Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 15. März 2017 - A 11 S 2151/16

bei uns veröffentlicht am15.03.2017

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt, um nach Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichthofs der Europäischen Union zu folgenden Fragen einzuholen:

1. Ist ein Asylbewerber nur dann flüchtig im Sinne von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 VO (EU) 604/2013, wenn er sich gezielt und bewusst dem Zugriff der für die Durchführung der Überstellung zuständigen nationalen Behörden entzieht, um die Überstellung zu vereiteln bzw. zu erschweren, oder genügt es, wenn er sich über einen längeren Zeitraum nicht mehr in der ihm zugewiesenen Wohnung aufhält und die Behörde nicht über seinen Verbleib informiert ist und deshalb eine geplante Überstellung nicht durchgeführt werden kann?

Kann sich der Betroffene auf die richtige Anwendung der Vorschrift berufen und in einem Verfahren gegen die Überstellungsentscheidung einwenden, die Überstellungsfrist von sechs Monaten sei abgelaufen, weil er nicht flüchtig gewesen sei?

2. Kommt eine Verlängerung der Frist nach Art. 29 Abs. 1 UA 1 VO (EU) 604/2013 allein dadurch zustande, dass der überstellende Mitgliedstaat noch vor Ablauf der Frist den zuständigen Mitgliedstaat darüber informiert, dass der Betreffende flüchtig ist, und zugleich eine konkrete Frist benennt, die 18 Monate nicht übersteigen darf, bis zu der die Überstellung durchgeführt werden wird, oder ist eine Verlängerung nur in der Weise möglich, dass die beteiligten Mitgliedstaaten einvernehmlich eine verlängerte Frist festlegen?

3. Ist eine Überstellung des Asylbewerbers in den zuständigen Mitgliedstaat unzulässig, wenn er für den Fall einer Zuerkennung eines internationalen Schutzstatus dort im Hinblick auf die dann zu erwartenden Lebensumstände einem ernsthaften Risikos ausgesetzt wäre, eine Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh zu erfahren?

Fällt diese Fragestellung noch in den Anwendungsbereich des Unionsrechts?

Nach welchen unionsrechtlichen Maßstäben sind die Lebensverhältnisse des anerkannten international Schutzberechtigten zu beurteilen?

Der Senat beantragt die Anordnung eines Eilvorabentscheidungsverfahrens.

