1 AuslG eine ausreichende Rechtsgrundlage darstellten (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.03.1990 - 1 S 3361/89 - juris Rn. 3 unter Hinweis auf VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.6.1987 - 11 S 1148/87 -, InfAuslR 1988, 72 und VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.10.1988 - 11 S 1947/87 -, InfAuslR 1989, 82). Für das Aufenthaltsgesetz ist diese Rechtsprechung zu übertragen (ebenso BeckOKAuslR/Graßhof AufenthG § 51 Rn. 2; Armbruster, HTK-AuslR/§ 51 AufenthG zu Abs. 1 09/2014 Nr. 6.3).
35 
Unabhängig davon, dass sich eine Befugnis zum Erlass des streitgegenständlichen feststellenden Verwaltungsakts aus einer Gesamtanalogie zu den vielfältigen aufenthaltsrechtlichen Vorschriften ergibt, die der Ausländerbehörde das Recht einräumen, in Verfolgung der Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 AufenthG das Aufenthaltsrecht eines Ausländers durch Verwaltungsakt zu regeln und zu begrenzen, verdeutlicht auch § 51 AufenthG selbst, dass innerhalb seines Normgefüges die Handlungsbefugnis der Ausländerbehörde durch Verwaltungsakt geprägt wird. Den Bestimmungen über das Erlöschen liegt in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 bis 5a AufenthG letztlich eine durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelungen zugrunde. Innerhalb des gesetzlichen Erlöschungsgrunds des Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 kann durch eine von der Ausländerbehörde bestimmte längere Frist das Eintreten der Erlöschungsvoraussetzungen vermieden werden, wobei die Fristverlängerung durch einen Verwaltungsakt ergehen kann. Des weiteren sieht § 51 Abs. 2 Satz 3 AufenthG vor, dass die Behörde - wenn auch nur durch die Ausstellung einer Bescheinigung - für Rechtsklarheit zur Frage des Fortbeststands der Niederlassungserlaubnis sorgen kann.
II.
36 
Der feststellende Verwaltungsakt erweist sich jedoch deshalb als rechtswidrig, weil der Aufenthaltstitel des Klägers nicht kraft Gesetzes erloschen ist. Es liegen weder die Voraussetzungen der Nr. 7 (1.) noch diejenigen der Nr. 6 (2.) des § 51 Abs. 1 AufenthG vor.
37 
1. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erlischt ein Aufenthaltstitel, wenn der Ausländer ausreist und nicht innerhalb von 6 Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder einreist.
38 
Der Kläger war zu keinem Zeitpunkt länger als 6 Monate ununterbrochen in der Türkei. Seine Niederlassungserlaubnis ist auch nicht deshalb nach dieser Bestimmung erloschen, weil er im Zeitraum vom 29.01.2010 bis 22.06.2011 immer wieder nahezu 6 Monate in der Türkei und dazwischen jeweils nur für wenige Tage im Bundesgebiet war. Der Auslandsaufenthalt ist nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG nur dann schädlich, wenn er ununterbrochen mehr als 6 Monate andauert.
39 
Soweit unter Hinweis auf einen Beschluss des Bundesverwaltungsgericht vom 30.12.1988 - 1 B 135/88 - (InfAuslR 1989, 114) in Literatur (vgl. etwa Hailbronner, AuslR, § 51 Rn. 26 ) und Rechtsprechung (OVG BB, Urteil vom 28.09.2010 - OVG 11 B 14.10 - juris Rn. 22; OVG NRW, Beschluss vom 25.08.2003 - 18 B 978/03 - juris Rn. 8; VG Hamburg, Urteil vom 20.11.2012 - 10 K 2198/11 - juris Rdn. 23), angenommen wird, der Ausländer könne das Erlöschen des Aufenthaltstitels nicht dadurch verhindern, dass er jeweils kurz vor Ablauf von 6 Monaten nach der Ausreise wieder kurzfristig in das Bundesgebiet zurückkehre und dann zur Verfolgung desselben Zwecks wie zuvor wieder ausreise, findet dies weder im Gesetz noch im genannten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts eine Stütze (siehe hierzu Senatsbeschluss vom 13.05.2014 - 11 S 713/14 -; GK-AufenthG, § 51 Rn. 58 ).
40 
Der Wortlaut des § 51 Abs 1 Nr. 7 AufenthG verwendet nicht den Begriff der Rückkehr, sondern denjenigen der Einreise. Einreise ist in § 13 Abs. 2 AufenthG definiert. Eine Einreise in das Bundesgebiet liegt danach grundsätzlich vor, wenn sowohl die Grenzübergangslinie passiert als auch die Grenzlinie selbst überschritten wurde (vgl. näher GK-AufenthG, § 13 Rn. 30 ff. ). Hat der Ausländer das räumliche Umfeld der Grenzkontrollen verlassen und verbringt er - wie der Kläger - einige Tage an seinem bisherigen Aufenthaltsort im Bundesgebiet, ist er tatsächlich eingereist und die Frist läuft neu.
41 
Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.12.1988 ist zu § 9 Abs. 1 Nr. 3 AuslG 1965 und der damals geltenden Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Ausländergesetzes (AuslVwV) i.d.F. vom 10.05.1977 (GMBl. S. 202) ergangen. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 AuslG 1965 erlosch die Aufenthaltserlaubnis, wenn der Ausländer das Bundesgebiet aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund verließ. Nach Nr. 2 Satz 3 AuslVwV zu § 9 sollte im Zweifel bei einer Abwesenheit von mehr als 6 Monaten ein Verlassen des Bundesgebiets aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehender Grund anzunehmen sein. Das Bundesverwaltungsgericht hatte Nr. 2 AuslVwV zu § 9 als eine „lose Orientierungshilfe für die Ausländerbehörden“ angesehen und die Notwendigkeit einer Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls betont. So könne einerseits ein nicht unerheblicher längerer Auslandsaufenthalt seiner Natur nach nur vorübergehend sein. Andererseits schließe eine Rückkehr schon vor Ablauf von sechs Monaten nach der Ausreise nicht aus, dass der Ausländer das Bundesgebiet aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde verlassen habe. Wenn das Bundesverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang dann ausführte, es verstehe sich von selbst, dass der Ausländer in einem solchen Falle das Erlöschen des Aufenthaltstitels nicht dadurch vermeiden könne, dass er jeweils kurz vor Ablauf von sechs Monaten nach der Ausreise mehr oder weniger kurzfristig in das Bundesgebiet zurückkehre, war dies konsequent. Denn wird wegen eines der Natur nach nicht vorübergehenden Ausreisegrundes der Lebensmittelpunkt in Deutschland aufgegeben - mit der Folge des sofortigen Erlöschens des Aufenthaltstitels ipso iure -, kann dies nicht durch eine kurzfristige Wiedereinreise ungeschehen gemacht werden. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.12.1988 verhält sich jedoch in keiner Art und Weise zu dem Erlöschungsgrund des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG bzw. der Vorläuferregelung in § 44 Abs. 1 Nr. 3 AuslG 1990 - zumal das AuslG 1965 eine solche Regelung nicht kannte; einen selbstständiger Erlöschungsgrund der über sechsmonatigen Ausreise gab damals gar nicht.
42 
2. Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben.
43 
a) Nach dieser Bestimmung erlischt ein Aufenthaltstitel, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund ausreist. Unschädlich im Hinblick auf diese Vorschrift sind Auslandsaufenthalte, die nach ihrem Zweck typischerweise zeitlich begrenzt sind und die keine wesentliche Änderung der gewöhnlichen Lebensumstände, insbesondere die Aufgabe des Lebensmittelpunkts in Deutschland, mit sich bringen. Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, liegt ein seiner Natur nach nicht vorübergehender Grund vor. Neben der Dauer und dem Zweck des Auslandsaufenthalts sind alle objektiven Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, während es auf den inneren Willen des Ausländers - insbesondere auf seine Planung der späteren Rückkehr nach Deutschland - nicht allein ankommen kann, gänzlich unerheblich ist er aber nicht. Als ihrer Natur nach vorübergehende Gründe für Auslandsaufenthalte können danach etwa Urlaubsreisen oder beruflich veranlasste Aufenthalte von ähnlicher Dauer anzusehen sein, ebenso Aufenthalte zur vorübergehenden Pflege von Angehörigen, zur Ableistung der Wehrpflicht oder Aufenthalte während der Schul- oder Berufsausbildung, die nur zeitlich begrenzte Ausbildungsabschnitte, nicht aber die Ausbildung insgesamt ins Ausland verlagern. Eine feste Zeitspanne, bei deren Überschreitung stets von einem nicht mehr vorübergehenden Grund auszugehen wäre, lässt sich nicht abstrakt benennen. Je weiter sich die Aufenthaltsdauer im Ausland über die Zeiten hinaus ausdehnt, die mit den o.g. begrenzten Aufenthaltszwecken typischerweise verbunden sind, desto eher liegt die Annahme eines nicht nur vorübergehenden Grundes im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG nahe. Jedenfalls erlischt der Aufenthaltstitel nach dieser Vorschrift, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Betreffende seinen Lebensmittelpunkt ins Ausland verlagert hat (siehe insgesamt BVerwG, Urteil vom 11.12.2012 - 1 C 15.11 - juris Rn. 11; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - BVerwG 1 C 6.08 - BVerwGE 134, 27; Beschluss vom 30.12.1988 - BVerwG 1 B 135.88 - InfAuslR 1989, 114 mwN; OVG BB, Urteil vom 28.09.2010 - 11 B 14.10 - juris Rn. 19 ff.; GK-AufenthG, § 51 Rn. 46 ). Der seiner Natur nach vorübergehende Grund muss nicht bereits im Zeitpunkt der Ausreise vorliegen. Es genügt, wenn er später während des Aufenthalts im Ausland eintritt (BVerwG, Beschluss vom 28.04.1982 -1 B 148.81 - juris Rn. 3). § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG verlangt ferner nicht, dass der Ausländer für immer seinen Lebensmittelpunkt an einen Ort außerhalb des Bundesgebiets verlagert. Es kann vielmehr ausreichend sein, dass die Ausreise aus dem Bundesgebiet bzw. der Grund hierfür langfristig und zeitlich völlig unbestimmt sind (vgl. auch SächsOVG, Urteil vom 18.09.2014 - 3 A 554/13 - juris Rn. 30 f.). Der Aufenthaltstitel erlischt daher auch dann, wenn der Ausländer zwar irgendwann in das Bundesgebiet zurückzukehren wünscht, der Auslandsaufenthalt aber auf unbestimmte Zeit angelegt ist (BVerwG, Beschluss vom 30.12.1988 - BVerwG 1 B 135.88 - a.a.O.).
44 
Bei der Anwendung der Norm ist der Sinn und Zweck der gesetzlichen Erlöschungsregelungen zu beachten. Sie wollen Rechtsklarheit schaffen, ob ein Ausländer, der für längere Zeit ausreist, seinen Aufenthaltstitel weiter besitzt oder nicht. Ihr Regelungszweck besteht darin, die Aufenthaltstitel in den Fällen zum Erlöschen zu bringen, in denen das Verhalten des Ausländers typischerweise den Schluss rechtfertigt, dass er von seinem Aufenthaltsrecht keinen Gebrauch mehr machen will (BVerwG, Urteil vom 17.01.2012 - 1 C 1.11 - InfAuslR 2012, 173 - Rn. 9).
45 
b) Nach diesen Maßstäben ist der Senat zur Überzeugung gelangt, dass weder durch die Ausreise des Klägers aus dem Bundesgebiet am 29.01.2010 noch aufgrund nachfolgender in der Zeitspanne bis zum 22.06.2011 eingetretener und in ihrer Gesamtschau zu betrachtender Ereignisse die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erfüllt worden sind. In Würdigung der konkreten Umstände und Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt seine Lebensverhältnisse derart verändert, dass er Deutschland nicht mehr nur vorübergehend verlassen hätte.
46 
Der seit dem Jahr 1993 im Bundesgebiet lebende Kläger hat hier im Jahre 2007 seine jetzige Ehefrau kennengelernt. Beiden Partnern war schon zu einer sehr frühen Phase ihrer Beziehung klar, dass sie „zusammenbleiben wollen“; konkrete Heiratsabsichten bestanden seit dem Jahre 2010. Die von Frau B.-C. unter dem 14.08.2008 zunächst allein angemietete Wohnung in E. ist von beiden gemeinsam ausgesucht worden. Obwohl der Kläger damals noch Mieter einer möblierte Kleinwohnung in H. war, verbrachte er selbst schon ab 2008 in der Regel mehrere Tage in der Woche gemeinsam mit seiner Partnerin in der Wohnung in E. Der Kläger besaß stets einen Schlüssel zu dieser Wohnung; hier lebte er auch während seiner jeweiligen Rückkehr aus der Türkei in das Bundesgebiet in den Jahren 2010 und 2011. Wie Frau B.-C. in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt hat, wollten beide von Beginn ihrer Beziehung an immer gemeinsam in Deutschland leben. Es ist für sie nie in Betracht gekommen, in der Türkei zu leben und ihren seit 1989 bei der gleichen Firma bestehenden Arbeitsplatz aufzugeben. Die Beziehung zu Frau B.-C. sorgte (und sorgt) für eine ununterbrochene Konstante in seinem Leben, mit deren Hilfe es ihm zunehmend gelingt, trotz seiner Erkrankung ein soweit als möglich stabiles Leben zu führen.
47 
Auch im Zeitpunkt seiner Ausreise am 29.01.2010 und während der bis zum 22.06.2011 wiederkehrenden Aufenthalte in der Türkei ist die fortdauernde Beziehung zwischen ihm und Frau B.-C. ein entscheidendes Indiz für den ununterbrochenen und dauerhaften persönlichen Anknüpfungspunkt des Klägers im Bundesgebiet. So brachte der Kläger vor seinem Flug in die Türkei Ende Januar 2010 alle seine persönlichen Gegenstände und Dokumente, die ihm wichtig waren und auf die er jederzeit wieder zugreifen wollte, in die faktisch gemeinsame Wohnung in E. Die stets enge Verbindung zwischen dem Kläger und Frau B.-C. wird nicht dadurch infrage gestellt, dass sie ihn während seines Türkeiaufenthalts dort nicht finanziell unterstützt hat. Zum einen konnte er zunächst noch von Ersparnissen leben, zum anderen wurden die Kosten seines Aufenthalts entsprechend dem türkischen Verständnis von familiärer Verantwortung und Gastfreundschaft von seinen Brüdern vor Ort geregelt. Entscheidend ist, dass sie ihm jeweils Unterhalt während seiner Rückkehr in das Bundesgebiet gewährt hat.
48 
Die näheren Umstände der Ausreise und der - im Einverständnis mit der Partnerin durchgeführten - Aufenthalte in der Türkei verdeutlichen, dass es sich hierbei um eine nur vorübergehende Phase, eine Art „Auszeit“, gehandelt hat, der den vor allem auch mit Blick auf die gefestigte Beziehung bestehenden Lebensmittelpunkt in Deutschland nach dem Willen des Klägers zu keinem Zeitpunkt in Frage stellen sollte und dies auch objektiv nicht getan hat.
49 
Nimmt man die Gesamtlänge des Aufenthalts in der Türkei in den Blick (29.01.2010 bis 22.06.2011), so geht dies zwar deutlich über die Dauer gewöhnlicher Urlaube und Verwandtenbesuche hinaus. Andererseits sind aber mittlerweile langfristige und ununterbrochene Auslandsaufenthalte - etwa im Rahmen eines „Sabbatjahres“ - oder das „Gab Year“ ebenfalls gesellschaftliche Realität.
50 
Der Kläger befand sich Ende Januar 2010 in einer von ihm als solches empfundenen krisenhaften Situation. Er hatte - aus seiner Sicht in jeder Hinsicht unberechtigt - seinen bisherigen Arbeitsplatz in einem Integrationsbetrieb, der für ihn persönlich sehr wichtig war, durch Kündigung verloren. Frau B.-C. hat in der Berufungsverhandlung anschaulich geschildert, in welcher emotionalen Ausnahmesituation sich der Kläger befand und weshalb ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt das Verlangen nach der Wiederherstellung der familiären Verbindungen mit den in der Osttürkei lebenden Eltern und den zahlreichen u.a. in Istanbul lebenden Geschwistern Antrieb für sein Handeln wurde. Dass der Kläger immer darunter gelitten hat, aufgrund seiner Rechtsstellung als Asylberechtigter seine Familie in der Türkei nicht besuchen zu können, ergibt sich beispielhaft aus einem Bericht seines Betreuers vom 28.10.2005. Für den Kläger hatte die Wiederaufnahme seiner familiären Beziehungen in der Türkei den Charakter einer Art „Auszeit“. Dass diese mit einer Gesamtdauer von etwa 15 Monaten relativ lang ist, erklärt sich daraus, dass der Kläger nicht in einem „getakteten Programm familiäre Stationen abgearbeitet“ hat, sondern schon aufgrund seiner schwerwiegenden psychischen Erkrankung das Verarbeiten und Erleben von neuen Situationen auch nach seiner eigenen Erfahrung nur mit viel Zeit möglich ist. Der Umgang mit erheblichen Erkrankungen innerhalb der Familie - unter anderem bei seinen betagten Eltern - stellten ihn vor besondere Herausforderungen, ebenso die Erkenntnis, dass sich aufgelaufene Defizite in den familiären Bindungen aufgrund der langjährigen Trennung nur allmählich beheben lassen. Dies erklärt es, weshalb es der Kläger nicht bei seinem ersten längeren Aufenthalt in der Zeit vom 29.01.2010 08.06.2010 hat bewenden lassen, sondern danach noch mehrmals in die Türkei für längere Zeiten eingereist ist. Dass er darüber hinaus Deutschland auch deshalb verlassen hätte, weil er in der Türkei für sich - und sei es auch nur vorübergehend - eine bessere Lebensperspektive gesehen oder tatsächlich objektiv gehabt hätte, ist hingegen nicht anzunehmen.
51 
Insoweit verdeutlichen verschiedene weitere Gesichtspunkte, dass er selbst zu keinem Zeitpunkt seine Bindung zum Bundesgebiet gelöst hat. Er kündigte weder seine Bankverbindung bei der Volksbank H. noch ließ er sich seine Rentenanwartschaften auszahlen. Er nahm keine Gegenstände, die für ihn wichtig waren, mit in die Türkei, sondern beließ sie bei seiner Partnerin. Er achtete streng darauf, jeweils vor Ablauf der sechsmonatigen Frist des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG, über die er sich zuvor informiert hatte, wieder in das Bundesgebiet einzureisen. Er meldete sich selbst nicht beim Einwohnermeldeamt und der Krankenversicherung ab. Ein Krankheitsbild, das die freie Willensbestimmung beeinträchtigen würde, lag (und liegt) nach den ärztlichen Gutachten nicht vor (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 22.01.2014 - XII ZB 632/12 - juris Rn. 6 ff.). Zwar sind diese von seinem Betreuer im März 2010 vorgenommenen Abmeldungen aufgrund dessen Vertretungsberechtigung gegenüber Einwohnermeldeamt und Versicherung wirksam (vgl. etwa Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann, Betreuungsrecht, 5. Aufl. 2011, § 1896 BGB Rn. 162 f.). Sie sind jedoch in erster Linie deshalb erfolgt, um das Betreuungsverhältnis ordnungsgemäß beenden zu können und zwingen auch im Übrigen nicht zu dem Schluss, dass im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG der Wille des geschäftsfähigen Klägers, sich gerade nicht bei den deutschen Behörden abzumelden, unbeachtlich wäre. Vielmehr besteht auch zivilrechtlich bei geschäftsfähigen Betreuten eine „Doppelzuständigkeit“ von Betreuer und Betreutem, die auch zu einander widersprechender Erklärungen führen können (siehe hierzu und der Möglichkeit des Betreuten, ordnungsgemäße Willenserklärungen des Betreuers zu beseitigen näher Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann, a.a.O., § 1902 Rn. 16).
52 
Die Tatsache, dass sein Rentenversicherungsverlauf eine Pflichtbeitragszeit in der Türkei vom 04.03.2010 bis 31.10.2010 aufweist, liefert kein Argument für einen möglicherweise auf Dauer angelegten Verbleib des Klägers in der Türkei. Der Kläger hat überzeugend erläutert, dass er tatsächlich keinerlei berufliche Tätigkeit ausgeübt hat, sondern seine Brüder ihn pro forma in ihrem Betrieb in Istanbul (Hotel und Restaurant) eingestellt hatten, um vorsorglich einen Krankenversicherung zu begründen. Diesen hat er nach eigenen Angaben auch in Anspruch genommen, weil er verschreibungspflichtige Medikamente benötigte und außerdem einmal kurzzeitig in stationärer psychiatrischer Behandlung war. Dass die Anmeldung als Arbeitnehmer, über deren Rechtmäßigkeit der Senat nicht zu befinden hat, allein der Absicherung nicht kalkulierbarer Krankheitsrisiken diente, ist nachvollziehbar. Denn wie sich aus den beigezogenen Akten ergibt, konnten und können nach dem Krankheitsbild des Klägers immer wieder Akutzustände auftreten, die eine sofortige Behandlung notwendig machen.
53 
Soweit der Kläger von sich aus seine möblierte Wohnung in H. zu Beginn seines Aufenthalts in der Türkei aufgab, beruhte dies allein auf finanziellen Erwägungen. Sie war für ihn letztlich nicht erforderlich, weil er ohnehin jederzeit bei seiner Partnerin wohnen konnte. Auch dieser Umstand spricht daher nicht gegen einen nur vorübergehenden Aufenthalt in der Türkei.
III.
54 
Selbst wenn man ungeachtet der Ausführungen unter II. 2. zu Lasten des Klägers unterstellen würde, zu irgendeinem Zeitpunkt vom 29.01.2010 bis 22.06.2011 hätten die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG vorgelegen, ist seine Niederlassungserlaubnis jedenfalls aufgrund der Privilegierung nach § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht erloschen.
55 
§ 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in der im oben genannten Zeitpunkt eines potentiellen Erlöschens der Niederlassungserlaubnis geltenden Fassung sah vor, dass die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7 erlöschen, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsgrund nach § 54 Nr. 5 bis 7 oder § 55 Abs. 2 Nr. 8 bis 11 vorliegt.
56 
Ausgehend von den auf die Rechtmäßigkeit der Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet mit Blick auf die ursprüngliche Asylanerkennung nach § 55 Abs. 3 AsylVfG anzurechnenden Zeiten des Asylverfahren (vgl. hierzu zur ratio des § 55 Abs. 3 AsylVfG näher BVerwG, Urteil vom 19.10.2011 - 5 C 28.10 - juris Rn. 15 f.) verfügte der Kläger bereits bei seiner Ausreise am 29.01.2010 über einen mindestens 15 Jahre langen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet. Anhaltspunkte für Ausweisungsgründe im Sinne des § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG aF bestanden (und bestehen) zu keiner Zeit. Auch die weitere Voraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts ist zu bejahen.
57 
Zwar hängt der Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG nicht davon ab, dass der Lebensunterhalt (jemals) gesichert war. Selbst für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG kann bei Erkrankung von der Voraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 3 und 6 AufenthG abgewichen werden. Der Gesetzgeber differenziert allerdings im Rahmen der privilegierenden Regelung des § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht nach dem Grund für den Besitz der Niederlassungserlaubnis und verlangt bedingungslos die Sicherung des Lebensunterhalts. Er räumt die Möglichkeit, etwa bei einer Atypik hiervon abzusehen, nicht ein. Damit bewegt sich der Gesetzgeber jedoch innerhalb des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums - zumal dieser bei der Gewährung von Vergünstigungen ohnehin weit ist.
58 
Der Lebensunterhalt des Ausländers ist nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 3 AufenthG nur dann gesichert, wenn er ihn einschließlich Krankenversicherungsschutz ohne Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen bestreiten kann. Notwendig ist, dass aufgrund belegbarer Umstände eine positive Prognose gestellt werden kann, dass sein Lebensunterhalt auf absehbare Zeit aller Voraussicht nach gesichert ist (GK-AufenthG, § 51 Rn. 74 mwN ). Durch welche Arten von Einnahmen ein gesicherter Lebensunterhalt nachgewiesen werden kann, ist im Unterschied zu § 44 Abs. 1a AulsG 1990 nicht erheblich. Die verdeutlicht die Gesetzesbegründung zu § 51 Abs. 2 (BT-Drs. 15/420, S. 89). In dieser heißt es unter anderem, dass Absatz 2 die gegenwärtig geltenden Regelungen (§ 44 Abs. 1 a und 1b AuslG) zusammenfasst und in Satz 1 die Aufzählung der Einkommensarten zur Beseitigung nicht erforderlicher Überregulierung durch die Bezugnahme auf den Begriff des gesicherten Lebensunterhalts (Definition in § 2 Abs. 3) ersetzt wird.
59 
Über die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Voraussetzung der Lebensunterhaltssicherung vorliegen müssen, bestehen in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Auffassungen (vgl. näher GK-AufenthG, § 51 Rn. 75 ; Hailbronner, AuslR, § 51 Rn. 39 ; Armbruster, HTK-AuslR / § 51 AufenthG / zu Abs. 2, 3 und 7 07/2013 Nr. 2 - sowie den dortigen jeweiligen Überblick über den Meinungsstand). Es spricht allerdings viel dafür, dass nicht auf den Zeitpunkt der Ausreise oder denjenigen der Wiedereinreise abzustellen ist, sondern vielmehr allein die Umstände maßgebend sind, die im Zeitpunkt des Eintritts der jeweiligen Erlöschungsvoraussetzungen gegeben sind (ebenso OVG BB, Beschluss vom 04.08.2011 - 2 S 32.11 - juris Rn. 5; OVG NRW, Beschluss vom 18.03.2011 - 18 A 126/11 - juris Rn. 5). Nach der gesetzlichen Konzeption wird durch § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG das Erlöschen der Niederlassungserlaubnis kraft Gesetzes verhindert; es ist hingegen nicht ihr „Wiederaufleben“ vorgesehen. Darüber hinaus spricht der Gedanke der Rechtssicherheit dafür, dass sich zu jedem Zeitpunkt eindeutig feststellen lassen muss, ob der Aufenthaltstitel fortbesteht oder erloschen ist. Dies wäre bei einem Abstellen auf die finanziellen Verhältnisse bei Wiedereinreise nicht gewährleistet. Das Wesen der Niederlassungserlaubnis gebietet auch keine Doppelprüfung der Lebensunterhaltssicherung zusätzlich im Zeitpunkt der Wiedereinreise (näher GK-AufenthG, § 51 Rn. 76 ).
60 
Im vorliegenden Fall ist allerdings unabhängig davon, welcher Zeitpunkt für maßgebend erachtet wird, der Lebensunterhalt prognostisch durch die jetzige Ehefrau des Klägers gesichert gewesen. Dass diese aufgrund ihrer Einkommenssituation stets finanziell in der Lage gewesen ist, für den Unterhalt des Klägers sogar vollständig aufzukommen, ist in Anbetracht der vorgelegten Gehaltsmitteilungen und ihrer weiteren Angaben im Verfahren eindeutig. Nach den nunmehr vorliegenden Erkenntnissen ist auch stets ihre Leistungsbereitschaft gegeben gewesen. Sie hat den Kläger tatsächlich während seines Aufenthalts im Bundesgebiet unterstützt und wäre nach ihrer Erklärung vom 16.06.2016 jederzeit zur Abgabe einer Verpflichtungserklärung bereit gewesen, wenn man diese von ihr gefordert hätte. Dies wurde von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch nicht mehr angezweifelt.
61 
In Ermangelung abweichender Anhaltspunkte im Wortlaut sind im Rahmen des § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG iVm § 2 Abs. 3 AufenthG als Anknüpfungspunkt für die Möglichkeit einer positiven Prognose über die Sicherung des Lebensunterhalts nicht nur gesetzliche sondern freiwillige Unterhaltsleistungen zulassen. Voraussetzung ist allerdings, dass diese jederzeit realisierbar sein müssen. Dabei ist es Sache der Ausländerbehörde, ob sie sich im Rahmen der Prüfung der Sicherung des Lebensunterhalts mit der freiwilligen Leistung begnügt oder eine Verpflichtungsermächtigung nach § 68 AufenthG fordert (GK-AufenthG, § 2 Rn. 96). Vom Kläger zu verlangen, gleichsam im Vorfeld eines längerfristigen Auslandsaufenthalts schon einmal vorsorglich für die Abgabe einer Verpflichtungserklärung durch den unterhaltsfähigen und -bereiten Dritten zu sorgen, würde die Funktion des § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG überspannen.
62 
Im vorliegenden Fall ergibt sich eine positive Prognose der Sicherung des Lebensunterhalts des Klägers durch Frau B.-C. des Klägers, die im Übrigen letztlich durch die Eheschließung und die nunmehr sogar bestehende gesetzliche Unterhaltspflicht evaluiert ist. Die Tatsache, dass der Kläger bei seiner Krankenversicherung durch seinen Betreuer Anfang des Jahres 2010 abgemeldet wurde, steht der prognostizierten Sicherung des Lebensunterhalts nicht entgegen. Dies folgt bereits daraus, dass die Abmeldung, weil sie nicht dem Willen des Klägers entsprochen hatte, grds. einer Rückgängigmachung unterlag (siehe hierzu oben unter II. 2.).
63 
Der Senat kann daher offen lassen, ob auch allein aufgrund der Erwerbssituation des Klägers eine positive Prognose hätte getroffen werden können. Dieser geht derzeit (erneut) einer geringfügigen Erwerbstätigkeit nach und hätte darüber hinaus - wie schon in der Vergangenheit vor seiner Eheschließung - ggfs. finanzielle Ansprüche auf Leistungen zum Ausgleich seiner Behinderung nach SGB IX.
IV.
64 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
65 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
66 
Beschluss vom 9. November 2015
67 
Der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2GKG).
68 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und ordnungsgemäß begründete Berufung des Klägers hat Erfolg. Gegen die in Form eines Verwaltungsakts getroffene Feststellung des Erlöschens der Niederlassungserlaubnis ist die Anfechtungsklage statthaft (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 20.11.1990 - 1 C 8.89 - juris Rn. 16 f.; Senatsbeschluss vom 22.01.1997 - 11 S 2934/96 - juris Rn. 6 zu § 44 Abs 1 Nr. 3 AuslG 1990). Mit der Entscheidung über die Anfechtungsklage wird der Streit zwischen den Beteiligten beigelegt, ob die Niederlassungserlaubnis kraft Gesetzes erloschen ist; einer (zusätzlichen) Feststellungsklage, dass dieser Aufenthaltstitel fortbesteht, bedarf es nicht (vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 18.02.2015 - 10 ZB 14.345 - juris Rn. 6). Die Anfechtungsklage ist begründet. Der Bescheid des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 10.02.2012 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 03.12.2012 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
29 
Zwar steht der Ausländerbehörde die Befugnis zu, durch einen Verwaltungsakt festzustellen, ob die Voraussetzungen eines gesetzlichen Erlöschungsgrunds nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 oder Nr. 7 AufenthG gegeben sind (I.). Im vorliegenden Fall erfüllt der Kläger jedoch weder die Tatbestandsvoraussetzungen der Nr. 6 noch diejenigen der Nr. 7 des § 51 Abs. 1 AufenthG (II.). Selbst wenn man im Übrigen unterstellen würde, der Kläger wäre aus einem nicht nur vorübergehenden Grund in die Türkei ausgereist, ist seine Niederlassungserlaubnis aufgrund der Privilegierung nach § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht erloschen (III.).
I.
30 
Die Ausländerbehörde hat mit nach Form und Inhalt als Verwaltungsakt ergangener Entscheidung vom 10.02.2012 zu Lasten des Klägers verbindlich festgestellt, dass durch seinen Aufenthalt in der Türkei ab dem 29.01.2010 aufgrund des diesem zugrunde liegende Sachverhalt der gesetzliche Erlöschungstatbestand nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erfüllt ist, was der Kläger gegenüber dem Beklagten stets bestritten hat. Die für die Handlung in Form eines feststellenden Verwaltungsakts erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage liegt vor.
31 
1. Zwar kann ein feststellender Verwaltungsakt nicht vollstreckt werden. Gerade in der Verwendung der Rechtsform Verwaltungsakt kann aber wegen dessen von der Frage der Rechtswidrigkeit unabhängigen Rechtswirksamkeit eine Belastung liegen, und sei es nur die Last, fristgerecht einen Rechtsbehelf einzulegen, um den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern. Auch für feststellende Verwaltungsakte bedarf es daher einen gesetzlichen Grundlage (Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd II, 2. Aufl. 2012, § 35 Rn. 62; Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl 2010, § 22 Rn. 28 f. - jew. mwN). Dies gilt insbesondere dann, wenn durch den Verwaltungsakt etwas als Rechtens festgestellt wird, was der Betroffene erklärtermaßen nicht für Rechtens hält (BVerwG, Urteile vom 10.10.1990 - 1 B 131/90 - NVwZ 1991, 267 f. und vom 29.11.1985 - 8 C 105/83 - BVerwGE, 72, 265, 266). Der Senat folgt nicht der Auffassung, wonach die Verwaltung auch ohne besondere gesetzliche Ermächtigung befugt sei, öffentlich-rechtlich begründete Pflichten des Bürgers durch Verwaltungsakt zu konkretisieren und feststellen, weil die Ermächtigung der Verwaltung zur Tätigkeit aufgrund öffentlichen Rechts und damit kraft hoheitlicher Gewalt die Befugnis zum Handeln durch Verwaltungsakt einschließe (so etwa HambOVG, Urteil vom 02.02.1990 - Bf IV 86/89 - juris Rn. 28; VG München, Urteil vom 22.01.2009 - M 10 K 08.2944 - juris Rn. 32).
32 
2. § 51 AufenthG enthält keine eigenständige materielle Ermächtigungsgrundlage, die der Ausländerbehörde ausdrücklich die Handlungsform des Verwaltungsakts zur verbindlichen Feststellung einräumt, ob ein Aufenthaltstitel kraft Gesetzes erloschen ist. Konstitutiv für das Erlöschen des Aufenthaltstitels ist im Anwendungsbereich des § 51 Abs. 1 Nr. 6 und 7 AufenthG allein das Gesetz (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 05.05.1992 - 13 S 1948/91 - juris Rn. 17; GK-AufenthG, § 51 Rn. 20 ). Ein feststellender Verwaltungsakt wirkt insoweit nur deklaratorisch. Er dient der Klarstellung, ob die - abschließend in der Norm festgelegten - Voraussetzungen für das gesetzlich angeordnete Erlöschen des Aufenthaltstitels eingetreten sind und entspricht zudem einem praktischen Bedürfnis (aA VG Hannover, Urteil vom 28.09.2010 - 12 A 327/09 - juris Rn. 19). So kann nicht in allen Fällen das Erlöschen des Aufenthaltstitels kraft Gesetzes inzident im Rahmen einer Abschiebungsandrohung geklärt werden. Dies verdeutlicht der vorliegende Fall, in dem der Aufenthalt des Klägers ehebedingt befristet legalisiert worden und es daher nicht zu einer Abschiebungsandrohung gekommen ist.
33 
Der Vorbehalt des Gesetzes erfordert für die Befugnis, einen feststellenden Verwaltungsakt zu erlassen, nicht zwingend eine Rechtsgrundlage, die die Verwaltung hierzu explizit ermächtigt. Es genügt, dass sich dies dem Gesetz durch Auslegung entnehmen lässt (siehe hierzu allgemein BVerwG, Urteil vom 20.08.2014 - 6 C 15.13 - juris Rn. 23 mwN), wobei es als zulässig angesehen wird, auf eine „VA-Befugnis“ im Wege der Gesamtanalogie zu den Vorschriften zu schließen, die ausdrücklich oder implizit die zur Durchsetzung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht zuständige Behörde zum Erlass von Verwaltungsakten gegenüber Privatpersonen ermächtigen (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 28; Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, a.a.O., Rn. 29).
34 
Der erkennende Gerichtshof hat bereits zum gesetzlichen Erlöschungstatbestand des § 9 Abs. 1 Nr. 3 AuslG 1965, der nunmehr in § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG vergleichbar enthalten ist, entschieden, dass für die durch Verwaltungsakt getroffene Feststellung, eine Aufenthaltserlaubnis sei kraft Gesetzes erloschen, die die Ausländerbehörden zur Erteilung und Ausgestaltung der Aufenthaltserlaubnis und Aufenthaltsberechtigung ermächtigenden Vorschriften der §§ 2, 7 und 8 i.V.m. § 9 Abs. 1 AuslG eine ausreichende Rechtsgrundlage darstellten (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.03.1990 - 1 S 3361/89 - juris Rn. 3 unter Hinweis auf VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.6.1987 - 11 S 1148/87 -, InfAuslR 1988, 72 und VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.10.1988 - 11 S 1947/87 -, InfAuslR 1989, 82). Für das Aufenthaltsgesetz ist diese Rechtsprechung zu übertragen (ebenso BeckOKAuslR/Graßhof AufenthG § 51 Rn. 2; Armbruster, HTK-AuslR/§ 51 AufenthG zu Abs. 1 09/2014 Nr. 6.3).
35 
Unabhängig davon, dass sich eine Befugnis zum Erlass des streitgegenständlichen feststellenden Verwaltungsakts aus einer Gesamtanalogie zu den vielfältigen aufenthaltsrechtlichen Vorschriften ergibt, die der Ausländerbehörde das Recht einräumen, in Verfolgung der Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 AufenthG das Aufenthaltsrecht eines Ausländers durch Verwaltungsakt zu regeln und zu begrenzen, verdeutlicht auch § 51 AufenthG selbst, dass innerhalb seines Normgefüges die Handlungsbefugnis der Ausländerbehörde durch Verwaltungsakt geprägt wird. Den Bestimmungen über das Erlöschen liegt in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 bis 5a AufenthG letztlich eine durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelungen zugrunde. Innerhalb des gesetzlichen Erlöschungsgrunds des Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 kann durch eine von der Ausländerbehörde bestimmte längere Frist das Eintreten der Erlöschungsvoraussetzungen vermieden werden, wobei die Fristverlängerung durch einen Verwaltungsakt ergehen kann. Des weiteren sieht § 51 Abs. 2 Satz 3 AufenthG vor, dass die Behörde - wenn auch nur durch die Ausstellung einer Bescheinigung - für Rechtsklarheit zur Frage des Fortbeststands der Niederlassungserlaubnis sorgen kann.
II.
36 
Der feststellende Verwaltungsakt erweist sich jedoch deshalb als rechtswidrig, weil der Aufenthaltstitel des Klägers nicht kraft Gesetzes erloschen ist. Es liegen weder die Voraussetzungen der Nr. 7 (1.) noch diejenigen der Nr. 6 (2.) des § 51 Abs. 1 AufenthG vor.
37 
1. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erlischt ein Aufenthaltstitel, wenn der Ausländer ausreist und nicht innerhalb von 6 Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder einreist.
38 
Der Kläger war zu keinem Zeitpunkt länger als 6 Monate ununterbrochen in der Türkei. Seine Niederlassungserlaubnis ist auch nicht deshalb nach dieser Bestimmung erloschen, weil er im Zeitraum vom 29.01.2010 bis 22.06.2011 immer wieder nahezu 6 Monate in der Türkei und dazwischen jeweils nur für wenige Tage im Bundesgebiet war. Der Auslandsaufenthalt ist nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG nur dann schädlich, wenn er ununterbrochen mehr als 6 Monate andauert.
39 
Soweit unter Hinweis auf einen Beschluss des Bundesverwaltungsgericht vom 30.12.1988 - 1 B 135/88 - (InfAuslR 1989, 114) in Literatur (vgl. etwa Hailbronner, AuslR, § 51 Rn. 26 ) und Rechtsprechung (OVG BB, Urteil vom 28.09.2010 - OVG 11 B 14.10 - juris Rn. 22; OVG NRW, Beschluss vom 25.08.2003 - 18 B 978/03 - juris Rn. 8; VG Hamburg, Urteil vom 20.11.2012 - 10 K 2198/11 - juris Rdn. 23), angenommen wird, der Ausländer könne das Erlöschen des Aufenthaltstitels nicht dadurch verhindern, dass er jeweils kurz vor Ablauf von 6 Monaten nach der Ausreise wieder kurzfristig in das Bundesgebiet zurückkehre und dann zur Verfolgung desselben Zwecks wie zuvor wieder ausreise, findet dies weder im Gesetz noch im genannten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts eine Stütze (siehe hierzu Senatsbeschluss vom 13.05.2014 - 11 S 713/14 -; GK-AufenthG, § 51 Rn. 58 ).
40 
Der Wortlaut des § 51 Abs 1 Nr. 7 AufenthG verwendet nicht den Begriff der Rückkehr, sondern denjenigen der Einreise. Einreise ist in § 13 Abs. 2 AufenthG definiert. Eine Einreise in das Bundesgebiet liegt danach grundsätzlich vor, wenn sowohl die Grenzübergangslinie passiert als auch die Grenzlinie selbst überschritten wurde (vgl. näher GK-AufenthG, § 13 Rn. 30 ff. ). Hat der Ausländer das räumliche Umfeld der Grenzkontrollen verlassen und verbringt er - wie der Kläger - einige Tage an seinem bisherigen Aufenthaltsort im Bundesgebiet, ist er tatsächlich eingereist und die Frist läuft neu.
41 
Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.12.1988 ist zu § 9 Abs. 1 Nr. 3 AuslG 1965 und der damals geltenden Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Ausländergesetzes (AuslVwV) i.d.F. vom 10.05.1977 (GMBl. S. 202) ergangen. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 AuslG 1965 erlosch die Aufenthaltserlaubnis, wenn der Ausländer das Bundesgebiet aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund verließ. Nach Nr. 2 Satz 3 AuslVwV zu § 9 sollte im Zweifel bei einer Abwesenheit von mehr als 6 Monaten ein Verlassen des Bundesgebiets aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehender Grund anzunehmen sein. Das Bundesverwaltungsgericht hatte Nr. 2 AuslVwV zu § 9 als eine „lose Orientierungshilfe für die Ausländerbehörden“ angesehen und die Notwendigkeit einer Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls betont. So könne einerseits ein nicht unerheblicher längerer Auslandsaufenthalt seiner Natur nach nur vorübergehend sein. Andererseits schließe eine Rückkehr schon vor Ablauf von sechs Monaten nach der Ausreise nicht aus, dass der Ausländer das Bundesgebiet aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde verlassen habe. Wenn das Bundesverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang dann ausführte, es verstehe sich von selbst, dass der Ausländer in einem solchen Falle das Erlöschen des Aufenthaltstitels nicht dadurch vermeiden könne, dass er jeweils kurz vor Ablauf von sechs Monaten nach der Ausreise mehr oder weniger kurzfristig in das Bundesgebiet zurückkehre, war dies konsequent. Denn wird wegen eines der Natur nach nicht vorübergehenden Ausreisegrundes der Lebensmittelpunkt in Deutschland aufgegeben - mit der Folge des sofortigen Erlöschens des Aufenthaltstitels ipso iure -, kann dies nicht durch eine kurzfristige Wiedereinreise ungeschehen gemacht werden. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.12.1988 verhält sich jedoch in keiner Art und Weise zu dem Erlöschungsgrund des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG bzw. der Vorläuferregelung in § 44 Abs. 1 Nr. 3 AuslG 1990 - zumal das AuslG 1965 eine solche Regelung nicht kannte; einen selbstständiger Erlöschungsgrund der über sechsmonatigen Ausreise gab damals gar nicht.
42 
2. Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben.
43 
a) Nach dieser Bestimmung erlischt ein Aufenthaltstitel, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund ausreist. Unschädlich im Hinblick auf diese Vorschrift sind Auslandsaufenthalte, die nach ihrem Zweck typischerweise zeitlich begrenzt sind und die keine wesentliche Änderung der gewöhnlichen Lebensumstände, insbesondere die Aufgabe des Lebensmittelpunkts in Deutschland, mit sich bringen. Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, liegt ein seiner Natur nach nicht vorübergehender Grund vor. Neben der Dauer und dem Zweck des Auslandsaufenthalts sind alle objektiven Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, während es auf den inneren Willen des Ausländers - insbesondere auf seine Planung der späteren Rückkehr nach Deutschland - nicht allein ankommen kann, gänzlich unerheblich ist er aber nicht. Als ihrer Natur nach vorübergehende Gründe für Auslandsaufenthalte können danach etwa Urlaubsreisen oder beruflich veranlasste Aufenthalte von ähnlicher Dauer anzusehen sein, ebenso Aufenthalte zur vorübergehenden Pflege von Angehörigen, zur Ableistung der Wehrpflicht oder Aufenthalte während der Schul- oder Berufsausbildung, die nur zeitlich begrenzte Ausbildungsabschnitte, nicht aber die Ausbildung insgesamt ins Ausland verlagern. Eine feste Zeitspanne, bei deren Überschreitung stets von einem nicht mehr vorübergehenden Grund auszugehen wäre, lässt sich nicht abstrakt benennen. Je weiter sich die Aufenthaltsdauer im Ausland über die Zeiten hinaus ausdehnt, die mit den o.g. begrenzten Aufenthaltszwecken typischerweise verbunden sind, desto eher liegt die Annahme eines nicht nur vorübergehenden Grundes im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG nahe. Jedenfalls erlischt der Aufenthaltstitel nach dieser Vorschrift, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Betreffende seinen Lebensmittelpunkt ins Ausland verlagert hat (siehe insgesamt BVerwG, Urteil vom 11.12.2012 - 1 C 15.11 - juris Rn. 11; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - BVerwG 1 C 6.08 - BVerwGE 134, 27; Beschluss vom 30.12.1988 - BVerwG 1 B 135.88 - InfAuslR 1989, 114 mwN; OVG BB, Urteil vom 28.09.2010 - 11 B 14.10 - juris Rn. 19 ff.; GK-AufenthG, § 51 Rn. 46 ). Der seiner Natur nach vorübergehende Grund muss nicht bereits im Zeitpunkt der Ausreise vorliegen. Es genügt, wenn er später während des Aufenthalts im Ausland eintritt (BVerwG, Beschluss vom 28.04.1982 -1 B 148.81 - juris Rn. 3). § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG verlangt ferner nicht, dass der Ausländer für immer seinen Lebensmittelpunkt an einen Ort außerhalb des Bundesgebiets verlagert. Es kann vielmehr ausreichend sein, dass die Ausreise aus dem Bundesgebiet bzw. der Grund hierfür langfristig und zeitlich völlig unbestimmt sind (vgl. auch SächsOVG, Urteil vom 18.09.2014 - 3 A 554/13 - juris Rn. 30 f.). Der Aufenthaltstitel erlischt daher auch dann, wenn der Ausländer zwar irgendwann in das Bundesgebiet zurückzukehren wünscht, der Auslandsaufenthalt aber auf unbestimmte Zeit angelegt ist (BVerwG, Beschluss vom 30.12.1988 - BVerwG 1 B 135.88 - a.a.O.).
44 
Bei der Anwendung der Norm ist der Sinn und Zweck der gesetzlichen Erlöschungsregelungen zu beachten. Sie wollen Rechtsklarheit schaffen, ob ein Ausländer, der für längere Zeit ausreist, seinen Aufenthaltstitel weiter besitzt oder nicht. Ihr Regelungszweck besteht darin, die Aufenthaltstitel in den Fällen zum Erlöschen zu bringen, in denen das Verhalten des Ausländers typischerweise den Schluss rechtfertigt, dass er von seinem Aufenthaltsrecht keinen Gebrauch mehr machen will (BVerwG, Urteil vom 17.01.2012 - 1 C 1.11 - InfAuslR 2012, 173 - Rn. 9).
45 
b) Nach diesen Maßstäben ist der Senat zur Überzeugung gelangt, dass weder durch die Ausreise des Klägers aus dem Bundesgebiet am 29.01.2010 noch aufgrund nachfolgender in der Zeitspanne bis zum 22.06.2011 eingetretener und in ihrer Gesamtschau zu betrachtender Ereignisse die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erfüllt worden sind. In Würdigung der konkreten Umstände und Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt seine Lebensverhältnisse derart verändert, dass er Deutschland nicht mehr nur vorübergehend verlassen hätte.
46 
Der seit dem Jahr 1993 im Bundesgebiet lebende Kläger hat hier im Jahre 2007 seine jetzige Ehefrau kennengelernt. Beiden Partnern war schon zu einer sehr frühen Phase ihrer Beziehung klar, dass sie „zusammenbleiben wollen“; konkrete Heiratsabsichten bestanden seit dem Jahre 2010. Die von Frau B.-C. unter dem 14.08.2008 zunächst allein angemietete Wohnung in E. ist von beiden gemeinsam ausgesucht worden. Obwohl der Kläger damals noch Mieter einer möblierte Kleinwohnung in H. war, verbrachte er selbst schon ab 2008 in der Regel mehrere Tage in der Woche gemeinsam mit seiner Partnerin in der Wohnung in E. Der Kläger besaß stets einen Schlüssel zu dieser Wohnung; hier lebte er auch während seiner jeweiligen Rückkehr aus der Türkei in das Bundesgebiet in den Jahren 2010 und 2011. Wie Frau B.-C. in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt hat, wollten beide von Beginn ihrer Beziehung an immer gemeinsam in Deutschland leben. Es ist für sie nie in Betracht gekommen, in der Türkei zu leben und ihren seit 1989 bei der gleichen Firma bestehenden Arbeitsplatz aufzugeben. Die Beziehung zu Frau B.-C. sorgte (und sorgt) für eine ununterbrochene Konstante in seinem Leben, mit deren Hilfe es ihm zunehmend gelingt, trotz seiner Erkrankung ein soweit als möglich stabiles Leben zu führen.
47 
Auch im Zeitpunkt seiner Ausreise am 29.01.2010 und während der bis zum 22.06.2011 wiederkehrenden Aufenthalte in der Türkei ist die fortdauernde Beziehung zwischen ihm und Frau B.-C. ein entscheidendes Indiz für den ununterbrochenen und dauerhaften persönlichen Anknüpfungspunkt des Klägers im Bundesgebiet. So brachte der Kläger vor seinem Flug in die Türkei Ende Januar 2010 alle seine persönlichen Gegenstände und Dokumente, die ihm wichtig waren und auf die er jederzeit wieder zugreifen wollte, in die faktisch gemeinsame Wohnung in E. Die stets enge Verbindung zwischen dem Kläger und Frau B.-C. wird nicht dadurch infrage gestellt, dass sie ihn während seines Türkeiaufenthalts dort nicht finanziell unterstützt hat. Zum einen konnte er zunächst noch von Ersparnissen leben, zum anderen wurden die Kosten seines Aufenthalts entsprechend dem türkischen Verständnis von familiärer Verantwortung und Gastfreundschaft von seinen Brüdern vor Ort geregelt. Entscheidend ist, dass sie ihm jeweils Unterhalt während seiner Rückkehr in das Bundesgebiet gewährt hat.
48 
Die näheren Umstände der Ausreise und der - im Einverständnis mit der Partnerin durchgeführten - Aufenthalte in der Türkei verdeutlichen, dass es sich hierbei um eine nur vorübergehende Phase, eine Art „Auszeit“, gehandelt hat, der den vor allem auch mit Blick auf die gefestigte Beziehung bestehenden Lebensmittelpunkt in Deutschland nach dem Willen des Klägers zu keinem Zeitpunkt in Frage stellen sollte und dies auch objektiv nicht getan hat.
49 
Nimmt man die Gesamtlänge des Aufenthalts in der Türkei in den Blick (29.01.2010 bis 22.06.2011), so geht dies zwar deutlich über die Dauer gewöhnlicher Urlaube und Verwandtenbesuche hinaus. Andererseits sind aber mittlerweile langfristige und ununterbrochene Auslandsaufenthalte - etwa im Rahmen eines „Sabbatjahres“ - oder das „Gab Year“ ebenfalls gesellschaftliche Realität.
50 
Der Kläger befand sich Ende Januar 2010 in einer von ihm als solches empfundenen krisenhaften Situation. Er hatte - aus seiner Sicht in jeder Hinsicht unberechtigt - seinen bisherigen Arbeitsplatz in einem Integrationsbetrieb, der für ihn persönlich sehr wichtig war, durch Kündigung verloren. Frau B.-C. hat in der Berufungsverhandlung anschaulich geschildert, in welcher emotionalen Ausnahmesituation sich der Kläger befand und weshalb ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt das Verlangen nach der Wiederherstellung der familiären Verbindungen mit den in der Osttürkei lebenden Eltern und den zahlreichen u.a. in Istanbul lebenden Geschwistern Antrieb für sein Handeln wurde. Dass der Kläger immer darunter gelitten hat, aufgrund seiner Rechtsstellung als Asylberechtigter seine Familie in der Türkei nicht besuchen zu können, ergibt sich beispielhaft aus einem Bericht seines Betreuers vom 28.10.2005. Für den Kläger hatte die Wiederaufnahme seiner familiären Beziehungen in der Türkei den Charakter einer Art „Auszeit“. Dass diese mit einer Gesamtdauer von etwa 15 Monaten relativ lang ist, erklärt sich daraus, dass der Kläger nicht in einem „getakteten Programm familiäre Stationen abgearbeitet“ hat, sondern schon aufgrund seiner schwerwiegenden psychischen Erkrankung das Verarbeiten und Erleben von neuen Situationen auch nach seiner eigenen Erfahrung nur mit viel Zeit möglich ist. Der Umgang mit erheblichen Erkrankungen innerhalb der Familie - unter anderem bei seinen betagten Eltern - stellten ihn vor besondere Herausforderungen, ebenso die Erkenntnis, dass sich aufgelaufene Defizite in den familiären Bindungen aufgrund der langjährigen Trennung nur allmählich beheben lassen. Dies erklärt es, weshalb es der Kläger nicht bei seinem ersten längeren Aufenthalt in der Zeit vom 29.01.2010 08.06.2010 hat bewenden lassen, sondern danach noch mehrmals in die Türkei für längere Zeiten eingereist ist. Dass er darüber hinaus Deutschland auch deshalb verlassen hätte, weil er in der Türkei für sich - und sei es auch nur vorübergehend - eine bessere Lebensperspektive gesehen oder tatsächlich objektiv gehabt hätte, ist hingegen nicht anzunehmen.
51 
Insoweit verdeutlichen verschiedene weitere Gesichtspunkte, dass er selbst zu keinem Zeitpunkt seine Bindung zum Bundesgebiet gelöst hat. Er kündigte weder seine Bankverbindung bei der Volksbank H. noch ließ er sich seine Rentenanwartschaften auszahlen. Er nahm keine Gegenstände, die für ihn wichtig waren, mit in die Türkei, sondern beließ sie bei seiner Partnerin. Er achtete streng darauf, jeweils vor Ablauf der sechsmonatigen Frist des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG, über die er sich zuvor informiert hatte, wieder in das Bundesgebiet einzureisen. Er meldete sich selbst nicht beim Einwohnermeldeamt und der Krankenversicherung ab. Ein Krankheitsbild, das die freie Willensbestimmung beeinträchtigen würde, lag (und liegt) nach den ärztlichen Gutachten nicht vor (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 22.01.2014 - XII ZB 632/12 - juris Rn. 6 ff.). Zwar sind diese von seinem Betreuer im März 2010 vorgenommenen Abmeldungen aufgrund dessen Vertretungsberechtigung gegenüber Einwohnermeldeamt und Versicherung wirksam (vgl. etwa Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann, Betreuungsrecht, 5. Aufl. 2011, § 1896 BGB Rn. 162 f.). Sie sind jedoch in erster Linie deshalb erfolgt, um das Betreuungsverhältnis ordnungsgemäß beenden zu können und zwingen auch im Übrigen nicht zu dem Schluss, dass im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG der Wille des geschäftsfähigen Klägers, sich gerade nicht bei den deutschen Behörden abzumelden, unbeachtlich wäre. Vielmehr besteht auch zivilrechtlich bei geschäftsfähigen Betreuten eine „Doppelzuständigkeit“ von Betreuer und Betreutem, die auch zu einander widersprechender Erklärungen führen können (siehe hierzu und der Möglichkeit des Betreuten, ordnungsgemäße Willenserklärungen des Betreuers zu beseitigen näher Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann, a.a.O., § 1902 Rn. 16).
52 
Die Tatsache, dass sein Rentenversicherungsverlauf eine Pflichtbeitragszeit in der Türkei vom 04.03.2010 bis 31.10.2010 aufweist, liefert kein Argument für einen möglicherweise auf Dauer angelegten Verbleib des Klägers in der Türkei. Der Kläger hat überzeugend erläutert, dass er tatsächlich keinerlei berufliche Tätigkeit ausgeübt hat, sondern seine Brüder ihn pro forma in ihrem Betrieb in Istanbul (Hotel und Restaurant) eingestellt hatten, um vorsorglich einen Krankenversicherung zu begründen. Diesen hat er nach eigenen Angaben auch in Anspruch genommen, weil er verschreibungspflichtige Medikamente benötigte und außerdem einmal kurzzeitig in stationärer psychiatrischer Behandlung war. Dass die Anmeldung als Arbeitnehmer, über deren Rechtmäßigkeit der Senat nicht zu befinden hat, allein der Absicherung nicht kalkulierbarer Krankheitsrisiken diente, ist nachvollziehbar. Denn wie sich aus den beigezogenen Akten ergibt, konnten und können nach dem Krankheitsbild des Klägers immer wieder Akutzustände auftreten, die eine sofortige Behandlung notwendig machen.
53 
Soweit der Kläger von sich aus seine möblierte Wohnung in H. zu Beginn seines Aufenthalts in der Türkei aufgab, beruhte dies allein auf finanziellen Erwägungen. Sie war für ihn letztlich nicht erforderlich, weil er ohnehin jederzeit bei seiner Partnerin wohnen konnte. Auch dieser Umstand spricht daher nicht gegen einen nur vorübergehenden Aufenthalt in der Türkei.
III.
54 
Selbst wenn man ungeachtet der Ausführungen unter II. 2. zu Lasten des Klägers unterstellen würde, zu irgendeinem Zeitpunkt vom 29.01.2010 bis 22.06.2011 hätten die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG vorgelegen, ist seine Niederlassungserlaubnis jedenfalls aufgrund der Privilegierung nach § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht erloschen.
55 
§ 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in der im oben genannten Zeitpunkt eines potentiellen Erlöschens der Niederlassungserlaubnis geltenden Fassung sah vor, dass die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7 erlöschen, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsgrund nach § 54 Nr. 5 bis 7 oder § 55 Abs. 2 Nr. 8 bis 11 vorliegt.
56 
Ausgehend von den auf die Rechtmäßigkeit der Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet mit Blick auf die ursprüngliche Asylanerkennung nach § 55 Abs. 3 AsylVfG anzurechnenden Zeiten des Asylverfahren (vgl. hierzu zur ratio des § 55 Abs. 3 AsylVfG näher BVerwG, Urteil vom 19.10.2011 - 5 C 28.10 - juris Rn. 15 f.) verfügte der Kläger bereits bei seiner Ausreise am 29.01.2010 über einen mindestens 15 Jahre langen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet. Anhaltspunkte für Ausweisungsgründe im Sinne des § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG aF bestanden (und bestehen) zu keiner Zeit. Auch die weitere Voraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts ist zu bejahen.
57 
Zwar hängt der Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG nicht davon ab, dass der Lebensunterhalt (jemals) gesichert war. Selbst für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG kann bei Erkrankung von der Voraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 3 und 6 AufenthG abgewichen werden. Der Gesetzgeber differenziert allerdings im Rahmen der privilegierenden Regelung des § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht nach dem Grund für den Besitz der Niederlassungserlaubnis und verlangt bedingungslos die Sicherung des Lebensunterhalts. Er räumt die Möglichkeit, etwa bei einer Atypik hiervon abzusehen, nicht ein. Damit bewegt sich der Gesetzgeber jedoch innerhalb des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums - zumal dieser bei der Gewährung von Vergünstigungen ohnehin weit ist.
58 
Der Lebensunterhalt des Ausländers ist nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 3 AufenthG nur dann gesichert, wenn er ihn einschließlich Krankenversicherungsschutz ohne Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen bestreiten kann. Notwendig ist, dass aufgrund belegbarer Umstände eine positive Prognose gestellt werden kann, dass sein Lebensunterhalt auf absehbare Zeit aller Voraussicht nach gesichert ist (GK-AufenthG, § 51 Rn. 74 mwN ). Durch welche Arten von Einnahmen ein gesicherter Lebensunterhalt nachgewiesen werden kann, ist im Unterschied zu § 44 Abs. 1a AulsG 1990 nicht erheblich. Die verdeutlicht die Gesetzesbegründung zu § 51 Abs. 2 (BT-Drs. 15/420, S. 89). In dieser heißt es unter anderem, dass Absatz 2 die gegenwärtig geltenden Regelungen (§ 44 Abs. 1 a und 1b AuslG) zusammenfasst und in Satz 1 die Aufzählung der Einkommensarten zur Beseitigung nicht erforderlicher Überregulierung durch die Bezugnahme auf den Begriff des gesicherten Lebensunterhalts (Definition in § 2 Abs. 3) ersetzt wird.
59 
Über die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Voraussetzung der Lebensunterhaltssicherung vorliegen müssen, bestehen in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Auffassungen (vgl. näher GK-AufenthG, § 51 Rn. 75 ; Hailbronner, AuslR, § 51 Rn. 39 ; Armbruster, HTK-AuslR / § 51 AufenthG / zu Abs. 2, 3 und 7 07/2013 Nr. 2 - sowie den dortigen jeweiligen Überblick über den Meinungsstand). Es spricht allerdings viel dafür, dass nicht auf den Zeitpunkt der Ausreise oder denjenigen der Wiedereinreise abzustellen ist, sondern vielmehr allein die Umstände maßgebend sind, die im Zeitpunkt des Eintritts der jeweiligen Erlöschungsvoraussetzungen gegeben sind (ebenso OVG BB, Beschluss vom 04.08.2011 - 2 S 32.11 - juris Rn. 5; OVG NRW, Beschluss vom 18.03.2011 - 18 A 126/11 - juris Rn. 5). Nach der gesetzlichen Konzeption wird durch § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG das Erlöschen der Niederlassungserlaubnis kraft Gesetzes verhindert; es ist hingegen nicht ihr „Wiederaufleben“ vorgesehen. Darüber hinaus spricht der Gedanke der Rechtssicherheit dafür, dass sich zu jedem Zeitpunkt eindeutig feststellen lassen muss, ob der Aufenthaltstitel fortbesteht oder erloschen ist. Dies wäre bei einem Abstellen auf die finanziellen Verhältnisse bei Wiedereinreise nicht gewährleistet. Das Wesen der Niederlassungserlaubnis gebietet auch keine Doppelprüfung der Lebensunterhaltssicherung zusätzlich im Zeitpunkt der Wiedereinreise (näher GK-AufenthG, § 51 Rn. 76 ).
60 
Im vorliegenden Fall ist allerdings unabhängig davon, welcher Zeitpunkt für maßgebend erachtet wird, der Lebensunterhalt prognostisch durch die jetzige Ehefrau des Klägers gesichert gewesen. Dass diese aufgrund ihrer Einkommenssituation stets finanziell in der Lage gewesen ist, für den Unterhalt des Klägers sogar vollständig aufzukommen, ist in Anbetracht der vorgelegten Gehaltsmitteilungen und ihrer weiteren Angaben im Verfahren eindeutig. Nach den nunmehr vorliegenden Erkenntnissen ist auch stets ihre Leistungsbereitschaft gegeben gewesen. Sie hat den Kläger tatsächlich während seines Aufenthalts im Bundesgebiet unterstützt und wäre nach ihrer Erklärung vom 16.06.2016 jederzeit zur Abgabe einer Verpflichtungserklärung bereit gewesen, wenn man diese von ihr gefordert hätte. Dies wurde von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch nicht mehr angezweifelt.
61 
In Ermangelung abweichender Anhaltspunkte im Wortlaut sind im Rahmen des § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG iVm § 2 Abs. 3 AufenthG als Anknüpfungspunkt für die Möglichkeit einer positiven Prognose über die Sicherung des Lebensunterhalts nicht nur gesetzliche sondern freiwillige Unterhaltsleistungen zulassen. Voraussetzung ist allerdings, dass diese jederzeit realisierbar sein müssen. Dabei ist es Sache der Ausländerbehörde, ob sie sich im Rahmen der Prüfung der Sicherung des Lebensunterhalts mit der freiwilligen Leistung begnügt oder eine Verpflichtungsermächtigung nach § 68 AufenthG fordert (GK-AufenthG, § 2 Rn. 96). Vom Kläger zu verlangen, gleichsam im Vorfeld eines längerfristigen Auslandsaufenthalts schon einmal vorsorglich für die Abgabe einer Verpflichtungserklärung durch den unterhaltsfähigen und -bereiten Dritten zu sorgen, würde die Funktion des § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG überspannen.
62 
Im vorliegenden Fall ergibt sich eine positive Prognose der Sicherung des Lebensunterhalts des Klägers durch Frau B.-C. des Klägers, die im Übrigen letztlich durch die Eheschließung und die nunmehr sogar bestehende gesetzliche Unterhaltspflicht evaluiert ist. Die Tatsache, dass der Kläger bei seiner Krankenversicherung durch seinen Betreuer Anfang des Jahres 2010 abgemeldet wurde, steht der prognostizierten Sicherung des Lebensunterhalts nicht entgegen. Dies folgt bereits daraus, dass die Abmeldung, weil sie nicht dem Willen des Klägers entsprochen hatte, grds. einer Rückgängigmachung unterlag (siehe hierzu oben unter II. 2.).
63 
Der Senat kann daher offen lassen, ob auch allein aufgrund der Erwerbssituation des Klägers eine positive Prognose hätte getroffen werden können. Dieser geht derzeit (erneut) einer geringfügigen Erwerbstätigkeit nach und hätte darüber hinaus - wie schon in der Vergangenheit vor seiner Eheschließung - ggfs. finanzielle Ansprüche auf Leistungen zum Ausgleich seiner Behinderung nach SGB IX.
IV.
64 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
65 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
66 
Beschluss vom 9. November 2015
67 
Der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2GKG).
68 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Artikel 1 Nummer 7 und Artikel 1 Nummer 8 der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz vom 24. Oktober 2008 werden für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich gegen eine Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz, durch die die Mitgliedschaft in den beratenden Ausschüssen nicht mehr durch Wahlen, sondern aufgrund einer Bestellung durch den Senat auf Vorschlag des Rektors erfolgt.
Der Antragsteller ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich ... der Universität Konstanz angestellt und als Promotionsstudent eingeschrieben. Er bemühte sich bereits im Oktober 2008 um eine Bestellung als Mitglied des Ausschusses für Forschungsfragen und strebt künftig eine Mitgliedschaft im Ausschuss für Kommunikation und Information an.
Der Auswahlmodus für die Mitglieder der Ausschüsse für Forschungsfragen, für Lehre und Weiterbildung sowie für Kommunikation und Information ist durch die Erste Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz vom 24.10.2008 (Amtliche Bekanntmachungen der Universität Konstanz Nr. 53/2008) geändert worden. Während die Grundordnung der Universität Konstanz in der Fassung vom 30.09.2006 neben den Mitgliedern kraft Amtes eine Auswahl „aufgrund von Wahlen“ vorsah, bestimmt die Änderungssatzung nunmehr, dass die zusätzlichen Hochschullehrer, akademischen Mitarbeiter und Studierenden „aufgrund einer Bestellung durch den Senat auf Vorschlag des Rektors“ bestimmt werden.
Art. 1 Nr. 7 der Änderungssatzung vom 24.10.2008 lautet:
In § 9 Absatz 2 Nummer 2, § 10 Absatz 2 Nummer 2 und in § 11 Absatz 2 Nummer 2 werden die Worte „aufgrund von Wahlen“ durch die Worte „aufgrund einer Bestellung durch den Senat auf Vorschlag des Rektors“ ersetzt und danach als folgender Satz jeweils eingefügt:
„Der Vorschlag des Rektors für die Mitglieder gemäß Nr. 2a) erfolgt im Benehmen mit den Dekanen, für die Mitglieder gemäß Nr. 2b) im Benehmen mit den Vertretern nach § 6 Abs. 2 Nr. 2b) sowie für die Mitglieder gemäß Nr. 2c) im Benehmen mit dem AStA.“
Als Folgeänderung ist in Art. 1 Nr. 8 der Änderungssatzung bestimmt, dass in den geänderten Paragraphen jeweils das Wort „Wahlmitglieder“ durch die Worte „Mitglieder kraft Bestellung“ ersetzt wird. Die Novellierung ist vom Senat der Antragsgegnerin in der Sitzung vom 11.06.2008 einstimmig beschlossen, durch das Wissenschaftsministerium mit Schreiben vom 15.10.2008 genehmigt und mit Aushang im Schaukasten „Amtliche Bekanntmachungen“ vom 27.10.2008 bekannt gemacht worden.
Gegen diese Neuregelung der Mitgliederauswahl hat der Antragsteller am 23.10.2009 Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die Neufassung des Auswahlmodus führe faktisch zu einem unüberwindbaren Bestimmungsrecht des Rektors und entwerte damit die Mitwirkungsrechte aus § 9 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Hochschulen in Baden-Württemberg vom 01.01.2005 (GBl. S. 1; zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.12.2009, GBl. S. 809 - LHG -). Kritische Universitätsmitglieder, deren Mitwirkung in den Ausschüssen dem Rektor nicht genehm sei - wie dies im Falle des Antragstellers angesichts der bestehenden Auseinandersetzungen zwischen ihm und dem Rektor angenommen werden müsse -, seien damit faktisch von der Mitwirkung in den Gremien ausgeschlossen. Ein derartiges Bestimmungsrecht des Rektors sei mit geltendem Recht jedoch nicht vereinbar. Nach § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG handle es sich bei den beratenden Ausschüssen vielmehr um solche des Senats. Eine (faktische) Mitgliederauswahl durch den Rektor sei daher unzulässig. Dies gelte umso mehr, als es ständiger Praxis der Antragsgegnerin entspreche, in den beratenden Ausschüssen abgelehnte Anträge im Senat nicht mehr zur Abstimmung zu stellen, sodass den Gremien jedenfalls faktisch eine Beschlusskompetenz zufalle.
Überdies leide die Änderungssatzung auch an formellen Mängeln. So seien weder die öffentliche Anhörung vom 07.05.2008 noch die Senatssitzungen vom 13.02.2008 und vom 11.06.2008 ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Dies folge bereits daraus, dass ein Hinweis auf die Sitzungen nicht im Schaukasten „Amtliche Bekanntmachungen“ ausgehängt worden sei, auf den Universitätsmitglieder hinsichtlich wichtiger Angelegenheiten vertrauen dürften. Die bloße Einstellung auf der Homepage der Universität dagegen sei für die erforderliche ortsübliche Bekanntmachung nicht ausreichend. Auch das am Tag der öffentlichen Anhörung versandte Rundmail erfülle die an eine ordnungsgemäße Bekanntmachung zu stellenden Anforderungen nicht. Einerseits sei der Hinweis am selben Tag zu kurzfristig, andererseits sei diese Nachricht auch nicht an Mitarbeiter und Studenten versandt worden. Im Übrigen sei die öffentliche Anhörung dadurch zur Formalie entwertet worden, dass alle wesentlichen Fragen bereits vorab in einer - nicht öffentlichen - Arbeitsgruppe festgezurrt worden seien. Schließlich sei die maßgebliche Beschlussfassung in der Sitzung vom 11.06.2008 unter Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz erfolgt. Weder die Ladung noch das Protokoll enthielten einen Hinweis auf die Öffentlichkeit der Sitzung. Entgegen der von der Antragsgegnerin vorgetragenen Auffassung könne es sich insoweit auch nicht um ein Redaktionsversehen handeln. Es fehle nicht nur die Feststellung der Öffentlichkeit der Sitzung, vielmehr sei weder die sonst übliche Begrüßung der Öffentlichkeit noch deren Verabschiedung festgehalten. Aus dem Vermerk vom 18.06.2008 ergebe sich nichts anderes. Naheliegend sei vielmehr, dass die Antragsgegnerin unzutreffend davon ausgegangen sei, dass dem Erfordernis der Öffentlichkeit der Sitzung bereits dadurch Genüge getan werden könne, dass die Türen nicht verschlossen wurden. Im Übrigen spreche viel dafür, dass der Vermerk nachträglich erstellt und rückdatiert worden sei.
10 
Der Antragsteller beantragt,
11 
Art. 1 Nr. 7 und Nr. 8 der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz vom 24.10.2008 für unwirksam zu erklären.
12 
Die Antragsgegnerin beantragt,
13 
den Antrag abzuweisen.
14 
Sie führt aus, die vorgetragenen Einwände gegen das Zustandekommen der Norm seien nicht begründet. Weder das Landeshochschulgesetz noch die Verfahrensordnung der Universität sähen eine bestimmte Form der ortsüblichen Bekanntmachung für Senatssitzungen oder Anhörungen vor. Der Einwand fehlender „Ordnungsgemäßheit“ entbehre daher bereits der Grundlage. Insoweit verkenne der Antragsteller auch die Funktion von Mitteilungen auf der Homepage der Universität. Entgegen den Angaben des Antragstellers seien die Einladungen auch wie üblich am dazu vorgesehenen Schaukasten ausgehängt worden. Die zweite Lesung des Änderungsantrags am 11.06.2008 sei in öffentlicher Sitzung behandelt worden. Zwar fehle im Protokoll Nr. 7/2008 vom 18.06.2006 eine entsprechende Klarstellung; hieraus ergebe sich jedoch nicht der vom Antragsteller behauptete Mangel. Die fehlerhafte Protokollierung sei vielmehr nachträglich erkannt und mit Vermerk vom 18.06.2008 richtiggestellt worden. Das Fehlen einer formellen Protokollberichtigung ändere hieran nichts. Schließlich sei der Diskussion und Beratung des Senats auch nicht durch Arbeitsgruppen vorgegriffen worden; diese hätten lediglich Vorschläge erarbeitet, die bereits im Vorfeld der ersten Lesung mit Rundschreiben vom 29.11.2007 versandt worden seien.
15 
Die angegriffenen Bestimmungen seien auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Entgegen der vom Antragsteller vertretenen Auffassung handle es sich bei den in Rede stehenden Ausschüssen bereits nicht um Ausschüsse des Senats nach § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG. Aufgabe der Gremien sei gemäß §§ 9, 10 und 11 der Grundordnung vielmehr auch die Beratung des Rektorats, sodass der Zuständigkeitsbereich nicht auf den Senat beschränkt sei. Unabhängig hiervon sei die getroffene Bestimmung auch bei Annahme von Senatsausschüssen nicht zu beanstanden, weil der Senat selbst das Bestellungsverfahren normiert habe. Auch im Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG stehe es dem Senat jedoch frei, dem Rektor ein Vorschlagsrecht für die Ausschussmitglieder einzuräumen. Im Übrigen sei mit der Novellierung lediglich die ohnehin bestehende Praxis in die Grundordnung übernommen worden. Denn das Bestellungsverfahren habe sich auch seither schon aus den vom Senat am 21.02.2001 verabschiedeten Geschäftsordnungen der zentralen Ausschüsse ergeben.
16 
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die beigezogene Verfahrensakte der Antragsgegnerin Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die zulässige Normenkontrolle (I.) hat in der Sache Erfolg (II.). Das ordnungsgemäße Zustandekommen der angegriffenen Bestimmungen der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz kann nicht festgestellt werden (II.1.), auch wenn die Regelungen materiell nicht zu beanstanden sein dürften (II.2.).
I.
18 
Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
19 
Die Grundordnung der Antragsgegnerin (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO) ist als „andere im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift“ nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthafter Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahrens. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt, weil der Normenkontrollantrag am 23.10.2009 und damit innerhalb eines Jahres nach der am 27.10.2008 durch Aushang erfolgten Bekanntmachung der Änderungssatzung gestellt wurde. Der Antragsteller kann auch geltend machen, durch die angegriffenen Rechtsvorschriften in absehbarer Zeit in seinen Rechten verletzt zu werden, weil die von ihm angestrebte Mitgliedschaft in einem der Ausschüsse künftig einen Vorschlag des Rektors voraussetzt und das ihm in § 9 Abs. 2 Satz 1 LHG gewährleistete Mitwirkungsrecht damit erschwert werden kann.
20 
Auch das Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. Zwar gilt der vom Antragsteller gerügte Bestellungsmodus für die Mitglieder der Ausschüsse für Forschungsfragen, für Lehre und Weiterbildung sowie für Kommunikation und Information auch unabhängig von der Wirksamkeit der mit dem Normenkontrollantrag angegriffenen Bestimmungen der Universitäts-Grundordnung. Denn das Auswahlverfahren ist weitgehend wortgleich in den jeweiligen Geschäftsordnungen der Ausschüsse vom 21.02.2001 geregelt. In § 2 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Ausschusses für Kommunikation und Information der Universität Konstanz etwa ist bestimmt:
21 
Die Mitglieder und Stellvertreter nach § 11 Abs. 2 Zi. 2 der Grundordnung werden auf Vorschlag des Rektors vom Senat bestellt. Der Vorschlag des Rektors für die Mitglieder gemäß § 11 Abs. 2 Zi. 2 a) und b) der Grundordnung wird im Benehmen mit den Fachbereichssprechern und für die Mitglieder gemäß § 11 Abs. 2 Zi. 2 c) im Benehmen mit dem AStA erfolgen. Wiederbestellungen als Ausschussmitglied sind zulässig.
22 
Hinsichtlich der unmittelbar geltenden Rechtslage vermag der Normenkontrollantrag daher selbst im Erfolgsfalle die vom Antragsteller erstrebte Wirkung nicht zu erzielen. Dementsprechend ist auch in der Entwurfsbegründung vom 21.01.2008 ausgeführt, die Neuregelung folge „den Geschäftsordnungen der Ausschüsse und der bisherigen Praxis“ (Bl. 18 der Verfahrensakte). Diese Geschäftsordnungen aber sind - unbeschadet einer etwaigen Rechtswidrigkeit - einer gerichtlichen Normenkontrolle entzogen, weil die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hierfür längst verstrichen ist. Die Regelungen hätten einem Beanstandungsverfahren nach § 47 VwGO auch unterzogen werden können, weil Geschäftsordnungen jedenfalls insoweit im Anwendungsbereich der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle liegen, als sie abstrakt-generelle Konkretisierungen der mitgliedschaftlichen Rechte in der Art einer Rechtsnorm enthalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.09.1987 - 7 N 1/87 -, NVwZ 1988, 1119; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119). Die hier maßgeblichen Bestimmungen zum Bestellungsmodus künftiger Mitglieder wären daher selbst dann statthafter Antragsgegenstand einer Normenkontrolle gewesen, wenn man sie als Innenrechtssätze qualifizieren würde.
23 
Allerdings erscheint nicht ausgeschlossen, dass sich die Rechtsstellung des Antragstellers im Falle der begehrten Unwirksamkeitserklärung gleichwohl verbessern kann. Denn unbeschadet der fehlenden Möglichkeit einer prinzipalen Normenkontrolle kann die entsprechende Geschäftsordnung in einem vom Antragsteller betriebenen Verwaltungsstreitverfahren inzident einer Überprüfung unterzogen und die hierauf basierende Bestellung des Ausschussmitglieder beanstandet werden. Die für das Normenkontrollverfahren geltende Ausschlussfrist ist insoweit nicht anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.2006 - 4 BN 29/06 -, ZfBR 2007, 149). Insoweit erscheint nicht fernliegend, dass der Rechtscharakter des Regelungssystems, in dem der Bestellungsmodus angeordnet wird, von Bedeutung ist. Denn falls die Geschäftsordnungsautonomie für Regelungen, die die Auswahl und Bestellung der (künftigen) Mitglieder zum Gegenstand haben, nicht ausreicht, oder sonstige Unwirksamkeitsgründe hinsichtlich der Geschäftsordnung vorliegen würden, wäre die Unwirksamkeit der Grundordnung für den Erfolg eines etwaigen Rechtsmittels des Antragstellers ausschlaggebend.
24 
Trotz der in den Geschäftsordnungen der betroffenen Ausschüsse bestehenden Regelungen zum Bestellungsmodus der Mitglieder ist das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers für das Begehren, die entsprechenden Regelungen in der novellierten Grundordnung für unwirksam erklären zu lassen, daher gegeben.
II.
25 
Der Normenkontrollantrag ist auch begründet, weil Zweifel am ordnungsgemäßen Zustandekommen der Vorschriften nicht ausgeräumt werden können (1.). Inhaltlich sind die angegriffenen Regelungen der Grundordnung dagegen nicht zu beanstanden (2.).
26 
1. Formelle Fehler der Satzung können - angesichts der fehlenden Dokumentierung wesentlicher Verfahrensschritte in der Behördenakte - nicht ausgeschlossen werden.
27 
a) Allerdings war der Senat der Antragsgegnerin gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 LHG für die Beschlussfassung über die Grundordnung und ihre Änderungen zuständig und hat auch mit dem in § 20 Abs. 2 der Grundordnung vorgesehen Quorum entschieden. Der Aufsichtsrat wurde entsprechend der Vorgabe aus § 20 Abs. 1 Satz 3 Nr. 13 LHG beteiligt und gab in der Sitzung vom 10.06.2008 eine befürwortende Stellungnahme ab. Die darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 LHG erforderliche Zustimmung des Wissenschaftsministeriums ist mit Schreiben vom 15.10.2008 erteilt worden.
28 
b) Die Beschlussfassung über die Änderung der Grundordnung leidet aber möglicherweise an Verfahrensfehlern; insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass die maßgebliche Senatssitzung vom 11.06.2008 ordnungsgemäß einberufen und dem Öffentlichkeitsgrundsatz damit Rechnung getragen wurde.
29 
aa) Zutreffend hat der Antragsteller zunächst darauf hingewiesen, dass ein in nicht ordnungsgemäß einberufener Sitzung gefasster Beschluss wegen des vorausgegangenen Einberufungsmangels rechtswidrig ist. Die fehlerhafte Einberufung schlägt auf die Rechtmäßigkeit des in der Sitzung gefassten Beschlusses durch (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119 m.w.N.). Maßgeblich ist jedoch grundsätzlich nur die abschließende Sitzung. Verfahrensfehler im Vorfeld des eigentlichen Satzungsbeschlusses dagegen führen regelmäßig nicht zur Rechtswidrigkeit des in einer nachfolgenden Sitzung gefassten Beschlusses (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 03.12.1999 - 3 S 2702/98 -). Die vorgetragenen formellen Mängel der vorbereitenden Sitzungen entfalten deshalb keine „Fortwirkung“. Anhaltspunkte dafür, dass ein untrennbarer Zusammenhang der Sitzungen bestanden haben könnte, sind nicht ersichtlich.
30 
Bei der Beschlussfassung über die Änderung der Grundordnung hat der Senat der Antragsgegnerin gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 LHG auch öffentlich zu tagen. Die Sitzungsöffentlichkeit stellt sicher, dass die betroffenen Körperschaftsmitglieder Einblick in die Tätigkeit des Vertretungsorgans und ihrer einzelnen Mitglieder erhalten und sich dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik verschaffen können (vgl. dazu auch BVerfG, Urteil vom 04.07.2007 - 2 BvE 1/06 u.a. -, BVerfGE 118, 277 [353]; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 17. Aufl. 1990, Rn. 152). Zugleich unterzieht der Öffentlichkeitsgrundsatz die Organtätigkeit der allgemeinen Kontrolle und trägt so dazu bei, der Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen sowie dem Anschein vorzubeugen, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten. Mit dem Zweck, eine gesetzmäßige und sachgerechte Arbeit zu ermöglichen und Missdeutungen der Willensbildung und Beschlussfassung zu vermeiden, dient der Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit damit dem öffentlichen Interesse an demokratischer Legitimation und mitgliedschaftlicher Begleitung und Kontrolle (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.02.1992 - 1 S 2242/91 -, VBlBW 1992, 375 für die kommunale Selbstverwaltung). Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit sogar von einem „allgemeinen Öffentlichkeitsprinzip der Demokratie“ gesprochen (BVerfG, Urteil vom 14.01.1986 - 2 BvE 14/83 u.a. -, BVerfGE 70, 324 [358]). Gerade die Verabschiedung der Grundordnung, die als „Hochschulverfassung“ die grundlegenden Organisations- und Verfahrensfragen regelt, bedarf daher einer öffentlichen Verhandlung.
31 
bb) Inhalt des Öffentlichkeitsgrundsatzes ist indes nicht nur, dass die Sitzung selbst öffentlich abgehalten, es also grundsätzlich allen Interessierten nach einheitlichen Grundsätzen ermöglicht wird, den Sitzungsraum zu betreten und dem Sitzungsablauf zu folgen. Denn wenn die Betroffenen keine Kenntnis von der Sitzung erhalten, läuft der Schutzzweck auch dann leer, wenn nachfolgend die Sitzung selbst frei zugänglich abgehalten wird. Der Grundsatz der Öffentlichkeit beinhaltet daher auch, dass die Sitzung rechtzeitig bekannt gemacht wird (vgl. auch Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 9. Aufl. 2005, Rn. 253). Sofern hierfür normative Vorgaben fehlen, sind für die Bekanntgabe die in der Körperschaft „ortsüblichen“, also herkömmlicherweise verwendeten Publikationswege zu benutzen. Nur so kann die Funktion der Bekanntgabe sichergestellt werden, dass die Betroffenen in zumutbarer Weise Kenntnis von der Mitteilung erlangen können (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11.02.1972 - II 51/72 -, BWVBl 1972, 61).
32 
Aus rechtstaatlichen Gründen ist überdies erforderlich, dass der Interessierte weiß, wo er sich über alle wesentlichen Bekanntmachungen informieren kann (vgl. auch Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, Stand: Juli 2008, § 4 Rn. 25). Er muss sich darauf verlassen können, dass die Veröffentlichungen durchgängig in derselben Weise vorgenommen werden. Nur so wird der Interessierte in die Lage versetzt, rechtzeitig Kenntnis von öffentlichen Bekanntgaben zu erhalten. Eine Bekanntmachungspraxis, die alternativ unterschiedliche Verkündungsarten wählt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Sie gibt selbst demjenigen kein lückenloses Bild vom Inhalt der Bekanntmachungen, der ein Forum im Auge behält. Es kann den Betroffenen aber nicht zugemutet werden, laufend zwei oder mehrere Verkündungsorgane zu überwachen (vgl. zur st.Rspr. bereits VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.12.1967 - II 128/65 -, ESVGH 19, 25 sowie Beschluss vom 11.02.1972 - II 51/72 -, BWVBl 1972, 61; hierzu auch Dolde, NJW 1975, 21 [25]).
33 
cc) Spezielle Regelungen über die Gestaltung der öffentlichen Bekanntgabe einer Senatssitzung der Antragsgegnerin sind nicht ersichtlich. Die Verfahrensordnung der Universität Konstanz in der Fassung vom 22.09.2006 enthält keine diesbezüglichen Anordnungen und die Satzung über Amtliche Bekanntmachungen der Universität Konstanz in der Fassung vom 22.07.2002 betrifft nur Satzungen (§ 2) sowie Verwaltungsvorschriften, Richtlinien und Allgemeinverfügungen (§ 6). Allerdings liegt nahe, die dort in § 3 getroffene Anordnung des Aushangs an der Anschlagtafel „Öffentliche Bekanntmachungen“ als einzige Rechtsvorgabe auch auf andere Bekanntgaben zu erstrecken. Auch die Antragsgegnerin selbst hat vorgetragen, dass heute entsprechend verfahren werde.
34 
Jedenfalls ist kein anderes, von der Antragsgegnerin üblicherweise verwendetes Publikationsmedium erkennbar. Vielmehr hat der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, die Entscheidung darüber, ob entsprechende Bekanntgaben im Internet, im Intranet oder durch Mailinglisten zu erfolgen hätten, sei „unsystematisch“ und „auf Zuruf“ erfolgt. Eine etablierte Praxis, nach der universitätsinterne Angelegenheiten stets durch Einstellung ins Intranet bekannt gemacht würden, kann demnach nicht festgestellt werden. Dem entspricht, dass zwar die öffentliche Anhörung vom 07.05.2008, nicht aber die Senatssitzung vom 11.06.2008 auf der Homepage angekündigt war. Nachdem die Antragsgegnerin unstreitig eine Schautafel „Amtliche Bekanntmachungen“ unterhält und für die Veröffentlichung wesentlicher Verlautbarungen - wie etwa Satzungen, Richtlinien oder Verwaltungsvorschriften - auch verwendet, kann nur diese Publikationsform als ortsüblich bewertet werden. Hiermit stimmt überein, dass auch die Antragsgegnerin selbst vorgetragen hat, die Senatssitzungen vom 13.02.2008 und vom 11.06.2008 seien durch Aushang an der Schautafel bekannt gemacht worden.
35 
Damit muss die Antragsgegnerin eine fehlende Bekanntgabe in diesem, von ihr selbst als amtlich ausgewiesenen Bekanntmachungsorgan auch gegen sich gelten lassen. Das von ihr begründete Vertrauen beinhaltet auch den Schutz der negativen Publizität; Universitätsmitglieder dürfen sich also - mit anderen Worten - auch auf das Schweigen dieses Bekanntmachungsorgans verlassen. Auf die Frage, ob die fragliche Senatssitzung vom 11.06.2008 in sonstiger Weise bekannt gegeben war, kommt es deshalb nicht an.
36 
dd) Ob die das Rechtsetzungsverfahren abschließende Sitzung des Senats vom 11.06.2008 in dem hierfür maßgeblichen Schaukasten bekannt gegeben worden ist - und ggf. mit welchem Wortlaut und wie lange -, kann zum heutigen Zeitpunkt aber nicht mehr festgestellt werden. Entgegen der nach Angaben der Antragsgegnerin heute üblichen Praxis ist zum damaligen Zeitpunkt weder das Datum des Aushangs noch dessen Beendigung vermerkt und archiviert worden. Sowohl der Antragsteller als auch die Antragsgegnerin sind daher nicht in der Lage, für ihre sich widersprechenden Angaben substantiierte Anhaltspunkte, Belege oder auch nur Zeugen zu benennen. Eine Beweisaufnahme für das über zwei Jahre zurückliegende Geschehen könnte damit nicht mehr als schlichte Behauptungen ergeben. Konkretisierte Anknüpfungspunkte in tatsächlicher Hinsicht, mit denen eine Entscheidungsgewissheit begründet werden könnte, sind nicht ersichtlich.
37 
Allerdings sind Zweifel an der von der Antragsgegnerin abgegebenen Darstellung nicht von der Hand zu weisen, denn der von ihr geschilderte Geschehensablauf weist eine Reihe von Ungereimtheiten auf. Dies folgt zunächst schon daraus, dass die in den Akten befindliche Einladung der Senatsmitglieder vom 02.06.2008 zwar eine nachrichtliche Übermittlung an die Fachbereiche, Sektionen und Zentralen Einrichtungen enthält, ein Hinweis auf eine Öffentlichkeitsbeteiligung indes nicht ersichtlich ist. Dementsprechend sind auch dem vom Antragsteller vorgelegten Internet-Auszug vom 11.06.2008 zwar verschiedene Hochschulveranstaltungen zu entnehmen, nicht aber die streitige Sitzung des Senats. Auch das Sitzungsprotokoll Nr. 7/2008 selbst weist eine öffentliche Sitzung nicht aus; sie kann auch dem Inhalt des Protokolls nicht entnommen werden. Allein der nachträglich erstellte Vermerk vom 18.06.2008 gibt an, dass die Öffentlichkeit „nicht ausgeschlossen war“. Woraus sich die tatsächliche Öffentlichkeit der Senatssitzung vom 11.06.2008 ergab und in welcher Weise diese sichergestellt wurde, ist indes auch dem Vermerk des Protokollführers nicht zu entnehmen.
38 
c) Die Nichtaufklärbarkeit des ordnungsgemäßen Zustandekommens geht hier zu Lasten der Antragsgegnerin. Denn diese hat es unterlassen, eine Dokumentation der behaupteten Bekanntgabe zu den Akten zu nehmen.
39 
Anders als im Falle der Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses kann den vorgelegten Verfahrensakten nicht entnommen werden, ob - und ggf. mit welchem Text und wie lange - ein Aushang im Schaukasten erfolgte. Dies wäre der Antragsgegnerin durch ein Abheften des Aushangs mit einem Vermerk der Zeitdauer leicht möglich gewesen. Ohne eine entsprechende Dokumentation ist die spätere Beweisführung indes - wie der vorliegende Fall zeigt - kaum möglich (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 09.07.2007 - 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178, zum Erfordernis der Aktenkundigkeit, um nachträgliche Darlegungen nicht unzumutbar zu erschweren, sowie VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.07.1970 - III 316/70 -, BWVBl 1971, 109, zur bei Bekanntmachungen erforderlichen Missbrauchskontrolle). Dementsprechend enthält auch die Verwaltungsvorschrift betreffend Amtliche Bekanntmachungen der Universität Konstanz vom 10.12.2001 in Nr. 5 die Verpflichtung, den ausgehängten Text mit entsprechenden Aushangvermerken zu archivieren, „da ansonsten ein Nachweis über den Aushang nicht geführt werden kann“.
40 
Die Unaufklärbarkeit wurzelt somit maßgeblich in dem Unterlassen einer ordnungsgemäßen Aktenführung. Es entspricht daher den Grundsätzen der an Rechtssphären orientierten Beweisverteilung, Behörden im Falle einer Verletzung der ihnen obliegenden Verpflichtung, die Einhaltung wesentlicher Verfahrensschritte in der Verfahrensakte zu dokumentieren, die Beweislast für das ordnungsgemäße Verfahren zu überbürden. Möglichkeiten für einen positiven Gegenbeweis kommen betroffenen Antragstellern regelmäßig nicht zu.
41 
Bei Berücksichtigung dieser Maßstäbe kann vorliegend nicht von einer ordnungsgemäßen, der Anstoßfunktion für die betroffene Öffentlichkeit genügenden Einberufung der Senatssitzung vom 11.06.2008 ausgegangen werden.
42 
d) Da mit der Bekanntmachung die Effektivität des Öffentlichkeitsgrundsatzes gewährleistet werden soll, kann der Mangel auch nicht durch den in einer Abstimmung liegenden konkludenten Verzicht (vgl. zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.02.2010 - 3 S 3064/07 -) oder das sonstige Verhalten der Organmitglieder geheilt werden. Denn das Öffentlichkeitsprinzip dient dem Schutz der Öffentlichkeit und damit dem Interesse der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.02.1992 - 1 S 2242/91 -, VBlBW 1992, 375). Der hier wegen der fehlenden Dokumentation nicht auszuschließende Fehler in der ortsüblichen Bekanntgabe der Senatssitzung vom 11.06.2008 ist daher beachtlich.
43 
2. Materielle Bedenken gegen die angegriffenen Bestimmungen bestehen dagegen nicht.
44 
Rechtsgrundlage für die in Art. 1 Nr. 7 und Nr. 8 der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz vom 24.10.2008 enthaltenen Regelungen sind §§ 8 Abs. 4 Satz 1, 9 Abs. 4 Satz 3 LHG, wonach die von der Hochschule erlassene Grundordnung auch die Rechte und Pflichten der Angehörigen regelt, an der Selbstverwaltung und der Erfüllung der Aufgaben der Hochschule mitzuwirken. Als „Hochschulverfassung“ kommt der Grundordnung insbesondere die Aufgabe zu, Organe und Gliederungen der Hochschule zu konstituieren (vgl. Eiselstein, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2009, S. 36; Bay. VerfGH, Entscheidung vom 07.05.2008 - Vf. 19-VII-06 -, NVwZ 2009, 177). Die Grundordnung hat daher auch die Aufgabe, Zusammensetzung und Bestellung der Organmitglieder festzuschreiben.
45 
Dies folgt im Übrigen schon daraus, dass eine entsprechende Regelung durch die jeweilige Geschäftsordnung ausscheidet. Geschäftsordnungen sind Binnenrechtssätze zur Regelung der inneren Organisation des jeweiligen Organs und seiner Verfahrensabläufe (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119). Regelungen über den Bestellungsmodus künftiger Mitglieder - wie die hier in Rede stehenden Vorschriften der Grundordnung - betreffen aber nicht die Binnenorganisation und entspringen damit auch nicht der auf die Strukturierung „innerer Angelegenheiten“ bezogenen Geschäftsordnungsautonomie. Vielmehr geht es insoweit erst um die Bildung des Organs, das nachfolgend geschäftsordnende Organisationsakte erlässt.
46 
Entgegen der von der Antragsgegnerin vorgebrachten Meinung sind die von der Änderung betroffenen Ausschüsse auch als Senatsausschüsse im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG einzuordnen. Dies ergibt sich - trotz der den Ausschüssen zugewiesenen Aufgabe, auch das Rektorat zu beraten - bereits aus der unmissverständlichen Anordnung in §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 10 Abs. 1 Satz 1 und 11 Abs. 1 Satz 1 der Grundordnung. Danach werden die benannten Ausschüsse vom Senat gebildet. Dementsprechend ist auch die Beschlussfassung über die jeweiligen Geschäftsordnungen dem Senat übertragen worden.
47 
Hieraus folgt jedoch nicht, dass diese Ausschussmitglieder stets gewählt werden müssten. Vielmehr bestimmt § 10 Abs. 2 Satz 1 LHG, dass die Mitglieder eines Gremiums, deren Zugehörigkeit nicht bereits kraft Amtes bestimmt ist, für eine bestimmte Amtszeit „bestellt oder gewählt“ werden. Sonderbestimmungen ergeben sich insoweit zwar für die Mitglieder des Senats, die gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 2 LHG „auf Grund von Wahlen“ zu bestimmen sind. Entsprechendes gilt indes nicht für beratende Ausschüsse, die das Hauptorgan durch eine (ggf. durch externe Sachkunde verstärkte) Vorberatung entlasten und eine Entscheidungsgrundlage für die nachfolgende Beschlussfassung nur vorbereiten sollen. Insoweit ordnet § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG lediglich an, dass derartige Ausschüsse vom Senat gebildet werden können. Auf welche Weise deren Mitglieder zu bestimmen sind, gibt das Gesetz jedoch nicht vor. Zwar liegt in einem demokratischen Staatswesen grundsätzlich die Wahl der Mitglieder als Bestellungsmodus nahe, die regelmäßig auch gesetzlich vorgeschrieben ist. Zwingend vorgegeben ist dies indes für nur beratende Vorbereitungsgremien nicht. Denn durch derartige Unterausschüsse werden Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnisse des Hauptorgans nicht vorweggenommen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10.12.2003 - 8 C 18/03 -, BVerwGE 119, 305 [308]).
48 
Durch die fehlende Festlegung des Gesetzgebers in § 10 Abs. 2 Satz 1 LHG, der § 37 Abs. 2 Satz 1 HRG inhaltsgleich wiederholt, ist die Auswahl des Bestellungsmodus für die Mitglieder beratender Senatsausschüsse damit der autonomen Entscheidung der Hochschule unterstellt. Diese verfügt im Rahmen ihrer Selbstorganisation über ein weites Ermessen. Mit dem Vorschlagsrecht des Rektors wird dieser Gestaltungsspielraum nicht überschritten (vgl. zum Vorschlagsrecht auch BVerfG, Beschluss vom 26.10.2004 - 1 BvR 911/00 u.a. -, BVerfGE 111, 333 [363 ff.]). Dies folgt schon daraus, dass es ungeachtet dessen der Senat ist, der über die Bestellung der Ausschussmitglieder befindet. Insoweit kommt den bestellten Mitgliedern auch eine durch den Senat vermittelte demokratische Legitimation zu (vgl. Bay. VerfGH, Entscheidung vom 07.05.2008 - Vf. 19-VII-06 -, NVwZ 2009, 177, der sogar eine hälftige Bestellung des die Grundordnung erlassenden Hochschulrats durch den Wissenschaftsminister für zulässig hält). Im Übrigen kommt dem Ausschuss nicht die Möglichkeit zu, eine Entscheidung gegen oder ohne den Willen des Senats selbst herbeizuführen. Schließlich stünde dem Senat im Konfliktfall letztlich sogar die Möglichkeit zur Seite, den in der Grundordnung festgeschriebenen Bestellungsmodus selbst zu ändern.
49 
Zweifel an der materiellen Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht bestehen daher nicht.
III.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
51 
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO bestehen nicht.
52 
Beschluss vom 3. August 2010
53 
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
54 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
17 
Die zulässige Normenkontrolle (I.) hat in der Sache Erfolg (II.). Das ordnungsgemäße Zustandekommen der angegriffenen Bestimmungen der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz kann nicht festgestellt werden (II.1.), auch wenn die Regelungen materiell nicht zu beanstanden sein dürften (II.2.).
I.
18 
Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
19 
Die Grundordnung der Antragsgegnerin (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO) ist als „andere im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift“ nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthafter Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahrens. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt, weil der Normenkontrollantrag am 23.10.2009 und damit innerhalb eines Jahres nach der am 27.10.2008 durch Aushang erfolgten Bekanntmachung der Änderungssatzung gestellt wurde. Der Antragsteller kann auch geltend machen, durch die angegriffenen Rechtsvorschriften in absehbarer Zeit in seinen Rechten verletzt zu werden, weil die von ihm angestrebte Mitgliedschaft in einem der Ausschüsse künftig einen Vorschlag des Rektors voraussetzt und das ihm in § 9 Abs. 2 Satz 1 LHG gewährleistete Mitwirkungsrecht damit erschwert werden kann.
20 
Auch das Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. Zwar gilt der vom Antragsteller gerügte Bestellungsmodus für die Mitglieder der Ausschüsse für Forschungsfragen, für Lehre und Weiterbildung sowie für Kommunikation und Information auch unabhängig von der Wirksamkeit der mit dem Normenkontrollantrag angegriffenen Bestimmungen der Universitäts-Grundordnung. Denn das Auswahlverfahren ist weitgehend wortgleich in den jeweiligen Geschäftsordnungen der Ausschüsse vom 21.02.2001 geregelt. In § 2 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Ausschusses für Kommunikation und Information der Universität Konstanz etwa ist bestimmt:
21 
Die Mitglieder und Stellvertreter nach § 11 Abs. 2 Zi. 2 der Grundordnung werden auf Vorschlag des Rektors vom Senat bestellt. Der Vorschlag des Rektors für die Mitglieder gemäß § 11 Abs. 2 Zi. 2 a) und b) der Grundordnung wird im Benehmen mit den Fachbereichssprechern und für die Mitglieder gemäß § 11 Abs. 2 Zi. 2 c) im Benehmen mit dem AStA erfolgen. Wiederbestellungen als Ausschussmitglied sind zulässig.
22 
Hinsichtlich der unmittelbar geltenden Rechtslage vermag der Normenkontrollantrag daher selbst im Erfolgsfalle die vom Antragsteller erstrebte Wirkung nicht zu erzielen. Dementsprechend ist auch in der Entwurfsbegründung vom 21.01.2008 ausgeführt, die Neuregelung folge „den Geschäftsordnungen der Ausschüsse und der bisherigen Praxis“ (Bl. 18 der Verfahrensakte). Diese Geschäftsordnungen aber sind - unbeschadet einer etwaigen Rechtswidrigkeit - einer gerichtlichen Normenkontrolle entzogen, weil die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hierfür längst verstrichen ist. Die Regelungen hätten einem Beanstandungsverfahren nach § 47 VwGO auch unterzogen werden können, weil Geschäftsordnungen jedenfalls insoweit im Anwendungsbereich der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle liegen, als sie abstrakt-generelle Konkretisierungen der mitgliedschaftlichen Rechte in der Art einer Rechtsnorm enthalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.09.1987 - 7 N 1/87 -, NVwZ 1988, 1119; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119). Die hier maßgeblichen Bestimmungen zum Bestellungsmodus künftiger Mitglieder wären daher selbst dann statthafter Antragsgegenstand einer Normenkontrolle gewesen, wenn man sie als Innenrechtssätze qualifizieren würde.
23 
Allerdings erscheint nicht ausgeschlossen, dass sich die Rechtsstellung des Antragstellers im Falle der begehrten Unwirksamkeitserklärung gleichwohl verbessern kann. Denn unbeschadet der fehlenden Möglichkeit einer prinzipalen Normenkontrolle kann die entsprechende Geschäftsordnung in einem vom Antragsteller betriebenen Verwaltungsstreitverfahren inzident einer Überprüfung unterzogen und die hierauf basierende Bestellung des Ausschussmitglieder beanstandet werden. Die für das Normenkontrollverfahren geltende Ausschlussfrist ist insoweit nicht anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.2006 - 4 BN 29/06 -, ZfBR 2007, 149). Insoweit erscheint nicht fernliegend, dass der Rechtscharakter des Regelungssystems, in dem der Bestellungsmodus angeordnet wird, von Bedeutung ist. Denn falls die Geschäftsordnungsautonomie für Regelungen, die die Auswahl und Bestellung der (künftigen) Mitglieder zum Gegenstand haben, nicht ausreicht, oder sonstige Unwirksamkeitsgründe hinsichtlich der Geschäftsordnung vorliegen würden, wäre die Unwirksamkeit der Grundordnung für den Erfolg eines etwaigen Rechtsmittels des Antragstellers ausschlaggebend.
24 
Trotz der in den Geschäftsordnungen der betroffenen Ausschüsse bestehenden Regelungen zum Bestellungsmodus der Mitglieder ist das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers für das Begehren, die entsprechenden Regelungen in der novellierten Grundordnung für unwirksam erklären zu lassen, daher gegeben.
II.
25 
Der Normenkontrollantrag ist auch begründet, weil Zweifel am ordnungsgemäßen Zustandekommen der Vorschriften nicht ausgeräumt werden können (1.). Inhaltlich sind die angegriffenen Regelungen der Grundordnung dagegen nicht zu beanstanden (2.).
26 
1. Formelle Fehler der Satzung können - angesichts der fehlenden Dokumentierung wesentlicher Verfahrensschritte in der Behördenakte - nicht ausgeschlossen werden.
27 
a) Allerdings war der Senat der Antragsgegnerin gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 LHG für die Beschlussfassung über die Grundordnung und ihre Änderungen zuständig und hat auch mit dem in § 20 Abs. 2 der Grundordnung vorgesehen Quorum entschieden. Der Aufsichtsrat wurde entsprechend der Vorgabe aus § 20 Abs. 1 Satz 3 Nr. 13 LHG beteiligt und gab in der Sitzung vom 10.06.2008 eine befürwortende Stellungnahme ab. Die darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 LHG erforderliche Zustimmung des Wissenschaftsministeriums ist mit Schreiben vom 15.10.2008 erteilt worden.
28 
b) Die Beschlussfassung über die Änderung der Grundordnung leidet aber möglicherweise an Verfahrensfehlern; insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass die maßgebliche Senatssitzung vom 11.06.2008 ordnungsgemäß einberufen und dem Öffentlichkeitsgrundsatz damit Rechnung getragen wurde.
29 
aa) Zutreffend hat der Antragsteller zunächst darauf hingewiesen, dass ein in nicht ordnungsgemäß einberufener Sitzung gefasster Beschluss wegen des vorausgegangenen Einberufungsmangels rechtswidrig ist. Die fehlerhafte Einberufung schlägt auf die Rechtmäßigkeit des in der Sitzung gefassten Beschlusses durch (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119 m.w.N.). Maßgeblich ist jedoch grundsätzlich nur die abschließende Sitzung. Verfahrensfehler im Vorfeld des eigentlichen Satzungsbeschlusses dagegen führen regelmäßig nicht zur Rechtswidrigkeit des in einer nachfolgenden Sitzung gefassten Beschlusses (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 03.12.1999 - 3 S 2702/98 -). Die vorgetragenen formellen Mängel der vorbereitenden Sitzungen entfalten deshalb keine „Fortwirkung“. Anhaltspunkte dafür, dass ein untrennbarer Zusammenhang der Sitzungen bestanden haben könnte, sind nicht ersichtlich.
30 
Bei der Beschlussfassung über die Änderung der Grundordnung hat der Senat der Antragsgegnerin gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 LHG auch öffentlich zu tagen. Die Sitzungsöffentlichkeit stellt sicher, dass die betroffenen Körperschaftsmitglieder Einblick in die Tätigkeit des Vertretungsorgans und ihrer einzelnen Mitglieder erhalten und sich dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik verschaffen können (vgl. dazu auch BVerfG, Urteil vom 04.07.2007 - 2 BvE 1/06 u.a. -, BVerfGE 118, 277 [353]; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 17. Aufl. 1990, Rn. 152). Zugleich unterzieht der Öffentlichkeitsgrundsatz die Organtätigkeit der allgemeinen Kontrolle und trägt so dazu bei, der Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen sowie dem Anschein vorzubeugen, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten. Mit dem Zweck, eine gesetzmäßige und sachgerechte Arbeit zu ermöglichen und Missdeutungen der Willensbildung und Beschlussfassung zu vermeiden, dient der Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit damit dem öffentlichen Interesse an demokratischer Legitimation und mitgliedschaftlicher Begleitung und Kontrolle (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.02.1992 - 1 S 2242/91 -, VBlBW 1992, 375 für die kommunale Selbstverwaltung). Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit sogar von einem „allgemeinen Öffentlichkeitsprinzip der Demokratie“ gesprochen (BVerfG, Urteil vom 14.01.1986 - 2 BvE 14/83 u.a. -, BVerfGE 70, 324 [358]). Gerade die Verabschiedung der Grundordnung, die als „Hochschulverfassung“ die grundlegenden Organisations- und Verfahrensfragen regelt, bedarf daher einer öffentlichen Verhandlung.
31 
bb) Inhalt des Öffentlichkeitsgrundsatzes ist indes nicht nur, dass die Sitzung selbst öffentlich abgehalten, es also grundsätzlich allen Interessierten nach einheitlichen Grundsätzen ermöglicht wird, den Sitzungsraum zu betreten und dem Sitzungsablauf zu folgen. Denn wenn die Betroffenen keine Kenntnis von der Sitzung erhalten, läuft der Schutzzweck auch dann leer, wenn nachfolgend die Sitzung selbst frei zugänglich abgehalten wird. Der Grundsatz der Öffentlichkeit beinhaltet daher auch, dass die Sitzung rechtzeitig bekannt gemacht wird (vgl. auch Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 9. Aufl. 2005, Rn. 253). Sofern hierfür normative Vorgaben fehlen, sind für die Bekanntgabe die in der Körperschaft „ortsüblichen“, also herkömmlicherweise verwendeten Publikationswege zu benutzen. Nur so kann die Funktion der Bekanntgabe sichergestellt werden, dass die Betroffenen in zumutbarer Weise Kenntnis von der Mitteilung erlangen können (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11.02.1972 - II 51/72 -, BWVBl 1972, 61).
32 
Aus rechtstaatlichen Gründen ist überdies erforderlich, dass der Interessierte weiß, wo er sich über alle wesentlichen Bekanntmachungen informieren kann (vgl. auch Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, Stand: Juli 2008, § 4 Rn. 25). Er muss sich darauf verlassen können, dass die Veröffentlichungen durchgängig in derselben Weise vorgenommen werden. Nur so wird der Interessierte in die Lage versetzt, rechtzeitig Kenntnis von öffentlichen Bekanntgaben zu erhalten. Eine Bekanntmachungspraxis, die alternativ unterschiedliche Verkündungsarten wählt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Sie gibt selbst demjenigen kein lückenloses Bild vom Inhalt der Bekanntmachungen, der ein Forum im Auge behält. Es kann den Betroffenen aber nicht zugemutet werden, laufend zwei oder mehrere Verkündungsorgane zu überwachen (vgl. zur st.Rspr. bereits VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.12.1967 - II 128/65 -, ESVGH 19, 25 sowie Beschluss vom 11.02.1972 - II 51/72 -, BWVBl 1972, 61; hierzu auch Dolde, NJW 1975, 21 [25]).
33 
cc) Spezielle Regelungen über die Gestaltung der öffentlichen Bekanntgabe einer Senatssitzung der Antragsgegnerin sind nicht ersichtlich. Die Verfahrensordnung der Universität Konstanz in der Fassung vom 22.09.2006 enthält keine diesbezüglichen Anordnungen und die Satzung über Amtliche Bekanntmachungen der Universität Konstanz in der Fassung vom 22.07.2002 betrifft nur Satzungen (§ 2) sowie Verwaltungsvorschriften, Richtlinien und Allgemeinverfügungen (§ 6). Allerdings liegt nahe, die dort in § 3 getroffene Anordnung des Aushangs an der Anschlagtafel „Öffentliche Bekanntmachungen“ als einzige Rechtsvorgabe auch auf andere Bekanntgaben zu erstrecken. Auch die Antragsgegnerin selbst hat vorgetragen, dass heute entsprechend verfahren werde.
34 
Jedenfalls ist kein anderes, von der Antragsgegnerin üblicherweise verwendetes Publikationsmedium erkennbar. Vielmehr hat der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, die Entscheidung darüber, ob entsprechende Bekanntgaben im Internet, im Intranet oder durch Mailinglisten zu erfolgen hätten, sei „unsystematisch“ und „auf Zuruf“ erfolgt. Eine etablierte Praxis, nach der universitätsinterne Angelegenheiten stets durch Einstellung ins Intranet bekannt gemacht würden, kann demnach nicht festgestellt werden. Dem entspricht, dass zwar die öffentliche Anhörung vom 07.05.2008, nicht aber die Senatssitzung vom 11.06.2008 auf der Homepage angekündigt war. Nachdem die Antragsgegnerin unstreitig eine Schautafel „Amtliche Bekanntmachungen“ unterhält und für die Veröffentlichung wesentlicher Verlautbarungen - wie etwa Satzungen, Richtlinien oder Verwaltungsvorschriften - auch verwendet, kann nur diese Publikationsform als ortsüblich bewertet werden. Hiermit stimmt überein, dass auch die Antragsgegnerin selbst vorgetragen hat, die Senatssitzungen vom 13.02.2008 und vom 11.06.2008 seien durch Aushang an der Schautafel bekannt gemacht worden.
35 
Damit muss die Antragsgegnerin eine fehlende Bekanntgabe in diesem, von ihr selbst als amtlich ausgewiesenen Bekanntmachungsorgan auch gegen sich gelten lassen. Das von ihr begründete Vertrauen beinhaltet auch den Schutz der negativen Publizität; Universitätsmitglieder dürfen sich also - mit anderen Worten - auch auf das Schweigen dieses Bekanntmachungsorgans verlassen. Auf die Frage, ob die fragliche Senatssitzung vom 11.06.2008 in sonstiger Weise bekannt gegeben war, kommt es deshalb nicht an.
36 
dd) Ob die das Rechtsetzungsverfahren abschließende Sitzung des Senats vom 11.06.2008 in dem hierfür maßgeblichen Schaukasten bekannt gegeben worden ist - und ggf. mit welchem Wortlaut und wie lange -, kann zum heutigen Zeitpunkt aber nicht mehr festgestellt werden. Entgegen der nach Angaben der Antragsgegnerin heute üblichen Praxis ist zum damaligen Zeitpunkt weder das Datum des Aushangs noch dessen Beendigung vermerkt und archiviert worden. Sowohl der Antragsteller als auch die Antragsgegnerin sind daher nicht in der Lage, für ihre sich widersprechenden Angaben substantiierte Anhaltspunkte, Belege oder auch nur Zeugen zu benennen. Eine Beweisaufnahme für das über zwei Jahre zurückliegende Geschehen könnte damit nicht mehr als schlichte Behauptungen ergeben. Konkretisierte Anknüpfungspunkte in tatsächlicher Hinsicht, mit denen eine Entscheidungsgewissheit begründet werden könnte, sind nicht ersichtlich.
37 
Allerdings sind Zweifel an der von der Antragsgegnerin abgegebenen Darstellung nicht von der Hand zu weisen, denn der von ihr geschilderte Geschehensablauf weist eine Reihe von Ungereimtheiten auf. Dies folgt zunächst schon daraus, dass die in den Akten befindliche Einladung der Senatsmitglieder vom 02.06.2008 zwar eine nachrichtliche Übermittlung an die Fachbereiche, Sektionen und Zentralen Einrichtungen enthält, ein Hinweis auf eine Öffentlichkeitsbeteiligung indes nicht ersichtlich ist. Dementsprechend sind auch dem vom Antragsteller vorgelegten Internet-Auszug vom 11.06.2008 zwar verschiedene Hochschulveranstaltungen zu entnehmen, nicht aber die streitige Sitzung des Senats. Auch das Sitzungsprotokoll Nr. 7/2008 selbst weist eine öffentliche Sitzung nicht aus; sie kann auch dem Inhalt des Protokolls nicht entnommen werden. Allein der nachträglich erstellte Vermerk vom 18.06.2008 gibt an, dass die Öffentlichkeit „nicht ausgeschlossen war“. Woraus sich die tatsächliche Öffentlichkeit der Senatssitzung vom 11.06.2008 ergab und in welcher Weise diese sichergestellt wurde, ist indes auch dem Vermerk des Protokollführers nicht zu entnehmen.
38 
c) Die Nichtaufklärbarkeit des ordnungsgemäßen Zustandekommens geht hier zu Lasten der Antragsgegnerin. Denn diese hat es unterlassen, eine Dokumentation der behaupteten Bekanntgabe zu den Akten zu nehmen.
39 
Anders als im Falle der Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses kann den vorgelegten Verfahrensakten nicht entnommen werden, ob - und ggf. mit welchem Text und wie lange - ein Aushang im Schaukasten erfolgte. Dies wäre der Antragsgegnerin durch ein Abheften des Aushangs mit einem Vermerk der Zeitdauer leicht möglich gewesen. Ohne eine entsprechende Dokumentation ist die spätere Beweisführung indes - wie der vorliegende Fall zeigt - kaum möglich (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 09.07.2007 - 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178, zum Erfordernis der Aktenkundigkeit, um nachträgliche Darlegungen nicht unzumutbar zu erschweren, sowie VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.07.1970 - III 316/70 -, BWVBl 1971, 109, zur bei Bekanntmachungen erforderlichen Missbrauchskontrolle). Dementsprechend enthält auch die Verwaltungsvorschrift betreffend Amtliche Bekanntmachungen der Universität Konstanz vom 10.12.2001 in Nr. 5 die Verpflichtung, den ausgehängten Text mit entsprechenden Aushangvermerken zu archivieren, „da ansonsten ein Nachweis über den Aushang nicht geführt werden kann“.
40 
Die Unaufklärbarkeit wurzelt somit maßgeblich in dem Unterlassen einer ordnungsgemäßen Aktenführung. Es entspricht daher den Grundsätzen der an Rechtssphären orientierten Beweisverteilung, Behörden im Falle einer Verletzung der ihnen obliegenden Verpflichtung, die Einhaltung wesentlicher Verfahrensschritte in der Verfahrensakte zu dokumentieren, die Beweislast für das ordnungsgemäße Verfahren zu überbürden. Möglichkeiten für einen positiven Gegenbeweis kommen betroffenen Antragstellern regelmäßig nicht zu.
41 
Bei Berücksichtigung dieser Maßstäbe kann vorliegend nicht von einer ordnungsgemäßen, der Anstoßfunktion für die betroffene Öffentlichkeit genügenden Einberufung der Senatssitzung vom 11.06.2008 ausgegangen werden.
42 
d) Da mit der Bekanntmachung die Effektivität des Öffentlichkeitsgrundsatzes gewährleistet werden soll, kann der Mangel auch nicht durch den in einer Abstimmung liegenden konkludenten Verzicht (vgl. zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.02.2010 - 3 S 3064/07 -) oder das sonstige Verhalten der Organmitglieder geheilt werden. Denn das Öffentlichkeitsprinzip dient dem Schutz der Öffentlichkeit und damit dem Interesse der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.02.1992 - 1 S 2242/91 -, VBlBW 1992, 375). Der hier wegen der fehlenden Dokumentation nicht auszuschließende Fehler in der ortsüblichen Bekanntgabe der Senatssitzung vom 11.06.2008 ist daher beachtlich.
43 
2. Materielle Bedenken gegen die angegriffenen Bestimmungen bestehen dagegen nicht.
44 
Rechtsgrundlage für die in Art. 1 Nr. 7 und Nr. 8 der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz vom 24.10.2008 enthaltenen Regelungen sind §§ 8 Abs. 4 Satz 1, 9 Abs. 4 Satz 3 LHG, wonach die von der Hochschule erlassene Grundordnung auch die Rechte und Pflichten der Angehörigen regelt, an der Selbstverwaltung und der Erfüllung der Aufgaben der Hochschule mitzuwirken. Als „Hochschulverfassung“ kommt der Grundordnung insbesondere die Aufgabe zu, Organe und Gliederungen der Hochschule zu konstituieren (vgl. Eiselstein, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2009, S. 36; Bay. VerfGH, Entscheidung vom 07.05.2008 - Vf. 19-VII-06 -, NVwZ 2009, 177). Die Grundordnung hat daher auch die Aufgabe, Zusammensetzung und Bestellung der Organmitglieder festzuschreiben.
45 
Dies folgt im Übrigen schon daraus, dass eine entsprechende Regelung durch die jeweilige Geschäftsordnung ausscheidet. Geschäftsordnungen sind Binnenrechtssätze zur Regelung der inneren Organisation des jeweiligen Organs und seiner Verfahrensabläufe (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119). Regelungen über den Bestellungsmodus künftiger Mitglieder - wie die hier in Rede stehenden Vorschriften der Grundordnung - betreffen aber nicht die Binnenorganisation und entspringen damit auch nicht der auf die Strukturierung „innerer Angelegenheiten“ bezogenen Geschäftsordnungsautonomie. Vielmehr geht es insoweit erst um die Bildung des Organs, das nachfolgend geschäftsordnende Organisationsakte erlässt.
46 
Entgegen der von der Antragsgegnerin vorgebrachten Meinung sind die von der Änderung betroffenen Ausschüsse auch als Senatsausschüsse im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG einzuordnen. Dies ergibt sich - trotz der den Ausschüssen zugewiesenen Aufgabe, auch das Rektorat zu beraten - bereits aus der unmissverständlichen Anordnung in §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 10 Abs. 1 Satz 1 und 11 Abs. 1 Satz 1 der Grundordnung. Danach werden die benannten Ausschüsse vom Senat gebildet. Dementsprechend ist auch die Beschlussfassung über die jeweiligen Geschäftsordnungen dem Senat übertragen worden.
47 
Hieraus folgt jedoch nicht, dass diese Ausschussmitglieder stets gewählt werden müssten. Vielmehr bestimmt § 10 Abs. 2 Satz 1 LHG, dass die Mitglieder eines Gremiums, deren Zugehörigkeit nicht bereits kraft Amtes bestimmt ist, für eine bestimmte Amtszeit „bestellt oder gewählt“ werden. Sonderbestimmungen ergeben sich insoweit zwar für die Mitglieder des Senats, die gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 2 LHG „auf Grund von Wahlen“ zu bestimmen sind. Entsprechendes gilt indes nicht für beratende Ausschüsse, die das Hauptorgan durch eine (ggf. durch externe Sachkunde verstärkte) Vorberatung entlasten und eine Entscheidungsgrundlage für die nachfolgende Beschlussfassung nur vorbereiten sollen. Insoweit ordnet § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG lediglich an, dass derartige Ausschüsse vom Senat gebildet werden können. Auf welche Weise deren Mitglieder zu bestimmen sind, gibt das Gesetz jedoch nicht vor. Zwar liegt in einem demokratischen Staatswesen grundsätzlich die Wahl der Mitglieder als Bestellungsmodus nahe, die regelmäßig auch gesetzlich vorgeschrieben ist. Zwingend vorgegeben ist dies indes für nur beratende Vorbereitungsgremien nicht. Denn durch derartige Unterausschüsse werden Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnisse des Hauptorgans nicht vorweggenommen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10.12.2003 - 8 C 18/03 -, BVerwGE 119, 305 [308]).
48 
Durch die fehlende Festlegung des Gesetzgebers in § 10 Abs. 2 Satz 1 LHG, der § 37 Abs. 2 Satz 1 HRG inhaltsgleich wiederholt, ist die Auswahl des Bestellungsmodus für die Mitglieder beratender Senatsausschüsse damit der autonomen Entscheidung der Hochschule unterstellt. Diese verfügt im Rahmen ihrer Selbstorganisation über ein weites Ermessen. Mit dem Vorschlagsrecht des Rektors wird dieser Gestaltungsspielraum nicht überschritten (vgl. zum Vorschlagsrecht auch BVerfG, Beschluss vom 26.10.2004 - 1 BvR 911/00 u.a. -, BVerfGE 111, 333 [363 ff.]). Dies folgt schon daraus, dass es ungeachtet dessen der Senat ist, der über die Bestellung der Ausschussmitglieder befindet. Insoweit kommt den bestellten Mitgliedern auch eine durch den Senat vermittelte demokratische Legitimation zu (vgl. Bay. VerfGH, Entscheidung vom 07.05.2008 - Vf. 19-VII-06 -, NVwZ 2009, 177, der sogar eine hälftige Bestellung des die Grundordnung erlassenden Hochschulrats durch den Wissenschaftsminister für zulässig hält). Im Übrigen kommt dem Ausschuss nicht die Möglichkeit zu, eine Entscheidung gegen oder ohne den Willen des Senats selbst herbeizuführen. Schließlich stünde dem Senat im Konfliktfall letztlich sogar die Möglichkeit zur Seite, den in der Grundordnung festgeschriebenen Bestellungsmodus selbst zu ändern.
49 
Zweifel an der materiellen Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht bestehen daher nicht.
III.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
51 
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO bestehen nicht.
52 
Beschluss vom 3. August 2010
53 
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
54 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 4. März 2013 - 7 K 3335/11 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin benannten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; unter I.), der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; unter II.), aber auch der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO; unter III.) oder der Abweichung von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO; unter IV.), rechtfertigen aus den dargelegten Gründen (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO) die Zulassung der Berufung nicht.
I.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, die nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Durchführung eines Berufungsverfahrens rechtfertigen, sind gegeben, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt worden ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77, 83; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 -, NVwZ 2011, 546; Senatsbeschluss vom 20.05.2010 - 9 S 2530/09 -, VBlBW 2010, 480). Diese Voraussetzungen erfüllt das Vorbringen der Klägerin nicht.
1. Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin auf Aufhebung des Bescheids des Vorsitzenden des Promotionsausschusses vom 22.06.2011 sowie des Widerspruchsbescheides der Prorektorin für Studium und Lehre vom 30.11.2011 mit der Begründung abgewiesen, beide Verfügungen seien formell ordnungsgemäß zustande gekommen und die Entziehung des Doktorgrades auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 sei formell rechtmäßig ergangen. Mit dem Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten habe das zuständige Organ der Fakultät über die Entziehung des Doktorgrades entschieden. Bei seiner am 14.06.2011 getroffenen Entscheidung sei der Promotionsausschuss vorschriftsmäßig besetzt gewesen. Rügen gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl seiner Mitglieder griffen nicht durch. Die Anwesenheit von Prof. Dr. F. und Frau St. in der Sitzung am 14.06.2011 habe nicht zur formellen Rechtswidrigkeit der Entscheidung geführt. Auch sei der Promotionsausschuss an diesem Tag beschlussfähig gewesen. Zu Recht habe die Prorektorin für Studium und Lehre über den Widerspruch entschieden. Selbst berechtigte Zweifel an der Aufgabenverteilung innerhalb des Rektorats würden nicht zu einem formellen Mangel des Widerspruchsbescheids führen. Die Entziehung des Doktorgrads sei auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 LVwVfG hätten vorgelegen und auch die Ermessensausübung weise keine Fehler auf.
2. Mit ihrem Zulassungsantrag wendet sich die Klägerin in erster Linie gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheids vom 22.06.2011 wie auch des Widerspruchsbescheids vom 30.11.2011. Sie trägt vor, die Zuständigkeit für den Erlass des Ausgangsbescheids hätte nicht beim Promotionsausschuss, sondern beim Fakultätsvorstand gelegen (a). Jedenfalls sei die „Installierung“ des Promotionsausschusses - bei dessen unterstellter Zuständigkeit - rechtsfehlerhaft verlaufen; mit diesem Einwand sei sie im vorliegenden Verfahren auch nicht ausgeschlossen (b). Ebenso sei die Beschlussfassung des Promotionsausschusses formell rechtswidrig, gerade auch im Hinblick auf die unzulässige Anwesenheit von als Sachverständige zugezogenen Personen (c). Auch der Widerspruchsbescheid sei auf formell rechtswidrige Weise ergangen (d). Der Beschluss des Promotionsausschusses sei schließlich auch materiell-rechtlich zu beanstanden; er habe insbesondere die erhebliche Zeitspanne zwischen Verleihung des Doktorgrades und der behördlichen Entscheidung von 10 Jahren und den denunziatorischen Charakter des Vorgehens gegen die Klägerin nicht berücksichtigt und sei mit zwei Entscheidungen der Medizinischen Fakultät nicht vereinbar (e).
Keine dieser Rügen ist geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu wecken.
a) Zuständigkeit des Promotionsausschusses
Der Umfang der Zuständigkeit des Promotionsausschusses ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 LHG handeln in Angelegenheiten, die Hochschulprüfungen betreffen, für die Hochschule die nach den Prüfungsordnungen zuständigen Stellen. Diese Zuständigkeit für Hochschulprüfungen erfasst auch Promotionen und damit die Verleihung wie auch - als „actus contrarius“ - die Entziehung des Doktorgrades. Auch bei der Rücknahme eines verliehenen Doktorgrades handelt es sich somit um eine Hochschulprüfungen betreffende Angelegenheit (Senatsurteil vom 14.09.2011 - 9 S 2667/10 -, VBlBW 2012, 180, ebenso bereits Senatsurteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, Juris Rn. 32 m.w.N., zu § 11 Abs. 3 Satz 2 UG).
Das Antragsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Zuständigkeit nach § 8 Abs. 2 LHG steht zu der in § 22 Abs. 1 LHG geregelten Zuständigkeit der Fakultät als organisatorische Grundeinheit der Hochschule im Verhältnis der Spezialität. Damit tritt hier die Auffangzuständigkeit der Fakultät hinter die spezielle Zuständigkeit des Promotionsausschusses gemäß § 8 Abs. 2 LHG i.V.m. § 38 Abs. 4 LHG, wonach die Ausgestaltung des Promotionsverfahrens der jeweiligen Promotionsordnung überlassen wird (Sandberger, Landeshochschulgesetz Baden-Württemberg, 2013, § 38 Rn. 8), und § 22 Abs. 1 PromO zurück. Die Promotionsordnung der Philosophischen Fakultät und der Neuphilologischen Fakultät der Beklagten vom 22.09.2006 (Mitteilungsblatt 2006, 749, geändert durch Änderungssatzung vom 24.05.2007, Mitteilungsblatt 2007, 1765 - PromO -) enthält ein - gestuftes - Prüfungsverfahren als Voraussetzung für die Verleihung des Doktorgrades. Dessen Abschluss ist die Verleihung des Dr. phil. nach § 19 PromO. Wenn die Entziehung dieses Doktorgrades - wie von der Klägerin eingeräumt wird - der actus contrarius seiner Verleihung ist, dann steht auch der sie erwähnende § 22 PromO in unmittelbarem sachlichem Zusammenhang mit dieser Hochschulprüfung und „betrifft“ diese damit (vgl. auch die Bezugnahme auf Prüfungen und Prüfer in § 38 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 Satz 3 LHG; zur einhelligen Charakterisierung der Promotion als Hochschulprüfung vgl. Senatsurteil vom 19.04.2000, a.a.O., Juris Rn. 32 m.w.N., sowie Maurer, in: Flämig u.a. , Handbuch des Wissenschaftsrechts, 2. Aufl., Band 1, S. 754; Sandberger, a.a.O., § 35 Rn. 7, § 38 Rn. 8). Dass § 8 Abs. 2 LHG nur für die Fälle eine Zuständigkeitsregel darstelle, in denen es unmittelbar um einen prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum geht, und auch nur insoweit die Zuständigkeit an ein universitäres Gremium vermitteln könne, lässt sich dieser Vorschrift schon mit Blick auf ihren umfassend formulierten Anwendungsbereich („Angelegenheiten, die Hochschulprüfungen betreffen“) nicht entnehmen. Nachvollziehbare Gründe, die trotz des klaren Wortlauts eine einschränkende Auslegung rechtfertigen, sind weder dargelegt worden noch sonst für den Senat ersichtlich. Vor diesem Hintergrund kann der Auffassung der Klägerin, bei der Promotionsordnung handele es sich nicht um eine Prüfungsordnung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 LHG, nicht gefolgt werden. Vielmehr hat schon das Verwaltungsgericht das Verhältnis der Promotionsordnung zu Regelungen des Landeshochschulgesetzes zutreffend dargelegt: Bereits aus der systematischen Stellung des § 38 LHG im Dritten Teil des Landeshochschulgesetzes, der mit „Studium, Lehre und Prüfungen“ überschrieben ist, folgt, dass es sich auch nach Ablösung des Universitätsgesetzes durch das Landeshochschulgesetz, in dem die Promotion in § 38 eine eigenständige von den sonstigen Prüfungen losgelöste Regelung gefunden hat, bei der Promotion weiterhin um eine Hochschulprüfung handelt. Danach ist die Promotionsordnung eine spezielle Prüfungsordnung, die in § 38 Abs. 4 LHG besonders geregelt ist. Diesen mit dem Antragsvorbringen nicht substantiiert in Frage gestellten Ausführungen hat der Senat nichts hinzuzufügen.
b) „Installierung“ des Promotionsausschusses
10 
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Promotionsausschuss habe - bei unterstellter Zuständigkeit - durch den Fakultätsrat und nicht durch den Großen Fakultätsrat gewählt werden müssen. Zudem sei die durch den Großen Fakultätsrat erfolgte Wahl als solche - namentlich im Hinblick auf die Einberufung der Sitzung des Großen Fakultätsrats am 13.04.2011, die nachträgliche Ergänzung der Tagesordnung um TOP 7, die Geheimheit der Wahl sowie das Verfahren der Blockwahl - rechtswidrig gewesen.
11 
Dem hat das Verwaltungsgericht u.a. entgegengehalten, die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl, die auch die Frage umfassten, ob mit dem Großen Fakultätsrat das richtige Gremium die Wahl vorgenommen habe, könnten im vorliegenden Verfahren der Anfechtung der Entziehungsverfügung nicht geltend gemacht werden. Dies folge aus dem in § 10 Abs. 5 LHG enthaltenen Rechtsgedanken sowie aus allgemeinen im Staats- und Verwaltungsrecht geltenden Grundsätzen. Das Antragsvorbringen weckt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der diesbezüglichen Erwägungen. Insbesondere verkennt es Bedeutung und Tragweite der hochschulrechtlichen Bestimmung des § 10 Abs. 5 LHG.
12 
Nach § 10 Abs. 5 Satz 1 LHG führt (auch) dann, wenn die Wahl eines Gremiums oder einzelner Mitglieder eines Gremiums für ungültig erklärt worden ist, dieses Gremium in der bisherigen Besetzung die Geschäfte bis zum Zusammentreten des aufgrund einer Wiederholungs- oder Neuwahl gebildeten Gremiums weiter. Die „Rechtswirksamkeit“ der Tätigkeit dieser Mitglieder wird durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt (Satz 2). Letzteres gilt bei einer fehlerhaften Besetzung von Gremien entsprechend (Satz 3).
13 
aa) Der Anwendungsbereich der Regelung erstreckt sich, entgegen dem Vortrag der Klägerin, sowohl auf den (Großen) Fakultätsrat als auch auf den Promotionsausschuss. Sie bezieht sich ganz allgemein auf „Gremien“ sowie einzelne Mitglieder eines Gremiums und ist unabhängig davon zu beachten, ob das jeweilige Gremium aus Vertretern der an einer Universität vorhandenen Mitgliedergruppen zusammengesetzt ist oder ob es, wie der Promotionsausschuss, allein aus gewählten Amtsträgern besteht.
14 
Dies folgt bereits aus der Entstehungsgeschichte der Norm, die von der Klägerin nicht hinreichend in den Blick genommen wird. In der Begründung des Gesetzentwurfs des Zweiten Hochschulrechtsänderungsgesetzes heißt es insoweit (vgl. LTDrucks. 13/3640 vom 06.10.2004, zu § 10 S. 182):
15 
„Die Regelung in Absatz 5 entspricht dem bisherigen Recht von § 109 Abs. 3 UG. In Satz 3 wird aus Gründen der Rechtssicherheit klargestellt, dass die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit von Mitgliedern auch dann unberührt bleibt, wenn das Gremium aus anderen Rechtsgründen fehlerhaft besetzt sein sollte. Dies gilt insbesondere für die Amtsmitglieder eines Gremiums selbst, aber auch für vom Gremium gewählte Funktionsträger, z. B. für den Studiendekan und die Studienkommissionen sowie die Mitglieder von Prüfungsausschüssen usw.“
16 
Die explizit auch „Mitglieder von Prüfungsausschüssen“ (dazu Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010 Rn. 356) nennende, nicht abschließende Aufzählung verdeutlicht, dass die Vorschrift nach dem Willen des Landesgesetzgebers auch für die Tätigkeit der Mitglieder des Promotionsausschusses gelten soll, bei denen es sich ersichtlich auch um von einem Gremium, dem Fakultätsrat, gewählte Funktionsträger im Sinne der Gesetzesbegründung handelt (zur Erstreckung des Anwendungsbereichs der Vorgängervorschrift des § 109 Abs. 3 UG auf Wahlen einzelner Mitglieder durch das Gremium für bestimmte Funktionen vgl. bereits den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, Juris).
17 
Unabhängig davon ergibt sich bereits aus der inneren Systematik der Norm, dass auch der Promotionsausschusses ein Gremium in deren Sinne darstellt. Indem § 10 LHG mehrfach ausdrücklich „nach Mitgliedergruppen zusammengesetzte Gremien“ in besonderer Weise hervorhebt, grenzt er sie gegenüber Gremien, die nicht entsprechend zusammengesetzt sind, ab. Dass auch solche Personenmehrheiten als „Gremium“ anzusehen sind, wird etwa auch durch § 9 Abs. 5 Satz 2 LHG bestätigt. Danach sind „Mitglieder von Gremien“ „zur Verschwiegenheit über alle Angelegenheiten und Tatsachen verpflichtet, die ihnen in Personal- und Prüfungsangelegenheiten in nicht öffentlicher Sitzung bekannt geworden sind“. Prüfungsangelegenheiten werden in der Regel in Ausschüssen verhandelt, die nicht nach Mitgliedergruppen zusammengesetzt sind. Entsprechend kennt § 9 Abs. 2 LHG „Organe, Gremien und beratende Ausschüsse mit besonderen Aufgaben“. Demnach sind jedenfalls sämtliche mit Entscheidungsbefugnissen versehene Personenmehrheiten als Gremium, manche dazuhin auch als „Organ“ anzusehen. Organe sind nach § 15 Abs. 1 LHG - zentral - Vorstand, Senat und Aufsichtsrat der Hochschule und auf Fakultäts- bzw, Sektionsebene nach § 15 Abs. 4 LHG der Fakultäts- oder Sektionsvorstand sowie der Fakultäts- oder Sektionsrat. Da der Promotionsausschuss nach der Promotionsordnung der Beklagten nicht nur beratende, sondern in vielfältiger Weise entscheidende Funktionen hat, handelt es sich bei ihm nicht um einen „beratenden Ausschuss“. Somit bleibt nur, dass es sich neben dem Organ (Großer) Fakultätsrat auch beim Promotionsausschuss um ein „Gremium“ im Sinne des § 10 LHG handelt.
18 
Darüber hinaus sind von der Vorschrift nicht allein die die Wahl des Promotionsausschusses unmittelbar betreffenden Mängel erfasst. Vielmehr gilt diese auch für die von der Klägerin behauptete fehlerhafte Bildung des Wahlorgans, des Gremiums „Großer Fakultätsrat“.
19 
Dabei kann dahinstehen, ob mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen ist, dass auch die Frage, in welcher Zusammensetzung ein Gremium (hier der Fakultätsrat) die Wahl eines Ausschusses vornimmt, die Rechtmäßigkeit der Wahl im Sinne des § 10 Abs. 5 LHG betrifft. Denn der Landesgesetzgeber hat bei der Schaffung des Landeshochschulgesetzes neben der unveränderten Übernahme des § 109 Abs. 3 UG in § 10 Abs. 5 LHG den Sätzen 1 und 2 LHG einen Satz 3 angefügt, um - wie oben dargelegt - aus Gründen der Rechtssicherheit klarzustellen, dass die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit von Mitgliedern eines Gremiums auch dann unberührt bleibt, wenn das Gremium „aus anderen Rechtsgründen fehlerhaft besetzt“ sein sollte (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs des Zweiten Hochschulrechtsänderungsgesetzes, LTDrucks. 13/3640, vom 06.10.2004 zu § 10 S. 182). Dies belegt, dass die zuvor in § 109 Abs. 3 UG in der Fassung vom 01.02.2000 auf Wahlmängel beschränkte Regelung ausdrücklich auf (sämtliche) Besetzungsfehler von Gremien aus anderen Gründen ausgedehnt werden sollte.
20 
Auch bei dem Einwand, mit dem Großen Fakultätsrat habe mangels ordnungsgemäßer Einsetzung desselben das falsche Gremium die Wahl des Promotionsausschusses vorgenommen, handelt es sich um die Rüge der ordnungsgemäßen Besetzung des Wahlgremiums. Hierzu hat das Verwaltungsgericht ausgeführt:
21 
„Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei dem Großen Fakultätsrat nicht um ein völlig anderes Gremium, sondern lediglich um eine abweichende, nämlich umfangreichere Besetzung des Fakultätsrats. Dies lässt sich bereits aus § 25 LHG und § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LHG ersehen, denn dort wird „Fakultätsrat“ als Oberbegriff für das jeweilige kollegiale Vertretungsgremium der Fakultät verwendet, unabhängig davon, ob dieses einfach (§ 25 Abs. 2 LHG) oder aber als Großer Fakultätsrat (§ 25 Abs. 3 LHG) zusammengesetzt ist. Auch die Regelung in § 3 Abs. 2 der Promotionsordnung, die ausweislich des Protokolls des erweiterten Fakultätsrats in seiner Sitzung am 16.02.2005 vorberaten (vgl. TOP 16) und am 19.09.2006 vom Senat beschlossen wurde, sieht vor, dass „der Fakultätsrat“ den Promotionsausschuss wählt. Angesichts der Tatsache, dass die Fakultät - nach Auffassung der Beklagten - bereits am 16.02.2005 ihr Vertretungsorgan als Großen Fakultätsrat konstituierte, ist auch „Fakultätsrat“ im Sinne des § 3 Abs. 2 Promotionsordnung als Oberbegriff für die jeweilige Zusammensetzung des Fakultätsrats zu verstehen.“
22 
Diese überzeugenden Erwägungen werden von der Klägerin nicht schlüssig in Frage gestellt. Für ihre Richtigkeit spricht vor allem schon der Wortlaut der gesetzlichen Regelung: § 25 Abs. 3 LHG enthält eine Legaldefinition des „Großen Fakultätsrats“ dahingehend, dass die Grundordnung vorsehen kann, dass „…einem Fakultätsrat alle hauptberuflichen Hochschullehrer der Fakultät ohne Wahl und mindestens sechs Studierende angehören“ und die anderen Gruppen angemessen zu berücksichtigen sind (Hervorhebung nur hier). Dementsprechend behandelt auch das einschlägige Schrifttum die Frage „Fakultätsrat“ - „Großer Fakultätsrat“ übereinstimmend nicht als Zuständigkeitsproblem sondern als Frage der richtigen Besetzung ein und desselben Gremiums (vgl. Sandberger, a.a.O., § 25 Rn. 3; Herberger, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2009, Rn. 445 ff.).
23 
Dem kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Wahl des Promotionsausschusses durch den Großen Fakultätsrat könne durchaus auch unter dem Stichwort „fehlerhaft errichtete Behörde“ diskutiert werden. Dieser Ansatz geht fehl. Die Klägerin verkennt, dass die von ihr herangezogenen Fälle (vgl. OVG Bautzen, Urteil vom 05.11.2003 - 5 B 310/03 -; OVG Weimar, Urteil vom 31.05.2005 - 4 KO 1109/04 -) tatsächlich und rechtlich mit der vorliegenden Problematik nicht vergleichbar sind. Dort ging es darum, dass der Übergang hoheitlicher Aufgaben von den Gemeinden auf einen Zweckverband als Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit auf einen selbständigen Rechtsträger nur dann wirksam erfolgen konnte, wenn alle formellen und materiellen Gründungsvoraussetzungen (Gesetzesvorbehalt, formelle und materielle Gründungsanforderungen) eingehalten wurden. Ein fehlerhaft gegründeter Zweckverband hatte als Hoheitsträger mit Satzungsgewalt nie existiert, seine Satzungen waren ungültig, die darauf beruhenden Abgabenbescheide zumindest rechtswidrig (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 64; Aschke, NVwZ 2003, 917). Darum geht es hier nicht. Weder die rechtliche Existenz des Rechtsträgers, der Universität ..., noch die des für diesen Rechtsträger handelnden Organs, des Fakultätsrats, ist zweifelhaft.
24 
bb) Das Verwaltungsgericht hat auch den Inhalt der in § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG angeordnetenRechtsfolge nicht verkannt.
25 
Danach wird die „Rechtswirksamkeit“ der Tätigkeit der Mitglieder durch die Ungültigkeit der Wahl eines Gremiums bzw. die fehlerhafte Besetzung von Gremien nicht berührt. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die vom Landeshochschulgesetz angeordnete „Rechtswirksamkeit“ der Tätigkeit eines betroffenen Gremiums oder dessen Mitglieds entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht bedeutet, dass insoweit eine - auf entsprechende formelle Mängel gestützte - Anfechtbarkeit von Akten des jeweiligen Gremiums oder Mitglieds auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen ist.
26 
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung zur Vorgängerregelung des § 109 Abs. 3 Satz 2 UG hervorgehoben, dass die erkennbare Zielsetzung des Landesgesetzgebers dahin ging, Rechtssicherheit durch Anerkennung der Rechtsbeständigkeit der von den universitären Gremien geschaffenen Maßnahmen unabhängig von der etwaigen Fehlerhaftigkeit zugrundeliegender Wahlen zu schaffen bzw. umgekehrt, Fehlern bei der Wahl von Gremienvertretern oder von Funktionsträgern durch Gremien keine Rechtswirkungen beizumessen (vgl. Beschluss vom 17.09.2003, a.a.O.). Dass dies auch die Intention des Landesgesetzgebers bei der Schaffung des Landeshochschulgesetzes war, wird aus der unveränderten Übernahme des § 109 Abs. 3 UG in § 10 Abs. 5 Satz 1 und 2 LHG und der Ausdehnung der Vorschrift auf sonstige Besetzungsmängel (§ 10 Abs. 5 Satz 3 LHG) deutlich. Für diese weitgehende Rechtsfolge spricht auch, dass die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit der Mitglieder eines Gremiums sogar dann durch die Ungültigkeit der Wahl bzw. durch Besetzungsmängel nicht berührt wird, wenn diese Wahl rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist. Erst recht kann nichts anderes gelten, wenn es - wie im vorliegenden Fall - weder zu einer rechtskräftigen Ungültigerklärung einer Wahl noch zu einer rechtskräftigen Feststellung eines Besetzungsfehlers gekommen ist (vgl. schon Beschluss vom 17.09.2003, a.a.O.).
27 
Vor diesem Hintergrund schließt daher die „Rechtswirksamkeit“ der Tätigkeit der Mitglieder eines Gremiums entgegen der Auffassung der Klägerin auch eine etwaige Anfechtung von auf einem Gremiumsbeschluss beruhenden Verwaltungsakten von Organen der Universität aus. Andernfalls würde die Vorschrift ersichtlich den ihr vom Gesetzgeber beigemessenen Zweck verfehlen. Ergänzend bemerkt der Senat, dass, anders als der Erlass von Verwaltungsakten, der Beschluss einer Satzung, der ebenfalls Gremienangelegenheit sein kann, nur entweder wirksam und damit gültig oder unwirksam und damit nichtig sein. Da der Gesetzgeber für jegliche Gremientätigkeit einheitlich deren „Rechtswirksamkeit“ betont, muss auch die „Rechtmäßigkeit“ - und nicht etwa eine bloßen „Gültigkeit“ trotz Rechtswidrigkeit - etwaiger auf der Grundlage eines Gremiumsbeschlusses erlassener Verwaltungsakte im Bezug auf Besetzungsmängel des Gremiums angenommen werden.
28 
Soweit die Klägerin dem die - nicht entscheidungstragenden - Ausführungen des Senats in seinem Urteil vom 02.12.1997 - 9 S 2506/97 - (VBlBW 1998, 234 = Juris) zu Auswirkungen von Wahlfehlern auf Beschlüsse der Vollversammlung der Handwerkskammer entgegenhält, vermag der Senat die Vergleichbarkeit mit der hier vorliegenden Problematik nicht zu erkennen. Im Übrigen beruht dieser Einwand auf einem Missverständnis.
29 
Der Senat hat insoweit ausgeführt (Juris, Rn. 33):
30 
„c) Die vorstehend entwickelten Grundsätze gelten für den Einspruch gegen die Gültigkeit einer Wahl insgesamt (§ 101 Abs. 3 HwO); nur ein solcher Einspruch ist hier erhoben. Welche Auswirkungen der Erfolg eines Einspruchs nur gegen die Wahl eines Gewählten hat (§ 101 Abs. 2 HwO), bleibt offen. Allerdings neigt der Senat zu der Auffassung, dass auch in diesen Fällen nur die Wirksamkeit solcher Beschlüsse der Vollversammlung in Zweifel gezogen werden kann, die später unter dessen Mitwirkung gefasst werden.“
31 
In der diesem Absatz vorangehenden Passage hat der Senat deutlich gemacht, dass allein durch einen Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl die Vollversammlung der Handwerkskammer nicht die Befugnis zur Beschlussfassung verliert und dass in dem Zeitraum bis zur Ungültigkeitserklärung gefasste Beschlüsse wirksam bleiben (Juris, Rn. 32). Aus diesem Kontext lässt sich ohne weiteres entnehmen, dass auch nach dem zitierten Absatz nur die Wirksamkeit solcher Beschlüsse in Zweifel gezogen werden kann, die „später“, also erst nach dem „Erfolg eines Einspruchs nur gegen die Wahl eines Gewählten“ gefasst werden. Die Wirksamkeit der im Zeitraum bis zum Eintritt des Erfolgs des Einspruchs gefassten Beschlüsse soll also ersichtlich nicht bezweifelt werden können.
32 
Nach alledem handelt es sich bei § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG um eine spezialgesetzliche Unbeachtlichkeitsklausel, die im Interesse der Rechtssicherheit und zur Sicherstellung der Handlungs- und Funktionsfähigkeit universitärer Gremien und Organe bestimmten, oben aufgezeigten Verfahrensfehlern eine rechtliche Relevanz für die Rechtswirksamkeit von Beschlüssen und für die Aufhebbarkeit gegebenenfalls darauf gestützter Verwaltungsakte abspricht. Im Anwendungsbereich der von § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG erfassten Verfahrensfehler geht daher auch der Hinweis der Klägerin auf die Anwendbarkeit der allgemeinen Regelung des § 46 LVwVfG bereits aus Gründen der Spezialität fehl.
33 
Dass § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG und dessen Anwendung auf die vorliegende Fallgestaltung verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen könnte, ist weder substantiiert dargelegt worden noch sonst für den Senat ersichtlich. Abgesehen davon, dass nur ein kleiner Teil von Verfahrensvorschriften wirklich grundrechtsgeboten ist, besteht auch insofern kein verfassungsrechtlicher Zwang, einem Verfahrensfehler unbedingte Auswirkungen auf die Sachentscheidung zuzuerkennen (vgl. Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Stand: Februar 2003, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 158; Schoch, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle , Grundlagen des Verwaltungsrechts Band 3, 2009, § 50 Rn. 302 m.w.N.). Bei der Normierung der Fehlerfolgen sind die oft gegenläufigen Interessen u.a. der strikten Gesetzesbindung, der Aufrechterhaltung der Sachentscheidung, der Verwaltungseffizienz und des Rechtsschutzes zu einem Ausgleich zu bringen (vgl. Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 25. Ergänzungslieferung 2013, Einleitung Rn. 212); dabei kann auch Berücksichtigung finden, dass dem Verfahrensrecht grundsätzlich eine dienende Funktion zukommt. Der hierbei bestehende „Sanktionierungsspielraum“ steht primär dem Gesetzgeber zu (Schmidt-Aßmann, a.a.O., Rn. 158; ders./Schenk, a.a.O., Einleitung Rn. 212). Dass der Landesgesetzgeber hier von dem ihm bei der Bestimmung der Fehlerfolgen eingeräumten Spielraum in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht hätte, ist weder dargetan noch sonst für den Senat erkennbar. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass er dem rechtsstaatlich verankerten Bedürfnis nach Rechtssicherheit (vgl. Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG; Art. 23 Abs. 1, Art. 25 Abs. 2 LV) sowie dem Interesse an der Sicherstellung der Handlungs- und Funktionsfähigkeit universitärer Gremien und Organe hier den Vorrang eingeräumt hat (vgl. Senatsurteil vom 02.12.1997 - 9 S 2506/97 -, VBlBW 1998, 234 m.z.w.N.; BVerwG, Urteil vom 17.12.1998 - 1 C 7.98 -, BVerwGE 108, 169, 178). Dies gilt umso mehr, als das Verwaltungsgericht zutreffend und ohne dass dies von der Klägerin beanstandet würde, davon ausgegangen ist, dass der Beklagten bei der hier angegriffenen Entscheidung über die Entziehung des Doktorgrads, insbesondere über das Vorliegen eines Plagiats, kein prüfungsrechtlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt ist (vgl. Juris, Rn. 47). Vielmehr hat das Verwaltungsgericht eine vollständige Prüfung vorgenommen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rücknahmeentscheidung vorliegen. Fehlt es insoweit an einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle, liegen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dem Verfahrensrecht hier eine besondere, den Rechtsschutz ergänzende Funktion im Sinne eines „Grundrechtschutzes durch Verfahren“ beizumessen, zumal die Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren umfassend Gelegenheit hatte, ihre formell- und materiell-rechtlichen Einwände geltend zu machen.
34 
Für dieses Ergebnis spricht im Übrigen, dass weder hinreichend dargetan noch sonst ersichtlich ist, dass die hier gegebenenfalls einschlägigen und durch § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG für unbeachtlich erklärten Verfahrensfehler überhaupt Bestimmungen betreffen, die subjektive Rechte der Klägerin begründen. Es ist anerkannt, dass - auch mit Blick auf die Aufgabenvielfalt des Verfahrensrechts - der erforderliche Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen Verfahrensfehler und klägerischer Rechtsverletzung nur dann besteht, wenn im Gefüge der Verfahrenshandlungen gerade die einschlägige Verfahrensbestimmung eine Schutzaufgabe für die materiell-rechtliche Position des Klägers hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.1972 - IV C 107.67 - BVerwGE 41, 58, 64 ff., vom 26.03.1976 - IV C 7.74 -, BVerwGE 50, 282, 285, und vom 22.12.1980 - 7 C 84.78 -, BVerwGE 61, 256, 275; Schmidt-Aßmann, a.a.O., Art. 19 Abs. 4 Rn. 157). Dies gilt für Adressatenklagen und Drittklagen gleichermaßen (vgl. Schmidt-Aßmann, a.a.O., Art. 19 Abs. 4 Rn. 156; Gerhardt in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 113 Rn. 11). Insoweit kann hier festgestellt werden, dass die Regeln hinsichtlich der Zusammensetzung des Fakultätsrats und der (sonstigen) Ordnungsmäßigkeit der Wahl des Promotionsausschusses den Verfahrensablauf im Binnenbereich der Universität betreffen, der (weit) im Vorfeld der abschließenden Verwaltungsentscheidung liegt und an dem ausschließlich Organe bzw. Organteile des Rechtsträgers Universität beteiligt sind (vgl. Wahl/Schütz, in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 42 Abs. 2 Rn. 91). Dies legt nahe, dass die einschlägigen Verfahrensnormen allenfalls den Schutz organschaftlicher Rechte bezwecken und nicht dem vorgezogenen Rechtsschutz des Bürgers im Verwaltungsverfahren dienen. Demgemäß kann ihre Verletzung nicht zu einem Aufhebungsanspruch der Klägerin gegenüber dem daraus resultierenden, außenwirksamen Verwaltungshandeln führen (vgl. Gerhardt, a.a.O., § 113 Rn. 12).
35 
Nach § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG kann sich somit die Klägerin für ihre Behauptung der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Bescheide weder auf - mögliche - formale Mängel bei der Bildung und Besetzung des „Großen Fakultätsrats“ noch auf - mögliche - formale (protokollarische oder Verfahrens-) Mängel bei der Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses berufen.
36 
c) Zur formellen Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Promotionsausschusses vom 14.06.2011
37 
aa) Die Klägerin macht insoweit geltend, bei der Sitzung des Promotionsausschusses vom 14.06.2011 seien Personen anwesend gewesen, die diesem Ausschuss nicht angehört hätten. Da ein Beschluss über die Zuziehung dieser Personen als Sachverständige nicht gefasst worden sei (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 Verfahrensordnung der Beklagten), stelle dies einen Verstoß dar, der unter § 71 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG zu fassen sei. Eine konkludente Beschlussfassung reiche insoweit nicht aus. Zudem sei deren Anwesenheit bei der Beschlussfassung selbst dann nicht erlaubt, da es sich um eine Ermessensentscheidung gehandelt habe und jede Anwesenheit eine Einflussnahme darstelle.
38 
Diese Darlegungen sind gleichfalls nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung zu begründen.
39 
(1) Anwesenheit von nicht dem Ausschuss angehörenden Personen
40 
Soweit die Klägerin mit Blick auf die Anwesenheit von Herrn Prof. Dr. F. und Frau S. in der Ausschusssitzung am 14.06.2011 einen Verstoß gegen § 71 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG rügt, geht diese Rüge ins Leere.
41 
Zunächst ist das Landesverwaltungsverfahrensgesetz (in seiner Fassung vom 12.04.2005, GBl. S. 350, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 17.12.2009, GBl. S. 809, 811) auf die Frage der Besetzung eines universitären Gremiums nicht anwendbar. Nach seinem § 1 Abs. 1 gilt dieses Gesetz für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur, soweit nicht landesrechtliche Vorschriften inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Dabei umfasst der Begriff „landesrechtliche Vorschriften“ nicht nur (Landes-)Gesetze im formellen oder materiellen Sinn, sondern auch Rechtsvorschriften sonstiger Rechtsträger des Landesrechts (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 1 Rn. 32). Der Landesgesetzgeber versteht unter „landesrechtlichen Vorschriften“ ausdrücklich auch „alle im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsnormen“. Subsidiarität des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes besteht damit auch „gegenüber Satzungsrecht der juristischen Personen des öffentlichen Rechts“, etwa „der Hochschulen“ (LT-Drucks. 7/820 vom 28.12.1976 S. 68). Im vorliegenden Fall enthält nicht nur § 10 LHG in seinen Absätzen 4 (auch in Verbindung mit Verweisungen auf § 19 Abs. 1) und Absatz 5 besondere Regelungen hinsichtlich des Verfahrens in universitären Gremien, sondern überträgt die Regelungskompetenz in Absatz 8 im Übrigen auf die Hochschulen selbst. Die Beklagte hat hiervon insbesondere durch die vom Senat am 07.11.2006 beschlossene Verfahrensordnung Gebrauch gemacht. Aus der Existenz beider Regelungen folgt die Unanwendbarkeit des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes insgesamt.
42 
Zudem wäre, selbst bei unterstellter Anwendbarkeit des Gesetzes, sein § 71 und auch dessen Absatz 2 deshalb unanwendbar, weil die angegriffenen Bescheide nicht in einem förmlichen Verwaltungsverfahren im Sinne der §§ 63 bis 71 LVwVfG ergangen sind. Ein solches förmliches Verwaltungsverfahren findet nur dann statt, wenn es durch Rechtsvorschriften - besonders - angeordnet ist (vgl. § 63 Abs. 1 LVwVfG). Dies ist hinsichtlich universitärer Verfahren und insbesondere denen des Promotionsausschusses nicht der Fall, auch nicht etwa im Wege der Rückverweisung auf §§ 63ff LVwVfG durch eine entsprechende Norm des Landeshochschulgesetzes oder auch der Verfahrensordnung der Beklagten.
43 
Doch auch bei einer entsprechenden Anwendung des § 71 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG auf die vorliegende Sachverhaltskonstellation legt die Antragsschrift ernstliche Zweifel schon nicht schlüssig dar. Denn die in Bezug genommene Bestimmung wird in der Antragsschrift bereits nicht korrekt zitiert. Sie lautet in vollständiger Form „Bei der Beratung und Abstimmung dürfen nur Ausschussmitglieder zugegen sein, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben“. Inwieweit aus dieser, ersichtlich den Unmittelbarkeitsgrundsatz im Falle einer mündlichen Verhandlung begründenden Bestimmung die Unzulässigkeit der Anwesenheit dritter Personen abgeleitet werden kann, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.
44 
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Anwesenheit der beiden Personen mit Blick auf § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 der Verfahrensordnung der Beklagten vom 19.11.2006 (Mitteilungsblatt 2007, 33 - VerfahrensO -) als Zuziehung von Sachverständigen auch im Falle des nach § 3 Abs. 5 Satz 1 PromO nichtöffentlich tagenden Promotionsausschusses für zulässig gehalten, da es sich bei diesem um ein Gremium im Sinne der Verfahrensordnung und im Sinne des Landeshochschulgesetzes handele. Insbesondere handele es sich nicht um eine Prüfungskommission und bei seinen Mitgliedern nicht um Prüfer. Die strengen prüfungsrechtlichen Vorgaben, nach denen die Teilnahme eines Dritten an der Beratung der Prüfungskommission zu einem Verfahrensfehler führt, fänden somit hier keine Anwendung. Daher bedürfe es auch keiner Differenzierung zwischen der in der Sitzung am 14.06.2011 erfolgten Anhörung, Beratung und Beschlussfassung.
45 
Auch insoweit zeigt die Klägerin ernstliche Zweifel nicht auf.
46 
Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht als wesentlichen Verfahrensmangel betrachtet, wenn eine der Prüfungskommission nicht angehörende Person an deren Beratung teilnimmt. Die Sitzungen und Beratungen der Prüfungskommission stellen den Kernbereich der Prüfertätigkeit dar. Für sie schreiben die Prüfungsordnungen, welche das Prüfungsverfahren in seinen Einzelheiten normieren, Exklusivität vor: Teilnahmeberechtigt sind ausschließlich die bestellten Prüfer, es sei denn, dass ausnahmsweise die Mitwirkung dritter Personen ausdrücklich zugelassen wird. Damit wird der Besonderheit dieses Verwaltungsverfahrens Rechnung getragen, welches durch die Unabhängigkeit der Prüfer, den ihnen zuerkannten Beurteilungsspielraum und die Vertraulichkeit ihrer Beratungen geprägt ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.03.2009 - 6 P 8/08 -, BVerwGE 133, 289; BFH, Urteil vom 18.09.2012 - VII R 41/11 -, Juris; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.01.1995 - 14 S 2867/93 -).
47 
Bei dem hier handelnden Promotionsausschuss handelt es sich indes gerade nicht um eine - mit einem besonderen Beurteilungsspielraum und besonderer Unabhängigkeit ausgestattete - Prüfungskommission. Dies räumt auch die Klägerin ein. Deshalb hätte es besonderer Begründung bedurft, weshalb die aufgezeigten Grundsätze auch für die Zuziehung von Sachverständigen durch den Promotionsausschuss gelten sollen. Eine solche ist nicht erkennbar.
48 
So wird in der Antragsschrift nicht hinreichend dargelegt, weshalb eine etwaige Verletzung des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit der Sitzung des Gremiums ohne weiteres einen Anspruch der Klägerin auf Aufhebung der abschließenden Verwaltungsentscheidung nach sich ziehen sollte. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus Sinn und Zweck der Nichtöffentlichkeit der Gremiensitzungen. Nach den - mit dem Zulassungsantrag nicht in Frage gestellten - Feststellungen des Verwaltungsgerichts wurde ausweislich der Gesetzesbegründung die mit dem Landeshochschulgesetz 1973 erstmals eingeführte Regelung der Nichtöffentlichkeit der universitären Gremiensitzungen vorgesehen, um eine sachgerechte Beratung zu ermöglichen und die häufig von einer sogenannten aktiven Öffentlichkeit ausgehenden Störungen zu unterbinden (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hochschulgesetzes vom 22.05.1973, LT-Drs. 6/2520, S. 39 f.). Es hat ferner ausgeführt, selbst wenn dieser ursprüngliche Zweck der Nichtöffentlichkeit im Falle des Promotionsausschusses ergänzt werde durch die Schutzinteressen des betroffenen Promovenden, diene die Nichtöffentlichkeit in erster Linie der sachgerechten Ausschussarbeit. Dies kann auf der Grundlage des Antragsvorbringens nicht beanstandet werden.
49 
Wie oben dargelegt besteht der erforderliche Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen Verfahrensfehler und klägerischer Rechtsverletzung nur dann, wenn gerade die einschlägige Verfahrensbestimmung dem Schutz der materiell-rechtlichen Position des Klägers dient. Auf der Grundlage der Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist davon auszugehen, dass mit der Nichtöffentlichkeit primär der Zweck der störungsfreien, sachgerechten Durchführung eines Verwaltungsverfahrens verfolgt wird. Selbst wenn eine nichtöffentliche Beratung und Beschlussfassung in einem gewissen Umfang auch den privaten Belangen des jeweiligen Promovenden zugute kommen mag, betrifft dies allenfalls dessen Interesse an der Wahrung der Vertraulichkeit der Sitzung und damit seiner Persönlichkeitsrechte. Sie dient aber nicht dem vorgezogenen Rechtsschutz des Promovenden im Verwaltungsverfahren im Hinblick auf seine materielle Rechtsposition. Dass der Ausschuss die Persönlichkeitsrechte der Klägerin in besonderer Weise in den Blick genommen hat, belegen die sich aus den Sitzungsniederschriften ergebenden wiederholten Mahnungen des Ausschussvorsitzenden zur Wahrung der Vertraulichkeit.
50 
Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht, dass der Ausschuss mit der Hinzuziehung der beiden Sachverständigen maßgeblich den Zweck verfolgte, in Wahrnehmung des Untersuchungsgrundsatzes (vgl. § 24 Abs. 1 und 2 LVwVfG; zur Schutzrichtung vgl. Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 24 Rn. 7) den Sachverhalt umfassend und sachgerecht aufzuklären und seine Entscheidung auf einer möglichst breiten Informationsbasis und mit der erforderlichen (auch juristischen) Sachkunde vorzubereiten (vgl. die Ausführungen in der Niederschrift vom 13.04.2011, Bl. 59 der Behördenakte). Mit Blick darauf fehlt es - im Unterschied etwa zu Fällen der Beteiligung befangener Amtswalter - an greifbaren Anhaltspunkten dafür, dass die Anwesenheit der beiden - im Übrigen nicht stimmberechtigten - Personen mit Gefahren für die sachliche Richtigkeit des Inhalts der Entscheidung des Promotionsausschusses verbunden war. Eine sachwidrige Beeinflussung des Ausschusses durch die anwesenden Personen wird von der Klägerin letztlich auch nicht behauptet (zu diesem Gesichtspunkt vgl. auch OVG Bautzen, Beschluss vom 07.04.1998 - P 5 S 20/97 -, NVwZ-RR 1999, 777).
51 
Schließlich hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass sich gegen die Zuziehung der Sachverständigen in den Sitzungen des Ausschusses kein Widerspruch von Ausschussmitgliedern erhob. Auch hätten sich die Klägerin und deren damalige Bevollmächtigte, die zumindest am ersten Teil der Ausschusssitzung am 14.06.2011 teilgenommen hätten, nicht gegen die Teilnahme der beiden Sachverständigen gewandt. Diese Feststellungen werden von der Klägerin nicht substantiiert in Frage gestellt. Auch in der - nach Akteneinsicht des Bevollmächtigten in die Behördenakten gefertigten - Widerspruchsbegründung wird die Anwesenheit der beiden Personen nicht moniert. Es ist danach davon auszugehen, dass bis zur Einreichung der Klagebegründung weder die Klägerin noch ihre Bevollmächtigten die Anwesenheit der Sachverständigen in den Ausschusssitzungen beanstandet haben. Dass sie und ihre Bevollmächtigten über den Umstand der Anwesenheit nicht dem Ausschuss angehörender Personen informiert waren, lässt sich ohne weiteres den vorliegenden Akten entnehmen (vgl. E-Mail des Ausschussvorsitzenden an das Büro der Klägerin vom 31.05.2011, Behördenakte Bl. 499; Niederschriften über die Sitzungen vom 13.04.2011 und vom 14.06.2011, Behördenakte Bl. 59 und Bl. 528 ff.).
52 
Bei dieser Sachlage ist der Klägerin jedenfalls die Berufung auf den geltend gemachten Verfahrensmangel verwehrt.
53 
§ 71 Abs. 3 Satz 3 LVwVfG, wonach mit dem Ablehnungsrecht eines Beteiligten hinsichtlich nach § 20 LVwVfG ausgeschlossener oder nach § 21 LVwVfG befangener Personen eine Rügeobliegenheit korrespondiert, ist ebenso wie § 43 ZPO und entsprechende prozessrechtliche Normen nur die besondere Ausprägung eines allgemeinen, das ganze Recht beherrschenden Rechtsgedankens. Die genannten Vorschriften stellen eine unwiderlegliche Vermutung dafür auf, dass ein Beteiligter mit der Person des zur Entscheidung berufenen Richters, Beamten oder Ausschussmitglieds einverstanden ist, wenn er sich trotz eines ihm bekannten Ablehnungsgrunds in eine Verhandlung einlässt oder Anträge stellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 02.07.1992 - 5 C 51.90 -, BVerwGE 90, 287, 290, zu § 71 Abs. 3 Satz 3 VwVfG des Bundes; vgl. auch Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 71 Rn. 18, 21).
54 
Diese Rügeobliegenheit ist erst recht im vorliegenden Fall anzunehmen, in dem als Verfahrensmangel nicht die Befangenheit oder der gesetzliche Ausschluss eines Ausschussmitglieds sondern - lediglich - die Anwesenheit nicht dem Ausschuss zugehöriger, als Sachverständige zugezogener Personen geltend gemacht wird. Denn während bei der Mitwirkung eines befangenen Ausschussmitglieds die Gefahr einer sachwidrigen Beeinflussung der abschließenden Entscheidung nahe liegt, ist dies bei der Anwesenheit einer nicht stimmberechtigten Person in einer Ausschusssitzung nicht der Fall (dazu bereits oben S. 19). Dementsprechend hat auch das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Teilnahme einzelner am Verfahren nicht beteiligter Bediensteter der Bundeswehrverwaltung an der Sitzung des Prüfungsausschusses für Kriegsdienstverweigerer jedenfalls dann nicht zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führt, wenn der Antragsteller dies nicht beanstandet hat (Urteil vom 17.07.1974 - VI C 34.73 -, BVerwGE 45, 351, 356). Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass eine noch während des Verwaltungsverfahrens erhobene Rüge der Klägerin oder ihrer Prozessbevollmächtigten dem Ausschuss ohne weiteres die Möglichkeit gegeben hätte, dem behaupteten Verfahrensmangel abzuhelfen (zu diesem Zweck der Rügeobliegenheit im Prüfungsrecht vgl. Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 219: „schnellstmögliche Korrektur oder Kompensation“; Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Aufl. 2007, Rn. 292).
55 
(2) Beschlussfassung über die Zuziehung von Sachverständigen
56 
Ob (allein) wegen fehlender Beschlussfassung über die Zuziehung der Sachverständigen in der Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 gegen § 6 Abs. 1 VerfahrensO verstoßen wurde, ist im Ergebnis ohne rechtliche Bedeutung. Entgegen § 14 der Verfahrensordnung ist bis zum Beginn der nächsten Sitzung des Promotionsausschusses am 03.11.2011 ein Einwand wegen eines Verstoßes gegen die Verfahrensordnung nicht erhoben worden. Auch die Begründung des Widerspruchs der Klägerin vom 18.11.2011 enthält keinen solchen Einwand, so dass sich die Frage, wer zur Erhebung von Einwänden nach § 14 VerfahrensO berechtigt ist, in diesem Zusammenhang nicht stellt.
57 
Im Übrigen dient das formale Erfordernis einer gesonderten Beschlussfassung über die Zuziehung der Sachverständigen ersichtlich nur der Ordnung des ausschussinternen Verfahrensablaufs und betrifft hier insbesondere die Handhabung des Untersuchungsgrundsatzes. Dies legt nahe, dass § 6 Abs. 1 Satz 2 VerfahrensO primär dem öffentlichen Interesse, allenfalls dem Schutz organschaftlicher Rechte dient; jedenfalls ist er typischerweise nicht darauf gerichtet, dem Bürger vorgezogenen Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren zu verschaffen (vgl. Kallerhoff, a.a.O., § 26 Rn. 81, 19 f.; § 24 Rn. 7, 58 ff.). Demgemäß kann ihre Verletzung nicht zu einem Aufhebungsanspruch der Klägerin gegenüber der abschließenden Verwaltungsentscheidung führen.
58 
bb) Die Klägerin rügt ferner, sowohl die Sitzung des Großen Fakultätsrats am 13.04.2011 als auch die Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 seien nicht ordnungsgemäß geleitet worden, denn es seien Beschlüsse über die Beschlussfähigkeit (§ 5 Satz 4 VerfahrensO) bzw. die Zuziehung von Sachverständigen nicht gefasst worden. Damit seien beide Gremien nicht beschlussfähig gewesen (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 VerfahrensO) und hätten auch keine rechtmäßigen Beschlüsse fassen können.
59 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass § 8 Abs. 1 Satz 1 VerfahrensO bereits nicht die von der Klägerin angenommene Bedeutung und Tragweite hat. Es hat ausgeführt, ein einfacher Fehler bei der Verfahrensgestaltung würde die ordnungsgemäße Sitzungsleitung nicht beseitigen. In der Verfahrensordnung der Beklagten sei nicht näher definiert, was unter „ordnungsgemäßer Sitzungsleitung“ im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 zu verstehen sei. Bei der Auslegung des Begriffes seien jedoch die Regelungen des § 5 der Verfahrensordnung (Leitung der Sitzung) zu berücksichtigen. Nach § 5 Satz 1 der Verfahrensordnung eröffne, leite und schließe der Vorsitzende die Sitzung. Nach Satz 3 dieser Vorschrift treffe er alle notwendigen Maßnahmen und Entscheidungen für einen geordneten Sitzungsablauf. Nach Satz 4 stelle er vor Eröffnung der Sitzung sowie gegebenenfalls jederzeit die Beschlussfähigkeit fest und lege - nach Satz 5 - im Zweifelsfall die Verfahrensordnung aus. Dadurch, dass dem Vorsitzenden die Sitzungsleitung - einschließlich der Klärung von Verfahrensfragen - obliege, werde deutlich, dass nicht jeder einfache Verfahrensfehler die ordnungsgemäße Sitzungsleitung aufhebe, sondern lediglich solche Situationen, in denen die Leitungsfunktion des Vorsitzenden durch Störungen vollständig aufgehoben werde. So läge der Fall - selbst wenn die Hinzuziehung der Sachverständigen unterblieben wäre - hier ersichtlich nicht.
60 
Diese überzeugenden Erwägungen werden mit der Antragsschrift nicht substantiiert in Frage gestellt. Die pauschale Einwand, die Argumentation mit dem Wortlaut von § 5 VerfahrensO sei dem Prozessbevollmächtigten nicht verständlich, es solle wohl darum gehen, dass „Marginalien keine Rolle spielen“, weckt keine konkreten Zweifel an der Begründung des Verwaltungsgerichts. Dass eine Fehlerfreiheit der Leitung nicht gefordert wird, folgt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - bereits aus dem die Leitung der Sitzung regelnden § 5 VerfahrensO. Danach trifft der Vorsitzende alle notwendigen Maßnahmen und Entscheidungen für einen geordneten Sitzungsablauf (Satz 3), stellt vor Eröffnung der Sitzung sowie gegebenenfalls jederzeit die Beschlussfähigkeit fest (Satz 4) und legt im Zweifelsfall die Verfahrensordnung aus. Bereits die Häufung der - hier hervorgehobenen - ausfüllungsbedürftigen unbestimmten (Rechts-)Begriffe legt es nahe, dass von deren im Einzelfall korrekten Auslegung die Beschlussfähigkeit des jeweiligen Gremiums nicht abhängig sein kann. Dies wird dadurch bestätigt, dass einerseits nach § 8 Satz 1 VerfahrensO die Beschlussfähigkeit u.a. von der ordnungsgemäßen Leitung abhängt und andererseits eben diese Beschlussfähigkeit vom die Sitzung leitenden Vorsitzenden nach § 5 Satz 4 VerfahrensO „ggf. jederzeit“ festzustellen ist. Sie kann daher nicht von jeglicher Abweichung von den Regelungen der Verfahrensordnung abhängig sein. Gleiches ergibt sich auch aus der Rügeregelung in § 14 VerfahrensO. Demnach bleiben Verstöße gegen die Verfahrensordnung unbeachtlich, wenn sie nicht rechtzeitig gerügt werden. Auch damit ist eine Unwirksamkeit von Entscheidungen wegen - nicht entdeckter bzw. nicht gerügter - Beschlussunfähigkeit nicht vereinbar.
61 
Schließlich dient auch § 8 der Verfahrensordnung in erster Linie dem geordneten Verfahrensablauf. Aus einer Verletzung dieser Vorschrift vermag die Klägerin einen Anspruch auf Aufhebung der abschließenden Sachentscheidung nicht abzuleiten.
62 
d) Zur Rechtswidrigkeit des Widerspruchsbescheids
63 
Im Hinblick auf die Zuständigkeit für den Erlass des Widerspruchsbescheids hat das Verwaltungsgericht auf § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG verwiesen. Danach obliege die Entscheidung über Widersprüche in Prüfungsangelegenheiten dem für die Lehre zuständigen Mitglied des Vorstands, vorliegend der Prorektorin für Studium und Lehre. Diese Zuständigkeit für Hochschulprüfungen erfasse grundsätzlich auch Promotionen und damit auch deren Entziehung als „actus contrarius“, da es sich bei Promotionen um Hochschulprüfungen handele. Diese Erwägungen stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. insbesondere Senatsbeschluss vom 14.09.2011, a.a.O.) und sind auf der Grundlage des Antragsvorbringens nicht zu beanstanden. Insoweit kann auf die Ausführungen unter I.2.a) Bezug genommen werden.
64 
e) Ermessen
65 
Auch ein Ermessensfehler beim Erlass der angegriffenen Bescheide kann nicht festgestellt und daher der Zulassungsgrund ernstlicher Richtigkeitszweifel hierauf nicht gestützt werden.
66 
Zu dem Einwand, die erhebliche Zeitspanne zwischen Verleihung des Doktorgrads und behördlicher Entscheidung habe in den Diskussionen des Promotionsausschusses keine Rolle gespielt, hat das Verwaltungsgericht ausgeführt:
67 
„Selbst wenn man davon ausginge, dass eine Berücksichtigung des Zeitablaufs zwischen Titelerteilung und Titelentzug mangels ausdrücklicher Erwähnung im Sitzungsprotokoll und in der Begründung des Ausgangsbescheids nicht in hinreichendem Maße stattgefunden und daher ursprünglich ein Ermessensfehler vorgelegen hätte, wäre dieser durch die in der Sitzung des Promotionsausschusses am 03.11.2011 getroffene Abhilfeentscheidung geheilt worden. Im Protokoll der Promotionsausschusssitzung vom 03.11.2011 heißt es - nachdem die Klägerin den zeitlichen Aspekt erstmals ausdrücklich in ihrer Widerspruchsbegründung geltend gemacht hatte - ausdrücklich: „Der Ausschuss kann außerdem nicht erkennen, dass sich Frau ... Rechtsposition durch Zeitablauf verfestigt hätte. Unbeschadet seiner Auffassung, dass im Falle der Dissertation Frau ... allein aufgrund der Quantität und der Qualität der Plagiate keine Nachbesserung in Betracht kommen kann, hält der Ausschuss die Nachbesserung eines bereits vor zehn Jahren veröffentlichten Buches nicht für vertretbar.“
68 
Mit dieser entscheidungstragenden Erwägung setzt sich die Antragsschrift nicht auseinander. Unabhängig davon ergibt sich aus der Niederschrift (Bl. 614-616, Bl. 615 d. Behördenakte), dass der Promotionsausschuss in seiner Sitzung vom 03.11.2011 diesen Gesichtspunkt ausdrücklich gesehen und gewürdigt hat.
69 
Entsprechendes gilt hinsichtlich des Vorwurfs eines denunziatorischen Charakters des Vorgehens gegen die Klägerin. Der Promotionsausschuss hat in seiner Sitzung vom 03.11.2011 zur Behauptung, er sei „auf Zuruf“ tätig geworden und habe sich zur „Figur“ in einer politisch motivierten Kampagne gegen die Klägerin machen lassen, ausdrücklich Stellung genommen (Bl. 615 der Behördenakte). Dass die Art und Weise der Berücksichtigung der monierten Gesichtspunkte durch den Promotionsausschuss im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ihrerseits ermessensfehlerhaft sei, wird von der Klägerin weder behauptet noch ist es sonst ersichtlich.
70 
Mit dem Vorbringen, die Entscheidung der Philosophischen Fakultät sei auch ermessensfehlerhaft, weil die Dissertation der Klägerin anders behandelt worden sei als zwei Dissertationen der Medizinischen Fakultät, in denen lediglich eine Rüge wegen erheblichen wissenschaftlichen Fehlerverhaltens ausgesprochen wurde, werden ernstliche Richtigkeitszweifel ebenfalls nicht dargelegt. Die Klägerin zeigt schon nicht schlüssig auf, dass die von ihr gegenübergestellten Sachverhalte überhaupt vergleichbar sind.
71 
Der von der Klägerin vorgelegten Pressemitteilung der Beklagten lässt sich entnehmen, dass die Medizinische Fakultät entschieden hat, den beiden Promovierten die Doktortitel nicht abzuerkennen, weil die Dissertationen trotz ihrer Mängel als eigenständige wissenschaftliche Arbeiten zu werten seien. Als Gründe, die gegen die Aberkennung der Titel sprechen, werden u.a. genannt, dass beiden keine vorsätzliche Täuschungsabsicht im Sinne eines systematischen Plagiarismus vorgeworfen werden könne, dass die Textübernahmen ausschließlich aus der Arbeitsgruppe des Doktorvaters stammten und dass beide eigenständige Leistungen im Rahmen der Doktorarbeit erbracht hätten und die Textübernahme nur die Diskussion und Zitierweise betreffe.
72 
Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht zur Arbeit der Klägerin in seiner Entscheidung (u.a.). festgestellt, diese habe nicht nur einzelne Sätze, sondern vielmehr erhebliche, teilweise mehrseitige Passagen - zum Teil samt Fußnoten - aus fremden Texten anderer Autoren wortgleich oder nahezu wortgleich übernommen, ohne dies hinreichend kenntlich zu machen. Ihre Darlegungen erweckten den falschen Eindruck, Formulierung und Inhalt des Textes stammten insoweit als eigene gedankliche Leistung von ihr. An anderer Stelle wird ausgeführt, der Plagiatsvorwurf treffe die Klägerin (somit) nicht nur vereinzelt oder im Sinne einer unsachgemäßen Handhabung der Zitierweise; vielmehr ließen die von der Beklagten aufgefundenen Stellen den Schluss zu, dass die Klägerin fremde Passagen wiederholt und planmäßig als eigene wissenschaftliche Arbeit ausgewiesen habe. Eine systematische und planmäßige Übernahme fremden Gedankenguts ergebe sich bereits daraus, dass sich die Plagiate an mehreren Stellen der Dissertation auffinden ließen und verschiedene Fremdautoren beträfen. Die von der Beklagten aufgezeigten Übernahmen aus verschiedenen Quellen wiesen die Gemeinsamkeit auf, dass längere Passagen wortwörtlich übernommen worden seien, ohne dass dies in ausreichender Weise kenntlich gemacht worden wäre. Für einen Großteil der betroffenen Passagen sei eine Quellenangabe überhaupt nicht erfolgt. Im Rahmen der Ermessensausübung stellt das Gericht darauf ab, dass es rechtlich in keiner Weise zu beanstanden sei, dass die öffentlichen Interessen an der Entziehung des Doktorgrades im Ergebnis höher bewertet worden seien. Zutreffend habe der Promotionsausschuss hierbei auf das ganz erhebliche Ausmaß der Plagiate der Klägerin und das Gewicht der wissenschaftlichen Unredlichkeit abgehoben. Einem etwaigen Vertrauensschutz hält das Verwaltungsgericht entgegen, dass ihr eine vorsätzliche Täuschung vorzuwerfen sei.
73 
Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen, die von der Klägerin mit der Antragsschrift nicht in Zweifel gezogen werden, ist für den Senat bereits eine Vergleichbarkeit der angesprochenen Sachverhalte nicht erkennbar.
II.
74 
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO weist eine Rechtssache auf, wenn angesichts des Vorbringens im Zulassungsantrag nicht ohne weiteres geklärt werden kann, ob die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts richtig ist, und die Komplexität des Verfahrens daher die Festlegung des Rechtsmittelgerichts bereits im Zulassungsverfahren untunlich erscheinen lässt und die Durchführung eines Berufungsverfahrens gebietet (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 20.05.2010, a.a.O., und vom 19.09.2000 - 9 S 1607/00 -, Juris; Bay. VGH, Beschluss vom 27.11.2009 - 21 ZB 09.1589 -, Juris; dazu auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, VBlBW 2000, 392).
75 
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil bereits im Rahmen des Zulassungsverfahrens - auch und gerade unter Würdigung des Zulassungsvorbringens - sicher beurteilt werden kann, dass das Verwaltungsgericht im Ergebnis richtig entschieden hat und hierfür nicht erst ein Berufungsverfahren, etwa zur Beantwortung schwieriger oder neuer Rechtsfragen, erforderlich wäre (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 20.05.2010, a.a.O., und vom 07.01.1998 - 7 S 3117/97 -, NVwZ-RR 1998, 371; OVG NRW, Beschluss vom 06.07.2007 - 19 A 4728/06 -, Juris). Zur Begründung wird auf die Ausführungen unter I. verwiesen.
76 
Soweit die Klägerin vorträgt, bereits die Menge des Streitstoffes und die Länge des angegriffenen Urteils seien Beleg dafür, dass der Fall besondere tatsächliche bzw. rechtliche Schwierigkeiten aufweist, ist dem nicht zu folgen. Zwar weist das Urteil des Verwaltungsgerichts mit 45 Seiten einen überdurchschnittlichen Umfang auf. Ursache hierfür ist jedoch weniger die Schwierigkeit der durch die vorliegende Fallgestaltung aufgeworfenen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen, als vielmehr die Vielgestaltigkeit der von Klägerseite erhobenen Angriffe auf die - insbesondere formale - Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide. Aus deren Zahl und Umfang ergeben sich indes nicht zugleich auch besondere rechtliche Schwierigkeiten.
III.
77 
Soweit die Klägerin ihren Zulassungsantrag auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache stützt, könnte diese nur angenommen werden, wenn es für die Entscheidung maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 -, Juris Rn. 25). Die nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO gebotene Darlegung dieser Voraussetzungen verlangt, dass unter Durchdringung des Streitstoffes eine klärungsbedürftige konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage aufgezeigt wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war und die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und dass ein Hinweis auf den Grund gegeben wird, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.11.2011 - 5 B 29/11 -, Juris, zum Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Diesen Anforderungen entspricht der Antrag nicht.
78 
Zunächst sind die in der Antragsschrift aufgeworfenen Fragen in der dort formulierten Allgemeinheit von vornherein berufungsgerichtlicher Klärung nicht zugänglich. Denn es handelt sich nicht um konkrete Fragen hinreichender Bestimmtheit.
79 
Im Übrigen nennt die Klägerin zwar einen vom Verwaltungsgericht vorgestellten „allgemeinen Grundsatz, wonach es die rechtliche Wirksamkeit der Bestellung des handelnden Staatsorgans nicht berührt, wenn die Wirksamkeit der Bestellung des handelnden Staatsorgans in Frage gestellt ist, solange diese Bestellung nicht in dem hierfür vorgesehenen Verfahren widerrufen oder für ungültig erklärt worden ist.“ Schon mit Blick darauf, dass das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang entscheidungstragend - auch - auf die spezialgesetzliche Unbeachtlichkeitsklausel des § 10 Abs. 5 LHG abgestellt hat, wird von der Klägerin, die diese Bestimmung im vorliegenden Zusammenhang überhaupt nicht erwähnt, die Entscheidungserheblichkeit der angedeuteten Problemstellung nicht dargelegt.
80 
Entsprechendes gilt für die gleichfalls genannte Abgrenzung von Nichtigkeit zur - bloßen - Rechtswidrigkeit von durch ein Kollegialorgan getroffenen Entscheidungen. Der Hinweis, der „Aspekt notwendiger Differenzierung zwischen Nichtigkeit und Rechtswidrigkeit scheint uns generell wenig ausgelastet und deshalb grundsätzlich klärungsbedürftig“, ist so allgemein und undifferenziert, dass damit weder die Entscheidungserheblichkeit noch die Klärungsbedürftigkeit einer konkreten rechtlichen Frage hinreichend aufgezeigt wird.
81 
Soweit die Klägerin schließlich den Aspekt der Wahl des Promotionsausschusses durch ein „unzuständiges Organ“ (Erweiterter Fakultätsrat anstelle von Fakultätsrat) unter dem Stichwort „fehlerhaft errichtete Behörde“ zu diskutieren sucht, genügt dies ebenfalls nicht den an eine zulässige Grundsatzrüge zu stellenden Anforderungen. Insbesondere fehlt es an der Darlegung, dass die zu diesem Gesichtspunkt ergangene obergerichtliche Rechtsprechung auch für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreit erheblich ist (vgl. auch bereits oben unter I.2.b) bb).
IV.
82 
Nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist die Berufung u.a. dann zuzulassen, wenn das angegriffene Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Sowohl die Abweichung als auch das „Beruhen“ der Entscheidung hierauf sind gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO „darzulegen“. Zur Darlegung der Rechtssatzdivergenz ist erforderlich, dass ein die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz aufgezeigt wird, der mit einem in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellten Rechtssatz in der Entscheidung des höheren Gerichts im Widerspruch steht. Eine Divergenz begründende Abweichung liegt nicht vor, wenn das Vordergericht einen Rechtssatz eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten höheren Gerichte übersehen oder - ob zu Recht oder nicht - als nicht anwendbar eingestuft hat (vgl. Senatsbeschluss vom 30.04.2012 - A 9 S 886/12 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.03.1997 - 8 S 664/97 -, DVBl. 1997, 1326).
83 
Danach wird mit dem Zulassungsantrag eine Divergenz nicht hinreichend dargelegt.
84 
Die Klägerin trägt vor, aus der Entscheidung des Senats vom 02.12.1997 - 9 S 2506/96 - (Juris Rn. 33) ergebe sich der Grundsatz, wonach die Mitwirkung fehlerhaft bestimmter Teilnehmer an der Entscheidung eines Kollegialorgans zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führe. Bei dieser Aussage handelt es sich nicht um einen die Entscheidung tragenden Rechtssatz, sondern um eine zusätzliche Überlegung (obiter dictum). Hierauf kann eine Divergenzrüge nicht gestützt werden (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 31.01.2011 - 8 B 32/10 -, Juris). Im Übrigen beruht die Rüge auf einem fehlerhaften Verständnis jener Senatsentscheidung (vgl. bereits oben S.12).
V.
85 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
86 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 18.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2013 (VBlBW Heft 1 2014, Sonderbeilage).
87 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG hinsichtlich der Streitwertfestsetzung).