Gründe

 
I.
Der Kläger ist nach seinen Angaben ein am 23. Oktober 1992 geborener Staatsangehöriger Gambias. Er wendet sich gegen seine Überstellung nach Italien zur Durchführung eines Asylverfahrens.
Er stellte am 23. Dezember 2014 einen Asylantrag, nachdem er Gambia am 5. Oktober 2012 verlassen und Italien über den Seeweg erreichte hatte. Von Italien aus reiste er nach Deutschland weiter. Auf Grundlage eines Eurodac-Treffers, wonach er in Italien einen Asylantrag gestellt habe (vgl. Art. 18 Abs. 1 lit. b) VO (EU) 604/2013), ersuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Italien am 26. Januar 2015 um die Wiederaufnahme des Klägers. Eine Reaktion Italiens auf dieses Ersuchen blieb in der Folgezeit aus.
Mit Bescheid vom 25. Februar 2015 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (Nr. 1) und ordnete seine Abschiebung nach Italien an (Nr. 2).
Der Kläger erhob am 4. März 2015 Klage und stellte am 12. März 2015 einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, den das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 30. April 2015 als unzulässig ablehnte, weil verspätet gestellt. Auf einen weiteren Eilantrag hin ordnete später das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage mit Beschluss vom 18. Februar 2016 an.
Am 8. Juni 2015 sollte der Kläger nach Italien überstellt werden, was jedoch misslang, da er in seinem Wohnbereich in der Gemeinschaftsunterkunft in Heidelberg nicht angetroffen werden konnte. Nach entsprechenden Nachfragen des Regierungspräsidiums Karlsruhe teilte die "Fachstelle für Wohnungsnotfälle" der Stadt Heidelberg unter dem 16. Juni 2015 dem Regierungspräsidium Karlsruhe mit, der Kläger sei seit längerem nicht in der Gemeinschaftsunterkunft anzutreffen, dieses habe der zuständige Hausmeister bestätigt. In der mündlichen Verhandlung des Senates erklärte der Kläger - erstmals im gesamten gerichtlichen Verfahren - hierzu, dass er Anfang Juni zu einem in Freiberg/Neckar lebenden Freund gereist sei, um ihn zu besuchen. Nach etwa ein bis zwei Wochen habe er einen Anruf von seinem Zimmergenossen aus Heidelberg erhalte, dass die Polizei ihn suche. Er habe sich entschieden, nach Heidelberg zurückzugehen, habe aber kein Geld gehabt, um die Rückfahrt zu bezahlen; er habe sich dieses erst leihen müssen: Etwa nach zwei Wochen sei er wieder in Heidelberg gewesen und sei dort zum Sozialamt der Stadt Heidelberg gegangen und habe gefragt, ob er noch sein Zimmer habe, was bejaht worden sei. Darüber, dass er seine längere Abwesenheit melden müsse, habe ihn niemand belehrt.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unterrichtete das italienische Innenministerium mit einem Formblatt am 16. Juni 2015, dass eine Überstellung derzeit nicht möglich sei, weil der Kläger flüchtig sei. Dies sei ihm seit dem 16. Juni 2016 bekannt. Weiter heißt es in dem Formular, dass eine Überstellung bis spätestens zum 10. August 2016 "gem. Art. 29 Abs. 2 Dublin-VO" erfolgen werde.
Am 3. Februar 2016 sollte der Kläger erneut überstellt werden; die Überstellung scheiterte erneut, weil der Kläger sich weigerte, das Flugzeug zu besteigen.
Durch Urteil vom 6. Juni 2016 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab.
Auf den Antrag des Klägers ließ der Senat die Berufung zu. Im Berufungsverfahren vertritt der Kläger nach wie vor die Auffassung, er sei im Juni 2015 nicht flüchtig gewesen, auch habe das Bundesamt die Fristverlängerung nicht, wie geschehen, bewirken können. Die Verfügung sein auch deshalb aufzuheben, weil bislang keine seit 6. August 2016 erforderliche Entscheidung zum Vorliegen eines nationalen Abschiebungsverbots erfolgt sei. Eine Überstellung nach Italien sei auch deshalb unzulässig, weil das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen dort systemischen Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO (EU) Nr. 604/2013 aufweise. Schließlich sei die Abschiebungsanordnung im Hinblick auf seine mit Erlaubnis der Ausländerbehörde aufgenommene Ausbildung aufzuheben.
10 
Während des Berufungsverfahrens konnte das Bundesamt in Erfahrung bringen, dass dem Kläger in Italien ein nationaler Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen erteilt worden war, der ein Jahr gültig und am 9. Mai 2015 abgelaufen war.
II.
11 
Der Senat setzt den Rechtsstreit aus, um eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) zu den im Tenor formulierten Fragen einzuholen. Die Fragen betreffen die Auslegung von Unionsrecht, insbesondere Art. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und Art. 29 Abs. 2 VO (EU) 604/2013.
12 
1.Folgende nationale Vorschriften bilden rechtlichen Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits:
13 
§ 60a Aufenthaltsgesetz i.d.F.v. 31.07.2016 (BGBl. I, S. 1939)
Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe im Sinne von Satz 3 ist zu erteilen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat, die Voraussetzungen nach Absatz 6 nicht vorliegen und konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen. In den Fällen nach Satz 4 wird die Duldung für die im Ausbildungsvertrag bestimmte Dauer der Berufsausbildung erteilt…
14 
§ 29 Asylgesetz i.d.F.v. 31.07.2016 (BGBl. I, S. 1939)
Unzulässige Anträge
Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn
ein anderer Staat
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr.604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) oder
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist…
15 
§ 31 Asylgesetz
Entscheidung des Bundesamtes über Asylanträge
(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird.
16 
§ 34a Asylgesetz
Abschiebungsanordnung
Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig...
17 
Auf die Auslegung der unionsrechtlichen Vorschriften kommt es nach Auffassung des Senats entscheidungserheblich an. Denn zum einen steht die vom Kläger aufgenommene Ausbildung einer Überstellung nicht entgegen, insbesondere konnte der Kläger kein schützenwertes Vertrauen entwickeln, auch in der Zukunft nach einem negativen Ausgang dieses Rechtsstreits weiter in der Bundesrepublik Deutschland verbleiben zu können. Dem Kläger wird keine Duldung nach § 60 Abs. 2 Satz 4 AufenthG zu erteilen sein, denn mit Erlass der Abschiebungsanordnung waren aufenthaltsbeendende Maßnahmen bereits eingeleitet. Auch die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG scheidet aus, insbesondere kommt mit Rücksicht auf das nicht schutzwürdige Vertrauen in eine Fortsetzung der Ausbildung keine Ermessensreduzierung in Betracht, wie der Kläger meint. Nach den dem Senat vorliegenden Erkenntnismittel, insbesondere dem Bericht von aida "Country Report: Italy" (February 2017) leiden das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen trotz diverser erheblicher Mängel an keinen systemischen Schwachstellen, die gerade den allein stehenden Kläger, der keine gesundheitlichen Einschränkungen hat, dem beachtlichen Risiko einer Schlechtbehandlung im Sinne Art. 4 GRCh aussetzen würde, wenn er zur Durchführung eines (wohl weiteren) Asylverfahrens nach Italien überstellt werden würde. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die angegriffenen Bescheide auch nicht aufzuheben, auch wenn das Bundesamt noch nicht über das Vorliegen von nationalen Abschiebungsverboten entschieden hat. Dies beruht darauf, dass § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG in der hier maßgeblichen Fassung, zum Zeitpunkt seiner Entscheidung noch nicht gegolten hatte, sondern erst am 6. August 2016 in Kraft getreten ist. Im Anschluss an vergleichbare in der Vergangenheit aufgetretene Fallkonstellationen geht der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass dieser Streitgegenstand im Berufungsverfahren angewachsen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.02.1992 – 9 C 59.91 – NVwZ 1992, 892 zu § 51 Abs. 1 AuslG, vom 08.09.2011 – 10 C 14.10 und 10 C 15.10 – jew. juris zu § 60 Abs. 2, 3 und Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.).
18 
Nach Auffassung des Senats führt auch die in Italien erfolgte Erteilung eines ein Jahr gültigen Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen nicht zur Unanwendbarkeit der Verordnung (EU) Nr. 604/2013. Mit der Erteilung dieses Titels ist dem Kläger kein internationaler Schutz im Sinne der RL 2011/95/EU gewährt worden.
19 
Zur ersten Vorlagefrage:
20 
Eine erste zentrale Weichenstellung nimmt der vorliegende Fall mit der Beantwortung der Frage, ob der Kläger 16. Juni 2015, d.h. am Tag der Meldung des Bundesamts an das italienische Innenministerium, "flüchtig" im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EU) Nr.604/2013 war. Denn durch die spätere Anordnung der aufschiebenden Wirkung mit Beschluss vom 18. Februar 2016, der erst nach Ablauf der 6-Montsfrist ergangen war, hätte die abgelaufene Frist nicht mehr verlängert oder unterbrochen werden können. Die Fragestellung erfährt im vorliegenden Fall insofern eine ungewöhnliche Zuspitzung als nach dem unstreitigen Sachverhalt der Kläger sich genau an dem Tag, an dem die Mitteilung an die italienischen Behörden erfolgt war, wieder bei der Stadt Heidelberg gemeldet hat, eine entsprechende Information aber nicht mehr an das Bundesamt gelangt war. Es ist nicht feststellbar, ob zum genauen Zeitpunkt der Meldung bei der Stadt Heidelberg die Information des italienischen Innenministeriums durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits erfolgt war oder nicht. Geht man von der Legaldefinition der Fluchtgefahr in Art. 2 lit. n) Verordnung (EU) Nr.604/2013 aus, wonach ein "Entziehen" durch Flucht festgestellt werden muss, so liegt auch nach dem allgemeinen Wortsinn nahe, im Begriff des "Entziehens" ein Element des Planvollen und Vorsätzlichen bzw. Bewussten zu sehen, mit anderen Worten ein Verhalten, das bewusst in Bezug auf die erwartete Überstellung erfolgt ist. Ein Flüchtigsein wäre nicht schon dann anzunehmen, wenn der oder die Betreffende nicht angetroffen wird und bei dieser Gelegenheit der aktuelle Aufenthaltsort nicht ermittelt werden kann. Die englische Fassung spricht in Art. 2 lit. n) bzw. Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EU) Nr.604/2013 allerdings (nur) von "risk of absconding" bzw. von "if the person concerned absconds"; im Französischen ist demgegenüber wiederum Rede von "risque de fuite" und "si la personne concernée prend la fuite". Jedenfalls die deutsche wie auch die französische Fassungen legen ein weites Verständnis nicht nahe. Nur der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass sich aus den öffentlich zugänglichen Materialien des Normsetzungsverfahrens nichts Erhellendes ablesen lässt. Die Vorschrift des Art. 29 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr.604/2013 entspricht wörtlich der des Art. 20 Abs. 2 Verordnung (EG) 343/2003. Im Kommissionsentwurf (KOM/2001/0447endg – ABl. C 2001, 304 E, 192) war der hier interessierende Satz 2 noch gar nicht enthalten. Er wurde, soweit ersichtlich, erst im Kontext der abschließenden Beratungen des Rates eingefügt. Andererseits sieht der Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass mit der Vorschrift des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 ein missbilligtes Verhalten des Ausländers sanktioniert werden soll. Der Senat versteht Sinn und Zweck der Vorschrift dahin gehend, dass das effektive Funktionieren des Dublin-Systems gesichert werden soll. Dieses Funktionieren kann erheblich beeinträchtigt werden, wenn die Überstellungen nicht zeitnah erfolgen können, weil dem Gründe entgegen stehen, die nicht in die Verantwortungssphäre des überstellenden Mitgliedstaat fallen. Im Übrigen würden praktisch gesehen oftmals erhebliche Ermittlungs- bzw. Beweisschwierigkeiten bestehen, wenn den Betroffenen nachgewiesen werden müsste, dass sie sich gerade, um eine Überstellung unmöglich zu machen oder zu erschweren, von ihrer Wohnung entfernt bzw. sich verborgen hatten. Hiervon ausgehend sprechen gute Gründe dafür, es ausreichen zu lassen, dass der zuständigen Behörde der Aufenthalt zum Zeitpunkt des Überstellungsversuchs und auch noch zum Zeitpunkt der Information der zuständige Behörde des zuständigen Mitgliedstaat nicht bekannt war und es auch keine verlässlichen Anhaltspunkte für diese gab, wie der aktuelle Aufenthalt in zumutbarer Weise zu ermitteln sein könnte. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass zuständige Behörden hier im konkreten Fall das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - für das Asylverfahren - sowie das Regierungspräsidium Karlsruhe - für die Durchführung der Überstellung - waren. Legt man diese weitere Verständnis der Norm zugrunde, so wäre der Kläger, insbesondere nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung auch noch am 16. Juni 2015 flüchtig gewesen, zumal sich aus diesen noch nicht einmal entnehmen lässt, ob überhaupt oder ggf. wann er wieder nach Heidelberg zurückkehren wollte.
21 
Im Anschluss an die Rechtsprechung des Gerichtshofs im Urteil vom 07. Juni 2016 (C-63/15) geht der Senat davon aus, dass durch die Vorschrift des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 auch unmittelbar Rechte des Ausländers berührt werden.
22 
Zur zweiten Vorlagefrage:
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Was die Frage betrifft, auf welche Weise die Fristverlängerung im Falle der Flucht (oder Krankheit) bewirkt wird, legt der Wortlaut des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 auf den ersten Blick die Herstellung eines Einvernehmens zwischen den Mitgliedstaaten nahe. Denn es heißt dort gerade nicht, dass "sich die Frist verlängert". Andererseits deckt der Wortlaut – auf den zweiten Blick – auch ein Verständnis dahin gehend, dass der überstellende Mitgliedstaat die Fristverlängerung einseitig herbeiführen kann, indem er den aufnehmenden Mitgliedstaat vor Ablauf der regulären Frist informiert und eine konkrete Frist benennt, bis zu der die Überstellung durchgeführt werden wird; die Frist darf dann auch durchaus, wie hier geschehen den Spielraum von 18 Monaten nicht ausschöpfen. Der rechtliche Ansatz einer einvernehmlichen Verlängerung wäre nach Auffassung des Senats unpraktikabel und hätte vorhersehbar zur Folge, dass die Norm in vielen Fällen leer liefe. Von diesem Verständnis lässt sich offensichtlich auch der weiterhin gültige Art. 9 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 leiten, der das vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hier praktizierte Verfahren festlegt. Der Senat ist sich der Tatsache bewusst, dass diese Verordnung selbstverständlich nicht geeignet ist, das Verordnungsrecht des Rates materiell zu ändern. Da aber der Wortlaut der hier auszulegenden Bestimmung eine Auslegung in diesem Sinn nicht gänzlich ausschließt, legt nicht zuletzt der Grundsatz der praktischen Wirksamkeit des Unionsrechts ein entsprechendes Normverständnis nahe.
24 
Zur dritten Vorlagefrage:
25 
Die Frage ist nach Auffassung des Senats nicht schon deshalb irrelevant, weil der Kläger unstreitig in Italien (noch) nicht als international Schutzberechtigter anerkannt worden ist. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem beschränkt sich nämlich nach Auffassung des Senats nicht nur darauf, die Phase der Aufnahme der Flüchtlinge und des Verfahrens auf Zuerkennung eines internationalen Schutzstatus zweckentsprechend in einer Art und Weise zu regeln, die geeignet ist, einen effektiven und menschenwürdegemäßen Flüchtlingsschutz zu gewährleisten (vgl. etwa den 2., 8., 9., 10. und 11. Erwägungsgrund der Richtlinie 2013/33/EU vom 26.06.2013 bzw. den 2., 11., 15. und 25. Erwägungsrund der Richtlinie 2013/32/EU vom 26.06.2013). Vielmehr hat es auch diejenigen Personen in den Blick zu nehmen, die nach Durchlaufen des Verfahrens von dem zuständigen Mitgliedstaat einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben (vgl. Art. 20 ff. der Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011). Ein effektives und menschenwürdiges Gemeinsames Europäisches Asylsystem steht und fällt auch mit den verheißenen und sodann realisierten Schutzstandards für die anerkannten Menschen. Aus der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. Urteil vom 21.12.2011 – C-411/10 u.a.; vom 14.11.2013 – C-14/11; vom 10.12.2013 – C-394/12) ergeben sich keine genügenden Anhaltspunkte dafür, dass insoweit keine umfassende Bewertung gerade auch unionsrechtlich geboten sein könnte, mit anderen Worten, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem die Augen davor verschließen dürfte, in welcher Situation sich im Anschluss an die Aufnahme zum Zwecke der Verfahrensdurchführung die Schutzberechtigten befinden werden, wenn man den Schutzsuchenden nach dem Mechanismus des Dublin-Systems eine freie Wahl des Zufluchtlandes verwehrt und ihnen grundsätzlich nur einen Verfahrensweg in dem zuständigen Mitgliedstaat eröffnet. Denn notwendige und zwingende Kehrseite dieses Mechanismus muss sein, dass dann auch diese Betroffenen ein menschenwürdiges Leben in dem zuerkennenden Mitgliedstaat führen können. Dieser erweiterte Blickwinkel ist der systemimmanenten Logik dieses Mechanismus geschuldet. Daraus folgt dann auch, dass die Prüfung, ob in einem Mitgliedstaat sog. systemische Schwachstellen (vgl. Art. 3 Abs. 2 Satz 2 VO (EU) Nr. 604/2013) bestehen, sich nicht auf die Beantwortung der Frage beschränken darf, ob die Aufnahmebedingungen während des Verfahren und das Verfahren selbst frei von solchen Mängel sind, sondern auch die Lage danach einbeziehen muss. Dieses hat dann aber notwendigerweise zur Konsequenz, dass systemische, nicht menschenwürdegemäße Mängel auch nur in einer Phase insgesamt dazu führen, dass die Betroffenen nicht auf das Verfahren in dem an sich zuständigen Mitgliedstaat verwiesen werden können, wenn die Betroffenen andernfalls das reale Risiko eingingen, eine Schlechtbehandlung im Sinne des Art.4 GRCh zu erfahren. Mit anderen Worten: Die besten Aufnahmebedingungen während des Anerkennungsverfahrens wären unzureichend, wenn den Betroffenen anschließend nach einer Anerkennung Verelendung droht, und umgekehrt. Ungeachtet dessen gebietet es ohnehin jedenfalls Art. 3 EMRK, vor einer Überstellung außerhalb des Dublinmechanismus (auf welcher Rechtsgrundlage auch immer), aus gegebenem Anlass eine Prüfung vorzunehmen. Allerdings ist dem Senat bewusst, dass die Qualifikationsrichtlinie, was die Existenzbedingungen der Schutzberechtigten betrifft, in der Regel nur Inländerbehandlung verspricht (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.11.2014 – A 11 S 1778/14 –, InfAuslR 2015, 77) und unionsrechtlich nach dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem keine bestimmten (Mindest-)Standards vorgegeben werden (vgl. allerdings auch Art. 32 QRL, der nur Gleichbehandlung mit anderen Drittstaatszugehörigen verlangt). Inländerbehandlung kann allerdings unzureichend sein, selbst wenn die Standards für die Inländer noch menschenwürdegemäß sein sollten. Denn die Union muss bei alledem in den Blick nehmen, dass es sich hier typischerweise um verletzliche und entwurzelte Menschen, jedenfalls um Menschen mit vielerlei Handicaps handelt, die nicht ohne weiteres oder auch gar nicht in der Lage sein werden, allein gestellt die Rechtspositionen, die die Rechtsordnung des Aufnahmestaats an sich formal gewährleistet auch effektiv geltend zu machen. Sie müssen daher erst in die gleiche oder eine vergleichbare faktische Position einrücken, aus der heraus die einheimische Bevölkerung ihre Rechte in Anspruch nimmt und nehmen kann. Erst mit diesem realen sozialen Hintergrund erfährt Inländerbehandlung ihre innere Rechtfertigung und Tragfähigkeit. Deshalb fordert Art. 34 QRL aus gutem Grund von den Mitgliedstaaten, den effektiven Zugang zu Integrationsprogrammen zu gewährleisten, denen eine spezifisch kompensatorische Funktion zukommt, und dieses bedingungs- und einschränkungslos. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte berücksichtigte in seiner Rechtsprechung (Entscheidung vom 21.01.2011 – Nr. 30696/09 ) im Kontext des Art. 3 EMRK ausdrücklich den Umstand, dass der hier zu betrachtende und zu würdigende Personenkreis in besonderem Maße verletzlich und/oder hilfsbedürftig ist und entwickelt die mit Blick auf Art. 3 EMRK einzuhaltenden (höheren) Standards – in Abweichung von der für die Beurteilung der in Abschiebezielstaaten allgemein herrschenden humanitären Zuständen herausgebildeten eigenen Spruchpraxis (vgl. nunmehr aber auch EGMR, Urteil vom 13.12.2016 – 41738/16 ) spezifisch auch unter diesem Gesichtspunkt sowie den Verheißungen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Konkret bedeutet dies dann auch, dass dieses Gemeinsame Europäische Asylsystem zumindest ein entsprechend dimensioniertes und den Defiziten des hier zu betrachtenden Personenkreises gerecht werdendes Integrationsprogramm gewährleisten muss, soweit dieses erforderlich ist, um jedenfalls die Inländerbehandlung faktisch und nicht nur formal rechtlich zu gewährleisten und sicherzustellen, was dann von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anforderungen bedingen kann. Dieser Standard stellt im Kontext des Unionsrechts ein flüchtlings- und menschenrechtliches Minimum dar. Er ist letztlich die Rechtfertigung und der Geltungsgrund des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, namentlich des dieses entscheidend prägenden Dublinsystems, der es den Flüchtlingen grundsätzlich verwehrt, einen effektiven Flüchtlingsschutz auch in einem anderen Mitgliedstaat zu suchen und zu finden. Dieses flüchtlings- und menschenrechtliche Minimum ist gewissermaßen die Kehrseite des Dublinsystems.
26 
Auf die vom Senat aufgeworfene Problematik kommt es im vorliegenden Verfahren auch an. Denn dem Senat liegt u.a. der ausführliche Recherchebericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe "Aufnahmebedingungen in Italien" vom August 2016 (vgl. dort S. 33 ff.) vor, aus dem sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass international Schutzberechtigte einem konkreten Risiko ausgesetzt sein könnten, bei einem Leben völlig am Rande der Gesellschaft obdachlos zu werden und zu verelenden. Dieser Bericht gibt, sofern die hier aufgeworfene Frage zu bejahen ist, Anlass diesen Anhaltspunkten weiter nachzugehen und eine abschließende Klärung herbeizuführen. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe betont mehrfach, dass das völlig unzureichend entwickelte Sozialsystem in weiten Teilen durch den Rückhalt in familiären Strukturen zu erklären ist, bzw. anders gewendet nur wegen dieses Rückhalt unter der italienischen Bevölkerung Not nicht ein generelles Phänomen darstellt. Diese Strukturen fehlen aber bei den Schutzberechtigten völlig. Dass hier die kompensatorisch greifenden Integrationsprogramme in Italien gegenwärtig weitgehend fehlen und namentlich der Zugang zu den unerlässlichen Sprachkursen mehr oder weniger dem Zufall überlassen ist, beschreibt die Schweizerische Flüchtlingshilfe (S. 53 f.) eindrücklich. Zwar soll ein Integrationsplan verabschiedet werden, er existiert allerdings noch nicht, geschweige denn, dass er umgesetzt würde; aktuell wird weiter hiervon geredet, mehr aber nicht (vgl. etwa Tagesspiegel v. 01.01.2017). Wenn überhaupt, werden einige wenige Projekte nur von Nichtregierungsorganisationen organisiert. Bei dieser Ausgangslage wäre es in Ermangelung eines ausgebauten vielfältigen sozialen Sicherungssystems unrealistisch, die Schutzberechtigten auf einen Rechtsweg zu verweisen, weil schon wegen teilweiser fehlender Ansprüche der Aspekt der Inländerbehandlung ins Abseits führen muss. Abgesehen davon dürfte die Effektivität ernsthaft infrage stehen. Dass die großen strukturellen Defizite des staatlichen Sozialsystems im weitesten Sinne angesichts der in den vergangenen Jahren stark angestiegenen Flüchtlingszahlen in Italien effektiv durch Nichtregierungsorganisationen und Kirchen ausgeglichen werden können, lässt der Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe nicht erkennen; wäre dieses der Fall, könnten die von ihr beschriebenen Verhältnisse so nicht eingetreten sein. Jedenfalls wäre dieser Frage gegebenenfalls noch weiter nachzugehen (vgl. zur Funktion und Tätigkeit von Nichtregierungsorganisationen und Kirchen in Italien vor Jahren bei wesentlich geringeren Flüchtlingszahlen VGH Bad-Württ., Urteil vom 16.04.2014 – A 11 S 1721/13).
27 
Namentlich für diese ggf. noch anzustellenden Ermittlungen ist es im Übrigen für den Senat von erheblicher Bedeutung, dass geklärt wird, welche unionsrechtlichen und menschenrechtlichen Standards für die Beurteilung der Verhältnisse in dem jeweiligen Mitgliedstaat gelten und anzuwenden sind.
28 
Der Senat erachtet es für geboten, über das Ersuchen im Eilvorabentscheidungsverfahren zu entscheiden (Art. 107 VerfO i.V.m. Art. 23a der Satzung des Gerichthofs), da die dritte Vorlagefrage von weitreichender Bedeutung ist. Sie hat Relevanz für alle Italien betreffenden Überstellungsverfahren im gesamten Dublinsystem; sie ist daher vorgreiflich in einer unübersehbaren Zahl von Verfahren. Die Ungewissheit über ihren Ausgang birgt die Gefahr, das Funktionieren des durch die Verordnung 604/2013 eingeführten Systems zu beeinträchtigen und das Gemeinsame Europäischen Asylsystem zu schwächen (vgl. EuGH, Beschluss vom 15.02.2017 - C-670/16 -, ECLI:EU:C:2017:120).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 15. März 2017 - A 11 S 2151/16