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

Auf die Berufungen der Kläger werden die Urteile des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28. Februar 2014 - 2 K 3238/12 und 2 K 3104/12 - geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2011 und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17. September 2012 werden aufgehoben.

Die Hinzuziehungen der Bevollmächtigten durch die Kläger im Vorverfahren werden für notwendig erklärt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts durch die Beklagte.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 30.06.2011 (Urkunde Notariat Friedrichshafen II Nr. 53/2001) veräußerte der Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 das mit einem Gebäude bebaute Grundstück Flst.Nr. ..., ..., in ... einem Kaufpreis von 285.000,- EUR. An das Grundstück schließt sich in südöstlicher Richtung das der Beklagten gehörende Grundstück Flst.Nr. ... an, das mit einer Sporthalle (sog. „kleine Turnhalle“) bebaut ist. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des durch Satzung vom 22.09.2008 förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „Östlicher Ortskern“ der Beklagten. Nach der vorbereitenden Untersuchung zu dem Untersuchungsgebiet besteht u.a. für das Turnhallengebäude ein dringender Sanierungsbedarf bzw. ein Bedarf für die Errichtung eines Neubaus unter Einbeziehung benachbarter Grundstücke. Dem Abschluss des Kaufvertrages zwischen den Klägern waren erfolglos verlaufende Verkaufsverhandlungen zwischen dem Kläger zu 1 und der Beklagten über das Grundstück vorausgegangen.
Mit Schreiben vom 01.07.2011, bei der Beklagten eingegangen am 04.07.2011, übersandte das Notariat Friedrichshafen II eine beglaubigte Abschrift des Kaufvertrages vom 30.06.2011 als Vorkaufsrechtsanzeige. Der Kläger zu 1 teilte der Beklagten unter dem 01.07.2011 gleichfalls den Abschluss des notariellen Kaufvertrages mit.
Der Gemeinderat der Beklagten befasste sich mit der Ausübung eines Vorkaufsrechts hinsichtlich des Grundstücks nach §§ 24 ff. BauGB zunächst in nichtöffentlicher Sitzung am 25.07.2011. Die Einladung vom 15.07.2011 des Bürgermeisters der Beklagten zu der Gemeinderatssitzung am 25.07.2011 sah unter Tagesordnungspunkt 1. für den nichtöffentlichen Teil (Beginn 17.00 Uhr) vor:
„Beratung zum Verwendungszweck der Flurstücke ... (kleine Turnhalle) und ... (...Straße ...) im Rahmen der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme „Östlicher Ortskern“ und Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde zum Erwerb des Grundstücks Flst. ... – (...) Über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die zukünftige öffentliche Nutzung des Grundstücks ist zu beraten. Die Entscheidung über die öffentliche Nutzung und die Ausübung des Vorkaufsrechts hat in öffentlicher Sitzung zu erfolgen.“
Nach kontroverser Diskussion über die Ausübung des Vorkaufsrechtes erging in der nichtöffentlichen Sitzung der Beschluss, vor einer weiteren Entscheidung zum Sachverhalt, die rechtliche Stellungnahme eines Fachanwaltes einzuholen. Nach dieser Stellungnahme solle eine nichtöffentliche Sondersitzung des Gemeinderats erfolgen, in der eine rechtliche Beratung über das Verfahren zur Ausübung eines Vorkaufsrechtes durch die Gemeinde durch einen Fachanwalt erfolgen solle.
Diese nichtöffentliche Sondersitzung des Gemeinderats fand am 01.08.2011 unter Teilnahme des Beklagtenvertreters statt. Nachdem der Bürgermeister den Sachverhalt dargelegt und klargestellt hatte, dass keine Sachdiskussion bezüglich der Ausübung des Vorkaufsrechts geführt werde, erläuterte der Beklagtenvertreter umfassend die rechtliche Lage. Er wies hierbei eingangs insbesondere darauf hin, dass Beratung und Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts in öffentlicher Sitzung erfolgen müssten. Dabei reiche es auch nicht aus, wenn in einer nichtöffentlichen Sitzung beraten worden sei und anschließend in öffentlicher Sitzung trotz Gelegenheit zur Wortmeldung keine Aussprache stattfinde, sondern wegen der Vorberatung in öffentlicher Sitzung nur noch die Ausübung des Vorkaufsrechts beschlossen werde. Die bisherigen Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung müssten daher als gegenstandslos behandelt werden. Die Beschlussfassung müsse unbefangen und unbeeindruckt von der nichtöffentlichen Beratung in öffentlicher Sitzung erfolgen, da nur so der Fehler der nichtöffentlichen Beratung wieder ausgeräumt werden könne. Nach zahlreichen Wortmeldungen der Gemeinderatsmitglieder und Rückfragen an den Beklagtenvertreter zu den Voraussetzungen, möglichen negativen rechtlichen Folgen sowie einer rechtlich sicheren Vorgehensweise bei der Ausübung des Vorkaufsrechts, fasste der Gemeinderat schließlich den nachfolgenden einstimmigen Beschluss:
1. „Herr Prof. ... wird mit der Begleitung der Ausübung des Vorkaufsrechts beauftragt.
2. Es wird festgestellt, dass die Beratung und die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erstmals in einer weiteren Gemeinderatssitzung stattfinden wird. Die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung am 25.07.2011 ist als gegenstandslos zu betrachten.“
Mit Schreiben vom 02.08.2011 teilte die Beklagte sowohl dem Kläger zu 1 als auch dem Kläger zu 2 mit, dass beabsichtigt sei, das Sanierungs- und Entwicklungskonzept im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ fortzuschreiben und zu konkretisieren. Die Verwaltung werde dem Gemeinderat vorschlagen, das der Gemeinde gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB zustehende Vorkaufsrecht an dem Grundstück Flst.Nr. ... zum Wohle der Allgemeinheit auszuüben. Den Klägern wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17.08.2011 eingeräumt.
10 
In der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 29.08.2011 beschloss der Gemeinderat zunächst die Fortschreibung und Konkretisierung des Entwicklungskonzepts im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ u.a. zur Schaffung öffentlicher und privater Stellplätze unter Inanspruchnahme der Flst.Nrn. ... (... Straße ...) und ... (kleine Turnhalle). Danach schilderte der Bürgermeister unter dem nächsten Tagesordnungspunkt „Ausübung des Vorkaufsrechts“ die Situation zum städtebaulichen Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ sowie zum Kaufvertrag über die Veräußerung des Grundstücks ... Straße ... Im Folgenden verwies er auf die Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagten-Vertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe. Gemeinderat Z. äußerte, der Gemeinderat müsse in jedem Fall von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen. Es sei schade, dass das Grundstück nicht bereits im Vorfeld auf „normale Art und Weise“ habe erworben werden können. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei von der Vorgehensweise aber nun rechtlich einwandfrei. Gemeinderat K. wies darauf hin, dass im Sinne des Allgemeinwohls das Vorkaufsrecht entsprechend dem Beschlussvorschlag ausgeübt werden solle. Gemeinderat M. schloss sich seinen Vorrednern an und äußerte, dass „die Sache entsprechend vorberaten“ worden sei. Der Gemeinderat beschloss sodann die Ausübung des Vorkaufsrechts am Grundstück Flst.Nr. ..., ... Straße ...
11 
Mit Bescheid vom 31.08.2011 übte die Beklagte gegenüber dem Kläger zu 1 das Vorkaufsrecht an dem Grundstück Flst.Nr. ... aus. In ihrer Begründung verwies die Beklagte auf die Satzung über die förmliche Festsetzung des Sanierungsgebiets und den vorangegangenen Ergebnisbericht, der den erheblichen Erneuerungsbedarf der kleinen Halle festgestellt habe. In öffentlicher Sitzung vom 29.08.2011 habe der Gemeinderat das Satzungsziel konkretisiert und auf Grundlage von §§ 28 Abs. 2, 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB beschlossen, das Vorkaufsrecht für das Grundstück... Straße ... auszuüben. Die Ausübung sei durch Gründe des Wohls der Allgemeinheit gerechtfertigt. Nach den am 29.08.2011 beschlossenen Satzungszielen sowie dem Ergebnis der vorbereitenden Untersuchungen solle die Halle unter Inanspruchnahme des Grundstücks ... Straße ... saniert oder neu aufgebaut werden. Zudem sei beabsichtigt, das Grundstück auch für die Herstellung öffentlicher und privater Stellplätze zu nutzen.
12 
Der Ausübungsbescheid wurde dem Kläger zu 2 unter dem 31.08.2011 zur Kenntnisnahme übersandt.
13 
Gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts erhob der Kläger zu 1 mit Schreiben vom 27.09.2011 Widerspruch, den er am 31.10.2011 im Wesentlichen damit begründete, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 29.08.2011 rechtswidrig sei, da dem offenbar Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung vorausgegangen seien. Eine solche nichtöffentliche Vorberatung sei unzulässig und führe zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 29.08.2011.
14 
Der Kläger zu 2 erhob mit Schreiben vom 05.09.2011 Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011. In der Widerspruchsbegründung vom 18.01.2012 wurde ebenso die Unwirksamkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.08.2011 wegen vorangegangener Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung geltend gemacht.
15 
Mit in der Sache identischen Widerspruchsbescheiden vom 17.09.2012, zugestellt am 19.09.2012 und am 20.09.2012, wies das Landratsamt Bodenseekreis die Widersprüche der Kläger zurück. Dem Ausübungsbescheid habe ein wirksamer Beschluss des Gemeinderats in öffentlicher Sitzung vom 29.08.2011 gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO zu Grunde gelegen. In der Sitzung hätten die Gemeinderäte zunächst ausführlich über die Sanierung bzw. den Neubau der Turnhalle und der Verbesserung der Parkplatzsituation diskutiert. Unmittelbar daran sei der Tagesordnungspunkt zum Vorkaufsrecht aufgerufen worden. Es habe drei kurze Wortmeldungen gegeben. Nachdem kein weiterer Beratungsbedarf bestanden habe, sei abgestimmt worden. Ein solches Vorgehen sei nicht unüblich. Auch materiell lägen die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB für die Ausübung des Vorkaufsrechts vor.
16 
Der Kläger zu 2 hat am 12.10.2012 unter dem Aktenzeichen 2 K 3104/12 und der Kläger zu 1 hat am 18.10.2012 unter dem Aktenzeichen 2 K 3238/12 Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. Die Kläger haben jeweils beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 aufzuheben. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
17 
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Klagen jeweils mit in der Begründung identischen Urteilen vom 28.02.2014 abgewiesen. Die Beklagte habe das Vorkaufsrecht in formell und materiell rechtmäßiger Weise ausgeübt. Insbesondere habe der Gemeinderat der Beklagten in seiner Sitzung vom 29.08.2011 verfahrensfehlerfrei über die Ausübung des Vorkaufsrechts beschlossen, ein Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO liege nicht vor. Die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderats am 25.07.2011 habe zwar den Erfordernissen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO nicht entsprochen. Nach Erkennen seines Fehlers habe der Gemeinderat aber durch das weitere Vorgehen den Anforderungen des Öffentlichkeitsprinzips ausreichend Rechnung getragen. Mit dem Beschluss vom 01.08.2011 habe der Gemeinderat seinen Willen und seine Bereitschaft deutlich zum Ausdruck gebracht, neu in öffentlicher Sitzung zu verhandeln. Die Beratung und Beschlussfassung am 29.08.2011 genüge den Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Dass die der Beschlussfassung vorangestellte Beratung weder die Dauer noch die Intensität der Debatte vom 25.07.2011 erreicht habe, sei unerheblich. Eine Beratung setze keine Diskussion um der Diskussion willen voraus. Eine Diskussion könne sich sogar darin erschöpfen, dass die Beteiligten auf Wortmeldungen gänzlich verzichteten, wenn kein Gesprächsbedarf bestehe. Unschädlich sei auch, dass der Bürgermeister auf die Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagtenvertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe, verwiesen habe. Dies bedeute nicht, dass hierdurch nichtöffentliche Beratungen des Gemeinderats Teil der Beratung vom 29.08.2011 geworden seien. Auch die Äußerung des Gemeinderats Ms., die Sache sei „entsprechend vorberaten worden“, ändere nichts an dem Umstand, dass der Gemeinderat im Rahmen der Sitzung den Sachverhalt umfassend beraten habe. Dass eine unzulässige Verlagerung der Beratung in die nichtöffentliche Sitzung nicht stattgefunden habe, zeige auch der Vergleich der Ergebnisse der Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 29.08.2011. Gerade durch den Beschluss vom 01.08.2011 habe der Gemeinderat deutlich gemacht, dass er die Geschehnisse des 25.07.2011 nicht zur Grundlage seiner Entscheidung machen wolle, sondern mit den Kenntnissen aus der rechtlichen Beratung in öffentlicher Sitzung beraten und entscheiden wolle. So wie der Gemeinderat jederzeit einen Beschluss aufheben könne, wenn er dessen Fehlerhaftigkeit erkannt habe, und hierauf den Beschluss unter Beachtung der Verfahrensregeln neu fassen könne, habe der Gemeinderat vorliegend noch vor einer verfahrensfehlerhaften nichtöffentlichen Beschlussfassung sein Vorgehen korrigieren und in öffentlicher Sitzung ordnungsgemäß über die Ausübung des Vorkaufsrechts beraten und dieses beschließen können. Zwar sei den Klägern darin zuzustimmen, dass eine größtmögliche Transparenz durch die Einführung des Inhalts der Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 in der Sitzung vom 29.08.2011 erzielt worden wäre. Dies sei zur Wahrung des Öffentlichkeitsprinzips jedoch nicht zwingend erforderlich gewesen.
18 
Die Kläger haben die mit Senatsbeschlüssen vom 23.07.2014 zugelassenen Berufungen nachfolgend begründet. Der Senat hat das Verfahren 8 S 1387/14 (Kläger zu 2. gegen die Beklagte) mit dem Verfahren 8 S 1386/14 (Kläger zu 1. gegen die Beklagte) mit Beschluss vom 24.03.2015 zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Az. 8 S 1386/14 fortgeführt.
19 
Zwischenzeitlich wurden am 17.11.2014 in einer öffentlicher Sitzung des - neu gewählten - Gemeinderats der Beklagten unter Teilnahme des Beklagtenvertreters dem Gemeinderat und der Öffentlichkeit die Grundzüge des Diskussionsinhalts sowie die Beschlüsse der nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 zugänglich gemacht. Der Bürgermeister wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die neu gewählten Gemeinderatsmitglieder und er als neuer Bürgermeister hier das gleiche gemeinsame Schicksal hätten. Nachdem außer einer Verständnisfrage keine Wortmeldungen erfolgten, fasste der Gemeinderat den einstimmigen Beschluss:
20 
„1. Der Gemeinderat nimmt den Diskussions- und Beschlussinhalt der nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 zur Kenntnis.
2. Der Gemeinderat sieht keinen Anlass, den Beschluss des Gemeinderats vom 29.08.2011 zu ändern.“
21 
Der Kläger zu 1. hat zur Begründung seiner Berufung angeführt:
22 
Eine unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO erfolgte nichtöffentliche Beratung könne im Gegensatz zu einem fehlerhaften Beschluss nicht allein durch einen Aufhebungsbeschluss des Gemeinderats gegenstandslos werden, sondern müsse als zuvor der Öffentlichkeit entzogener Teil des Entscheidungsprozesses nachgeholt oder zumindest transparent gemacht werden. § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO verlange, dass die Sitzungen des Gemeinderats und damit der gesamte Verhandlungsgang öffentlich und insofern transparent und prüfbar für die Bürger sei. Dies könne im Einzelfall eine bloße Information des Gemeinderats durch Verwaltung und Kenntnisnahme bedeuten, im hier interessierenden Fall durch Sachvortrag, Beratung und Beschlussfassung. Dies seien Elemente einer Sitzung i.S.d. § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO, die nicht voneinander getrennt, hinsichtlich des Öffentlichkeitsprinzips nicht unterschiedlich behandelt und auch in ihrer Reihenfolge nicht verändert werden könnten. Die Gemeinderatssitzung sei der organisatorische Rahmen, innerhalb dessen ein Vorgang behandelt und zur Entscheidung gebracht werden müsse. Dies schließe es nicht aus, dass die Entscheidung des Gemeinderates nicht in derselben, sondern etwa in einer folgenden öffentlichen Sitzung gefasst werde. Der Gesetzgeber habe die gewählten Vertreter bewusst unter einen Begründungszwang gestellt, weil der Bürger zumindest ansatzweise erkennen können solle, was sich der einzelne Vertreter bei seiner Entscheidung gedacht habe. Für eine Kontrolle durch die Bürger seien nicht nur das Votum des Repräsentanten, sondern auch seine Gründe hierfür jeweils von maßgeblicher Bedeutung. Bei einer Trennung von Beratung und Beschlussfassung würde der Willkür Tür und Tor geöffnet. Nicht nur würde der Rechtsschutz verkürzt oder erschwert, sondern es könnten auch vollendete Tatsachen geschaffen oder - wie hier - Entscheidungsfristen eingehalten werden, ohne dass sich das dafür zuständige Organ dafür zu rechtfertigen habe.
23 
Eine Begründung könne nicht nachgeschoben werden. Gleichfalls könne ein neu gewählter Gemeinderat in neuer Zusammensetzung nicht darüber befinden, dass und warum der frühere Gemeinderat zu Recht eine bestimmte Entscheidung getroffen habe.
24 
Der Kläger zu 2 hat zur Berufungsbegründung im Wesentlichen vorgetragen, dass eine Vorwegnahme der Sachdiskussion in einer nichtöffentlichen Sitzung auch bei nachfolgender Beschlussfassung in einer öffentlichen Sitzung gegen § 35 Abs. 1 GemO verstoße. Im vorliegenden Fall seien ganz wesentliche Aspekte der Ausübung des Vorkaufsrechts ausschließlich in den nichtöffentlichen Beratungen am 25.07.2011 und am 01.08.2011 besprochen worden, die in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 nicht wieder aufgegriffen worden seien. Der von der Beklagten zur Heilung dieses Verstoßes gewählte Weg eines Beschlusses in einer nichtöffentlichen Sitzung, dass die bisherigen Beratungsgegenstände als gegenstandslos zu betrachten seien, sei gänzlich verfehlt, da er nicht dem Sinn der Öffentlichkeitsbeteiligung entsprochen habe. Eine Heilung setze vielmehr voraus, dass erneut beraten und sodann beschlossen werde. Dabei dürften jedoch die Beratung und die Beschlussfassung in der öffentlichen Sitzung nicht von der nichtöffentlichen Beratung losgelöst betrachtet werden. Die „Heilungsberatung“ müsse zumindest die Auswirkungen der Verletzung des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO ungeschehen machen. Nach dem Sinn der Öffentlichkeitsberatung, den Entscheidungsprozess plastisch und transparent zu machen, setze die „Heilungsberatung“ daher als Mindeststandard voraus, dass die bisherige Sachdiskussion offen gelegt werde. Dies könne entweder durch eine Einführung der nichtöffentlichen Sitzungsprotokolle in die öffentliche Sitzung oder jedenfalls durch eine Wiedergabe des wesentlichen Inhalts dieser Protokolle durch den Schriftführer oder durch den Bürgermeister geschehen. Diesen erhöhten Anforderungen genüge die Beratung am 29.08.2011 jedoch nicht, da der Bürgermeister der Beklagten in dieser Sitzung lediglich auf die Vorberatung am 01.08.2011 ohne jegliche Erörterung ihres Gegenstandes verwiesen und die Sitzung vom 25.07.2011 gänzlich unerwähnt gelassen habe, so dass der gesamte Verstoß einschließlich des Heilungsversuchs der Öffentlichkeit unbekannt geblieben sei. Der Öffentlichkeit sei damit ein wesentlicher Teil der Willensbildung vorenthalten worden. Ein solches Vorgehen berge insofern auch eine erhebliche Missbrauchsgefahr. Andernfalls könne stets in nichtöffentlicher Sitzung so lange beraten werden, bis man sich einig sei, anschließend könne man sich durch einen Beschluss hiervon distanzieren und sodann eine öffentliche Sitzung einberufen, in der der Gemeinderat den vorberatenen Beschluss fassen könnte.
25 
Die vorgeschlagene Vorgehensweise einer Veröffentlichung des wesentlichen Inhalts der Protokolle über die nichtöffentliche Sitzung verstoße auch nicht gegen § 35 Abs. 2 GemO, da eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht durch den Bürgermeister notwendiger Bestandteil eines entsprechenden Heilungsversuches sei. Ebenso wenig sei das Recht der einzelnen Gemeinderäte auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, da aufgrund des Tätigwerdens der Gemeinderäte nicht als Privatperson sondern als mandatierte Volksvertreter bereits der Schutzbereich nicht eröffnet sei, die Aufhebung der Schweigepflicht nach § 35 Abs. 2 GemO jedenfalls eine zulässige Beschränkung darstelle und darüber hinaus eine zusammenfassende Darstellung ohne Personennennung hiervon ohnehin unberührt bliebe.
26 
Des Weiteren stehe auch nicht § 46 LVwVfG einer Aufhebung des Ausübungsbescheids entgegen, da angesichts der erheblichen Divergenz zwischen der Sitzung vom 25.07.2011 und derjenigen vom 29.08.2011 nicht offensichtlich sei, dass die Verletzung des Öffentlichkeitsprinzips die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe.
27 
Schließlich könne die in der Gemeinderatssitzung am 17.11.2014 vorgenommene Beratung und Beschlussfassung keine nachträgliche Heilung mehr herbeiführen. Die vorgenommene Veröffentlichung sei überdies nicht hinreichend.
28 
Die Kläger beantragen,
29 
die Urteile des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28.02.2014 - 2 K 3238/12 und - 2 K 3104/12 - abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 aufzuheben;
die Zuziehungen der Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
30 
Die Beklagte beantragt,
31 
die Berufungen zurückzuweisen.
32 
Der in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 gefasste Beschluss sei für sich betrachtet fehlerfrei erfolgt und habe den Vorschriften der Gemeindeordnung entsprochen, da insbesondere eine öffentliche Beratung und Beschlussfassung stattgefunden hätten. Es müsse streng getrennt werden zwischen der Frage, ob der Fehler der nichtöffentlichen Beratung geheilt werden könne und der Frage, ob diese Fehlerbehebung Voraussetzung für eine fehlerfreie Beratung und Beschlussfassung sei und eine Nachwirkung die öffentliche Beratung und Beschlussfassung „infiziere“. Hierfür gebe es jedoch keine Anhaltspunkte. Vielmehr sei der Fehler aus dem vorangegangenen Verhalten schon dadurch geheilt worden, dass dem Gemeinderat deutlich gemacht worden sei, dass er sich von jeglicher Vorbindung aus der nichtöffentlichen Sitzung „frei machen“ müsse. Zudem sei der Stand der Beratung nach der nichtöffentlichen Sitzung so kontrovers gewesen, dass sich daraus kein einheitlicher Willensentschluss ableiten ließe und die einheitliche Willensbildung daher offensichtlich erst nach der nichtöffentlichen Beratung stattgefunden habe. Die nichtöffentliche Vorberatung sei daher als selbstständiger Verfahrensteil zu sehen und rechtlich entsprechend zu bewerten.
33 
Darüber hinaus läge im vorliegenden Fall, selbst wenn man ein entsprechendes Heilungserfordernis bejahte, höchstens ein Verfahrensfehler vor, der gemäß § 46 LVwVfG mangels Kausalität nicht zur Aufhebung des Ausübungsbescheids führen könne. Dies zeige auch der neue Beschluss des Gemeinderats vom 17.11.2014, den Beschluss vom 29.08.2011 nicht zu ändern. Des Weiteren stehe der von den Klägern vorgeschlagene Weg einer Offenlegung der bisherigen Sachdiskussion im Widerspruch zu § 35 Abs. 2 GemO, der im Lichte des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte auszulegen sei. Auch eine anonymisierte zusammenfassende Darstellung des Verlaufs einer unzulässigen nichtöffentlichen Beratung durch den Bürgermeister sei jedoch keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Durchführung einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung. Schließlich habe der Gemeinderat in öffentlicher Sitzung am 17.11.2014 den Beratungs-, Diskussions- und Beschlussinhalt der nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 transparent gemacht, so dass der Fehler in jedem Fall nachträglich geheilt worden sei.
34 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die einschlägigen Behördenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
35 
Die Berufungen der Kläger sind nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig.
36 
Auch wenn der Kläger zu 2 nicht Adressat des angefochtenen Ausübungsbescheides ist, ist er klagebefugt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch eine Gemeinde ist ein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt, der sich auch gegenüber dem Käufer als belastender Verwaltungsakt darstellt und gegen den sich dieser mit Widerspruch und Anfechtungsklage wehren kann (st. Rspr. BVerwG, Beschlüsse vom 25.05.1982 - 4 B 98.82 - BRS 39 Nr. 96, juris Rn. 3, vom 15.02.2000 - 4 B 10.00 - BauR 2000, 1027, juris Rn. 5 und vom 30.11.2009 - 4 B 52.09 - juris Rn. 5).
37 
Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides über die Ausübung des Vorkaufsrechts ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist die Ausübung des Vorkaufsrechtes fristgebunden. Es handelt sich um eine materielle Ausschlussfrist, d.h. eine vom materiellen Recht gesetzte Frist, deren Nichteinhaltung den Verlust einer materiell-rechtlichen Rechtsposition zur Folge hat. Materiell-rechtliche Ausschlussfristen sind für Behörden und Beteiligte gleichermaßen verbindlich und stehen nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte (BVerwG, u.a. Urteil vom 22.10.1993 - 6 C 119.92 - juris Rn.16 m.w.N.). Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, so dass innerhalb der Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB sämtliche für die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein müssen (vgl. Paetow in Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Aufl., § 28 Rn. 10; Dolde, NJW 1984, 1713,1729; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.1997 - 8 A 12998/96 - juris Rn. 26 zum Vorkaufsrecht nach DSchPflG RP).
39 
2. Rechtsgrundlage des Bescheids der Beklagten vom 31.08.2011 ist § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Danach steht der Gemeinde beim Kauf von Grundstücken in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet ein Vorkaufsrecht zu. Das Grundstück Flst.Nr. ..., das mit notariellem Kaufvertrag vom 30.06.2011 vom Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 veräußert wurde, liegt unstreitig im Geltungsbereich des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „Östlicher Ortskern“ der Beklagten. Die Ausübung des Vorkaufsrechts hat nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags gegenüber dem Verkäufer zu erfolgen. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt, denn die Mitteilung über den Abschluss des Kaufvertrages ging bei der Beklagten am 04.07.2011 ein, so dass der angefochtene Bescheid vom 31.08.2011, der dem Kläger zu 1 am 02.09.2011 zugestellt wurde, die Frist wahrte.
40 
3. Der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechtes ist jedoch rechtswidrig, da er einen rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 29.08.2011 vollzieht. Dieser Beschluss verstieß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Auf die Frage, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts vorgelegen haben, kommt es daher nicht (mehr) an.
41 
a) Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist das Vorkaufsrecht durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer auszuüben. Da die Entscheidung hierüber eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung betrifft, ist eine Entscheidung des hierfür zuständigen Gemeindeorgans erforderlich. Dies ist hier der Gemeinderat. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 GemO legt der Gemeinderat die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm der Gemeinderat bestimmte Angelegenheiten überträgt. Hier ist unstreitig weder die Zuständigkeit des Bürgermeisters nach § 44 GemO eröffnet, noch hat eine Zuständigkeitsübertragung an den Bürgermeister der Beklagten stattgefunden.
42 
b) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO sind die Sitzungen des Gemeinderats öffentlich. Nichtöffentlich darf nach Satz 2 der Vorschrift nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern. Diese Voraussetzungen lagen offenkundig nicht vor, wovon auch die Beteiligten ausgehen.
43 
Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen gehört zu den wesentlichen Verfahrensbestimmungen des Gemeinderechts. Er ist im demokratischen Rechtsstaat eines der wichtigsten Mittel, das Interesse der Bürgerschaft an der Selbstverwaltung zu wecken und zu erhalten. Er hat die Funktion, dem Gemeindebürger Einblick in die Tätigkeit der Vertretungskörperschaften und ihrer einzelnen Mitglieder zu ermöglichen und dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik sowie die Willensbildung zu schaffen, den Gemeinderat der allgemeinen Kontrolle der Öffentlichkeit zu unterziehen und dazu beizutragen, der unzulässigen Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen auf die Beschlussfassung des Gemeinderats vorzubeugen; es soll so bereits der Anschein vermieden werden, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 09.11.1966 - I 5/65 - ESVGH 17,118 und 24.02.1992 - 1 S 2242/91 - juris Rn. 15, Beschluss vom 25.02.2013 - 1 S 2155/12 - juris Rn. 9). Der Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO geht daher über eine bloße Unterrichtung des Bürgers hinaus. Vielmehr dient er gerade dem Ziel einer gesetzmäßigen und sachgerechten Arbeit des Gemeinderats sowie der Verhinderung vermeidbarer Missdeutungen seiner Willensbildung und Beschlussfassung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.1966 a.a.O.). Die Bürger sollen aufgrund der öffentlichen Beratung wichtiger Gemeindeangelegenheiten auch einschätzen können, ob gegebenenfalls eine unmittelbare Beteiligung der Bürgerschaft an der Entscheidungsfindung erforderlich wird (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 19.10.2012 - 5 K 1969/12 - juris Rn. 49).
44 
Ein Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen begründet daher regelmäßig eine schwerwiegende Verfahrensrechtsverletzung und damit die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2010 a.a.O. m.w.N; vgl. auch für die Mitwirkung befangener Gemeinderäte bei Satzungsbeschlüssen § 18 Abs. 5 GemO).
45 
Der Öffentlichkeitsgrundsatz verlangt bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes dabei nicht nur, dass der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Sitzung gefasst wird, sondern dass über die Frage auch öffentlich beraten wird (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.06.1980 - III 503/79 - VBlBW 1980, 33, vom 16.06.1981 - 3 S 271/81 und vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - NVwZ 1991, 284; OLG Stuttgart, Urteil vom 11.11.2013 - 102 U 1/13 - juris Rn. 31). Denn das Vorkaufsrecht darf nur dann ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit im Sinne der § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB den kommunalen Grundstückserwerb erfordert. Angesichts des städtebaulichen Einschätzungsspielraums, ob und in welcher Weise das jeweilige Grundstück für die kommunale Planung von Relevanz ist, kommt danach gerade bereits der öffentlichen Debatte im politischen Willensbildungsorgan eine besondere Bedeutung zu. Dabei wird im Regelfall die der Beschlussfassung vorausgehende Beratung in ein- und derselben öffentlichen Sitzung des Gemeinderats erfolgen. Fallen im Einzelfall die beiden Schritte auseinander, gilt der Grundsatz der Öffentlichkeit für beide Einzelschritte.
46 
c) Diesen Anforderungen entsprach das Vorgehen der Beklagten nicht.
47 
aa) Der Gemeinderat der Beklagten hat hier zwar in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats vom 29.08.2011 den Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gefasst. Die (eigentliche) Sachberatung- und diskussion hierüber erfolgte jedoch nicht in dieser öffentlichen Gemeinderatssitzung, sondern in nichtöffentlicher Sitzung. Da in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats die unter Verstoß gegen das Prinzip der Öffentlichkeit durchgeführte Beratung nicht offengelegt wurde, ist auch der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts fehlerhaft.
48 
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erfolgte in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates vom 29.08.2011 keine Beratung über die Ausübung des Vorkaufsrechts. Zwar fand unmittelbar vor der Beschlussfassung nach der Einführung durch den Bürgermeister eine kurze Aussprache statt, in der drei Gemeinderäte die einstimmige Zustimmung ihrer jeweiligen Fraktionen ankündigten. Allein der Umstand, dass insofern keine streitige Diskussion mit Rede und Gegenrede stattgefunden hat, begründet noch keinen Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Denn auf eine Beratung kann im Einzelfall auch ganz verzichtet werden (vgl. auch § 37 Abs. 1 Satz 2 GemO).
49 
Sowohl den Darlegungen des Bürgermeisters (Verweis auf eine Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagten-Vertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe), als auch den Ausführungen der drei Gemeinderäte ist jedoch zu entnehmen, dass auf vorangegangene Beratungen Bezug genommen wurde. Hierdurch ist überhaupt erst offenbar geworden, dass ein Beratungsbedarf nur deshalb nicht mehr bestanden hat, da über die Ausübung des Vorkaufsrechtes zuvor mehrfach beraten wurde. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, ein weiterer Beratungsbedarf habe sich in der öffentlichen Sitzung nicht ergeben, da unmittelbar vor diesem Tagesordnungspunkt das Entwicklungskonzept im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ fortgeschrieben und konkretisiert worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass weder der Bürgermeister selbst noch die drei Gemeinderäte, die sich hierzu geäußert haben, bei der Befassung des Themas „Vorkaufsrecht“ auf diesen vorangegangen Tagesordnungspunkt berufen haben. Vielmehr hat der Bürgermeister selbst auf eine Vorberatung vom 01.08.2011 Bezug genommen; auch Gemeinderat M. hat auf eine Vorberatung hingewiesen.
50 
bb) Die der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 29.08.2011 vorangegangenen Beratungen über die Ausübung des Vorkaufsrechts haben sämtlich in nichtöffentlicher Sitzung stattgefunden.
51 
In der nichtöffentlichen Sitzung am 25.07.2011 hat der Bürgermeister u.a. darauf verwiesen, dass die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Gemeinderatssitzung zu erfolgen habe. Offenbar ging dieser davon aus, dass es unschädlich sei, hierüber in nichtöffentlicher Sitzung zu beraten. Danach wurde ausführlich und kontrovers darüber diskutiert, ob für das Grundstück nach den bisher formulierten Sanierungszwecken überhaupt die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, der Bürgermeister wurde teilweise wegen der gescheiterten Verkaufsverhandlungen mit dem Kläger zu 1 kritisiert und es bestand insgesamt eine Unsicherheit, ob die rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen. In dieser nichtöffentlichen Sitzung fand danach - unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO - bereits die wesentliche Sachdiskussion und nicht lediglich eine bloße Vorbehandlung einer schwierigen Angelegenheit in einer nichtöffentlichen Sitzung statt, die dann in einer weiteren öffentlichen Sitzung erledigt wird (vgl. dazu Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur Gemeindeordnung, § 35 Rn. 12; vgl. auch zur Zulässigkeit der Vorberatung durch einen Ausschuss in nichtöffentlicher Sitzung: §§ 39 Abs. 5 Satz 2, 41 Abs. 3 GemO; vgl. zur Zulässigkeit der Klärung lediglich einer Einzelfrage im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens in nichtöffentlicher Sitzung: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.03.2011 - 5 S 746/10 - juris Rn. 22). Eine analoge Anwendung des § 39 Abs. 5 Satz 2 GemO kommt entgegen der Ansicht des Beklagten-Vertreters nicht in Betracht. Die Vorschrift betrifft Vorberatungen eines beschließenden Ausschusses des Gemeinderats in nichtöffentlicher Sitzung. Eine nichtöffentliche Vorberatung durch den Gemeinderat widerspricht dagegen bereits grundsätzlich der klaren Regelung des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - juris Rn. 26 ; Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., § 35 Rn. 12), so dass eine solche stets unzulässig ist.
52 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 25.07.2011 umfassend nichtöffentlich beraten und damit gerade die eigentliche und entscheidende Sachdiskussion der anschließenden öffentlichen Sitzung vorweggenommen, was Sinn und Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO widerspricht (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.07.2000 - 14 S 237/99 - juris Rn. 39; Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur GemO, § 35 Rn. 12).
53 
Durch die Vorwegnahme der Sachdiskussion in der nichtöffentlichen Sitzung ist die der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen zukommende Legitimations-, Kontroll- und Beteiligungsfunktion erheblich beeinträchtigt worden. Hieran vermag auch der in der nachfolgenden nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 gefasste Beschluss, dass die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung vom 25.07.2011 als gegenstandslos zu betrachten sei und die Beratung und die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erstmals in einer weiteren Gemeinderatssitzung stattfinden werde, nichts zu ändern. Diese nur „kassatorische“ Maßnahme war zur Verwirklichung des Zwecks des Öffentlichkeitsgebots nicht ausreichend. Denn die bloße förmliche Distanzierung von der vorherigen Beratung änderte jedenfalls nichts daran, dass den Gemeindebürgern der tatsächliche Willensbildungsprozess des Gemeinderats vollständig verborgen blieb. Sowohl die ursprünglichen Kritikpunkte an der Ausübung des Vorkaufsrechts als auch die spätere Ausräumung dieser Bedenken und die damit verbundene Bejahung des Vorliegens der Voraussetzungen blieben den Gemeindebürgern gänzlich unbekannt. Damit war der Distanzierungsbeschluss nicht geeignet, eine Informationsgrundlage für die Bürger zu schaffen, die ihnen die Wahrnehmung der Kontrolle des Gemeinderats und die Willensbildung im Hinblick auf künftige Wahlen ermöglicht.
54 
Hinzu kommt, dass in der weiteren nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 der Gemeinderat, obwohl der Bürgermeister als auch der Beklagten-Vertreter ausdrücklich darauf hingewiesen hatten, dass in der Sitzung keine Sachdiskussion zur Vorkaufsrechtsausübung geführt werde, in der Sache dann doch konkret über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gesprochen wurde. Der Beklagten-Vertreter hat nach Darlegung der allgemeinen rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung eines Vorkaufsrechts, Fragen einzelner Gemeinderäte beantwortet, die nicht nur allgemeiner Natur waren, sondern die sich konkret auf das Grundstück ... Straße ... bezogen haben. So wurden etwa Fragen nach Chancen für ein Rechtsmittel des Käufers oder Erwerbers beantwortet; auch die Notwendigkeit der Konkretisierung der Sanierungsziele für die kleine Turnhalle wurde angesprochen. Es fand nicht lediglich eine Information über die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausübung des Vorkaufsrechtes statt, wie dies in dem Protokoll (S. 5) vermerkt wird. In Anknüpfung an die vorausgegangene nichtöffentliche Beratung vom 25.07.2011 wurden vielmehr Zweifel daran, dass die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, nun durch die rechtliche Beratung zerstreut. In dieser nichtöffentlichen Sitzung wurde zudem der einstimmige Beschluss gefasst, den Beklagtenvertreter mit der Begleitung „zur Ausübung des Vorkaufsrechts“ zu beauftragen. Aus der Sicht eines objektiven Beobachters stellt sich auch dieses Verhalten bereits als eine wesentliche Entscheidung des Gemeinderats dar, das Vorkaufsrechts auszuüben.
55 
Zwar können rechtswidrige Beschlüsse eines Gemeinderates in einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung aufgehoben und erneut gefasst werden. Für rechtswidrig nichtöffentliche Beratungen kommt dies - etwa mittels eines Distanzierungsbeschluss - aufgrund der vorgenannten Erwägungen der Sache nach aber nicht in Betracht. Eine wegen Verstoßes gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO rechtswidrige Beratung kann durch einen nachträglichen Beschluss des Gemeinderats daher auch nicht für „gegenstandslos“ erklärt werden.
56 
cc) Der Öffentlichkeitsgrundsatz gebietet daher für solche „infizierten“ Beratungen, dass in der öffentlichen Sitzung, in der die Beschlussfassung erfolgen soll, der zugrunde liegende (eigentliche) Willensbildungsprozess des Gemeinderats aus den vorangegangenen nichtöffentlichen Sitzungen zumindest in seinen Grundzügen offen gelegt wird. Demnach hätte in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 die Öffentlichkeit zumindest über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion sowie über die rechtliche Argumentation in den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 informiert werden müssen, was unstreitig nicht geschehen ist.
57 
Einer solchen Information stehen – entgegen der Auffassung der Beklagten – grundsätzlich aber weder § 35 Abs. 2 GemO, wonach die Gemeinderäte zur Verschwiegenheit über alle in nichtöffentlicher Sitzung behandelten Angelegenheiten so lange verpflichtet sind, bis sie der Bürgermeister von der Schweigepflicht entbindet, noch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gemeinderäte entgegen. Zwar ist anerkannt, dass die Gemeinderäte auch dann zur Verschwiegenheit bezüglich aller in nichtöffentlicher Sitzung bekanntgewordener Angelegenheiten nach § 35 Abs. 2 GemO verpflichtet sind, wenn sie der Auffassung sind, dass öffentlich hätte verhandelt werden müssen (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, 4. Auflage, § 35 Rn. 17). Die Schweigepflicht der Gemeinderäte gilt jedoch nur so lange, bis der Bürgermeister sie aufhebt. Auf die Aufhebung der Schweigepflicht ist im Interesse der Schaffung klarer Verhältnisse besonderer Wert zu legen. Ihre Aufhebung ist aber auch konkludent möglich. Eine Entbindung von der Schweigepflicht ist daher als notwendiger Bestandteil der Information der Öffentlichkeit durch den Bürgermeister in seiner Funktion als Vorsitzender des Gemeinderats zu sehen. Mit der Information über den Inhalt einer Sitzung in Fällen, in denen die Öffentlichkeit rechtswidrig ausgeschlossen wurde, macht der Bürgermeister zugleich deutlich, dass bezüglich dieser Angelegenheiten keine Verschwiegenheit mehr gewahrt werden muss. Dem steht auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte nicht entgegen. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten gebietet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte keine Auslegung des § 35 Abs. 2 GemO, die zur Unzulässigkeit einer Offenlegung der unberechtigterweise nichtöffentlich beratenen Gegenstände führt. Dem informationellen Selbstbestimmungsrecht kommt zwar im Rahmen des § 35 GemO ein gewichtiger Stellenwert zu (vgl. insofern auch § 48 Abs. 3 GO NRW). Dies bezieht sich jedoch maßgeblich auf die von den Beratungsgegenständen persönlich betroffenen Personen, zu deren Gunsten die Öffentlichkeit gegebenenfalls auszuschließen ist. Die Gemeinderäte, die im Rahmen der Sitzung als mandatierte Volksvertreter und nicht in ihrer Eigenschaft als Privatpersonen auftreten, sind regelmäßig nicht in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Die Information über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion in unberechtigterweise nichtöffentlichen Sitzungen betrifft in aller Regel nicht die personenbezogenen Daten der Gemeinderäte. Auch im vorliegenden Fall wären bei einer Information durch den Bürgermeister jedenfalls keine personenbezogenen Daten der Gemeinderäte preisgegeben worden. Hiervon geht nunmehr auch die Beklagte aus, da sie in der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 17.11.2014 den Sach- und Diskussionsstand aus den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 offengelegt hat.
58 
4. Die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.08.2011 führt auch zur Rechtswidrigkeit des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Dieser Bescheid stellt den Vollzug des Beschlusses des Gemeinderats dar, der nicht hätte ergehen dürfen, weil der Bürgermeister nur gesetzmäßig gefasste Beschlüsse vollziehen darf (§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GemO; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - a.a.O).
59 
5. Der wegen Rechtswidrigkeit des Beschlusses bestehende Aufhebungsanspruch der Kläger ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nach § 46 LVwVfG ausgeschlossen.
60 
Nach § 46 LVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Zwar muss es sich bei den verletzten Verfahrensvorschriften nicht um solche des Verwaltungsverfahrensgesetzes handeln, auch entsprechende Vorschriften in anderen Gesetzen werden erfasst (für § 46 VwVfG:Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn. 7; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. ,§ 46 Rn. 30).
61 
Die Vorschrift über die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen geht jedoch gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG der Vorschrift des § 46 LVwVfG vor. Aufgrund der dargestellten Bedeutung des Prinzips der Öffentlichkeit handelt es sich bei dessen Beachtung um ein die Anwendung von § 46 LVwVfG ausschließendes absolutes Verfahrenserfordernis, das unabhängig von der Richtigkeit der von der Beklagten getroffenen Entscheidung beachtet werden muss (vgl. zum Beteiligungsrecht von Naturschutzverbänden nach § 29 BNatSchG a.F.: BVerwG, Urteil vom 12.11.1997 - 11 A 49.96 - BVerGE 105, 348 <353>). Die Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 2 GemO ist keine lediglich formale Ordnungsvorschrift, deren Adressat allein der Gemeinderat ist. Dies belegen gerade auch die Regelungen des § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 GemO, wonach die Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit der Wirksamkeit einer Satzung stets entgegengehalten werden kann sowie des § 18 Abs. 6 GemO zur Rechtswidrigkeit von Gemeinderatsbeschlüssen unter Mitwirkung befangener Gemeinderäte. Eine Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet bei einem Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO danach von vornherein aus (a.A. Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 10. Aufl., § 14 Rn. 153). Auf den Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 17.11.2014, der nach den Darlegungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gerade auch zeigen sollte, dass in der Sache keine andere Entscheidung getroffen worden wäre, braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Hinzuziehungen der Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Kläger sind nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.
63 
Gründe für die Zulassung der Revision aus § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
64 
Beschluss
65 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf10.000,- EUR festgesetzt (entsprechend den Streitwertfestsetzungen im ersten Rechtszug).
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
35 
Die Berufungen der Kläger sind nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig.
36 
Auch wenn der Kläger zu 2 nicht Adressat des angefochtenen Ausübungsbescheides ist, ist er klagebefugt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch eine Gemeinde ist ein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt, der sich auch gegenüber dem Käufer als belastender Verwaltungsakt darstellt und gegen den sich dieser mit Widerspruch und Anfechtungsklage wehren kann (st. Rspr. BVerwG, Beschlüsse vom 25.05.1982 - 4 B 98.82 - BRS 39 Nr. 96, juris Rn. 3, vom 15.02.2000 - 4 B 10.00 - BauR 2000, 1027, juris Rn. 5 und vom 30.11.2009 - 4 B 52.09 - juris Rn. 5).
37 
Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides über die Ausübung des Vorkaufsrechts ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist die Ausübung des Vorkaufsrechtes fristgebunden. Es handelt sich um eine materielle Ausschlussfrist, d.h. eine vom materiellen Recht gesetzte Frist, deren Nichteinhaltung den Verlust einer materiell-rechtlichen Rechtsposition zur Folge hat. Materiell-rechtliche Ausschlussfristen sind für Behörden und Beteiligte gleichermaßen verbindlich und stehen nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte (BVerwG, u.a. Urteil vom 22.10.1993 - 6 C 119.92 - juris Rn.16 m.w.N.). Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, so dass innerhalb der Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB sämtliche für die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein müssen (vgl. Paetow in Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Aufl., § 28 Rn. 10; Dolde, NJW 1984, 1713,1729; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.1997 - 8 A 12998/96 - juris Rn. 26 zum Vorkaufsrecht nach DSchPflG RP).
39 
2. Rechtsgrundlage des Bescheids der Beklagten vom 31.08.2011 ist § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Danach steht der Gemeinde beim Kauf von Grundstücken in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet ein Vorkaufsrecht zu. Das Grundstück Flst.Nr. ..., das mit notariellem Kaufvertrag vom 30.06.2011 vom Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 veräußert wurde, liegt unstreitig im Geltungsbereich des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „Östlicher Ortskern“ der Beklagten. Die Ausübung des Vorkaufsrechts hat nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags gegenüber dem Verkäufer zu erfolgen. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt, denn die Mitteilung über den Abschluss des Kaufvertrages ging bei der Beklagten am 04.07.2011 ein, so dass der angefochtene Bescheid vom 31.08.2011, der dem Kläger zu 1 am 02.09.2011 zugestellt wurde, die Frist wahrte.
40 
3. Der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechtes ist jedoch rechtswidrig, da er einen rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 29.08.2011 vollzieht. Dieser Beschluss verstieß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Auf die Frage, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts vorgelegen haben, kommt es daher nicht (mehr) an.
41 
a) Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist das Vorkaufsrecht durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer auszuüben. Da die Entscheidung hierüber eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung betrifft, ist eine Entscheidung des hierfür zuständigen Gemeindeorgans erforderlich. Dies ist hier der Gemeinderat. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 GemO legt der Gemeinderat die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm der Gemeinderat bestimmte Angelegenheiten überträgt. Hier ist unstreitig weder die Zuständigkeit des Bürgermeisters nach § 44 GemO eröffnet, noch hat eine Zuständigkeitsübertragung an den Bürgermeister der Beklagten stattgefunden.
42 
b) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO sind die Sitzungen des Gemeinderats öffentlich. Nichtöffentlich darf nach Satz 2 der Vorschrift nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern. Diese Voraussetzungen lagen offenkundig nicht vor, wovon auch die Beteiligten ausgehen.
43 
Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen gehört zu den wesentlichen Verfahrensbestimmungen des Gemeinderechts. Er ist im demokratischen Rechtsstaat eines der wichtigsten Mittel, das Interesse der Bürgerschaft an der Selbstverwaltung zu wecken und zu erhalten. Er hat die Funktion, dem Gemeindebürger Einblick in die Tätigkeit der Vertretungskörperschaften und ihrer einzelnen Mitglieder zu ermöglichen und dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik sowie die Willensbildung zu schaffen, den Gemeinderat der allgemeinen Kontrolle der Öffentlichkeit zu unterziehen und dazu beizutragen, der unzulässigen Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen auf die Beschlussfassung des Gemeinderats vorzubeugen; es soll so bereits der Anschein vermieden werden, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 09.11.1966 - I 5/65 - ESVGH 17,118 und 24.02.1992 - 1 S 2242/91 - juris Rn. 15, Beschluss vom 25.02.2013 - 1 S 2155/12 - juris Rn. 9). Der Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO geht daher über eine bloße Unterrichtung des Bürgers hinaus. Vielmehr dient er gerade dem Ziel einer gesetzmäßigen und sachgerechten Arbeit des Gemeinderats sowie der Verhinderung vermeidbarer Missdeutungen seiner Willensbildung und Beschlussfassung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.1966 a.a.O.). Die Bürger sollen aufgrund der öffentlichen Beratung wichtiger Gemeindeangelegenheiten auch einschätzen können, ob gegebenenfalls eine unmittelbare Beteiligung der Bürgerschaft an der Entscheidungsfindung erforderlich wird (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 19.10.2012 - 5 K 1969/12 - juris Rn. 49).
44 
Ein Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen begründet daher regelmäßig eine schwerwiegende Verfahrensrechtsverletzung und damit die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2010 a.a.O. m.w.N; vgl. auch für die Mitwirkung befangener Gemeinderäte bei Satzungsbeschlüssen § 18 Abs. 5 GemO).
45 
Der Öffentlichkeitsgrundsatz verlangt bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes dabei nicht nur, dass der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Sitzung gefasst wird, sondern dass über die Frage auch öffentlich beraten wird (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.06.1980 - III 503/79 - VBlBW 1980, 33, vom 16.06.1981 - 3 S 271/81 und vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - NVwZ 1991, 284; OLG Stuttgart, Urteil vom 11.11.2013 - 102 U 1/13 - juris Rn. 31). Denn das Vorkaufsrecht darf nur dann ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit im Sinne der § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB den kommunalen Grundstückserwerb erfordert. Angesichts des städtebaulichen Einschätzungsspielraums, ob und in welcher Weise das jeweilige Grundstück für die kommunale Planung von Relevanz ist, kommt danach gerade bereits der öffentlichen Debatte im politischen Willensbildungsorgan eine besondere Bedeutung zu. Dabei wird im Regelfall die der Beschlussfassung vorausgehende Beratung in ein- und derselben öffentlichen Sitzung des Gemeinderats erfolgen. Fallen im Einzelfall die beiden Schritte auseinander, gilt der Grundsatz der Öffentlichkeit für beide Einzelschritte.
46 
c) Diesen Anforderungen entsprach das Vorgehen der Beklagten nicht.
47 
aa) Der Gemeinderat der Beklagten hat hier zwar in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats vom 29.08.2011 den Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gefasst. Die (eigentliche) Sachberatung- und diskussion hierüber erfolgte jedoch nicht in dieser öffentlichen Gemeinderatssitzung, sondern in nichtöffentlicher Sitzung. Da in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats die unter Verstoß gegen das Prinzip der Öffentlichkeit durchgeführte Beratung nicht offengelegt wurde, ist auch der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts fehlerhaft.
48 
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erfolgte in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates vom 29.08.2011 keine Beratung über die Ausübung des Vorkaufsrechts. Zwar fand unmittelbar vor der Beschlussfassung nach der Einführung durch den Bürgermeister eine kurze Aussprache statt, in der drei Gemeinderäte die einstimmige Zustimmung ihrer jeweiligen Fraktionen ankündigten. Allein der Umstand, dass insofern keine streitige Diskussion mit Rede und Gegenrede stattgefunden hat, begründet noch keinen Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Denn auf eine Beratung kann im Einzelfall auch ganz verzichtet werden (vgl. auch § 37 Abs. 1 Satz 2 GemO).
49 
Sowohl den Darlegungen des Bürgermeisters (Verweis auf eine Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagten-Vertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe), als auch den Ausführungen der drei Gemeinderäte ist jedoch zu entnehmen, dass auf vorangegangene Beratungen Bezug genommen wurde. Hierdurch ist überhaupt erst offenbar geworden, dass ein Beratungsbedarf nur deshalb nicht mehr bestanden hat, da über die Ausübung des Vorkaufsrechtes zuvor mehrfach beraten wurde. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, ein weiterer Beratungsbedarf habe sich in der öffentlichen Sitzung nicht ergeben, da unmittelbar vor diesem Tagesordnungspunkt das Entwicklungskonzept im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ fortgeschrieben und konkretisiert worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass weder der Bürgermeister selbst noch die drei Gemeinderäte, die sich hierzu geäußert haben, bei der Befassung des Themas „Vorkaufsrecht“ auf diesen vorangegangen Tagesordnungspunkt berufen haben. Vielmehr hat der Bürgermeister selbst auf eine Vorberatung vom 01.08.2011 Bezug genommen; auch Gemeinderat M. hat auf eine Vorberatung hingewiesen.
50 
bb) Die der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 29.08.2011 vorangegangenen Beratungen über die Ausübung des Vorkaufsrechts haben sämtlich in nichtöffentlicher Sitzung stattgefunden.
51 
In der nichtöffentlichen Sitzung am 25.07.2011 hat der Bürgermeister u.a. darauf verwiesen, dass die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Gemeinderatssitzung zu erfolgen habe. Offenbar ging dieser davon aus, dass es unschädlich sei, hierüber in nichtöffentlicher Sitzung zu beraten. Danach wurde ausführlich und kontrovers darüber diskutiert, ob für das Grundstück nach den bisher formulierten Sanierungszwecken überhaupt die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, der Bürgermeister wurde teilweise wegen der gescheiterten Verkaufsverhandlungen mit dem Kläger zu 1 kritisiert und es bestand insgesamt eine Unsicherheit, ob die rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen. In dieser nichtöffentlichen Sitzung fand danach - unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO - bereits die wesentliche Sachdiskussion und nicht lediglich eine bloße Vorbehandlung einer schwierigen Angelegenheit in einer nichtöffentlichen Sitzung statt, die dann in einer weiteren öffentlichen Sitzung erledigt wird (vgl. dazu Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur Gemeindeordnung, § 35 Rn. 12; vgl. auch zur Zulässigkeit der Vorberatung durch einen Ausschuss in nichtöffentlicher Sitzung: §§ 39 Abs. 5 Satz 2, 41 Abs. 3 GemO; vgl. zur Zulässigkeit der Klärung lediglich einer Einzelfrage im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens in nichtöffentlicher Sitzung: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.03.2011 - 5 S 746/10 - juris Rn. 22). Eine analoge Anwendung des § 39 Abs. 5 Satz 2 GemO kommt entgegen der Ansicht des Beklagten-Vertreters nicht in Betracht. Die Vorschrift betrifft Vorberatungen eines beschließenden Ausschusses des Gemeinderats in nichtöffentlicher Sitzung. Eine nichtöffentliche Vorberatung durch den Gemeinderat widerspricht dagegen bereits grundsätzlich der klaren Regelung des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - juris Rn. 26 ; Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., § 35 Rn. 12), so dass eine solche stets unzulässig ist.
52 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 25.07.2011 umfassend nichtöffentlich beraten und damit gerade die eigentliche und entscheidende Sachdiskussion der anschließenden öffentlichen Sitzung vorweggenommen, was Sinn und Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO widerspricht (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.07.2000 - 14 S 237/99 - juris Rn. 39; Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur GemO, § 35 Rn. 12).
53 
Durch die Vorwegnahme der Sachdiskussion in der nichtöffentlichen Sitzung ist die der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen zukommende Legitimations-, Kontroll- und Beteiligungsfunktion erheblich beeinträchtigt worden. Hieran vermag auch der in der nachfolgenden nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 gefasste Beschluss, dass die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung vom 25.07.2011 als gegenstandslos zu betrachten sei und die Beratung und die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erstmals in einer weiteren Gemeinderatssitzung stattfinden werde, nichts zu ändern. Diese nur „kassatorische“ Maßnahme war zur Verwirklichung des Zwecks des Öffentlichkeitsgebots nicht ausreichend. Denn die bloße förmliche Distanzierung von der vorherigen Beratung änderte jedenfalls nichts daran, dass den Gemeindebürgern der tatsächliche Willensbildungsprozess des Gemeinderats vollständig verborgen blieb. Sowohl die ursprünglichen Kritikpunkte an der Ausübung des Vorkaufsrechts als auch die spätere Ausräumung dieser Bedenken und die damit verbundene Bejahung des Vorliegens der Voraussetzungen blieben den Gemeindebürgern gänzlich unbekannt. Damit war der Distanzierungsbeschluss nicht geeignet, eine Informationsgrundlage für die Bürger zu schaffen, die ihnen die Wahrnehmung der Kontrolle des Gemeinderats und die Willensbildung im Hinblick auf künftige Wahlen ermöglicht.
54 
Hinzu kommt, dass in der weiteren nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 der Gemeinderat, obwohl der Bürgermeister als auch der Beklagten-Vertreter ausdrücklich darauf hingewiesen hatten, dass in der Sitzung keine Sachdiskussion zur Vorkaufsrechtsausübung geführt werde, in der Sache dann doch konkret über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gesprochen wurde. Der Beklagten-Vertreter hat nach Darlegung der allgemeinen rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung eines Vorkaufsrechts, Fragen einzelner Gemeinderäte beantwortet, die nicht nur allgemeiner Natur waren, sondern die sich konkret auf das Grundstück ... Straße ... bezogen haben. So wurden etwa Fragen nach Chancen für ein Rechtsmittel des Käufers oder Erwerbers beantwortet; auch die Notwendigkeit der Konkretisierung der Sanierungsziele für die kleine Turnhalle wurde angesprochen. Es fand nicht lediglich eine Information über die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausübung des Vorkaufsrechtes statt, wie dies in dem Protokoll (S. 5) vermerkt wird. In Anknüpfung an die vorausgegangene nichtöffentliche Beratung vom 25.07.2011 wurden vielmehr Zweifel daran, dass die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, nun durch die rechtliche Beratung zerstreut. In dieser nichtöffentlichen Sitzung wurde zudem der einstimmige Beschluss gefasst, den Beklagtenvertreter mit der Begleitung „zur Ausübung des Vorkaufsrechts“ zu beauftragen. Aus der Sicht eines objektiven Beobachters stellt sich auch dieses Verhalten bereits als eine wesentliche Entscheidung des Gemeinderats dar, das Vorkaufsrechts auszuüben.
55 
Zwar können rechtswidrige Beschlüsse eines Gemeinderates in einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung aufgehoben und erneut gefasst werden. Für rechtswidrig nichtöffentliche Beratungen kommt dies - etwa mittels eines Distanzierungsbeschluss - aufgrund der vorgenannten Erwägungen der Sache nach aber nicht in Betracht. Eine wegen Verstoßes gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO rechtswidrige Beratung kann durch einen nachträglichen Beschluss des Gemeinderats daher auch nicht für „gegenstandslos“ erklärt werden.
56 
cc) Der Öffentlichkeitsgrundsatz gebietet daher für solche „infizierten“ Beratungen, dass in der öffentlichen Sitzung, in der die Beschlussfassung erfolgen soll, der zugrunde liegende (eigentliche) Willensbildungsprozess des Gemeinderats aus den vorangegangenen nichtöffentlichen Sitzungen zumindest in seinen Grundzügen offen gelegt wird. Demnach hätte in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 die Öffentlichkeit zumindest über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion sowie über die rechtliche Argumentation in den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 informiert werden müssen, was unstreitig nicht geschehen ist.
57 
Einer solchen Information stehen – entgegen der Auffassung der Beklagten – grundsätzlich aber weder § 35 Abs. 2 GemO, wonach die Gemeinderäte zur Verschwiegenheit über alle in nichtöffentlicher Sitzung behandelten Angelegenheiten so lange verpflichtet sind, bis sie der Bürgermeister von der Schweigepflicht entbindet, noch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gemeinderäte entgegen. Zwar ist anerkannt, dass die Gemeinderäte auch dann zur Verschwiegenheit bezüglich aller in nichtöffentlicher Sitzung bekanntgewordener Angelegenheiten nach § 35 Abs. 2 GemO verpflichtet sind, wenn sie der Auffassung sind, dass öffentlich hätte verhandelt werden müssen (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, 4. Auflage, § 35 Rn. 17). Die Schweigepflicht der Gemeinderäte gilt jedoch nur so lange, bis der Bürgermeister sie aufhebt. Auf die Aufhebung der Schweigepflicht ist im Interesse der Schaffung klarer Verhältnisse besonderer Wert zu legen. Ihre Aufhebung ist aber auch konkludent möglich. Eine Entbindung von der Schweigepflicht ist daher als notwendiger Bestandteil der Information der Öffentlichkeit durch den Bürgermeister in seiner Funktion als Vorsitzender des Gemeinderats zu sehen. Mit der Information über den Inhalt einer Sitzung in Fällen, in denen die Öffentlichkeit rechtswidrig ausgeschlossen wurde, macht der Bürgermeister zugleich deutlich, dass bezüglich dieser Angelegenheiten keine Verschwiegenheit mehr gewahrt werden muss. Dem steht auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte nicht entgegen. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten gebietet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte keine Auslegung des § 35 Abs. 2 GemO, die zur Unzulässigkeit einer Offenlegung der unberechtigterweise nichtöffentlich beratenen Gegenstände führt. Dem informationellen Selbstbestimmungsrecht kommt zwar im Rahmen des § 35 GemO ein gewichtiger Stellenwert zu (vgl. insofern auch § 48 Abs. 3 GO NRW). Dies bezieht sich jedoch maßgeblich auf die von den Beratungsgegenständen persönlich betroffenen Personen, zu deren Gunsten die Öffentlichkeit gegebenenfalls auszuschließen ist. Die Gemeinderäte, die im Rahmen der Sitzung als mandatierte Volksvertreter und nicht in ihrer Eigenschaft als Privatpersonen auftreten, sind regelmäßig nicht in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Die Information über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion in unberechtigterweise nichtöffentlichen Sitzungen betrifft in aller Regel nicht die personenbezogenen Daten der Gemeinderäte. Auch im vorliegenden Fall wären bei einer Information durch den Bürgermeister jedenfalls keine personenbezogenen Daten der Gemeinderäte preisgegeben worden. Hiervon geht nunmehr auch die Beklagte aus, da sie in der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 17.11.2014 den Sach- und Diskussionsstand aus den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 offengelegt hat.
58 
4. Die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.08.2011 führt auch zur Rechtswidrigkeit des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Dieser Bescheid stellt den Vollzug des Beschlusses des Gemeinderats dar, der nicht hätte ergehen dürfen, weil der Bürgermeister nur gesetzmäßig gefasste Beschlüsse vollziehen darf (§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GemO; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - a.a.O).
59 
5. Der wegen Rechtswidrigkeit des Beschlusses bestehende Aufhebungsanspruch der Kläger ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nach § 46 LVwVfG ausgeschlossen.
60 
Nach § 46 LVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Zwar muss es sich bei den verletzten Verfahrensvorschriften nicht um solche des Verwaltungsverfahrensgesetzes handeln, auch entsprechende Vorschriften in anderen Gesetzen werden erfasst (für § 46 VwVfG:Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn. 7; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. ,§ 46 Rn. 30).
61 
Die Vorschrift über die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen geht jedoch gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG der Vorschrift des § 46 LVwVfG vor. Aufgrund der dargestellten Bedeutung des Prinzips der Öffentlichkeit handelt es sich bei dessen Beachtung um ein die Anwendung von § 46 LVwVfG ausschließendes absolutes Verfahrenserfordernis, das unabhängig von der Richtigkeit der von der Beklagten getroffenen Entscheidung beachtet werden muss (vgl. zum Beteiligungsrecht von Naturschutzverbänden nach § 29 BNatSchG a.F.: BVerwG, Urteil vom 12.11.1997 - 11 A 49.96 - BVerGE 105, 348 <353>). Die Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 2 GemO ist keine lediglich formale Ordnungsvorschrift, deren Adressat allein der Gemeinderat ist. Dies belegen gerade auch die Regelungen des § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 GemO, wonach die Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit der Wirksamkeit einer Satzung stets entgegengehalten werden kann sowie des § 18 Abs. 6 GemO zur Rechtswidrigkeit von Gemeinderatsbeschlüssen unter Mitwirkung befangener Gemeinderäte. Eine Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet bei einem Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO danach von vornherein aus (a.A. Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 10. Aufl., § 14 Rn. 153). Auf den Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 17.11.2014, der nach den Darlegungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gerade auch zeigen sollte, dass in der Sache keine andere Entscheidung getroffen worden wäre, braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Hinzuziehungen der Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Kläger sind nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.
63 
Gründe für die Zulassung der Revision aus § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
64 
Beschluss
65 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf10.000,- EUR festgesetzt (entsprechend den Streitwertfestsetzungen im ersten Rechtszug).
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Artikel 1 Nummer 7 und Artikel 1 Nummer 8 der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz vom 24. Oktober 2008 werden für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich gegen eine Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz, durch die die Mitgliedschaft in den beratenden Ausschüssen nicht mehr durch Wahlen, sondern aufgrund einer Bestellung durch den Senat auf Vorschlag des Rektors erfolgt.
Der Antragsteller ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich ... der Universität Konstanz angestellt und als Promotionsstudent eingeschrieben. Er bemühte sich bereits im Oktober 2008 um eine Bestellung als Mitglied des Ausschusses für Forschungsfragen und strebt künftig eine Mitgliedschaft im Ausschuss für Kommunikation und Information an.
Der Auswahlmodus für die Mitglieder der Ausschüsse für Forschungsfragen, für Lehre und Weiterbildung sowie für Kommunikation und Information ist durch die Erste Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz vom 24.10.2008 (Amtliche Bekanntmachungen der Universität Konstanz Nr. 53/2008) geändert worden. Während die Grundordnung der Universität Konstanz in der Fassung vom 30.09.2006 neben den Mitgliedern kraft Amtes eine Auswahl „aufgrund von Wahlen“ vorsah, bestimmt die Änderungssatzung nunmehr, dass die zusätzlichen Hochschullehrer, akademischen Mitarbeiter und Studierenden „aufgrund einer Bestellung durch den Senat auf Vorschlag des Rektors“ bestimmt werden.
Art. 1 Nr. 7 der Änderungssatzung vom 24.10.2008 lautet:
In § 9 Absatz 2 Nummer 2, § 10 Absatz 2 Nummer 2 und in § 11 Absatz 2 Nummer 2 werden die Worte „aufgrund von Wahlen“ durch die Worte „aufgrund einer Bestellung durch den Senat auf Vorschlag des Rektors“ ersetzt und danach als folgender Satz jeweils eingefügt:
„Der Vorschlag des Rektors für die Mitglieder gemäß Nr. 2a) erfolgt im Benehmen mit den Dekanen, für die Mitglieder gemäß Nr. 2b) im Benehmen mit den Vertretern nach § 6 Abs. 2 Nr. 2b) sowie für die Mitglieder gemäß Nr. 2c) im Benehmen mit dem AStA.“
Als Folgeänderung ist in Art. 1 Nr. 8 der Änderungssatzung bestimmt, dass in den geänderten Paragraphen jeweils das Wort „Wahlmitglieder“ durch die Worte „Mitglieder kraft Bestellung“ ersetzt wird. Die Novellierung ist vom Senat der Antragsgegnerin in der Sitzung vom 11.06.2008 einstimmig beschlossen, durch das Wissenschaftsministerium mit Schreiben vom 15.10.2008 genehmigt und mit Aushang im Schaukasten „Amtliche Bekanntmachungen“ vom 27.10.2008 bekannt gemacht worden.
Gegen diese Neuregelung der Mitgliederauswahl hat der Antragsteller am 23.10.2009 Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die Neufassung des Auswahlmodus führe faktisch zu einem unüberwindbaren Bestimmungsrecht des Rektors und entwerte damit die Mitwirkungsrechte aus § 9 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Hochschulen in Baden-Württemberg vom 01.01.2005 (GBl. S. 1; zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.12.2009, GBl. S. 809 - LHG -). Kritische Universitätsmitglieder, deren Mitwirkung in den Ausschüssen dem Rektor nicht genehm sei - wie dies im Falle des Antragstellers angesichts der bestehenden Auseinandersetzungen zwischen ihm und dem Rektor angenommen werden müsse -, seien damit faktisch von der Mitwirkung in den Gremien ausgeschlossen. Ein derartiges Bestimmungsrecht des Rektors sei mit geltendem Recht jedoch nicht vereinbar. Nach § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG handle es sich bei den beratenden Ausschüssen vielmehr um solche des Senats. Eine (faktische) Mitgliederauswahl durch den Rektor sei daher unzulässig. Dies gelte umso mehr, als es ständiger Praxis der Antragsgegnerin entspreche, in den beratenden Ausschüssen abgelehnte Anträge im Senat nicht mehr zur Abstimmung zu stellen, sodass den Gremien jedenfalls faktisch eine Beschlusskompetenz zufalle.
Überdies leide die Änderungssatzung auch an formellen Mängeln. So seien weder die öffentliche Anhörung vom 07.05.2008 noch die Senatssitzungen vom 13.02.2008 und vom 11.06.2008 ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Dies folge bereits daraus, dass ein Hinweis auf die Sitzungen nicht im Schaukasten „Amtliche Bekanntmachungen“ ausgehängt worden sei, auf den Universitätsmitglieder hinsichtlich wichtiger Angelegenheiten vertrauen dürften. Die bloße Einstellung auf der Homepage der Universität dagegen sei für die erforderliche ortsübliche Bekanntmachung nicht ausreichend. Auch das am Tag der öffentlichen Anhörung versandte Rundmail erfülle die an eine ordnungsgemäße Bekanntmachung zu stellenden Anforderungen nicht. Einerseits sei der Hinweis am selben Tag zu kurzfristig, andererseits sei diese Nachricht auch nicht an Mitarbeiter und Studenten versandt worden. Im Übrigen sei die öffentliche Anhörung dadurch zur Formalie entwertet worden, dass alle wesentlichen Fragen bereits vorab in einer - nicht öffentlichen - Arbeitsgruppe festgezurrt worden seien. Schließlich sei die maßgebliche Beschlussfassung in der Sitzung vom 11.06.2008 unter Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz erfolgt. Weder die Ladung noch das Protokoll enthielten einen Hinweis auf die Öffentlichkeit der Sitzung. Entgegen der von der Antragsgegnerin vorgetragenen Auffassung könne es sich insoweit auch nicht um ein Redaktionsversehen handeln. Es fehle nicht nur die Feststellung der Öffentlichkeit der Sitzung, vielmehr sei weder die sonst übliche Begrüßung der Öffentlichkeit noch deren Verabschiedung festgehalten. Aus dem Vermerk vom 18.06.2008 ergebe sich nichts anderes. Naheliegend sei vielmehr, dass die Antragsgegnerin unzutreffend davon ausgegangen sei, dass dem Erfordernis der Öffentlichkeit der Sitzung bereits dadurch Genüge getan werden könne, dass die Türen nicht verschlossen wurden. Im Übrigen spreche viel dafür, dass der Vermerk nachträglich erstellt und rückdatiert worden sei.
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Der Antragsteller beantragt,
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Art. 1 Nr. 7 und Nr. 8 der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz vom 24.10.2008 für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzuweisen.
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Sie führt aus, die vorgetragenen Einwände gegen das Zustandekommen der Norm seien nicht begründet. Weder das Landeshochschulgesetz noch die Verfahrensordnung der Universität sähen eine bestimmte Form der ortsüblichen Bekanntmachung für Senatssitzungen oder Anhörungen vor. Der Einwand fehlender „Ordnungsgemäßheit“ entbehre daher bereits der Grundlage. Insoweit verkenne der Antragsteller auch die Funktion von Mitteilungen auf der Homepage der Universität. Entgegen den Angaben des Antragstellers seien die Einladungen auch wie üblich am dazu vorgesehenen Schaukasten ausgehängt worden. Die zweite Lesung des Änderungsantrags am 11.06.2008 sei in öffentlicher Sitzung behandelt worden. Zwar fehle im Protokoll Nr. 7/2008 vom 18.06.2006 eine entsprechende Klarstellung; hieraus ergebe sich jedoch nicht der vom Antragsteller behauptete Mangel. Die fehlerhafte Protokollierung sei vielmehr nachträglich erkannt und mit Vermerk vom 18.06.2008 richtiggestellt worden. Das Fehlen einer formellen Protokollberichtigung ändere hieran nichts. Schließlich sei der Diskussion und Beratung des Senats auch nicht durch Arbeitsgruppen vorgegriffen worden; diese hätten lediglich Vorschläge erarbeitet, die bereits im Vorfeld der ersten Lesung mit Rundschreiben vom 29.11.2007 versandt worden seien.
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Die angegriffenen Bestimmungen seien auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Entgegen der vom Antragsteller vertretenen Auffassung handle es sich bei den in Rede stehenden Ausschüssen bereits nicht um Ausschüsse des Senats nach § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG. Aufgabe der Gremien sei gemäß §§ 9, 10 und 11 der Grundordnung vielmehr auch die Beratung des Rektorats, sodass der Zuständigkeitsbereich nicht auf den Senat beschränkt sei. Unabhängig hiervon sei die getroffene Bestimmung auch bei Annahme von Senatsausschüssen nicht zu beanstanden, weil der Senat selbst das Bestellungsverfahren normiert habe. Auch im Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG stehe es dem Senat jedoch frei, dem Rektor ein Vorschlagsrecht für die Ausschussmitglieder einzuräumen. Im Übrigen sei mit der Novellierung lediglich die ohnehin bestehende Praxis in die Grundordnung übernommen worden. Denn das Bestellungsverfahren habe sich auch seither schon aus den vom Senat am 21.02.2001 verabschiedeten Geschäftsordnungen der zentralen Ausschüsse ergeben.
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Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die beigezogene Verfahrensakte der Antragsgegnerin Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

 
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Die zulässige Normenkontrolle (I.) hat in der Sache Erfolg (II.). Das ordnungsgemäße Zustandekommen der angegriffenen Bestimmungen der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz kann nicht festgestellt werden (II.1.), auch wenn die Regelungen materiell nicht zu beanstanden sein dürften (II.2.).
I.
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Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
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Die Grundordnung der Antragsgegnerin (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO) ist als „andere im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift“ nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthafter Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahrens. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt, weil der Normenkontrollantrag am 23.10.2009 und damit innerhalb eines Jahres nach der am 27.10.2008 durch Aushang erfolgten Bekanntmachung der Änderungssatzung gestellt wurde. Der Antragsteller kann auch geltend machen, durch die angegriffenen Rechtsvorschriften in absehbarer Zeit in seinen Rechten verletzt zu werden, weil die von ihm angestrebte Mitgliedschaft in einem der Ausschüsse künftig einen Vorschlag des Rektors voraussetzt und das ihm in § 9 Abs. 2 Satz 1 LHG gewährleistete Mitwirkungsrecht damit erschwert werden kann.
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Auch das Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. Zwar gilt der vom Antragsteller gerügte Bestellungsmodus für die Mitglieder der Ausschüsse für Forschungsfragen, für Lehre und Weiterbildung sowie für Kommunikation und Information auch unabhängig von der Wirksamkeit der mit dem Normenkontrollantrag angegriffenen Bestimmungen der Universitäts-Grundordnung. Denn das Auswahlverfahren ist weitgehend wortgleich in den jeweiligen Geschäftsordnungen der Ausschüsse vom 21.02.2001 geregelt. In § 2 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Ausschusses für Kommunikation und Information der Universität Konstanz etwa ist bestimmt:
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Die Mitglieder und Stellvertreter nach § 11 Abs. 2 Zi. 2 der Grundordnung werden auf Vorschlag des Rektors vom Senat bestellt. Der Vorschlag des Rektors für die Mitglieder gemäß § 11 Abs. 2 Zi. 2 a) und b) der Grundordnung wird im Benehmen mit den Fachbereichssprechern und für die Mitglieder gemäß § 11 Abs. 2 Zi. 2 c) im Benehmen mit dem AStA erfolgen. Wiederbestellungen als Ausschussmitglied sind zulässig.
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Hinsichtlich der unmittelbar geltenden Rechtslage vermag der Normenkontrollantrag daher selbst im Erfolgsfalle die vom Antragsteller erstrebte Wirkung nicht zu erzielen. Dementsprechend ist auch in der Entwurfsbegründung vom 21.01.2008 ausgeführt, die Neuregelung folge „den Geschäftsordnungen der Ausschüsse und der bisherigen Praxis“ (Bl. 18 der Verfahrensakte). Diese Geschäftsordnungen aber sind - unbeschadet einer etwaigen Rechtswidrigkeit - einer gerichtlichen Normenkontrolle entzogen, weil die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hierfür längst verstrichen ist. Die Regelungen hätten einem Beanstandungsverfahren nach § 47 VwGO auch unterzogen werden können, weil Geschäftsordnungen jedenfalls insoweit im Anwendungsbereich der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle liegen, als sie abstrakt-generelle Konkretisierungen der mitgliedschaftlichen Rechte in der Art einer Rechtsnorm enthalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.09.1987 - 7 N 1/87 -, NVwZ 1988, 1119; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119). Die hier maßgeblichen Bestimmungen zum Bestellungsmodus künftiger Mitglieder wären daher selbst dann statthafter Antragsgegenstand einer Normenkontrolle gewesen, wenn man sie als Innenrechtssätze qualifizieren würde.
23 
Allerdings erscheint nicht ausgeschlossen, dass sich die Rechtsstellung des Antragstellers im Falle der begehrten Unwirksamkeitserklärung gleichwohl verbessern kann. Denn unbeschadet der fehlenden Möglichkeit einer prinzipalen Normenkontrolle kann die entsprechende Geschäftsordnung in einem vom Antragsteller betriebenen Verwaltungsstreitverfahren inzident einer Überprüfung unterzogen und die hierauf basierende Bestellung des Ausschussmitglieder beanstandet werden. Die für das Normenkontrollverfahren geltende Ausschlussfrist ist insoweit nicht anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.2006 - 4 BN 29/06 -, ZfBR 2007, 149). Insoweit erscheint nicht fernliegend, dass der Rechtscharakter des Regelungssystems, in dem der Bestellungsmodus angeordnet wird, von Bedeutung ist. Denn falls die Geschäftsordnungsautonomie für Regelungen, die die Auswahl und Bestellung der (künftigen) Mitglieder zum Gegenstand haben, nicht ausreicht, oder sonstige Unwirksamkeitsgründe hinsichtlich der Geschäftsordnung vorliegen würden, wäre die Unwirksamkeit der Grundordnung für den Erfolg eines etwaigen Rechtsmittels des Antragstellers ausschlaggebend.
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Trotz der in den Geschäftsordnungen der betroffenen Ausschüsse bestehenden Regelungen zum Bestellungsmodus der Mitglieder ist das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers für das Begehren, die entsprechenden Regelungen in der novellierten Grundordnung für unwirksam erklären zu lassen, daher gegeben.
II.
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Der Normenkontrollantrag ist auch begründet, weil Zweifel am ordnungsgemäßen Zustandekommen der Vorschriften nicht ausgeräumt werden können (1.). Inhaltlich sind die angegriffenen Regelungen der Grundordnung dagegen nicht zu beanstanden (2.).
26 
1. Formelle Fehler der Satzung können - angesichts der fehlenden Dokumentierung wesentlicher Verfahrensschritte in der Behördenakte - nicht ausgeschlossen werden.
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a) Allerdings war der Senat der Antragsgegnerin gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 LHG für die Beschlussfassung über die Grundordnung und ihre Änderungen zuständig und hat auch mit dem in § 20 Abs. 2 der Grundordnung vorgesehen Quorum entschieden. Der Aufsichtsrat wurde entsprechend der Vorgabe aus § 20 Abs. 1 Satz 3 Nr. 13 LHG beteiligt und gab in der Sitzung vom 10.06.2008 eine befürwortende Stellungnahme ab. Die darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 LHG erforderliche Zustimmung des Wissenschaftsministeriums ist mit Schreiben vom 15.10.2008 erteilt worden.
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b) Die Beschlussfassung über die Änderung der Grundordnung leidet aber möglicherweise an Verfahrensfehlern; insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass die maßgebliche Senatssitzung vom 11.06.2008 ordnungsgemäß einberufen und dem Öffentlichkeitsgrundsatz damit Rechnung getragen wurde.
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aa) Zutreffend hat der Antragsteller zunächst darauf hingewiesen, dass ein in nicht ordnungsgemäß einberufener Sitzung gefasster Beschluss wegen des vorausgegangenen Einberufungsmangels rechtswidrig ist. Die fehlerhafte Einberufung schlägt auf die Rechtmäßigkeit des in der Sitzung gefassten Beschlusses durch (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119 m.w.N.). Maßgeblich ist jedoch grundsätzlich nur die abschließende Sitzung. Verfahrensfehler im Vorfeld des eigentlichen Satzungsbeschlusses dagegen führen regelmäßig nicht zur Rechtswidrigkeit des in einer nachfolgenden Sitzung gefassten Beschlusses (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 03.12.1999 - 3 S 2702/98 -). Die vorgetragenen formellen Mängel der vorbereitenden Sitzungen entfalten deshalb keine „Fortwirkung“. Anhaltspunkte dafür, dass ein untrennbarer Zusammenhang der Sitzungen bestanden haben könnte, sind nicht ersichtlich.
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Bei der Beschlussfassung über die Änderung der Grundordnung hat der Senat der Antragsgegnerin gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 LHG auch öffentlich zu tagen. Die Sitzungsöffentlichkeit stellt sicher, dass die betroffenen Körperschaftsmitglieder Einblick in die Tätigkeit des Vertretungsorgans und ihrer einzelnen Mitglieder erhalten und sich dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik verschaffen können (vgl. dazu auch BVerfG, Urteil vom 04.07.2007 - 2 BvE 1/06 u.a. -, BVerfGE 118, 277 [353]; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 17. Aufl. 1990, Rn. 152). Zugleich unterzieht der Öffentlichkeitsgrundsatz die Organtätigkeit der allgemeinen Kontrolle und trägt so dazu bei, der Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen sowie dem Anschein vorzubeugen, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten. Mit dem Zweck, eine gesetzmäßige und sachgerechte Arbeit zu ermöglichen und Missdeutungen der Willensbildung und Beschlussfassung zu vermeiden, dient der Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit damit dem öffentlichen Interesse an demokratischer Legitimation und mitgliedschaftlicher Begleitung und Kontrolle (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.02.1992 - 1 S 2242/91 -, VBlBW 1992, 375 für die kommunale Selbstverwaltung). Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit sogar von einem „allgemeinen Öffentlichkeitsprinzip der Demokratie“ gesprochen (BVerfG, Urteil vom 14.01.1986 - 2 BvE 14/83 u.a. -, BVerfGE 70, 324 [358]). Gerade die Verabschiedung der Grundordnung, die als „Hochschulverfassung“ die grundlegenden Organisations- und Verfahrensfragen regelt, bedarf daher einer öffentlichen Verhandlung.
31 
bb) Inhalt des Öffentlichkeitsgrundsatzes ist indes nicht nur, dass die Sitzung selbst öffentlich abgehalten, es also grundsätzlich allen Interessierten nach einheitlichen Grundsätzen ermöglicht wird, den Sitzungsraum zu betreten und dem Sitzungsablauf zu folgen. Denn wenn die Betroffenen keine Kenntnis von der Sitzung erhalten, läuft der Schutzzweck auch dann leer, wenn nachfolgend die Sitzung selbst frei zugänglich abgehalten wird. Der Grundsatz der Öffentlichkeit beinhaltet daher auch, dass die Sitzung rechtzeitig bekannt gemacht wird (vgl. auch Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 9. Aufl. 2005, Rn. 253). Sofern hierfür normative Vorgaben fehlen, sind für die Bekanntgabe die in der Körperschaft „ortsüblichen“, also herkömmlicherweise verwendeten Publikationswege zu benutzen. Nur so kann die Funktion der Bekanntgabe sichergestellt werden, dass die Betroffenen in zumutbarer Weise Kenntnis von der Mitteilung erlangen können (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11.02.1972 - II 51/72 -, BWVBl 1972, 61).
32 
Aus rechtstaatlichen Gründen ist überdies erforderlich, dass der Interessierte weiß, wo er sich über alle wesentlichen Bekanntmachungen informieren kann (vgl. auch Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, Stand: Juli 2008, § 4 Rn. 25). Er muss sich darauf verlassen können, dass die Veröffentlichungen durchgängig in derselben Weise vorgenommen werden. Nur so wird der Interessierte in die Lage versetzt, rechtzeitig Kenntnis von öffentlichen Bekanntgaben zu erhalten. Eine Bekanntmachungspraxis, die alternativ unterschiedliche Verkündungsarten wählt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Sie gibt selbst demjenigen kein lückenloses Bild vom Inhalt der Bekanntmachungen, der ein Forum im Auge behält. Es kann den Betroffenen aber nicht zugemutet werden, laufend zwei oder mehrere Verkündungsorgane zu überwachen (vgl. zur st.Rspr. bereits VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.12.1967 - II 128/65 -, ESVGH 19, 25 sowie Beschluss vom 11.02.1972 - II 51/72 -, BWVBl 1972, 61; hierzu auch Dolde, NJW 1975, 21 [25]).
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cc) Spezielle Regelungen über die Gestaltung der öffentlichen Bekanntgabe einer Senatssitzung der Antragsgegnerin sind nicht ersichtlich. Die Verfahrensordnung der Universität Konstanz in der Fassung vom 22.09.2006 enthält keine diesbezüglichen Anordnungen und die Satzung über Amtliche Bekanntmachungen der Universität Konstanz in der Fassung vom 22.07.2002 betrifft nur Satzungen (§ 2) sowie Verwaltungsvorschriften, Richtlinien und Allgemeinverfügungen (§ 6). Allerdings liegt nahe, die dort in § 3 getroffene Anordnung des Aushangs an der Anschlagtafel „Öffentliche Bekanntmachungen“ als einzige Rechtsvorgabe auch auf andere Bekanntgaben zu erstrecken. Auch die Antragsgegnerin selbst hat vorgetragen, dass heute entsprechend verfahren werde.
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Jedenfalls ist kein anderes, von der Antragsgegnerin üblicherweise verwendetes Publikationsmedium erkennbar. Vielmehr hat der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, die Entscheidung darüber, ob entsprechende Bekanntgaben im Internet, im Intranet oder durch Mailinglisten zu erfolgen hätten, sei „unsystematisch“ und „auf Zuruf“ erfolgt. Eine etablierte Praxis, nach der universitätsinterne Angelegenheiten stets durch Einstellung ins Intranet bekannt gemacht würden, kann demnach nicht festgestellt werden. Dem entspricht, dass zwar die öffentliche Anhörung vom 07.05.2008, nicht aber die Senatssitzung vom 11.06.2008 auf der Homepage angekündigt war. Nachdem die Antragsgegnerin unstreitig eine Schautafel „Amtliche Bekanntmachungen“ unterhält und für die Veröffentlichung wesentlicher Verlautbarungen - wie etwa Satzungen, Richtlinien oder Verwaltungsvorschriften - auch verwendet, kann nur diese Publikationsform als ortsüblich bewertet werden. Hiermit stimmt überein, dass auch die Antragsgegnerin selbst vorgetragen hat, die Senatssitzungen vom 13.02.2008 und vom 11.06.2008 seien durch Aushang an der Schautafel bekannt gemacht worden.
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Damit muss die Antragsgegnerin eine fehlende Bekanntgabe in diesem, von ihr selbst als amtlich ausgewiesenen Bekanntmachungsorgan auch gegen sich gelten lassen. Das von ihr begründete Vertrauen beinhaltet auch den Schutz der negativen Publizität; Universitätsmitglieder dürfen sich also - mit anderen Worten - auch auf das Schweigen dieses Bekanntmachungsorgans verlassen. Auf die Frage, ob die fragliche Senatssitzung vom 11.06.2008 in sonstiger Weise bekannt gegeben war, kommt es deshalb nicht an.
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dd) Ob die das Rechtsetzungsverfahren abschließende Sitzung des Senats vom 11.06.2008 in dem hierfür maßgeblichen Schaukasten bekannt gegeben worden ist - und ggf. mit welchem Wortlaut und wie lange -, kann zum heutigen Zeitpunkt aber nicht mehr festgestellt werden. Entgegen der nach Angaben der Antragsgegnerin heute üblichen Praxis ist zum damaligen Zeitpunkt weder das Datum des Aushangs noch dessen Beendigung vermerkt und archiviert worden. Sowohl der Antragsteller als auch die Antragsgegnerin sind daher nicht in der Lage, für ihre sich widersprechenden Angaben substantiierte Anhaltspunkte, Belege oder auch nur Zeugen zu benennen. Eine Beweisaufnahme für das über zwei Jahre zurückliegende Geschehen könnte damit nicht mehr als schlichte Behauptungen ergeben. Konkretisierte Anknüpfungspunkte in tatsächlicher Hinsicht, mit denen eine Entscheidungsgewissheit begründet werden könnte, sind nicht ersichtlich.
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Allerdings sind Zweifel an der von der Antragsgegnerin abgegebenen Darstellung nicht von der Hand zu weisen, denn der von ihr geschilderte Geschehensablauf weist eine Reihe von Ungereimtheiten auf. Dies folgt zunächst schon daraus, dass die in den Akten befindliche Einladung der Senatsmitglieder vom 02.06.2008 zwar eine nachrichtliche Übermittlung an die Fachbereiche, Sektionen und Zentralen Einrichtungen enthält, ein Hinweis auf eine Öffentlichkeitsbeteiligung indes nicht ersichtlich ist. Dementsprechend sind auch dem vom Antragsteller vorgelegten Internet-Auszug vom 11.06.2008 zwar verschiedene Hochschulveranstaltungen zu entnehmen, nicht aber die streitige Sitzung des Senats. Auch das Sitzungsprotokoll Nr. 7/2008 selbst weist eine öffentliche Sitzung nicht aus; sie kann auch dem Inhalt des Protokolls nicht entnommen werden. Allein der nachträglich erstellte Vermerk vom 18.06.2008 gibt an, dass die Öffentlichkeit „nicht ausgeschlossen war“. Woraus sich die tatsächliche Öffentlichkeit der Senatssitzung vom 11.06.2008 ergab und in welcher Weise diese sichergestellt wurde, ist indes auch dem Vermerk des Protokollführers nicht zu entnehmen.
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c) Die Nichtaufklärbarkeit des ordnungsgemäßen Zustandekommens geht hier zu Lasten der Antragsgegnerin. Denn diese hat es unterlassen, eine Dokumentation der behaupteten Bekanntgabe zu den Akten zu nehmen.
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Anders als im Falle der Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses kann den vorgelegten Verfahrensakten nicht entnommen werden, ob - und ggf. mit welchem Text und wie lange - ein Aushang im Schaukasten erfolgte. Dies wäre der Antragsgegnerin durch ein Abheften des Aushangs mit einem Vermerk der Zeitdauer leicht möglich gewesen. Ohne eine entsprechende Dokumentation ist die spätere Beweisführung indes - wie der vorliegende Fall zeigt - kaum möglich (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 09.07.2007 - 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178, zum Erfordernis der Aktenkundigkeit, um nachträgliche Darlegungen nicht unzumutbar zu erschweren, sowie VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.07.1970 - III 316/70 -, BWVBl 1971, 109, zur bei Bekanntmachungen erforderlichen Missbrauchskontrolle). Dementsprechend enthält auch die Verwaltungsvorschrift betreffend Amtliche Bekanntmachungen der Universität Konstanz vom 10.12.2001 in Nr. 5 die Verpflichtung, den ausgehängten Text mit entsprechenden Aushangvermerken zu archivieren, „da ansonsten ein Nachweis über den Aushang nicht geführt werden kann“.
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Die Unaufklärbarkeit wurzelt somit maßgeblich in dem Unterlassen einer ordnungsgemäßen Aktenführung. Es entspricht daher den Grundsätzen der an Rechtssphären orientierten Beweisverteilung, Behörden im Falle einer Verletzung der ihnen obliegenden Verpflichtung, die Einhaltung wesentlicher Verfahrensschritte in der Verfahrensakte zu dokumentieren, die Beweislast für das ordnungsgemäße Verfahren zu überbürden. Möglichkeiten für einen positiven Gegenbeweis kommen betroffenen Antragstellern regelmäßig nicht zu.
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Bei Berücksichtigung dieser Maßstäbe kann vorliegend nicht von einer ordnungsgemäßen, der Anstoßfunktion für die betroffene Öffentlichkeit genügenden Einberufung der Senatssitzung vom 11.06.2008 ausgegangen werden.
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d) Da mit der Bekanntmachung die Effektivität des Öffentlichkeitsgrundsatzes gewährleistet werden soll, kann der Mangel auch nicht durch den in einer Abstimmung liegenden konkludenten Verzicht (vgl. zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.02.2010 - 3 S 3064/07 -) oder das sonstige Verhalten der Organmitglieder geheilt werden. Denn das Öffentlichkeitsprinzip dient dem Schutz der Öffentlichkeit und damit dem Interesse der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.02.1992 - 1 S 2242/91 -, VBlBW 1992, 375). Der hier wegen der fehlenden Dokumentation nicht auszuschließende Fehler in der ortsüblichen Bekanntgabe der Senatssitzung vom 11.06.2008 ist daher beachtlich.
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2. Materielle Bedenken gegen die angegriffenen Bestimmungen bestehen dagegen nicht.
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Rechtsgrundlage für die in Art. 1 Nr. 7 und Nr. 8 der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz vom 24.10.2008 enthaltenen Regelungen sind §§ 8 Abs. 4 Satz 1, 9 Abs. 4 Satz 3 LHG, wonach die von der Hochschule erlassene Grundordnung auch die Rechte und Pflichten der Angehörigen regelt, an der Selbstverwaltung und der Erfüllung der Aufgaben der Hochschule mitzuwirken. Als „Hochschulverfassung“ kommt der Grundordnung insbesondere die Aufgabe zu, Organe und Gliederungen der Hochschule zu konstituieren (vgl. Eiselstein, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2009, S. 36; Bay. VerfGH, Entscheidung vom 07.05.2008 - Vf. 19-VII-06 -, NVwZ 2009, 177). Die Grundordnung hat daher auch die Aufgabe, Zusammensetzung und Bestellung der Organmitglieder festzuschreiben.
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Dies folgt im Übrigen schon daraus, dass eine entsprechende Regelung durch die jeweilige Geschäftsordnung ausscheidet. Geschäftsordnungen sind Binnenrechtssätze zur Regelung der inneren Organisation des jeweiligen Organs und seiner Verfahrensabläufe (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119). Regelungen über den Bestellungsmodus künftiger Mitglieder - wie die hier in Rede stehenden Vorschriften der Grundordnung - betreffen aber nicht die Binnenorganisation und entspringen damit auch nicht der auf die Strukturierung „innerer Angelegenheiten“ bezogenen Geschäftsordnungsautonomie. Vielmehr geht es insoweit erst um die Bildung des Organs, das nachfolgend geschäftsordnende Organisationsakte erlässt.
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Entgegen der von der Antragsgegnerin vorgebrachten Meinung sind die von der Änderung betroffenen Ausschüsse auch als Senatsausschüsse im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG einzuordnen. Dies ergibt sich - trotz der den Ausschüssen zugewiesenen Aufgabe, auch das Rektorat zu beraten - bereits aus der unmissverständlichen Anordnung in §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 10 Abs. 1 Satz 1 und 11 Abs. 1 Satz 1 der Grundordnung. Danach werden die benannten Ausschüsse vom Senat gebildet. Dementsprechend ist auch die Beschlussfassung über die jeweiligen Geschäftsordnungen dem Senat übertragen worden.
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Hieraus folgt jedoch nicht, dass diese Ausschussmitglieder stets gewählt werden müssten. Vielmehr bestimmt § 10 Abs. 2 Satz 1 LHG, dass die Mitglieder eines Gremiums, deren Zugehörigkeit nicht bereits kraft Amtes bestimmt ist, für eine bestimmte Amtszeit „bestellt oder gewählt“ werden. Sonderbestimmungen ergeben sich insoweit zwar für die Mitglieder des Senats, die gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 2 LHG „auf Grund von Wahlen“ zu bestimmen sind. Entsprechendes gilt indes nicht für beratende Ausschüsse, die das Hauptorgan durch eine (ggf. durch externe Sachkunde verstärkte) Vorberatung entlasten und eine Entscheidungsgrundlage für die nachfolgende Beschlussfassung nur vorbereiten sollen. Insoweit ordnet § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG lediglich an, dass derartige Ausschüsse vom Senat gebildet werden können. Auf welche Weise deren Mitglieder zu bestimmen sind, gibt das Gesetz jedoch nicht vor. Zwar liegt in einem demokratischen Staatswesen grundsätzlich die Wahl der Mitglieder als Bestellungsmodus nahe, die regelmäßig auch gesetzlich vorgeschrieben ist. Zwingend vorgegeben ist dies indes für nur beratende Vorbereitungsgremien nicht. Denn durch derartige Unterausschüsse werden Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnisse des Hauptorgans nicht vorweggenommen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10.12.2003 - 8 C 18/03 -, BVerwGE 119, 305 [308]).
48 
Durch die fehlende Festlegung des Gesetzgebers in § 10 Abs. 2 Satz 1 LHG, der § 37 Abs. 2 Satz 1 HRG inhaltsgleich wiederholt, ist die Auswahl des Bestellungsmodus für die Mitglieder beratender Senatsausschüsse damit der autonomen Entscheidung der Hochschule unterstellt. Diese verfügt im Rahmen ihrer Selbstorganisation über ein weites Ermessen. Mit dem Vorschlagsrecht des Rektors wird dieser Gestaltungsspielraum nicht überschritten (vgl. zum Vorschlagsrecht auch BVerfG, Beschluss vom 26.10.2004 - 1 BvR 911/00 u.a. -, BVerfGE 111, 333 [363 ff.]). Dies folgt schon daraus, dass es ungeachtet dessen der Senat ist, der über die Bestellung der Ausschussmitglieder befindet. Insoweit kommt den bestellten Mitgliedern auch eine durch den Senat vermittelte demokratische Legitimation zu (vgl. Bay. VerfGH, Entscheidung vom 07.05.2008 - Vf. 19-VII-06 -, NVwZ 2009, 177, der sogar eine hälftige Bestellung des die Grundordnung erlassenden Hochschulrats durch den Wissenschaftsminister für zulässig hält). Im Übrigen kommt dem Ausschuss nicht die Möglichkeit zu, eine Entscheidung gegen oder ohne den Willen des Senats selbst herbeizuführen. Schließlich stünde dem Senat im Konfliktfall letztlich sogar die Möglichkeit zur Seite, den in der Grundordnung festgeschriebenen Bestellungsmodus selbst zu ändern.
49 
Zweifel an der materiellen Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht bestehen daher nicht.
III.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
51 
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO bestehen nicht.
52 
Beschluss vom 3. August 2010
53 
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
54 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
17 
Die zulässige Normenkontrolle (I.) hat in der Sache Erfolg (II.). Das ordnungsgemäße Zustandekommen der angegriffenen Bestimmungen der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz kann nicht festgestellt werden (II.1.), auch wenn die Regelungen materiell nicht zu beanstanden sein dürften (II.2.).
I.
18 
Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
19 
Die Grundordnung der Antragsgegnerin (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO) ist als „andere im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift“ nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthafter Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahrens. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt, weil der Normenkontrollantrag am 23.10.2009 und damit innerhalb eines Jahres nach der am 27.10.2008 durch Aushang erfolgten Bekanntmachung der Änderungssatzung gestellt wurde. Der Antragsteller kann auch geltend machen, durch die angegriffenen Rechtsvorschriften in absehbarer Zeit in seinen Rechten verletzt zu werden, weil die von ihm angestrebte Mitgliedschaft in einem der Ausschüsse künftig einen Vorschlag des Rektors voraussetzt und das ihm in § 9 Abs. 2 Satz 1 LHG gewährleistete Mitwirkungsrecht damit erschwert werden kann.
20 
Auch das Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. Zwar gilt der vom Antragsteller gerügte Bestellungsmodus für die Mitglieder der Ausschüsse für Forschungsfragen, für Lehre und Weiterbildung sowie für Kommunikation und Information auch unabhängig von der Wirksamkeit der mit dem Normenkontrollantrag angegriffenen Bestimmungen der Universitäts-Grundordnung. Denn das Auswahlverfahren ist weitgehend wortgleich in den jeweiligen Geschäftsordnungen der Ausschüsse vom 21.02.2001 geregelt. In § 2 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Ausschusses für Kommunikation und Information der Universität Konstanz etwa ist bestimmt:
21 
Die Mitglieder und Stellvertreter nach § 11 Abs. 2 Zi. 2 der Grundordnung werden auf Vorschlag des Rektors vom Senat bestellt. Der Vorschlag des Rektors für die Mitglieder gemäß § 11 Abs. 2 Zi. 2 a) und b) der Grundordnung wird im Benehmen mit den Fachbereichssprechern und für die Mitglieder gemäß § 11 Abs. 2 Zi. 2 c) im Benehmen mit dem AStA erfolgen. Wiederbestellungen als Ausschussmitglied sind zulässig.
22 
Hinsichtlich der unmittelbar geltenden Rechtslage vermag der Normenkontrollantrag daher selbst im Erfolgsfalle die vom Antragsteller erstrebte Wirkung nicht zu erzielen. Dementsprechend ist auch in der Entwurfsbegründung vom 21.01.2008 ausgeführt, die Neuregelung folge „den Geschäftsordnungen der Ausschüsse und der bisherigen Praxis“ (Bl. 18 der Verfahrensakte). Diese Geschäftsordnungen aber sind - unbeschadet einer etwaigen Rechtswidrigkeit - einer gerichtlichen Normenkontrolle entzogen, weil die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hierfür längst verstrichen ist. Die Regelungen hätten einem Beanstandungsverfahren nach § 47 VwGO auch unterzogen werden können, weil Geschäftsordnungen jedenfalls insoweit im Anwendungsbereich der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle liegen, als sie abstrakt-generelle Konkretisierungen der mitgliedschaftlichen Rechte in der Art einer Rechtsnorm enthalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.09.1987 - 7 N 1/87 -, NVwZ 1988, 1119; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119). Die hier maßgeblichen Bestimmungen zum Bestellungsmodus künftiger Mitglieder wären daher selbst dann statthafter Antragsgegenstand einer Normenkontrolle gewesen, wenn man sie als Innenrechtssätze qualifizieren würde.
23 
Allerdings erscheint nicht ausgeschlossen, dass sich die Rechtsstellung des Antragstellers im Falle der begehrten Unwirksamkeitserklärung gleichwohl verbessern kann. Denn unbeschadet der fehlenden Möglichkeit einer prinzipalen Normenkontrolle kann die entsprechende Geschäftsordnung in einem vom Antragsteller betriebenen Verwaltungsstreitverfahren inzident einer Überprüfung unterzogen und die hierauf basierende Bestellung des Ausschussmitglieder beanstandet werden. Die für das Normenkontrollverfahren geltende Ausschlussfrist ist insoweit nicht anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.2006 - 4 BN 29/06 -, ZfBR 2007, 149). Insoweit erscheint nicht fernliegend, dass der Rechtscharakter des Regelungssystems, in dem der Bestellungsmodus angeordnet wird, von Bedeutung ist. Denn falls die Geschäftsordnungsautonomie für Regelungen, die die Auswahl und Bestellung der (künftigen) Mitglieder zum Gegenstand haben, nicht ausreicht, oder sonstige Unwirksamkeitsgründe hinsichtlich der Geschäftsordnung vorliegen würden, wäre die Unwirksamkeit der Grundordnung für den Erfolg eines etwaigen Rechtsmittels des Antragstellers ausschlaggebend.
24 
Trotz der in den Geschäftsordnungen der betroffenen Ausschüsse bestehenden Regelungen zum Bestellungsmodus der Mitglieder ist das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers für das Begehren, die entsprechenden Regelungen in der novellierten Grundordnung für unwirksam erklären zu lassen, daher gegeben.
II.
25 
Der Normenkontrollantrag ist auch begründet, weil Zweifel am ordnungsgemäßen Zustandekommen der Vorschriften nicht ausgeräumt werden können (1.). Inhaltlich sind die angegriffenen Regelungen der Grundordnung dagegen nicht zu beanstanden (2.).
26 
1. Formelle Fehler der Satzung können - angesichts der fehlenden Dokumentierung wesentlicher Verfahrensschritte in der Behördenakte - nicht ausgeschlossen werden.
27 
a) Allerdings war der Senat der Antragsgegnerin gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 LHG für die Beschlussfassung über die Grundordnung und ihre Änderungen zuständig und hat auch mit dem in § 20 Abs. 2 der Grundordnung vorgesehen Quorum entschieden. Der Aufsichtsrat wurde entsprechend der Vorgabe aus § 20 Abs. 1 Satz 3 Nr. 13 LHG beteiligt und gab in der Sitzung vom 10.06.2008 eine befürwortende Stellungnahme ab. Die darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 LHG erforderliche Zustimmung des Wissenschaftsministeriums ist mit Schreiben vom 15.10.2008 erteilt worden.
28 
b) Die Beschlussfassung über die Änderung der Grundordnung leidet aber möglicherweise an Verfahrensfehlern; insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass die maßgebliche Senatssitzung vom 11.06.2008 ordnungsgemäß einberufen und dem Öffentlichkeitsgrundsatz damit Rechnung getragen wurde.
29 
aa) Zutreffend hat der Antragsteller zunächst darauf hingewiesen, dass ein in nicht ordnungsgemäß einberufener Sitzung gefasster Beschluss wegen des vorausgegangenen Einberufungsmangels rechtswidrig ist. Die fehlerhafte Einberufung schlägt auf die Rechtmäßigkeit des in der Sitzung gefassten Beschlusses durch (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119 m.w.N.). Maßgeblich ist jedoch grundsätzlich nur die abschließende Sitzung. Verfahrensfehler im Vorfeld des eigentlichen Satzungsbeschlusses dagegen führen regelmäßig nicht zur Rechtswidrigkeit des in einer nachfolgenden Sitzung gefassten Beschlusses (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 03.12.1999 - 3 S 2702/98 -). Die vorgetragenen formellen Mängel der vorbereitenden Sitzungen entfalten deshalb keine „Fortwirkung“. Anhaltspunkte dafür, dass ein untrennbarer Zusammenhang der Sitzungen bestanden haben könnte, sind nicht ersichtlich.
30 
Bei der Beschlussfassung über die Änderung der Grundordnung hat der Senat der Antragsgegnerin gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 LHG auch öffentlich zu tagen. Die Sitzungsöffentlichkeit stellt sicher, dass die betroffenen Körperschaftsmitglieder Einblick in die Tätigkeit des Vertretungsorgans und ihrer einzelnen Mitglieder erhalten und sich dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik verschaffen können (vgl. dazu auch BVerfG, Urteil vom 04.07.2007 - 2 BvE 1/06 u.a. -, BVerfGE 118, 277 [353]; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 17. Aufl. 1990, Rn. 152). Zugleich unterzieht der Öffentlichkeitsgrundsatz die Organtätigkeit der allgemeinen Kontrolle und trägt so dazu bei, der Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen sowie dem Anschein vorzubeugen, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten. Mit dem Zweck, eine gesetzmäßige und sachgerechte Arbeit zu ermöglichen und Missdeutungen der Willensbildung und Beschlussfassung zu vermeiden, dient der Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit damit dem öffentlichen Interesse an demokratischer Legitimation und mitgliedschaftlicher Begleitung und Kontrolle (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.02.1992 - 1 S 2242/91 -, VBlBW 1992, 375 für die kommunale Selbstverwaltung). Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit sogar von einem „allgemeinen Öffentlichkeitsprinzip der Demokratie“ gesprochen (BVerfG, Urteil vom 14.01.1986 - 2 BvE 14/83 u.a. -, BVerfGE 70, 324 [358]). Gerade die Verabschiedung der Grundordnung, die als „Hochschulverfassung“ die grundlegenden Organisations- und Verfahrensfragen regelt, bedarf daher einer öffentlichen Verhandlung.
31 
bb) Inhalt des Öffentlichkeitsgrundsatzes ist indes nicht nur, dass die Sitzung selbst öffentlich abgehalten, es also grundsätzlich allen Interessierten nach einheitlichen Grundsätzen ermöglicht wird, den Sitzungsraum zu betreten und dem Sitzungsablauf zu folgen. Denn wenn die Betroffenen keine Kenntnis von der Sitzung erhalten, läuft der Schutzzweck auch dann leer, wenn nachfolgend die Sitzung selbst frei zugänglich abgehalten wird. Der Grundsatz der Öffentlichkeit beinhaltet daher auch, dass die Sitzung rechtzeitig bekannt gemacht wird (vgl. auch Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 9. Aufl. 2005, Rn. 253). Sofern hierfür normative Vorgaben fehlen, sind für die Bekanntgabe die in der Körperschaft „ortsüblichen“, also herkömmlicherweise verwendeten Publikationswege zu benutzen. Nur so kann die Funktion der Bekanntgabe sichergestellt werden, dass die Betroffenen in zumutbarer Weise Kenntnis von der Mitteilung erlangen können (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11.02.1972 - II 51/72 -, BWVBl 1972, 61).
32 
Aus rechtstaatlichen Gründen ist überdies erforderlich, dass der Interessierte weiß, wo er sich über alle wesentlichen Bekanntmachungen informieren kann (vgl. auch Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, Stand: Juli 2008, § 4 Rn. 25). Er muss sich darauf verlassen können, dass die Veröffentlichungen durchgängig in derselben Weise vorgenommen werden. Nur so wird der Interessierte in die Lage versetzt, rechtzeitig Kenntnis von öffentlichen Bekanntgaben zu erhalten. Eine Bekanntmachungspraxis, die alternativ unterschiedliche Verkündungsarten wählt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Sie gibt selbst demjenigen kein lückenloses Bild vom Inhalt der Bekanntmachungen, der ein Forum im Auge behält. Es kann den Betroffenen aber nicht zugemutet werden, laufend zwei oder mehrere Verkündungsorgane zu überwachen (vgl. zur st.Rspr. bereits VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.12.1967 - II 128/65 -, ESVGH 19, 25 sowie Beschluss vom 11.02.1972 - II 51/72 -, BWVBl 1972, 61; hierzu auch Dolde, NJW 1975, 21 [25]).
33 
cc) Spezielle Regelungen über die Gestaltung der öffentlichen Bekanntgabe einer Senatssitzung der Antragsgegnerin sind nicht ersichtlich. Die Verfahrensordnung der Universität Konstanz in der Fassung vom 22.09.2006 enthält keine diesbezüglichen Anordnungen und die Satzung über Amtliche Bekanntmachungen der Universität Konstanz in der Fassung vom 22.07.2002 betrifft nur Satzungen (§ 2) sowie Verwaltungsvorschriften, Richtlinien und Allgemeinverfügungen (§ 6). Allerdings liegt nahe, die dort in § 3 getroffene Anordnung des Aushangs an der Anschlagtafel „Öffentliche Bekanntmachungen“ als einzige Rechtsvorgabe auch auf andere Bekanntgaben zu erstrecken. Auch die Antragsgegnerin selbst hat vorgetragen, dass heute entsprechend verfahren werde.
34 
Jedenfalls ist kein anderes, von der Antragsgegnerin üblicherweise verwendetes Publikationsmedium erkennbar. Vielmehr hat der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, die Entscheidung darüber, ob entsprechende Bekanntgaben im Internet, im Intranet oder durch Mailinglisten zu erfolgen hätten, sei „unsystematisch“ und „auf Zuruf“ erfolgt. Eine etablierte Praxis, nach der universitätsinterne Angelegenheiten stets durch Einstellung ins Intranet bekannt gemacht würden, kann demnach nicht festgestellt werden. Dem entspricht, dass zwar die öffentliche Anhörung vom 07.05.2008, nicht aber die Senatssitzung vom 11.06.2008 auf der Homepage angekündigt war. Nachdem die Antragsgegnerin unstreitig eine Schautafel „Amtliche Bekanntmachungen“ unterhält und für die Veröffentlichung wesentlicher Verlautbarungen - wie etwa Satzungen, Richtlinien oder Verwaltungsvorschriften - auch verwendet, kann nur diese Publikationsform als ortsüblich bewertet werden. Hiermit stimmt überein, dass auch die Antragsgegnerin selbst vorgetragen hat, die Senatssitzungen vom 13.02.2008 und vom 11.06.2008 seien durch Aushang an der Schautafel bekannt gemacht worden.
35 
Damit muss die Antragsgegnerin eine fehlende Bekanntgabe in diesem, von ihr selbst als amtlich ausgewiesenen Bekanntmachungsorgan auch gegen sich gelten lassen. Das von ihr begründete Vertrauen beinhaltet auch den Schutz der negativen Publizität; Universitätsmitglieder dürfen sich also - mit anderen Worten - auch auf das Schweigen dieses Bekanntmachungsorgans verlassen. Auf die Frage, ob die fragliche Senatssitzung vom 11.06.2008 in sonstiger Weise bekannt gegeben war, kommt es deshalb nicht an.
36 
dd) Ob die das Rechtsetzungsverfahren abschließende Sitzung des Senats vom 11.06.2008 in dem hierfür maßgeblichen Schaukasten bekannt gegeben worden ist - und ggf. mit welchem Wortlaut und wie lange -, kann zum heutigen Zeitpunkt aber nicht mehr festgestellt werden. Entgegen der nach Angaben der Antragsgegnerin heute üblichen Praxis ist zum damaligen Zeitpunkt weder das Datum des Aushangs noch dessen Beendigung vermerkt und archiviert worden. Sowohl der Antragsteller als auch die Antragsgegnerin sind daher nicht in der Lage, für ihre sich widersprechenden Angaben substantiierte Anhaltspunkte, Belege oder auch nur Zeugen zu benennen. Eine Beweisaufnahme für das über zwei Jahre zurückliegende Geschehen könnte damit nicht mehr als schlichte Behauptungen ergeben. Konkretisierte Anknüpfungspunkte in tatsächlicher Hinsicht, mit denen eine Entscheidungsgewissheit begründet werden könnte, sind nicht ersichtlich.
37 
Allerdings sind Zweifel an der von der Antragsgegnerin abgegebenen Darstellung nicht von der Hand zu weisen, denn der von ihr geschilderte Geschehensablauf weist eine Reihe von Ungereimtheiten auf. Dies folgt zunächst schon daraus, dass die in den Akten befindliche Einladung der Senatsmitglieder vom 02.06.2008 zwar eine nachrichtliche Übermittlung an die Fachbereiche, Sektionen und Zentralen Einrichtungen enthält, ein Hinweis auf eine Öffentlichkeitsbeteiligung indes nicht ersichtlich ist. Dementsprechend sind auch dem vom Antragsteller vorgelegten Internet-Auszug vom 11.06.2008 zwar verschiedene Hochschulveranstaltungen zu entnehmen, nicht aber die streitige Sitzung des Senats. Auch das Sitzungsprotokoll Nr. 7/2008 selbst weist eine öffentliche Sitzung nicht aus; sie kann auch dem Inhalt des Protokolls nicht entnommen werden. Allein der nachträglich erstellte Vermerk vom 18.06.2008 gibt an, dass die Öffentlichkeit „nicht ausgeschlossen war“. Woraus sich die tatsächliche Öffentlichkeit der Senatssitzung vom 11.06.2008 ergab und in welcher Weise diese sichergestellt wurde, ist indes auch dem Vermerk des Protokollführers nicht zu entnehmen.
38 
c) Die Nichtaufklärbarkeit des ordnungsgemäßen Zustandekommens geht hier zu Lasten der Antragsgegnerin. Denn diese hat es unterlassen, eine Dokumentation der behaupteten Bekanntgabe zu den Akten zu nehmen.
39 
Anders als im Falle der Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses kann den vorgelegten Verfahrensakten nicht entnommen werden, ob - und ggf. mit welchem Text und wie lange - ein Aushang im Schaukasten erfolgte. Dies wäre der Antragsgegnerin durch ein Abheften des Aushangs mit einem Vermerk der Zeitdauer leicht möglich gewesen. Ohne eine entsprechende Dokumentation ist die spätere Beweisführung indes - wie der vorliegende Fall zeigt - kaum möglich (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 09.07.2007 - 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178, zum Erfordernis der Aktenkundigkeit, um nachträgliche Darlegungen nicht unzumutbar zu erschweren, sowie VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.07.1970 - III 316/70 -, BWVBl 1971, 109, zur bei Bekanntmachungen erforderlichen Missbrauchskontrolle). Dementsprechend enthält auch die Verwaltungsvorschrift betreffend Amtliche Bekanntmachungen der Universität Konstanz vom 10.12.2001 in Nr. 5 die Verpflichtung, den ausgehängten Text mit entsprechenden Aushangvermerken zu archivieren, „da ansonsten ein Nachweis über den Aushang nicht geführt werden kann“.
40 
Die Unaufklärbarkeit wurzelt somit maßgeblich in dem Unterlassen einer ordnungsgemäßen Aktenführung. Es entspricht daher den Grundsätzen der an Rechtssphären orientierten Beweisverteilung, Behörden im Falle einer Verletzung der ihnen obliegenden Verpflichtung, die Einhaltung wesentlicher Verfahrensschritte in der Verfahrensakte zu dokumentieren, die Beweislast für das ordnungsgemäße Verfahren zu überbürden. Möglichkeiten für einen positiven Gegenbeweis kommen betroffenen Antragstellern regelmäßig nicht zu.
41 
Bei Berücksichtigung dieser Maßstäbe kann vorliegend nicht von einer ordnungsgemäßen, der Anstoßfunktion für die betroffene Öffentlichkeit genügenden Einberufung der Senatssitzung vom 11.06.2008 ausgegangen werden.
42 
d) Da mit der Bekanntmachung die Effektivität des Öffentlichkeitsgrundsatzes gewährleistet werden soll, kann der Mangel auch nicht durch den in einer Abstimmung liegenden konkludenten Verzicht (vgl. zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.02.2010 - 3 S 3064/07 -) oder das sonstige Verhalten der Organmitglieder geheilt werden. Denn das Öffentlichkeitsprinzip dient dem Schutz der Öffentlichkeit und damit dem Interesse der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.02.1992 - 1 S 2242/91 -, VBlBW 1992, 375). Der hier wegen der fehlenden Dokumentation nicht auszuschließende Fehler in der ortsüblichen Bekanntgabe der Senatssitzung vom 11.06.2008 ist daher beachtlich.
43 
2. Materielle Bedenken gegen die angegriffenen Bestimmungen bestehen dagegen nicht.
44 
Rechtsgrundlage für die in Art. 1 Nr. 7 und Nr. 8 der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz vom 24.10.2008 enthaltenen Regelungen sind §§ 8 Abs. 4 Satz 1, 9 Abs. 4 Satz 3 LHG, wonach die von der Hochschule erlassene Grundordnung auch die Rechte und Pflichten der Angehörigen regelt, an der Selbstverwaltung und der Erfüllung der Aufgaben der Hochschule mitzuwirken. Als „Hochschulverfassung“ kommt der Grundordnung insbesondere die Aufgabe zu, Organe und Gliederungen der Hochschule zu konstituieren (vgl. Eiselstein, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2009, S. 36; Bay. VerfGH, Entscheidung vom 07.05.2008 - Vf. 19-VII-06 -, NVwZ 2009, 177). Die Grundordnung hat daher auch die Aufgabe, Zusammensetzung und Bestellung der Organmitglieder festzuschreiben.
45 
Dies folgt im Übrigen schon daraus, dass eine entsprechende Regelung durch die jeweilige Geschäftsordnung ausscheidet. Geschäftsordnungen sind Binnenrechtssätze zur Regelung der inneren Organisation des jeweiligen Organs und seiner Verfahrensabläufe (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119). Regelungen über den Bestellungsmodus künftiger Mitglieder - wie die hier in Rede stehenden Vorschriften der Grundordnung - betreffen aber nicht die Binnenorganisation und entspringen damit auch nicht der auf die Strukturierung „innerer Angelegenheiten“ bezogenen Geschäftsordnungsautonomie. Vielmehr geht es insoweit erst um die Bildung des Organs, das nachfolgend geschäftsordnende Organisationsakte erlässt.
46 
Entgegen der von der Antragsgegnerin vorgebrachten Meinung sind die von der Änderung betroffenen Ausschüsse auch als Senatsausschüsse im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG einzuordnen. Dies ergibt sich - trotz der den Ausschüssen zugewiesenen Aufgabe, auch das Rektorat zu beraten - bereits aus der unmissverständlichen Anordnung in §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 10 Abs. 1 Satz 1 und 11 Abs. 1 Satz 1 der Grundordnung. Danach werden die benannten Ausschüsse vom Senat gebildet. Dementsprechend ist auch die Beschlussfassung über die jeweiligen Geschäftsordnungen dem Senat übertragen worden.
47 
Hieraus folgt jedoch nicht, dass diese Ausschussmitglieder stets gewählt werden müssten. Vielmehr bestimmt § 10 Abs. 2 Satz 1 LHG, dass die Mitglieder eines Gremiums, deren Zugehörigkeit nicht bereits kraft Amtes bestimmt ist, für eine bestimmte Amtszeit „bestellt oder gewählt“ werden. Sonderbestimmungen ergeben sich insoweit zwar für die Mitglieder des Senats, die gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 2 LHG „auf Grund von Wahlen“ zu bestimmen sind. Entsprechendes gilt indes nicht für beratende Ausschüsse, die das Hauptorgan durch eine (ggf. durch externe Sachkunde verstärkte) Vorberatung entlasten und eine Entscheidungsgrundlage für die nachfolgende Beschlussfassung nur vorbereiten sollen. Insoweit ordnet § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG lediglich an, dass derartige Ausschüsse vom Senat gebildet werden können. Auf welche Weise deren Mitglieder zu bestimmen sind, gibt das Gesetz jedoch nicht vor. Zwar liegt in einem demokratischen Staatswesen grundsätzlich die Wahl der Mitglieder als Bestellungsmodus nahe, die regelmäßig auch gesetzlich vorgeschrieben ist. Zwingend vorgegeben ist dies indes für nur beratende Vorbereitungsgremien nicht. Denn durch derartige Unterausschüsse werden Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnisse des Hauptorgans nicht vorweggenommen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10.12.2003 - 8 C 18/03 -, BVerwGE 119, 305 [308]).
48 
Durch die fehlende Festlegung des Gesetzgebers in § 10 Abs. 2 Satz 1 LHG, der § 37 Abs. 2 Satz 1 HRG inhaltsgleich wiederholt, ist die Auswahl des Bestellungsmodus für die Mitglieder beratender Senatsausschüsse damit der autonomen Entscheidung der Hochschule unterstellt. Diese verfügt im Rahmen ihrer Selbstorganisation über ein weites Ermessen. Mit dem Vorschlagsrecht des Rektors wird dieser Gestaltungsspielraum nicht überschritten (vgl. zum Vorschlagsrecht auch BVerfG, Beschluss vom 26.10.2004 - 1 BvR 911/00 u.a. -, BVerfGE 111, 333 [363 ff.]). Dies folgt schon daraus, dass es ungeachtet dessen der Senat ist, der über die Bestellung der Ausschussmitglieder befindet. Insoweit kommt den bestellten Mitgliedern auch eine durch den Senat vermittelte demokratische Legitimation zu (vgl. Bay. VerfGH, Entscheidung vom 07.05.2008 - Vf. 19-VII-06 -, NVwZ 2009, 177, der sogar eine hälftige Bestellung des die Grundordnung erlassenden Hochschulrats durch den Wissenschaftsminister für zulässig hält). Im Übrigen kommt dem Ausschuss nicht die Möglichkeit zu, eine Entscheidung gegen oder ohne den Willen des Senats selbst herbeizuführen. Schließlich stünde dem Senat im Konfliktfall letztlich sogar die Möglichkeit zur Seite, den in der Grundordnung festgeschriebenen Bestellungsmodus selbst zu ändern.
49 
Zweifel an der materiellen Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht bestehen daher nicht.
III.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
51 
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO bestehen nicht.
52 
Beschluss vom 3. August 2010
53 
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
54 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, gelten für die Wahl der Abgeordneten die Vorschriften der Abschnitte zwei bis sieben des Bundeswahlgesetzes über

die Wahlorgane, das Wahlrecht, die Vorbereitung der Wahl, die Wahlhandlung, die Feststellung des Wahlergebnisses und die Nach- und Wiederholungswahlen sowie die Vorschriften des § 49a des Bundeswahlgesetzes über Ordnungswidrigkeiten und die Vorschrift des § 54 des Bundeswahlgesetzes über Fristen und Termine in der jeweils geltenden Fassung entsprechend.

Tenor

1. Der Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 12.07.2013 wird aufgehoben und das beklagte Land wird verpflichtet, die Bürgermeisterwahl der Gemeinde Malsch vom 09.06.2013 für ungültig zu erklären.