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 15. März 2017 - A 11 S 2151/16

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 15. März 2017 - A 11 S 2151/16 zitiert 6 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 31 Entscheidung des Bundesamtes über Asylanträge


(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine

Referenzen - Urteile

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 10. Nov. 2014 - A 11 S 1778/14

bei uns veröffentlicht am 10.11.2014

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2014 - A 7 K 880/14 - geändert, soweit es der Klage stattgegeben hat.Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien V

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 16. Apr. 2014 - A 11 S 1721/13

bei uns veröffentlicht am 16.04.2014

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2013 (A 12 K 331/13) geändert.Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Rechtszüge.Die Revisio
51 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 15. März 2017 - A 11 S 2151/16.

Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 30. Okt. 2018 - M 1 K 17.52005

bei uns veröffentlicht am 30.10.2018

Tenor I. Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand Der Kläger, der sich zu seiner Identität nicht ausgewiesen hat, ist nach seinen

Verwaltungsgericht München Beschluss, 22. März 2018 - M 18 S 18.50533

bei uns veröffentlicht am 22.03.2018

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. Gründe I. Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klag

Verwaltungsgericht München Beschluss, 23. Apr. 2018 - M 18 S 18.50476

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Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gründe I. Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die vom Bundesamt für Migration und

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 23. Okt. 2017 - Au 6 K 17.50223

bei uns veröffentlicht am 23.10.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger wendet sich gegen

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.

(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.

(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.

(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.

(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2014 - A 7 K 880/14 - geändert, soweit es der Klage stattgegeben hat.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist nach seinen Angaben 1984 geboren und ein kurdischer Volkszugehöriger aus Syrien, der bis zu seiner Ausreise in Kamischli gelebt hat und staatenlos ist.
Er stellte am 20.11.2013 bei der Landesaufnahmestelle für Flüchtlinge in Karlsruhe einen Asylantrag und gab an, er sei am 08.11.2013 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist.
Bei seiner Anhörung beim Bundesamt erklärte der Kläger, er sei über die Türkei zunächst nach Bulgarien eingereist. Dort sei er gleich festgenommen und zweieinhalb Monate in drei verschiedenen Asylcamps untergebracht gewesen. Die Bedingungen seien schlecht gewesen, teilweise habe er nur dreißig Minuten am Tag in den Hof gedurft, habe lediglich ein halbes trockenes Brot und kalte Suppe zu essen bekommen. Das dritte Camp sei ein offenes Camp gewesen; dort habe er die Einrichtung verlassen können. Er sei dann nach Ungarn weitergereist, wo er für drei Tage inhaftiert worden sei. Er sei schließlich mit Hilfe eines Schleusers mit dem LKW nach Stuttgart befördert worden.
Am 20.12.2013 stellte das Bundesamt ein auf Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II gestütztes Wiederaufnahmegesuch an die bulgarischen Behörden. Der Kläger habe ausweislich eines Abgleichs der Fingerabdrücke in der EURODAC-Datenbank am 15.04.2013 in Bulgarien einen Asylantrag gestellt, so dass Bulgarien für das Asylgesuch des Klägers zuständig sei. Die bulgarischen Behörden stimmten der Rücküberstellung am 04.02.2014 im Hinblick auf Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II zu und teilten mit, dass der Kläger dort als irakischer Staatsangehöriger mit dem Namen ... registriert sei.
Mit Bescheid vom 07.02.2014 erklärte das Bundesamt den Asylantrag für unzulässig und ordnete die Abschiebung nach Bulgarien an. Das Bundesamt begründete seine Entscheidung damit, dass Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung Nr. 343/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (VO Dublin II) vorgelegen hätten. Auf das Übernahmeersuchen vom 20.12.2013 hätten die bulgarischen Behörden mit Schreiben vom 04.02.2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II erklärt. Der Asylantrag des Klägers sei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da Bulgarien aufgrund des dort bereits durchgeführten Asylverfahrens für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II auszuüben, seien nicht ersichtlich. Gründe für die Annahme von systemischen Mängeln im bulgarischen Asylverfahren lägen nicht vor. Die Anordnung der Abschiebung nach Bulgarien beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.
Am 17.02.2014 erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart und suchte zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nach.
Mit Beschluss vom 04.03.2014 ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 07.02.2014 enthaltene Abschiebungsanordnung an (A 7 K 881/14).
Der Kläger trug - u.a. unter Bezugnahme auf den Bericht des UNHCR vom 02.01.2014 - vor, in Bulgarien würden die europarechtlichen Mindeststandards für die Durchführung eines Asylverfahrens nicht eingehalten und Asylbewerber seien einer menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt. Auch wenn der UNHCR in jüngeren Stellungnahmen langsame Verbesserungen im bulgarischen Asylverfahren attestiere und nicht mehr pauschal die Aussetzung von Abschiebungen nach Bulgarien fordere, könne daraus nicht gefolgert werden, beim Kläger bestünde nicht mehr die Gefahr einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung. Eine solche habe er in Bulgarien erlebt. Es liege auf der Hand, dass die im Positionspapier des UNHCR vom 02.01.2014 geschilderten gravierenden Mängel nicht innerhalb weniger Wochen behoben werden könnten. Die Beklagte sei verpflichtet, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben und über den Asylantrag des Klägers zu entscheiden.
Soweit die Klage ursprünglich auch darauf gerichtet war, die Beklagte zu verpflichten, ein Asylverfahren durchzuführen, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und seine Flüchtlingseigenschaft festzustellen, hilfsweise subsidiären Schutz oder Abschiebungsverbote festzustellen, wurde sie zurückgenommen.
10 
Die Beklagte trat der Klage unter Berufung auf den angegriffenen Bescheid entgegen und verwies ergänzend u.a. auf den Bericht des UNHCR vom 15.04.2014. Hiernach leide das Asyl- und Aufnahmesystem in Bulgarien nicht an systemischen Mängeln, die einer Rücküberstellung des Klägers entgegenstünden.
11 
Durch Urteil vom 30.06.2014 stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren zum Teil ein und hob den Bescheid der Beklagten vom 07.02.2014 auf.
12 
Zur Begründung führte es u.a. aus: Bulgarien sei für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig und gem. Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II zur Wiederaufnahme verpflichtet. Ein Asylbewerber dürfe aber dann nicht an den zuständigen Mitgliedstaat überstellt werden, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat aufgrund systemischer Mängel, d.h. regelhaft so defizitär seien, dass zu erwarten sei, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh drohe. Das Gericht gehe im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) davon aus, dass das Aufnahme- und Asylsystem in Bulgarien weiterhin an systemischen Mängeln leide.
13 
Das Urteil wurde der Beklagten am 03.07.2014 zugestellt. Am 01.08.2014 hat die Beklagte die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 05.09.2014 (A 11 S 1532/14) hat der Senat die Berufung zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben hatte.
14 
Am 18.09.2014 hat die Beklagte die Berufung unter Stellung eines Antrags, wie folgt, begründet: Systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Bulgarien lägen nicht vor, was auch von vielen Verwaltungsgerichten so gesehen werde. Auch das Bundesverwaltungsgericht der Schweiz teile die Auffassung, dass bei der Rückkehr von Antragstellern nach Bulgarien nicht davon auszugehen sei, dass dort eine unmenschliche Behandlung drohe. Zwar habe sich der UNHCR in seinem Bericht vom 02.01.2014 vor dem Hintergrund erheblich gestiegener Flüchtlingszahlen dafür ausgesprochen gehabt, zunächst von Überstellungen nach Bulgarien abzusehen. Dies rechtfertige jedoch nicht die Annahme systemischer Mängel im Sinne der Rechtsprechung des EuGH und des EGMR. Bulgarien unternehme gegenwärtig mit Hilfe des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) und in Kooperation mit dem UNHCR und diversen Nichtregierungsorganisationen große Anstrengungen, um trotz des gestiegenen Flüchtlingszustroms die Anforderungen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu gewährleisten. Laut dem EASO-Bericht über die Bestandsaufnahme der Maßnahmen im Asylbereich in Bulgarien vom 25.02.2014 seien im Rahmen des bis September 2014 andauernden EASO-Unterstützungsprogramms unter anderem Maßnahmen zur Verbesserung des Aufnahmesystems, der Herkunftsländerinformationen, der Ausbildung neuer Kräfte, der Versorgung schutzbedürftiger Personen und der Registrierung von Schutzsuchenden ergriffen worden. Diese Maßnahmen hätten bereits deutliche Verbesserungen im Asylwesen und in den Aufnahmebedingungen bewirkt. Aus diesem Grund gehe auch der UNHCR in seinem aktuellsten Bericht vom 15.04.2014 davon aus, dass Überstellungen nach Bulgarien nicht mehr grundsätzlich ausgesetzt werden müssten. Die rechtlichen Regelungen des Asyl- und Flüchtlingsrechts der Europäischen Union habe Bulgarien in den wesentlichen Grundzügen umgesetzt und sei bestrebt, die tatsächlichen Bedingungen an den Flüchtlingsstrom mit Hilfe der Europäischen Union anzupassen und zeitnah weiter zu verbessern. Seriöse Änderungen der zuvor beschriebenen Verhältnisse im Zugang und der Effektivität des Asylverfahrens ließen sich beobachten. Dabei werde die Situation im bulgarischen Asyl- und Aufnahmesystem und die Umsetzung der Maßnahmen des bis September 2014 andauernden EASO-Einsatzplanes fortlaufend beobachtet und bewertet. Von der bulgarischen Regierung werde eine „Nationale Strategie für Migration, Asyl und Integration 2011 bis 2020" auch mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union umgesetzt. Die bulgarische Regierung arbeite dabei aktiv mit internationalen Organisationen sowie mit Nichtregierungsorganisationen zusammen, um die Situation der Flüchtlinge zu verbessern. Nach dem UNHCR-Bericht vom 15.04.2014 habe die Aufnahmekapazität der sieben Aufnahmezentren Ende März 2014 4150 Plätze mit einer Belegungsrate von 82 % betragen. Nach derzeitigem Kenntnisstand gehe die bulgarische Flüchtlingsbehörde (SAR) davon aus, dass weitere Aufnahmekapazitäten geschaffen würden. Seit Dezember 2013 habe die SAR 160 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt, von welchen die Mehrheit in der Verwaltung der Aufnahmeeinrichtungen, unter anderem in der Prävention von geschlechtsspezifischer Gewalt, sowie im Asylverfahren und in der Registrierung der Anträge geschult worden seien. Unter den neu eingestellten Mitarbeitern befänden sich auch Sozialarbeiter. Asylbewerber hätten Zugang zu medizinischer Grundversorgung und Dolmetschern. Die Räumlichkeiten seien beheizt, es stünden getrennte Einrichtungen für alleinstehende Frauen und Männer zur Verfügung. Auch könnten Schutzsuchende auf schriftliche Informationen bezüglich ihrer Rechte und Pflichten sowie bezüglich der Unterstützung durch Hilfsorganisationen zugreifen. Täglich würden zwei warme Mahlzeiten bereitgestellt. Eine monatliche Grundsicherung für Schutzsuchende von 33 Euro werde ausgezahlt. Ab April 2014 würden auch in Harmanli, Vrazdebhna und Voenna Rampa Gemeinschaftsküchen entstehen. Es fänden Renovierungsarbeiten in Vrazdebhna und Voenna Rampa statt, um die Unterbringung und die Sanitäranlagen zu verbessern. In seinem Bericht über die Bestandsaufnahme der Maßnahmen im Asylbereich in Bulgarien vom 25.02.2014 betone EASO, dass seit Oktober 2013 erhebliche Fortschritte gemacht worden seien. Die sofortige Ausstellung der grünen Registrierungskarten und die umfassende Bewegungsfreiheit innerhalb der offenen Zentren seien sichergestellt. EASO berichte des Weiteren, dass die Aufnahmeeinrichtungen größtenteils in annehmbarem Zustand seien und motivierte und engagierte Mitarbeiter hätten. Alle Einrichtungen böten medizinische Versorgung. Sie ermöglichten den Zugang zur Rechtsberatung durch ehrenamtliche Mitarbeiter des Bulgarischen Helsinki-Komitees. Auch wenn es punktuell Engpässe bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in Bulgarien geben möge, lasse sich nach alledem kein Systemversagen feststellen, das die Annahme rechtfertigen würde, dass Flüchtlingen in Bulgarien Menschenrechtsverletzungen drohten. Laut dem UNHCR-Bericht vom 15.04.2014 finde die Registrierung der Schutzsuchenden innerhalb von 24 Stunden nach Ankunft in den Aufnahmeeinrichtungen in Sofia, Banya, Harmanli und Pastrogor statt. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung lägen bei der Registrierung von Schutzsuchenden nach Auskunft der staatlichen Flüchtlingsagentur keine Arbeitsrückstände vor. Auch im EASO-Bericht heiße es, dass die Registrierungskarten grundsätzlich einen Tag nach Ankunft des Schutzsuchenden in den Aufnahmezentren ausgestellt und die Anhörungstermine gleich bei der Registrierung festgelegt würden. Gegenseitige Unterstützung und regelmäßiger Informationsaustausch aller Akteure (Innenministerium, Oberste Leitung der Grenzpolizei, Migrationsdirektorat, Gesundheitsministerium, Bulgarisches Helsinki-Komitee und UNHCR) fänden statt. Rechtsberatung, Informationen durch Infoblätter bzw. gegebenenfalls auf andere Weise stünden normalerweise ab der ersten Antragstellung (z.B. an der Grenze) bis zum Abschluss des Registrierungsvorgangs zur Verfügung. Personen, deren Verfahren negativ beschieden oder eingestellt worden sei, hätten, sofern sie dies wünschten, Zugang zu einem neuen Verfahren, in dem die SAR eventuelle neue Erkenntnisse in einer Anhörung prüfe.
15 
Nach dem UNHCR-Bericht vom 15.04.2014 werde bei Schutzsuchenden mit noch nicht abgeschlossenem Verfahren in Bulgarien der Antrag bei Rückkehr nach Bulgarien in dem Verfahrensschritt weiter geprüft, in welchem er sich zuletzt befunden habe, sofern der Antragsteller dies wünsche. Sei das Verfahren unterbrochen und spreche der Antragsteller nicht innerhalb von drei Monaten bei der staatlichen Flüchtlingsagentur vor, so werde das Verfahren in seiner Abwesenheit beendet. Falls noch keine Anhörung stattgefunden habe, werde diese bei Rückkehr nachgeholt, da nach bulgarischem Recht grundsätzlich keine Entscheidung ohne Anhörung erfolgen könne. Das bulgarische Recht erlaube eine Inhaftierung von Personen aufgrund illegaler Einreise, unerlaubtem Aufenthalt oder wegen fehlender gültiger Ausweisdokumente. Unbegleitete Minderjährige würden nicht inhaftiert. In diesen geschlossenen Einrichtungen stünden regelmäßige Mahlzeiten, medizinische Versorgung und Freizeiteinrichtungen einschließlich TV sowie Freiluftaktivitäten zur Verfügung. Der UNHCR stelle mithilfe des Bulgarischen Helsinki Commitees in den Hafteinrichtungen einen regelmäßigen rechtlichen Beratungsdienst unter Beisein eines Dolmetschers zur Verfügung.
16 
Die grundsätzliche Verfügbarkeit medizinischer Versorgung sei zu bejahen. Nach dem Bericht „AIDA, Asylum Information Database National Country Report Bulgaria", werde jeder Antragsteller in Bulgarien von der zuständigen Stelle (staatliche Flüchtlingsagentur) krankenversichert und erhalte eine kostenlose medizinische Behandlung in gleichem Umfang wie ein bulgarischer Staatsbürger. UNHCR habe unter dem 15.04.2014 berichtet, dass in den Zentren Sofia, Banya und Pastrogor Ärzte und Krankenschwestern der staatlichen Flüchtlingsagentur arbeiteten. In Harmanli, Voenna Rampa und Vrazdebhna seien zudem „Ärzte ohne Grenzen“ tätig. Ab Mai 2014 solle diese Aufgabe jedoch von dem durch die staatliche Flüchtlingsagentur neu eingestellten medizinischen Personal übernommen werden. Der ärztliche Dienst werde in Kovachevtsi durch einen Arzt des dortigen Krankenhauses sichergestellt.
17 
Der Bericht „The AIDA Asylum Information Database National Country Report Bulgaria“ lasse keine Zweifel daran, dass die Schutzersuchen von den bulgarischen Behörden ordnungsgemäß geprüft und die Antragsteller dort nicht verfahrenswidrig in ihr Herkunftsland abgeschoben würden.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2014 - A 7 K 880/14 - zu ändern, soweit darin der Klage stattgegeben wurde, und die Klage abzuweisen.
20 
Der Kläger beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Es sei zwar richtig, dass UNHCR in seiner letzten Stellungnahme gewisse Verbesserungen festgestellt habe und nicht mehr pauschal die Aussetzung von Abschiebungen nach Bulgarien fordere. Dieses lasse aber nicht den Schluss zu, dass in Bulgarien keine unmenschliche und erniedrigende Behandlung drohe. Auch nach der Stellungnahme von UNHCR seien zahlreiche gerichtliche Entscheidungen ergangen, die weiter von systemischen Mängeln ausgingen und weiterhin erhebliche Schwachstellen im bulgarischen Asylverfahren festgestellt hätten, insbesondere seien die Veränderungen nicht nachhaltig genug. Nach den vorliegenden Erkenntnissen bestehe berechtigter Anlass zur Sorge, dass gerade Asylbewerber mit besonderen Bedürfnissen in Bulgarien nicht die erforderliche medizinische Betreuung und therapeutische Unterstützung erhielten. Dieses betreffe aber gerade den traumatisierten Kläger.
23 
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze verwiesen.
24 
Dem Senat lagen die Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des Hauptsacheverfahrens wie auch des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes des Verwaltungsgerichts vor. Diese sowie die den Beteiligten und von diesen selbst benannten Erkenntnismittel waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht - zulässigerweise unter Bezugnahme auf den Zulassungsantrag - begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
26 
Die zu Recht auf § 31 Abs. 6 und § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (jeweils i.V.m. § 27a AsylVfG) gestützte Verfügung der Beklagten, mit der der Asylantrag als unzulässig qualifiziert und die Abschiebung des Klägers nach Bulgarien angeordnet wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass sein Asylantrag durch die Bundesrepublik Deutschland geprüft wird.
27 
1. Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass Bulgarien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat und verpflichtet ist, den Kläger wieder aufzunehmen.
28 
Die Zuständigkeit Bulgariens folgt hier schon aufgrund der eigenen Angaben des Klägers aus Art. 10 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (VO Dublin II), die hier gem. Art. 49 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (VO Dublin III) noch anzuwenden ist. Im Übrigen folgt die Zuständigkeit auch aus der zunächst fingierten und später von Bulgarien ausdrücklich erteilten Zustimmung (vgl. auch Art. 20 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II). Dass mittlerweile das Asylverfahren möglicherweise abgeschlossen wurde, ist im Übrigen unbeachtlich (vgl. Art. 16 Abs. 1 lit. e) VO Dublin II; vgl. zur Situation abgelehnter Antragsteller unten Ziffer 2 b). Für das Überstellungsverfahren ist nach der Übergangsregelung des Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III ebenfalls das alte Recht anzuwenden, da das Übernahmeersuchen bereits am 20.12.2013 an Bulgarien gerichtet worden war, weshalb auch gem. Art. 20 VO Dublin II keine Frist für die Stellung des Wiederaufnahmeersuchens einzuhalten war (vgl. demgegenüber Art. 23 Abs. 2 VO Dublin III).
29 
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Prüfung, ob ein anderer Mitglied- oder Vertragsstaat zuständig ist oder gar auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Sinne von Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II durch die Bundesrepublik Deutschland.
30 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417), die der Unionsgesetzgeber nunmehr in Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III umgesetzt hat, ist ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist nämlich Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 GRCh aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 GRCh und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie von dem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, diese Grundsätze beachten (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - a.a.O.).
31 
Dabei kann jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
32 
Allerdings stellt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der VO Dublin II bzw. der VO Dublin III und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts wie auch von Art. 4 GRCh durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist hier deshalb nur dann (teilweise) zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel oder Schwachstellen (vgl. zum Begriff jetzt Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III) des Asylverfahrens und (bzw. genauer: oder) der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78 ff. und vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129, Rn. 30).
33 
Systemische Schwachstellen sind solche, die entweder bereits im Asyl- und Aufnahmeregime selbst angelegt sind und von denen alle Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Asyl- und Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1039, und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 - InfAuslR 2014, 352, mit dem ausdrücklichen Hinweis, die Betroffenen könnten gegenüber einer Überstellungsentscheidung mit Blick auf das Asyl- und Aufnahmesystem nur systemische Schwachstellen und nicht auch vorhersehbare schwere Rechtsverletzungen im Einzelfall einwenden). Dabei ist der Begriff der systemischen Schwachstelle nicht in einer engen Weise derart zu verstehen, dass er geeignet sein muss, sich auf eine unüberschaubare Vielzahl von Antragstellern auszuwirken. Vielmehr kann ein systemischer Mangel auch dann vorliegen, wenn er von vornherein lediglich eine geringe Zahl von Asylbewerbern betreffen kann, sofern er sich nur vorhersehbar und regelhaft realisieren wird und nicht gewissermaßen dem Zufall oder einer Verkettung unglücklicher Umstände bzw. Fehlleistungen von in das Verfahren involvierten Akteuren geschuldet ist (vgl. hierzu Lübbe, ZAR 2014, 97 ff.).