2. Das beklagte Land, der Beigeladene zu 1 und die Beigeladene zu 2 tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beigeladenen jeweils selbst.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Gültigkeit einer Bürgermeisterwahl.
Am 09.06.2013 fand in der Gemeinde Malsch, der Beigeladenen zu 2, die Bürgermeisterwahl statt. Von den insgesamt 6.539 gültigen Stimmen entfielen auf den bisherigen Amtsinhaber, den Beigeladenen zu 1, 3.285 Stimmen (50,2 %). Herr XXX erhielt 3.144 Stimmen (48,1 %). 94 Stimmen (1,4 %) gingen an Herrn XXX und weitere 16 Stimmen an sonstige Personen. Das Wahlergebnis wurde am 13.06.2013 öffentlich bekanntgemacht.
Vor der Wahl veröffentlichte der bisherige Amtsinhaber im „Gemeindeanzeiger“ für Malsch mehrere Artikel. Der Gemeindeanzeiger Malsch wird von der Druckerei XXX herausgegeben. Dies ist auf dem Titelblatt oben links vermerkt. Dem Titelblatt folgen die Notruftafel und die Seite „Malsch aktuell“, auf der aus dem Gemeinderat und zum örtlichen Geschehen berichtet wird. Auf Seite vier beginnt das im Schriftbild durch Fettdruck gekennzeichnete „Amtsblatt Malsch“ mit amtlichen und nichtamtlichen Mitteilungen. Als dessen Herausgeber ist oben links auf Seite vier die Gemeinde Malsch genannt. Darunter heißt es: „Verantwortlich für den amtlichen Teil ist: Bürgermeister XXX oder Vertreter im Amt.“ Nach dem Amtsblatt folgt der sog. redaktionelle bzw. kommerzielle Teil des Gemeindeanzeigers. Dort sind private Anzeigen, Texte und Werbetexte veröffentlicht. Im Amtsblatt vom 29.05.2013 (Nr. 22) war unter den amtlichen Nachrichten, in der Rubrik „Bürgermeister“, ein Bericht über den Besuch des Bundestags-Kandidaten, XXX, von Bündnis 90/Die Grünen abgedruckt.
In den Gemeindeanzeigern vom 08.05.2013 (Nr. 19), 16.05.2013 (Nr. 20), 23.05.2013 (Nr. 21), 29.05.2013 (Nr. 22) sowie vom 06.06.2013 (Nr. 23) war nach dem in Fettdruck gekennzeichneten „Ende der amtlichen und nichtamtlichen Mitteilungen“ jeweils ein Artikel mit der Überschrift: „Bürgermeister XXX“ veröffentlicht. Auf der Rückseite der Gemeindeanzeiger Nrn. 21, 22 und 23 finden sich jeweils eine die halbe Seite einnehmende Werbung für den bisherigen Amtsinhaber. In den Ausgaben Nr. 22, Seite 27 und Nr. 23, Seite 23 ist ein Text von XXX abgedruckt, in dem er seine Ziele darstellt.
Mit einem am 19.06.2013 beim Landratsamt Karlsruhe eingegangenen Schreiben vom 14.06.2013 erhob die Klägerin Einspruch gegen die Bürgermeisterwahl vom 09.06.2013 mit folgender Begründung: Erstens: Im Amtsblatt Nr. 22 der Beigeladenen zu 2 vom 29.05.2013 habe der bisherige Amtsinhaber im amtlichen Teil einen Bericht mit Bild über den Besuch des Bundestags-Kandidaten von Bündnis 90/Die Grünen, Herrn XXX, veröffentlicht, in dem auf die anstehende Bürgermeisterwahl Bezug genommen und für seine Wiederwahl geworben werde. Dieser Text beinhalte eine unzulässige Wahlbeeinflussung, was im letzten Satz zum Ausdruck komme, der wie folgt laute: „Zum Ende des intensiven Meinungsaustauschs wünschte Herr XXX Bürgermeister XXX alles Gute für die anstehende Bürgermeisterwahl und würde sich freuen, im Herbst als Bundestagsabgeordneter mit ihm und der Gemeinde Malsch an dem begonnenen Gespräch wieder anknüpfen zu dürfen.“
Zweitens: In den verschiedenen Artikeln im redaktionellen Teil der Gemeindeanzeiger Nrn. 19, 20, 21, 22 und 23 seien zum Teil wörtliche Passagen aus der Wahlkampfbroschüre und jeweils ein Bild des bisherigen Amtsinhabers veröffentlicht worden. Für beide Sachverhalte gelte, dass es sich um eine unzulässige Wahlbeeinflussung handele, die sich auf das knappe Wahlergebnis auswirken konnte. Deshalb müsse die Wahl für ungültig erklärt werden.
Drittens: Ein weiterer Aufhebungsgrund sei in der räumlichen Situation des einzigen Wahllokals im Ortsteil Sulzbach zu sehen, in dem ein durch den Wahlraum zugängliches Schreibzimmer als Wahlzelle gedient habe. Der Tisch, an dem die Wahlberechtigten den Stimmzettel hätten ausfüllen können, habe über keinerlei Sichtschutzvorrichtungen verfügt. Sowohl vom Wahlvorstand als auch von wartenden Wählern habe beobachtet werden können, ob der mit dem Rücken zum Wahlraum sitzende Wähler z.B. einen Stimmzettel verändere oder nicht. Außerdem sei durch die vorhandenen Fenster ein Einblick von außen möglich gewesen.
Nachdem das Landratsamt Karlsruhe Stellungnahmen der Beigeladenen sowie der Druckerei XXX eingeholt und das Wahllokal im Ortsteil Sulzbach besichtigt hatte, wies es den Einspruch vom 14.06.2013 mit Bescheid vom 12.07.2013 zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, die Voraussetzungen einer gesetzwidrigen Wahlbeeinflussung durch den Artikel im Amtsblatt lägen nicht vor. Die Grußformel des Kandidaten sei bei verständiger Würdigung als eine in Politikerkreisen übliche Höflichkeitsformel zu würdigen. Auch die Artikel des bisherigen Amtsinhabers im redaktionellen Teil der Gemeindeanzeiger stellten keine unzulässige Wahlbeeinflussung dar. Das Wahlgeheimnis sei auch im Ortsteil Sulzbach gewahrt gewesen. Nach dem vom Wahlvorstand noch am Wahltag gefertigten Foto, das die konkrete Situation nachstelle, sei der jeweilige Wähler im Wahlbezirk Sulzbach mit dem Rücken zu den hinter ihm wartenden Wählern gesessen. Aufgrund der räumlichen Gegebenheiten und der Anweisungen des Wahlvorstehers hätten die Wartenden in gerader Linie gut zwei bis drei Meter hinter dem Wähler gestanden, dessen Rücken den Stimmzettel komplett verdeckt habe. Allenfalls hinsichtlich des genauen Abstands der Wartenden zum Wähler bestehe Uneinigkeit. Dies spiele keine entscheidende Rolle. § 23 Abs. 2 Satz 3 Kommunalwahlordnung sei nicht verletzt. Die Fenster direkt gegenüber dem Wahltisch (zur Jägerstraße hin) seien nach Aussage des Wahlvorstands - im Unterschied zur Darstellung von Zeugen - am Wahltag mit Vorhängen bedeckt gewesen. Es sei aufgrund der doppelten Verglasung und den hierdurch bedingten Spiegelungen auch ohne Vorhänge unmöglich gewesen, etwas zu erkennen. Der Bescheid wurde am 15.07.2013 der Klägerin zugestellt.
Am 07.08.2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie beantragt,
10 
1. den Bescheid des Beklagten vom 12.07.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Bürgermeisterwahl der Gemeinde Malsch vom 09.06.2013 für ungültig zu erklären.
2. Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
11 
Zur Begründung trägt sie ergänzend zu ihrem Einspruch im Wesentlichen vor: Der Bericht im Amtsblatt vom 29.05.2013 und die weiteren Artikel des bisherigen Amtsinhabers im redaktionellen Teil des Gemeindeanzeigers seien nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (Urt. v. 17.02.1992 - 1 S 2266/91 -) eine unzulässige Wahlbeeinflussung gewesen. Auch das Wahlgeheimnis sei im Wahllokal in Sulzbach nach den in der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 08.04.1968 aufgezeigten Maßstäben verletzt worden sei. Es werde bestritten, dass die Wartenden „in gerader Linie gut zwei bis drei Meter hinter dem Wähler“ gestanden seien. Der Abstand zu dem seitlich sitzenden Wahlvorstand als auch zu den Wartenden sei nach Aussagen von Zeugen deutlich geringer gewesen. Der Abstand zum Wahlvorstand habe weniger als ein Meter betragen. Dass in der Vergangenheit „schon immer so gewählt worden“ sei, sei kein Argument. Es gebe Zeugen, die sich schon früher darüber beschwert und deshalb Briefwahl vorgezogen hätten. Hinzu komme, dass der Nebenraum zum Wahlraum am Wahltag durch die Fenster einsehbar gewesen sei. Die Behauptung, dass aufgrund der doppelten Verglasung fraglich sei, ob etwas zu erkennen gewesen sei, werde bestritten. Auf die Lichtverhältnisse komme es ebenfalls nicht an.
12 
Das beklagte Land beantragt,
13 
die Klage abzuweisen.
14 
Ergänzend zu den Ausführungen im Bescheid vom 12.07.2013 macht es geltend: Der Bescheid stehe in Einklang mit den einschlägigen Urteilen des VGH Baden-Württemberg vom 17.02.1992 - 1 S 2266/91 - und vom 07.11.1983 - 1 S 1311/83 -.
15 
Bezüglich des Wahllokals in Sulzbach werde auf das Protokoll vom 25.06.2013 sowie hinsichtlich der unterschiedlichen Darstellungen der Abstände auf die Mitteilung der Gemeinde Malsch vom 10.09.2013 verwiesen. Die bisherige Sitzposition habe offenkundig über viele Jahre hinweg keine Wähler subjektiv verunsichert, da es bisher keine Beschwerden gegeben habe.
16 
Der Beigeladene zu 1 beantragt,
17 
die Klage abzuweisen.
18 
Er ist der Ansicht, die vorgebrachten Wahlanfechtungsgründe lägen nicht vor. Lege man den von der Rechtsprechung gezogenen Rahmen zur Wahlbeeinflussung zugrunde, sei die Äußerung des Bundestagskandidaten, so wie sie im Amtsblatt vom 29.05.2013 wiedergegeben worden sei, bereits objektiv nicht geeignet, unmittelbar auf die Wahlentscheidung der Wähler einzuwirken. Auch Textbeiträge im redaktionellen Teil des Gemeindeanzeigers seien hierfür nicht geeignet. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten und organisatorischen Maßnahmen der Beigeladenen zu 2 sei sichergestellt gewesen, dass im Wahllokal in Sulzbach eine unbeobachtete Ausführung des Wahlrechts gewährleistet gewesen sei.
19 
Die Beigeladene zu 2 beantragt,
20 
die Klage abzuweisen.
21 
Sie trägt unter Hinweis auf ihre im Einspruchsverfahren übersandten Schreiben vom 05.07. und 26.07.2013 im Wesentlichen vor: Eine Gesamtwürdigung der Umstände ergebe, dass die veröffentlichte Äußerung des Bundestagskandidaten keine Wahlbeeinflussung im Sinne des Gesetzes gewesen sei. Bei dem Artikel im Amtsblatt des Gemeindeanzeigers vom 29.05.2013 sei für jeden Leser klar erkennbar gewesen, dass hier ein (Bundestags)-Kandidat einem anderen (Bürgermeister-)Kandidaten alles Gute wünsche und zum Ausdruck bringe, dass er sich freuen würde, wenn man sich im Herbst - jeweils in der betreffenden Funktion - wieder treffen könne. Dies sei nicht mehr als die jedenfalls im mitteleuropäischen und deutschen Raum übliche Höflichkeitsfloskel und -bekundung zwischen zwei Kandidaten, wobei der Bundestags-Kandidat eben nicht in irgendeiner Mandats- oder Amtsfunktion stehe, sondern lediglich als Bewerber um ein Mandat diesen Wunsch zum Ausdruck gebracht habe. Die Äußerung habe aus Sicht des Lesers nicht viel Substanz bzw. kein so hohes Gewicht, dass sie für die Willensbildung eines durchschnittlichen Wählers in irgendeiner Weise relevant oder wahlbeeinflussend sein könnte.
22 
Auch aus den jeweils im kommerziellen Teil des Gemeindeanzeigers erschienenen Artikeln könne keine unzulässige Wahlbeeinflussung abgeleitet werden. Zum einen bestehe für jedermann die Möglichkeit, derartige „redaktionelle“ Texte im Gemeindeanzeiger von Malsch zu platzieren, sofern dies nach den Bedingungen der herausgebenden Druckerei XXX erfolge. Zum anderen würden sich die Texte des bisherigen Amtsinhabers von dem erkennbar werblichen Charakter her nicht von den Anzeigen von Mitbewerbern, insbesondere denen von Herrn XXX, unterscheiden.
23 
Der Grundsatz der geheimen Wahl sei auch in Sulzbach gewährleistet gewesen. Die anwesenden wartenden Wähler, der Wahlvorstand und die Beisitzer hätten bei Wahlpersonen, die am Wahltisch im Nebenraum gesessen seien, weder beobachten können, wie der Wahlzettel ausgefüllt werde noch, ob er überhaupt ausgefüllt oder ob er sonst in irgendeiner Weise verändert worden sei. Denn es habe ein Abstand zwischen der wählenden Person und den übrigen Anwesenden bestanden, so dass ein „Blick über die Schulter“ nicht möglich gewesen sei. Im Übrigen sei das Geschehen auf dem Wahltisch komplett durch den Wählenden selbst verdeckt worden, da er den Tisch mit seinem eigenen Körper abgeschirmt habe. Von den Fenstern im Nebenraum, die sich auf der linken Seite Richtung XXX Straße befänden, sei kein Einblick wegen der Höhenlage des Zimmers bzw. der Fenster von außen vom Straßen-/Gehwegniveau aus möglich gewesen. Bei den anderen, der Tür zum Nebenraum gegenüber liegenden Fenstern seien die Vorhänge während der Wahlzeit zugezogen gewesen, was durch Zeugen bestätigt werden könne. Aufgrund des Spiegeleffektes habe man von außen nicht in den Raum hineinsehen können. Die Ausführungen des VGH Baden-Württemberg in der Entscheidung vom 08.04.1968 zu Wahlzellen mit Tischen seien nicht direkt auf die neue Rechtslage durch die Neufassung des § 23 Abs. 2 Satz 3 Kommunalwahlordnung übertragbar, der einen durch den Wahlraum zugänglichen Nebenraum zulasse. Nach der vorgenannten Entscheidung komme es nicht auf das subjektive Unsicherheitsgefühl des Wahlberechtigten an, sondern allein darauf, ob dieses auch tatsächlich objektiv gerechtfertigt sei. Letzteres sei hier aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse nicht der Fall gewesen.
24 
In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht durch Einnahme eines Augenscheins und durch Vernehmung von 14 Zeugen Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die darüber gefertigten Protokolle verwiesen. Dem Gericht liegen die Verwaltungsakten des beklagten Landes, einschließlich der Satzung der Beigeladenen zu 2 vom 23.08.1978 über öffentliche Bekanntmachungen der Gemeinde vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird darauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die Klage ist zulässig und begründet.
26 
Der Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 12.07.2013 wird aufgehoben und das beklagte Land wird verpflichtet, die Bürgermeisterwahl der Gemeinde Malsch vom 09.06.2013 für ungültig zu erklären (§ 113 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 VwGO).
27 
Die Klage ist nach § 31 Abs. 3 Kommunalwahlgesetz i.d.F. vom 01.09.1983 (GBL. S. 429) - KomWG - als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Sie ist auch begründet. Nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KomWG ist eine Bürgermeisterwahl für ungültig zu erklären, wenn ihr Ergebnis dadurch beeinflusst werden konnte, dass Dritte bei der Wahl eine gegen ein Gesetz verstoßende Wahlbeeinflussung begangen haben oder wesentliche Vorschriften über die Wahlvorbereitung, die Wahlhandlung oder über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses unbeachtet geblieben sind. In allen Fällen können gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 KomWG nur Einspruchsgründe berücksichtigt werden, die binnen der einwöchigen Einspruchsfrist des § 31 Abs. 1 Satz 1 KomWG geltend gemacht worden sind. Die Voraussetzung des § 31 Abs. 1 Satz 1 KomWG ist hinsichtlich der drei geltend gemachten Wahlanfechtungsgründe gegeben.
28 
Es bedarf keiner Entscheidung, ob die vom Beigeladenen zu 1 im Amtsblatt und im redaktionellen Teil des Gemeindeanzeigers Malsch veröffentlichten Artikel eine gegen ein Gesetz verstoßende Wahlbeeinflussung darstellen. Denn es ist eine wesentliche Vorschrift über die Wahlhandlung verletzt, weil in einem von 14 Wahlbezirken, im Wahlbezirk Sulzbach, dadurch gegen das Wahlgeheimnis verstoßen wurde, dass die Möglich bestand, die Wahlhandlung im Nebenraum zu beobachten (1). Dieser Verstoß konnte das Ergebnis der Bürgermeisterwahl vom 09.06.2013 beeinflussen (2). Er hat die Aufhebung der gesamten Wahl zur Folge (3).
1.
29 
Zu den wesentlichen Vorschriften über die Wahlhandlung gehören diejenigen, die die Verwirklichung der tragenden Grundsätze des Wahlrechts, die freie und geheime Wahl sichern (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v.08.04.1968 - I 652/67 - ESVGH 19, 159 ff., 160). Wesentlich sind u.a. die Vorschriften, die die tragenden Grundsätze des Wahlrechts, nämlich die allgemeine, unmittelbare, gleiche, freie und geheime Wahl sichern sollen (vgl. Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG, Art. 72 Abs. 1 S. 1 LVerf, § 26 Abs. 1 GemO; s. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.01.1997 - 1 S 1741/96 - ESVGH 47, 130 ff. m.w.N.). Die Geheimheit der Wahl stellt den wichtigsten institutionellen Schutz der Wahlfreiheit dar, die wiederum unabdingbare Voraussetzung für die demokratische Legitimation der Gewählten ist (BVerfG, Beschl. v. 16.07.1998 - 2 BvR 1953/95 - BVerfGE 99, 1 ff., 13 m.w.N.). Die geheime Wahl steht in engem Zusammenhang mit der freien Wahl und soll eine unbeeinflusste Stimmabgabe garantieren. Sie erfordert deshalb eine technische Gestaltung des Wahlvorganges, die es unmöglich macht, die Wahlentscheidung eines Wählers zu erkennen oder zu rekonstruieren. Dies sollen u.a. die Vorschriften über die Ausstattung der Wahlräume sicherstellen. Die Abschirmungsvorrichtungen müssen deshalb so beschaffen sein, dass niemand beobachten kann, wie die Stimmzettel ausgefüllt und in den Umschlag gesteckt werden, und dass auch der Wahlberechtigte sicher sein muss, nicht daraufhin beobachtet zu werden, ob er auf seinem Stimmzettel schreibt, streicht oder ankreuzt (VGH Bad.-Württ., Urt. v.08.04.1968, a.a.O., 160 zu § 20 Abs. 2 KomWO a.F.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 07.03.1990 - 10 M 5/90 - m.w.N.). Die Vorschriften des KomWG und der Kommunalwahlordnung - KomWO - verlangen nicht, Wahlkabinen bzw. -zellen einzurichten, auch Nebenräume sind unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Nach § 17 KomWG i.V.m. § 23 Abs. 2 Satz 1 KomWO sind in jedem Wahlraum eine Wahlzelle oder mehrere Wahlzellen mit Tischen einzurichten, in denen der Wähler seinen Stimmzettel unbeobachtet kennzeichnen und in den Stimmzettelumschlag legen oder im Fall der Bürgermeisterwahl falten kann. Die Wahlzellen müssen vom Tisch des Wahlvorstandes aus überblickt werden können. Als Wahlzelle kann auch ein nur durch den Wahlraum zugänglicher Nebenraum dienen, wenn dessen Eingang vom Tisch des Wahlvorstandes aus überblickt werden kann. Ausreichend ist hiernach ein durch den Wahlraum zugänglicher Nebenraum (§ 17 KomWG i.V.m. § 23 Abs. 2 Satz 3 KomWO).
30 
Der Nebenraum muss wie Abschirmungseinrichtungen so gestaltet sein, dass die Grundsätze der geheimen Wahl gewährleistet sind. Diese sind dann nicht gewahrt, wenn der Wahlberechtigte auf Grund der konkreten örtlichen Verhältnisse nicht sicher sein kann, bei der Ausübung des Stimmrechts beobachtet zu werden; d.h. es ist entscheidend, ob das behauptete subjektive Unsicherheitsgefühl des Wahlberechtigten nach den Umständen des Einzelfalles objektiv gerechtfertigt ist. Dies ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn bei der Wahl beobachtet werden konnte, ob der Wahlberechtigte den Stimmzettel veränderte (schrieb, strich oder kreuzte) oder ob er ihn unverändert in den Wahlumschlag steckte (VGH Bad.-Württ., Urt. v.08.04.1968, a.a.O., 160; vgl. auch Kunze/Merk/Quecke, Das Kommunalwahlrecht in Baden-Württemberg, 7. Aufl. § 17 Rn. 4; vgl. auch LAG Düsseldorf, Beschl. v. 03.08.2007 - 9 TaBV 41/07 - unter Hinweis auf OVG NRW, Beschl. v. 22.10.1979 zu § 16 LPVG NW; s. auch Hess. VGH, Fachsenat für Personalvertretungssachen, Beschl. v. 29.01.1986 - HPV TL 1436/85 - zu § 16 Abs. 1 bis 3 WO-HPVG). Der Wahlberechtigte ist nämlich nur dann in der Lage, wirklich frei zu wählen, wenn er sicher sein kann, bei der Stimmabgabe nicht beobachtet zu werden. Denn das Wahlgeheimnis soll, wie bereits ausgeführt, eine freie und unbeeinflusste Stimmabgabe gewährleisten. Deshalb ist der Grundsatz der geheimen Wahl nicht erst dann verletzt, wenn es möglich gewesen ist zu beobachten, welchem Kandidaten ein Wahlberechtigter die Stimme gegeben hat, und feststellbar ist, ob tatsächlich jemand beobachtet hat, sondern schon dann, wenn sich der Wahlberechtigte nicht unbeobachtet gefühlt hat und es möglich gewesen ist zu sehen, was er mit dem Stimmzettel gemacht hat: ob er ihn verändert oder ob er ihn unverändert in den Wahlumschlag gesteckt hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.04.1968, a.a.O.). Rechtlich ohne Bedeutung ist, wie bei früheren Wahlen in Sulzbach gewählt worden ist.
31 
Aufgrund der bei Einnahme des Augenscheins in den Wahl- und Nebenraum im Wahlbezirk Sulzbach getroffenen Feststellungen und des dabei gewonnenen Eindrucks des erkennenden Gerichts von den Örtlichkeiten und dem Ablauf der Wahlhandlungen war das Wahlgeheimnis im Wahlbezirk Sulzbach bei der Bürgermeisterwahl am 09.06.2013 nicht gewährleistet, weil aufgrund objektiver Gegebenheiten die Möglichkeit bestand, die Wahlhandlung zu beobachten. Im Wahllokal in Sulzbach war ein nur vom Wahlraum aus zugänglicher Nebenraum für die Vornahme der Wahlhandlung eingerichtet. In diesem stand ein ca. 40 bis 50 cm von der offenen und ca. 90 cm breiten Eingangstür entfernter kleiner Wahltisch (ca. 65 cm x 65 cm) ohne Sichtschutzblende und ohne sonstige Abschirmung. Vor dem Wahltisch war ein ca. 80 cm hoher Stuhl mit einer ca. 45 cm breiten Rückenlehne bereitgestellt, an dem der Wähler mit dem Rücken zum Wahlraum Platz nehmen konnte. Hinter dem Wahltisch war ein breiter Schreibtisch. Die Tür zum Nebenraum war während der Wahl offen.
32 
Nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Beteiligten und den Erläuterungen des bei Einnahme des Augenscheins anwesend gewesenen Wahlvorstehers und seines Stellvertreters standen die wartenden Wähler im Wahlraum, dem Vorraum zum Nebenraum, entweder vor der dort in der Mitte des Vor- bzw. Wahlraumes befindlichen schmalen Säule oder, wenn mehrere Personen warten mussten, dahinter, in Höhe des Tisches des Beisitzers, an dem der Wähler die Wahlunterlagen erhielt. Dies bestätigten mehrere in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeugen. Je nachdem, wie groß die Zahl der wartenden Wähler im Wahlraum war, saßen wartende Wähler den Angaben des Wahlvorstandes zufolge auch links und rechts der Eingangstür zum Wahlraum. Der Abstand von der Säule bis zur Türschwelle zum Nebenraum beträgt nach den Feststellungen des Gerichts ca. 2,80 m, der von der Türschwelle bis zum Stuhl am Wahltisch im Nebenraum ca. 50 cm, bis zum Wahltisch verbleibt eine Stuhltiefe von etwa 50 cm. Der unmittelbar vor der Säule wartende Wähler war demnach höchstens ca. 3,80 m entfernt vom Wähler im Nebenraum. Eine hinter der Säule wartende Person war mehr als 3,80 m entfernt. Die weiteren von wartenden Wählern eingenommenen Positionen waren bis zu ca. 5 m vom Wähler im Nebenraum entfernt. Von allen aufgezeigten Positionen der Wartenden aus war der mit dem Rücken zum Wahlraum am Wahltisch sitzende oder stehende Wähler im Nebenraum durch die ca. 90 cm breite Türöffnung nach den Feststellungen des Gerichts gut sichtbar; erkennbar war dessen ganzer Körper oder eine Körperhälfte. Die vor der Säule wartenden Wähler konnten den Wähler im Nebenraum in der im Regelfall eingenommenen Sitzposition von seiner Rückseite sehen. Ebenfalls sichtbar war ein Wähler im Nebenraum für denjenigen, der nach ein oder zwei in den Wahlraum gesetzten Schritten stehen blieb, weil beispielsweise bereits mehrere Personen im Raum waren, was realistisch ist. Von dieser Position aus konnte jedenfalls die rechte Körperseite des Wählers im Nebenraum gesehen werden, was ausreichend ist, um bei einem Rechtshänder die Bewegung des rechten Armes oder die der Hand nachvollziehen zu können. Einsehbar war der Bereich im Nebenraum, an dem die Wahlhandlung vorgenommen wurde, zumindest teilweise auch von den links und rechts der Eingangstür sitzenden Personen.
33 
Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass bei einem mit dem Rücken zu den wartenden Wählern sitzenden oder stehenden Wähler anhand seiner Körperhaltung und -bewegung beobachtet und rekonstruiert werden kann, ob der Wähler den Stimmzettel verändert, ob er schreibt, streicht oder kreuzt oder ob er ihn unverändert in den Wahlumschlag steckt. Es kann zwar nicht gesehen werden, an welcher Stelle der Wähler ein Kreuz auf dem Stimmzettel macht, weil er dies mit seinem Rücken oder seinen Händen verdecken kann. Für einen Verstoß gegen das Wahlgeheimnis ist dies - wie dargelegt - auch nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein „Blick über die Schulter“ notwendig. Die Beobachtung der Wahlhandlung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der sitzende oder stehende Wähler mit dem Rücken zum einsehbaren Bereich die Wahlhandlung vornimmt. Denn die Bewegungen des Armes, mit dessen Hand er schreibt, streicht oder kreuzt sind in der Regel, auch wenn die Hand nicht gesehen werden kann, wahrnehmbar. Sie können isoliert oder zusammen mit Bewegungen des Oberkörpers bzw. der Schultern auf eine bestimmte Wahlhandlung schließen lassen. Bewegungen der Hand lassen ebenfalls Rückschlüsse auf das Wahlverhalten zu. Die 45 cm breite und ca. 80 cm hohe Stuhllehne vermochte diese Beobachtungsmöglichkeit nicht verhindern, weil eine Vielzahl von Menschen in sitzender Position größer als 80 cm ist. Unterlässt der Wähler jegliche Körperbewegung und nimmt er den bereitgelegten Schreibstift überhaupt nicht in die Hand, können ebenfalls Schlussfolgerungen auf seine Wahlhandlung abgeleitet werden, auch wenn er nur von hinten gesehen werden kann. Bei einem neben oder vor dem bereitgestellten Stuhl stehenden Wähler können Körperbewegungen im Einzelfall, je nach Größe, Umfang und Bekleidung der Person, noch deutlicher erkennbar sein.
34 
Entgegen den Ausführungen des Vertreters der Beigeladenen zu 2 ist der Wähler nicht verpflichtet, sich beim Wahlvorgang so zu verhalten, dass seine Wahlhandlung anhand seiner Körperhaltung nicht beobachtet werden kann, z.B. indem er seine Körperhaltung so einrichtet, gegebenenfalls durch eine künstliche Haltung oder Bewegung, dass daraus keine Schlussfolgerungen auf seine Wahlhandlung gezogen werden können. Das Wahlgeheimnis verlangt nicht, dass der Wähler derartige Vorkehrungen zum Schutz des Wahlgeheimnisses trifft. Denn die Pflicht, eine Wahlzelle und einen Nebenraum nach den Vorgaben des § 23 Abs. 2 Satz 2 KomWO einzurichten, obliegt bei Wahlen nach § 1 KomWG den Gemeinden (§ 17 KomWG). Es liegt auf der Hand, dass vom Wähler auch nicht in rechtswirksamer Weise erwartet werden kann, dass er sich im Nebenraum eine vom Wahlraum aus nicht einsehbare Nische sucht, wie dies die Zeugin XXX nach ihren Bekundungen getan hat. Bei der Wahl am 09.06.2013 konnte die Eingangstür zum Nebenraum auch nicht von innen geschlossen werden, wie es nach der Aussage der Zeugin XXX bei früheren Wahlen in Sulzbach der Fall gewesen sei. Ob dies nach § 23 Abs. 2 KomWO zulässig und ausreichend ist, einen Verstoß gegen das Wahlgeheimnis zu verneinen, kann deshalb offen bleiben.
35 
Die hier entscheidungserhebliche Möglichkeit der Beobachtung und Rekonstruierbarkeit der Wahlhandlung infolge der Sicht auf den Wähler bzw. die Wahlhandlung im Nebenraum, war grundsätzlich aus einer Entfernung von ca. 3,30 m gegeben, ebenso bei einer darüber hinausgehenden Entfernung im Bereich zwischen 3,50 m bis 5,00 m. Sofern hiervon Einschränkungen für Sehbehinderte oder andere untypische Fallgestaltungen gemacht werden müssen, ist dies zu vernachlässigen. Die Möglichkeit der Sicht für die im Wahlraum wartenden Wähler in Richtung Nebenraum auf den Wahlvorgang war nur durch die schmale Säule eingeschränkt, am Wahltag zusätzlich zeitweise, nicht dauerhaft, durch Personen, die sich im Raum aufhielten, weil sie warteten oder nach ihrer Wahl weggingen und sich dabei noch einige Zeit im Wahlraum unterhielten. Im Übrigen gab es keine Sichtbehinderungen, etwa durch Abschirmungen im Wahlraum. Der Wahlraum hat nach den Feststellungen des Gerichts bei Einnahme des Augenscheins mehrere Fenster und ist ausreichend belichtet. Für den Wahltag gilt nichts anderes. Ob im Nebenraum die Vorhänge zur Jägerstraße hin geschlossen waren, also an den Fenstern gegenüber dem Wahltisch, ist für die Möglichkeit der Wahrnehmung der Wahlbehandlung unbeachtlich. Der Nebenraum war nach den Feststellungen des erkennenden Gerichts bei Einnahme des Augenscheins bei geschlossenen Vorhängen ausreichend belichtet, um einen Wähler sehen und eine Körperbewegung des Wählers beobachten zu können. An den Fenstern im Nebenraum zur Ettlinger Straße hin waren am 09.06.2013 unstreitig keine Vorhänge zugezogen. Wie bereits ausgeführt, vermochte die Rückenlehne des Stuhls am Wahltisch eine mögliche Nachvollziehbarkeit der Wahlhandlung nicht nennenswert schmälern. Aufgrund dieser eine Beobachtung der Wahlhandlung ermöglichenden objektiven Gegebenheiten kann keine Rede davon sein, dass es lediglich ein subjektives Unsicherheitsgefühl des Wahlberechtigten im Wahllokal in Sulzbach gegeben habe.
36 
Es kommt deshalb nicht darauf an, wie groß oder kurz der Abstand der im Wahlraum vor der Säule wartenden Personen zum Wähler im Nebenraum war. Auf die unterschiedlichen Angaben der Beteiligten und Zeugen zum kürzesten Abstand der wartenden Personen zum Wähler im Nebenraum und darauf, worauf die unterschiedliche Einschätzung dieser Gegebenheiten beruhen kann, braucht das Gericht deshalb nicht weiter einzugehen. Ferner bedarf es keiner Entscheidung darüber, wie groß der Abstand des Wahlvorstands zum Nebenraum bzw. Wähler im Nebenraum war und welche Sitzposition er eingenommen hat und ob diese den Vorgaben des § 23 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 4 KomWO entsprach. Ebenfalls nicht geklärt zu werden braucht, ob die Vorhänge an den Fenstern gegenüber dem Wahltisch während der Wahl, sei es auch nur für einen kurzen Zeitraum, offen oder zugezogen waren und, falls sie offen waren, ob der Wähler in der dargestellten Weise beobachtet werden konnte. Den diesbezüglichen unterschiedlichen Zeugenaussagen braucht nicht nachgegangen zu werden.
2.
37 
Der Verstoß gegen das Wahlgeheimnis ist erheblich. Ein Wahlmangel führt dann zur Ungültigerklärung der Wahl, wenn deren "Ergebnis" dadurch beeinflusst werden konnte (vgl. § 32 Abs. 1 KomWG). Das Gesetz verlangt nicht einen tatsächlichen, sondern einen möglichen ursächlichen Zusammenhang zwischen Wahlfehler und Wahlergebnis. Dieser ist nur gegeben, wenn sich aus dem mit der Wahlanfechtung geltend gemachten und tatsächlich vorliegenden Gesetzesverstoß nicht nur eine theoretische, sondern eine konkrete und nach der Lebenserfahrung nicht ganz fernliegende Möglichkeit der Beeinflussung des Wahlergebnisses ergibt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.05.2007 - 1 S 567/07 - VBlBW 2007, 377 f. m.w.N.). Von wesentlicher Bedeutung kann insbesondere sein, wie knapp oder wie eindeutig das mit dem Wahleinspruch konkret in Zweifel gezogene Wahlergebnis ausgefallen ist. Da der Beigeladene zu 1 mit einer Stimmenmehrheit von 16 Stimmen die absolute Mehrheit erreicht hat, ist bei Bejahung eines Wahlfehlers nicht auszuschließen, dass dieser Wahlfehler das Ergebnis für die Gesamtwahl ausschlaggebend beeinflusst hat (s. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.05.2007, a.a.0., zu 9 Stimmen bei absoluter Mehrheit).
3.
38 
Obgleich der erhebliche Wahlfehler nur für einen von 14 Wahlbezirken feststellbar ist, war das beklagte Land zu verpflichten, die Bürgermeisterwahl vom 09.06.2013 in vollem Umfang aufzuheben. Das erkennende Gericht übt sein ihm im Falle eines nur in einem Wahlbezirk vorgekommenen erheblichen Wahlfehlers durch § 33 KomWG eingeräumte Ermessen (Kunze/Merk/Quecke, a.a.O. § 33 Rn. 7; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 09.09.1958 - 3 K 49/58 - ESVGH 9, 92 ff., 94 zu §§ 27, 28 KomWG a.F.) dahin aus, dass es die Bürgermeisterwahl vom 09.06.2013 insgesamt für ungültig erachtet und nicht nur begrenzt auf den Wahlbezirk Sulzbach. Dabei hat es sein Ermessen daran orientiert, dass § 34 Abs. 1 Satz 5 KomWG eine Wiederholungswahl nur innerhalb von sechs Monaten zulässt (s. auch § 35 Abs. 1 Satz 2 1. und 2. Halbsatz KomWG) und dass diese Frist im vorliegenden Fall bis zu dem Zeitpunkt, in dem eine Wahl realistischerweise angesetzt werden kann, ohne Weiteres ausgeschöpft sein kann. Hintergrund dieser Frist ist, dass sich der Kreis der Wahlberechtigten nach Ablauf eines Zeitraums von sechs Monaten regelmäßig ändert, sei es durch Zu- oder Wegzug oder infolge des Erreichens des Alters für die Wahlberechtigung. Ein Zeitraum von sechs Monaten ist im Hinblick auf die §§ 34, 35 KomWG als Richtschnur für einen relevanten Wechsel der Wahlberechtigten zu qualifizieren, der anstatt einer Wiederholungswahl eine Neuwahl erforderlich macht. Im Hinblick auf diese zeitliche Komponente hat der VGH Baden-Württemberg zur Ermessensentscheidung über eine teilweise Ungültigkeit einer Wahl auf der Grundlage der §§ 27, 28 KomWG a.F., den Vorgängerregelungen zu §§ 33, 34 KomWG, ausgeführt, dass beachtliche Mängel des Wahlverfahrens in der Regel zur Ungültigerklärung der ganzen Wahl führen müssen und dass nur ausnahmsweise, wenn hierdurch keine ins Gewicht fallende Verfälschung des Wählerwillens zu besorgen ist, von der Möglichkeit einer teilweisen Ungültigkeitserklärung (§ 28 KomWG a.F.) Gebrauch gemacht werden darf. Denn eine teilweise Ungültigerklärung kann nur hingenommen werden, wenn einen Neuwahl in kurzem Abstand nach der für ungültig erklärten Wahl durchgeführt werden kann. Im vorliegenden Verfahren wird ein Zeitraum von sechs Monaten zwischen der Wahl am 09.06.2013 und einer neu anzusetzenden Wahl aller Voraussicht nach erreicht, jedenfalls erscheint dies naheliegend, wenn man neben den für eine Wahlausschreibung einzuhaltenden Anforderungen und Fristen (§§ 1, 20, 34, 35 KomWO) mitberücksichtigt, dass den Beteiligten nach Zustellung des Urteils eine Bedenkzeit bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist zusteht, ob gegen das Urteil des erkennenden Gerichts ein Rechtsmittel eingelegt wird.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3 Satz 1, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladenen zu 1 und 2 ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, weil sie mit ihren Anträgen ein Kostenrisiko eingegangen und unterlegen sind.
40 
Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hat die klärungsbedürftige Frage, ob das Wahlgeheimnis deshalb verletzt ist, weil der Nebenraum des Wahlraums i.S.d. § 23 Abs. 2 Satz 3 KomWO so eingerichtet ist, dass der mit dem Rücken zum Wahlraum unweit von der offenen Tür sitzende oder stehende Wähler von den im Wahlraum wartenden Wählern aus einer Entfernung von ca. 3,80 m bis ca. 5 m beobachtet werden kann.
41 
B E S C H L U S S
42 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000.--festgesetzt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.05.2007, a.a.O. und Beschl. v. 09.05.2007 - 1 S 984/07 -, ).
43 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
25 
Die Klage ist zulässig und begründet.
26 
Der Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 12.07.2013 wird aufgehoben und das beklagte Land wird verpflichtet, die Bürgermeisterwahl der Gemeinde Malsch vom 09.06.2013 für ungültig zu erklären (§ 113 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 VwGO).
27 
Die Klage ist nach § 31 Abs. 3 Kommunalwahlgesetz i.d.F. vom 01.09.1983 (GBL. S. 429) - KomWG - als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Sie ist auch begründet. Nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KomWG ist eine Bürgermeisterwahl für ungültig zu erklären, wenn ihr Ergebnis dadurch beeinflusst werden konnte, dass Dritte bei der Wahl eine gegen ein Gesetz verstoßende Wahlbeeinflussung begangen haben oder wesentliche Vorschriften über die Wahlvorbereitung, die Wahlhandlung oder über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses unbeachtet geblieben sind. In allen Fällen können gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 KomWG nur Einspruchsgründe berücksichtigt werden, die binnen der einwöchigen Einspruchsfrist des § 31 Abs. 1 Satz 1 KomWG geltend gemacht worden sind. Die Voraussetzung des § 31 Abs. 1 Satz 1 KomWG ist hinsichtlich der drei geltend gemachten Wahlanfechtungsgründe gegeben.
28 
Es bedarf keiner Entscheidung, ob die vom Beigeladenen zu 1 im Amtsblatt und im redaktionellen Teil des Gemeindeanzeigers Malsch veröffentlichten Artikel eine gegen ein Gesetz verstoßende Wahlbeeinflussung darstellen. Denn es ist eine wesentliche Vorschrift über die Wahlhandlung verletzt, weil in einem von 14 Wahlbezirken, im Wahlbezirk Sulzbach, dadurch gegen das Wahlgeheimnis verstoßen wurde, dass die Möglich bestand, die Wahlhandlung im Nebenraum zu beobachten (1). Dieser Verstoß konnte das Ergebnis der Bürgermeisterwahl vom 09.06.2013 beeinflussen (2). Er hat die Aufhebung der gesamten Wahl zur Folge (3).
1.
29 
Zu den wesentlichen Vorschriften über die Wahlhandlung gehören diejenigen, die die Verwirklichung der tragenden Grundsätze des Wahlrechts, die freie und geheime Wahl sichern (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v.08.04.1968 - I 652/67 - ESVGH 19, 159 ff., 160). Wesentlich sind u.a. die Vorschriften, die die tragenden Grundsätze des Wahlrechts, nämlich die allgemeine, unmittelbare, gleiche, freie und geheime Wahl sichern sollen (vgl. Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG, Art. 72 Abs. 1 S. 1 LVerf, § 26 Abs. 1 GemO; s. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.01.1997 - 1 S 1741/96 - ESVGH 47, 130 ff. m.w.N.). Die Geheimheit der Wahl stellt den wichtigsten institutionellen Schutz der Wahlfreiheit dar, die wiederum unabdingbare Voraussetzung für die demokratische Legitimation der Gewählten ist (BVerfG, Beschl. v. 16.07.1998 - 2 BvR 1953/95 - BVerfGE 99, 1 ff., 13 m.w.N.). Die geheime Wahl steht in engem Zusammenhang mit der freien Wahl und soll eine unbeeinflusste Stimmabgabe garantieren. Sie erfordert deshalb eine technische Gestaltung des Wahlvorganges, die es unmöglich macht, die Wahlentscheidung eines Wählers zu erkennen oder zu rekonstruieren. Dies sollen u.a. die Vorschriften über die Ausstattung der Wahlräume sicherstellen. Die Abschirmungsvorrichtungen müssen deshalb so beschaffen sein, dass niemand beobachten kann, wie die Stimmzettel ausgefüllt und in den Umschlag gesteckt werden, und dass auch der Wahlberechtigte sicher sein muss, nicht daraufhin beobachtet zu werden, ob er auf seinem Stimmzettel schreibt, streicht oder ankreuzt (VGH Bad.-Württ., Urt. v.08.04.1968, a.a.O., 160 zu § 20 Abs. 2 KomWO a.F.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 07.03.1990 - 10 M 5/90 - m.w.N.). Die Vorschriften des KomWG und der Kommunalwahlordnung - KomWO - verlangen nicht, Wahlkabinen bzw. -zellen einzurichten, auch Nebenräume sind unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Nach § 17 KomWG i.V.m. § 23 Abs. 2 Satz 1 KomWO sind in jedem Wahlraum eine Wahlzelle oder mehrere Wahlzellen mit Tischen einzurichten, in denen der Wähler seinen Stimmzettel unbeobachtet kennzeichnen und in den Stimmzettelumschlag legen oder im Fall der Bürgermeisterwahl falten kann. Die Wahlzellen müssen vom Tisch des Wahlvorstandes aus überblickt werden können. Als Wahlzelle kann auch ein nur durch den Wahlraum zugänglicher Nebenraum dienen, wenn dessen Eingang vom Tisch des Wahlvorstandes aus überblickt werden kann. Ausreichend ist hiernach ein durch den Wahlraum zugänglicher Nebenraum (§ 17 KomWG i.V.m. § 23 Abs. 2 Satz 3 KomWO).
30 
Der Nebenraum muss wie Abschirmungseinrichtungen so gestaltet sein, dass die Grundsätze der geheimen Wahl gewährleistet sind. Diese sind dann nicht gewahrt, wenn der Wahlberechtigte auf Grund der konkreten örtlichen Verhältnisse nicht sicher sein kann, bei der Ausübung des Stimmrechts beobachtet zu werden; d.h. es ist entscheidend, ob das behauptete subjektive Unsicherheitsgefühl des Wahlberechtigten nach den Umständen des Einzelfalles objektiv gerechtfertigt ist. Dies ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn bei der Wahl beobachtet werden konnte, ob der Wahlberechtigte den Stimmzettel veränderte (schrieb, strich oder kreuzte) oder ob er ihn unverändert in den Wahlumschlag steckte (VGH Bad.-Württ., Urt. v.08.04.1968, a.a.O., 160; vgl. auch Kunze/Merk/Quecke, Das Kommunalwahlrecht in Baden-Württemberg, 7. Aufl. § 17 Rn. 4; vgl. auch LAG Düsseldorf, Beschl. v. 03.08.2007 - 9 TaBV 41/07 - unter Hinweis auf OVG NRW, Beschl. v. 22.10.1979 zu § 16 LPVG NW; s. auch Hess. VGH, Fachsenat für Personalvertretungssachen, Beschl. v. 29.01.1986 - HPV TL 1436/85 - zu § 16 Abs. 1 bis 3 WO-HPVG). Der Wahlberechtigte ist nämlich nur dann in der Lage, wirklich frei zu wählen, wenn er sicher sein kann, bei der Stimmabgabe nicht beobachtet zu werden. Denn das Wahlgeheimnis soll, wie bereits ausgeführt, eine freie und unbeeinflusste Stimmabgabe gewährleisten. Deshalb ist der Grundsatz der geheimen Wahl nicht erst dann verletzt, wenn es möglich gewesen ist zu beobachten, welchem Kandidaten ein Wahlberechtigter die Stimme gegeben hat, und feststellbar ist, ob tatsächlich jemand beobachtet hat, sondern schon dann, wenn sich der Wahlberechtigte nicht unbeobachtet gefühlt hat und es möglich gewesen ist zu sehen, was er mit dem Stimmzettel gemacht hat: ob er ihn verändert oder ob er ihn unverändert in den Wahlumschlag gesteckt hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.04.1968, a.a.O.). Rechtlich ohne Bedeutung ist, wie bei früheren Wahlen in Sulzbach gewählt worden ist.
31 
Aufgrund der bei Einnahme des Augenscheins in den Wahl- und Nebenraum im Wahlbezirk Sulzbach getroffenen Feststellungen und des dabei gewonnenen Eindrucks des erkennenden Gerichts von den Örtlichkeiten und dem Ablauf der Wahlhandlungen war das Wahlgeheimnis im Wahlbezirk Sulzbach bei der Bürgermeisterwahl am 09.06.2013 nicht gewährleistet, weil aufgrund objektiver Gegebenheiten die Möglichkeit bestand, die Wahlhandlung zu beobachten. Im Wahllokal in Sulzbach war ein nur vom Wahlraum aus zugänglicher Nebenraum für die Vornahme der Wahlhandlung eingerichtet. In diesem stand ein ca. 40 bis 50 cm von der offenen und ca. 90 cm breiten Eingangstür entfernter kleiner Wahltisch (ca. 65 cm x 65 cm) ohne Sichtschutzblende und ohne sonstige Abschirmung. Vor dem Wahltisch war ein ca. 80 cm hoher Stuhl mit einer ca. 45 cm breiten Rückenlehne bereitgestellt, an dem der Wähler mit dem Rücken zum Wahlraum Platz nehmen konnte. Hinter dem Wahltisch war ein breiter Schreibtisch. Die Tür zum Nebenraum war während der Wahl offen.
32 
Nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Beteiligten und den Erläuterungen des bei Einnahme des Augenscheins anwesend gewesenen Wahlvorstehers und seines Stellvertreters standen die wartenden Wähler im Wahlraum, dem Vorraum zum Nebenraum, entweder vor der dort in der Mitte des Vor- bzw. Wahlraumes befindlichen schmalen Säule oder, wenn mehrere Personen warten mussten, dahinter, in Höhe des Tisches des Beisitzers, an dem der Wähler die Wahlunterlagen erhielt. Dies bestätigten mehrere in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeugen. Je nachdem, wie groß die Zahl der wartenden Wähler im Wahlraum war, saßen wartende Wähler den Angaben des Wahlvorstandes zufolge auch links und rechts der Eingangstür zum Wahlraum. Der Abstand von der Säule bis zur Türschwelle zum Nebenraum beträgt nach den Feststellungen des Gerichts ca. 2,80 m, der von der Türschwelle bis zum Stuhl am Wahltisch im Nebenraum ca. 50 cm, bis zum Wahltisch verbleibt eine Stuhltiefe von etwa 50 cm. Der unmittelbar vor der Säule wartende Wähler war demnach höchstens ca. 3,80 m entfernt vom Wähler im Nebenraum. Eine hinter der Säule wartende Person war mehr als 3,80 m entfernt. Die weiteren von wartenden Wählern eingenommenen Positionen waren bis zu ca. 5 m vom Wähler im Nebenraum entfernt. Von allen aufgezeigten Positionen der Wartenden aus war der mit dem Rücken zum Wahlraum am Wahltisch sitzende oder stehende Wähler im Nebenraum durch die ca. 90 cm breite Türöffnung nach den Feststellungen des Gerichts gut sichtbar; erkennbar war dessen ganzer Körper oder eine Körperhälfte. Die vor der Säule wartenden Wähler konnten den Wähler im Nebenraum in der im Regelfall eingenommenen Sitzposition von seiner Rückseite sehen. Ebenfalls sichtbar war ein Wähler im Nebenraum für denjenigen, der nach ein oder zwei in den Wahlraum gesetzten Schritten stehen blieb, weil beispielsweise bereits mehrere Personen im Raum waren, was realistisch ist. Von dieser Position aus konnte jedenfalls die rechte Körperseite des Wählers im Nebenraum gesehen werden, was ausreichend ist, um bei einem Rechtshänder die Bewegung des rechten Armes oder die der Hand nachvollziehen zu können. Einsehbar war der Bereich im Nebenraum, an dem die Wahlhandlung vorgenommen wurde, zumindest teilweise auch von den links und rechts der Eingangstür sitzenden Personen.
33 
Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass bei einem mit dem Rücken zu den wartenden Wählern sitzenden oder stehenden Wähler anhand seiner Körperhaltung und -bewegung beobachtet und rekonstruiert werden kann, ob der Wähler den Stimmzettel verändert, ob er schreibt, streicht oder kreuzt oder ob er ihn unverändert in den Wahlumschlag steckt. Es kann zwar nicht gesehen werden, an welcher Stelle der Wähler ein Kreuz auf dem Stimmzettel macht, weil er dies mit seinem Rücken oder seinen Händen verdecken kann. Für einen Verstoß gegen das Wahlgeheimnis ist dies - wie dargelegt - auch nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein „Blick über die Schulter“ notwendig. Die Beobachtung der Wahlhandlung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der sitzende oder stehende Wähler mit dem Rücken zum einsehbaren Bereich die Wahlhandlung vornimmt. Denn die Bewegungen des Armes, mit dessen Hand er schreibt, streicht oder kreuzt sind in der Regel, auch wenn die Hand nicht gesehen werden kann, wahrnehmbar. Sie können isoliert oder zusammen mit Bewegungen des Oberkörpers bzw. der Schultern auf eine bestimmte Wahlhandlung schließen lassen. Bewegungen der Hand lassen ebenfalls Rückschlüsse auf das Wahlverhalten zu. Die 45 cm breite und ca. 80 cm hohe Stuhllehne vermochte diese Beobachtungsmöglichkeit nicht verhindern, weil eine Vielzahl von Menschen in sitzender Position größer als 80 cm ist. Unterlässt der Wähler jegliche Körperbewegung und nimmt er den bereitgelegten Schreibstift überhaupt nicht in die Hand, können ebenfalls Schlussfolgerungen auf seine Wahlhandlung abgeleitet werden, auch wenn er nur von hinten gesehen werden kann. Bei einem neben oder vor dem bereitgestellten Stuhl stehenden Wähler können Körperbewegungen im Einzelfall, je nach Größe, Umfang und Bekleidung der Person, noch deutlicher erkennbar sein.
34 
Entgegen den Ausführungen des Vertreters der Beigeladenen zu 2 ist der Wähler nicht verpflichtet, sich beim Wahlvorgang so zu verhalten, dass seine Wahlhandlung anhand seiner Körperhaltung nicht beobachtet werden kann, z.B. indem er seine Körperhaltung so einrichtet, gegebenenfalls durch eine künstliche Haltung oder Bewegung, dass daraus keine Schlussfolgerungen auf seine Wahlhandlung gezogen werden können. Das Wahlgeheimnis verlangt nicht, dass der Wähler derartige Vorkehrungen zum Schutz des Wahlgeheimnisses trifft. Denn die Pflicht, eine Wahlzelle und einen Nebenraum nach den Vorgaben des § 23 Abs. 2 Satz 2 KomWO einzurichten, obliegt bei Wahlen nach § 1 KomWG den Gemeinden (§ 17 KomWG). Es liegt auf der Hand, dass vom Wähler auch nicht in rechtswirksamer Weise erwartet werden kann, dass er sich im Nebenraum eine vom Wahlraum aus nicht einsehbare Nische sucht, wie dies die Zeugin XXX nach ihren Bekundungen getan hat. Bei der Wahl am 09.06.2013 konnte die Eingangstür zum Nebenraum auch nicht von innen geschlossen werden, wie es nach der Aussage der Zeugin XXX bei früheren Wahlen in Sulzbach der Fall gewesen sei. Ob dies nach § 23 Abs. 2 KomWO zulässig und ausreichend ist, einen Verstoß gegen das Wahlgeheimnis zu verneinen, kann deshalb offen bleiben.
35 
Die hier entscheidungserhebliche Möglichkeit der Beobachtung und Rekonstruierbarkeit der Wahlhandlung infolge der Sicht auf den Wähler bzw. die Wahlhandlung im Nebenraum, war grundsätzlich aus einer Entfernung von ca. 3,30 m gegeben, ebenso bei einer darüber hinausgehenden Entfernung im Bereich zwischen 3,50 m bis 5,00 m. Sofern hiervon Einschränkungen für Sehbehinderte oder andere untypische Fallgestaltungen gemacht werden müssen, ist dies zu vernachlässigen. Die Möglichkeit der Sicht für die im Wahlraum wartenden Wähler in Richtung Nebenraum auf den Wahlvorgang war nur durch die schmale Säule eingeschränkt, am Wahltag zusätzlich zeitweise, nicht dauerhaft, durch Personen, die sich im Raum aufhielten, weil sie warteten oder nach ihrer Wahl weggingen und sich dabei noch einige Zeit im Wahlraum unterhielten. Im Übrigen gab es keine Sichtbehinderungen, etwa durch Abschirmungen im Wahlraum. Der Wahlraum hat nach den Feststellungen des Gerichts bei Einnahme des Augenscheins mehrere Fenster und ist ausreichend belichtet. Für den Wahltag gilt nichts anderes. Ob im Nebenraum die Vorhänge zur Jägerstraße hin geschlossen waren, also an den Fenstern gegenüber dem Wahltisch, ist für die Möglichkeit der Wahrnehmung der Wahlbehandlung unbeachtlich. Der Nebenraum war nach den Feststellungen des erkennenden Gerichts bei Einnahme des Augenscheins bei geschlossenen Vorhängen ausreichend belichtet, um einen Wähler sehen und eine Körperbewegung des Wählers beobachten zu können. An den Fenstern im Nebenraum zur Ettlinger Straße hin waren am 09.06.2013 unstreitig keine Vorhänge zugezogen. Wie bereits ausgeführt, vermochte die Rückenlehne des Stuhls am Wahltisch eine mögliche Nachvollziehbarkeit der Wahlhandlung nicht nennenswert schmälern. Aufgrund dieser eine Beobachtung der Wahlhandlung ermöglichenden objektiven Gegebenheiten kann keine Rede davon sein, dass es lediglich ein subjektives Unsicherheitsgefühl des Wahlberechtigten im Wahllokal in Sulzbach gegeben habe.
36 
Es kommt deshalb nicht darauf an, wie groß oder kurz der Abstand der im Wahlraum vor der Säule wartenden Personen zum Wähler im Nebenraum war. Auf die unterschiedlichen Angaben der Beteiligten und Zeugen zum kürzesten Abstand der wartenden Personen zum Wähler im Nebenraum und darauf, worauf die unterschiedliche Einschätzung dieser Gegebenheiten beruhen kann, braucht das Gericht deshalb nicht weiter einzugehen. Ferner bedarf es keiner Entscheidung darüber, wie groß der Abstand des Wahlvorstands zum Nebenraum bzw. Wähler im Nebenraum war und welche Sitzposition er eingenommen hat und ob diese den Vorgaben des § 23 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 4 KomWO entsprach. Ebenfalls nicht geklärt zu werden braucht, ob die Vorhänge an den Fenstern gegenüber dem Wahltisch während der Wahl, sei es auch nur für einen kurzen Zeitraum, offen oder zugezogen waren und, falls sie offen waren, ob der Wähler in der dargestellten Weise beobachtet werden konnte. Den diesbezüglichen unterschiedlichen Zeugenaussagen braucht nicht nachgegangen zu werden.
2.
37 
Der Verstoß gegen das Wahlgeheimnis ist erheblich. Ein Wahlmangel führt dann zur Ungültigerklärung der Wahl, wenn deren "Ergebnis" dadurch beeinflusst werden konnte (vgl. § 32 Abs. 1 KomWG). Das Gesetz verlangt nicht einen tatsächlichen, sondern einen möglichen ursächlichen Zusammenhang zwischen Wahlfehler und Wahlergebnis. Dieser ist nur gegeben, wenn sich aus dem mit der Wahlanfechtung geltend gemachten und tatsächlich vorliegenden Gesetzesverstoß nicht nur eine theoretische, sondern eine konkrete und nach der Lebenserfahrung nicht ganz fernliegende Möglichkeit der Beeinflussung des Wahlergebnisses ergibt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.05.2007 - 1 S 567/07 - VBlBW 2007, 377 f. m.w.N.). Von wesentlicher Bedeutung kann insbesondere sein, wie knapp oder wie eindeutig das mit dem Wahleinspruch konkret in Zweifel gezogene Wahlergebnis ausgefallen ist. Da der Beigeladene zu 1 mit einer Stimmenmehrheit von 16 Stimmen die absolute Mehrheit erreicht hat, ist bei Bejahung eines Wahlfehlers nicht auszuschließen, dass dieser Wahlfehler das Ergebnis für die Gesamtwahl ausschlaggebend beeinflusst hat (s. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.05.2007, a.a.0., zu 9 Stimmen bei absoluter Mehrheit).
3.
38 
Obgleich der erhebliche Wahlfehler nur für einen von 14 Wahlbezirken feststellbar ist, war das beklagte Land zu verpflichten, die Bürgermeisterwahl vom 09.06.2013 in vollem Umfang aufzuheben. Das erkennende Gericht übt sein ihm im Falle eines nur in einem Wahlbezirk vorgekommenen erheblichen Wahlfehlers durch § 33 KomWG eingeräumte Ermessen (Kunze/Merk/Quecke, a.a.O. § 33 Rn. 7; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 09.09.1958 - 3 K 49/58 - ESVGH 9, 92 ff., 94 zu §§ 27, 28 KomWG a.F.) dahin aus, dass es die Bürgermeisterwahl vom 09.06.2013 insgesamt für ungültig erachtet und nicht nur begrenzt auf den Wahlbezirk Sulzbach. Dabei hat es sein Ermessen daran orientiert, dass § 34 Abs. 1 Satz 5 KomWG eine Wiederholungswahl nur innerhalb von sechs Monaten zulässt (s. auch § 35 Abs. 1 Satz 2 1. und 2. Halbsatz KomWG) und dass diese Frist im vorliegenden Fall bis zu dem Zeitpunkt, in dem eine Wahl realistischerweise angesetzt werden kann, ohne Weiteres ausgeschöpft sein kann. Hintergrund dieser Frist ist, dass sich der Kreis der Wahlberechtigten nach Ablauf eines Zeitraums von sechs Monaten regelmäßig ändert, sei es durch Zu- oder Wegzug oder infolge des Erreichens des Alters für die Wahlberechtigung. Ein Zeitraum von sechs Monaten ist im Hinblick auf die §§ 34, 35 KomWG als Richtschnur für einen relevanten Wechsel der Wahlberechtigten zu qualifizieren, der anstatt einer Wiederholungswahl eine Neuwahl erforderlich macht. Im Hinblick auf diese zeitliche Komponente hat der VGH Baden-Württemberg zur Ermessensentscheidung über eine teilweise Ungültigkeit einer Wahl auf der Grundlage der §§ 27, 28 KomWG a.F., den Vorgängerregelungen zu §§ 33, 34 KomWG, ausgeführt, dass beachtliche Mängel des Wahlverfahrens in der Regel zur Ungültigerklärung der ganzen Wahl führen müssen und dass nur ausnahmsweise, wenn hierdurch keine ins Gewicht fallende Verfälschung des Wählerwillens zu besorgen ist, von der Möglichkeit einer teilweisen Ungültigkeitserklärung (§ 28 KomWG a.F.) Gebrauch gemacht werden darf. Denn eine teilweise Ungültigerklärung kann nur hingenommen werden, wenn einen Neuwahl in kurzem Abstand nach der für ungültig erklärten Wahl durchgeführt werden kann. Im vorliegenden Verfahren wird ein Zeitraum von sechs Monaten zwischen der Wahl am 09.06.2013 und einer neu anzusetzenden Wahl aller Voraussicht nach erreicht, jedenfalls erscheint dies naheliegend, wenn man neben den für eine Wahlausschreibung einzuhaltenden Anforderungen und Fristen (§§ 1, 20, 34, 35 KomWO) mitberücksichtigt, dass den Beteiligten nach Zustellung des Urteils eine Bedenkzeit bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist zusteht, ob gegen das Urteil des erkennenden Gerichts ein Rechtsmittel eingelegt wird.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3 Satz 1, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladenen zu 1 und 2 ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, weil sie mit ihren Anträgen ein Kostenrisiko eingegangen und unterlegen sind.
40 
Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hat die klärungsbedürftige Frage, ob das Wahlgeheimnis deshalb verletzt ist, weil der Nebenraum des Wahlraums i.S.d. § 23 Abs. 2 Satz 3 KomWO so eingerichtet ist, dass der mit dem Rücken zum Wahlraum unweit von der offenen Tür sitzende oder stehende Wähler von den im Wahlraum wartenden Wählern aus einer Entfernung von ca. 3,80 m bis ca. 5 m beobachtet werden kann.
41 
B E S C H L U S S
42 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000.--festgesetzt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.05.2007, a.a.O. und Beschl. v. 09.05.2007 - 1 S 984/07 -, ).
43 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) und des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

Die in den persönlichen Schriftsätzen vorgebrachten Äußerungen des Antragstellers sieht der Senat wegen Verstoßes gegen § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO grundsätzlich als unbeachtlich an (vergl. Hierzu BayVGH, B.v. 24.3.2015 3 CS 14.1498).

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl. 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche und tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B. 20.12.2010 - 1BVR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat - zutreffend - die Klage abgewiesen, mit der der Kläger sich gegen die im Bescheid vom 17. September 2012 verfügte Versetzung von der S.-Volksschule an die K-Volksschule in A- richtete. Zutreffend ist das Gericht dabei davon ausgegangen, dass der Bescheid des Beklagten vom 17. September 2012 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1.1 Die Versetzung erfolgte zu Recht auf der Grundlage des Art. 48 Abs. 1 BayBG, da innerdienstliche Spannungen an der S-Volksschule vorlagen, die ein dienstliches Bedürfnis für die Versetzung des Klägers rechtfertigten (vgl. Weiß/Niedermaier/Summer Zängl, BayBG, Rn. 33 zu Art. 48; BayVGH, B.v. 8.3.2013 - 3 CS 12.2365 - juris, Rn. 25).

Der Konflikt zwischen den Beteiligten nahm seinen Anfang, als der Kläger - wohl Anfang Mai 2012 - von der Absicht der Schulleiterin erfuhr, nicht ihn, sondern die Lehramtsanwärterin, die ebenfalls bei ihm in der dritten Klasse unterrichtete, mit der Klassenleitung der dann vierten Klasse im Schuljahr 2012/2013 zu betrauen. Zahlreiche Gespräche mit den Beteiligten, die schulintern, an der Regierung von Unterfranken und dem Staatlichen Schulamt stattfanden, führten nicht zu einer Klärung der Situation, die eine zukünftige gedeihliche Zusammenarbeit, insbesondere zwischen dem Kläger und der Schulleiterin, erwarten ließ. Die Schulleiterin lehnte eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger ab, unter anderem, weil er sich am 20. Juni 2012 dahingehend geäußert habe, er würde sie hassen, er ihr aufgrund eines Unterrichtsbesuchs am 11. Juli 2012 Mobbing vorwerfe und einen Rechtsanwalt eingeschaltet habe. Zwar entschuldigte sich der Kläger für seine Äußerungen und erklärte wiederholt, dass er nichts gegen die Schulleiterin einzuwenden habe und auch weiterhin mit ihr zusammenarbeiten wolle. An der Einschätzung des Beklagten, hier würde gleichwohl ein dienstliches Spannungsverhältnis vorliegen, ist in Übereinstimmung mit der Auffassung des Verwaltungsgerichts nichts zu erinnern. Trotz der Versicherung des Klägers, weiterhin zur Zusammenarbeit mit der Schulleiterin bereit zu sein, konnte der Beklagte im Hinblick auf den weiteren Geschehensablauf annehmen, dass die Parteien nicht in der Lage sind, selbstständig einen Schlussstrich unter den Konflikt zu ziehen und aufeinander zuzugehen. Diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts stellt der Zulassungsantrag nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage. Insbesondere zieht er nicht in Zweifel, dass zwischen dem Kläger und der Schulleiterin - unabhängig von der Verschuldensfrage - innerdienstliche Spannungen bestanden.

1.2. Das Verwaltungsgericht kam auch zu Recht zum Ergebnis, dass die Ermessensausübung im Rahmen der Versetzungsverfügung vom 17. September 2012 fehlerfrei erfolgte.

Soweit der Kläger im Rahmen des Zulassungsantrags vorbringt, das Verwaltungsgericht setze sich in Widerspruch zu seinen eigenen Feststellungen, wenn es die Ermessensentscheidung des Beklagten im Rahmen der Versetzung als rechtmäßig ansehe, kann er damit nicht durchdringen.

Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass eine Störung der reibungslosen Zusammenarbeit innerhalb des öffentlichen Dienstes durch innere Spannungen und durch Trübung des Vertrauensverhältnisses regelmäßig als Beeinträchtigung des täglichen Dienstbetriebs zu werten ist, für deren Abstellung der Dienstherr zu sorgen hat. Wenn dafür nach Lage des Falls die Versetzung oder Umsetzung eines der Streitbeteiligten geboten erscheint, ist ein dienstliches Bedürfnis für die Ver- oder Umsetzung bereits aufgrund der objektiven Beteiligung an dem Spannungsverhältnis zu bejahen, also unabhängig von der Verschuldensfrage (BVerwG, B.v. 26.11.2004 - 2 B 72.04 - juris; U.v. 25.1.1967 - VI C 58.65 - BVerwGE 26, 65/67; BayVGH, B.v. 21.8.2012 - 6 ZB 11.3015 - juris; Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, BayBG, Rn. 33 zu Art. 48)

Ist - wie vorliegend - ein dienstliches Bedürfnis gegeben, entscheidet die Behörde dann nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen, ob und in welcher Weise sie von ihrer Befugnis, den Beamten zu versetzen, Gebrauch macht oder welcher von mehreren Beamten versetzt wird. Dabei ist aufgrund der Fürsorgepflicht gegenüber dem Beamten auf seine persönlichen Verhältnisse Rücksicht zu nehmen. Die dienstlichen Interessen haben jedoch grundsätzlich Vorrang vor den persönlichen Belangen des Beamten. Die Möglichkeit der Versetzung aufgrund eines dienstlichen Bedürfnisses ist dem Beamtenverhältnis immanent; ein Beamter nimmt die Versetzungsmöglichkeit mit seinem freiwilligen Eintritt in das Beamtenverhältnis in Kauf. Es müssen deshalb schon besondere Umstände vorliegen, die eine Versetzung als ermessensfehlerhaft erscheinen lassen (vgl. Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, BayBG, Rn. 34 zu Art. 48 m. Rechtsprechungsnachweisen). Bei der Ausübung des Ermessens muss sich die Behörde in der Regel nicht daran orientieren, bei wem ein eventuelles Verschulden an den Spannungen überwiegt. Sie darf grundsätzlich nur den Gesichtspunkt nicht unberücksichtigt lassen, ob ein etwa eindeutig oder allein auf einer Seite liegendes Verschulden an der Entstehung oder dem Fortbestehen der Spannungen vorliegt (vgl. BayVGH, B.v. 8.3.2013 - 3 CS 12.2365). Dem Vorbringen des Klägers, das Gericht habe den konkreten Verschuldensbeitrag des Klägers nicht näher aufgeklärt, so dass die Gesamtbewertung, auch der Kläger sei an dem Konflikt mit schuld, letztlich weder aus dem Tatbestand noch aus der rechtlichen Würdigung des Verhaltens der beteiligten Personen abzuleiten ist, kann nicht gefolgt werden. Die Versetzungsverfügung vom 17. September 2012 setzt sich detailliert mit dem Konfliktbeitrag des Klägers auseinander. Unter anderem wird aufgeführt, dass der Kläger seine Haltung gegenüber der Schulleiterin in einer E-Mail vom 16. Juni 2012, die er der Regierung von Unterfranken beim Gespräch am 26. Juni 2012 überlassen hat u. a. so darstellte, dass er wünsche, sie (die Schulleiterin) würde im nächsten Jahr mit „ihrer gefühlskalten, selbstherrlichen Art“ bei den Schülerinnen und Schülern „anecken“ und er würde sich darüber freuen. Ausweislich eines Schreibens des Klägers an das Staatliche Schulamt vom 18. Juni 2006 enthielt zumindest eine seiner E-Mails, die er an die Lehramtsanwärterin versandt hatte, beleidigende Äußerungen zum Nachteil der Schulleiterin. Im Zuge des Konflikts sah sich der Kläger zudem zu einem anwaltlichen Vorgehen gegenüber der Schulleiterin und der Lehramtsanwärterin veranlasst, was eine nachhaltige Störung der Arbeitsbeziehung dokumentiert. Am 18. Juni 2012 und 20. Juni 2012 wurden wegen des Konflikts Gespräche in Schule und Schulamt geführt. Bei dem Gespräch vom 18. Juni 2012, welches von der Stellvertretenden Schulleiterin der S-Volksschule protokolliert wurde, teilte der Kläger mit, dass er in einer E-Mail an die Lehramtsanwärterin geschrieben habe, er würde die Schulleiterin hassen. Anschließend verließ er, so der Vermerk der Schule, mit Türenschlagen den Raum. Auch wenn das Verwaltungsgericht ausführt, dass es unverständlich sei, warum der Kläger aufgrund von Gerüchten erfuhr, dass nicht er, sondern die Lehramtsanwärterin „seine“ dritte Klasse weiter führen sollte, worüber er zunächst von allen Beteiligten im Unklaren gelassen wurde, und auch nicht nachvollziehbar sei, warum dem Kläger entgegen der Mitteilung des Kultusministeriums zur Klassenbildung nicht die Klassenleitung für die vierte Klasse übertragen wurde, kommt es im Hinblick auf die Reaktionen des Klägers - gerade auch in Bezug auf sein beleidigendes Verhalten gegenüber der Schulleiterin - zutreffend zu der Auffassung, dass die Eskalation des Konflikts nicht allein der Schulleiterin angelastet werden könne.

Es erschließt sich auch insofern nicht, warum die maßgebliche Äußerung des Klägers, er hasse die Schulleiterin, in einer „vermeintlich geschützten Privatsphäre“ gefallen sein soll. Unabhängig davon, ob er dies auch in einer E-Mail an die Lehramtsanwärterin zum Ausdruck gebracht hat, äußerte er sich auf diese Weise persönlich in einem Gespräch zwischen den Beteiligten vom 20. Juni 2012 gegenüber der Schulleiterin, wie diese dem Staatlichen Schulamt in einem Schreiben vom 25. Juni 2012 mitteilte. Das Gleiche gilt für die Mobbingvorwürfe des Klägers anlässlich eines Unterrichtsbesuchs der Schulleiterin, auf die sie im Schreiben an das Schulamt vom 12. Juli 2012 verwies.

Im Rahmen der Ermessensentscheidung konnte die Behörde deshalb darauf abstellen, wessen Versetzung den künftigen Dienstbetrieb am wenigsten beein-trächtigen würde, wobei auch die dienstliche Stellung der Kontrahenten in den Blick zu nehmen war (vgl. BayVGH, B.v. 8.3.2013 a. a. O.). Durch die Versetzung des Klägers konnte sich das Schulamt auf eine Versetzungsmaßnahme beschränken, denn die Versetzung der Lehramtsanwärterin hätte den Konflikt zwischen dem Kläger und der Schulleiterin nicht beseitigt. Zutreffend kam das Verwaltungsgericht ebenfalls zu der Auffassung, dass im Rahmen der Ermessensentscheidung auch keine besonderen persönliche Belange des Klägers zu berücksichtigen waren. Diesbezügliche Erwägungen wurden im Rahmen des Zulassungsantrags auch nicht in Frage gestellt. Das weitere Vorbringen des Klägers im Rahmen eigener Schriftsätze erfüllt nicht die Anforderungen des § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO.

1.3 Soweit der Kläger vorträgt, aus dem erstinstanzlichen Urteil würde sich klar ergeben, dass die Gespräche der Schulleitung mit dem Kläger nicht geeignet gewesen seien, eine Deeskalation des Konflikts herbeizuführen, weshalb auch kein dienstliches Bedürfnis für eine Versetzung unterstellt werden könne bzw. sich die Ermessensausübung als fehlerhaft und die Versetzung mangels Wahl des mildesten Mittels zur Konfliktlösung als unverhältnismäßig erweise, kann er in der Sache nicht durchdringen. Nachdem weder die Gespräche der Konfliktparteien schulintern als auch weitere Gespräche mit dem Staatlichen Schulamt und der Regierung von Unterfranken zu einer Entschärfung der Konfliktsituation beigetragen hatten und damit einen Wegfall des dienstlichen Bedürfnisses im Sinne von Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayBG nicht bewirken konnten, war es nicht ermessensfehlerhaft, den Kläger zur Entspannung der Situation von der S-Volksschule weg zu versetzen. Mildere Maßnahmen, mit denen möglicherweise eine Entschärfung des Konflikts erreicht hätte werden können, drängten sich nach Auffassung des Senats - auch im Hinblick auf das protokollierte Verhalten des Klägers während der zahlreichen stattgefundenen Gespräche - nicht auf.

2. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann) zuzulassen.

Das Verwaltungsgericht lehnte die Beweisanträge des Klägers zu Recht gemäß § 86 Abs. 2 VwGO mangels Entscheidungserheblichkeit ab. In den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils ist ausdrücklich aufgeführt, dass das Gericht im Schreiben der E-Mails kein Verschulden des Klägers für die Entstehung der dienstlichen Spannungen sieht. Ebenso steht fest, dass die Schulleiterin den Kläger vorab nicht über ihre Pläne, der Lehramtsanwärterin - entgegen den Richtlinien des Kultusministeriums - die Klassenleitung zu übertragen, informiert hat. Diese Entscheidung und der Umgang mit dem Kläger zu Beginn des Konflikts sah das Gericht zu Recht als Auslöser der gesamten Problematik.

Gleichwohl ist an der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, durch die Reaktionen des Klägers, insbesondere die Beleidigung der Schulleiterin, habe auch er einen Beitrag zur Eskalation des Konflikts geleistet, nichts zu erinnern. Das Gericht konnte insofern zutreffend davon ausgehen, dass die Schulleiterin nicht die Alleinschuld an der Verfestigung der Konfliktsituation traf. Auf das Verhalten der Schulleiterin gegenüber früheren Mitarbeitern - durch die beantragte Einvernahme des ehemaligen Hausmeisters - kommt es insoweit nicht an. Wer mit welchem Verschuldensanteil zur Eskalation des Konflikts beigetragen hat, ist nicht entscheidungserheblich (siehe 1.2). Der Vorgang hinsichtlich der Kopierkosten erwies sich ebenfalls nicht als aufklärungsbedürftig, da dieser zum Zeitpunkt der Versetzung noch nicht bekannt war. Darüber hinaus kommt es - wie dargelegt - auch nicht darauf an, wer welchen Beitrag zur Konfliktsituation geleistet hat bzw. bei wem ein eventuelles Verschulden an den Spannungen überwiegt (BayVGH, B.v. 17.9.2003 - CS 03.2143; BayVGH, B.v. 8.3.2013 - 3 CS 12.2365 - jeweils in juris). Auf eine weitere diesbezügliche Sachaufklärung, auch in Form der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks der am Konflikt beteiligten Personen, konnte das Verwaltungsgericht deshalb ohne Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO verzichten.

3. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 und 3 GKG. Anhaltspunkte, die einen geringeren Streitwert rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen (§ 52 Abs. 2 GKG).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29. November 2013 - 4 K 2179/12 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin, die in Baden-Württemberg verschiedene berufsbildende Ersatzschulen betreibt, begehrt die Verleihung der Eigenschaft einer staatlich anerkannten Ersatzschule für ihre Schule „..., Private zweijährige Kaufmännische Berufsfachschule (Wirtschaftsschule) - Fachrichtung Medien“ mit Sitz in ... (KBFW).
Bei der KBFW handelt es sich um eine Berufsfachschule im Sinne von § 11 des Schulgesetzes (SchG) und im Sinne der Verordnung des Kultusministeriums über die Ausbildung und Prüfung an den zweijährigen zur Prüfung der Fachschulreife führenden Berufsfachschulen (2BSFS-VO vom 23.11.2008, GBl. 2008, S. 473, K.u.U. 2009, S. 9, zuletzt geändert durch Art. 12 der Verordnung vom 11.04.2012, GBl. S. 334, 354).
Am 01.04.2008 erteilte das Regierungspräsidium Tübingen der Klägerin für die KBFW die Genehmigung nach § 4 des Privatschulgesetzes (PSchG).
In einem Vergleich vom 09.12.2009 kamen die Beteiligten in einem Eilverfahren beim Verwaltungsgericht Sigmaringen - 4 K 3711/09 - bezüglich des Berufskollegs für Grafik-Design (BKGD) der Klägerin überein, dass die Schulfremdenprüfung bis zum erstinstanzlichen Abschluss des Klageverfahrens - 4 K 3710/09 - unter erleichterten Bedingungen (Durchführung in den Schulräumen des BKGD, Berücksichtigung der Anmeldenoten, Formulierung der Prüfungsaufgaben in beruflichen Fächern durch die Klägerin etc.) abzuhalten sei.
Das Urteil im Verfahren 4 K 3710/09 erging aufgrund mündlicher Verhandlung vom 02.03.2010 und wurde den Beteiligten im Juli 2010 zugestellt.
Mit Schreiben vom 11.10.2010 beantragte die Klägerin die staatliche Anerkennung der KBFW.
Mit Beschluss vom 17.03.2011 - 9 S 2608/10 - gestattete der erkennende Senat der Klägerin im Wege der einstweiligen Anordnung für das BKGD vorläufig die Abhaltung von Prüfungen und die Erteilung von Zeugnissen nach den allgemein für öffentliche Schulen geltenden Vorschriften, nachdem vom Beklagten unter den damaligen Umständen lediglich noch der fehlende Religions- beziehungsweise Ethikunterricht beanstandet worden war.
Die Handhabung der Abschlussprüfungen gemäß dem Senatsbeschluss vom 17.03.2011 wurde von den Beteiligten zunächst auf weitere genehmigte, jedoch nicht staatlich anerkannte Schulen der Klägerin, unter anderem auch auf die KBFW, übertragen.
Mit Schreiben vom 21.05.2012 teilte das Kultusministerium der Klägerin mit, nach der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz sei Voraussetzung für die staatliche Anerkennung von Ersatzschulen unter anderem, dass die Lehrkräfte „in der Regel“ die Anstellungsfähigkeit für den Schuldienst an entsprechenden öffentlichen Schulen hätten. Abweichungen seien in einem „den besonderen Gegebenheiten der betreffenden Schule angemessenen Umfang“ möglich. Bei der Frage, was „in der Regel“ konkret bedeute, und damit bei der Anerkennungspraxis der Schulverwaltung habe es zuletzt Unterschiede zwischen den Regierungspräsidien gegeben. Zweifelsfälle habe es besonders bei den beruflichen Schulen gegeben, wo häufig ein Teil der Lehrkräfte die Anstellungsfähigkeit nicht besitze. Ausgehend von einem Gespräch, das hierzu am 14.03.2012 mit einem Träger mehrerer privater beruflicher Schulen geführt worden sei, sei die Sach- und Rechtslage innerhalb des Ministeriums geprüft und danach die Angelegenheit mit Vertretern der vier Regierungspräsidien erörtert worden. Das Ergebnis der Überprüfung der Anerkennungspraxis sei, dass - um der Maßgabe „in der Regel“ zu entsprechen - mindestens 2/3 der Lehrkräfte die Anstellungsfähigkeit besitzen müssten. Diese Anforderung diene der Sicherung der Qualität der Ersatzschule und komme damit den Schülerinnen und Schülern zugute. Im Zuge der Vereinheitlichung dieser Vorgabe komme es in Einzelfällen zu Änderungen der Anerkennungspraxis. Ein Teil der Schulen, die einen Antrag auf staatliche Anerkennung gestellt hätten, über den aktuell zu entscheiden sei, erfülle damit die notwendigen Voraussetzungen nicht. Deshalb könne diesen Anträgen nicht entsprochen werden. Rechtlich sei dies nicht zu beanstanden. Art. 7 Abs. 4 GG schütze nur die Errichtungsfreiheit für Privatschulen, also die Genehmigung zum Betrieb. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könne der Landesgesetzgeber für die staatliche Anerkennung weitere, über die Genehmigungsvoraussetzungen hinausgehende Anforderungen stellen. Insbesondere das aus der staatlichen Anerkennung folgende Recht der Privatschule, selbst und ohne weitere Überprüfung staatliche Berechtigungen (Abschlüsse usw.) zu verleihen, begründe es, dass die Regierungspräsidien im Verfahren der staatlichen Anerkennung die nach der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz geforderte Anstellungsfähigkeit für den öffentlichen Schuldienst beachteten. Für Schulen, die bereits genehmigt, aber noch nicht staatlich anerkannt seien, sei vorgesehen, dass sie die 2/3-Quote wegen der Änderung der Verwaltungspraxis in begründeten Einzelfällen nicht volle drei Jahre lang erfüllen müssten. Damit werde besonderen Umständen angemessen Rechnung getragen.
10 
Der rechtskräftige Abschluss des Verfahrens 4 K 3710/09 erfolgte mit der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.02.2013 (- 6 B 55.12 -, juris), nachdem das Verwaltungsgericht Sigmaringen die auf staatliche Anerkennung gerichtete Klage mit seinem Urteil vom 02.03.2010 abgewiesen und der erkennende Senat mit Beschluss vom 04.10.2012 (- 9 S 859/11 -, juris) die Berufung der Klägerin wegen Versäumung der Begründungsfrist verworfen hatte. Der Beklagte lehnte eine Fortsetzung der Prüfungspraxis entsprechend dem Senatsbeschluss vom 17.03.2011 über das Ende des Schuljahres 2012/13 hinaus ab.
11 
Am 01.08.2012 hat die Klägerin die vorliegende Klage als Untätigkeitsklage erhoben und beantragt, das beklagte Land zu verpflichten, ihr für die KBFW die Eigenschaft einer anerkannten Ersatzschule nach § 10 Abs. 1 PSchG zu verleihen.
12 
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Klage mit Urteil vom 29.11.2013 abgewiesen und die Berufung zugelassen.
13 
Zur Begründung der Klageabweisung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, ein verfassungsverbürgter Anspruch auf staatliche Anerkennung aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG existiere nicht. Das Grundgesetz erlaube es, Ersatzschulen unter bestimmten Voraussetzungen als anerkannte Privatschulen herauszuheben. Die Ausgestaltung der Anerkennung obliege dem Landesgesetzgeber. Alleinige Anspruchsgrundlage für eine Anerkennung sei daher § 10 Abs. 1 PSchG. Die Klägerin habe danach keinen Anspruch auf Verleihung der Eigenschaft einer staatlich anerkannten Ersatzschule, denn nach Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Kultusministeriums und des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum zum Vollzug des Privatschulgesetzes (Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz - VVPSchG vom 20.07.1971, GBl. 1971, S. 346, zuletzt geändert durch Art. 53 des Gesetzes vom 01.07.2004, GBl. S. 469, 502) müssten „f) die Lehrer in der Regel die Anstellungsfähigkeit für das ihrer Tätigkeit entsprechende Lehramt an öffentlichen Schulen besitzen. Auf diese Voraussetzung kann in einem den besonderen Gegebenheiten der betreffenden Privatschule angemessenem Umfang verzichtet werden.“ Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VVPSchG sei gültig und werde von dem Beklagten mit seiner „2/3-Vorgabe“ auch rechtmäßig ausgelegt. Von den im Schuljahr 2012/13 in der KBFW eingesetzten elf Lehrern sei nach der Überprüfung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 11.07.2013 indes nur ein einziger im öffentlichen Schuldienst anstellungsfähig.
14 
Dem könne die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Anwendung der Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VVPSchG ohne Übergangsregelung zu unverhältnismäßigen Belastungen führe. Der Beklagte fordere von den privaten Ersatzschulen etwa seit Beginn des Jahres 2012 die Einhaltung der 2/3-Regelung. Damit seien seit der Umstellung etwa zwei Jahre vergangen. Unter Berücksichtigung der vom Beklagten angebotenen Nachschulungsmöglichkeiten und der Beschränkung auf 2/3 erscheine diese Zeitspanne - auch unter Berücksichtigung der nach den Angaben der Beteiligten angespannten Lage auf dem Personalmarkt - für die Anpassung des Lehrkörpers an die Erfordernisse für eine staatliche Anerkennung angemessen. Dies gelte auch deswegen, weil der Beklagte für die Anrechnung auf die 2/3-Quote lediglich die Aufnahme der Nachschulung und nicht den Abschluss voraussetze. Damit habe es die Klägerin in der Hand gehabt, durch die Beteiligung an entsprechenden Kursen oder durch eigenständige Durchführung zeitnah die Erfüllung der 2/3-Quote zu erreichen. Dass die Klägerin diese Möglichkeit nicht genutzt, sondern stattdessen ausschließlich auf ihrer anderen schulrechtlichen Einschätzung beharrt habe, führe nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der dadurch provozierten Versagung der Anerkennung. Den Besonderheiten der für berufliche Schulen geltenden Anforderungen an die dort einzusetzenden Lehrkräfte werde bereits hinreichend durch die Beschränkung der Forderung der Anstellungsfähigkeit auf 2/3 der eingesetzten Lehrkräfte entsprochen.
15 
Unabhängig davon wäre ein Anerkennungsanspruch aber auch dann nicht gegeben, wenn mit der Klägerin von einer Unwirksamkeit von Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VVPSchG ausgegangen würde. Der Anerkennungsanspruch setze nach § 10 Abs. 1 PSchG unabhängig von der Gültigkeit der VVPSchG voraus, dass die KBFW die Gewähr dafür biete, dauernd die aufgrund des Gesetzes an entsprechende öffentliche Schulen gestellten Anforderungen zu erfüllen. Zu diesen Anforderungen zähle auch die Einstellung geeigneter Lehrkräfte. Hierfür sehe § 38 SchG in Verbindung mit der Verordnung des Kultusministeriums über die Laufbahnen seines Geschäftsbereichs (Laufbahnverordnung Kultusministerium - LVO-KM vom 10.01.2012, GBl. 2012, S. 13) regelmäßig einen Vorbereitungsdienst und den Abschluss des Zweiten Staatsexamens vor (vgl. Verordnung des Kultusministeriums über den Vorbereitungsdienst und die Zweite Staatsprüfung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an beruflichen Schulen, APrObSchhD vom 10.03.2004, GBl. 2004, S. 192; zuletzt geändert durch Art. 13 der Verordnung vom 16.11.2012, GBl. S. 659, 665). Nachdem die KBFW im Wesentlichen Lehrkräfte ohne Vorbereitungsdienst und ohne Zweites Staatsexamen einstelle, erfülle sie - im Sinne des § 10 PSchG - die aufgrund des Gesetzes an entsprechende öffentliche Schulen gestellten Anforderungen nicht. Wäre die VVPSchG insgesamt oder hinsichtlich der Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VVPSchG unwirksam, würde der Anerkennungsanspruch an der Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 10 PSchG scheitern. Wäre auch § 10 PSchG unwirksam, wie die Klägerin wohl meine, fehlte es an jeder rechtlichen Grundlage für die staatliche Anerkennung der Schule.
16 
Ob die staatliche Anerkennung auch am fehlenden Religionsunterricht scheitere, werde offengelassen. An seiner Meinung im Urteil vom 02.03.2010 - K 3710/09 -, dass von einer bekenntnisfrei geführten beruflichen Schule ein Religionsunterricht für die staatliche Anerkennung jedenfalls dann nicht verlangt werden könne, wenn die ausschließliche Aufnahme von Schülern, die den Religionsunterricht abgewählt hätten, und die Erteilung von Ethikunterricht sichergestellt seien, halte das Gericht fest. Derzeit sei allerdings zweifelhaft, ob diese Voraussetzungen bei der KBFW erfüllt seien. Ob es sich bei der KBFW um eine bekenntnisfrei geführte Schule handele, ob nur Schüler aufgenommen würden, die den Religionsunterricht abgewählt hätten, und ob Ethikunterricht angeboten werde, stehe nicht fest. Die Vermutung des Beklagten, dass die Nichterteilung von Religions- und (anfänglich auch) Ethikunterricht an der KBFW hauptsächlich auf betriebswirtschaftlichen Erwägungen beruhe, habe die Klägerin bisher nicht überzeugend zu widerlegen vermocht.
17 
Das Gericht habe ferner nicht geprüft, ob die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der von der Klägerin in der KBFW eingesetzten Lehrkräfte im Sinne der Art. 7 Abs. 4 Satz 4 GG, § 6 Abs. 2 PSchG genügend gesichert sei. Zur Vermeidung weiterer rechtlicher Auseinandersetzungen weise das Gericht aber darauf hin, dass der Sicherung der wirtschaftlichen und rechtlichen Stellung der Lehrkräfte bei staatlich anerkannten privaten Ersatzschulen eine besondere Bedeutung zukomme. Denn das Fehlen dieser Sicherung könne die objektive Leistungsmessung und die leistungsgemäße Benotung gefährden. Eine unangemessene wirtschaftliche und rechtliche Abhängigkeit der Lehrkräfte (zum Beispiel durch Beschäftigung als Scheinselbständige) könne zu einem Missbrauch der der Schule verliehenen Befugnisse und zu einer Verzerrung im Wettbewerb der Schulträger führen.
18 
Die Klägerin hat die Berufung fristgerecht eingelegt und begründet. Sie vertritt die Auffassung, sie erfülle alle Voraussetzungen für die staatliche Anerkennung.
19 
Auf die Anstellungsfähigkeit für das der Tätigkeit entsprechende Lehramt an öffentlichen Schulen könne nach Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f Satz 2 VVPSchG in einem den besonderen Gegebenheiten der betreffenden Privatschule angemessenem Umfang verzichtet werden. Mit dieser Regelung solle - wie das beklagte Land selbst geäußert habe - die Möglichkeit eröffnet werden, insbesondere für Fächer, für die noch keine Lehramtsausbildung angeboten werde beziehungsweise für die durch Berufserfahrung vermittelte Spezialkenntnisse vorteilhaft seien, „Spezialisten“ anstelle von Lehrkräften mit Lehramtsausbildung einzusetzen. Nach dieser Definition handele es sich bei all ihren Lehrkräften mit Ausnahme der Fächer Deutsch, Englisch, Mathematik und Wirtschaft/Soziales um Spezialisten. Damit erfülle ihre Schule eindeutig die Voraussetzungen von Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VVPSchG, wie auch immer man die „2/3-Quote“ einstellungsfähiger Lehrer berechnen wolle. Der Begriff des Spezialisten umfasse jedenfalls alle berufsbezogenen Fächer, denn für diese existiere keine Lehramtsausbildung. Die besondere Behandlung der Spezialisten sei auch verfassungsrechtlich geboten, weil nur so der besonderen Situation beruflicher Schulen Rechnung getragen werde.
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Selbst wenn man ihrer Argumentation zu den „Spezialisten“ nicht folge, seien die Voraussetzungen der Anerkennung gemäß § 10 PSchG erfüllt. Bereits für die Genehmigung einer Ersatzschule sei die Gleichwertigkeit der wissenschaftlichen Ausbildung der Lehrkräfte erforderlich. Darüber hinausgehende Anforderungen seien - entgegen dem Senatsurteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 - § 10 PSchG nicht zu entnehmen. Der Wortlaut von § 10 Abs. 1 PSchG nehme Bezug auf „die aufgrund des Gesetzes an entsprechende öffentliche Schulen … gestellten Anforderungen“. Damit gemeint sein könnten demnach nur Vorgaben, die beim Betrieb der Schule zu erfüllen seien und von der Schulleitung verantwortet würden. Das treffe etwa für Entscheidungen über die Aufnahme und die Versetzung von Schülern zu, aber nicht für die Ausbildung der Lehrer. Über den Lehrkörper bestimme bei öffentlichen Schulen die Schulaufsichtsbehörde durch Zuweisungen. Die Schule werde lediglich angehört. Auch die Gesetzessystematik spreche für dieses Ergebnis, denn die Tatbestände der §§ 5 und 10 PSchG würden unzulässig miteinander „vermischt“, wenn man meine, die Voraussetzungen der Genehmigung müssten für die Anerkennung in gesteigerter Weise verwirklicht sein. Im Rahmen der Anerkennung seien die Genehmigungsvoraussetzungen nicht nochmals zu prüfen. § 10 Abs. 1 PSchG sei zudem gar nicht zu entnehmen, welche Zusatzmerkmale zu der Gleichwertigkeit der wissenschaftlichen Ausbildung der Lehrkräfte hinzutreten sollten. Es spreche nichts dafür, dass der Gesetzgeber den Regelungsgegenstand der Lehrerqualifikation bei der Anerkennung nochmals habe aufgreifen wollen, zumal er ihn bei der Genehmigung ausführlich geregelt habe. Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e und f VVPSchG seien Fremdkörper im Regelungszusammenhang der Anerkennung. Der Sinn und Zweck der Anerkennung unterstreiche dies, denn die Anerkennungsvoraussetzungen dienten der Gewähr für eine dauernde Gleichmäßigkeit im Leistungsstand und für die Einhaltung der den Berechtigungen zugrunde gelegten Normen. Um eine Sicherstellung der Leistung gehe es bei der Schülerauswahl und Versetzung, nicht aber bei der Organisation oder Personalausstattung der Ersatzschule.
21 
Ferner stehe Nummer 12 VVPSchG ihrem Begehren nicht entgegen. Das Verwaltungsgericht habe - wie auch der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung - zu Unrecht angenommen, dass es sich bei Nummer 12 VVPSchG um Verordnungsrecht handele, das ihr gegenüber Bindungswirkung entfalte. Aus dem Titel der Urfassung von 1957 (GBI. 56) „Vorschriften des Kultusministeriums und des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zum Vollzug des Privatschulgesetzes (VVPSchG)“ sowie dem Zitat der Ermächtigung in § 26 PSchG 1956 („Die Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Gesetzes erläßt...“) gehe hervor, dass die Rechtsvorschriften nur eine Teilmenge der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz seien. Bei der anderen Teilmenge könne es sich demnach nur um Verwaltungsvorschriften handeln. Durch Auslegung sei die Rechtsqualität jeder einzelnen Bestimmung festzustellen. Bei Nummer 12 Abs. 1 VVPSchG 1957 zeige schon der Wortlaut, dass es sich um eine Verwaltungsvorschrift handele. Im Vordergrund stehe danach die Interpretation eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals (norminterpretierende Verwaltungsvorschrift). Darüber hinaus weise die Regelung zur Anstellungsfähigkeit auch eine ermessenslenkende Funktion auf. Die Rechtsqualität habe sich auch nicht mit der Neubekanntmachung vom 20.07.1971 als „Verordnung“ geändert. Der Wortlaut von Nummer 12 Abs. 1 VVPSchG sei lediglich um einige Worte gekürzt worden, aber inhaltlich unverändert geblieben.
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Verstehe man die Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz entgegen ihrer Ansicht als Rechtsverordnung, ändere sich im Ergebnis nichts, weil diese dann gegen § 10 Abs. 1 PSchG verstoße. Das Privatschulgesetz 1956 habe die Anerkennung von Ersatzschulen als eine Ermessensentscheidung ausgestaltet. Nummer 12 Abs. 1 Nr. 6 VVPSchG 1957 (= Nummer 12 Abs. 1 Buchst. f VVPSchG) enthalte nähere Bestimmungen zur Ausübung des Ermessens. Durch Gesetz zur Änderung des Privatschulgesetzes vom 16.01.1968 (GBl. S. 1) sei § 10 Abs. 1 PSchG grundlegend verändert worden. Seitdem bestehe kein Ermessen mehr, sondern ein Anspruch auf Anerkennung. Mit dieser Änderung sei Nummer 12 Abs. 1 Nr. 6 VVPSchG 1957 (= Nummer 12 Abs. 1 Buchst. f VVPSchG) obsolet geworden. Aufgrund des Vorrangs des Gesetzes sei die Regelung außer Kraft getreten. Darüber komme man auch mit der Annahme nicht hinweg, der Erlass der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz habe am 20.07.1971 stattgefunden. An diesem Tage sei die Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz lediglich neu bekannt gemacht worden. Jedenfalls Nummer 12 Abs. 1 Nr. 6 VVPSchG 1957 sei mit anderer Nummerierung unverändert übernommen und daher keineswegs neu erlassen worden. Dessen ungeachtet habe der Verordnungsgeber sich nicht über das Gesetz hinwegsetzen und ein Ermessen eröffnen können, das nach § 10 PSchG gar nicht bestehe. Hinzu komme noch, dass die frühere Ausgestaltung des § 10 PSchG als Ermessensnorm wesentlich von der Erwägung bestimmt gewesen sei, dadurch die staatliche Finanzierungslast zu begrenzen. Dieses gesetzgeberische Motiv sei durch die vom Bundesverfassungsgericht angeordnete Erstreckung der Finanzierung auf alle genehmigten Ersatzschulen überholt worden. Der Gesetzgeber habe dies durch die Novellierung der Privatschulfinanzierung im Jahre 1990 nachvollzogen. Es sei daher eine Missachtung des gesetzgeberischen Willens, wenn die Exekutive des Landes eine einschränkende Tendenz durchzusetzen versuche, die aus völlig anderen Motiven im Jahre 1957 zum Gegenstand eines Erlasses gemacht worden sei. Die Änderung der Ermächtigungsnorm führe im Unterschied zu deren bloßem Wegfall zum Erlöschen einer damit in Widerspruch stehenden Rechtsverordnung.
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Im Gegensatz zur bisherigen Rechtsprechung des Senats sei Nummer 12 Abs. 1 Buchst. f VVPSchG auch inhaltlich nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 23 PSchG gedeckt. § 23 PSchG bestätige vielmehr das von ihr schon aus § 10 Abs. 1 PSchG entwickelte Auslegungsergebnis, dass im Bereich der Personalauswahl keine Angleichung an die Anstellungsvoraussetzungen des Staates verlangt werden dürfe. Nach dem Wortlaut des § 23 Nr. 1 Buchst. b PSchG werde das fachlich zuständige Ministerium nämlich ermächtigt, durch Rechtsverordnung die näheren Bestimmungen zu erlassen für die Genehmigung und die Anerkennung der Ersatzschulen, insbesondere über die Gleichwertigkeit der wissenschaftlichen Ausbildung der Lehrer. An einer Ermächtigung, für die Anerkennung einer Ersatzschule mehr als nur die genannte „Gleichwertigkeit“ zu fordern, fehle es. Die Forderung nach „Gleichartigkeit“ sei als intensiverer Eingriff mit dem Vorrang des Gesetzes nicht in Einklang zu bringen. Daran ändere das Wort „insbesondere“ nichts, denn nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 LV müssten Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung vom Gesetzgeber bestimmt werden. Hier sei eine eindeutige Begrenzung auf eine Gleichwertigkeit gegeben. Hinsichtlich der Systematik von § 23 Nr. 1 PSchG sei festzustellen, dass der Gesetzgeber durchweg Regelungsgegenstände aus dem Bereich der Genehmigung aufgezählt habe und keine aus dem Bereich der Anerkennung. Demnach fehle ein Anwendungsfall für die Ermächtigung zur Regelung der Anerkennung. Auch nach Normzweck und Entstehungsgeschichte habe sich der Gesetzgeber bewusst dagegen entschieden, die Ersatzschulen einem über die Gleichwertigkeit hinausgehenden Anpassungsdruck des § 23 PSchG zu unterwerfen. Das Gesetzgebungsverfahren sei durch einen Gesetzentwurf vom 08.11.1978 eingeleitet worden (LT-Drs. 7/4788), wobei noch eine Nähe zur Exekutive mit ihrer privatschulskeptischen Grundhaltung nicht zu verkennen gewesen sei. Die Ausschussberatungen hätten hingegen in eine Beschlussempfehlung (LT-Drs. 7/5777) gemündet, die im hier interessierenden Bereich der Lehrerausbildung wörtlich in die bis heute gültige Gesetzesfassung (vom 19.07.1979, GBI. S. 314 ff.) eingeflossen sei und gegenüber der Entwurfsfassung die Regelungsbefugnis der Exekutive merklich eingeschränkt habe. Ein Bericht über die Beratungen im kulturpolitischen Ausschuss vom 25.04.1979 untermauere ihre Rechtsauffassung zusätzlich.
24 
Daneben sei mit Nummer 12 Abs. 1 Buchst. f VVPSchG und der Verwaltungspraxis hierzu der Vorbehalt des Gesetzes nicht gewahrt. Das „Berechtigungswesen“ betreffe zwar grundsätzlich nicht den Schutzbereich des Grundrechts der Privatschulfreiheit. Die Anerkennungsvoraussetzungen seien aber in hohem Maße grundrechtsrelevant, weshalb es sich dabei um einen wesentlichen Regelungsgegenstand handele. Die Privatschulfreiheit werde sogar ausgehöhlt, wenn das Instrument der Anerkennung dazu missbraucht werde, um eine nicht wegen einer Beleihung gebotene Gleichschaltung mit den öffentlichen Schulen zu erzwingen. Die Anerkennung diene nicht nur als Prädikat für Ersatzschulen, das dem Markt eine besondere Zuverlässigkeit signalisiere, sondern sei der einzige Weg, um der besonders belastend ausgestalteten Schulfremdenprüfung zu entgehen, die Schüler vom Besuch der Privatschulen massiv abschrecke. Erst die Anerkennung sorge dafür, dass die Ersatzschule mit den öffentlichen Schulen konkurrieren könne, denn erst damit werde ihr ermöglicht, die Prüfung in gewohnter Umgebung abzuhalten.
25 
Entgegen der bisherigen Senatsrechtsprechung seien für die Anforderungen, die eine Ersatzschule erfüllen müsse, um eine Anerkennung zu erhalten, die laufbahnrechtlichen Grundlagen nach dem Schulgesetz, nach dem Landesbeamtengesetz und nach den darauf beruhenden Rechtsverordnungen nicht anwendbar. Der Senat habe übersehen, dass diese Vorschriften nur für den Erwerb des Beamtenstatus gälten. Für die Anstellung von Lehrkräften bei privaten Trägern, denen die Dienstherrnfähigkeit fehle, sei eine Anwendung dieser Grundsätze nicht denkbar. Private Träger könnten nicht an hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums gebunden sein. Würde man sie mit dem Senat diesen Grundsätzen unterwerfen, so könnten Privatschulen überhaupt keine Lehrkräfte anstellen. Somit verstoße die Anbindung der Anerkennungsvoraussetzungen einer Ersatzschule an laufbahnrechtliche Bestimmungen gegen Art. 7 Abs. 4 GG. Der Gesetzgeber habe auch lediglich die Voraussetzungen für die Verbeamtung regeln wollen und dabei keineswegs private Arbeitgeber im Blick gehabt. Regelungen, die eine Übertragung der Grundsätze auf private Arbeitgeber wie etwa Ersatzschulträger ermöglichen würden, fehlten völlig. So bleibe unklar, ob die beamtenrechtlichen Grundsätze insgesamt oder nur teilweise und im letzten Fall in welchen Teilen auf Ersatzschulträger zu übertragen seien. Zudem gelte Art. 33 Abs. 4 GG, wonach Hoheitsträger in einem Dienst- und Treueverhältnis zum Staat stehen müssten, das den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums unterliege, gar nicht für den Beruf des Lehrers, könne also auch keine Voraussetzung für die Anerkennung einer Ersatzschule liefern. Die beamtenrechtlichen Laufbahngrundsätze seien selbst für den Staat bei der Anstellung von Lehrern nicht bindend, da die Einstellung von Lehrern im Angestelltenverhältnis mit den Vorgaben des Art. 33 Abs. 4 GG vereinbar sei. Das Land nutze auch den so eröffneten Spielraum und beschäftige in weitem Umfang Lehrer in Anstellungsverhältnissen, die laufbahnrechtliche Bedingungen für die Verbeamtung nicht erfüllten.
26 
Die Merkmale „Anstellungsfähigkeit“ und „in der Regel“ im Sinne von Nummer 12 Abs. 1 Buchst. f VVPSchG seien ohnehin zu unbestimmt. Die Umsetzung erfolge in einer „wild wuchernden“ Praxis von punktuellen Schriftsätzen, internen Rundschreiben und sonstigen behördlichen Äußerungen - teils ad hoc - und entziehe sich damit jeder Vorausseh- und Kontrollierbarkeit. Der gesetzliche Anerkennungsanspruch werde damit faktisch entwertet. Dies gelte umso mehr, als auch die konkrete Bedeutung der „2/3-Quote“ unklar sei. Dieser fehle jede rechtliche Struktur.
27 
Die Voraussetzung der Anstellungsfähigkeit würde das Grundrecht der Privatschulfreiheit im Übrigen selbst dann verletzen, wenn sie gesetzlich verankert wäre. Denn damit werde das Institut der Anerkennung dazu benutzt, die Ersatzschulen zur Anpassung an die öffentlichen Schulen in einem der Sache nach nicht gebotenen Umfang zu veranlassen. Das Gleichartigkeitserfordernis bei den Lehrkräften sei ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Privatschulfreiheit. Dabei sei zu berücksichtigen, dass § 10 Abs. 2 Satz 2 PSchG - anders als die Rechtslage in den meisten anderen Bundesländern - auch den Trägern anerkannter Ersatzschulen die Entscheidung über die Bildung der Prüfungsausschüsse vorenthalte. Die Aufgabe, die Prüfungsausschüsse zu bilden, bleibe bei der Schulaufsichtsbehörde. Damit fehle es in Baden-Württemberg an der für eine Beleihung konstitutiven Übertragung hoheitlicher Aufgaben an ein Privatrechtssubjekt zu selbständiger Wahrnehmung. Die Prüfungsausschüsse seien stets staatliche Einrichtungen. Die Prüfung sei damit auch an einer anerkannten Ersatzschule - anders als es § 10 Abs. 2 Satz 1 PSchG suggeriere - eine staatliche Entscheidung. Der Träger einer anerkannten Ersatzschule sei in Baden-Württemberg kein beliehener Unternehmer, sondern lediglich ein qualifizierter Verwaltungshelfer. Damit habe die vom Bundesverfassungsgericht an die Beleihung geknüpfte verstärkte Aufsicht und vorverlegte Qualitätskontrolle hier keine Berechtigung. Selbst im Falle einer Beleihung wäre indes die Forderung nach Anstellungsfähigkeit grundrechtswidrig. Die Freiheit der Lehrerwahl gehöre zum Kernbestand der Privatschulfreiheit. Die Forderung nach Anstellungsfähigkeit im öffentlichen Schuldienst sei als „Qualitätssicherungsklausel“ schon nicht geeignet, denn mit der Gleichwertigkeit der wissenschaftlichen Ausbildung der Lehrkräfte sei die Qualität der Ausbildung hinreichend gesichert. Das sei durch die langjährige Verwaltungspraxis erwiesen. Wenn mit einer Quote der Lehrerberuf für besonders qualifizierte Kräfte ohne Anstellungsfähigkeit verschlossen werde, beschwöre das sogar eine Qualitätsgefährdung herauf. Auch sei die Quote verfehlt, weil sie nicht nach Fächern, Ausbildungsgängen oder sonstigen Kriterien differenziere. Die Fortsetzung der früheren Praxis, in der allein auf „Gleichwertigkeit“ abgestellt worden sei, sei ein milderes und mindestens ebenso wirkungsvolles Mittel gegenüber einer zusätzlichen Gleichschaltung der Ersatzschulen. Die Forderung nach „Gleichartigkeit“ bei der Ausbildung der Lehrkräfte sei ein unangemessener Eingriff in ihr Recht auf Privatschulfreiheit.
28 
Die Missbräuchlichkeit des Gleichartigkeitsgebots im Sinne von beamtenrechtlicher Laufbahnbefähigung drücke sich auch darin aus, dass der Erwerb der Laufbahnfähigkeit durch Ersatzschullehrer nicht möglich sei beziehungsweise der Beklagte eine Versorgung der Privatschulen mit derart „anstellungsfähigen“ Lehrern nicht ermögliche. Lehrkräfte an Privatschulen würden nicht zur Ausbildung an den Seminaren des Beklagten zugelassen, weshalb das Zweite Staatsexamen diesen Lehrkräften verschlossen sei. Der Beklagte bilde auch nur für den eigenen Bedarf aus. In die Bedarfsplanung für die Zahl der Referendarstellen fließe der Bedarf der Privatschulen nicht ein. Die vom Staat „ausgeschiedenen“ Lehramtskandidaten reichten nicht aus, um den Personalbedarf zu decken, erst recht nicht in der erwünschten Qualität. Auch „alternative Zugänge“ seien versperrt. Ihren Lehrkräften werde eine Heranbildung von Lehrkräften im Sinne des Direkteinstiegs oder die Möglichkeit einer dem § 2 LVO-KM entsprechenden Zusatzausbildung nicht eröffnet. Eine unüberwindliche Hürde sei schon die Einstellung als Beamter auf Widerruf (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a LBG), die sich nach den Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder richte. Diese Art von Anstellungsverhältnis sei Ersatzschulen nicht zugänglich. Eine weitere Hürde sei die Unterwerfung der Ersatzschulen unter die jeweils aktuelle Einstellungspraxis des Landes. Für seinen eigenen Bereich habe sich der Beklagte in der LVO-KM einen Freiraum geschaffen, um Lehrer verbeamten zu können, die kein Studium im Sinne der APrObSchhD absolviert hätten. Er lasse den Ersatzschulen diese gesetzliche Öffnung aber nur nach Maßgabe der sich ständig ändernden eigenen Einstellungspraxis zugutekommen und nehme auch keine Rücksicht darauf, dass der Bedarf der Ersatzschulen ein völlig anderer sein könne als derjenige des Landes. Auch die „laufbahnqualifizierende Zusatzausbildung“ der Direkteinsteiger (§ 2 LVO-KM) werde den Ersatzschulen verwehrt. Das (Staatliche) Seminar für Didaktik und Lehrerbildung sei (in der Vergangenheit) Monopolist für die Fortbildung und den Ersatzschulträgern nicht zugänglich gewesen. Es gebe im Wesentlichen nur vage Ankündigungen bezogen auf „bereits eingerichtete Kurse“ und „im Rahmen freier Kapazitäten“. Es sei zudem mit dem Gesetzesvorbehalt und dem Vorrang des Gesetzes unvereinbar, dass der Beklagte mit der Einführung des Gleichartigkeitsgebots keinen gesetzlichen Rahmen geschaffen habe, der den Ersatzschulträgern einen Anspruch auf Teilnahme an Fortbildungen zu vorhersehbaren Bedingungen einräume. Dabei handele es sich um einen wesentlichen Regelungsgegenstand, der einer gesetzlichen Regelung bedürfe.
29 
Es gebe des Weiteren keine tragfähigen Angaben zu der Quote der Lehrer mit Laufbahnbefähigung im Dienst des Beklagten. Es sei zweifelhaft, ob die Lehrkräfte an den öffentlichen Schulen im Land tatsächlich zu „weit weniger“ als einem Drittel keine Laufbahnbefähigung hätten und insbesondere, ob sich das auf alle Schularten und Schultypen beziehungsweise auf jede einzelne Schule beziehe. Die Unklarheiten, was mit der „2/3-Quote“ genau gemeint sei, schlügen sich auch hier nieder.
30 
Soweit man die Anstellungsfähigkeit nach den Vorgaben der LVO-KM beurteilen wolle, sei zu beachten, dass diese erst am 10.01.2012 erlassen worden sei. Für die Lehrkräfte, die vor diesem Zeitpunkt eingestellt worden seien, könnten diese Regelungen daher nicht ausschlaggebend sein. Somit müssten alle vor dem Erlass der LVO-KM eingestellten Lehrkräfte als anstellungsfähig behandelt werden. Dieses Ergebnis sei auch aus dem verfassungsrechtlichen Gebot des Vertrauensschutzes abzuleiten, da eine andere Sichtweise zu einer unzulässigen echten Rückwirkung führen würde, zumal sie sich mit ihrer Schule bei Erlass der LVO-KM bereits in der Bewährungsphase befunden habe.
31 
Die Anerkennung scheitere nicht an fehlendem Religionsunterricht. Alle Schulverträge und die Dienstverträge mit den Lehrern seien im Sinne der Bekenntnisfreiheit verfasst. Zudem sei eine „Gesinnungskontrolle“ mit dem Grundrecht der Privatschulfreiheit unvereinbar. Die Pflicht zur Erteilung von Religionsunterricht bestehe nur an öffentlichen Schulen.
32 
Soweit schließlich das Verwaltungsgericht die wirtschaftliche oder rechtliche Sicherung ihrer Lehrkräfte thematisiert habe, sei diese nicht Gegenstand der Prüfung im Anerkennungsverfahren. Sie sei vielmehr bereits im Genehmigungsverfahren zu prüfen gewesen (§ 6 Abs. 2 PSchG). Die Genehmigung für ihre Schule sei jedoch erteilt und keinen Zweifeln unterworfen.
33 
Die Klägerin beantragt,
34 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29. November 2013 - 4 K 2179/12 - zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihr für die Kaufmännische Berufsfachschule (Wirtschaftsschule) mit Sitz in Ulm die staatliche Anerkennung zu verleihen.
35 
Der Beklagte beantragt,
36 
die Berufung zurückzuweisen.
37 
Er verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts unter Vertiefung beziehungsweise Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
38 
Mit Schreiben vom 19.05.2014 übersandte die mit der Klägerin in Verbindung stehende Verwaltungsgesellschaft dem Kultusministerium ein Konzept zur Nachqualifizierung von Lehrkräften ohne Staatsexamen in Mangelfächern (Fächer, die an öffentlichen Schulen zum Direkteinstieg zugelassen sind).
39 
Das Kultusministerium genehmigte dieses Konzept mit Schreiben vom 05.06.2014 und führte hierzu aus, Personen, die als Direkteinsteigerinnen oder Direkteinsteiger - hier mit vergleichbaren Voraussetzungen für das Lehramt im höheren Dienst an öffentlichen beruflichen Schulen - eingestellt würden, müssten innerhalb von zwei Jahren die Qualifizierung absolvieren. Nach Abschluss der Nachqualifizierung werde durch das Regierungspräsidium bei der Lehrkraft ein Unterrichtsbesuch veranlasst. Dazu sei es notwendig, dass den Regierungspräsidien eine Mehrfertigung des Zertifikats, das nach Abschluss der Nachqualifikation an die Teilnehmer vergeben werde, übermittelt werde. Sollte der Unterrichtsbesuch schlechter als mit der Note 4 bewertet werden, gelte die Qualifizierungsmaßnahme als nicht erfolgreich absolviert. Die Lehrkraft könne damit nicht zur Erfüllung der „2/3-Quote“ für die staatliche Anerkennung angerechnet werden. Nicht genehmigt werde die Qualifizierung und Anrechnung auf die 2/3-Quote von Lehrkräften ohne Zweites Staatsexamen in Nichtmangelfächern, die bereits bisher beschäftigt seien. Für diese gelte aber ein Bestandsschutz, das heiße, sie könnten in denjenigen bereits staatlich anerkannten Bildungsgängen, in denen sie zum Zeitpunkt der staatlichen Anerkennung bereits unterrichtet hätten, weiterhin unterrichten, ohne dass dies Auswirkungen auf die staatliche Anerkennung habe. Im Übrigen werde auf die für die Nachqualifizierung zu beachtenden Eckpunkte im Protokoll der Besprechung der Privatschulträger mit dem Kultusministerium vom 09.11.2012 sowie auf das Schreiben des Kultusministeriums vom 21.01.2014, AZ 21-6733.0/18, verwiesen.
40 
In der Folgezeit meldete die Klägerin verschiedene bei ihren Schulen unterrichtende Lehrkräfte zur Nachqualifizierung an, wobei ihr in mehreren Fällen auch die Erfüllung der Voraussetzungen bestätigt wurde.
41 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Regierungspräsidiums Tübingen sowie die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen (4 K 3710-3711/09, 4 K 2175/12, 4 K 2179-2180/12, 4 K 3939/12, 4 K 4232/13, 4 K 4233/13, 4 K 118/14, 4 K 3522/14 und 4 K 69/15) und des Verwaltungsgerichtshofs (9 S 2608/10, 9 S 516-524/14, 9 S 2362-2365/14) vor. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird hierauf verwiesen und auf die im vorliegenden Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
42 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Verpflichtung des Beklagten, ihrer hier streitgegenständlichen Schule die Eigenschaft einer anerkannten Ersatzschule zu verleihen oder ihren Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Denn die Schule der Klägerin erfüllt die nach § 10 Abs. 1 PSchG und Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 VVPSchG gestellten Anforderungen nicht.
43 
1. Für die gerichtliche Prüfung des Begehrens der Klägerin ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat maßgeblich. Denn der behauptete Anspruch kann nur zugesprochen werden, wenn die Voraussetzungen hierfür aktuell vorliegen (vgl. auch Senatsurteil vom 12.08.2014 - 9 S 1722/13 -, juris, m.w.N.).
44 
Einen verfassungsunmittelbar verbürgten Anspruch aus Art. 7 Abs. 4 GG auf Anerkennung einer Ersatzschule gibt es nicht. Vielmehr kann der Landesgesetzgeber die Erteilung der Anerkennung von besonderen, über die Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG hinausgehenden Bedingungen abhängig machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.01.2013 - 6 C 6.12 -, BVerwGE 145, 333; Senatsurteil vom 23.10.2012 - 9 S 2188/11 -, juris). Die Anerkennungsvoraussetzungen sind daher dem Landesrecht zu entnehmen.
45 
Gemäß § 10 Abs. 1 PSchG verleiht die obere Schulaufsichtsbehörde - das Regierungspräsidium (vgl. § 34 Abs. 1 SchG) - einer Ersatzschule, welche die Gewähr dafür bietet, dass sie dauernd die aufgrund des Gesetzes an entsprechende öffentliche Schulen beziehungsweise an Schulen im Sinne des § 3 Abs. 2 PSchG gestellten Anforderungen erfüllt, die Eigenschaft einer anerkannten Ersatzschule. Mit der Anerkennung erhält die Ersatzschule nach § 10 Abs. 2 Satz 1 PSchG das Recht, nach den allgemein für öffentliche Schulen beziehungsweise für Schulen im Sinne des § 3 Abs. 2 PSchG geltenden Vorschriften Prüfungen abzuhalten und Zeugnisse zu erteilen.
46 
Nach Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz (VVPSchG) in der Fassung vom 20.07.1971 (GBl. S. 346), zuletzt geändert durch Art. 53 des Gesetzes vom 01.07.2004 (GBl. S. 469, 502), werden die gestellten Anforderungen unbeschadet der Vorschriften des § 5 Abs. 2 PSchG von einer Ersatzschule im Sinne des § 3 Abs. 1 PSchG erfüllt, wenn
47 
a) dem Unterricht ein von der Schulaufsichtsbehörde genehmigter Lehrplan zugrunde liegt;
b) das Lehrziel der entsprechenden öffentlichen Schule erreicht wird;
c) der Übertritt eines Schülers von der Ersatzschule an die entsprechende öffentliche Schule und umgekehrt ohne besondere Schwierigkeiten möglich ist;
d) die für die entsprechenden öffentlichen Schulen geltenden Aufnahme- und Versetzungsbestimmungen angewendet werden;
e) der Leiter der Schule die für seine Aufgabe erforderliche wissenschaftliche und pädagogische Eignung besitzt;
f) die Lehrer in der Regel die Anstellungsfähigkeit für das ihrer Tätigkeit entsprechende Lehramt an öffentlichen Schulen besitzen. Auf diese Voraussetzung kann in einem den besonderen Gegebenheiten der betreffenden Privatschule angemessenem Umfang verzichtet werden.
48 
Nummer 12 Abs. 2 Satz 1 VVPSchG zufolge muss die Ersatzschule die gestellten Anforderungen grundsätzlich drei Jahre erfüllt haben, bevor angenommen werden kann, dass die Schule diese Anforderungen auf die Dauer erfüllt.
49 
Zeugnisse der anerkannten Ersatzschulen und Prüfungen, die an diesen Schulen nach den für die entsprechenden öffentlichen Schulen geltenden Prüfungsordnungen abgelegt werden, stehen den entsprechenden Zeugnissen und Prüfungen der öffentlichen Schulen gleich (Nummer 12 Abs. 4 VVPSchG).
50 
2. Diese Regelungen begegnen weder in formeller noch in materieller Hinsicht rechtlichen Bedenken. An der hierfür bereits mit den Urteilen vom 23.10.2012 - 9 S 2188/11 -, a.a.O., und vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, juris = VBlBW 2014, 457, gegebenen, ausführlichen Begründung hält der Senat fest und ergänzt sie aus Anlass des Vorbringens der Klägerin.
51 
a) Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und Abs. 4 VVPSchG beruht auf einer hinreichenden Rechtsgrundlage und hält sich in deren Grenzen.
52 
Bei der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz handelt es sich nicht um eine Verwaltungsvorschrift, sondern um eine Rechtsverordnung (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.11.1983 - 7 C 114.81 -, BVerwGE 68, 185; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 27.05.1981 - XI 3377/78 - und vom 12.06.1986 - 9 S 265/86 -; Gayer, in: Ebert, Schulrecht Baden-Württemberg, 2013, § 5 PSchG Rn. 1). Dies ergibt sich mittlerweile bereits aus der Überschrift der Norm. Bis zum 31.12.2004 hatte die Überschrift noch „Vorschriften zum Vollzug des Privatschulgesetzes“ gelautet. Allerdings wurden die Ursprungsfassung der Norm sowie alle Folgeänderungen im Gesetzblatt des Landes veröffentlicht (vgl. Art. 63 Abs. 2 LV) (vgl. Senatsurteile vom 23.10.2012 - 9 S 2188/11 -, a.a.O., Rn. 33, und vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O., Rn. 36). Soweit die Klägerin die Rechtsqualität der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz erneut in Frage stellt, sieht der Senat keinen Anlass, seine bisherige Rechtsauffassung zu ändern.
53 
Die Grenzen der zugrundeliegenden Ermächtigung sind auch insoweit gewahrt, als nach Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VVPSchG die Lehrer in der Regel die Anstellungsfähigkeit für das ihrer Tätigkeit entsprechende Lehramt an öffentlichen Schulen besitzen müssen, während auf diese Voraussetzung in einem den besonderen Gegebenheiten der betreffenden Privatschule angemessenem Umfang verzichtet werden kann. Diese Regelung präzisiert - wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O., Rn. 39 ff.) - in zulässiger Weise eine Anforderung im Sinne des § 10 Abs. 1 PSchG.
54 
Denn § 10 Abs. 1 PSchG verweist als maßgebliche Anerkennungsvoraussetzung bereits selbst ausdrücklich auf die aufgrund des Gesetzes an entsprechende öffentliche Schulen gestellten Anforderungen. Diese ergeben sich aus dem Schulgesetz, den Ermächtigungsgrundlagen des Landesbeamtengesetzes und den darauf beruhenden Rechtsverordnungen.
55 
Die hier in Rede stehende Berufsfachschule entspricht der in § 11 SchG näher ausgeführten Schulart (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 4 SchG) Berufsfachschule. Die Anforderungen an die Ausbildung der an einer Berufsfachschule nach § 11 SchG tätigen Lehrkräfte folgt aus § 15 Abs. 4 und § 16 Abs. 2 LBG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und Abs. 4 LVO-KM und (bislang) der APrObSchhD. Die APrObSchhD galt zwar nach der Übergangsregelung in Art. 62 § 1 Abs. 3 des Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Dienstrechtsreformgesetz vom 09.11.2010, GBl. S. 793, - DRG -) als eine aufgrund von § 18 Abs. 2 und 3 LBG a.F. erlassene Ausbildungs- und Prüfungsordnung formal nur noch bis zum 31.12.2014 fort, ist jedoch mangels abweichender Neuregelung weiterhin zugrunde zu legen. Dass nach wie vor keine anderen Maßgaben herangezogen werden können, wird durch die Begründung des Dienstrechtsreformgesetzes gestützt, denn dort heißt es, die bestehenden laufbahnrechtlichen Vorschriften der Ministerien, die aufgrund von § 18 Abs. 2 und 3 LBG erlassen worden seien, müssten an die neuen laufbahnrechtlichen Bestimmungen angepasst werden. Die bisherigen Vorschriften sollten für einen Übergangszeitraum weitergelten, auf eine redaktionelle Anpassung dieser Vorschriften im Rahmen dieses Artikelgesetzes solle verzichtet werden (vgl. LT-Drucks. 14/6694, S. 606). Dies zeigt, dass nach dem Willen des Landesgesetzgebers materielle Änderungen nicht angestoßen werden sollten. Es ist auch bis heute nicht ersichtlich, dass mehr als bloß redaktionelle Anpassungen an das neue Beamtenrecht für die Zukunft vorgesehen sind (vgl. auch die im GBl. 2014 S. 623 ff. veröffentlichten neuen Prüfungsordnungen betreffend andere Schularten sowie die aktuelle Auflistung des Landeslehrerprüfungsamtes unter http://www.llpa-bw.de/,Lde/832032). Danach wird die Befähigung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an beruflichen Schulen grundsätzlich durch einen entsprechenden Studienabschluss (vgl. § 2 APrObSchhD) und das erfolgreiche Absolvieren eines Vorbereitungsdienstes (§ 1, §§ 4 ff., §§ 10 ff. APrObSchhd) nebst Zweiter Staatsprüfung als Abschlussprüfung (vgl. §§ 14 ff., § 28 Abs. 1 APrObSchhD) erworben, wobei diese Zweite Staatsprüfung nach entsprechendem Vorbereitungsdienst auch in einem anderen Bundesland abgelegt werden kann (vgl. § 28 Abs. 5 APrObSchhD). Daneben bestehen besondere Regelungen für die Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise für Lehrerberufe, soweit diese in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz erworben wurden (vgl. § 1 der Verordnung des Kultusministeriums zur Umsetzung allgemeiner Regelungen zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise für Lehrerberufe vom 15.08.1996, GBl. S. 564, zuletzt geändert durch Art. 27 des Gesetzes vom 19.12.2013, GBl. 2014 S. 1, 44, - EU-EWR-Lehrerverordnung -), für den Fall, dass die Befähigung für eine Lehrerlaufbahn anstelle des Vorbereitungsdienstes über eine mindestens dreijährige Berufstätigkeit erworben werden soll (vgl. § 1 Abs. 4 LVO-KM) oder für den Fall, dass die Befähigung für eine Laufbahn als Technische Lehrkraft an beruflichen Schulen der gewerblichen, landwirtschaftlichen, kaufmännischen oder hauswirtschaftlichen Richtung durch eine laufbahnqualifizierende Zusatzausbildung erlangt werden soll (vgl. § 2 Abs. 2 und Abs. 3 LVO-KM). Insgesamt sind alle entscheidenden Voraussetzungen für eine Tätigkeit als Lehrer an beruflichen Schulen in Verordnungen geregelt, die sich auf Ermächtigungsgrundlagen des Landesbeamtengesetzes stützen. Ein Verstoß gegen den Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes ist nicht erkennbar (vgl. Senatsurteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O., Rn. 40).
56 
Dies gilt auch, soweit das Bundesverfassungsgericht den Gesetzesvorbehalt auf alle wesentlichen Entscheidungen im grundrechtsrelevanten Bereich erstreckt (vgl. dazu nur Huster/Rux, in: Epping/Hillgruber, Grundgesetz, 2. Aufl. 2013, Art. 20 Rn. 176, m.w.N.). Die in Nummer 12 Abs. 1 VVPSchG enthaltenen Voraussetzungen für die Anerkennung einer Ersatzschule sind nicht in dem Sinne „wesentlich“, dass sie allein dem Gesetzgeber vorbehalten wären. Zunächst betreffen sie das sogenannte „Berechtigungswesen“ und beeinträchtigen damit grundsätzlich nicht den Schutzbereich des Grundrechts der Privatschulfreiheit. Im Übrigen obliegt zwar die Ausgestaltung bestimmter privater Ersatzschulen als anerkannter Privatschulen dem Landesgesetzgeber (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.11.1969 - 1 BvL 24/64 -, BVerfGE 27, 195, Leitsatz). Dies bedeutet indes nicht, dass auch diese Ausgestaltung in allen Einzelheiten einem förmlichen Gesetz vorbehalten bliebe. Vielmehr reicht es auch nach der von der Klägerin angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Wahrung der rechtsstaatlich geforderten Normenklarheit aus, wenn anerkannte Ersatzschulen den „für öffentliche Schulen gegebenen Anordnungen“ unterworfen werden (zum Hessischen Privatschulgesetz BVerfG, Beschluss vom 14.11.1969 - 1 BvL 24/64 -, a.a.O., 210). Für die Formulierung der „an öffentliche Schulen gestellten Anforderungen“ in § 10 Abs. 3 PSchG kann nichts anderes gelten, so dass deren nähere Ausgestaltung dem Verordnungsgeber überlassen werden durfte (vgl. Senatsurteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O., Rn. 41).
57 
Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VVPSchG greift diese lehrerbezogenen Anerkennungsvoraussetzungen auf.
58 
Soweit die Klägerin meint, als Voraussetzung einer Anerkennung könnten nicht die gleichen Anforderungen an die Ausbildung der Lehrkräfte gestellt werden wie bei öffentlichen Schulen, weil nur bei Letzteren mit den Anforderungen zugleich der Erwerb des Beamtenstatus in Rede stehe, überzeugt das nicht. Weder die Tatsache, dass private Schulträger nicht an die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG gebunden sind noch diejenige, dass die Einstellung von Lehrern im Angestelltenverhältnis an öffentlichen Schulen mit dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG vereinbar sein mag (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19.09.2007 - 2 BvF 3/02 -, BVerfGE 119, 247, 267 = juris Rn. 65; Avenarius, in: Avenarius, Schulrecht, 8. Aufl. 2010, S. 611 ff.), berührt die legitime Zielsetzung, bei anerkannten Privatschulen eine besonders hohe Qualität des Lehrpersonals anzustreben. Dass dies im Wege der Anknüpfung an die Anstellungsfähigkeit an öffentlichen Schulen geschehen kann, hat der Senat bereits entschieden. Dass den Privatschulen keine Verbeamtung ihrer Lehrkräfte oder etwas Vergleichbares abverlangt wird, versteht sich von selbst. Weshalb nur die Schülerauswahl und die Versetzung, nicht aber die Qualifikation des Lehrpersonals der Sicherstellung des Leistungsstands dienen soll, vermag der Senat ebenfalls nicht nachzuvollziehen.
59 
Der Senat hat in seinem Urteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O., Rn. 42, ferner bereits dem Einwand, auch für eine Anerkennung nach § 10 Abs. 1 PSchG sei lediglich eine „Gleichwertigkeit“ der Lehrerausbildung zu fordern, eine Absage erteilt. An der hierfür gegebenen Begründung hält der Senat fest: Der Wortlaut der aktuellen Verordnungsermächtigung in § 23 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b PSchG ist schon deshalb unerheblich, weil die Vollzugsverordnung auf diese Ermächtigung nicht gestützt ist. Auch zur Interpretation des zum Erlass der Vollzugsverordnung ermächtigenden § 25 PSchG kann die Formulierung der „Gleichwertigkeit“ in § 23 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b PSchG nicht dienen. Zwar unterscheidet § 23 Satz 1 Nr. 1 PSchG in der Tat nicht zwischen Genehmigung und Anerkennung, indes stellt § 10 Abs. 1 PSchG an die Anerkennung eindeutig weitergehende Anforderungen, als sie für eine bloße Genehmigung nach § 5 PSchG ausreichen würden. Diese Unterscheidung setzt sich in Nummer 6 (betreffend die Genehmigung) einerseits und Nummer 12 (betreffend die Anerkennung) VVPSchG deutlich fort. Entscheidend für die Bestimmung von „Inhalt, Zweck und Ausmaß“ einer Ermächtigung (vgl. Art. 61 Abs. 1 Satz 2 LV) ist der erkennbare Wille des Gesetzgebers. Dieser hat sich seit Erlass der Vollzugsverordnung vom 20.07.1971, anders als in dem von der Klägerin hier erneut angeführten Fall (BVerwG, Urteil vom 06.10.1989 - 4 C 11.86 -, NJW 1990, 849), nicht geändert. Insbesondere hat das Verhältnis von Anforderungen an die Erteilung einer Genehmigung (§ 5 PSchG) zu weitergehenden, auf die Situation im staatlichen Schulwesen abhebenden Voraussetzungen für die Anerkennung von Ersatzschulen (§ 10 Abs. 1 PSchG) seit der Fassung der Privatschulgesetzes vom 14.05.1968, GBl. S. 223, keine Änderung erfahren. Der in § 10 Abs. 1 PSchG enthaltene Bezug zu „Anforderungen“, „die aufgrund des Gesetzes an entsprechende öffentliche Schulen … gestellt“ werden, verweist dabei allgemein auf die Gesetzeslage, wie sie von dem staatlichen öffentlichen Schulwesen angehörenden Schulen zu beachten sind, und nicht lediglich auf § 5 PSchG. Ein solcher „interner“ Verweis wäre gesetzestechnisch unsinnig, weil dadurch Unterschiede zwischen genehmigten und anerkannten Privatschulen aufgehoben würden, die nach der Systematik des Gesetzes gerade bestehen sollen (vgl. für den Bereich der Ergänzungsschulen entsprechend die Unterscheidung zwischen Anzeige, § 13 Abs. 2, und Genehmigung, § 15 PSchG). Außerdem verbietet sich ein solcher Verweis aus systematisch-logischen Gründen. Da § 10 Abs. 1 ebenso wie § 5 Abs. 1 PSchG klar zwischen „Ersatzschulen“ und „öffentlichen Schulen“ unterscheidet und gerade im Vergleich zu diesen zum einen die Anerkennung, zum anderen die Genehmigung von privaten Ersatzschulen regelt, kann der Hinweis auf die für „öffentliche Schulen“ bestehenden Anforderungen sich nur auf die allgemeine Gesetzeslage jenseits des Privatschulgesetzes beziehen. Die fehlende Differenzierung hinsichtlich der in § 23 Satz 1 Nr. 1 PSchG im selben Satz erfassten Genehmigung wie Anerkennung von privaten Ersatzschulen ist daher als bloße redaktionelle Ungenauigkeit anzusehen, die mittels des eine weitere Differenzierung ermöglichenden „insbesondere“ zu korrigieren ist. Die von der Klägerin vorgelegten Vorgänge aus der Normgebungsgeschichte, etwa über die Beratungen des Kulturpolitischen Ausschusses vom 25.04.1979 (Anlage BK6 zum Schriftsatz vom 28.04.2014, versehentlich datiert mit dem 31.03.2014), belegen nichts anderes.
60 
Soweit die Klägerin meint, durch das Gesetz zur Änderung des Privatschulgesetzes vom 16.01.1968 (GBl. S. 1) sei § 10 Abs. 1 PSchG so grundlegend verändert worden, dass Nummer 12 Abs. 1 Nr. 6 VVPSchG 1957 (= Nummer 12 Abs. 1 Buchst. f VVPSchG) obsolet geworden sei, kann ihr nicht gefolgt werden. Hiergegen spricht schon, dass die Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz vom Verordnungsgeber später mehrfach geändert und auch in der von der Klägerin genannten Bestimmung aufrechterhalten wurde.
61 
Das Argument, der Verordnungsgeber habe sich nicht über das Gesetz hinwegsetzen und ein Ermessen eröffnen können, das nach § 10 PSchG gar nicht bestehe, verfängt schon deshalb nicht, weil jedenfalls Nummer 12 Abs. 1 Buchst. f Satz 1 VVPSchG keine Ermessensvorschrift ist, sondern lediglich eine Anforderung im Sinne des § 10 Abs. 1 PSchG präzisiert. Soweit es in Nummer 12 Abs. 1 Buchst. f Satz 2 VVPSchG heißt, es „könne“ von der Voraussetzung des Satz 1 in einem den besonderen Gegebenheiten der betreffenden Privatschule angemessenem Umfang verzichtet werden, dient dies lediglich der Verstärkung des gesetzlichen Anspruchs auf Anerkennung einer Ersatzschule, ohne einen behördlichen Spielraum für den Fall einzuräumen, dass die Anerkennungsvoraussetzungen bereits vorliegen.
62 
Auch der Einwand, die Änderung einer Ermächtigungsnorm führe zum Erlöschen einer damit in Widerspruch stehenden Rechtsverordnung, trägt nicht, da ein solcher Widerspruch gar nicht besteht.
63 
b) Die genannten Regelungen der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz sowie die Regelungen in § 10 PSchG sind auch im Übrigen mit der Verfassung vereinbar.
64 
aa) Die in Nummer 12 Abs. 1 Buchst. f VVPSchG genannten Merkmale „Anstellungsfähigkeit“ und „in der Regel“ sind hinreichend bestimmt.
65 
Welche Anforderungen an die Ausbildung einer Lehrkraft bestehen, um an einer Berufsfachschule im Sinne von § 11 SchG anstellungsfähig zu sein, ergibt sich aus den bereits oben angesprochenen Normen des Schulgesetzes, des Landesbeamtengesetzes sowie den darauf beruhenden Rechtsverordnungen.
66 
Auch die Wendung, die Lehrer müssten „in der Regel“ die Anstellungsfähigkeit besitzen, ist nicht zu unbestimmt. Sie bringt zum Ausdruck, dass nur in Ausnahmefällen etwas anderes gelten kann (Regel-Ausnahme-Verhältnis). Diese einschränkende Klausel findet sich auch seit Langem in anderen Vorschriften des Schulrechts (§ 4 Abs. 2 Satz 1, § 8 Abs. 5 Nr. 1, § 10 Abs. 4, § 11 Satz 2, § 12 Satz 5, § 14 Satz 3, § 85 Abs. 3 Satz 1 SchG) und in mannigfaltigen sonstigen Regelungen, etwa im Ausländerrecht (z.B. § 5 AufenthG), im Baurecht (z.B. § 6 Abs. 4 Satz 2 BauGB), im Beamtenrecht (z.B. § 51 Abs. 1 Satz 2 BBG) oder im Gewerberecht (z.B. § 33c Abs. 2 Nr. 1 GewO). Aus anderen Zusammenhängen gibt es für den Terminus „in der Regel“ bereits eine gefestigte höchstrichterliche Auslegung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 3.08 -, NVwZ 2009, 1239 f., m.w.N., zu § 5 AufenthG: Ausnahmefall, wenn entweder besondere, atypische Umstände vorliegen, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen, oder das Absehen von der Regelvoraussetzung ist aus Gründen höherrangigen Rechts geboten). Bei der Übertragung einer solchen Auslegung auf andere Bereiche mag nach dem systematischen Zusammenhang, dem Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte (punktuell) auch ein großzügigeres Verständnis des Merkmals „in der Regel“ geboten sein (zu Nummer 12 Abs. 1 Buchst. f VVPSchG vgl. Gayer, in: Ebert, a.a.O., § 10 PSchG Rn. 4: Absehen „nur in begründeten Fällen bei einzelnen Lehrkräften“). Dass indes im vorliegenden Kontext mit der Anstellungsfähigkeit von Lehrern das Merkmal „in der Regel“ zu unbestimmt wäre, während es in anderen Vorschriften seit jeher einer Bestimmtheitsprüfung standhält, erschließt sich nicht, selbst wenn bei den sich hier gegenüberstehenden Vorschriften weiteren Aufschluss vermittelnde Materialien aus der Normgebungshistorie in sehr unterschiedlichem Maße zur Verfügung stehen mögen.
67 
bb) Dass die Regelungen der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz sowie die Regelungen in § 10 PSchG materiell mit der Verfassung vereinbar sind, hat der Senat bereits ausführlich begründet (Urteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O., Rn. 43 ff.).
68 
Das Institut der Anerkennung - und die mit ihm verbundenen finanziellen Vorteile - darf nach der Senatsrechtsprechung nicht dazu genutzt werden, die Ersatzschulen zur Anpassung an die öffentlichen Schulen in einem der Sache nach nicht gebotenen Umfang zu veranlassen oder unter Verletzung des Gleichheitsgebots einzelne Privatschulen gegenüber anderen Schulen zu benachteiligen. Sie dürfen nicht ohne sachlichen Grund zur Aufgabe ihrer Selbstbestimmung veranlasst werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.11.1969, a.a.O., 208 f.). Der Senat hält indes daran fest, dass die Regelungen der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz sowie § 10 PSchG diesem Gebot in vollem Umfang entsprechen. Aus Gründen der Qualitätssicherung ist es sachlich gerechtfertigt, wenn an die Lehrkräfte bei einer Ersatzschule, die die Verleihung der Anerkennung begehrt, in der hier vorgesehenen Weise höhere Anforderungen gestellt werden als bei einer bloß genehmigten Ersatzschule (unklar hingegen Niehues/Rux, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 1167 Fn. 492 und Rn. 1229: einerseits höhere Anforderungen statthaft, andererseits Quote von Lehrkräften mit Lehramtsstudium und Vorbereitungsdienst „fragwürdig“).
69 
Soweit die Klägerin meint, dies sei deshalb nicht der Fall, weil in Baden-Württemberg den Trägern anerkannter Ersatzschulen die Entscheidung über die Bildung der Prüfungsausschüsse vorenthalten sei (vgl. hierzu § 10 Abs. 2 Satz 2 PSchG, siehe ferner Art. 17 Abs. 3 LV), die Prüfung eine staatliche Aufgabe bleibe und damit im Unterschied zu anderen Bundesländern nicht einmal die Merkmale einer Beleihung vorlägen, folgt der Senat dem nicht. Mit der Verleihung der Eigenschaft einer anerkannten Ersatzschule geht auch in Baden-Württemberg einher, dass dem Schulträger hoheitliche Befugnisse verliehen werden und dieser in die Rechtsstellung eines Beliehenen einrückt. Denn mit der Anerkennung erhält die Ersatzschule das Recht, nach den allgemein für öffentliche Schulen beziehungsweise für Schulen im Sinne des § 3 Abs. 2 PSchG geltenden Vorschriften Prüfungen abzuhalten und Zeugnisse zu erteilen (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 PSchG). Damit nimmt der Schulträger funktional hoheitliche Aufgaben wahr (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.11.1983 - 7 C 114.81 -, a.a.O.; Senatsbeschluss vom 08.06.1990 - 9 S 998/90 -, BWVPr 1990, 205, Senatsurteile vom 31.01.1989 - 9 S 961/88 - und vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O., Rn. 44; Gayer, in: Ebert, a.a.O., § 10 PSchG Rn. 2 f.; Avenarius, in: Avenarius, a.a.O., S. 309 f.; Ehlers, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 27. Ergänzungslieferung Oktober 2014, § 40 Rn. 440; kritisch zur Beleihung Ogorek, DÖV 2010, 341, 346, m.w.N.). Dass dies nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil die Schulverwaltung über die Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse bestimmen kann, unterstreicht schon § 5 Abs. 2 der Vereinbarung der Unterrichtsverwaltungen der Länder in der Bundesrepublik Deutschland über das Privatschulwesen vom 10./11.08.1951 (abgedruckt bei Heckel, Deutsches Privatschulrecht, 1955, S. 85, 86), wo ausdrücklich beides zugleich vorgesehen ist (Verleihung von Befugnissen öffentlicher Schulen in Satz 1 und Bestimmung der Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse durch die Schulverwaltung in Satz 2). Wenngleich der Prüfungsausschuss als solcher nicht dem privaten Schulträger, sondern dem Land zuzuordnen sein mag (vgl. Senatsurteile vom 31.01.1989 - 9 S 961/88 -, vom 27.03.1990 - 9 S 2059/89 -, DVBl. 1990, 943, und vom 17.07.1990 - 9 S 707/89 -, VBlBW 1991, 148; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.05.1989 - 19 A 1746/87 -, NVwZ 1990, 678, 679; siehe auch VG Freiburg, Beschluss vom 09.01.2007 - 2 K 2451/06 -, juris), bedeutet dies nicht, dass dem Träger einer anerkannten Ersatzschule keine relevanten hoheitlichen Befugnisse verbleiben. Abgesehen davon, dass die Schule in eigenem Namen und eigener Zuständigkeit mit bindender Wirkung für andere das Abschlusszeugnis (bei Berufsfachschulen: Zeugnis der Fachschulreife) ausstellt (vgl. Gayer, in: Ebert, a.a.O., § 10 PSchG Rn. 3), fließen in dieses Zeugnis neben den Prüfungsleistungen der Abschlussprüfung zum Beispiel auch Vorleistungen in Gestalt der Anmeldenoten ein (für die Berufsfachschule vgl. § 19 Abs. 1 i.V.m. § 18 Abs. 1 bis 3 2BSFS-VO; für die zweijährigen Berufskollegs für technische Assistenten: § 23 Abs. 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 bis 3 TAVO 2005; für die dreijährigen Berufskollegs für Design: § 22 Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 bis 3 APrOBKDesign). Dass der Umfang der Beleihung einer staatlich anerkannten Ersatzschule normativ beschränkt werden kann (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 29.01.2014 - 2 K 1132/13 -, juris Rn. 25) und dies hier der Fall sein mag, ändert im Ergebnis nichts. Der Umfang der Beleihung ist jedenfalls noch so erheblich, dass das hier konkret geforderte Maß der Anpassung an die öffentlichen Schulen verhältnismäßig ist.
70 
Auch die Ansicht der Klägerin, das Gebot der Anstellungsfähigkeit beziehungsweise der „Gleichartigkeit“ sei missbräuchlich, weil der Erwerb der Laufbahnfähigkeit für Ersatzschullehrer nicht möglich sei beziehungsweise der Beklagte eine Versorgung der Privatschulen mit derart „anstellungsfähigen“ Lehrern nicht ermögliche, greift nicht durch. Diesbezüglich kann bereits bezweifelt werden, dass die Frage, ob der Beklagte genügend unternimmt, um die Versorgung privater Schulen mit anstellungsfähigen Lehrern zu ermöglichen (etwa genügend Zusatzausbildungen eröffnet), überhaupt zum Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens gehört. Der etwaige Befund unzureichender Maßnahmen der Schulbehörden, die Privatschulen bei der Gewinnung anstellungsfähiger Lehrkräfte zu unterstützen, würde nicht notwendig die begehrte Rechtsfolge stützen, der Schule die Anerkennung zu verleihen oder ihr zumindest eine Neubescheidung zukommen zu lassen.
71 
Jedenfalls aber wäre ein etwaiges Defizit behördlicher Angebote nicht für die Rechtmäßigkeit der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz sowie von § 10 PSchG von Bedeutung, denn ein solches würde nicht diesen Regelungen, sondern nur ihrer praktischen Handhabung anhaften. Die Umsetzung der Normen in der Verwaltungspraxis ist eine getrennt zu behandelnde Frage (siehe dazu sogleich 3.).
72 
3. Die streitgegenständliche Schule der Klägerin erfüllt nicht die nach § 10 Abs. 1 PSchG und Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 VVPSchG gestellten Anforderungen. Die vom Beklagten praktizierte Auslegung von Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VVPSchG ist nicht zu beanstanden (a). Danach besitzen die an der streitgegenständlichen Schule unterrichtenden Lehrer nicht in der Regel die Anstellungsfähigkeit für das ihrer Tätigkeit entsprechende Lehramt an öffentlichen Schulen (Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 VVPSchG) (b). Auf diese Voraussetzung kann auch nicht aufgrund besonderer Gegebenheiten der betreffenden Privatschule in einem solchen Umfang verzichtet werden, dass der Schule die Anerkennung aufgrund von Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f Satz 2 VVPSchG verliehen werden könnte (c).
73 
a) Der Beklagte legt Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VVPSchG im Sinne einer Zwei-Drittel-Vorgabe aus, womit gemeint ist, dass mindestens zwei Drittel der an der Schule unterrichtenden Lehrer nach den oben (I. 2. a) zusammengefassten schul- und beamtenrechtlichen Maßgaben anstellungsfähig sein müssen (vgl. Schreiben des Kultusministeriums vom 24.05.2012, Az. 24-6460.3/29 „Staatliche Anerkennung von Ersatzschulen - Gespräch im Kultusministerium am 17.04.2012“). Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken (so bereits Senatsurteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O.).
74 
Gemessen an der nach ihrem Wortlaut „in der Regel“ zu fordernden Anstellungsfähigkeit der Lehrkräfte auch an entsprechenden öffentlichen Schulen erscheint diese Auslegung dem Senat nach wie vor tendenziell großzügig und ist jedenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere ist ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, Art. 3 Abs. 1 GG, nicht erkennbar. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Einstellung vergleichbarer Lehrkräfte an öffentlichen Schulen deren Laufbahnbefähigung grundsätzlich voraussetzt. Dieses Laufbahnprinzip ist als hergebrachter Grundsatz im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG vom Gesetzgeber nicht nur zu berücksichtigen, sondern allgemein zu beachten. Ausnahmen hiervon sind nur bei Vorliegen besonderer dienstlicher Gründe im Einzelfall möglich und restriktiv zu handhaben (vgl. Wiegand, in: Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Kommentar, Stand 352. Aktualisierungslieferung, Februar 2015, § 16 LBG BW Rn. 17; Müller-Beck, Beamtenrecht in Baden-Württemberg, Band 1, Stand Dez. 2012, § 16 LBG Rn. 15). Zudem wird an öffentlichen Schulen weit weniger als ein Drittel der Lehrkräfte ohne Laufbahnbefähigung eingesetzt. Die von an Ersatzschulen tätigen Lehrkräften geforderte „Anstellungsfähigkeit“ geht über die Anstellungsfähigkeit an öffentlichen Schulen nicht hinaus. Insbesondere werden nicht nur die Lehrkräfte als dem Erfordernis der Anstellungsfähigkeit genügend angesehen, die über eine zur Lehrtätigkeit an beruflichen Schulen qualifizierende Zweite Staatsprüfung verfügen (einschließlich abgeschlossenem Lehramtsstudium oder als sog. „Seiteneinsteiger“ in den Vorbereitungsdienst), sondern auch sogenannte „Direkteinsteiger“ mit laufbahnqualifizierender Zusatzausbildung.
75 
Zur Bestimmung, in welchen Fächern ein Direkteinstieg zugelassen wird, ermittelt der Beklagte sogenannte „Mangelfächer“ und führt hierüber eine Liste, die jährlich aktualisiert und verteilt wird. Verbindlich ist nach dem Schreiben des Kultusministeriums vom 03.02.2015, Az. 23-6733.0/30 „Nachqualifizierung von Lehrkräften im Direkteinstieg an Privatschulen“ (von der Klägerin selbst vorgelegt in der Anlage BK25 zu ihrem Schriftsatz vom 24.03.2015) die ausführliche sogenannte „Positivliste“ (für das Einstellungsjahr 2014 vgl. das Schreiben des Kultusministeriums vom 21.07.2014, Az. 23-6733.0/25, Anlage 5 zum Schriftsatz des Beklagten vom 22.08.2014). Bei den entsprechenden Fächern besteht auch für die Privatschulen die Möglichkeit, den Bedarf an Lehrkräften wie bei öffentlichen Schulen über Direkteinsteiger mit entsprechender Nachqualifizierung abzudecken. Die in der Spalte „Direkteinstieg“ markierten Fächer - auch die für den Einzelfall genannten - sind grundsätzlich für einen Direkteinstieg an Privatschulen geöffnet. Soweit daneben im Internet das sogenannte Zulassungsraster veröffentlicht ist (für die Jahre bis 2014 von der Klägerin selbst vorgelegt in den Anlagen BK7 und BK13 zu ihrem Schriftsatz vom 12.06.2014, im Übrigen in der aktuellen Fassung abrufbar unter https://www.lehrer-online-bw.de/,Lde/Startseite/lobw/Direkteinstieg-Informationen), handelt es sich um eine vereinfachte, teils unvollständige, aber im hier interessierenden Zusammenhang nicht verbindliche Form der Liste. Dass sich der Bedarf der Privatschule an Lehrkräften im Hinblick auf „Mangelfächer“ in relevantem Umfang von dem einer vergleichbaren öffentlichen Schule unterscheidet, ist weder konkret dargelegt noch sonst ersichtlich, zumal alle Schulträger ihren Personalbedarf auf einem einheitlichen Markt decken.
76 
Darüber hinaus werden bereits solche Lehrkräfte auf die geforderte 2/3-Quote angerechnet, die eine laufbahnqualifizierende Zusatzausbildung nach § 2 LVO-KM erst absolvieren. Ferner öffnet der Beklagte nicht nur - nach bestimmten Maßgaben - seine eigenen Nachqualifizierungsangebote den privaten Schulträgern (vgl. Stellungnahme des Kultusministerium an den Landtag vom 15.08.2012, LT-Drucks. 15/2160, S. 4; Schreiben des Kultusministerium vom 10.09.2012, Az. 21-6733.0/7 „Eckpunkte für die Zulassung von Privatschullehrkräften zu Schulungsmaßnahmen an den Staatlichen Seminaren für Didaktik und Lehrerbildung [Berufliche Schulen]“; Schreiben des Kultusministeriums vom 19.03.2013, Az. 21-6733.0/9 „Berechnungsschemata zur Ermittlung der Kosten für die Teilnahme von im Privatschuldienst stehenden Lehrkräften an den pädagogischen Schulungen für Direkteinsteiger und Direkteinsteigerinnen“; Schreiben des Kultusministeriums vom 24.02.2014, Az. 21-6733.0/22 „Teilnahme von im Privatschuldienst stehenden Lehrkräften an der pädagogischen Schulung für Direkteinsteigerinnen und Direkteinsteiger sowie an Aufstiegslehrgängen“ [Aktualisierung und Ergänzung der Berechnungsschemata vom 19.03.2013]). Vielmehr besteht die Möglichkeit, eigene Konzepte zur Nachqualifizierung von Lehrkräften, die in Mangelfächern unterrichten sollen, genehmigen zu lassen, und die Umsetzung in privater Hand vorzunehmen beziehungsweise vornehmen zu lassen (vgl. Schreiben des Kultusministeriums vom 21.01.2014 „Nachqualifizierung von Lehrkräften“, Az. 21-6733.0/18, Anlage BK9 zum Schriftsatz der Klägerin vom 12.06.2014; Genehmigung des Konzepts zur Nachqualifizierung mit Schreiben des Kultusministeriums vom 05.06.2014 an die mit der Klägerin in Verbindung stehende Verwaltungsgesellschaft, Az. 23-6710.5/892, Anlage BK12 zum Schriftsatz der Klägerin vom 12.06.2014). Es findet lediglich eine - gebührenpflichtige - Überprüfung durch das Regierungspräsidium statt, indem sich die nachgeschulten Lehrkräfte im Rahmen eines Unterrichtsbesuches bewerten lassen müssen.
77 
Bei einem solchen Verständnis der Anforderung an die Qualifikation von an privaten Ersatzschulen tätigen Lehrkräften kann in der geforderten „Anstellungsfähigkeit“ kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gesehen werden. Die aktuelle Auslegung der in Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VVPSchG enthaltenen Anforderungen an die Qualifikation von Lehrkräften erfolgt auch landesweit einheitlich. Damit liegt eine allgemeine Änderung der Verwaltungspraxis vor. Ihr gegenüber kann die Klägerin schon deshalb keinen aus dem früheren Verhalten des Beklagten herrührenden Vertrauensschutz geltend machen, weil diese Änderung lediglich auf einer Neuinterpretation einer unverändert bestehen bleibenden Norm beruht. Schützenswertes Vertrauen in eine bestimmte Form der Normanwendung ist indes nicht anzuerkennen (vgl. Senatsurteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O.). Im Übrigen ist der Klägerin die Praxis der 2/3-Quote inzwischen seit mehreren Jahren bekannt.
78 
Der allein auf der Ebene der Normumsetzung berücksichtigungsfähige (vgl. oben 2., auch zur Abgrenzung von der Rechtmäßigkeit der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz sowie von § 10 PSchG) Einwand der Klägerin, das Gebot der Anstellungsfähigkeit beziehungsweise der „Gleichartigkeit“ sei missbräuchlich, weil der Erwerb der Laufbahnfähigkeit für Ersatzschullehrer nicht möglich sei beziehungsweise der Beklagte eine Versorgung der Privatschulen mit derart „anstellungsfähigen“ Lehrern nicht ermögliche, ist zurückzuweisen. Unabhängig von dem bereits oben (2.) geäußerten Zweifel, ob ein mögliches Defizit im Angebot des Beklagten, die privaten Schulen mit anstellungsfähigen Lehrern zu versorgen, überhaupt zum Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens gehört, trifft es nicht zu, dass die Klägerin unzumutbaren Erschwernissen ausgesetzt ist, wenn sie die vom Beklagten für eine Anerkennung geforderte Zwei-Drittel-Vorgabe erfüllen will. Wie bereits oben näher dargestellt, gibt es vielfältige Möglichkeiten, die Anstellungsfähigkeit im öffentlichen Schuldienst zu erlangen. Neben der Absolvierung eines grundständigen Lehramtsstudiums mit anschließendem Vorbereitungsdienst und Zweiter Staatsprüfung für das der Schulart entsprechende jeweilige Lehramt kommt vor allem ein sogenannter Seiteneinstieg durch Eintritt in den Vorbereitungsdienst ohne Lehramtsstudium in Betracht, wenn ein geeigneter universitärer oder gleichwertiger Abschluss vorliegt. Daneben ist hervorzuheben, dass es in Mangelfächern die Möglichkeit des sogenannten Direkteinstiegs gibt, bei dem auch auf das Durchlaufen des Vorbereitungsdienstes und die Zweite Staatsprüfung verzichtet wird und stattdessen lediglich eine pädagogische Nachqualifizierung stattfindet. Für die Privatschulen existieren darüber hinaus noch die oben skizzierten Erleichterungen.
79 
Daneben kann dem Schriftsatz der Klägerin vom 24.03.2015 einschließlich der Anlage BK21 entnommen werden, dass sie bezogen auf die von ihr betriebenen beruflichen Schulen mittlerweile in erheblichem Umfang Lehrpersonal eingestellt hat, das über die Anstellungsfähigkeit im vorgenannten Sinne verfügt. Auch das spricht gegen die Richtigkeit der Behauptung, es sei unmöglich, die gegenständlichen Vorgaben zu erfüllen.
80 
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jeder Ersatzschulträger zur Gewährleistung seines Schulbetriebs eine angemessene Eigenleistung erbringen muss und nicht etwa vom allgemeinen unternehmerischen Risiko, insbesondere im Wettbewerb mit anderen privaten Schulen und auch mit vergleichbar ausgestatteten öffentlichen Schulen, freizustellen ist (vgl. im Zusammenhang mit der finanziellen Förderung von Privatschulen: BVerfG, Urteil vom 08.04.1987 - 1 BvL 8/84, 1 BvL 11 BvL 16/84 -, BVerfGE 75, 40, 68 = juris Rn. 91; zur Wettbewerbslage zwischen Privat- und öffentlichen Schulen ferner Beschluss vom 14.11.1969 - 1 BvL 24/64 -, a.a.O., 208; Urteil vom 06.12.1972 - 1 BvR 230/70, 1 BvR 95/71 -, BVerfGE 34, 165; Beschluss vom 23.11.2004 - 1 BvL 6/99 -, BVerfGE 112, 74). Die Privatschulen werden dabei von staatlicher Seite bei der Gewinnung von qualifizierten Lehrkräften auf verschiedene Weise rechtlich und tatsächlich unterstützt. Dies beginnt damit, dass examinierte Lehrkräfte an den öffentlichen Hochschulen und im Vorbereitungsdienst nicht allein für den eigenen Bedarf der öffentlichen Schulen ausgebildet werden, sondern am Personalmarkt von Privatschulen frei rekrutiert werden können. Nach § 11 Satz 1 PSchG können Lehrer an öffentlichen Schulen zudem für eine Gesamtdauer bis zu fünfzehn Jahren zur Dienstleistung an Ersatzschulen und an Freien Waldorfschulen (Einheitliche Volks- und Höhere Schulen) im Lande beurlaubt werden (vgl. zu den dienstrechtlichen Verflechtungen mit dem öffentlichen Schulwesen: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.11.2008 - 4 S 141/06 -, juris Rn. 19 ff.; Beschluss vom 16.12.2009 - 4 S 2217/08 -, juris Rn. 24). Die Beurlaubung kann auf Antrag verlängert werden (§ 11 Satz 2 PSchG). Die Zeit, während der ein beurlaubter Lehrer an einer Ersatzschule im Lande tätig ist, ist bezüglich der Ruhegehaltsfähigkeit einer Tätigkeit im Landesdienst gleichzuachten (§ 11 Satz 3 PSchG). Die an Ersatzschulen verbrachten Dienstzeiten werden bei Einstellung eines Lehrers, eines Schulleiters und eines Heimleiters in den Landesdienst auf die ruhegehaltsfähige Dienstzeit wie bei einer Verwendung als Beamter im Landesdienst angerechnet (§ 12 PSchG). Nach Maßgabe von § 19 PSchG erhalten die als Ersatzschulen staatlich anerkannten Schulen, die den Versorgungsaufwand ihrer Lehrer und deren Hinterbliebenen übernehmen, nach Eintritt des Versorgungsfalles auf Antrag einen Zuschuss des Landes (vgl. Senatsurteile vom 27.05.1986 - 9 S 2951/84 - und vom 12.06.1986 - 9 S 265/86 -; VG Karlsruhe, Urteil vom 24.11.2005 - 6 K 769/03 -, juris). Unter den Voraussetzungen des § 20 PSchG können Lehrer an Ersatzschulen, welche die beamtenrechtlichen Voraussetzungen für die lebenslängliche Anstellung an öffentlichen Schulen erfüllen, das Recht erhalten, die der Amtsbezeichnung eines vergleichbaren Lehrers im öffentlichen Dienst entsprechende Bezeichnung zu führen (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 26.11.2004 - 10 K 3434/03 -, juris). Mit letzterer Bestimmung wird zugleich deutlich, dass für den Gesetzgeber die beamtenrechtliche Anstellungsfähigkeit von Lehrern auch bei Privatschulen eine besondere Bedeutung hat. Im Zusammenhang mit dem von der Privatschule grundsätzlich zu tragenden unternehmerischen Risiko ist schließlich zu berücksichtigen, dass eine genehmigte Privatschule mit der staatlichen Anerkennung auch einen erheblichen Wettbewerbsvorteil erlangt.
81 
Soweit die Klägerin beanstandet, es gebe keine genauen Zahlen dazu, wie hoch die Quote der Lehrer im öffentlichen Schuldienst sei, die ohne eine Laufbahnbefähigung unterrichteten, weckt sie damit keine rechtlichen Bedenken gegen die bestehende Verwaltungspraxis. Unter Berücksichtigung der vielfältigen Möglichkeiten, sich nach geltendem Recht für den Lehrerberuf im öffentlichen Dienst zu qualifizieren (neben dem Aufbau auf einem Lehramtsstudium vor allem auch Seiteneinstieg und Direkteinstieg), bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte außerhalb des so gesetzten, bereits weit gefassten Rahmens der „Anstellungsfähigkeit“ noch in einem hier bedeutsamen Umfang zusätzliche Lehrer beschäftigt. Der Beklagte hat auf seinen Schriftsatz vom 17.04.2014 im Verfahren 9 S 520/14 verwiesen, in dem er ausgeführt hat, im Bereich des Regierungspräsidiums Tübingen würden im beruflichen Schulwesen 4.080 Lehrkräfte beschäftigt, wovon 295 sogenannte „Nichterfüller“ (7,23 %) seien. Mit Nichterfüllern sind Lehrkräfte gemeint, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen des Landes für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht erfüllen (vgl. Nr. 1.2 der Richtlinien des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte des Landes ERL - vom 27.01.2012). Dafür, dass der Beklagte bei eigenen Lehrkräften im Übermaß auf die rechtlichen Voraussetzungen der Anstellungsfähigkeit verzichtet, liefern diese Zahlen keinen Anhaltspunkt.
82 
Auch soweit es um die Zulassung von „Spezialisten“ im öffentlichen Schuldienst geht, ergeben sich keine Bedenken in dieser Hinsicht. Als „Spezialisten“ (vgl. dazu bereits den Erlass des Kultusministeriums vom 24.05.2012 - 24-6460.3/29, S. 3) kommen im öffentlichen Schuldienst zum Beispiel Apotheker zum Einsatz, die im Berufskolleg für pharmazeutisch-technische Assistenten bestimmte praxisbezogene Inhalte vermitteln (vgl. etwa Schriftsatz des Beklagten vom 25.02.2014 im Verfahren 4 K 118/14, S. 2). Dass die Zahl solcher Spezialisten auch nur annähernd eine für die 2/3-Quote relevante Größenordnung erreichen könnte, ist fernliegend.
83 
Dieser Befund wird auch nicht durch das Vorbringen der Klägerin (etwa im Verfahren 9 S 2362/14, Schriftsatz vom 09.01.2015, S. 2) in Frage gestellt, mit dem sie für die Anstellungspraxis des Beklagten auf die Statistik der KMK (Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland) vom 11.04.2014 „Einstellung von Lehrkräften 2013“ verweist. Danach entfielen von den 142 Direkteinsteigern im Dienste des Beklagten 132 auf berufliche Fächer. Bei 513 „regulären Einsteigern“ im Bereich „Berufliche Schulen, Sekundarbereich II (berufliche Fächer)“ betrage die Quote der Direkteinsteiger bei den Neueinstellungen des Landes auf dem bezeichneten Gebiet somit 27 %. Für das Begehren der Klägerin ergibt sich daraus allerdings nichts, denn zum einen werden - wie bereits ausgeführt - auch Direkteinsteiger im Sinne der 2/3-Quote als anstellungsfähig behandelt. Soweit die Lehrkräfte der Klägerin die Voraussetzungen des Direkteinstiegs erfüllen, werden sie ihr somit als zur Erfüllung der Quote geeignet zugutegehalten. Nur soweit die Klägerin Lehrkräfte beschäftigt, die weder direkteinstiegsfähig noch auf andere Weise anstellungsfähig sind, kann sie die 2/3-Quote verfehlen. Zum anderen bliebe unabhängig davon ein Anteil von 27 %, selbst wenn es sich stattdessen - wie die Klägerin wohl unter Verkennung der zutreffenden Bedeutung meint - um den Anteil „nicht anstellungsfähiger“ Lehrkräfte im öffentlichen Schuldienst handeln würde, noch deutlich unter dem Ansatz von einem Drittel, der bei privaten Ersatzschulen, die ihre Anerkennung begehren, hingenommen wird.