34 
Wesentliche Kriterien für die zu entscheidende Frage, ob eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK, der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt. In seinem Urteil vom 21.01.2011 (M.S.S./Belgien und Griechenland - 30696/09 - NVwZ 2011, 413), das der Europäische Gerichtshof ausdrücklich in seinem Urteil vom 21.12.2011 zustimmend erwähnt und in seine Überlegungen einbezieht, hat der Gerichtshof für Menschenrechte eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Unterbringung von Asylbewerbern in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden sei. Es gebe auch zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen zu überfüllten Zellen, Schlägen durch Polizisten und unhygienischen Bedingungen in dem Haftzentrum neben dem internationalen Flughafen von Athen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer monatelang und ohne Perspektive in extremer Armut gelebt habe und außer Stande gewesen sei, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygieneartikel und eine Unterkunft - aufzukommen. Er sei über Abhilfemöglichkeiten nicht angemessen informiert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, angegriffen beziehungsweise überfallen zu werden.
35 
Art. 3 EMRK kann aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er (aus sich heraus) die Vertragsparteien verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - a.a.O., Rn. 249, m.w.N). Eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle der illegalen Einreise wie auch eine Unterschreitung der verfahrensrechtlichen Schutzstandards des Art. 13 EMRK reichen für sich genommen noch nicht aus, um einen relevanten Menschenrechtsverstoß anzunehmen, der zur Suspendierung des Dublin-Systems führen muss. Etwas anderes gilt aber nach der genannten Entscheidung des EGMR, wenn der jeweilige Staat aufgrund bindender rechtlicher Vorgaben die Pflicht zur Versorgung mittelloser Asylsuchender mit einer Unterkunft und einer materiellen Grundausstattung hat, wie hier nach der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180, 96 - ARL n.F.), welche die zuvor geltende Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 (ABl. L 31, 18 - ARL a.F.) ersetzt hat. Die genannten Richtlinien haben Minimalstandards für die Aufnahme von Asylsuchenden für die Mitgliedstaaten festgelegt. Sie geben für alle Mitgliedstaaten verbindlich vor, was deren Asylsystem zu leisten im Stande sein muss. Diese unionsrechtlichen normativen Vorgaben überlagern darüber hinaus gewissermaßen die allgemeinen - eher niedrigen - völkervertraglichen Schutzstandards des Art. 3 EMRK und konkretisieren nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte diese näher mit der Folge, dass die konkreten Anforderungen an die immer kumulativ festzustellende Schwere der Schlechtbehandlung niedriger anzusetzen sind, aber gleichwohl die typischerweise für die Mehrheit der einheimischen Bevölkerung geltenden Standards nicht völlig aus den Augen verlieren dürfen. Dabei muss jedoch zur Klarstellung darauf hingewiesen werden, dass nicht etwa die Nichterfüllung eines einzelnen Standards der Aufnahmerichtlinie ohne weiteres eine systemische Schwachstelle ausmachen muss, noch viel weniger, dass damit auch eine relevante Schlechtbehandlung verbunden ist.
36 
Wenn der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 21.12.2011 (a.a.O.) als Voraussetzung für eine unzulässige Überstellung an einen anderen an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen sog. systemischer Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen fordert, dass die Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh durch ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe gestützt wird, so setzt dies voraus, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sind; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936, Rn. 32; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris, Rn. 9).
37 
Bei diesem (weiten) Verständnis der systemischen Schwachstellen und bei dieser Ausgangslage bleibt jedenfalls praktisch kein Raum für die Prüfung sonstiger „zielstaatsbezogener“ Gründe. Denn dann kann etwa die mangelnde Behandelbarkeit einer bestimmten Krankheit, soweit dieses systembedingt ist, jeweils eingewandt werden, wenn die Folgen für die Betreffenden den relevanten Grad einer Schlechtbehandlung erreichen würden. Es ist allerdings auch denkbar, dass - eine systemische Schwachstelle unterstellt - einer Schlechtbehandlung im konkreten Einzelfall dadurch vorgebeugt werden kann, dass die Bundesrepublik Deutschland die Überstellung im Zusammenwirken mit dem anderen Mitgliedstaat so organisiert, dass eine solche nicht eintreten kann (vgl. in diesem Zusammenhang ausdrücklich in diesem Sinne EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris).
38 
Daraus, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 21.01.2011 (a.a.O., Rn. 263 f.) verschiedentlich auf die besondere Situation des Beschwerdeführers in Griechenland abgestellt und diese besonders erwähnt hat, kann nicht geschlossen werden, dass in den Fällen, in denen die Betroffenen sich im fraglichen Mitgliedstaat schon einmal aufgehalten und dabei eine relevante Schlechtbehandlung erfahren hatten, bei der Feststellung systemischer Schwachstellen des Asylsystems im Falle eines Verweises auf dieses Land geringere Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen und eine niedrigere Beachtlichkeitsschwelle zugrunde zu legen sind. Die Ausführungen haben lediglich die Funktion, die allgemein gewonnenen Erkenntnisse zusätzlich plausibel zu machen und gewissermaßen zu verifizieren (anders möglicherweise BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - a.a.O. und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 - a.a.O., ohne dass es im vorliegenden Fall darauf ankäme).
39 
Hinzu kommen muss aber immer, dass der konkrete Schutzsuchende auch individuell betroffen wäre. Es genügt nicht, dass lediglich abstrakt bestimmte strukturelle Schwachstellen festgestellt werden, wenn sich diese nicht auf den konkreten Antragsteller auswirken können.
40 
Eine nicht systembedingte Schlechtbehandlung im Zielstaat wird man bei einem Mitglied- oder Vertragsstaat zwar nicht von Rechts wegen (so etwa auch UK Supreme Court vom 19.02.2014 [2014] UKSC 12; unklar BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 -, jeweils a.a.O.), jedoch praktisch ausschließen können (vgl. zu den hohen Anforderungen an die Feststellung der Voraussetzungen des Art. 3 EMRK bei einer Erkrankung, die im Zielstaat nicht adäquat behandelt werden kann, bzw. in Bezug auf die allgemeinen Verhältnisse im Zielstaat VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.08.2013 - A 11 S 688/13 - juris, m.w.N.; anders jedoch, wenn die Verhältnisse Folge etwa eines innerstaatlichen Konflikts sind EGMR, Urteil vom 28.06.2011 - 8319/07 u.a., Sufi und Elmi - NVwZ 2012, 681).
41 
Außerhalb des Systems liegen auch alle Gründe, die nicht in den Verhältnissen des aufnehmenden Mitgliedstaats zu verorten sind, namentlich die Fallgestaltungen von Transport- und Reiseunfähigkeit (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 15.10.2004 - 11 S 2297/04 - juris und vom 06.02.2008 - 11 S 2439/07 - InfAuslR 2008, 213). Diese unmittelbar der Person der internationalen Schutz Suchenden zuzuordnenden Gründe, sind grundsätzlich nicht geeignet, das europäische Asylsystem infrage zu stellen, weshalb hier auch kein Anlass besteht, einen besonderen Maßstab zu entwickeln. Da insoweit Unionsrecht vollzogen wird (vgl. hierzu und zu Art. 51 Abs. 1 GRCh EuGH, Urteil vom 26.02.2013 - C-617/10, Fransson - NVwZ 2013, 561), ist die Überstellung bzw. die Überstellungsentscheidung am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GRCh (Recht auf Leben) und des Art. 3 Abs. 1 GRCh (Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit) zu überprüfen. Nach dem nationalen Recht ist deren Beachtung Rechtsvoraussetzung für den Erlass der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG (vgl. Senatsbeschluss vom 31.05.2011 - A 11 S 1535/11 - InfAuslR 2011, 310; BayVGH, Beschluss vom 12.03.2014 - 10 CE 14.427 - juris; GK-AsylVfG § 34a Rn. 21 f. m.w.N.).
42 
b) Dieses zugrunde gelegt ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Asylverfahren in Bulgarien nunmehr an systemischen Schwachstellen leidet, die gerade den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Bulgarien eine menschenunwürdige Behandlung erfahren zu müssen.
43 
Aus den Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Bulgarien ein ausreichend ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahrens installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten, die allerdings allenfalls abgrenzbare Personengruppen betreffen können, abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine ordnungsgemäße Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht (siehe die Darstellung im Urteil des österreichischen BVwG vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 3 ff.; vgl. ausführlich auch den von der Beklagten zum Gegenstand ihres Vortrags gemachten Bericht „Aida, Asylum Information Database - National Country Report Bulgaria“, April 2014, S. 14 - im Folgenden aida).
44 