84 
Die Klägerin argumentiert weiter, die Praxis, die Anstellungsfähigkeit nach den Vorgaben der LVO-KM zu beurteilen, sei jedenfalls insoweit nicht haltbar, als es um Lehrkräfte gehe, die bereits vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung (10.01.2012) eingestellt worden seien. Diese müssten - vor allem aus Gründen des Vertrauensschutzes und zur Vermeidung einer unzulässigen Rückwirkung - sämtlich als anstellungsfähig behandelt werden. Auch diesem Einwand, den der Senat bereits in mehreren Beschwerdeverfahren der Klägerin zurückgewiesen hat (vgl. Beschlüsse vom 24.04.2014 - 9 S 519, 520, 521, 522, 523/14 -), kann nicht gefolgt werden. Er beruht teils schon auf einer falschen Annahme zur früheren Rechtslage, ist aber auch sonst nicht überzeugend.
85 
Die Klägerin behauptet, die vor Inkrafttreten der LVO-KM gültige Verordnung der Landesregierung über die Laufbahnen der Beamten und Richter im Lande Baden-Württemberg vom 28.08.1991 (GBl. S. 577, zuletzt geändert durch Gesetz vom 30.11.2010, GBl. S. 989 - Landeslaufbahnverordnung - LVO) habe für Lehrer an beruflichen Schulen noch keinen „Direkteinstieg“ vorgesehen und habe daher keine Rechtsgrundlage für die schon vor Erlass der LVO-KM verbreitete Praxis des „Direkteinstiegs“ geboten. Die vom Land unter Geltung des früheren Rechts eingestellten Lehrkräfte blieben aber im Dienst, denn die LVO-KM habe keine Rückwirkung. Im Sinne der Gleichbehandlung müsse es ihr gestattet sein, ihre ebenfalls vor dem Erlass der LVO-KM angestellten Lehrkräfte weiterhin beschäftigen zu können. Damit kann die Klägerin nicht durchdringen. Die von ihr aufgeworfene Problematik der Ungleichbehandlung beziehungsweise des Vertrauensschutzes würde sich überhaupt allenfalls dann stellen, wenn auch die behauptete Annahme zuträfe, dass ihre Schule bei unterstellter Fortgeltung des alten Rechtsstands, das heißt der Rechtslage vor Erlass der LVO-KM, die Voraussetzungen für die Verleihung der Eigenschaft einer anerkannten Ersatzschule (zumindest) mittlerweile erfüllt hätte. Dies ist aber nicht der Fall. Damit kann auch nicht angenommen werden, dass nachträglich die Aussicht auf eine bevorstehende Anerkennung entwertet wurde beziehungsweise eine im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG bedeutsame Benachteiligung gegenüber anderen Schulträgern in Betracht kommt.
86 
Dem Erlass der LVO-KM kommt nicht die Bedeutung zu, die die Klägerin ihm beimisst. Wie bereits dargestellt, verweist § 10 Abs. 1 PSchG als maßgebliche Anerkennungsvoraussetzung ausdrücklich auf die aufgrund des Gesetzes an entsprechende öffentliche Schulen gestellten Anforderungen. Diese ergeben sich aus dem Schulgesetz, den Ermächtigungsgrundlagen des Landesbeamtengesetzes und den darauf beruhenden Rechtsverordnungen (Urteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O.). Die danach ausschlaggebende Rechtslage bestand grundsätzlich auch bereits vor dem Erlass der LVO-KM. Die APrObSchhd mit den maßgeblichen Vorschriften datiert aus dem Jahre 2004, die Vorgängerregelungen (§§ 14 ff., § 25 Abs. 1 der APrObSchhd vom 31.08.1984, GBl. S. 584) unterschieden sich inhaltlich in den hier bedeutsamen Aussagen ebenfalls nicht von dem heutigen Rechtsstand. Die LVO-KM hat lediglich insoweit Neuerungen gebracht, als sie nunmehr besondere Regelungen vorsieht für den Fall, dass die Befähigung für eine Lehrerlaufbahn anstelle des Vorbereitungsdienstes über eine mindestens dreijährige Berufstätigkeit erworben werden soll (vgl. § 1 Abs. 4 LVO-KM) beziehungsweise für den Fall, dass die Laufbahnbefähigung durch eine laufbahnqualifizierende Zusatzausbildung erlangt werden soll (vgl. § 2 LVO-KM) (vgl. Urteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O.). Die zum 31.12.2010 außer Kraft getretene LVO aus dem Jahre 1991 sah dergleichen nicht vor. Gleichwohl haben sich mit dem Erlass der LVO-KM die Anforderungen an die Ausbildung der Lehrkräfte nicht in einem Maße verändert, dass dies nunmehr das Verständnis von § 10 PSchG oder Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VVPSchG neu prägt. Wie der Beklagte nachvollziehbar ausgeführt hat, gab es bereits in früherer Zeit eine rechtliche Grundlage für den Direkteinstieg von Lehrkräften. Danach wurde die Befähigung für die Laufbahn des gehobenen Lehramts an Berufs- und Berufsfachschulen der gewerblich-technischen Richtung beziehungsweise des höheren Schuldienstes an beruflichen Schulen im Wege eines Beschlusses des Landespersonalausschusses gemäß § 31 LBG a.F. denjenigen Bewerbern zuerkannt, die die in dem Beschluss Nr. 317/2008 (höherer Schuldienst) beziehungsweise Nr. 318/2008 (gehobenes Lehramt) vom 10.12.2008 des Landespersonalausschusses aufgeführten Voraussetzungen erfüllten. Soweit die Klägerin meint, die Beschlüsse vom 10.12.2008 hätten nur Geltung für die Fachrichtungen Pflege und Pädagogik, übersieht sie, dass sich allein die Befristung in Nr. 2 der Beschlüsse auf diese Fachrichtungen beschränkt, während sie im Übrigen auch auf andere Fachrichtungen anwendbar sind (vgl. zum Ganzen bereits Senatsbeschlüsse vom 24.04.2014 - 9 S 519, 520, 521, 522, 523/14 -). Die Beschlüsse Nr. 317/2008 und Nr. 318/2008 vom 10.12.2008 hatten ihrerseits mit den Beschlüssen Nr. 127/2004 und Nr. 128/2004 vom 09.06.2004 des Landespersonalausschusses bereits entsprechende Vorgängerregelungen (die wiederum an frühere Beschlüsse, Nr. 235/2001 und Nr. 236/2001 vom 17.10.2001, anknüpfen). Der sogenannte Direkteinstieg wurde somit - auf anderen Grundlagen - in weitgehend gleicher Form bereits seit Langem praktiziert. Dass dies unter Umständen nicht für andere Bildungsgänge als die in den zitierten Beschlüssen des Landespersonalausschusses genannten gegolten haben mag, bewirkt unabhängig davon keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber anderen Schulträgern und auch keine verbotene Rückwirkung. Gerade wenn es in manchen Bildungsgängen früher keinen Direkteinstieg an öffentlichen Schulen gegeben haben sollte, konnte die Klägerin nicht erwarten, dass sie insoweit im Rahmen der erstrebten Anerkennung ihrer Schule von derartigen Erleichterungen bei der Lehrerrekrutierung würde profitieren können. Selbst wenn in früherer Zeit Formen des Direkteinstiegs an öffentlichen Schulen darüber hinaus rechtswidrig praktiziert worden sein sollten, könnte die Klägerin daraus schließlich für sich nichts herleiten.
87 
b) Die an der streitgegenständlichen Schule unterrichtenden Lehrer besitzen nicht in der Regel die Anstellungsfähigkeit für das ihrer Tätigkeit entsprechende Lehramt an öffentlichen Schulen (Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 VVPSchG).
88 
Die Klägerin gibt selbst an, an der streitgegenständlichen Schule unterrichteten insgesamt zehn (bzw. nach Ausscheiden der Lehrkraft ... - gemäß der Anlage BK21a zum Schriftsatz der Klägerin vom 24.03.2015 - zum 23.03.2015 noch neun) Lehrkräfte. Davon verfügten (nur) drei (..., ... und ...) über das Zweite Staatsexamen. Zwei weitere Lehrkräfte (... und ..., wobei für letztere noch kein Bescheid vorliege) werden als direkteinstiegsfähig betrachtet (vgl. zum Ganzen die Tabelle in Anlage BK21 zum Schriftsatz der Klägerin vom 24.03.2015). Selbst wenn man die Angaben der Klägerin als zutreffend unterstellt, haben somit nicht 2/3 der Lehrkräfte die Anstellungsfähigkeit im Sinne des oben genannten Maßstabes. Maximal könnten fünf von zehn (bzw. von neun) Lehrkräften anstellungsfähig sein.
89 
c) Auf die Voraussetzung der Anstellungsfähigkeit für das der Tätigkeit entsprechende Lehramt an öffentlichen Schulen „in der Regel“ kann auch nicht aufgrund besonderer Gegebenheiten der streitgegenständlichen Privatschule in einem solchen Umfang verzichtet werden, dass der Schule die Anerkennung aufgrund von Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f Satz 2 VVPSchG verliehen werden könnte.
90 
Die Annahme der Klägerin, bei allen Lehrkräften mit Ausnahme der Fächer Deutsch, Englisch, Mathematik und Wirtschaft/Soziales handele es sich um „Spezialisten“, weil in allen berufsbezogenen Fächer keine Lehramtsausbildung existiere, geht fehl. Soweit in berufsbezogenen Fächern ein Direkteinstieg möglich ist, werden die entsprechenden Lehrkräfte auf die Quote angerechnet und fehlt die Notwendigkeit einer Ausnahme. Bei vergleichbaren Bildungsgängen an öffentlichen Schulen wird der Bedarf an Lehrkräften - jedenfalls ganz überwiegend - mit „anstellungsfähigem“ Personal gedeckt. Auch der konkrete Bildungsgang, um den es der Klägerin hier geht, wird - wie die Klägerin selbst nicht in Abrede gestellt hat und es sich auch der Datenbank „Berufliche Schulen in Baden-Württemberg“ (vgl. abrufbar unter http://www.rgs.vs.bw.schule.de/rp-statistik/index.php) entnehmen lässt - von mehreren öffentlichen Schulen im Land abgedeckt. Im Übrigen verfügen bei der Klägerin auf der Grundlage der von ihr vorgelegten Listen (Anlage BK21 zum Schriftsatz vom 24.03.2015) selbst ihre Lehrkräfte in nicht berufsbezogenen Fächern zum Teil nicht über die Anstellungsfähigkeit.
91 
4. Auf die Frage, ob die Anerkennung auch an dem fehlenden Religionsunterricht scheitern müsste (vgl. dazu einerseits Andrä, in: Ebert, a.a.O., § 96 SchG Rn. 4; andererseits Gayer, a.a.O., § 5 PSchG Rn. 2 und § 10 PSchG Rn. 4, sowie Lambert/Müller/Sutor, Schulrecht Baden-Württemberg, Stand September 2014/2009.07, § 96 SchG Anm. 3), kommt es ebenso wenig an wie auf die vom Verwaltungsgericht thematisierte wirtschaftliche und rechtliche Sicherung der Lehrkräfte. Jedenfalls die Letztere dürfte allerdings in dem auf die Anerkennung einer bereits genehmigten Ersatzschule gerichteten Verfahren nicht zu hinterfragen sein, da die genügende Sicherung der wirtschaftlichen und rechtlichen Stellung der Lehrkräfte bereits eine Genehmigungsvoraussetzung war (§ 6 Abs. 2 PSchG; zu der der Genehmigung als Verwaltungsakt innewohnenden Selbstbindungs- bzw. Tatbestandswirkung vgl. Baumeister, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl. 2014, § 43 Rn. 15; Henneke, in Knack/Henneke, VwVfG, 10. Aufl. 2014, Vorbem. zu § 35, Rn. 48 ff., jeweils m.w.N.).
II.
92 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
93 
Beschluss vom 26. März 2015
94 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 30.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 38.2 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2013, VBlBW 2014, Sonderbeilage zu Heft 1).
95 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
I.
42 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Verpflichtung des Beklagten, ihrer hier streitgegenständlichen Schule die Eigenschaft einer anerkannten Ersatzschule zu verleihen oder ihren Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Denn die Schule der Klägerin erfüllt die nach § 10 Abs. 1 PSchG und Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 VVPSchG gestellten Anforderungen nicht.
43 
1. Für die gerichtliche Prüfung des Begehrens der Klägerin ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat maßgeblich. Denn der behauptete Anspruch kann nur zugesprochen werden, wenn die Voraussetzungen hierfür aktuell vorliegen (vgl. auch Senatsurteil vom 12.08.2014 - 9 S 1722/13 -, juris, m.w.N.).
44 
Einen verfassungsunmittelbar verbürgten Anspruch aus Art. 7 Abs. 4 GG auf Anerkennung einer Ersatzschule gibt es nicht. Vielmehr kann der Landesgesetzgeber die Erteilung der Anerkennung von besonderen, über die Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG hinausgehenden Bedingungen abhängig machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.01.2013 - 6 C 6.12 -, BVerwGE 145, 333; Senatsurteil vom 23.10.2012 - 9 S 2188/11 -, juris). Die Anerkennungsvoraussetzungen sind daher dem Landesrecht zu entnehmen.
45 
Gemäß § 10 Abs. 1 PSchG verleiht die obere Schulaufsichtsbehörde - das Regierungspräsidium (vgl. § 34 Abs. 1 SchG) - einer Ersatzschule, welche die Gewähr dafür bietet, dass sie dauernd die aufgrund des Gesetzes an entsprechende öffentliche Schulen beziehungsweise an Schulen im Sinne des § 3 Abs. 2 PSchG gestellten Anforderungen erfüllt, die Eigenschaft einer anerkannten Ersatzschule. Mit der Anerkennung erhält die Ersatzschule nach § 10 Abs. 2 Satz 1 PSchG das Recht, nach den allgemein für öffentliche Schulen beziehungsweise für Schulen im Sinne des § 3 Abs. 2 PSchG geltenden Vorschriften Prüfungen abzuhalten und Zeugnisse zu erteilen.
46 
Nach Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz (VVPSchG) in der Fassung vom 20.07.1971 (GBl. S. 346), zuletzt geändert durch Art. 53 des Gesetzes vom 01.07.2004 (GBl. S. 469, 502), werden die gestellten Anforderungen unbeschadet der Vorschriften des § 5 Abs. 2 PSchG von einer Ersatzschule im Sinne des § 3 Abs. 1 PSchG erfüllt, wenn
47 
a) dem Unterricht ein von der Schulaufsichtsbehörde genehmigter Lehrplan zugrunde liegt;
b) das Lehrziel der entsprechenden öffentlichen Schule erreicht wird;
c) der Übertritt eines Schülers von der Ersatzschule an die entsprechende öffentliche Schule und umgekehrt ohne besondere Schwierigkeiten möglich ist;
d) die für die entsprechenden öffentlichen Schulen geltenden Aufnahme- und Versetzungsbestimmungen angewendet werden;
e) der Leiter der Schule die für seine Aufgabe erforderliche wissenschaftliche und pädagogische Eignung besitzt;
f) die Lehrer in der Regel die Anstellungsfähigkeit für das ihrer Tätigkeit entsprechende Lehramt an öffentlichen Schulen besitzen. Auf diese Voraussetzung kann in einem den besonderen Gegebenheiten der betreffenden Privatschule angemessenem Umfang verzichtet werden.
48 
Nummer 12 Abs. 2 Satz 1 VVPSchG zufolge muss die Ersatzschule die gestellten Anforderungen grundsätzlich drei Jahre erfüllt haben, bevor angenommen werden kann, dass die Schule diese Anforderungen auf die Dauer erfüllt.
49 
Zeugnisse der anerkannten Ersatzschulen und Prüfungen, die an diesen Schulen nach den für die entsprechenden öffentlichen Schulen geltenden Prüfungsordnungen abgelegt werden, stehen den entsprechenden Zeugnissen und Prüfungen der öffentlichen Schulen gleich (Nummer 12 Abs. 4 VVPSchG).
50 
2. Diese Regelungen begegnen weder in formeller noch in materieller Hinsicht rechtlichen Bedenken. An der hierfür bereits mit den Urteilen vom 23.10.2012 - 9 S 2188/11 -, a.a.O., und vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, juris = VBlBW 2014, 457, gegebenen, ausführlichen Begründung hält der Senat fest und ergänzt sie aus Anlass des Vorbringens der Klägerin.
51 
a) Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und Abs. 4 VVPSchG beruht auf einer hinreichenden Rechtsgrundlage und hält sich in deren Grenzen.
52 
Bei der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz handelt es sich nicht um eine Verwaltungsvorschrift, sondern um eine Rechtsverordnung (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.11.1983 - 7 C 114.81 -, BVerwGE 68, 185; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 27.05.1981 - XI 3377/78 - und vom 12.06.1986 - 9 S 265/86 -; Gayer, in: Ebert, Schulrecht Baden-Württemberg, 2013, § 5 PSchG Rn. 1). Dies ergibt sich mittlerweile bereits aus der Überschrift der Norm. Bis zum 31.12.2004 hatte die Überschrift noch „Vorschriften zum Vollzug des Privatschulgesetzes“ gelautet. Allerdings wurden die Ursprungsfassung der Norm sowie alle Folgeänderungen im Gesetzblatt des Landes veröffentlicht (vgl. Art. 63 Abs. 2 LV) (vgl. Senatsurteile vom 23.10.2012 - 9 S 2188/11 -, a.a.O., Rn. 33, und vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O., Rn. 36). Soweit die Klägerin die Rechtsqualität der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz erneut in Frage stellt, sieht der Senat keinen Anlass, seine bisherige Rechtsauffassung zu ändern.
53 
Die Grenzen der zugrundeliegenden Ermächtigung sind auch insoweit gewahrt, als nach Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VVPSchG die Lehrer in der Regel die Anstellungsfähigkeit für das ihrer Tätigkeit entsprechende Lehramt an öffentlichen Schulen besitzen müssen, während auf diese Voraussetzung in einem den besonderen Gegebenheiten der betreffenden Privatschule angemessenem Umfang verzichtet werden kann. Diese Regelung präzisiert - wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O., Rn. 39 ff.) - in zulässiger Weise eine Anforderung im Sinne des § 10 Abs. 1 PSchG.
54 
Denn § 10 Abs. 1 PSchG verweist als maßgebliche Anerkennungsvoraussetzung bereits selbst ausdrücklich auf die aufgrund des Gesetzes an entsprechende öffentliche Schulen gestellten Anforderungen. Diese ergeben sich aus dem Schulgesetz, den Ermächtigungsgrundlagen des Landesbeamtengesetzes und den darauf beruhenden Rechtsverordnungen.
55 
Die hier in Rede stehende Berufsfachschule entspricht der in § 11 SchG näher ausgeführten Schulart (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 4 SchG) Berufsfachschule. Die Anforderungen an die Ausbildung der an einer Berufsfachschule nach § 11 SchG tätigen Lehrkräfte folgt aus § 15 Abs. 4 und § 16 Abs. 2 LBG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und Abs. 4 LVO-KM und (bislang) der APrObSchhD. Die APrObSchhD galt zwar nach der Übergangsregelung in Art. 62 § 1 Abs. 3 des Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Dienstrechtsreformgesetz vom 09.11.2010, GBl. S. 793, - DRG -) als eine aufgrund von § 18 Abs. 2 und 3 LBG a.F. erlassene Ausbildungs- und Prüfungsordnung formal nur noch bis zum 31.12.2014 fort, ist jedoch mangels abweichender Neuregelung weiterhin zugrunde zu legen. Dass nach wie vor keine anderen Maßgaben herangezogen werden können, wird durch die Begründung des Dienstrechtsreformgesetzes gestützt, denn dort heißt es, die bestehenden laufbahnrechtlichen Vorschriften der Ministerien, die aufgrund von § 18 Abs. 2 und 3 LBG erlassen worden seien, müssten an die neuen laufbahnrechtlichen Bestimmungen angepasst werden. Die bisherigen Vorschriften sollten für einen Übergangszeitraum weitergelten, auf eine redaktionelle Anpassung dieser Vorschriften im Rahmen dieses Artikelgesetzes solle verzichtet werden (vgl. LT-Drucks. 14/6694, S. 606). Dies zeigt, dass nach dem Willen des Landesgesetzgebers materielle Änderungen nicht angestoßen werden sollten. Es ist auch bis heute nicht ersichtlich, dass mehr als bloß redaktionelle Anpassungen an das neue Beamtenrecht für die Zukunft vorgesehen sind (vgl. auch die im GBl. 2014 S. 623 ff. veröffentlichten neuen Prüfungsordnungen betreffend andere Schularten sowie die aktuelle Auflistung des Landeslehrerprüfungsamtes unter http://www.llpa-bw.de/,Lde/832032). Danach wird die Befähigung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an beruflichen Schulen grundsätzlich durch einen entsprechenden Studienabschluss (vgl. § 2 APrObSchhD) und das erfolgreiche Absolvieren eines Vorbereitungsdienstes (§ 1, §§ 4 ff., §§ 10 ff. APrObSchhd) nebst Zweiter Staatsprüfung als Abschlussprüfung (vgl. §§ 14 ff., § 28 Abs. 1 APrObSchhD) erworben, wobei diese Zweite Staatsprüfung nach entsprechendem Vorbereitungsdienst auch in einem anderen Bundesland abgelegt werden kann (vgl. § 28 Abs. 5 APrObSchhD). Daneben bestehen besondere Regelungen für die Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise für Lehrerberufe, soweit diese in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz erworben wurden (vgl. § 1 der Verordnung des Kultusministeriums zur Umsetzung allgemeiner Regelungen zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise für Lehrerberufe vom 15.08.1996, GBl. S. 564, zuletzt geändert durch Art. 27 des Gesetzes vom 19.12.2013, GBl. 2014 S. 1, 44, - EU-EWR-Lehrerverordnung -), für den Fall, dass die Befähigung für eine Lehrerlaufbahn anstelle des Vorbereitungsdienstes über eine mindestens dreijährige Berufstätigkeit erworben werden soll (vgl. § 1 Abs. 4 LVO-KM) oder für den Fall, dass die Befähigung für eine Laufbahn als Technische Lehrkraft an beruflichen Schulen der gewerblichen, landwirtschaftlichen, kaufmännischen oder hauswirtschaftlichen Richtung durch eine laufbahnqualifizierende Zusatzausbildung erlangt werden soll (vgl. § 2 Abs. 2 und Abs. 3 LVO-KM). Insgesamt sind alle entscheidenden Voraussetzungen für eine Tätigkeit als Lehrer an beruflichen Schulen in Verordnungen geregelt, die sich auf Ermächtigungsgrundlagen des Landesbeamtengesetzes stützen. Ein Verstoß gegen den Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes ist nicht erkennbar (vgl. Senatsurteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O., Rn. 40).
56 
Dies gilt auch, soweit das Bundesverfassungsgericht den Gesetzesvorbehalt auf alle wesentlichen Entscheidungen im grundrechtsrelevanten Bereich erstreckt (vgl. dazu nur Huster/Rux, in: Epping/Hillgruber, Grundgesetz, 2. Aufl. 2013, Art. 20 Rn. 176, m.w.N.). Die in Nummer 12 Abs. 1 VVPSchG enthaltenen Voraussetzungen für die Anerkennung einer Ersatzschule sind nicht in dem Sinne „wesentlich“, dass sie allein dem Gesetzgeber vorbehalten wären. Zunächst betreffen sie das sogenannte „Berechtigungswesen“ und beeinträchtigen damit grundsätzlich nicht den Schutzbereich des Grundrechts der Privatschulfreiheit. Im Übrigen obliegt zwar die Ausgestaltung bestimmter privater Ersatzschulen als anerkannter Privatschulen dem Landesgesetzgeber (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.11.1969 - 1 BvL 24/64 -, BVerfGE 27, 195, Leitsatz). Dies bedeutet indes nicht, dass auch diese Ausgestaltung in allen Einzelheiten einem förmlichen Gesetz vorbehalten bliebe. Vielmehr reicht es auch nach der von der Klägerin angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Wahrung der rechtsstaatlich geforderten Normenklarheit aus, wenn anerkannte Ersatzschulen den „für öffentliche Schulen gegebenen Anordnungen“ unterworfen werden (zum Hessischen Privatschulgesetz BVerfG, Beschluss vom 14.11.1969 - 1 BvL 24/64 -, a.a.O., 210). Für die Formulierung der „an öffentliche Schulen gestellten Anforderungen“ in § 10 Abs. 3 PSchG kann nichts anderes gelten, so dass deren nähere Ausgestaltung dem Verordnungsgeber überlassen werden durfte (vgl. Senatsurteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O., Rn. 41).
57 
Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VVPSchG greift diese lehrerbezogenen Anerkennungsvoraussetzungen auf.
58 
Soweit die Klägerin meint, als Voraussetzung einer Anerkennung könnten nicht die gleichen Anforderungen an die Ausbildung der Lehrkräfte gestellt werden wie bei öffentlichen Schulen, weil nur bei Letzteren mit den Anforderungen zugleich der Erwerb des Beamtenstatus in Rede stehe, überzeugt das nicht. Weder die Tatsache, dass private Schulträger nicht an die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG gebunden sind noch diejenige, dass die Einstellung von Lehrern im Angestelltenverhältnis an öffentlichen Schulen mit dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG vereinbar sein mag (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19.09.2007 - 2 BvF 3/02 -, BVerfGE 119, 247, 267 = juris Rn. 65; Avenarius, in: Avenarius, Schulrecht, 8. Aufl. 2010, S. 611 ff.), berührt die legitime Zielsetzung, bei anerkannten Privatschulen eine besonders hohe Qualität des Lehrpersonals anzustreben. Dass dies im Wege der Anknüpfung an die Anstellungsfähigkeit an öffentlichen Schulen geschehen kann, hat der Senat bereits entschieden. Dass den Privatschulen keine Verbeamtung ihrer Lehrkräfte oder etwas Vergleichbares abverlangt wird, versteht sich von selbst. Weshalb nur die Schülerauswahl und die Versetzung, nicht aber die Qualifikation des Lehrpersonals der Sicherstellung des Leistungsstands dienen soll, vermag der Senat ebenfalls nicht nachzuvollziehen.
59 
Der Senat hat in seinem Urteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O., Rn. 42, ferner bereits dem Einwand, auch für eine Anerkennung nach § 10 Abs. 1 PSchG sei lediglich eine „Gleichwertigkeit“ der Lehrerausbildung zu fordern, eine Absage erteilt. An der hierfür gegebenen Begründung hält der Senat fest: Der Wortlaut der aktuellen Verordnungsermächtigung in § 23 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b PSchG ist schon deshalb unerheblich, weil die Vollzugsverordnung auf diese Ermächtigung nicht gestützt ist. Auch zur Interpretation des zum Erlass der Vollzugsverordnung ermächtigenden § 25 PSchG kann die Formulierung der „Gleichwertigkeit“ in § 23 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b PSchG nicht dienen. Zwar unterscheidet § 23 Satz 1 Nr. 1 PSchG in der Tat nicht zwischen Genehmigung und Anerkennung, indes stellt § 10 Abs. 1 PSchG an die Anerkennung eindeutig weitergehende Anforderungen, als sie für eine bloße Genehmigung nach § 5 PSchG ausreichen würden. Diese Unterscheidung setzt sich in Nummer 6 (betreffend die Genehmigung) einerseits und Nummer 12 (betreffend die Anerkennung) VVPSchG deutlich fort. Entscheidend für die Bestimmung von „Inhalt, Zweck und Ausmaß“ einer Ermächtigung (vgl. Art. 61 Abs. 1 Satz 2 LV) ist der erkennbare Wille des Gesetzgebers. Dieser hat sich seit Erlass der Vollzugsverordnung vom 20.07.1971, anders als in dem von der Klägerin hier erneut angeführten Fall (BVerwG, Urteil vom 06.10.1989 - 4 C 11.86 -, NJW 1990, 849), nicht geändert. Insbesondere hat das Verhältnis von Anforderungen an die Erteilung einer Genehmigung (§ 5 PSchG) zu weitergehenden, auf die Situation im staatlichen Schulwesen abhebenden Voraussetzungen für die Anerkennung von Ersatzschulen (§ 10 Abs. 1 PSchG) seit der Fassung der Privatschulgesetzes vom 14.05.1968, GBl. S. 223, keine Änderung erfahren. Der in § 10 Abs. 1 PSchG enthaltene Bezug zu „Anforderungen“, „die aufgrund des Gesetzes an entsprechende öffentliche Schulen … gestellt“ werden, verweist dabei allgemein auf die Gesetzeslage, wie sie von dem staatlichen öffentlichen Schulwesen angehörenden Schulen zu beachten sind, und nicht lediglich auf § 5 PSchG. Ein solcher „interner“ Verweis wäre gesetzestechnisch unsinnig, weil dadurch Unterschiede zwischen genehmigten und anerkannten Privatschulen aufgehoben würden, die nach der Systematik des Gesetzes gerade bestehen sollen (vgl. für den Bereich der Ergänzungsschulen entsprechend die Unterscheidung zwischen Anzeige, § 13 Abs. 2, und Genehmigung, § 15 PSchG). Außerdem verbietet sich ein solcher Verweis aus systematisch-logischen Gründen. Da § 10 Abs. 1 ebenso wie § 5 Abs. 1 PSchG klar zwischen „Ersatzschulen“ und „öffentlichen Schulen“ unterscheidet und gerade im Vergleich zu diesen zum einen die Anerkennung, zum anderen die Genehmigung von privaten Ersatzschulen regelt, kann der Hinweis auf die für „öffentliche Schulen“ bestehenden Anforderungen sich nur auf die allgemeine Gesetzeslage jenseits des Privatschulgesetzes beziehen. Die fehlende Differenzierung hinsichtlich der in § 23 Satz 1 Nr. 1 PSchG im selben Satz erfassten Genehmigung wie Anerkennung von privaten Ersatzschulen ist daher als bloße redaktionelle Ungenauigkeit anzusehen, die mittels des eine weitere Differenzierung ermöglichenden „insbesondere“ zu korrigieren ist. Die von der Klägerin vorgelegten Vorgänge aus der Normgebungsgeschichte, etwa über die Beratungen des Kulturpolitischen Ausschusses vom 25.04.1979 (Anlage BK6 zum Schriftsatz vom 28.04.2014, versehentlich datiert mit dem 31.03.2014), belegen nichts anderes.
60 
Soweit die Klägerin meint, durch das Gesetz zur Änderung des Privatschulgesetzes vom 16.01.1968 (GBl. S. 1) sei § 10 Abs. 1 PSchG so grundlegend verändert worden, dass Nummer 12 Abs. 1 Nr. 6 VVPSchG 1957 (= Nummer 12 Abs. 1 Buchst. f VVPSchG) obsolet geworden sei, kann ihr nicht gefolgt werden. Hiergegen spricht schon, dass die Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz vom Verordnungsgeber später mehrfach geändert und auch in der von der Klägerin genannten Bestimmung aufrechterhalten wurde.
61 
Das Argument, der Verordnungsgeber habe sich nicht über das Gesetz hinwegsetzen und ein Ermessen eröffnen können, das nach § 10 PSchG gar nicht bestehe, verfängt schon deshalb nicht, weil jedenfalls Nummer 12 Abs. 1 Buchst. f Satz 1 VVPSchG keine Ermessensvorschrift ist, sondern lediglich eine Anforderung im Sinne des § 10 Abs. 1 PSchG präzisiert. Soweit es in Nummer 12 Abs. 1 Buchst. f Satz 2 VVPSchG heißt, es „könne“ von der Voraussetzung des Satz 1 in einem den besonderen Gegebenheiten der betreffenden Privatschule angemessenem Umfang verzichtet werden, dient dies lediglich der Verstärkung des gesetzlichen Anspruchs auf Anerkennung einer Ersatzschule, ohne einen behördlichen Spielraum für den Fall einzuräumen, dass die Anerkennungsvoraussetzungen bereits vorliegen.
62 
Auch der Einwand, die Änderung einer Ermächtigungsnorm führe zum Erlöschen einer damit in Widerspruch stehenden Rechtsverordnung, trägt nicht, da ein solcher Widerspruch gar nicht besteht.
63 
b) Die genannten Regelungen der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz sowie die Regelungen in § 10 PSchG sind auch im Übrigen mit der Verfassung vereinbar.
64 
aa) Die in Nummer 12 Abs. 1 Buchst. f VVPSchG genannten Merkmale „Anstellungsfähigkeit“ und „in der Regel“ sind hinreichend bestimmt.
65 
Welche Anforderungen an die Ausbildung einer Lehrkraft bestehen, um an einer Berufsfachschule im Sinne von § 11 SchG anstellungsfähig zu sein, ergibt sich aus den bereits oben angesprochenen Normen des Schulgesetzes, des Landesbeamtengesetzes sowie den darauf beruhenden Rechtsverordnungen.
66 
Auch die Wendung, die Lehrer müssten „in der Regel“ die Anstellungsfähigkeit besitzen, ist nicht zu unbestimmt. Sie bringt zum Ausdruck, dass nur in Ausnahmefällen etwas anderes gelten kann (Regel-Ausnahme-Verhältnis). Diese einschränkende Klausel findet sich auch seit Langem in anderen Vorschriften des Schulrechts (§ 4 Abs. 2 Satz 1, § 8 Abs. 5 Nr. 1, § 10 Abs. 4, § 11 Satz 2, § 12 Satz 5, § 14 Satz 3, § 85 Abs. 3 Satz 1 SchG) und in mannigfaltigen sonstigen Regelungen, etwa im Ausländerrecht (z.B. § 5 AufenthG), im Baurecht (z.B. § 6 Abs. 4 Satz 2 BauGB), im Beamtenrecht (z.B. § 51 Abs. 1 Satz 2 BBG) oder im Gewerberecht (z.B. § 33c Abs. 2 Nr. 1 GewO). Aus anderen Zusammenhängen gibt es für den Terminus „in der Regel“ bereits eine gefestigte höchstrichterliche Auslegung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 3.08 -, NVwZ 2009, 1239 f., m.w.N., zu § 5 AufenthG: Ausnahmefall, wenn entweder besondere, atypische Umstände vorliegen, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen, oder das Absehen von der Regelvoraussetzung ist aus Gründen höherrangigen Rechts geboten). Bei der Übertragung einer solchen Auslegung auf andere Bereiche mag nach dem systematischen Zusammenhang, dem Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte (punktuell) auch ein großzügigeres Verständnis des Merkmals „in der Regel“ geboten sein (zu Nummer 12 Abs. 1 Buchst. f VVPSchG vgl. Gayer, in: Ebert, a.a.O., § 10 PSchG Rn. 4: Absehen „nur in begründeten Fällen bei einzelnen Lehrkräften“). Dass indes im vorliegenden Kontext mit der Anstellungsfähigkeit von Lehrern das Merkmal „in der Regel“ zu unbestimmt wäre, während es in anderen Vorschriften seit jeher einer Bestimmtheitsprüfung standhält, erschließt sich nicht, selbst wenn bei den sich hier gegenüberstehenden Vorschriften weiteren Aufschluss vermittelnde Materialien aus der Normgebungshistorie in sehr unterschiedlichem Maße zur Verfügung stehen mögen.
67 
bb) Dass die Regelungen der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz sowie die Regelungen in § 10 PSchG materiell mit der Verfassung vereinbar sind, hat der Senat bereits ausführlich begründet (Urteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O., Rn. 43 ff.).
68 
Das Institut der Anerkennung - und die mit ihm verbundenen finanziellen Vorteile - darf nach der Senatsrechtsprechung nicht dazu genutzt werden, die Ersatzschulen zur Anpassung an die öffentlichen Schulen in einem der Sache nach nicht gebotenen Umfang zu veranlassen oder unter Verletzung des Gleichheitsgebots einzelne Privatschulen gegenüber anderen Schulen zu benachteiligen. Sie dürfen nicht ohne sachlichen Grund zur Aufgabe ihrer Selbstbestimmung veranlasst werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.11.1969, a.a.O., 208 f.). Der Senat hält indes daran fest, dass die Regelungen der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz sowie § 10 PSchG diesem Gebot in vollem Umfang entsprechen. Aus Gründen der Qualitätssicherung ist es sachlich gerechtfertigt, wenn an die Lehrkräfte bei einer Ersatzschule, die die Verleihung der Anerkennung begehrt, in der hier vorgesehenen Weise höhere Anforderungen gestellt werden als bei einer bloß genehmigten Ersatzschule (unklar hingegen Niehues/Rux, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 1167 Fn. 492 und Rn. 1229: einerseits höhere Anforderungen statthaft, andererseits Quote von Lehrkräften mit Lehramtsstudium und Vorbereitungsdienst „fragwürdig“).
69 
Soweit die Klägerin meint, dies sei deshalb nicht der Fall, weil in Baden-Württemberg den Trägern anerkannter Ersatzschulen die Entscheidung über die Bildung der Prüfungsausschüsse vorenthalten sei (vgl. hierzu § 10 Abs. 2 Satz 2 PSchG, siehe ferner Art. 17 Abs. 3 LV), die Prüfung eine staatliche Aufgabe bleibe und damit im Unterschied zu anderen Bundesländern nicht einmal die Merkmale einer Beleihung vorlägen, folgt der Senat dem nicht. Mit der Verleihung der Eigenschaft einer anerkannten Ersatzschule geht auch in Baden-Württemberg einher, dass dem Schulträger hoheitliche Befugnisse verliehen werden und dieser in die Rechtsstellung eines Beliehenen einrückt. Denn mit der Anerkennung erhält die Ersatzschule das Recht, nach den allgemein für öffentliche Schulen beziehungsweise für Schulen im Sinne des § 3 Abs. 2 PSchG geltenden Vorschriften Prüfungen abzuhalten und Zeugnisse zu erteilen (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 PSchG). Damit nimmt der Schulträger funktional hoheitliche Aufgaben wahr (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.11.1983 - 7 C 114.81 -, a.a.O.; Senatsbeschluss vom 08.06.1990 - 9 S 998/90 -, BWVPr 1990, 205, Senatsurteile vom 31.01.1989 - 9 S 961/88 - und vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O., Rn. 44; Gayer, in: Ebert, a.a.O., § 10 PSchG Rn. 2 f.; Avenarius, in: Avenarius, a.a.O., S. 309 f.; Ehlers, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 27. Ergänzungslieferung Oktober 2014, § 40 Rn. 440; kritisch zur Beleihung Ogorek, DÖV 2010, 341, 346, m.w.N.). Dass dies nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil die Schulverwaltung über die Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse bestimmen kann, unterstreicht schon § 5 Abs. 2 der Vereinbarung der Unterrichtsverwaltungen der Länder in der Bundesrepublik Deutschland über das Privatschulwesen vom 10./11.08.1951 (abgedruckt bei Heckel, Deutsches Privatschulrecht, 1955, S. 85, 86), wo ausdrücklich beides zugleich vorgesehen ist (Verleihung von Befugnissen öffentlicher Schulen in Satz 1 und Bestimmung der Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse durch die Schulverwaltung in Satz 2). Wenngleich der Prüfungsausschuss als solcher nicht dem privaten Schulträger, sondern dem Land zuzuordnen sein mag (vgl. Senatsurteile vom 31.01.1989 - 9 S 961/88 -, vom 27.03.1990 - 9 S 2059/89 -, DVBl. 1990, 943, und vom 17.07.1990 - 9 S 707/89 -, VBlBW 1991, 148; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.05.1989 - 19 A 1746/87 -, NVwZ 1990, 678, 679; siehe auch VG Freiburg, Beschluss vom 09.01.2007 - 2 K 2451/06 -, juris), bedeutet dies nicht, dass dem Träger einer anerkannten Ersatzschule keine relevanten hoheitlichen Befugnisse verbleiben. Abgesehen davon, dass die Schule in eigenem Namen und eigener Zuständigkeit mit bindender Wirkung für andere das Abschlusszeugnis (bei Berufsfachschulen: Zeugnis der Fachschulreife) ausstellt (vgl. Gayer, in: Ebert, a.a.O., § 10 PSchG Rn. 3), fließen in dieses Zeugnis neben den Prüfungsleistungen der Abschlussprüfung zum Beispiel auch Vorleistungen in Gestalt der Anmeldenoten ein (für die Berufsfachschule vgl. § 19 Abs. 1 i.V.m. § 18 Abs. 1 bis 3 2BSFS-VO; für die zweijährigen Berufskollegs für technische Assistenten: § 23 Abs. 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 bis 3 TAVO 2005; für die dreijährigen Berufskollegs für Design: § 22 Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 bis 3 APrOBKDesign). Dass der Umfang der Beleihung einer staatlich anerkannten Ersatzschule normativ beschränkt werden kann (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 29.01.2014 - 2 K 1132/13 -, juris Rn. 25) und dies hier der Fall sein mag, ändert im Ergebnis nichts. Der Umfang der Beleihung ist jedenfalls noch so erheblich, dass das hier konkret geforderte Maß der Anpassung an die öffentlichen Schulen verhältnismäßig ist.
70 
Auch die Ansicht der Klägerin, das Gebot der Anstellungsfähigkeit beziehungsweise der „Gleichartigkeit“ sei missbräuchlich, weil der Erwerb der Laufbahnfähigkeit für Ersatzschullehrer nicht möglich sei beziehungsweise der Beklagte eine Versorgung der Privatschulen mit derart „anstellungsfähigen“ Lehrern nicht ermögliche, greift nicht durch. Diesbezüglich kann bereits bezweifelt werden, dass die Frage, ob der Beklagte genügend unternimmt, um die Versorgung privater Schulen mit anstellungsfähigen Lehrern zu ermöglichen (etwa genügend Zusatzausbildungen eröffnet), überhaupt zum Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens gehört. Der etwaige Befund unzureichender Maßnahmen der Schulbehörden, die Privatschulen bei der Gewinnung anstellungsfähiger Lehrkräfte zu unterstützen, würde nicht notwendig die begehrte Rechtsfolge stützen, der Schule die Anerkennung zu verleihen oder ihr zumindest eine Neubescheidung zukommen zu lassen.
71 
Jedenfalls aber wäre ein etwaiges Defizit behördlicher Angebote nicht für die Rechtmäßigkeit der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz sowie von § 10 PSchG von Bedeutung, denn ein solches würde nicht diesen Regelungen, sondern nur ihrer praktischen Handhabung anhaften. Die Umsetzung der Normen in der Verwaltungspraxis ist eine getrennt zu behandelnde Frage (siehe dazu sogleich 3.).
72 
3. Die streitgegenständliche Schule der Klägerin erfüllt nicht die nach § 10 Abs. 1 PSchG und Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 VVPSchG gestellten Anforderungen. Die vom Beklagten praktizierte Auslegung von Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VVPSchG ist nicht zu beanstanden (a). Danach besitzen die an der streitgegenständlichen Schule unterrichtenden Lehrer nicht in der Regel die Anstellungsfähigkeit für das ihrer Tätigkeit entsprechende Lehramt an öffentlichen Schulen (Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 VVPSchG) (b). Auf diese Voraussetzung kann auch nicht aufgrund besonderer Gegebenheiten der betreffenden Privatschule in einem solchen Umfang verzichtet werden, dass der Schule die Anerkennung aufgrund von Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f Satz 2 VVPSchG verliehen werden könnte (c).
73 
a) Der Beklagte legt Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VVPSchG im Sinne einer Zwei-Drittel-Vorgabe aus, womit gemeint ist, dass mindestens zwei Drittel der an der Schule unterrichtenden Lehrer nach den oben (I. 2. a) zusammengefassten schul- und beamtenrechtlichen Maßgaben anstellungsfähig sein müssen (vgl. Schreiben des Kultusministeriums vom 24.05.2012, Az. 24-6460.3/29 „Staatliche Anerkennung von Ersatzschulen - Gespräch im Kultusministerium am 17.04.2012“). Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken (so bereits Senatsurteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O.).
74 
Gemessen an der nach ihrem Wortlaut „in der Regel“ zu fordernden Anstellungsfähigkeit der Lehrkräfte auch an entsprechenden öffentlichen Schulen erscheint diese Auslegung dem Senat nach wie vor tendenziell großzügig und ist jedenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere ist ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, Art. 3 Abs. 1 GG, nicht erkennbar. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Einstellung vergleichbarer Lehrkräfte an öffentlichen Schulen deren Laufbahnbefähigung grundsätzlich voraussetzt. Dieses Laufbahnprinzip ist als hergebrachter Grundsatz im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG vom Gesetzgeber nicht nur zu berücksichtigen, sondern allgemein zu beachten. Ausnahmen hiervon sind nur bei Vorliegen besonderer dienstlicher Gründe im Einzelfall möglich und restriktiv zu handhaben (vgl. Wiegand, in: Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Kommentar, Stand 352. Aktualisierungslieferung, Februar 2015, § 16 LBG BW Rn. 17; Müller-Beck, Beamtenrecht in Baden-Württemberg, Band 1, Stand Dez. 2012, § 16 LBG Rn. 15). Zudem wird an öffentlichen Schulen weit weniger als ein Drittel der Lehrkräfte ohne Laufbahnbefähigung eingesetzt. Die von an Ersatzschulen tätigen Lehrkräften geforderte „Anstellungsfähigkeit“ geht über die Anstellungsfähigkeit an öffentlichen Schulen nicht hinaus. Insbesondere werden nicht nur die Lehrkräfte als dem Erfordernis der Anstellungsfähigkeit genügend angesehen, die über eine zur Lehrtätigkeit an beruflichen Schulen qualifizierende Zweite Staatsprüfung verfügen (einschließlich abgeschlossenem Lehramtsstudium oder als sog. „Seiteneinsteiger“ in den Vorbereitungsdienst), sondern auch sogenannte „Direkteinsteiger“ mit laufbahnqualifizierender Zusatzausbildung.
75 
Zur Bestimmung, in welchen Fächern ein Direkteinstieg zugelassen wird, ermittelt der Beklagte sogenannte „Mangelfächer“ und führt hierüber eine Liste, die jährlich aktualisiert und verteilt wird. Verbindlich ist nach dem Schreiben des Kultusministeriums vom 03.02.2015, Az. 23-6733.0/30 „Nachqualifizierung von Lehrkräften im Direkteinstieg an Privatschulen“ (von der Klägerin selbst vorgelegt in der Anlage BK25 zu ihrem Schriftsatz vom 24.03.2015) die ausführliche sogenannte „Positivliste“ (für das Einstellungsjahr 2014 vgl. das Schreiben des Kultusministeriums vom 21.07.2014, Az. 23-6733.0/25, Anlage 5 zum Schriftsatz des Beklagten vom 22.08.2014). Bei den entsprechenden Fächern besteht auch für die Privatschulen die Möglichkeit, den Bedarf an Lehrkräften wie bei öffentlichen Schulen über Direkteinsteiger mit entsprechender Nachqualifizierung abzudecken. Die in der Spalte „Direkteinstieg“ markierten Fächer - auch die für den Einzelfall genannten - sind grundsätzlich für einen Direkteinstieg an Privatschulen geöffnet. Soweit daneben im Internet das sogenannte Zulassungsraster veröffentlicht ist (für die Jahre bis 2014 von der Klägerin selbst vorgelegt in den Anlagen BK7 und BK13 zu ihrem Schriftsatz vom 12.06.2014, im Übrigen in der aktuellen Fassung abrufbar unter https://www.lehrer-online-bw.de/,Lde/Startseite/lobw/Direkteinstieg-Informationen), handelt es sich um eine vereinfachte, teils unvollständige, aber im hier interessierenden Zusammenhang nicht verbindliche Form der Liste. Dass sich der Bedarf der Privatschule an Lehrkräften im Hinblick auf „Mangelfächer“ in relevantem Umfang von dem einer vergleichbaren öffentlichen Schule unterscheidet, ist weder konkret dargelegt noch sonst ersichtlich, zumal alle Schulträger ihren Personalbedarf auf einem einheitlichen Markt decken.
76 
Darüber hinaus werden bereits solche Lehrkräfte auf die geforderte 2/3-Quote angerechnet, die eine laufbahnqualifizierende Zusatzausbildung nach § 2 LVO-KM erst absolvieren. Ferner öffnet der Beklagte nicht nur - nach bestimmten Maßgaben - seine eigenen Nachqualifizierungsangebote den privaten Schulträgern (vgl. Stellungnahme des Kultusministerium an den Landtag vom 15.08.2012, LT-Drucks. 15/2160, S. 4; Schreiben des Kultusministerium vom 10.09.2012, Az. 21-6733.0/7 „Eckpunkte für die Zulassung von Privatschullehrkräften zu Schulungsmaßnahmen an den Staatlichen Seminaren für Didaktik und Lehrerbildung [Berufliche Schulen]“; Schreiben des Kultusministeriums vom 19.03.2013, Az. 21-6733.0/9 „Berechnungsschemata zur Ermittlung der Kosten für die Teilnahme von im Privatschuldienst stehenden Lehrkräften an den pädagogischen Schulungen für Direkteinsteiger und Direkteinsteigerinnen“; Schreiben des Kultusministeriums vom 24.02.2014, Az. 21-6733.0/22 „Teilnahme von im Privatschuldienst stehenden Lehrkräften an der pädagogischen Schulung für Direkteinsteigerinnen und Direkteinsteiger sowie an Aufstiegslehrgängen“ [Aktualisierung und Ergänzung der Berechnungsschemata vom 19.03.2013]). Vielmehr besteht die Möglichkeit, eigene Konzepte zur Nachqualifizierung von Lehrkräften, die in Mangelfächern unterrichten sollen, genehmigen zu lassen, und die Umsetzung in privater Hand vorzunehmen beziehungsweise vornehmen zu lassen (vgl. Schreiben des Kultusministeriums vom 21.01.2014 „Nachqualifizierung von Lehrkräften“, Az. 21-6733.0/18, Anlage BK9 zum Schriftsatz der Klägerin vom 12.06.2014; Genehmigung des Konzepts zur Nachqualifizierung mit Schreiben des Kultusministeriums vom 05.06.2014 an die mit der Klägerin in Verbindung stehende Verwaltungsgesellschaft, Az. 23-6710.5/892, Anlage BK12 zum Schriftsatz der Klägerin vom 12.06.2014). Es findet lediglich eine - gebührenpflichtige - Überprüfung durch das Regierungspräsidium statt, indem sich die nachgeschulten Lehrkräfte im Rahmen eines Unterrichtsbesuches bewerten lassen müssen.
77 
Bei einem solchen Verständnis der Anforderung an die Qualifikation von an privaten Ersatzschulen tätigen Lehrkräften kann in der geforderten „Anstellungsfähigkeit“ kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gesehen werden. Die aktuelle Auslegung der in Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VVPSchG enthaltenen Anforderungen an die Qualifikation von Lehrkräften erfolgt auch landesweit einheitlich. Damit liegt eine allgemeine Änderung der Verwaltungspraxis vor. Ihr gegenüber kann die Klägerin schon deshalb keinen aus dem früheren Verhalten des Beklagten herrührenden Vertrauensschutz geltend machen, weil diese Änderung lediglich auf einer Neuinterpretation einer unverändert bestehen bleibenden Norm beruht. Schützenswertes Vertrauen in eine bestimmte Form der Normanwendung ist indes nicht anzuerkennen (vgl. Senatsurteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O.). Im Übrigen ist der Klägerin die Praxis der 2/3-Quote inzwischen seit mehreren Jahren bekannt.
78 
Der allein auf der Ebene der Normumsetzung berücksichtigungsfähige (vgl. oben 2., auch zur Abgrenzung von der Rechtmäßigkeit der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz sowie von § 10 PSchG) Einwand der Klägerin, das Gebot der Anstellungsfähigkeit beziehungsweise der „Gleichartigkeit“ sei missbräuchlich, weil der Erwerb der Laufbahnfähigkeit für Ersatzschullehrer nicht möglich sei beziehungsweise der Beklagte eine Versorgung der Privatschulen mit derart „anstellungsfähigen“ Lehrern nicht ermögliche, ist zurückzuweisen. Unabhängig von dem bereits oben (2.) geäußerten Zweifel, ob ein mögliches Defizit im Angebot des Beklagten, die privaten Schulen mit anstellungsfähigen Lehrern zu versorgen, überhaupt zum Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens gehört, trifft es nicht zu, dass die Klägerin unzumutbaren Erschwernissen ausgesetzt ist, wenn sie die vom Beklagten für eine Anerkennung geforderte Zwei-Drittel-Vorgabe erfüllen will. Wie bereits oben näher dargestellt, gibt es vielfältige Möglichkeiten, die Anstellungsfähigkeit im öffentlichen Schuldienst zu erlangen. Neben der Absolvierung eines grundständigen Lehramtsstudiums mit anschließendem Vorbereitungsdienst und Zweiter Staatsprüfung für das der Schulart entsprechende jeweilige Lehramt kommt vor allem ein sogenannter Seiteneinstieg durch Eintritt in den Vorbereitungsdienst ohne Lehramtsstudium in Betracht, wenn ein geeigneter universitärer oder gleichwertiger Abschluss vorliegt. Daneben ist hervorzuheben, dass es in Mangelfächern die Möglichkeit des sogenannten Direkteinstiegs gibt, bei dem auch auf das Durchlaufen des Vorbereitungsdienstes und die Zweite Staatsprüfung verzichtet wird und stattdessen lediglich eine pädagogische Nachqualifizierung stattfindet. Für die Privatschulen existieren darüber hinaus noch die oben skizzierten Erleichterungen.
79 
Daneben kann dem Schriftsatz der Klägerin vom 24.03.2015 einschließlich der Anlage BK21 entnommen werden, dass sie bezogen auf die von ihr betriebenen beruflichen Schulen mittlerweile in erheblichem Umfang Lehrpersonal eingestellt hat, das über die Anstellungsfähigkeit im vorgenannten Sinne verfügt. Auch das spricht gegen die Richtigkeit der Behauptung, es sei unmöglich, die gegenständlichen Vorgaben zu erfüllen.
80 
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jeder Ersatzschulträger zur Gewährleistung seines Schulbetriebs eine angemessene Eigenleistung erbringen muss und nicht etwa vom allgemeinen unternehmerischen Risiko, insbesondere im Wettbewerb mit anderen privaten Schulen und auch mit vergleichbar ausgestatteten öffentlichen Schulen, freizustellen ist (vgl. im Zusammenhang mit der finanziellen Förderung von Privatschulen: BVerfG, Urteil vom 08.04.1987 - 1 BvL 8/84, 1 BvL 11 BvL 16/84 -, BVerfGE 75, 40, 68 = juris Rn. 91; zur Wettbewerbslage zwischen Privat- und öffentlichen Schulen ferner Beschluss vom 14.11.1969 - 1 BvL 24/64 -, a.a.O., 208; Urteil vom 06.12.1972 - 1 BvR 230/70, 1 BvR 95/71 -, BVerfGE 34, 165; Beschluss vom 23.11.2004 - 1 BvL 6/99 -, BVerfGE 112, 74). Die Privatschulen werden dabei von staatlicher Seite bei der Gewinnung von qualifizierten Lehrkräften auf verschiedene Weise rechtlich und tatsächlich unterstützt. Dies beginnt damit, dass examinierte Lehrkräfte an den öffentlichen Hochschulen und im Vorbereitungsdienst nicht allein für den eigenen Bedarf der öffentlichen Schulen ausgebildet werden, sondern am Personalmarkt von Privatschulen frei rekrutiert werden können. Nach § 11 Satz 1 PSchG können Lehrer an öffentlichen Schulen zudem für eine Gesamtdauer bis zu fünfzehn Jahren zur Dienstleistung an Ersatzschulen und an Freien Waldorfschulen (Einheitliche Volks- und Höhere Schulen) im Lande beurlaubt werden (vgl. zu den dienstrechtlichen Verflechtungen mit dem öffentlichen Schulwesen: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.11.2008 - 4 S 141/06 -, juris Rn. 19 ff.; Beschluss vom 16.12.2009 - 4 S 2217/08 -, juris Rn. 24). Die Beurlaubung kann auf Antrag verlängert werden (§ 11 Satz 2 PSchG). Die Zeit, während der ein beurlaubter Lehrer an einer Ersatzschule im Lande tätig ist, ist bezüglich der Ruhegehaltsfähigkeit einer Tätigkeit im Landesdienst gleichzuachten (§ 11 Satz 3 PSchG). Die an Ersatzschulen verbrachten Dienstzeiten werden bei Einstellung eines Lehrers, eines Schulleiters und eines Heimleiters in den Landesdienst auf die ruhegehaltsfähige Dienstzeit wie bei einer Verwendung als Beamter im Landesdienst angerechnet (§ 12 PSchG). Nach Maßgabe von § 19 PSchG erhalten die als Ersatzschulen staatlich anerkannten Schulen, die den Versorgungsaufwand ihrer Lehrer und deren Hinterbliebenen übernehmen, nach Eintritt des Versorgungsfalles auf Antrag einen Zuschuss des Landes (vgl. Senatsurteile vom 27.05.1986 - 9 S 2951/84 - und vom 12.06.1986 - 9 S 265/86 -; VG Karlsruhe, Urteil vom 24.11.2005 - 6 K 769/03 -, juris). Unter den Voraussetzungen des § 20 PSchG können Lehrer an Ersatzschulen, welche die beamtenrechtlichen Voraussetzungen für die lebenslängliche Anstellung an öffentlichen Schulen erfüllen, das Recht erhalten, die der Amtsbezeichnung eines vergleichbaren Lehrers im öffentlichen Dienst entsprechende Bezeichnung zu führen (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 26.11.2004 - 10 K 3434/03 -, juris). Mit letzterer Bestimmung wird zugleich deutlich, dass für den Gesetzgeber die beamtenrechtliche Anstellungsfähigkeit von Lehrern auch bei Privatschulen eine besondere Bedeutung hat. Im Zusammenhang mit dem von der Privatschule grundsätzlich zu tragenden unternehmerischen Risiko ist schließlich zu berücksichtigen, dass eine genehmigte Privatschule mit der staatlichen Anerkennung auch einen erheblichen Wettbewerbsvorteil erlangt.
81 
Soweit die Klägerin beanstandet, es gebe keine genauen Zahlen dazu, wie hoch die Quote der Lehrer im öffentlichen Schuldienst sei, die ohne eine Laufbahnbefähigung unterrichteten, weckt sie damit keine rechtlichen Bedenken gegen die bestehende Verwaltungspraxis. Unter Berücksichtigung der vielfältigen Möglichkeiten, sich nach geltendem Recht für den Lehrerberuf im öffentlichen Dienst zu qualifizieren (neben dem Aufbau auf einem Lehramtsstudium vor allem auch Seiteneinstieg und Direkteinstieg), bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte außerhalb des so gesetzten, bereits weit gefassten Rahmens der „Anstellungsfähigkeit“ noch in einem hier bedeutsamen Umfang zusätzliche Lehrer beschäftigt. Der Beklagte hat auf seinen Schriftsatz vom 17.04.2014 im Verfahren 9 S 520/14 verwiesen, in dem er ausgeführt hat, im Bereich des Regierungspräsidiums Tübingen würden im beruflichen Schulwesen 4.080 Lehrkräfte beschäftigt, wovon 295 sogenannte „Nichterfüller“ (7,23 %) seien. Mit Nichterfüllern sind Lehrkräfte gemeint, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen des Landes für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht erfüllen (vgl. Nr. 1.2 der Richtlinien des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte des Landes ERL - vom 27.01.2012). Dafür, dass der Beklagte bei eigenen Lehrkräften im Übermaß auf die rechtlichen Voraussetzungen der Anstellungsfähigkeit verzichtet, liefern diese Zahlen keinen Anhaltspunkt.
82 
Auch soweit es um die Zulassung von „Spezialisten“ im öffentlichen Schuldienst geht, ergeben sich keine Bedenken in dieser Hinsicht. Als „Spezialisten“ (vgl. dazu bereits den Erlass des Kultusministeriums vom 24.05.2012 - 24-6460.3/29, S. 3) kommen im öffentlichen Schuldienst zum Beispiel Apotheker zum Einsatz, die im Berufskolleg für pharmazeutisch-technische Assistenten bestimmte praxisbezogene Inhalte vermitteln (vgl. etwa Schriftsatz des Beklagten vom 25.02.2014 im Verfahren 4 K 118/14, S. 2). Dass die Zahl solcher Spezialisten auch nur annähernd eine für die 2/3-Quote relevante Größenordnung erreichen könnte, ist fernliegend.
83 
Dieser Befund wird auch nicht durch das Vorbringen der Klägerin (etwa im Verfahren 9 S 2362/14, Schriftsatz vom 09.01.2015, S. 2) in Frage gestellt, mit dem sie für die Anstellungspraxis des Beklagten auf die Statistik der KMK (Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland) vom 11.04.2014 „Einstellung von Lehrkräften 2013“ verweist. Danach entfielen von den 142 Direkteinsteigern im Dienste des Beklagten 132 auf berufliche Fächer. Bei 513 „regulären Einsteigern“ im Bereich „Berufliche Schulen, Sekundarbereich II (berufliche Fächer)“ betrage die Quote der Direkteinsteiger bei den Neueinstellungen des Landes auf dem bezeichneten Gebiet somit 27 %. Für das Begehren der Klägerin ergibt sich daraus allerdings nichts, denn zum einen werden - wie bereits ausgeführt - auch Direkteinsteiger im Sinne der 2/3-Quote als anstellungsfähig behandelt. Soweit die Lehrkräfte der Klägerin die Voraussetzungen des Direkteinstiegs erfüllen, werden sie ihr somit als zur Erfüllung der Quote geeignet zugutegehalten. Nur soweit die Klägerin Lehrkräfte beschäftigt, die weder direkteinstiegsfähig noch auf andere Weise anstellungsfähig sind, kann sie die 2/3-Quote verfehlen. Zum anderen bliebe unabhängig davon ein Anteil von 27 %, selbst wenn es sich stattdessen - wie die Klägerin wohl unter Verkennung der zutreffenden Bedeutung meint - um den Anteil „nicht anstellungsfähiger“ Lehrkräfte im öffentlichen Schuldienst handeln würde, noch deutlich unter dem Ansatz von einem Drittel, der bei privaten Ersatzschulen, die ihre Anerkennung begehren, hingenommen wird.
84 
Die Klägerin argumentiert weiter, die Praxis, die Anstellungsfähigkeit nach den Vorgaben der LVO-KM zu beurteilen, sei jedenfalls insoweit nicht haltbar, als es um Lehrkräfte gehe, die bereits vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung (10.01.2012) eingestellt worden seien. Diese müssten - vor allem aus Gründen des Vertrauensschutzes und zur Vermeidung einer unzulässigen Rückwirkung - sämtlich als anstellungsfähig behandelt werden. Auch diesem Einwand, den der Senat bereits in mehreren Beschwerdeverfahren der Klägerin zurückgewiesen hat (vgl. Beschlüsse vom 24.04.2014 - 9 S 519, 520, 521, 522, 523/14 -), kann nicht gefolgt werden. Er beruht teils schon auf einer falschen Annahme zur früheren Rechtslage, ist aber auch sonst nicht überzeugend.
85 
Die Klägerin behauptet, die vor Inkrafttreten der LVO-KM gültige Verordnung der Landesregierung über die Laufbahnen der Beamten und Richter im Lande Baden-Württemberg vom 28.08.1991 (GBl. S. 577, zuletzt geändert durch Gesetz vom 30.11.2010, GBl. S. 989 - Landeslaufbahnverordnung - LVO) habe für Lehrer an beruflichen Schulen noch keinen „Direkteinstieg“ vorgesehen und habe daher keine Rechtsgrundlage für die schon vor Erlass der LVO-KM verbreitete Praxis des „Direkteinstiegs“ geboten. Die vom Land unter Geltung des früheren Rechts eingestellten Lehrkräfte blieben aber im Dienst, denn die LVO-KM habe keine Rückwirkung. Im Sinne der Gleichbehandlung müsse es ihr gestattet sein, ihre ebenfalls vor dem Erlass der LVO-KM angestellten Lehrkräfte weiterhin beschäftigen zu können. Damit kann die Klägerin nicht durchdringen. Die von ihr aufgeworfene Problematik der Ungleichbehandlung beziehungsweise des Vertrauensschutzes würde sich überhaupt allenfalls dann stellen, wenn auch die behauptete Annahme zuträfe, dass ihre Schule bei unterstellter Fortgeltung des alten Rechtsstands, das heißt der Rechtslage vor Erlass der LVO-KM, die Voraussetzungen für die Verleihung der Eigenschaft einer anerkannten Ersatzschule (zumindest) mittlerweile erfüllt hätte. Dies ist aber nicht der Fall. Damit kann auch nicht angenommen werden, dass nachträglich die Aussicht auf eine bevorstehende Anerkennung entwertet wurde beziehungsweise eine im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG bedeutsame Benachteiligung gegenüber anderen Schulträgern in Betracht kommt.
86 
Dem Erlass der LVO-KM kommt nicht die Bedeutung zu, die die Klägerin ihm beimisst. Wie bereits dargestellt, verweist § 10 Abs. 1 PSchG als maßgebliche Anerkennungsvoraussetzung ausdrücklich auf die aufgrund des Gesetzes an entsprechende öffentliche Schulen gestellten Anforderungen. Diese ergeben sich aus dem Schulgesetz, den Ermächtigungsgrundlagen des Landesbeamtengesetzes und den darauf beruhenden Rechtsverordnungen (Urteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O.). Die danach ausschlaggebende Rechtslage bestand grundsätzlich auch bereits vor dem Erlass der LVO-KM. Die APrObSchhd mit den maßgeblichen Vorschriften datiert aus dem Jahre 2004, die Vorgängerregelungen (§§ 14 ff., § 25 Abs. 1 der APrObSchhd vom 31.08.1984, GBl. S. 584) unterschieden sich inhaltlich in den hier bedeutsamen Aussagen ebenfalls nicht von dem heutigen Rechtsstand. Die LVO-KM hat lediglich insoweit Neuerungen gebracht, als sie nunmehr besondere Regelungen vorsieht für den Fall, dass die Befähigung für eine Lehrerlaufbahn anstelle des Vorbereitungsdienstes über eine mindestens dreijährige Berufstätigkeit erworben werden soll (vgl. § 1 Abs. 4 LVO-KM) beziehungsweise für den Fall, dass die Laufbahnbefähigung durch eine laufbahnqualifizierende Zusatzausbildung erlangt werden soll (vgl. § 2 LVO-KM) (vgl. Urteil vom 24.10.2013 - 9 S 2430/12 -, a.a.O.). Die zum 31.12.2010 außer Kraft getretene LVO aus dem Jahre 1991 sah dergleichen nicht vor. Gleichwohl haben sich mit dem Erlass der LVO-KM die Anforderungen an die Ausbildung der Lehrkräfte nicht in einem Maße verändert, dass dies nunmehr das Verständnis von § 10 PSchG oder Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VVPSchG neu prägt. Wie der Beklagte nachvollziehbar ausgeführt hat, gab es bereits in früherer Zeit eine rechtliche Grundlage für den Direkteinstieg von Lehrkräften. Danach wurde die Befähigung für die Laufbahn des gehobenen Lehramts an Berufs- und Berufsfachschulen der gewerblich-technischen Richtung beziehungsweise des höheren Schuldienstes an beruflichen Schulen im Wege eines Beschlusses des Landespersonalausschusses gemäß § 31 LBG a.F. denjenigen Bewerbern zuerkannt, die die in dem Beschluss Nr. 317/2008 (höherer Schuldienst) beziehungsweise Nr. 318/2008 (gehobenes Lehramt) vom 10.12.2008 des Landespersonalausschusses aufgeführten Voraussetzungen erfüllten. Soweit die Klägerin meint, die Beschlüsse vom 10.12.2008 hätten nur Geltung für die Fachrichtungen Pflege und Pädagogik, übersieht sie, dass sich allein die Befristung in Nr. 2 der Beschlüsse auf diese Fachrichtungen beschränkt, während sie im Übrigen auch auf andere Fachrichtungen anwendbar sind (vgl. zum Ganzen bereits Senatsbeschlüsse vom 24.04.2014 - 9 S 519, 520, 521, 522, 523/14 -). Die Beschlüsse Nr. 317/2008 und Nr. 318/2008 vom 10.12.2008 hatten ihrerseits mit den Beschlüssen Nr. 127/2004 und Nr. 128/2004 vom 09.06.2004 des Landespersonalausschusses bereits entsprechende Vorgängerregelungen (die wiederum an frühere Beschlüsse, Nr. 235/2001 und Nr. 236/2001 vom 17.10.2001, anknüpfen). Der sogenannte Direkteinstieg wurde somit - auf anderen Grundlagen - in weitgehend gleicher Form bereits seit Langem praktiziert. Dass dies unter Umständen nicht für andere Bildungsgänge als die in den zitierten Beschlüssen des Landespersonalausschusses genannten gegolten haben mag, bewirkt unabhängig davon keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber anderen Schulträgern und auch keine verbotene Rückwirkung. Gerade wenn es in manchen Bildungsgängen früher keinen Direkteinstieg an öffentlichen Schulen gegeben haben sollte, konnte die Klägerin nicht erwarten, dass sie insoweit im Rahmen der erstrebten Anerkennung ihrer Schule von derartigen Erleichterungen bei der Lehrerrekrutierung würde profitieren können. Selbst wenn in früherer Zeit Formen des Direkteinstiegs an öffentlichen Schulen darüber hinaus rechtswidrig praktiziert worden sein sollten, könnte die Klägerin daraus schließlich für sich nichts herleiten.
87 
b) Die an der streitgegenständlichen Schule unterrichtenden Lehrer besitzen nicht in der Regel die Anstellungsfähigkeit für das ihrer Tätigkeit entsprechende Lehramt an öffentlichen Schulen (Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 VVPSchG).
88 
Die Klägerin gibt selbst an, an der streitgegenständlichen Schule unterrichteten insgesamt zehn (bzw. nach Ausscheiden der Lehrkraft ... - gemäß der Anlage BK21a zum Schriftsatz der Klägerin vom 24.03.2015 - zum 23.03.2015 noch neun) Lehrkräfte. Davon verfügten (nur) drei (..., ... und ...) über das Zweite Staatsexamen. Zwei weitere Lehrkräfte (... und ..., wobei für letztere noch kein Bescheid vorliege) werden als direkteinstiegsfähig betrachtet (vgl. zum Ganzen die Tabelle in Anlage BK21 zum Schriftsatz der Klägerin vom 24.03.2015). Selbst wenn man die Angaben der Klägerin als zutreffend unterstellt, haben somit nicht 2/3 der Lehrkräfte die Anstellungsfähigkeit im Sinne des oben genannten Maßstabes. Maximal könnten fünf von zehn (bzw. von neun) Lehrkräften anstellungsfähig sein.
89 
c) Auf die Voraussetzung der Anstellungsfähigkeit für das der Tätigkeit entsprechende Lehramt an öffentlichen Schulen „in der Regel“ kann auch nicht aufgrund besonderer Gegebenheiten der streitgegenständlichen Privatschule in einem solchen Umfang verzichtet werden, dass der Schule die Anerkennung aufgrund von Nummer 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f Satz 2 VVPSchG verliehen werden könnte.
90 
Die Annahme der Klägerin, bei allen Lehrkräften mit Ausnahme der Fächer Deutsch, Englisch, Mathematik und Wirtschaft/Soziales handele es sich um „Spezialisten“, weil in allen berufsbezogenen Fächer keine Lehramtsausbildung existiere, geht fehl. Soweit in berufsbezogenen Fächern ein Direkteinstieg möglich ist, werden die entsprechenden Lehrkräfte auf die Quote angerechnet und fehlt die Notwendigkeit einer Ausnahme. Bei vergleichbaren Bildungsgängen an öffentlichen Schulen wird der Bedarf an Lehrkräften - jedenfalls ganz überwiegend - mit „anstellungsfähigem“ Personal gedeckt. Auch der konkrete Bildungsgang, um den es der Klägerin hier geht, wird - wie die Klägerin selbst nicht in Abrede gestellt hat und es sich auch der Datenbank „Berufliche Schulen in Baden-Württemberg“ (vgl. abrufbar unter http://www.rgs.vs.bw.schule.de/rp-statistik/index.php) entnehmen lässt - von mehreren öffentlichen Schulen im Land abgedeckt. Im Übrigen verfügen bei der Klägerin auf der Grundlage der von ihr vorgelegten Listen (Anlage BK21 zum Schriftsatz vom 24.03.2015) selbst ihre Lehrkräfte in nicht berufsbezogenen Fächern zum Teil nicht über die Anstellungsfähigkeit.
91 
4. Auf die Frage, ob die Anerkennung auch an dem fehlenden Religionsunterricht scheitern müsste (vgl. dazu einerseits Andrä, in: Ebert, a.a.O., § 96 SchG Rn. 4; andererseits Gayer, a.a.O., § 5 PSchG Rn. 2 und § 10 PSchG Rn. 4, sowie Lambert/Müller/Sutor, Schulrecht Baden-Württemberg, Stand September 2014/2009.07, § 96 SchG Anm. 3), kommt es ebenso wenig an wie auf die vom Verwaltungsgericht thematisierte wirtschaftliche und rechtliche Sicherung der Lehrkräfte. Jedenfalls die Letztere dürfte allerdings in dem auf die Anerkennung einer bereits genehmigten Ersatzschule gerichteten Verfahren nicht zu hinterfragen sein, da die genügende Sicherung der wirtschaftlichen und rechtlichen Stellung der Lehrkräfte bereits eine Genehmigungsvoraussetzung war (§ 6 Abs. 2 PSchG; zu der der Genehmigung als Verwaltungsakt innewohnenden Selbstbindungs- bzw. Tatbestandswirkung vgl. Baumeister, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl. 2014, § 43 Rn. 15; Henneke, in Knack/Henneke, VwVfG, 10. Aufl. 2014, Vorbem. zu § 35, Rn. 48 ff., jeweils m.w.N.).
II.
92 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
93 
Beschluss vom 26. März 2015
94 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 30.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 38.2 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2013, VBlBW 2014, Sonderbeilage zu Heft 1).
95 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. Oktober 2009 - 1 K 1301/09 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 12.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14.10.2009 bleibt ohne Erfolg. Zulassungsgründe sind nicht hinreichend dargelegt und liegen auch in der Sache nicht vor.
Nach § 124 Abs. 2 VwGO kann die Berufung nur aus den dort genannten Gründen zugelassen werden. In der Begründung des Zulassungsantrags (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) ist deshalb darzulegen, aus welchem der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 - Nr. 5 VwGO genannten Gründe die Zulassung der Berufung beantragt wird, und unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu begründen, weshalb der geltend gemachte Zulassungsgrund erfüllt ist. Im vorliegenden Zulassungsantrag wird kein gesetzlicher Zulassungsgrund benannt, sondern nach Art einer Berufungsbegründung vorgetragen, weshalb der Kläger das Urteil des Verwaltungsgerichts für fehlerhaft hält. Die fehlende Bezeichnung eines Zulassungsgrundes ist allerdings unschädlich, wenn sich das Vorbringen des Klägers hinreichend sicher einem der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe zuordnen lässt. Die Antragsschrift kann wohlwollend allenfalls dahingehend ausgelegt werden, dass der Kläger den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend macht. Auch dann bleibt der Antrag aber ohne Erfolg.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der vom Antragsteller dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.03.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl. 2004, 838 f.; Beschl. v. 14.06.2002 - 7 AV 1.02 - DVBl. 2002, 1556 f.); sie sind immer schon dann begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - juris; Beschl. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 - DVBl. 2000, 1458 ff.), es sei denn, es lässt sich schon im Zulassungsverfahren zuverlässig sagen, das Verwaltungsgericht habe die Rechtssache im Ergebnis richtig entschieden und die angestrebte Berufung werde deshalb voraussichtlich keinen Erfolg haben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.03.2004 a.a.O.), sofern nicht ihrerseits die anderen Gründe wiederum auf einen anderen Zulassungsgrund hinführen würden. Zur Darlegung ernstlicher Zweifel ist eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung erforderlich.
Gemessen hieran bestehen an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts keine ernstlichen Zweifel.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, weil er Amphetamin konsumiert habe. Es könne offenbleiben, ob er gemäß § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO bereits vor Durchführung des Drogenschnelltests hätte belehrt werden müssen oder ob gegen § 81a Abs. 2 StPO verstoßen worden sei. Denn selbst ein Verstoß gegen diese strafprozessualen Bestimmungen begründe kein Verwertungsverbot im Verfahren zur Entziehung der Fahrerlaubnis, in dem die Behörde neben den Grundrechten des Betroffenen maßgeblich weitere Rechtgüter Dritter und das öffentliche Interesse am Schutz der Allgemeinheit berücksichtigen müsse. Auch das negative Ergebnis eines unberechtigterweise angeordneten Gutachtens könne bei der Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis verwertet werden.
Demgegenüber wird im Zulassungsantrag im Wesentlichen gerügt, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe das Strafverfahren Auswirkungen auf den vorliegenden Rechtsstreit. Die Blutprobe sei entgegen § 81a Abs. 2 StPO ohne richterliche Anordnung entnommen worden und müsse deshalb vernichtet werden. Das Rechtsstaatsprinzip und das Gebot effektiven Rechtsschutzes gebiete ein Verwertungsverbot der unter rechtswidrigen Umständen erlangten Blut- und Urinproben. Zwar sei im Fahrerlaubnisrecht kein ausdrückliches Verbot der Verwertung einer nicht richterlich angeordneten Blutprobe normiert; der Eingriff in die körperliche Integrität des Betroffenen dürfe jedoch im Verwaltungsrechtsstreit nicht legitimiert werden. Da andere Beweismittel für einen Drogenkonsum des Klägers nicht vorlägen, habe die Fahrerlaubnis nicht ohne weiteres entzogen werden dürfen. Ein Gutachten über seine Kraftfahreignung sei nicht angefordert worden.
Mit diesem Vorbringen werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts nicht aufgezeigt.
Der Kläger hat nach dem ärztlichen Gutachten vom 27.11.2008 Amphetamin und Cannabis konsumiert. Nach der Rechtsprechung des Senats führt bereits der einmalige Konsum eines Betäubungsmittels i.S. von § 1 Abs. 1 BtmG - ausgenommen Cannabis - im Regelfall gemäß Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung zur Fahrungeeignetheit, ohne dass es darauf ankommt, ob das fehlende Vermögen zur Trennung von Konsum und Fahren nachgewiesen ist (vgl. Senatsbeschl. v. 24.05.2002 - 10 S 835/02 - VBlBW 2003, 23; Beschl. v. 07.03.2006 - 10 S 293/06 -; Beschl. v. 19.02.2007 - 10 S 3032/06 - juris). In der Rechtsprechung der anderen Obergerichte wird diese Auffassung ganz überwiegend geteilt (vgl. etwa BayVGH, Beschl. v. 14.02.2006 - 11 ZB 05.1406 -; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 25.07.2008 - 10 B 10646/08 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 06.03.2007 - 16 B 332/07 -; OVG des Saarlandes, Beschl. v. 14.05.2008 - 1 B 191/08 - OVG Niedersachsen, Beschl. v. 16.06.2003 - 12 ME 172/03 -; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 02.09.2009 - 1 M 114/09 -, jeweils juris; a.A. soweit ersichtlich nur Hess. VGH v. 14.01.2002 - 2 TG 3008/01 - juris). Es kommt daher nicht darauf an, dass der Kläger im Zeitpunkt der Verkehrskontrolle am 22.11.2008 nur Beifahrer war. Ebenso wenig ist der Ausgang des Ermittlungsverfahrens erheblich, das gegen den Kläger im Jahr 2010 wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (Besitz und Konsum u.a. von Amphetamin, XTS) eingeleitet worden ist.
Der Kläger kann der mit Entscheidung vom 17.02.2009 verfügten Fahrerlaubnisentziehung auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Blutentnahme am 22.11.2008 ohne richterliche Anordnung erfolgt sei und das Ergebnis der Blutuntersuchung vom 27.11.2008 daher von der Fahrerlaubnisbehörde nicht habe verwertet werden dürfen. Nach § 81a Abs. 2 StPO steht die Anordnung einer körperlichen Untersuchung gegen den Willen des Betroffenen dem Richter und nur bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen zu. Die Frage, ob der Kläger der Blutentnahme zugestimmt hat oder im Rahmen der durchgeführten Verkehrskontrolle am Samstag, den 22.11.2008 um ca. 14.00 Uhr die Voraussetzungen der Gefährdung des Untersuchungserfolges vorgelegen haben, lässt sich im vorliegenden Verfahren auf Grundlage der vorliegenden Akten nicht abschließend beantworten und ist - soweit ersichtlich - bislang nicht Gegenstand einer straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtlichen Entscheidung gewesen. Die Frage, ob unter Berücksichtigung des hierzu vom Bundesverfassungsgericht entwickelten strengen Maßstabs (BVerfG, Beschl. v. 12.02.2007 - 2 BvR 273/06 - NJW 2007, 1345) ausnahmsweise die Befugnis der Ermittlungsbeamten zur Anordnung der Blutentnahme gegeben war, kann aber dahinstehen. Selbst wenn zugunsten des Klägers von einem Verstoß gegen die strafprozessuale Beweiserhebungsvorschrift des § 81a Abs. 2 StPO ausgegangen wird - den der Senat ausdrücklich offen lässt - , folgt daraus nicht zugleich ein Verbot für die Fahrerlaubnisbehörde, das Ergebnis der Blutuntersuchung im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren zu verwerten.
10 
Im Zulassungsantrag wird schon nicht hinreichend dargelegt, dass ein eventueller Verstoß gegen § 81a Abs. 2 StPO zu einem strafprozessualen Verwertungsverbot geführt hat. Der Freispruch des Klägers im Bußgeldverfahren erfolgte - soweit ersichtlich - nicht wegen Unverwertbarkeit der Blutprobe, sondern weil nicht aufklärbar war, ob der Kläger das Kraftfahrzeug unter Drogeneinfluss selbst geführt hat. Im Übrigen ist für den Strafprozess anerkannt, dass über das Vorliegen eines Beweisverwertungsverbotes - mit Ausnahme ausdrücklich geregelter Verwertungsverbote - jeweils nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden ist (vgl. BVerfG, Beschl. 28.07.2008 - 2 BvR 784/08 - NJW 2008, 3053, m.w.N. zur Rechtsprechung der Strafgerichte). Im Anwendungsbereich des § 81a StPO, der - wie dargelegt - eine Eilanordnung durch Polizeibeamte nicht schlechthin ausschließt, tritt das staatliche Strafverfolgungsinteresse gegenüber dem Individualinteresse des Einzelnen an der Bewahrung seiner Rechtsgüter zurück, wenn Gefahr im Verzug willkürlich angenommen und der Richtervorbehalt bewusst und gezielt umgangen bzw. ignoriert wird oder wenn die Rechtslage bei Anordnung der Maßnahme in gleichwertiger Weise verkannt worden ist (vgl. etwa OLG Karlsruhe, Beschl. v. 02.06.2009 - 1 Ss 183/08 - juris; OLG Celle, Beschl. v. 15.09.2009 - 322 SsBs 197/09 -, juris). Gegen die Annahme eines strafprozessualen Verwertungsverbots spricht hier, dass bei einem Sachverhalt der vorliegenden Art eine richterliche Anordnung mit hoher Wahrscheinlichkeit regelmäßig auch fernmündlich und typischerweise zu ergehen pflegt und dass eine Blutentnahme durch einen Arzt einen eher geringfügigen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Betroffenen darstellt, dem andererseits ein erhebliches öffentliches Interesse an der Abwendung erheblicher Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer gegenübersteht. Auch der schnelle Abbau von Drogen im Körper könnte eine Eilkompetenz der Polizeibeamten rechtfertigen (vgl. dazu OLG Hamm, Beschl. v. 25.08.2008 - 3 Ss 318/08 - juris; OLG Celle, Beschl. v. 15.9.2009 a.a.O.; OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.10.2009 - 1 Ss320/09 - juris).
11 
Auch wenn aber ein strafprozessuales Verwertungsverbot unterstellt wird, ist im vorliegenden Verwaltungsverfahren keine entsprechende Bewertung geboten (ebenso Sächsisches OVG, Beschl. v. 01.02.2010 - 3 B 161/08 - juris; OVG Niedersachsen, Urt. v. 14.08.2008 - 12 ME 183/08 - und Beschl. v. 16.12.2009 - 12 ME 234/09 - jeweils juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 3.11.2009 - 1 S 205.09 - juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 29.01.2010 - 10 B 11226/09 - juris; BayVGH, Beschl. v. 28.01.2010 - 11 CS 09.1443 - juris). Für den Bereich des Fahrerlaubnisrechts ist weder im Straßenverkehrsgesetz noch in der Fahrerlaubnis-Verordnung ein ausdrückliches Verwertungsverbot für nicht richterlich angeordnete körperliche Untersuchungen angeordnet. Ebenso wie im Strafprozessrecht kann daher ein solches Verbot nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der gegenläufigen Interessen angenommen werden, wobei jedoch in Verwaltungsverfahren, die wie das Fahrerlaubnisrecht der Gefahrenabwehr dienen, nicht ohne Weiteres dieselben Maßstäbe wie im repressiven Bereich des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts gelten. Zwar hat die Behörde auch im Verwaltungsverfahren im Rahmen ihrer Ermittlungstätigkeit die sich aus den Gesetzen, allgemeinen Verfahrensgrundsätzen und Grundrechten ergebenden Grenzen zu beachten. Aus diesen können sich durchaus Verwertungsverbote für das Verwaltungsverfahren ergeben. Hierbei ist jedoch zu prüfen, ob der Schutzzweck der jeweiligen Norm das Verwertungsverbot auch für das Verwaltungsverfahren erfordert (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 24 Rdnr. 29a). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfte der Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO nicht zum rechtsstaatlichen Mindeststandard zählen (BVerfG, Beschl. 28.07.2008 - 2 BvR 784/08 - NJW 2008, 3053, juris). Hinsichtlich des Fahrerlaubnisentziehungsverfahrens ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass es - anders als das Straf- und Bußgeldverfahren - nicht der Verfolgung und Ahndung begangener Rechtsverstöße dient, sondern dem Schutz Dritter vor den Gefahren, die von einem ungeeigneten Kraftfahrer ausgehen. Im Verfahren zur Entziehung der Fahrerlaubnis hat die Behörde deshalb - wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - maßgeblich und mit besonderem Gewicht neben den Grundrechten des Betroffenen weitere hochrangige Rechtsgüter Dritter wie Leben und Gesundheit und das öffentliche Interesse am Schutz der Allgemeinheit vor Fahrerlaubnisinhabern, die sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen haben, zu beachten. Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt es, auch eine rechtswidrig angeordnete Blutuntersuchung zu berücksichtigen, wenn das Ergebnis eindeutig negativ für den Betroffenen ist. Dieser Gedanke gilt umso mehr, wenn - wie hier - ein eventueller Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften nicht von der Fahrerlaubnisbehörde selbst zu verantworten ist. Geht der Verstoß gegen die strafprozessuale Beweiserhebungsvorschrift nicht von der für das Verwaltungsverfahren zuständigen Behörde aus, kann die für das Strafverfahren gültige Wertung, dass das Interesse des Einzelnen an der Wahrung seiner Rechte zu Lasten des staatlichen Strafverfolgungsinteresses bei groben Verstößen durch die für die Strafverfolgung zuständigen Behörden unter dem Gesichtspunkt einer fairen Verfahrensgestaltung überwiegt, nicht ohne weiteres auf das Fahrerlaubnisentziehungsverfahren übertragen werden. Die Fahrerlaubnisbehörde darf daher im überwiegenden Interesse an dem Schutz hochrangiger Rechtsgüter einer großen Zahl von Verkehrsteilnehmern in einem auf Entziehung der Fahrerlaubnis gerichteten Verwaltungsverfahren auch ein unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81a StPO gewonnenes Ergebnis einer Blutprobenuntersuchung berücksichtigen, wenn aus diesem die fehlende Kraftfahreignung des Betroffenen hervorgeht. Auch eine rechtswidrig angeordnete Blutuntersuchung schafft eine neue Tatsache, die - ebenso wie das negative Ergebnis eines rechtswidrig angeordneten Gutachtens (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.1982, BVerwGE 65, 157; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 20.3.2008 - 1 M 12/08 - juris) - zum Schutz der Allgemeinheit vor einem ungeeigneten Kraftfahrer verwertet werden darf. Für dieses Ergebnis spricht auch, dass weder das Straßenverkehrsgesetz noch die Fahrerlaubnis-Verordnung für die Anordnung von ärztlichen Untersuchungen und Begutachtungen einen der Vorschrift des § 81 Abs. 2 StPO vergleichbaren Richtervorbehalt vorsehen und es einen Wertungswiderspruch bedeutete, wenn Fälle, die ihren Ausgang in einem straf- oder bußgeldrechtlich relevanten Verkehrsverstoß nehmen, anders behandelt würden als solche, in denen die Behörde nach § 11 Abs. 2 FeV aufgrund ihr bekannt gewordener Tatsachen selbst Zweifeln an der Kraftfahreignung eines Betroffenen nachgeht (zum Ganzen Sächsisches OVG, Beschl. v. 01.02.2010 a.a.O.; OVG Niedersachsen, Urt. v. 14.08.2008 a.a.O. u. Beschl. v. 16.12.2009 a.a.O.; OVG Berlin - Brandenburg, Beschl. v. 3.11.2009 a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 29.01.2010 a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 28.01.2010 a.a.O.).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
13 
Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2, § 47 sowie § 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG in Anlehnung an Nr. 46.3, Nr. 46.5 und Nr. 46.8 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004.
14 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 7. Oktober 2009 - 2 K 320/09 - wird geändert. Die Verfügung des Landratsamts Ortenaukreis vom 4. Dezember 2008 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 6. Februar 2009 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Erteilung der Fahrerlaubnis der Klassen AA, B, BE unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 7. Oktober 2009 – 2 K 320/09 - zurückgewiesen.

Der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen werden gegeneinander aufgehoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigen für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Neuerteilung der Fahrerlaubnis der Klassen AA, B und BE.
Am 12.12.2005 gegen 21.20 Uhr führte der Kläger unter Alkoholeinfluss einen Pkw. Er streifte ein entgegenkommendes Fahrzeug und beschädigte dieses. Obwohl er den Unfall bemerkte, fuhr er davon, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen. Ein um 21.32 Uhr durchgeführter Alcotest ergab eine Atemalkoholkonzentration von 0,78 mg/l. Auf Anordnung der Polizei wurde dem Kläger um 21.55 Uhr eine Blutprobe entnommen, deren Untersuchung eine Blutalkoholkonzentration von 1,60 Promille ergab.
Das ärztliche Protokoll über die Blutentnahme enthält unter anderem folgende Untersuchungsbefunde:
Romberg-Test:
geringes Schwanken
Finger-Finger-Probe:
sicher
Nasen-Finger-Probe:
sicher
Sprache:
Silbenstolpern
Bindehäute:
klar   
Pupillen:
unauffällig
Bewusstsein:
klar   
Denkablauf:
geordnet
Stimmung:
ruhig 
Verhalten:
stumpf
Befinden:
normal
Der Arzt hielt außerdem fest, der Patient sei zu Ort, Zeit und Person „noch orientiert“ gewesen. Er habe Unterschrift, Geh- und Drehtests verweigert. Er scheine äußerlich deutlich unter Alkohol-Einfluss zu stehen.
In der Strafanzeige führte die Polizei bezüglich der Blutentnahme aus, der Kläger habe sämtliche Tests und Aussagen sowie Schriftproben verweigert.
Das Amtsgericht L. verurteilte den Kläger wegen des Vorfalls vom 12.12.2005 mit rechtskräftigem Urteil vom 20.02.2006 – 3 Cs 9 Js 19467/05 AK 19/06 – wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu der Gesamtgeldstrafe von 70 Tagessätzen, entzog ihm die Fahrerlaubnis und ordnete eine Sperrfrist für die Neuerteilung von 11 Monaten an. Das Amtsgericht ging zugunsten des Klägers davon aus, dass die Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit lediglich 1,58 Promille betragen habe, da der Angeklagte die Tat unwiderlegbar unmittelbar nach Trinkende begangen habe. Bei der Bemessung der Sperrfrist ging das Amtsgericht davon aus, dass aufgrund des Grades der Alkoholisierung und der derzeitigen persönlichen Situation der Angeklagte für weitere 11 Monate charakterlich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sein werde.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht hatte der Kläger durch seinen Verteidiger erklärt, er habe sich im Streit von seiner Freundin getrennt. Trinkende sei vor Fahrtbeginn von der Wohnung der Freundin aus gewesen. Zwischen Trinkende und Unfall seien ca. 15 Minuten gewesen.
Am 22.07.2008 beantragte der Kläger beim Landratsamt Ortenaukreis die Neuerteilung der Fahrerlaubnis. Er legte eine Sehtest-Bescheinigung vom 16.07.2008 vor. Das Führungszeugnis vom 21.07.2008 enthält keine Eintragung.
10 
Mit Schreiben vom 06.08.2008 bat das Landratsamt Ortenaukreis den Kläger „entsprechend § 13 Nr. 2 Fahrerlaubnisverordnung“, ein medizinisch-psychologisches Gutachten bis zum 29.10.2008 vorzulegen. Aus den vorliegenden Akten sei ersichtlich, dass bei dem Trunkenheitsdelikt des Klägers ein besonders hoher Alkoholgehalt festgestellt worden sei. Dies begründe den Verdacht auf Alkoholmissbrauch bzw. lasse den Verdacht aufkommen, dass er übermäßig alkoholgewöhnt sei. Außerdem wies das Landratsamt darauf hin, dass die Behörde auf die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen könne, wenn er das Gutachten nicht beibringe.
11 
Der Kläger machte durch seinen Prozessbevollmächtigten geltend, es sei nicht zu erkennen, auf welche gesetzliche Regelung das Begehren zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gestützt werde, insbesondere welcher der Tatbestände des § 13 Nr. 2 FeV vorliegen solle. Die Voraussetzungen des § 13 Nr. 2 FeV und § 11 Abs. 3 Nr. 4 FeV lägen nicht vor.
12 
Mit Schreiben vom 10.09.2008 teilte das Landratsamt dem Kläger mit, die am 12.12.2005 um 21.55 Uhr entnommene Blutprobe habe eine Blutalkoholkonzentration von 1,60 Promille ergeben. Dies begründe den Verdacht auf Alkoholmissbrauch bzw. lasse den Verdacht aufkommen, dass er übermäßig alkoholgewöhnt sei. Hinzu komme, dass dem Blutabnahmeprotokoll des Arztes zu entnehmen sei, dass der Kläger fast überhaupt keine alkoholtypischen Ausfallerscheinungen gezeigt habe. Wissenschaftliche Untersuchungen hätten gezeigt, dass Personen, die eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille erreichten, meist an den Konsum großer, nur noch eingeschränkt kontrollierbarer Alkoholmengen gewöhnt seien. Es sei bei Blutalkoholwerten von 1,6 Promille mit erhöhter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass eine allgemeine Alkoholproblematik mit der Ausbildung einer erheblichen körperlichen Alkoholtoleranz und regelmäßig erhöhtem Konsum außerhalb des sozial üblichen Rahmens vorliege. Zur Vorbereitung der Entscheidung, ob die Fahrerlaubnis neu erteilt werden könne, bat das Landratsamt unter erneutem Hinweis auf die Folgen der Nichtbeibringung „entsprechend § 13 Nr. 1 Alt. 2 Fahrerlaubnisverordnung“, ein medizinisch-psychologisches Gutachten bis zum 03.12.2008 und die hierfür notwendige Einverständniserklärung bis zum 08.10.2008 vorzulegen.
13 
Mit Schreiben vom 17.10.2008 kündigte das Landratsamt an, den Antrag abzulehnen, wenn nicht bis zum 14.11.2008 die Einverständniserklärung für die medizinisch-psychologische Untersuchung oder eine weitere Nachricht des Klägers zugehe. Außerdem teilte es mit, die vorliegenden Antragsunterlagen seien ansonsten vollständig.
14 
Mit Verfügung vom 04.12.2008 lehnte das Landratsamt den Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis der Klassen AA, B und BE ab. Da der Kläger sich nicht mit der medizinisch-psychologischen Untersuchung einverstanden erklärt bzw. das medizinisch-psychologische Gutachten nicht fristgerecht vorgelegt habe, müsse davon ausgegangen werden, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet sei.
15 
Der Kläger legte hiergegen am 16.12.2008 Widerspruch ein mit der Begründung, es bestehe keine Rechtsgrundlage für die Ablehnung der Erteilung der Fahrerlaubnis und diese sei formell und materiell rechtswidrig. Es lägen 3 Jahre nach der Trunkenheitsfahrt keine Tatsachen vor, welche die Annahme von Alkoholmissbrauch begründeten. Es liege keine der Voraussetzungen des § 13 FeV oder des § 12 FeV vor. Die Entscheidung lasse nicht erkennen, dass eine Verhältnismäßigkeitsprüfung veranlasst worden wäre oder die Behörde Ermessen ausgeübt hätte.
16 
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2009 wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, das Landratsamt habe gemäß § 13 Nr. 2 Buchst. a bzw. e FeV zu Recht die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Eignungsgutachtens angeordnet. Die extrem hohe Blutalkoholkonzentration des Klägers von 1,58 Promille bei seiner Trunkenheitsfahrt belege einen mit sozialen Trinkmotiven nicht mehr zu vereinbarenden Umgang mit Alkohol. Personen, die solche Promillewerte erreichten, litten regelmäßig an einer dauerhaft ausgeprägten Alkoholproblematik. Für eine erhebliche Alkoholgewöhnung bzw. für Alkoholmissbrauch spreche insbesondere auch der Umstand, dass trotz dieser ex-trem hohen Alkoholisierung im Rahmen der ärztlichen Untersuchung am 12.12.2005 keine Auffälligkeiten im Bereich Finger-Finger-Probe, Nasen-Finger-Probe, Tonus-Erhöhung, Bindehäute, Pupillen, Bewusstsein, Denkablauf, Stimmung und Befinden hätten festgestellt werden können. Alkoholmissbrauch liege vor, wenn ein Bewerber oder Inhaber einer Fahrerlaubnis das Führen eines Kraftfahrzeuges und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen könne. Dies sei beim Kläger am 12.12.2005 der Fall gewesen. Nachdem der Kläger das Gutachten nicht beigebracht habe, habe das Landratsamt auf die Ungeeignetheit des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen dürfen und ihm die Neuerteilung der Fahrerlaubnis versagen müssen.
17 
Der Kläger hat am 04.03.2009 Klage beim Verwaltungsgericht Freiburg erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Regelung des § 13 Nr. 2 FeV sei abschließend. Einer der dort geregelten Fälle liege nicht vor. Die Begutachtungs-Leitlinien hätten keine Gesetzeskraft. Auch nach diesen liege kein Verdacht auf Alkoholmissbrauch vor. Solcher wäre anzunehmen, wenn der Kläger das Führen eines Kraftfahrzeuges und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen könnte, wofür mehr als drei Jahre nach der Alkoholfahrt keinerlei Anhalt vorliege. Der Kläger habe am 12.12.2005 einen schweren Streit mit seiner damaligen Lebensgefährtin gehabt. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte, dass er den einmaligen Vorfall sich nicht habe zur Warnung gereichen lassen. Folgte man der Argumentation des Beklagten, könnte dieser entgegen § 13 Nr. 2 Buchst. c FeV eigene Grenzwerte ansetzen und den Antragsteller willkürlich zur Beibringung von Gutachten zwingen. Der Beklagte dürfe gemäß § 3 Abs. 4 StVG nicht von den Feststellungen im Strafurteil abweichen. Die unmittelbare Nähe zu normierten Grenzwerten stellten keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage dar. Der Kläger habe die vom Arzt vermuteten Angaben bei dessen Untersuchungsbefund gerade nicht unterzeichnet. Dem Untersuchungsbefund sei zu entnehmen, dass der Arzt davon ausgegangen sei, dass der Kläger deutlich unter Alkoholeinfluss stehe.
18 
Mit Urteil vom 07.10.2009 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, das Landratsamt sei zu Recht von der fehlenden Eignung des Klägers ausgegangen, weil er das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht beigebracht habe. Es treffe zwar zu, dass der Kläger nicht die Voraussetzungen des § 13 Nr. 2 Buchst. c FeV erfülle, denn nach den insoweit bindenden Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts sei zu Gunsten des Klägers davon auszugehen, dass seine Blutalkoholkonzentration während des Führens des Kraftfahrzeugs lediglich 1,58 Promille betragen habe. Die Gutachtensanforderung sei jedoch nach § 13 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV rechtlich zulässig gewesen. Das Erfordernis eines ärztlichen Gutachtens beziehe sich nur auf die erste Alternative dieser Vorschrift, nicht auf die hier einschlägige zweite Alternative. Zwar folge nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aus den Regelungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers eine einmalige Fahrt unter Alkoholeinfluss erst dann die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertige, wenn dabei eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr nachgewiesen wurde. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts gelte dies aber jedenfalls dann nicht, wenn neben der bei einer erstmaligen Alkoholfahrt festgestellten Blutalkoholkonzentration von weniger als 1,6 Promille sonstige konkrete Tatsachen für einen Alkoholmissbrauch vorlägen. Das Vorliegen solcher Tatsachen habe das Landratsamt zu Recht bejaht. Die Befunde des Arztes im Rahmen der Untersuchung am 12.12.2005, deren Richtigkeit der Kläger nicht substantiiert in Zweifel gezogen habe, sprächen vor dem Hintergrund der erheblichen Blutalkoholkonzentration für eine hohe Alkoholgewöhnung und Giftfestigkeit. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass nach Nr. 3.11.2 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung die Annahme eines chronischen Alkoholkonsums mit besonderer Gewöhnung und Verlust der kritischen Einschätzung des Verkehrsrisikos schon dann gerechtfertigt sei, wenn bei Kraftfahrern im Straßenverkehr Werte um oder über 1,5 Promille angetroffen würden. Zwar weise der Kläger zu Recht darauf hin, dass im Protokoll der ärztlichen Untersuchung auch Feststellungen enthalten seien, welche für das Vorhandensein alkoholbedingter Ausfallerscheinungen sprächen. Angesichts der zahlreichen, für eine hohe Giftfestigkeit sprechenden Anhaltspunkte und der angesichts der festgestellten Alkoholkonzentration eher geringfügigen Ausfallerscheinungen habe das Landratsamt aber dennoch vom Vorhandensein konkreter Tatsachen für einen Alkoholmissbrauch ausgehen dürfen. Der für die Beschädigung eines anderen Fahrzeugs ursächliche geringe Fahrfehler stelle angesichts einer Blutalkoholkonzentration von 1,58 Promille die Annahme einer sehr hohen Alkoholgewöhnung gleichfalls nicht in Frage, zumal der Kläger nach dem Unfall noch in der Lage gewesen sei, weiterzufahren und seinen Pkw in der Garage abzustellen. Im Übrigen belege die Teilnahme des Klägers am Straßenverkehr mit der festgestellten Blutalkoholkonzentration, dass er nicht in der Lage sei, das Führen von Fahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum hinreichend sicher zu trennen. Es sei nicht erkennbar, dass der Kläger im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung wieder zum Führen eines Kraftfahrzeugs geeignet sei.
19 
Der Kläger hat am 05.11.2009 die Zulassung der Berufung beantragt und im Wesentlichen ausgeführt, § 13 Nr. 2 Buchst. a FeV setze das Vorliegen eines ärztlichen Gutachtens auch für die zweite Alternative voraus. Aus den Regelungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV folge, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers ein einmaliges Fahren unter Alkoholeinfluss erst dann die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertige, wenn dabei eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr nachgewiesen worden sei. Erforderlich seien zusätzliche Tatsachen, die auf eine fehlende Trennfähigkeit zwischen Alkoholkonsum und Teilnahme am Straßenverkehr schließen ließen. Ob sich eine Person, nachdem sie von der Polizei auf die Wache mitgenommen worden sei, geschockt zeige und deshalb klarer in ihrem Bewusstsein, ihrer Stimmung, ihrem Befinden und ihren Denkabläufen darstelle, sei nicht nur eine subjektive Einschätzung ihres Gegenübers, sondern sage auch überhaupt nichts darüber aus, ob diese Person Alkohol im straßenverkehrsrechtlichen Sinne missbrauche, also den Konsum von Alkohol nicht von der Teilnahme am Straßenverkehr trennen könne. Vermutungen des die Blutentnahme ohne Vorliegen einer richterlichen Entscheidung im Sinne von § 81a StPO vornehmenden Polizeiarztes seien keine Tatsachen im Sinne des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV. Der Kläger habe durch Verweigerung der Unterschrift zum Ausdruck gebracht, dass die Vermutungen des Polizeiarztes unzutreffend seien. Selbst wenn man davon ausgehe, dass § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a 2. Alternative FeV nicht zwingend ein vorheriges ärztliches Gutachten voraussetze, könnten nur solche Tatsachen herangezogen werden, die zeitlich nach dem einmaligen Vorfall unterhalb der Grenze des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV lägen und die fehlende Trennfähigkeit zwischen Alkoholkonsum und Teilnahme am Straßenverkehr beträfen. Es dürften nicht lediglich solche Umstände sein, die Schlüsse darauf zuließen, ob eine Person stärker oder weniger stark auf konsumierten Alkohol reagiere.
20 
Mit Beschluss vom 01.03.2011- dem Kläger zugestellt am 10.03.2011 - hat der Senat die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zugelassen.
21 
Mit einem am 01.04.2010 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten hat der Kläger die Berufung unter Stellung eines Antrags und unter ergänzender Bezugnahme auf die Ausführungen im Zulassungsantrag begründet. Er hat im Wesentlichen ausgeführt, die Behauptung, ein Wert von 1,58 Promille würde eine hohe Gewöhnung an die Giftwirkung von Alkohol voraussetzen, sei falsch, da ein solcher Wert auch von Einmalkonsumenten erreicht werden könne. Die den Alkoholmissbrauch begründenden Tatsachen müssten außerhalb des Vorfalles, wegen dem die Fahrerlaubnis entzogen worden sei, liegen. Ansonsten käme es zu einer verfassungswidrigen Umgehung des Verbots der Doppelbestrafung. Das Oberverwaltungsgericht Saarlouis und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof verlangten eine einschränkende Auslegung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV. Die Gesamtumstände müssten Zweifel rechtfertigen, der Betroffene könne Trinken und Fahren nicht sicher trennen. Dies könne nicht aus einer ausweislich des Polizeiarztes angeblich bestandenen Finger-Finger-Probe oder einer Tonuserhöhung abgeleitet werden. Am Kläger sei unter Verstoß gegen § 81a StPO eine Blutprobe veranlasst worden. Der Kläger habe ausweislich des Polizeiberichts sämtliche Tests und Aussagen sowie Schriftproben verweigert. Die vom Polizeiarzt behaupteten Befunde lägen nicht vor. Es werde in Abrede gestellt, dass der Kläger überhaupt einem Finger-Finger-Test oder einem Finger-Nasen-Test unterzogen worden sei. Jeder Körper reagiere anders auf Alkohol. Ob die Bindehäute klar oder gerötet seien, habe nichts mit der Prüfung zu tun, ob eine Person Trinken und Fahren nicht voneinander trennen könne. Die Nr. 3.11.2 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung beziehe sich auf Alkoholabhängigkeit und nicht auf Alkoholmissbrauch. Die Begutachtungs-Leitlinien hätten keinen Gesetzes- oder Verordnungscharakter. Sie seien nicht geeignet, als Auslegungshilfe für Gesetze und Verordnung Anwendung zu finden, da sie nicht auf einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage beruhten. Juristische und psychologische Maßstäbe dürften nicht vermengt werden. Vom Verordnungsgeber sei nicht gewünscht, dass die Führerscheinbehörde in jedem Fall einmaligen Alkoholkonsumes unterhalb der Schwelle des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV ein Gutachten anordnen könne. Wenn der Kernbereich der Regelungen in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b bis e FeV betroffen sei, müssten deren Voraussetzungen vorliegen. Die Auffangregelung in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV solle dazu dienen, dass Eingriffsmöglichkeiten gegeben seien, wenn außerhalb dieser Regelungsbereiche Tatsachen über Mitteilungen gemäß § 2 Abs. 12 StVG bekannt würden. Aus § 2 Abs. 12 StVG sei auch ersichtlich, dass lediglich vorübergehende Mängel wie die Fähigkeit oder Nichtfähigkeit des Absolvierens von Tests von Polizeiärzten nicht als Tatsachen im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV anzusehen seien. Auch aus formalen Gründen sei die Anordnung rechtswidrig. Die Gutachtenanordnung vom 06.08.2008 entspreche nicht den Vorgaben des 10. Senats des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg. Die behaupteten Umstände seien nicht so genau bezeichnet, dass man prüfen könne, ob nach der Fahrerlaubnis-Verordnung Anlass für die Gutachtensordnung bestanden habe. Es werde nicht einmal das Datum des Delikts mitgeteilt und es sei dem Schreiben nicht zu entnehmen, welche Akten der Führerscheinbehörde vorgelegen hätten. In § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV sei nur die verwaltungsbehördliche Entziehung erfasst. Die Bindungswirkung des § 3 Abs. 4 StVG werde ausgehöhlt, wenn die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens verlangt werde. Der Kläger trinke überhaupt keinen Alkohol mehr, seit seine Lebensgefährtin an den Folgen übermäßigen Alkoholkonsums verstorben sei. Er habe Anspruch auf Erteilung der Fahrerlaubnis ohne vorherige medizinisch-psychologische Untersuchung.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 7. Oktober 2009 - 2 K 320/09 - zu ändern und die Verfügung des Landratsamts Ortenaukreis vom 04.12.2008 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 06.02.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die Fahrerlaubnis der Klassen AA, B und BE zu erteilen
24 
und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
25 
Der Beklagte beantragt,
26 
die Berufung zurückzuweisen.
27 
Der Beklagte tritt der Berufung entgegen und verweist zur Begründung auf seine Verfügung und das von ihm für richtig gehaltene Urteil des Verwaltungsgerichts. Er macht ergänzend geltend, der Senat habe erst nach Ergehen der Gutachtensanforderung entschieden, dass eine konkrete Fragestellung enthalten sein müsse. Eine solche Fragestellung sei dem Kläger nicht mitgeteilt worden. Er habe jedoch ein Formblatt erhalten, in welchem die Begutachtungsstellen genannt und darauf hingewiesen worden sei, dass er die Akten einsehen könne.
28 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts, die Fahrerlaubnisakte des Landratsamts, die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Freiburg und die Strafakten des Amtsgerichts Lahr (Az.: 9 Js 19467/05 und 9 Js 12017/06) vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
29 
Die vom Senat zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist nur teilweise begründet. Die Verfügung des Landratsamts Ortenaukreis vom 04.12.2008 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 06.02.2009 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis der Klassen AA, B, BE, sondern nur auf erneute Entscheidung über seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).
30 
Nach § 20 Abs. 1 FeV gelten im Verfahren auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung die Vorschriften über die Ersterteilung. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG müssen Fahrerlaubnisbewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein. Dies ist gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG, § 11 Abs. 1 Satz 1 FeV der Fall, wenn sie die körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen und nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV sind die Anforderungen insbesondere dann nicht erfüllt, wenn ein Mangel oder eine Erkrankung im Sinne von Anlage 4 oder 5 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegt. Gibt es hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher Mangel vorliegen könnte, ist die Fahrerlaubnisbehörde nach Maßgabe der §§ 11 bis 14 FeV dazu berechtigt oder sogar verpflichtet, Maßnahmen zur Aufklärung bestehender Fahreignungszweifel zu ergreifen. Geht es - wie hier - um eine Alkoholproblematik und somit um Anhaltspunkte für einen Mangel im Sinne von Nummer 8 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung, richten sich die von der Fahrerlaubnisbehörde zu treffenden Maßnahmen zur Klärung von Eignungszweifeln wegen des Alkoholverhaltens des Fahrerlaubnisbewerbers in erster Linie nach der Bestimmung des § 13 FeV. Zwingt diese Vorschrift zur Anordnung einer Begutachtung des Fahrerlaubnisbewerbers, so darf die Behörde die Fahrerlaubnis nur wieder erteilen, wenn ein positives Gutachten zur Ausräumung der Eignungszweifel vorgelegt wurde. Wird ein formell und materiell rechtmäßig angeordnetes Gutachten nicht vorgelegt, darf die Behörde im Übrigen nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen.
31 
Das Vorliegen der Fahreignung wird vom Gesetz positiv als Voraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis gefordert; die Nichtfeststellbarkeit der Fahreignung geht also zu Lasten des Bewerbers (vgl. Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, § 2 StVG Rn. 7). Ein Anspruch auf Erteilung der Fahrerlaubnis besteht nicht, solange Eignungszweifel vorliegen, welche die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens rechtfertigen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 23.02.2010 -11 CE 09.2812 -, juris).
32 
Vorliegend ist die Nichteignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen der beantragten Klassen noch nicht erwiesen (dazu unter 1.). Die Eignung steht jedoch ebenfalls noch nicht fest. Es liegen vielmehr Eignungszweifel vor, welche die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erfordern. Ein Anspruch auf Erteilung der Fahrerlaubnis besteht daher zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nicht (dazu unter 2.). Der Kläger hat jedoch einen Anspruch darauf, dass die Fahrerlaubnisbehörde nach ordnungsgemäßer Durchführung des in §§ 11, 13 FeV geregelten Verfahrens erneut über seinen Antrag entscheidet (dazu unter 3.).
33 
1. Die Nichteignung des Klägers ist noch nicht erwiesen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts durfte das Landratsamt hier nicht deshalb gemäß § 11 Abs. 8 FeV von der fehlenden Eignung des Klägers ausgehen, weil er das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht beigebracht hat. Der Schluss auf die Nichteignung ist nur zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2001 - 3 C 13.01 -, juris; BVerwG, Urteil vom 09.06.2005 - 3 C 25/04 - juris; Senatsbeschluss vom 24.06.2002 - 10 S 985/02 -, VBlBW 2002, 441, m.w.N).
34 
Die Anordnung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens in den Schreiben des Landratsamts vom 06.08.2008 und 10.09.2008 genügte nicht den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV. Danach legt die Fahrerlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind (Satz 1). Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an der Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann (Satz 2).
35 
Aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Regelung folgt, dass schon in der Gutachtensanordnung die Konkretisierung des Untersuchungsthemas zu erfolgen hat. Denn die Fragestellung ist nach dem Willen des Verordnungsgebers „in der Anordnung festzulegen und hat zudem die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen“. Damit wird der zuständigen Behörde die Pflicht auferlegt, bereits in der Anordnung der Gutachtensbeibringung festzulegen, welche konkreten Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zu untersuchen sind. Wird hingegen in der Gutachtensanordnung lediglich das Ziel genannt, die Fahreignung des Betroffenen zu klären, erschöpft sie sich in der Wiederholung des Gesetzestextes und lässt nicht erkennen, dass die Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigt worden sind. Hat die Entscheidung, was Gegenstand der Begutachtung sein soll, aber bereits im Rahmen der an den Betroffenen gerichteten Anordnung zu fallen, folgt hieraus auch, dass die zuständige Behörde dem Betroffenen die jeweilige Fragestellung des § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV in der Anordnung mitzuteilen hat. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 6 FeV, der eine Mitteilungspflicht erst gegenüber der untersuchenden Stelle in § 11 Abs. 6 Satz 4 FeV erwähnt, wohl aber aus Sinn und Zweck der Regelung. Erst die Offenlegung gegenüber dem Betroffenen führt zu einer verbindlichen Fragestellung, an die sich der Gutachter zu halten hat (vgl. Nr. 1. a der Anlage 15 zur Fahrerlaubnis-Verordnung). Vor allem ist die Mitteilung der Fragestellung aber im Hinblick auf die gravierenden Rechtsfolgen des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV bei einer Verweigerung der Begutachtung geboten, zumal die Anordnung nicht selbständig anfechtbar ist (vgl. Senatsbeschluss vom 24.06.2002 - 10 S 985/02 - a.a.O., m.w.N.). Denn nur die Mitteilung der konkreten Fragestellung versetzt den Betroffenen in die Lage, sich innerhalb der nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV gesetzten Frist ein Urteil darüber zu bilden, ob die Aufforderung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist, oder ob er sich ihr verweigern darf, ohne befürchten zu müssen, dass ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis unter Berufung auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV wegen Nichteignung entzieht. Nur bei genauer Kenntnis der Fragestellung kann sich der Betroffene auch darüber schlüssig werden, ob er sich - unbeschadet der Rechtmäßigkeit der Anordnung - der Untersuchung seiner Persönlichkeit und gegebenenfalls den körperlichen Eingriffen und der psychologischen Exploration aussetzen will, die mit der Eignungsbegutachtung einhergehen können. Schließlich ist die Mitteilung der Fragestellung an den Betroffenen geboten, um diesem die Prüfung zu ermöglichen, ob sich die Begutachtungsstelle an die Fragestellung der Behörde hält und ob die ihm und dem Gutachter mitgeteilten Fragen identisch sind (vgl. zum Ganzen: Beschlüsse des Senats vom 20.04.2010 - 10 S 319/10 -, VBlBW 2010, 323; und vom 10.12.2010 - 10 S 2173/10 -, VBlBW 2011, 196; sowie BayVGH, Beschluss vom 28.09.2006 - 11 CS 06.732 -, juris).
36 
Diesen formellen Anforderungen genügen die Schreiben des Landratsamts Ortenaukreis vom 06.08.2008 und vom 10.09.2008 jeweils nicht. Zwar lässt sich zumindest dem Schreiben vom 10.09.2008 noch hinreichend deutlich entnehmen, welcher Sachverhalt nach Auffassung der Fahrerlaubnisbehörde die Eignungszweifel begründet. Wie auch der Beklagte in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, wurde dem Kläger jedoch keine konkrete Fragestellung mitgeteilt. Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass der Senat dieses Erfordernis erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich mit Beschluss vom 20.04.2010 - 10 S 319/10 -, a.a.O., in seiner Rechtsprechung hervorgehoben hat. Die sich aus § 11 Abs. 6 FeV ergebenden Anforderungen waren jedoch auch schon vor dieser Entscheidung einzuhalten.
37 
Ob die Anordnung auch deshalb formell fehlerhaft ist, weil die Rechtsgrundlage für die Gutachtensanordnung in den Schreiben vom 06.08.2008 und vom 10.09.2008 ungenau bzw. unrichtig angegeben wurde, kann offen bleiben. Nach summarischer Prüfung in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Senat (Beschluss vom 24.06.2002 - 10 S 985/02 -, VBlBW 2002, 441) davon ausgegangen, die Angabe einer tatsächlich nicht einschlägigen Ermächtigungsgrundlage ziehe für sich allein in der Regel noch nicht die Rechtswidrigkeit der Anordnung nach sich. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 24.08.2010 - 11 CS 10.1139 -, juris) ist dagegen der Auffassung, die Behörde könne sich nicht auf § 11 Abs. 8 FeV berufen, wenn sie in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens eine nicht einschlägige Rechtsgrundlage angebe.
38 
Es kann weiter offen bleiben, ob dem Kläger gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 und 3 FeV mitgeteilt worden ist, dass er die Unterlagen einsehen kann und welche Begutachtungsstellen in Betracht kommen. Der Vertreter des Beklagten hat zwar in der mündlichen Verhandlung erklärt, dem Kläger sei ein Formblatt mit entsprechenden Angaben übersandt worden. In den vorliegenden Akten ist dies jedoch nicht dokumentiert. Offen bleiben kann auch, ob das Unterbleiben eines solchen Hinweises dem Schluss auf die Nichteignung nach § 11 Abs. 8 FeV entgegensteht (vgl. dies in Bezug auf den Hinweis nach § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV verneinend: Hessischer VGH, Urteil vom 26.05.2011 - 2 B 550/11 -, juris).
39 
Die Fahrerlaubnisbehörde hätte daher den Antrag des Klägers noch nicht ablehnen dürfen, sondern hätte zunächst die fortbestehenden Zweifel an der Fahreignung (dazu unten) im Wege einer neuen, ordnungsgemäßen Gutachtensanordnung aufklären müssen.
40 
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Fahrerlaubnis, da nicht ausgeräumte Eignungsbedenken die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erfordern.
41 
a) Entgegen der Auffassung des Klägers führt allein der Ablauf der vom Strafgericht festgelegten Sperrfrist gemäß § 69a StGB nicht dazu, dass wieder von der Fahreignung auszugehen ist. Die zeitliche Befristung der Sperre bedeutet nicht, dass die vom Strafrichter nach Maßgabe des § 69 Abs. 1 und 2 StGB verneinte Eignung mit dem Ablauf der Sperre automatisch wieder zu bejahen wäre. Die Sperrfrist gibt nur den Mindestzeitraum an, währenddessen der Verurteilte infolge seiner aus der begangenen Straftat abgeleiteten Gefährlichkeit für den Straßenverkehr in jedem Falle als ungeeignet anzusehen ist. Ob die eignungsausschließende Gefährlichkeit fortbesteht, ist im Anschluss daran von der Straßenverkehrsbehörde auch bei Ersttätern eigenständig zu beurteilen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 20.02.1987 - 7 C 87/84 -, BVerwGE 77, 40).
42 
b) Die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist hier allerdings nicht nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV gerechtfertigt, da nicht festgestellt werden kann, dass der Kläger bereits zum Zeitpunkt der Fahrt eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,6 Promille oder eine Atemalkoholkonzentration von mindestens 0,8 mg/l erreicht hatte. Dabei kann offen bleiben, ob die Fahrerlaubnisbehörde auch im Erteilungsverfahren nach § 3 Abs. 4 StVG an die Feststellungen in dem Strafurteil gebunden ist, obwohl in dieser Vorschrift nur das Entziehungsverfahren ausdrücklich genannt ist. Jedenfalls wurde die Blutprobe, welche eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille ergeben hat, erst ca. 35 Minuten nach Fahrtende entnommen. Aufgrund der Angaben des Klägers ist davon auszugehen, dass er den Alkohol, der zu diesem Wert geführt hat, bereits vor der Fahrt konsumiert hatte. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass er sich während der Fahrt noch in der Resorptionsphase befand und erst nach Beendigung der Fahrt die Blutalkoholkonzentration auf 1,6 Promille angestiegen ist. Da eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille zum Zeitpunkt der Fahrt nicht nachzuweisen ist und der Wortlaut des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV anders als § 24a StVG nicht auch eine entsprechende Alkoholmenge im Körper genügen lässt (a.A. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 09.10.2009 – 3 M 324/09 -, juris), erfordert § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c FeV vorliegend nicht die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens.
43 
c) Die Fahrerlaubnisbehörde ist aber gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV verpflichtet, die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen. Nach dieser Vorschrift ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a bis c genannten Gründe entzogen war.
44 
aa) Dem Kläger ist die Fahrerlaubnis durch strafgerichtliches Urteil entzogen worden. Entziehung im Sinne des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV ist nicht nur die Entziehung durch die Verwaltungsbehörde, sondern auch die strafgerichtliche Entziehung aufgrund von § 69 StGB. Der Senat hat in seinem Urteil vom 18.05.2004 (- 10 S 2796/03 -, VBlBW 2004, 428) zu § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV in der damals geltenden Fassung ausgeführt:
45 
„Den Regelungen des Straßenverkehrsgesetzes kann entnommen werden, dass sich der Gesetzgeber beim Erlass der Möglichkeiten der Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund von § 69 StGB und durch einen anfechtbaren Verwaltungsakt der Behörde bewusst war. Wenn in der aufgrund von § 6 Abs. 1 StVG erlassenen Fahrerlaubnis-Verordnung der Begriff der Entziehung der Fahrerlaubnis verwendet wird, so ist davon auszugehen, dass damit beide Wege der Entziehung der Fahrerlaubnis gemeint sind. Die Beschränkung des Begriffs der Entziehung der Fahrerlaubnis auf die Feststellung der Fahrungeeignetheit in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren widerspräche der Vorrangstellung, die der Gesetzgeber (vgl. § 3 Abs. 3 StVG) im Übrigen der im Rahmen eines Strafverfahrens erfolgenden Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis beimisst.“
46 
Nach der damals geltenden Fassung des § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV war die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, „wenn die Fahrerlaubnis aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe entzogen war“. Hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis war diese Bestimmung somit wortgleich mit § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV. Die oben genannten Gründe gelten daher auch hier.
47 
Zwar enthält § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV in der heute geltenden Fassung eine abweichende Formulierung dahingehend, dass die Fahrerlaubnis „durch die Fahrerlaubnisbehörde oder ein Gericht entzogen“ worden sein muss. Diese Formulierung wurde erst durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften mit Gültigkeit ab dem 30.10.2008 in § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV eingefügt. Sie bewirkte jedoch keine inhaltliche Änderung und lässt daher nicht den Schluss zu, dass § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV nur die behördliche Entziehung umfasst. Der Verordnungsgeber ist bei der Ergänzung des § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV lediglich der schon zur bisherigen Fassung vertretenen Auffassung des Senats klarstellend gefolgt. Er hat in der Begründung der o.g. Änderungsverordnung (Bundesrat Drs. 302/08 S. 62 f.) ausdrücklich auf das Urteil des Senats vom 18.05.2004 - 10 S 2796/03 - Bezug genommen, dessen Auffassung zu folgen sei, und die oben angeführten Gründe des Urteils wiedergegeben. Daraus, dass § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV unverändert geblieben ist, kann nicht geschlossen werden, dass der Begriff der Entziehung dort nunmehr auf die behördliche Entziehung beschränkt ist. Es ist auch kein Grund dafür ersichtlich, an die Prüfung der Wiedererlangung der Fahreignung nach strafgerichtlicher Entziehung andere oder geringere Anforderungen zu stellen als nach behördlicher Entziehung.
48 
bb) Die Fahrerlaubnis ist dem Kläger wegen Alkoholmissbrauchs und damit aus einem der unter den Buchstaben a bis c des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV genannten Gründe entzogen worden. Der Verweis auf die unter den Buchstaben a bis c genannten Gründe in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV bedarf der Auslegung. In ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich regeln die Buchstaben a bis c nämlich nur die Voraussetzungen für die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, nicht aber Tatbestände, die unmittelbar zur Entziehung führen. Aus dem Buchstaben a wird deutlich, dass es darin um die Aufklärung geht, ob Alkoholmissbrauch im straßenverkehrsrechtlichen Sinne, d.h. das Unvermögen zur hinreichend sicheren Trennung eines die Verkehrssicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsums vom Führen von Kraftfahrzeugen, vorliegt. Nicht schon der Verdacht auf Alkoholmissbrauch, sondern erst dessen Feststellung rechtfertigt jedoch die Entziehung. Die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens hat nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV daher jedenfalls dann zu erfolgen, wenn die Fahrerlaubnis wegen Alkoholmissbrauchs entzogen war (vgl. Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, § 13 FeV Rn. 26). Lag in der Vergangenheit Alkoholmissbrauch vor, wovon nach einer auf Alkoholmissbrauch beruhenden Entziehung im Sinne einer Tatbestandswirkung auszugehen ist, ist die Fahreignung gemäß Nr. 8.2 der Anlage 4 zur FeV erst dann wieder gegeben, wenn der Missbrauch beendet und die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist. Dies ist durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten aufgrund von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV zu klären. Ob § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV auch Fälle erfasst, in denen die Entziehung auf § 11 Abs. 8 FeV infolge der Nichtbeibringung eines nach Buchstaben a bis c angeordneten medizinisch-psychologischen Gutachtens beruhte, kann dahingestellt bleiben (ablehnend BayVGH, Urteil vom 02.12.2011 - 11 B 11.246 -, juris). Jedenfalls kommt es nicht darauf an, ob die Entziehung wegen Alkoholmissbrauchs durch ein Strafgericht oder durch eine Verwaltungsbehörde erfolgt ist. Die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund von § 69 StGB ist eine Maßregel der Besserung und Sicherung, deren Verhängung ausschließlich von der Frage der Ungeeignetheit zum Führen Kraftfahrzeugen abhängt (vgl. Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, § 69 StGB Rn. 1 und 12 m.w.N.). Der strafgerichtlichen Feststellung der Ungeeignetheit kommt dabei keinesfalls eine geringere Bedeutung zu als der verwaltungsbehördlichen. Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 3 Abs. 3 und 4 StVG der strafgerichtlichen Entziehung den Vorrang eingeräumt. Auch im Falle der strafgerichtlichen Entziehung wegen Alkoholmissbrauchs bedarf es der Überprüfung durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten, ob die Fahreignung entsprechend den Vorgaben der Nr. 8.2 der Anlage 4 zur FeV wieder erlangt wurde.
49 
Vorliegend lag der strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis durch Urteil vom 20.02.2006 u.a. zugrunde, dass der Kläger am 12.12.2005 mit dem Pkw fuhr, obwohl er infolge des vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig war. Diese Tat belegt einen Alkoholmissbrauch, da der Kläger erwiesenermaßen nicht zwischen einem die Fahreignung ausschließenden Alkoholkonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt hat. Das Strafgericht hat keine Ausnahme von der Regel des § 69 Abs. 2 StGB, wonach u.a. die vom Kläger begangene Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen führt, festgestellt. Bei der Bemessung der Sperrfrist hat es neben der persönlichen Situation des Klägers auf den Grad der Alkoholisierung abgestellt. Nach alledem ist die strafgerichtliche Entziehung wegen Alkoholmissbrauchs erfolgt und ist daher nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zwingend anzuordnen. Allein der Vortrag des Klägers, er trinke überhaupt keinen Alkohol mehr, reicht nicht aus, um von der Wiedererlangung der Fahreignung auszugehen.
50 
Die Bindungswirkung des strafgerichtlichen Urteils gemäß § 3 Abs. 4 StVG wird hierdurch entgegen der Auffassung des Klägers nicht ausgehöhlt. Eine Abweichung von den Feststellungen des Strafurteils zu Lasten des Klägers erfolgt nicht.
51 
d) Unabhängig von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV ist die Fahrerlaubnisbehörde vorliegend auch nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a 2. Alt. FeV verpflichtet, die Beibringung eines medizinisch - psychologischen Gutachtens anzuordnen. Nach dieser Vorschrift hat die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch im straßenverkehrsrechtlichen Sinne begründen.
52 
aa) Entgegen der Auffassung des Klägers setzt die 2. Alternative dieser Vorschrift nicht – wie die 1. Alternative – voraus, dass sich die Tatsachen aus einem ärztlichen Gutachten ergeben (vgl. Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, § 13 FeV Rn. 18, 20). Vielmehr kommt dieser Vorschrift eine Auffangfunktion zu, da mit ihr sichergestellt werden soll, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei Fällen eines greifbaren Gefahrenverdachts nicht „sehenden Auges“ untätig bleiben muss. Es entspricht auch der staatlichen Pflicht zum Schutz von Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) anderer Verkehrsteilnehmer, der erkannten Alkoholproblematik eines Fahrerlaubnisinhabers nachzugehen. Maßnahmen nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a 2. Alt. FeV sind daher bereits dann geboten, wenn deutliche Indizien für eine weit überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung des Betroffenen vorliegen und außerdem weitere tatsächliche Umstände festzustellen sind, die in einer Gesamtschau mit der vermuteten Alkoholproblematik die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen (vgl. zum Ganzen Senatsbeschlüsse vom 09.11.2011 – 10 S 830/11 – und vom 24.06.2002 – 10 S 985/02 -, a.a.O.); .
53 
bb) Allerdings rechtfertigt eine einmalige Alkoholfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille nach dem Willen des Verordnungsgebers für sich genommen nicht die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auf der Grundlage des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a 2. Alternative FeV. Dies folgt aus dem systematischen Zusammenhang mit der spezielleren Regelung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV, wonach bei einer einmaligen Alkoholfahrt die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (nur) angeordnet wird, wenn bei der Trunkenheitsfahrt eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr nachgewiesen wurde. Vor diesem Hintergrund ist § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV so zu verstehen, dass er in Fällen, in denen wie hier nur eine einmalige Alkoholfahrt mit geringerer Blutalkoholkonzentration vorliegt, die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nur erlaubt, wenn zusätzliche konkrete Anzeichen für einen Alkoholmissbrauch im straßenverkehrsrechtlichen Sinne vorliegen, also dafür, dass der Betroffene generell zwischen einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum und dem Fahren nicht zu trennen vermag (vgl. Senatsbeschlüsse vom 21.06.2010 - 10 S 957/10 - und vom 28.02.2012 - 10 S 2905/11 -; BayVGH, Urteil vom 02.12.2011 - 11 B 11.246 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 14.04.2009 - 11 CE 09.505 -, juris).
54 
Entgegen der Auffassung des Klägers müssen die zusätzlichen Tatsachen nicht zwingend zeitlich nach der einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille liegen. Mit der oben dargestellten Auffangfunktion und dem Schutz der Verkehrsteilnehmer ist es nicht zu vereinbaren, zusätzliche Tatsachen allein wegen ihres zeitlichen Zusammenhangs mit einer Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille außer Acht zu lassen. Auch ist aus den Vorschriften der § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstaben b und c FeV nicht zu folgern, dass eine einmalige Trunkenheitsfahrt unter 1,6 Promille im Rahmen von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a 2. Alt. FeV überhaupt keine Berücksichtigung finden darf. Vielmehr darf sie in die Gesamtschau mit einbezogen werden und kann beim Hinzutreten weiterer Tatsachen die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigen.
55 
Der Berücksichtigung der Tat vom 12.12.2005 bei der Gutachtensanordnung steht auch nicht, wie der Kläger geltend macht, das Verbot der Doppelbestrafung entgegen. Bei der Überprüfung der Fahreignung handelt es sich nicht um eine strafrechtliche Sanktion, sondern um eine präventive Maßnahme im Interesse der Verkehrssicherheit.
56 
cc) Der Senat teilt allerdings nicht die Auffassung des Beklagten und des Verwaltungsgerichts, die erforderlichen zusätzlichen Tatsachen ergäben sich aus den Feststellungen des Polizeiarztes anlässlich der Blutentnahme. Die protokollierten Feststellungen sind nicht aussagekräftig genug, um bereits hieraus auf eine hohe Alkoholgewöhnung des Klägers zu schließen. Der Beklagte und das Verwaltungsgericht stellen diejenigen Feststellungen, die gegen alkoholbedingte Ausfallerscheinungen sprechen, zu sehr in den Vordergrund. Der Arzt hat jedoch auch alkoholbedingte Einschränkungen festgestellt hat, wie Silbenstolpern und stumpfes Verhalten. Da der Kläger die Mitwirkung zumindest teilweise verweigerte, konnten auch nicht alle Tests durchgeführt werden. Insbesondere kam der Arzt zu der zusammenfassenden Einschätzung, der Kläger scheine äußerlich deutlich unter Alkoholeinfluss zu stehen. Gerade dies spricht dafür, dass beim Kläger nicht nur geringfügige alkoholbedingte Ausfallerscheinungen vorhanden waren. Nach alledem lassen allein die ärztlichen Feststellungen in dem Protokoll nicht den Schluss auf eine hohe Alkoholgewöhnung des Klägers zu. Im Nachhinein kann auch nicht mehr zuverlässig geklärt werden, wie groß die alkoholbedingte Beeinträchtigung des Klägers am 12.12.2005 war.
57 
dd) Dass der Kläger regelmäßig Alkohol konsumiert und bei ihm eine weit überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung vorliegt, folgt jedoch aus dem Ergebnis der ca. 35 Minuten nach der Fahrt entnommenen Blutprobe, bei deren Auswertung eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille festgestellt wurde.
58 
Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Blutentnahme am 12.12.2005 ohne richterliche Anordnung erfolgt sei und das Ergebnis der Blutuntersuchung daher von der Fahrerlaubnisbehörde nicht habe verwertet werden dürfen. Nach § 81a Abs. 2 StPO steht die Anordnung einer körperlichen Untersuchung gegen den Willen des Betroffenen dem Richter und nur bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen zu. Die Frage, ob die Voraussetzungen der Gefährdung des Untersuchungserfolges vorgelegen haben, lässt sich im vorliegenden Verfahren auf Grundlage der vorliegenden Akten nicht abschließend beantworten und ist - soweit ersichtlich - bislang nicht Gegenstand einer straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtlichen Entscheidung gewesen. Die Frage, ob unter Berücksichtigung des hierzu vom Bundesverfassungsgericht entwickelten strengen Maßstabs (BVerfG, Beschl. v. 12.02.2007 - 2 BvR 273/06 - NJW 2007, 1345) ausnahmsweise die Befugnis der Ermittlungsbeamten zur Anordnung der Blutentnahme gegeben war, kann aber dahinstehen. Selbst wenn zugunsten des Klägers von einem Verstoß gegen die strafprozessuale Beweiserhebungsvorschrift des § 81a Abs. 2 StPO ausgegangen wird - dessen Vorliegen der Senat ausdrücklich offen lässt - , folgt daraus nicht zugleich ein Verbot für die Fahrerlaubnisbehörde, das Ergebnis der Blutuntersuchung im Verfahren auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis zu verwerten (vgl. für das Fahrerlaubnisentziehungsverfahren Senatsbeschlüsse vom 21.06.2010 - 10 S 4/10 -, juris und vom 28.11.2011 - 10 S 2304/11 -).
59 
Es ist schon nicht ersichtlich, dass ein eventueller Verstoß gegen § 81a Abs. 2 StPO zu einem strafprozessualen Verwertungsverbot geführt hat. Von einem solchen Verwertungsverbot ist das Amtsgericht Lahr nicht ausgegangen, sondern hat in seinem Urteil auf das Ergebnis der Blutprobe abgestellt. Für den Strafprozess ist anerkannt, dass über das Vorliegen eines Beweisverwertungsverbotes - mit Ausnahme ausdrücklich geregelter Verwertungsverbote - jeweils nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.07.2008 - 2 BvR 784/08 - NJW 2008, 3053, m.w.N. zur Rechtsprechung der Strafgerichte). Im Anwendungsbereich des § 81a StPO, der - wie dargelegt - eine Eilanordnung durch Polizeibeamte nicht schlechthin ausschließt, tritt das staatliche Strafverfolgungsinteresse gegenüber dem Individualinteresse des Einzelnen an der Bewahrung seiner Rechtsgüter zurück, wenn Gefahr im Verzug willkürlich angenommen und der Richtervorbehalt bewusst und gezielt umgangen bzw. ignoriert wird oder wenn die Rechtslage bei Anordnung der Maßnahme in gleichwertiger Weise verkannt worden ist (vgl. etwa OLG Karlsruhe, Beschl. v. 02.06.2009 - 1 Ss 183/08 - juris; OLG Celle, Beschl. v. 15.09.2009 - 322 SsBs 197/09 -, juris). Gegen die Annahme eines strafprozessualen Verwertungsverbots spricht hier, dass bei einem Sachverhalt der vorliegenden Art eine richterliche Anordnung mit hoher Wahrscheinlichkeit regelmäßig auch fernmündlich und typischerweise zu ergehen pflegt und dass eine Blutentnahme durch einen Arzt einen eher geringfügigen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Betroffenen darstellt, dem andererseits ein erhebliches öffentliches Interesse an der Abwendung erheblicher Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer gegenübersteht (vgl. dazu OLG Karlsruhe, Beschl. v. 02.06.2009, a.a.O.; OLG Celle, Beschl. v. 15.9.2009 a.a.O).
60 
Auch wenn aber ein strafprozessuales Verwertungsverbot unterstellt wird, ist im vorliegenden Verwaltungsverfahren keine entsprechende Bewertung geboten. Für den Bereich des Fahrerlaubnisrechts ist weder im Straßenverkehrsgesetz noch in der Fahrerlaubnis-Verordnung ein ausdrückliches Verwertungsverbot für nicht richterlich angeordnete körperliche Untersuchungen angeordnet. Ebenso wie im Strafprozessrecht kann daher ein solches Verbot nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der gegenläufigen Interessen angenommen werden, wobei jedoch in Verwaltungsverfahren, die wie das Fahrerlaubnisrecht der Gefahrenabwehr dienen, nicht ohne Weiteres dieselben Maßstäbe wie im repressiven Bereich des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts gelten. Zwar hat die Behörde auch im Verwaltungsverfahren im Rahmen ihrer Ermittlungstätigkeit die sich aus den Gesetzen, allgemeinen Verfahrensgrundsätzen und Grundrechten ergebenden Grenzen zu beachten. Aus diesen können sich durchaus Verwertungsverbote für das Verwaltungsverfahren ergeben. Hierbei ist jedoch zu prüfen, ob der Schutzzweck der jeweiligen Norm das Verwertungsverbot auch für das Verwaltungsverfahren erfordert. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfte der Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO nicht zum rechtsstaatlichen Mindeststandard zählen (BVerfG, Beschl. 28.07.2008 - 2 BvR 784/08 - NJW 2008, 3053, juris). Hinsichtlich des Fahrerlaubnisentziehungsverfahrens ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass es - anders als das Straf- und Bußgeldverfahren - nicht der Verfolgung und Ahndung begangener Rechtsverstöße dient, sondern dem Schutz Dritter vor den Gefahren, die von einem ungeeigneten Kraftfahrer ausgehen. Im Verfahren zur Entziehung der Fahrerlaubnis hat die Behörde deshalb maßgeblich und mit besonderem Gewicht neben den Grundrechten des Betroffenen weitere hochrangige Rechtsgüter Dritter wie Leben und Gesundheit und das öffentliche Interesse am Schutz der Allgemeinheit vor Fahrerlaubnisinhabern, die sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen haben, zu beachten. Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt es, auch eine rechtswidrig angeordnete Blutuntersuchung zu berücksichtigen, wenn das Ergebnis eindeutig negativ für den Betroffenen ist. Dieser Gedanke gilt umso mehr, wenn - wie hier - ein eventueller Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften nicht von der Fahrerlaubnisbehörde selbst zu verantworten ist. Geht der Verstoß gegen die strafprozessuale Beweiserhebungsvorschrift nicht von der für das Verwaltungsverfahren zuständigen Behörde aus, kann die für das Strafverfahren gültige Wertung, dass das Interesse des Einzelnen an der Wahrung seiner Rechte zu Lasten des staatlichen Strafverfolgungsinteresses bei groben Verstößen durch die für die Strafverfolgung zuständigen Behörden unter dem Gesichtspunkt einer fairen Verfahrensgestaltung überwiegt, nicht ohne weiteres auf das Fahrerlaubnisentziehungsverfahren übertragen werden. Die Fahrerlaubnisbehörde darf daher im überwiegenden Interesse an dem Schutz hochrangiger Rechtsgüter einer großen Zahl von Verkehrsteilnehmern in einem auf Entziehung der Fahrerlaubnis gerichteten Verwaltungsverfahren auch ein unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81a StPO gewonnenes Ergebnis einer Blutprobenuntersuchung berücksichtigen, wenn aus diesem die fehlende Kraftfahreignung des Betroffenen hervorgeht. Auch eine rechtswidrig angeordnete Blutuntersuchung schafft eine neue Tatsache, die - ebenso wie das negative Ergebnis eines rechtswidrig angeordneten Gutachtens - zum Schutz der Allgemeinheit vor einem ungeeigneten Kraftfahrer verwertet werden darf. Für dieses Ergebnis spricht auch, dass weder das Straßenverkehrsgesetz noch die Fahrerlaubnis-Verordnung für die Anordnung von ärztlichen Untersuchungen und Begutachtungen einen der Vorschrift des § 81 Abs. 2 StPO vergleichbaren Richtervorbehalt vorsehen und es einen Wertungswiderspruch bedeutete, wenn Fälle, die ihren Ausgang in einem straf- oder bußgeldrechtlich relevanten Verkehrsverstoß nehmen, anders behandelt würden als solche, in denen die Behörde nach § 11 Abs. 2 FeV aufgrund ihr bekannt gewordener Tatsachen selbst Zweifeln an der Kraftfahreignung eines Betroffenen nachgeht (vgl. zum Ganzen Senatsbeschluss vom 21.06.2010, a.a.O., m.w.N. ).
61 
ee) Nach wissenschaftlich belegter Einschätzung ist es der durchschnittlich alkoholgewöhnten Bevölkerung nicht möglich, durch eigenes Handeln Blutalkoholkonzentrationen von 1,6 Promille und mehr zu erreichen (vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung, Komm., 2. Aufl., Nr. 3.11.1 S. 132 m.w.N.; dem folgend Senatsbeschluss vom 09.11.2011 – 10 S 830/11 -). Blutalkoholkonzentrationen ab 1,6 Promille sprechen nach dem derzeitigen Stand der Alkoholforschung daher für eine besonders ausgeprägte Alkoholgewöhnung des Betroffenen (BVerwG, Urteil vom 21.05.2008 – 3 C 32.07 -, juris, m.w.N. aus der Gesetzesbegründung).
62 
Ein häufiger übermäßiger Alkoholkonsum führt zur Gewöhnung an die Giftwirkung und damit zur Unfähigkeit einer realistischen Einschätzung der eigenen Alkoholisierung und des hierdurch ausgelösten Verkehrsrisikos (vgl. Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung, Stand 02.11.2009, Nr. 3.11.2 S. 41). Ein Fahrerlaubnisinhaber, der nachgewiesenermaßen mit hoher Alkoholisierung außerhalb des Straßenverkehrs auffällig geworden ist, stellt in der Regel bereits auf Grund dieser Tatsache ein deutlich über dem Durchschnitt liegendes Sicherheitsrisiko dar. Wegen der hohen Giftfestigkeit steht ihm die körperliche Befindlichkeit als Maßstab der aktuellen Alkoholisierung nicht mehr zur Verfügung. Für ihn ist daher die Verhaltenskontrolle im Sinne des Trennens von unzulässiger Blutalkoholkonzentration und dem Führen eines Kraftfahrzeuges weit mehr erschwert als für den Durchschnitt der Kraftfahrer, die lediglich eine „normale“ Giftfestigkeit aufweisen (vgl. zum Ganzen: Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraft-fahrereignung, Kommentar, 2. Auflage, S. 143).
63 
Der Einwand des Klägers, das Kapitel 3.11.2 der Begutachtungs-Leitlinien betreffe nur Fragen der Alkoholabhängigkeit, greift nicht durch. Im Kapitel 3.11.1, das sich mit dem Alkoholmissbrauch befasst, wird zur Begründung ausdrücklich auf das Kapitel 3.11.2 verwiesen. Auch dem Einwand des Klägers, die Begutachtungs-Leitlinien dürften nicht herangezogen werden, da ihnen keine Gesetzeskraft zukomme, ist nicht zu folgen. Die Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung sind als Niederschlag sachverständiger Erfahrung von Gewicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.05.2008 – 3 C 32.07 -, a.a.O.) und können daher zur Auslegung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a 2. Alt. FeV herangezogen werden.
64 
Der Kläger kann nicht mit Erfolg geltend machen, es habe sich bei der hohen Alkoholisierung am 12.12.2005 um ein einmaliges Ereignis gehandelt. Dagegen spricht bereits, dass derartig hohe Blutalkoholkonzentrationen durch ein einmaliges Ereignis nicht erreicht werden können bzw. zu einer so schweren Alkoholintoxikation führen, dass eine medizinische Betreuung notwendig wäre (vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung, Kommentar, 2. Aufl, S. 132 f.). Diese wissenschaftlich begründete Einschätzung hat der Kläger nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Es bestand kein Anlass, seiner Anregung, ein Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, dass auch Einmaltrinker eine Blutalkoholkonzentration von 1,58 Promille erreichen können, zu folgen. Der Kläger hat nicht nur eine Blutalkoholkonzentration von 1,58 Promille erreicht, sondern war dabei auch noch in der Lage, ein Kraftfahrzeug zu führen. Außerdem hat er jedenfalls nach Beendigung der Fahrt eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille erreicht. Dass er einmalig bei diesem Vorfall Alkohol in entsprechender Menge zu sich genommen hat, hat er zudem nicht substantiiert dargetan. Vielmehr spricht sein Vorbringen, er habe seit dem Tod seiner Lebensgefährtin völlig auf Alkohol verzichtet, dafür, dass zuvor durchaus eine Alkoholgewöhnung bestand.
65 
Bei dem Kläger ist somit wegen der außerhalb des Straßenverkehrs festgestellten Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille von einer hohen Alkoholgewöhnung auszugehen. Es besteht auch ein Bezug zum Straßenverkehr. Das durch die hohe Alkoholgewöhnung begründete Verkehrsrisiko hat sich bereits in der Trunkenheitsfahrt vom 12.12.2005 verwirklicht. Bei dieser Fahrt hat der Kläger nachweislich nicht zwischen einem die Fahrsicherheit ausschließenden Alkoholkonsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen getrennt, so dass ein Alkoholmissbrauch im straßenverkehrsrechtlichen Sinne vorlag. Außerdem erfüllte er damit den Straftatbestand des § 316 StGB. Hinzu kommt, dass der Kläger bereits während der Fahrt eine Alkoholmenge im Körper hatte, welche später zu einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille führte. Es hing allein vom Zufall ab, ob er diese Blutalkoholkonzentration schon während oder erst kurz nach der Fahrt erreichte. Die durch das Erreichen von 1,6 Promille nach der Fahrt belegte hohe Alkoholgewöhnung spricht für eine Wiederholungsgefahr. Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von den Fällen, welche nach der Wertung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c FeV nicht die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens rechtfertigen, weil nur eine Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille vorliegt.
66 
3. Die Frage der Fahreignung kann im vorliegenden Fall nicht durch den Senat abschließend geklärt werden. Zwar ist das Gericht grundsätzlich gehalten, die Sache spruchreif zu machen und die Tatsachen, die einen geltend gemachten Anspruch begründen oder ausschließen, selbst aufzuklären. Dem stehen vorliegend jedoch Besonderheiten entgegen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 12.07.2001 - 3 C 14/01 -, NVwZ-RR 2002, 93, wo ein Bescheidungsurteil wegen einer noch abzulegenden Fahrprüfung nicht beanstandet wurde). Die Aufklärung alkoholbedingter Eignungszweifel ist in den §§ 11 ff. FeV speziell geregelt. Danach obliegt es dem Fahrerlaubnisbewerber, ein von der Behörde gefordertes Gutachten in Auftrag zu geben und die Kosten der Begutachtung zu tragen (vgl. § 11 Abs. 6 FeV). Zwar ist es nicht ausgeschlossen, dass das Gericht an Stelle der Behörde eine Begutachtung veranlasst. Im vorliegenden Fall können die Fahreignungszweifel nach der Regelung in § 13 FeV jedoch nur durch die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, d.h. des Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Kraftfahreignung (vgl. § 11 Abs. 3 FeV), ausgeräumt werden, welches der Mitwirkung des Klägers bedarf. Da hierbei medizinische und psychologische Aspekte zu berücksichtigen sind, muss eine amtlich anerkannte Begutachtungsstelle unter anderem mit einer ausreichenden Anzahl von Ärzten und Psychologen ausgestattet sein (vgl. Anlage 14 zur FeV). Zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist der Kläger jedenfalls derzeit nicht bereit. Er ist der Auffassung, dass die materiellen Voraussetzungen für die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht vorliegen und er daher einen Anspruch auf Erteilung der Fahrerlaubnis gerade ohne die Beibringung eines solchen Gutachtens hat. Er erstrebt eine abschließende gerichtliche Klärung dieser Frage. Die von ihm angeregte Einholung eines (sonstigen) Sachverständigengutachtens ist nicht geeignet, seine Fahreignung aufzuklären. Dem berechtigten Anliegen des Klägers, sich erst dann einer medizinisch-psychologischen Begutachtung zu unterziehen, wenn abschließend gerichtlich geklärt ist, dass die materiellen Voraussetzungen dafür vorliegen, wird dadurch Rechnung getragen, dass der Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zur Neubescheidung verpflichtet wird. Der Beklagte hat somit nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens eine formell ordnungsgemäße Gutachtensanordnung zu erlassen und, wenn der Kläger der Aufforderung nachkommt, auf der Grundlage des medizinisch-psychologischen Gutachtens, sonst aufgrund von § 11 Abs. 8 FeV erneut über den Antrag zu entscheiden. Dabei hat er auch zu berücksichtigen, ob die sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis vorliegen (vgl. § 20 i.V.m. §§ 7 ff. FeV).
67 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO.
68 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
69 
Beschluss vom 18. Juni 2012
70 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG sowie den Empfehlungen Nrn. 46.1, 46.3 und 46.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004 auf 12.500,-- EUR festgesetzt.
71 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
29 
Die vom Senat zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist nur teilweise begründet. Die Verfügung des Landratsamts Ortenaukreis vom 04.12.2008 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 06.02.2009 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis der Klassen AA, B, BE, sondern nur auf erneute Entscheidung über seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).
30 
Nach § 20 Abs. 1 FeV gelten im Verfahren auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung die Vorschriften über die Ersterteilung. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG müssen Fahrerlaubnisbewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein. Dies ist gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG, § 11 Abs. 1 Satz 1 FeV der Fall, wenn sie die körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen und nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV sind die Anforderungen insbesondere dann nicht erfüllt, wenn ein Mangel oder eine Erkrankung im Sinne von Anlage 4 oder 5 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegt. Gibt es hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher Mangel vorliegen könnte, ist die Fahrerlaubnisbehörde nach Maßgabe der §§ 11 bis 14 FeV dazu berechtigt oder sogar verpflichtet, Maßnahmen zur Aufklärung bestehender Fahreignungszweifel zu ergreifen. Geht es - wie hier - um eine Alkoholproblematik und somit um Anhaltspunkte für einen Mangel im Sinne von Nummer 8 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung, richten sich die von der Fahrerlaubnisbehörde zu treffenden Maßnahmen zur Klärung von Eignungszweifeln wegen des Alkoholverhaltens des Fahrerlaubnisbewerbers in erster Linie nach der Bestimmung des § 13 FeV. Zwingt diese Vorschrift zur Anordnung einer Begutachtung des Fahrerlaubnisbewerbers, so darf die Behörde die Fahrerlaubnis nur wieder erteilen, wenn ein positives Gutachten zur Ausräumung der Eignungszweifel vorgelegt wurde. Wird ein formell und materiell rechtmäßig angeordnetes Gutachten nicht vorgelegt, darf die Behörde im Übrigen nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen.
31 
Das Vorliegen der Fahreignung wird vom Gesetz positiv als Voraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis gefordert; die Nichtfeststellbarkeit der Fahreignung geht also zu Lasten des Bewerbers (vgl. Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, § 2 StVG Rn. 7). Ein Anspruch auf Erteilung der Fahrerlaubnis besteht nicht, solange Eignungszweifel vorliegen, welche die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens rechtfertigen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 23.02.2010 -11 CE 09.2812 -, juris).
32 
Vorliegend ist die Nichteignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen der beantragten Klassen noch nicht erwiesen (dazu unter 1.). Die Eignung steht jedoch ebenfalls noch nicht fest. Es liegen vielmehr Eignungszweifel vor, welche die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erfordern. Ein Anspruch auf Erteilung der Fahrerlaubnis besteht daher zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nicht (dazu unter 2.). Der Kläger hat jedoch einen Anspruch darauf, dass die Fahrerlaubnisbehörde nach ordnungsgemäßer Durchführung des in §§ 11, 13 FeV geregelten Verfahrens erneut über seinen Antrag entscheidet (dazu unter 3.).
33 
1. Die Nichteignung des Klägers ist noch nicht erwiesen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts durfte das Landratsamt hier nicht deshalb gemäß § 11 Abs. 8 FeV von der fehlenden Eignung des Klägers ausgehen, weil er das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht beigebracht hat. Der Schluss auf die Nichteignung ist nur zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2001 - 3 C 13.01 -, juris; BVerwG, Urteil vom 09.06.2005 - 3 C 25/04 - juris; Senatsbeschluss vom 24.06.2002 - 10 S 985/02 -, VBlBW 2002, 441, m.w.N).
34 
Die Anordnung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens in den Schreiben des Landratsamts vom 06.08.2008 und 10.09.2008 genügte nicht den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV. Danach legt die Fahrerlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind (Satz 1). Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an der Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann (Satz 2).
35 
Aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Regelung folgt, dass schon in der Gutachtensanordnung die Konkretisierung des Untersuchungsthemas zu erfolgen hat. Denn die Fragestellung ist nach dem Willen des Verordnungsgebers „in der Anordnung festzulegen und hat zudem die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen“. Damit wird der zuständigen Behörde die Pflicht auferlegt, bereits in der Anordnung der Gutachtensbeibringung festzulegen, welche konkreten Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zu untersuchen sind. Wird hingegen in der Gutachtensanordnung lediglich das Ziel genannt, die Fahreignung des Betroffenen zu klären, erschöpft sie sich in der Wiederholung des Gesetzestextes und lässt nicht erkennen, dass die Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigt worden sind. Hat die Entscheidung, was Gegenstand der Begutachtung sein soll, aber bereits im Rahmen der an den Betroffenen gerichteten Anordnung zu fallen, folgt hieraus auch, dass die zuständige Behörde dem Betroffenen die jeweilige Fragestellung des § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV in der Anordnung mitzuteilen hat. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 6 FeV, der eine Mitteilungspflicht erst gegenüber der untersuchenden Stelle in § 11 Abs. 6 Satz 4 FeV erwähnt, wohl aber aus Sinn und Zweck der Regelung. Erst die Offenlegung gegenüber dem Betroffenen führt zu einer verbindlichen Fragestellung, an die sich der Gutachter zu halten hat (vgl. Nr. 1. a der Anlage 15 zur Fahrerlaubnis-Verordnung). Vor allem ist die Mitteilung der Fragestellung aber im Hinblick auf die gravierenden Rechtsfolgen des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV bei einer Verweigerung der Begutachtung geboten, zumal die Anordnung nicht selbständig anfechtbar ist (vgl. Senatsbeschluss vom 24.06.2002 - 10 S 985/02 - a.a.O., m.w.N.). Denn nur die Mitteilung der konkreten Fragestellung versetzt den Betroffenen in die Lage, sich innerhalb der nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV gesetzten Frist ein Urteil darüber zu bilden, ob die Aufforderung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist, oder ob er sich ihr verweigern darf, ohne befürchten zu müssen, dass ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis unter Berufung auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV wegen Nichteignung entzieht. Nur bei genauer Kenntnis der Fragestellung kann sich der Betroffene auch darüber schlüssig werden, ob er sich - unbeschadet der Rechtmäßigkeit der Anordnung - der Untersuchung seiner Persönlichkeit und gegebenenfalls den körperlichen Eingriffen und der psychologischen Exploration aussetzen will, die mit der Eignungsbegutachtung einhergehen können. Schließlich ist die Mitteilung der Fragestellung an den Betroffenen geboten, um diesem die Prüfung zu ermöglichen, ob sich die Begutachtungsstelle an die Fragestellung der Behörde hält und ob die ihm und dem Gutachter mitgeteilten Fragen identisch sind (vgl. zum Ganzen: Beschlüsse des Senats vom 20.04.2010 - 10 S 319/10 -, VBlBW 2010, 323; und vom 10.12.2010 - 10 S 2173/10 -, VBlBW 2011, 196; sowie BayVGH, Beschluss vom 28.09.2006 - 11 CS 06.732 -, juris).
36 
Diesen formellen Anforderungen genügen die Schreiben des Landratsamts Ortenaukreis vom 06.08.2008 und vom 10.09.2008 jeweils nicht. Zwar lässt sich zumindest dem Schreiben vom 10.09.2008 noch hinreichend deutlich entnehmen, welcher Sachverhalt nach Auffassung der Fahrerlaubnisbehörde die Eignungszweifel begründet. Wie auch der Beklagte in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, wurde dem Kläger jedoch keine konkrete Fragestellung mitgeteilt. Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass der Senat dieses Erfordernis erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich mit Beschluss vom 20.04.2010 - 10 S 319/10 -, a.a.O., in seiner Rechtsprechung hervorgehoben hat. Die sich aus § 11 Abs. 6 FeV ergebenden Anforderungen waren jedoch auch schon vor dieser Entscheidung einzuhalten.
37 
Ob die Anordnung auch deshalb formell fehlerhaft ist, weil die Rechtsgrundlage für die Gutachtensanordnung in den Schreiben vom 06.08.2008 und vom 10.09.2008 ungenau bzw. unrichtig angegeben wurde, kann offen bleiben. Nach summarischer Prüfung in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Senat (Beschluss vom 24.06.2002 - 10 S 985/02 -, VBlBW 2002, 441) davon ausgegangen, die Angabe einer tatsächlich nicht einschlägigen Ermächtigungsgrundlage ziehe für sich allein in der Regel noch nicht die Rechtswidrigkeit der Anordnung nach sich. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 24.08.2010 - 11 CS 10.1139 -, juris) ist dagegen der Auffassung, die Behörde könne sich nicht auf § 11 Abs. 8 FeV berufen, wenn sie in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens eine nicht einschlägige Rechtsgrundlage angebe.
38 
Es kann weiter offen bleiben, ob dem Kläger gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 und 3 FeV mitgeteilt worden ist, dass er die Unterlagen einsehen kann und welche Begutachtungsstellen in Betracht kommen. Der Vertreter des Beklagten hat zwar in der mündlichen Verhandlung erklärt, dem Kläger sei ein Formblatt mit entsprechenden Angaben übersandt worden. In den vorliegenden Akten ist dies jedoch nicht dokumentiert. Offen bleiben kann auch, ob das Unterbleiben eines solchen Hinweises dem Schluss auf die Nichteignung nach § 11 Abs. 8 FeV entgegensteht (vgl. dies in Bezug auf den Hinweis nach § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV verneinend: Hessischer VGH, Urteil vom 26.05.2011 - 2 B 550/11 -, juris).
39 
Die Fahrerlaubnisbehörde hätte daher den Antrag des Klägers noch nicht ablehnen dürfen, sondern hätte zunächst die fortbestehenden Zweifel an der Fahreignung (dazu unten) im Wege einer neuen, ordnungsgemäßen Gutachtensanordnung aufklären müssen.
40 
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Fahrerlaubnis, da nicht ausgeräumte Eignungsbedenken die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erfordern.
41 
a) Entgegen der Auffassung des Klägers führt allein der Ablauf der vom Strafgericht festgelegten Sperrfrist gemäß § 69a StGB nicht dazu, dass wieder von der Fahreignung auszugehen ist. Die zeitliche Befristung der Sperre bedeutet nicht, dass die vom Strafrichter nach Maßgabe des § 69 Abs. 1 und 2 StGB verneinte Eignung mit dem Ablauf der Sperre automatisch wieder zu bejahen wäre. Die Sperrfrist gibt nur den Mindestzeitraum an, währenddessen der Verurteilte infolge seiner aus der begangenen Straftat abgeleiteten Gefährlichkeit für den Straßenverkehr in jedem Falle als ungeeignet anzusehen ist. Ob die eignungsausschließende Gefährlichkeit fortbesteht, ist im Anschluss daran von der Straßenverkehrsbehörde auch bei Ersttätern eigenständig zu beurteilen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 20.02.1987 - 7 C 87/84 -, BVerwGE 77, 40).
42 
b) Die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist hier allerdings nicht nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV gerechtfertigt, da nicht festgestellt werden kann, dass der Kläger bereits zum Zeitpunkt der Fahrt eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,6 Promille oder eine Atemalkoholkonzentration von mindestens 0,8 mg/l erreicht hatte. Dabei kann offen bleiben, ob die Fahrerlaubnisbehörde auch im Erteilungsverfahren nach § 3 Abs. 4 StVG an die Feststellungen in dem Strafurteil gebunden ist, obwohl in dieser Vorschrift nur das Entziehungsverfahren ausdrücklich genannt ist. Jedenfalls wurde die Blutprobe, welche eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille ergeben hat, erst ca. 35 Minuten nach Fahrtende entnommen. Aufgrund der Angaben des Klägers ist davon auszugehen, dass er den Alkohol, der zu diesem Wert geführt hat, bereits vor der Fahrt konsumiert hatte. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass er sich während der Fahrt noch in der Resorptionsphase befand und erst nach Beendigung der Fahrt die Blutalkoholkonzentration auf 1,6 Promille angestiegen ist. Da eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille zum Zeitpunkt der Fahrt nicht nachzuweisen ist und der Wortlaut des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV anders als § 24a StVG nicht auch eine entsprechende Alkoholmenge im Körper genügen lässt (a.A. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 09.10.2009 – 3 M 324/09 -, juris), erfordert § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c FeV vorliegend nicht die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens.
43 
c) Die Fahrerlaubnisbehörde ist aber gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV verpflichtet, die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen. Nach dieser Vorschrift ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a bis c genannten Gründe entzogen war.
44 
aa) Dem Kläger ist die Fahrerlaubnis durch strafgerichtliches Urteil entzogen worden. Entziehung im Sinne des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV ist nicht nur die Entziehung durch die Verwaltungsbehörde, sondern auch die strafgerichtliche Entziehung aufgrund von § 69 StGB. Der Senat hat in seinem Urteil vom 18.05.2004 (- 10 S 2796/03 -, VBlBW 2004, 428) zu § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV in der damals geltenden Fassung ausgeführt:
45 
„Den Regelungen des Straßenverkehrsgesetzes kann entnommen werden, dass sich der Gesetzgeber beim Erlass der Möglichkeiten der Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund von § 69 StGB und durch einen anfechtbaren Verwaltungsakt der Behörde bewusst war. Wenn in der aufgrund von § 6 Abs. 1 StVG erlassenen Fahrerlaubnis-Verordnung der Begriff der Entziehung der Fahrerlaubnis verwendet wird, so ist davon auszugehen, dass damit beide Wege der Entziehung der Fahrerlaubnis gemeint sind. Die Beschränkung des Begriffs der Entziehung der Fahrerlaubnis auf die Feststellung der Fahrungeeignetheit in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren widerspräche der Vorrangstellung, die der Gesetzgeber (vgl. § 3 Abs. 3 StVG) im Übrigen der im Rahmen eines Strafverfahrens erfolgenden Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis beimisst.“
46 
Nach der damals geltenden Fassung des § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV war die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, „wenn die Fahrerlaubnis aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe entzogen war“. Hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis war diese Bestimmung somit wortgleich mit § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV. Die oben genannten Gründe gelten daher auch hier.
47 
Zwar enthält § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV in der heute geltenden Fassung eine abweichende Formulierung dahingehend, dass die Fahrerlaubnis „durch die Fahrerlaubnisbehörde oder ein Gericht entzogen“ worden sein muss. Diese Formulierung wurde erst durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften mit Gültigkeit ab dem 30.10.2008 in § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV eingefügt. Sie bewirkte jedoch keine inhaltliche Änderung und lässt daher nicht den Schluss zu, dass § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV nur die behördliche Entziehung umfasst. Der Verordnungsgeber ist bei der Ergänzung des § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV lediglich der schon zur bisherigen Fassung vertretenen Auffassung des Senats klarstellend gefolgt. Er hat in der Begründung der o.g. Änderungsverordnung (Bundesrat Drs. 302/08 S. 62 f.) ausdrücklich auf das Urteil des Senats vom 18.05.2004 - 10 S 2796/03 - Bezug genommen, dessen Auffassung zu folgen sei, und die oben angeführten Gründe des Urteils wiedergegeben. Daraus, dass § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV unverändert geblieben ist, kann nicht geschlossen werden, dass der Begriff der Entziehung dort nunmehr auf die behördliche Entziehung beschränkt ist. Es ist auch kein Grund dafür ersichtlich, an die Prüfung der Wiedererlangung der Fahreignung nach strafgerichtlicher Entziehung andere oder geringere Anforderungen zu stellen als nach behördlicher Entziehung.
48 
bb) Die Fahrerlaubnis ist dem Kläger wegen Alkoholmissbrauchs und damit aus einem der unter den Buchstaben a bis c des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV genannten Gründe entzogen worden. Der Verweis auf die unter den Buchstaben a bis c genannten Gründe in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV bedarf der Auslegung. In ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich regeln die Buchstaben a bis c nämlich nur die Voraussetzungen für die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, nicht aber Tatbestände, die unmittelbar zur Entziehung führen. Aus dem Buchstaben a wird deutlich, dass es darin um die Aufklärung geht, ob Alkoholmissbrauch im straßenverkehrsrechtlichen Sinne, d.h. das Unvermögen zur hinreichend sicheren Trennung eines die Verkehrssicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsums vom Führen von Kraftfahrzeugen, vorliegt. Nicht schon der Verdacht auf Alkoholmissbrauch, sondern erst dessen Feststellung rechtfertigt jedoch die Entziehung. Die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens hat nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV daher jedenfalls dann zu erfolgen, wenn die Fahrerlaubnis wegen Alkoholmissbrauchs entzogen war (vgl. Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, § 13 FeV Rn. 26). Lag in der Vergangenheit Alkoholmissbrauch vor, wovon nach einer auf Alkoholmissbrauch beruhenden Entziehung im Sinne einer Tatbestandswirkung auszugehen ist, ist die Fahreignung gemäß Nr. 8.2 der Anlage 4 zur FeV erst dann wieder gegeben, wenn der Missbrauch beendet und die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist. Dies ist durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten aufgrund von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV zu klären. Ob § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV auch Fälle erfasst, in denen die Entziehung auf § 11 Abs. 8 FeV infolge der Nichtbeibringung eines nach Buchstaben a bis c angeordneten medizinisch-psychologischen Gutachtens beruhte, kann dahingestellt bleiben (ablehnend BayVGH, Urteil vom 02.12.2011 - 11 B 11.246 -, juris). Jedenfalls kommt es nicht darauf an, ob die Entziehung wegen Alkoholmissbrauchs durch ein Strafgericht oder durch eine Verwaltungsbehörde erfolgt ist. Die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund von § 69 StGB ist eine Maßregel der Besserung und Sicherung, deren Verhängung ausschließlich von der Frage der Ungeeignetheit zum Führen Kraftfahrzeugen abhängt (vgl. Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, § 69 StGB Rn. 1 und 12 m.w.N.). Der strafgerichtlichen Feststellung der Ungeeignetheit kommt dabei keinesfalls eine geringere Bedeutung zu als der verwaltungsbehördlichen. Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 3 Abs. 3 und 4 StVG der strafgerichtlichen Entziehung den Vorrang eingeräumt. Auch im Falle der strafgerichtlichen Entziehung wegen Alkoholmissbrauchs bedarf es der Überprüfung durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten, ob die Fahreignung entsprechend den Vorgaben der Nr. 8.2 der Anlage 4 zur FeV wieder erlangt wurde.
49 
Vorliegend lag der strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis durch Urteil vom 20.02.2006 u.a. zugrunde, dass der Kläger am 12.12.2005 mit dem Pkw fuhr, obwohl er infolge des vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig war. Diese Tat belegt einen Alkoholmissbrauch, da der Kläger erwiesenermaßen nicht zwischen einem die Fahreignung ausschließenden Alkoholkonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt hat. Das Strafgericht hat keine Ausnahme von der Regel des § 69 Abs. 2 StGB, wonach u.a. die vom Kläger begangene Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen führt, festgestellt. Bei der Bemessung der Sperrfrist hat es neben der persönlichen Situation des Klägers auf den Grad der Alkoholisierung abgestellt. Nach alledem ist die strafgerichtliche Entziehung wegen Alkoholmissbrauchs erfolgt und ist daher nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zwingend anzuordnen. Allein der Vortrag des Klägers, er trinke überhaupt keinen Alkohol mehr, reicht nicht aus, um von der Wiedererlangung der Fahreignung auszugehen.
50 
Die Bindungswirkung des strafgerichtlichen Urteils gemäß § 3 Abs. 4 StVG wird hierdurch entgegen der Auffassung des Klägers nicht ausgehöhlt. Eine Abweichung von den Feststellungen des Strafurteils zu Lasten des Klägers erfolgt nicht.
51 
d) Unabhängig von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d FeV ist die Fahrerlaubnisbehörde vorliegend auch nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a 2. Alt. FeV verpflichtet, die Beibringung eines medizinisch - psychologischen Gutachtens anzuordnen. Nach dieser Vorschrift hat die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch im straßenverkehrsrechtlichen Sinne begründen.
52 
aa) Entgegen der Auffassung des Klägers setzt die 2. Alternative dieser Vorschrift nicht – wie die 1. Alternative – voraus, dass sich die Tatsachen aus einem ärztlichen Gutachten ergeben (vgl. Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, § 13 FeV Rn. 18, 20). Vielmehr kommt dieser Vorschrift eine Auffangfunktion zu, da mit ihr sichergestellt werden soll, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei Fällen eines greifbaren Gefahrenverdachts nicht „sehenden Auges“ untätig bleiben muss. Es entspricht auch der staatlichen Pflicht zum Schutz von Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) anderer Verkehrsteilnehmer, der erkannten Alkoholproblematik eines Fahrerlaubnisinhabers nachzugehen. Maßnahmen nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a 2. Alt. FeV sind daher bereits dann geboten, wenn deutliche Indizien für eine weit überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung des Betroffenen vorliegen und außerdem weitere tatsächliche Umstände festzustellen sind, die in einer Gesamtschau mit der vermuteten Alkoholproblematik die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen (vgl. zum Ganzen Senatsbeschlüsse vom 09.11.2011 – 10 S 830/11 – und vom 24.06.2002 – 10 S 985/02 -, a.a.O.); .
53 
bb) Allerdings rechtfertigt eine einmalige Alkoholfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille nach dem Willen des Verordnungsgebers für sich genommen nicht die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auf der Grundlage des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a 2. Alternative FeV. Dies folgt aus dem systematischen Zusammenhang mit der spezielleren Regelung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV, wonach bei einer einmaligen Alkoholfahrt die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (nur) angeordnet wird, wenn bei der Trunkenheitsfahrt eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr nachgewiesen wurde. Vor diesem Hintergrund ist § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV so zu verstehen, dass er in Fällen, in denen wie hier nur eine einmalige Alkoholfahrt mit geringerer Blutalkoholkonzentration vorliegt, die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nur erlaubt, wenn zusätzliche konkrete Anzeichen für einen Alkoholmissbrauch im straßenverkehrsrechtlichen Sinne vorliegen, also dafür, dass der Betroffene generell zwischen einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum und dem Fahren nicht zu trennen vermag (vgl. Senatsbeschlüsse vom 21.06.2010 - 10 S 957/10 - und vom 28.02.2012 - 10 S 2905/11 -; BayVGH, Urteil vom 02.12.2011 - 11 B 11.246 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 14.04.2009 - 11 CE 09.505 -, juris).
54 
Entgegen der Auffassung des Klägers müssen die zusätzlichen Tatsachen nicht zwingend zeitlich nach der einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille liegen. Mit der oben dargestellten Auffangfunktion und dem Schutz der Verkehrsteilnehmer ist es nicht zu vereinbaren, zusätzliche Tatsachen allein wegen ihres zeitlichen Zusammenhangs mit einer Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille außer Acht zu lassen. Auch ist aus den Vorschriften der § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstaben b und c FeV nicht zu folgern, dass eine einmalige Trunkenheitsfahrt unter 1,6 Promille im Rahmen von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a 2. Alt. FeV überhaupt keine Berücksichtigung finden darf. Vielmehr darf sie in die Gesamtschau mit einbezogen werden und kann beim Hinzutreten weiterer Tatsachen die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigen.
55 
Der Berücksichtigung der Tat vom 12.12.2005 bei der Gutachtensanordnung steht auch nicht, wie der Kläger geltend macht, das Verbot der Doppelbestrafung entgegen. Bei der Überprüfung der Fahreignung handelt es sich nicht um eine strafrechtliche Sanktion, sondern um eine präventive Maßnahme im Interesse der Verkehrssicherheit.
56 
cc) Der Senat teilt allerdings nicht die Auffassung des Beklagten und des Verwaltungsgerichts, die erforderlichen zusätzlichen Tatsachen ergäben sich aus den Feststellungen des Polizeiarztes anlässlich der Blutentnahme. Die protokollierten Feststellungen sind nicht aussagekräftig genug, um bereits hieraus auf eine hohe Alkoholgewöhnung des Klägers zu schließen. Der Beklagte und das Verwaltungsgericht stellen diejenigen Feststellungen, die gegen alkoholbedingte Ausfallerscheinungen sprechen, zu sehr in den Vordergrund. Der Arzt hat jedoch auch alkoholbedingte Einschränkungen festgestellt hat, wie Silbenstolpern und stumpfes Verhalten. Da der Kläger die Mitwirkung zumindest teilweise verweigerte, konnten auch nicht alle Tests durchgeführt werden. Insbesondere kam der Arzt zu der zusammenfassenden Einschätzung, der Kläger scheine äußerlich deutlich unter Alkoholeinfluss zu stehen. Gerade dies spricht dafür, dass beim Kläger nicht nur geringfügige alkoholbedingte Ausfallerscheinungen vorhanden waren. Nach alledem lassen allein die ärztlichen Feststellungen in dem Protokoll nicht den Schluss auf eine hohe Alkoholgewöhnung des Klägers zu. Im Nachhinein kann auch nicht mehr zuverlässig geklärt werden, wie groß die alkoholbedingte Beeinträchtigung des Klägers am 12.12.2005 war.
57 
dd) Dass der Kläger regelmäßig Alkohol konsumiert und bei ihm eine weit überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung vorliegt, folgt jedoch aus dem Ergebnis der ca. 35 Minuten nach der Fahrt entnommenen Blutprobe, bei deren Auswertung eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille festgestellt wurde.
58 
Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Blutentnahme am 12.12.2005 ohne richterliche Anordnung erfolgt sei und das Ergebnis der Blutuntersuchung daher von der Fahrerlaubnisbehörde nicht habe verwertet werden dürfen. Nach § 81a Abs. 2 StPO steht die Anordnung einer körperlichen Untersuchung gegen den Willen des Betroffenen dem Richter und nur bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen zu. Die Frage, ob die Voraussetzungen der Gefährdung des Untersuchungserfolges vorgelegen haben, lässt sich im vorliegenden Verfahren auf Grundlage der vorliegenden Akten nicht abschließend beantworten und ist - soweit ersichtlich - bislang nicht Gegenstand einer straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtlichen Entscheidung gewesen. Die Frage, ob unter Berücksichtigung des hierzu vom Bundesverfassungsgericht entwickelten strengen Maßstabs (BVerfG, Beschl. v. 12.02.2007 - 2 BvR 273/06 - NJW 2007, 1345) ausnahmsweise die Befugnis der Ermittlungsbeamten zur Anordnung der Blutentnahme gegeben war, kann aber dahinstehen. Selbst wenn zugunsten des Klägers von einem Verstoß gegen die strafprozessuale Beweiserhebungsvorschrift des § 81a Abs. 2 StPO ausgegangen wird - dessen Vorliegen der Senat ausdrücklich offen lässt - , folgt daraus nicht zugleich ein Verbot für die Fahrerlaubnisbehörde, das Ergebnis der Blutuntersuchung im Verfahren auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis zu verwerten (vgl. für das Fahrerlaubnisentziehungsverfahren Senatsbeschlüsse vom 21.06.2010 - 10 S 4/10 -, juris und vom 28.11.2011 - 10 S 2304/11 -).
59 
Es ist schon nicht ersichtlich, dass ein eventueller Verstoß gegen § 81a Abs. 2 StPO zu einem strafprozessualen Verwertungsverbot geführt hat. Von einem solchen Verwertungsverbot ist das Amtsgericht Lahr nicht ausgegangen, sondern hat in seinem Urteil auf das Ergebnis der Blutprobe abgestellt. Für den Strafprozess ist anerkannt, dass über das Vorliegen eines Beweisverwertungsverbotes - mit Ausnahme ausdrücklich geregelter Verwertungsverbote - jeweils nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.07.2008 - 2 BvR 784/08 - NJW 2008, 3053, m.w.N. zur Rechtsprechung der Strafgerichte). Im Anwendungsbereich des § 81a StPO, der - wie dargelegt - eine Eilanordnung durch Polizeibeamte nicht schlechthin ausschließt, tritt das staatliche Strafverfolgungsinteresse gegenüber dem Individualinteresse des Einzelnen an der Bewahrung seiner Rechtsgüter zurück, wenn Gefahr im Verzug willkürlich angenommen und der Richtervorbehalt bewusst und gezielt umgangen bzw. ignoriert wird oder wenn die Rechtslage bei Anordnung der Maßnahme in gleichwertiger Weise verkannt worden ist (vgl. etwa OLG Karlsruhe, Beschl. v. 02.06.2009 - 1 Ss 183/08 - juris; OLG Celle, Beschl. v. 15.09.2009 - 322 SsBs 197/09 -, juris). Gegen die Annahme eines strafprozessualen Verwertungsverbots spricht hier, dass bei einem Sachverhalt der vorliegenden Art eine richterliche Anordnung mit hoher Wahrscheinlichkeit regelmäßig auch fernmündlich und typischerweise zu ergehen pflegt und dass eine Blutentnahme durch einen Arzt einen eher geringfügigen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Betroffenen darstellt, dem andererseits ein erhebliches öffentliches Interesse an der Abwendung erheblicher Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer gegenübersteht (vgl. dazu OLG Karlsruhe, Beschl. v. 02.06.2009, a.a.O.; OLG Celle, Beschl. v. 15.9.2009 a.a.O).
60 
Auch wenn aber ein strafprozessuales Verwertungsverbot unterstellt wird, ist im vorliegenden Verwaltungsverfahren keine entsprechende Bewertung geboten. Für den Bereich des Fahrerlaubnisrechts ist weder im Straßenverkehrsgesetz noch in der Fahrerlaubnis-Verordnung ein ausdrückliches Verwertungsverbot für nicht richterlich angeordnete körperliche Untersuchungen angeordnet. Ebenso wie im Strafprozessrecht kann daher ein solches Verbot nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der gegenläufigen Interessen angenommen werden, wobei jedoch in Verwaltungsverfahren, die wie das Fahrerlaubnisrecht der Gefahrenabwehr dienen, nicht ohne Weiteres dieselben Maßstäbe wie im repressiven Bereich des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts gelten. Zwar hat die Behörde auch im Verwaltungsverfahren im Rahmen ihrer Ermittlungstätigkeit die sich aus den Gesetzen, allgemeinen Verfahrensgrundsätzen und Grundrechten ergebenden Grenzen zu beachten. Aus diesen können sich durchaus Verwertungsverbote für das Verwaltungsverfahren ergeben. Hierbei ist jedoch zu prüfen, ob der Schutzzweck der jeweiligen Norm das Verwertungsverbot auch für das Verwaltungsverfahren erfordert. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfte der Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO nicht zum rechtsstaatlichen Mindeststandard zählen (BVerfG, Beschl. 28.07.2008 - 2 BvR 784/08 - NJW 2008, 3053, juris). Hinsichtlich des Fahrerlaubnisentziehungsverfahrens ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass es - anders als das Straf- und Bußgeldverfahren - nicht der Verfolgung und Ahndung begangener Rechtsverstöße dient, sondern dem Schutz Dritter vor den Gefahren, die von einem ungeeigneten Kraftfahrer ausgehen. Im Verfahren zur Entziehung der Fahrerlaubnis hat die Behörde deshalb maßgeblich und mit besonderem Gewicht neben den Grundrechten des Betroffenen weitere hochrangige Rechtsgüter Dritter wie Leben und Gesundheit und das öffentliche Interesse am Schutz der Allgemeinheit vor Fahrerlaubnisinhabern, die sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen haben, zu beachten. Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt es, auch eine rechtswidrig angeordnete Blutuntersuchung zu berücksichtigen, wenn das Ergebnis eindeutig negativ für den Betroffenen ist. Dieser Gedanke gilt umso mehr, wenn - wie hier - ein eventueller Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften nicht von der Fahrerlaubnisbehörde selbst zu verantworten ist. Geht der Verstoß gegen die strafprozessuale Beweiserhebungsvorschrift nicht von der für das Verwaltungsverfahren zuständigen Behörde aus, kann die für das Strafverfahren gültige Wertung, dass das Interesse des Einzelnen an der Wahrung seiner Rechte zu Lasten des staatlichen Strafverfolgungsinteresses bei groben Verstößen durch die für die Strafverfolgung zuständigen Behörden unter dem Gesichtspunkt einer fairen Verfahrensgestaltung überwiegt, nicht ohne weiteres auf das Fahrerlaubnisentziehungsverfahren übertragen werden. Die Fahrerlaubnisbehörde darf daher im überwiegenden Interesse an dem Schutz hochrangiger Rechtsgüter einer großen Zahl von Verkehrsteilnehmern in einem auf Entziehung der Fahrerlaubnis gerichteten Verwaltungsverfahren auch ein unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81a StPO gewonnenes Ergebnis einer Blutprobenuntersuchung berücksichtigen, wenn aus diesem die fehlende Kraftfahreignung des Betroffenen hervorgeht. Auch eine rechtswidrig angeordnete Blutuntersuchung schafft eine neue Tatsache, die - ebenso wie das negative Ergebnis eines rechtswidrig angeordneten Gutachtens - zum Schutz der Allgemeinheit vor einem ungeeigneten Kraftfahrer verwertet werden darf. Für dieses Ergebnis spricht auch, dass weder das Straßenverkehrsgesetz noch die Fahrerlaubnis-Verordnung für die Anordnung von ärztlichen Untersuchungen und Begutachtungen einen der Vorschrift des § 81 Abs. 2 StPO vergleichbaren Richtervorbehalt vorsehen und es einen Wertungswiderspruch bedeutete, wenn Fälle, die ihren Ausgang in einem straf- oder bußgeldrechtlich relevanten Verkehrsverstoß nehmen, anders behandelt würden als solche, in denen die Behörde nach § 11 Abs. 2 FeV aufgrund ihr bekannt gewordener Tatsachen selbst Zweifeln an der Kraftfahreignung eines Betroffenen nachgeht (vgl. zum Ganzen Senatsbeschluss vom 21.06.2010, a.a.O., m.w.N. ).
61 
ee) Nach wissenschaftlich belegter Einschätzung ist es der durchschnittlich alkoholgewöhnten Bevölkerung nicht möglich, durch eigenes Handeln Blutalkoholkonzentrationen von 1,6 Promille und mehr zu erreichen (vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung, Komm., 2. Aufl., Nr. 3.11.1 S. 132 m.w.N.; dem folgend Senatsbeschluss vom 09.11.2011 – 10 S 830/11 -). Blutalkoholkonzentrationen ab 1,6 Promille sprechen nach dem derzeitigen Stand der Alkoholforschung daher für eine besonders ausgeprägte Alkoholgewöhnung des Betroffenen (BVerwG, Urteil vom 21.05.2008 – 3 C 32.07 -, juris, m.w.N. aus der Gesetzesbegründung).
62 
Ein häufiger übermäßiger Alkoholkonsum führt zur Gewöhnung an die Giftwirkung und damit zur Unfähigkeit einer realistischen Einschätzung der eigenen Alkoholisierung und des hierdurch ausgelösten Verkehrsrisikos (vgl. Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung, Stand 02.11.2009, Nr. 3.11.2 S. 41). Ein Fahrerlaubnisinhaber, der nachgewiesenermaßen mit hoher Alkoholisierung außerhalb des Straßenverkehrs auffällig geworden ist, stellt in der Regel bereits auf Grund dieser Tatsache ein deutlich über dem Durchschnitt liegendes Sicherheitsrisiko dar. Wegen der hohen Giftfestigkeit steht ihm die körperliche Befindlichkeit als Maßstab der aktuellen Alkoholisierung nicht mehr zur Verfügung. Für ihn ist daher die Verhaltenskontrolle im Sinne des Trennens von unzulässiger Blutalkoholkonzentration und dem Führen eines Kraftfahrzeuges weit mehr erschwert als für den Durchschnitt der Kraftfahrer, die lediglich eine „normale“ Giftfestigkeit aufweisen (vgl. zum Ganzen: Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraft-fahrereignung, Kommentar, 2. Auflage, S. 143).
63 
Der Einwand des Klägers, das Kapitel 3.11.2 der Begutachtungs-Leitlinien betreffe nur Fragen der Alkoholabhängigkeit, greift nicht durch. Im Kapitel 3.11.1, das sich mit dem Alkoholmissbrauch befasst, wird zur Begründung ausdrücklich auf das Kapitel 3.11.2 verwiesen. Auch dem Einwand des Klägers, die Begutachtungs-Leitlinien dürften nicht herangezogen werden, da ihnen keine Gesetzeskraft zukomme, ist nicht zu folgen. Die Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung sind als Niederschlag sachverständiger Erfahrung von Gewicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.05.2008 – 3 C 32.07 -, a.a.O.) und können daher zur Auslegung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a 2. Alt. FeV herangezogen werden.
64 
Der Kläger kann nicht mit Erfolg geltend machen, es habe sich bei der hohen Alkoholisierung am 12.12.2005 um ein einmaliges Ereignis gehandelt. Dagegen spricht bereits, dass derartig hohe Blutalkoholkonzentrationen durch ein einmaliges Ereignis nicht erreicht werden können bzw. zu einer so schweren Alkoholintoxikation führen, dass eine medizinische Betreuung notwendig wäre (vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung, Kommentar, 2. Aufl, S. 132 f.). Diese wissenschaftlich begründete Einschätzung hat der Kläger nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Es bestand kein Anlass, seiner Anregung, ein Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, dass auch Einmaltrinker eine Blutalkoholkonzentration von 1,58 Promille erreichen können, zu folgen. Der Kläger hat nicht nur eine Blutalkoholkonzentration von 1,58 Promille erreicht, sondern war dabei auch noch in der Lage, ein Kraftfahrzeug zu führen. Außerdem hat er jedenfalls nach Beendigung der Fahrt eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille erreicht. Dass er einmalig bei diesem Vorfall Alkohol in entsprechender Menge zu sich genommen hat, hat er zudem nicht substantiiert dargetan. Vielmehr spricht sein Vorbringen, er habe seit dem Tod seiner Lebensgefährtin völlig auf Alkohol verzichtet, dafür, dass zuvor durchaus eine Alkoholgewöhnung bestand.
65 
Bei dem Kläger ist somit wegen der außerhalb des Straßenverkehrs festgestellten Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille von einer hohen Alkoholgewöhnung auszugehen. Es besteht auch ein Bezug zum Straßenverkehr. Das durch die hohe Alkoholgewöhnung begründete Verkehrsrisiko hat sich bereits in der Trunkenheitsfahrt vom 12.12.2005 verwirklicht. Bei dieser Fahrt hat der Kläger nachweislich nicht zwischen einem die Fahrsicherheit ausschließenden Alkoholkonsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen getrennt, so dass ein Alkoholmissbrauch im straßenverkehrsrechtlichen Sinne vorlag. Außerdem erfüllte er damit den Straftatbestand des § 316 StGB. Hinzu kommt, dass der Kläger bereits während der Fahrt eine Alkoholmenge im Körper hatte, welche später zu einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille führte. Es hing allein vom Zufall ab, ob er diese Blutalkoholkonzentration schon während oder erst kurz nach der Fahrt erreichte. Die durch das Erreichen von 1,6 Promille nach der Fahrt belegte hohe Alkoholgewöhnung spricht für eine Wiederholungsgefahr. Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von den Fällen, welche nach der Wertung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c FeV nicht die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens rechtfertigen, weil nur eine Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille vorliegt.
66 
3. Die Frage der Fahreignung kann im vorliegenden Fall nicht durch den Senat abschließend geklärt werden. Zwar ist das Gericht grundsätzlich gehalten, die Sache spruchreif zu machen und die Tatsachen, die einen geltend gemachten Anspruch begründen oder ausschließen, selbst aufzuklären. Dem stehen vorliegend jedoch Besonderheiten entgegen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 12.07.2001 - 3 C 14/01 -, NVwZ-RR 2002, 93, wo ein Bescheidungsurteil wegen einer noch abzulegenden Fahrprüfung nicht beanstandet wurde). Die Aufklärung alkoholbedingter Eignungszweifel ist in den §§ 11 ff. FeV speziell geregelt. Danach obliegt es dem Fahrerlaubnisbewerber, ein von der Behörde gefordertes Gutachten in Auftrag zu geben und die Kosten der Begutachtung zu tragen (vgl. § 11 Abs. 6 FeV). Zwar ist es nicht ausgeschlossen, dass das Gericht an Stelle der Behörde eine Begutachtung veranlasst. Im vorliegenden Fall können die Fahreignungszweifel nach der Regelung in § 13 FeV jedoch nur durch die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, d.h. des Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Kraftfahreignung (vgl. § 11 Abs. 3 FeV), ausgeräumt werden, welches der Mitwirkung des Klägers bedarf. Da hierbei medizinische und psychologische Aspekte zu berücksichtigen sind, muss eine amtlich anerkannte Begutachtungsstelle unter anderem mit einer ausreichenden Anzahl von Ärzten und Psychologen ausgestattet sein (vgl. Anlage 14 zur FeV). Zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist der Kläger jedenfalls derzeit nicht bereit. Er ist der Auffassung, dass die materiellen Voraussetzungen für die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht vorliegen und er daher einen Anspruch auf Erteilung der Fahrerlaubnis gerade ohne die Beibringung eines solchen Gutachtens hat. Er erstrebt eine abschließende gerichtliche Klärung dieser Frage. Die von ihm angeregte Einholung eines (sonstigen) Sachverständigengutachtens ist nicht geeignet, seine Fahreignung aufzuklären. Dem berechtigten Anliegen des Klägers, sich erst dann einer medizinisch-psychologischen Begutachtung zu unterziehen, wenn abschließend gerichtlich geklärt ist, dass die materiellen Voraussetzungen dafür vorliegen, wird dadurch Rechnung getragen, dass der Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zur Neubescheidung verpflichtet wird. Der Beklagte hat somit nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens eine formell ordnungsgemäße Gutachtensanordnung zu erlassen und, wenn der Kläger der Aufforderung nachkommt, auf der Grundlage des medizinisch-psychologischen Gutachtens, sonst aufgrund von § 11 Abs. 8 FeV erneut über den Antrag zu entscheiden. Dabei hat er auch zu berücksichtigen, ob die sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis vorliegen (vgl. § 20 i.V.m. §§ 7 ff. FeV).
67 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO.
68 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
69 
Beschluss vom 18. Juni 2012
70 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG sowie den Empfehlungen Nrn. 46.1, 46.3 und 46.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004 auf 12.500,-- EUR festgesetzt.
71 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.