Der Senat geht zunächst davon aus, dass, bedingt durch die im Laufe des Jahres 2013 erheblich angestiegene Zahl von Antragstellern (vgl. Eurostat, Asylum and new asylum applicants by citizenship, age and sex Monthly Data, Last update 22.10.2014; Email UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014; UNHCR, Bulgaria As a Country of Asylum, 02.01.2014, S. 4 - im Folgenden UNHCR I), die u.a. wegen des bereits lange dauernden internen Konflikts in Syrien vermehrt über die türkisch-bulgarische Grenze gekommen waren, das bulgarische Asylsystem, das trotz entsprechender Warnungen völlig unvorbereitet war, total überfordert, wenn nicht gar kollabiert war. Dies hatte erhebliche negative Auswirkungen auf alle Phasen und Aspekte des Asylsystems. So war schon ein effektiver Zugang zum Asylverfahren, insbesondere aus einer bestehenden Abschiebehaft, nicht mehr gewährleistet (vgl. UNHCR I, S. 7; aida, S. 16 f.). Folge hiervon war nicht nur, dass eine bestehende Haft nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in unverhältnismäßiger und unzulässiger Weise (bis zu 45 oder gar 60 Tagen) fortdauern konnte, wie dies möglicherweise auch beim Kläger der Fall war, sondern auch, dass der mit der Registrierung als Antragsteller verbundene Zugang zu Unterkunft, Verpflegung, medizinischer Versorgung etc. nicht oder jedenfalls nicht in zumutbarer Zeit erreichbar war. Die Unterbringung in den „Reception Centres“ bzw. „Registration and Reception Centres“ wurde übereinstimmend fast ausnahmslos als weit unter den Standards des unionsrechtlich in den Aufnahmerichtlinien festgelegten Minimums qualifiziert und als menschenunwürdig beschrieben (vgl. aida, S. 41 ff.; Human Rights Watch, Containment Plan - Bulgaria’s Pushbacks and Detention of Syrian and Other Asylum Seekers and Migrants, April 2014, S. 46 ff. - im Folgenden HRW I; UNHCR I, S. 9 f.). Die einzige Ausnahme bildete das Kovachevtsi Centre. Verschärft wurde die Situation noch durch den Umstand, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die eigentlich verpflichtet waren, innerhalb kurzer Zeit (wohl 14 Tagen) die Zentren zu verlassen, weiter dort verbleiben mussten und letztlich durften, weil sie andernfalls - unfähig, selbstverantwortlich eine Unterkunft zu finden und zu bezahlen - obdachlos geworden wären (bordermonitoring u.a., Trapped in Europe’s Quagmire: The Situation of Asylum Seekers and Refugees in Bulgaria, 2014, S. 19 f. - im Folgenden bordermonitoring I). Auch wurde immer wieder von körperlichen Übergriffen auf den Polizeistationen und in den Zentren berichtet (HRW I, S. 31 ff.), u.a. auch eine Folge der vollständigen physischen und psychischen Überforderung des dort tätigen Personals. Angesichts der unerträglichen Situation in den Zentren, insbesondere auch der unzumutbaren Überbelegung erklärte eine Vielzahl von Antragstellern einen Verzicht auf eine weitere dortige Unterbringung mit der Folge, dass sie auch jegliche Ansprüche auf Verpflegung etc. verloren hatten und gewissermaßen auf der Straße gelandet waren und erst infolge der eingetretenen Entlastung des bulgarischen Asylsystems (vgl. hierzu im Folgenden) nunmehr wieder in dieses integriert werden können (vgl. HRW I, S. 61 ff.; bordermonitoring I, S. 17 f.; UNHCR, Bulgarien als Asylland, April 2014, S. 10 - im Folgenden UNHCR II). Bei dieser Ausgangslage musste zwangsläufig auch die Behandlung von Kindern, insbesondere unbegleiteten Minderjährigen und generell von sog. „vulnerablen Personen“ völlig unzureichend sein (aida, S. 33 f. und 41 f.; HRW I., S. 51; UNHCR II, S. 8 f.). Insbesondere mangelte es in weiten Teilen an einer adäquaten Betreuung und Vertretung unbegleiteter Minderjähriger (vgl. HRW I, S. 58 ff.; UNHCR II, S. 9).
45 
Zwar wies auch zu dieser Zeit Bulgarien eine hohe Schutzquote auf (vgl. etwa HRW I, S. 66), gleichwohl bestanden - bedingt durch die hohen Eingangszahlen und wohl auch aufgrund unzureichender Qualifikation - unübersehbare Mängel im Verfahren selbst, wie etwa im Bereich der Übersetzung, Protokollführung, der Anhörungen und deren Umsetzung in den Bescheiden (vgl. hierzu aida, S. 20 f.; UNHCR I, S. 12). Der Komplex der rechtlichen Beratung und Unterstützung wurde als in hohem Maße defizitär geschildert, und zwar v.a. im Hinblick auf fehlende finanzielle Mittel und weniger aufgrund der jeweils maßgeblichen rechtlichen Grundlagen bzw. Vorgaben, die nicht grundsätzlich zu kritisieren sind (vgl. wiederum aida, 22 f.).
46 
Bei dieser Sachlage beschloss der Ministerrat Bulgariens im Oktober 2013 einen „Plan for the containment of the crisis resulting from stronger migration pressure on the Bulgarian border“, der zum einen eine Verbesserung der Aufnahmebedingungen sowie der Verfahrensabläufe, zum anderen eine konsequente Verhinderung künftiger unkontrollierter Einwanderung über die Landesgrenze v.a. mit der Türkei zum Inhalt hatte (vgl. HRW I, S. 22 f.). Außerdem wurde von EASO im Herbst 2013 in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Innenministerium, dem Leiter der bulgarischen Flüchtlingsbehörde (SAR) und UNHCR Bulgarien ein „Operating Plan To Bulgaria“ entwickelt, aufgrund dessen unter Hinzuziehung des Bulgarischen Roten Kreuzes und anderer Nichtregierungsorganisationen weitreichende Verbesserungen des gesamten Asylsystems vorgenommen werden sollten. Dieser Plan konzipierte die geplanten Maßnahmen mit einem zeitlichen Horizont bis September 2014 (vgl. zu alledem EASO, Operating Plan To Bulgaria, März 2014).
47 
In Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom Oktober wurde mit dem Bau eines Zaunes an der Grenze zur Türkei begonnen, der mittlerweile in der vorgesehenen Länge fertiggestellt ist (vgl. Agence France-Presse, Bulgarie: des barbelés pour stopper les réfugiés vom 17.7.2014). Zuvor waren zur vorläufigen Absicherung der Grenze etwa 1500 Polizisten an die Grenze verlegt worden. Es gibt glaubhafte und nach Einschätzung des Senats zuverlässig recherchierte Berichte über eine Vielzahl von Zurückschiebungen über die Grenze in die Türkei aus der Zeit zwischen Ende 2013 bis in den Herbst 2014 (vgl. HRW I, S. 14 ff. und Annex 2, S. 3 ff. zu den Einwänden des bulgarischen Innenministers in dessen Schreiben vom 29.04.2014; bordermonitoring vom 21.09.2014). Damit verstieß und verstößt Bulgarien gegen das unionsrechtliche wie auch das völkerrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 21 Abs. 1 QRL bzw. Art. 33 GFK (vgl. hierzu im Einzelnen Marx, Handbuch des Flüchtlingsrechts, 2. Aufl., 2012, § 52). Denn zum einen ist die Türkei kein sicherer Drittstaat, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll von 1967 nur mit einem regionalen Vorbehalt gezeichnet hat; zum anderen hat sich Bulgarien offensichtlich nicht vergewissert, dass die Türkei nicht in einen potentiell verfolgenden Herkunftsstaat „weiterschiebt“. Da das Refoulement-Verbot auch eine Zurückweisung an der Grenze untersagt, sofern nicht eine Massenfluchtbewegung gegeben ist (vgl. Marx, a.a.O., § 52 Rn. 5 mit zahlreichen weiteren Nachweisen), wovon aber in Bezug auf Bulgarien noch nicht auszugehen sein wird, dürfte auch die Errichtung des Grenzzauns kaum mit dem Refoulement-Verbot in Einklang stehen, zumal nach der Auskunftslage nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine offizielle Anreise über die türkischen Grenzübergangsstellen möglich ist (vgl. HRW I., S. 25). Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil hiervon Flüchtlinge, die sich bereits im Asylverfahren befinden, nicht betroffen sind. Jedenfalls hat diesbezüglich die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Bulgarien eingeleitet (vgl. österreichisches BVwG, Urteil vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 6).
48 
Nicht zuletzt mit Rücksicht auf die geschilderten Maßnahmen ist die Zahl der Antragsteller seit Anfang des Jahres zunächst erheblich zurückgegangen, wobei allerdings für den Monat August und September wiederum ein Anstieg zu verzeichnen ist (vgl. Eurostat, a.a.O.). Auch dieses hat zu einer erheblichen Entlastung des bulgarischen Asylsystems geführt und mit dazu beigetragen, dass die von EASO ins Auge gefassten Maßnahmen unter erleichterten Rahmenbedingungen in Angriff genommen und durchgeführt werden konnten. Im Wesentlichen übereinstimmend wird von erheblichen Verbesserungen berichtet.
49 
Die Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen sind grundlegend in baulicher wie auch personeller Hinsicht angegangen und auch im Wesentlichen behoben worden. Auch die besonderen Problemfälle der Zentren Vrazdebhna, Harmanli und Voenna Rampa waren im April 2014 in Angriff genommen worden, sie wurden im Frühjahr 2014 (noch) saniert, weshalb die in der Pressemitteilung des Niedersächsischen Flüchtlingsrats vom 02.09.2014 angesprochenen und kritisierten Verhältnisse in Voenna Rampa in dieser Allgemeinheit nicht mehr aktuell sind. Auch die in dem Reisebericht von Rahmi Tuncer vom 15.10.2014 wiedergegebenen Schilderungen beziehen sich teilweise auf die Vergangenheit und sind nach den anderen verwerteten Erkenntnismitteln nicht mehr uneingeschränkt aktuell. Gleichzeitig wurden die Unterbringungskapazitäten von 4150 (bei einer damaligen Belegungsquote von nur noch rund 80 v.H.) auf etwa 6000 Plätze erweitert, ohne dass diese erschöpft wären (vgl. aida, S. 41 ff. und UNHCR II, S. 6 ff.; HRW I, S. 46 f.; Emails von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014). Dass die Verhältnisse nach wie vor defizitär und wenig befriedigend sein mögen, wie dies im Übrigen auch für einen nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass sie generell nicht mehr menschenwürdegemäß wären. Die prekäre Versorgung mit Nahrung und Lebensmitteln in den Zentren ist entscheidend verbessert worden; v.a. ist seit Anfang Februar 2014 sichergestellt, dass täglich mindestens zwei warme Mahlzeiten ausgegeben werden; zum Teil bestehen nunmehr auch eigene private Kochmöglichkeiten (vgl. UNHCR II, S. 8). Dass die Qualität möglicherweise immer wieder zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. Defizitär ist hingegen noch die systematische und flächendeckende Versorgung von Babys und Kleinstkindern mit ihnen adäquater Nahrung, jedenfalls teilweise ist eine Versorgung allerdings durch den Einsatz von Nichtregierungsorganisationen gewährleistet (ai, Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien sind weiterhin auszusetzen, S. 6 f. - im Folgenden ai; UNHCR II, S. 8). Gewisse Verbesserungen bei den Unterbringungsbedingungen sind auch eingetreten für Familien mit kleineren Kindern, alleinstehende Frauen mit Kindern und unbegleitete Minderjährige, ohne allerdings das erforderliche Minimum an Privatheit zuzulassen und auch immer ausreichenden Schutz vor Übergriffen zu bieten. Nach wie vor sind daher erhebliche Defizite auszumachen (UNHCR II, S. 7 und 9; aida, S. 43; ai, S. 6 f.). Ob bei diesen Aufnahmebedingungen insoweit eine dieser Personengruppe angemessene Unterbringung gewährleistet ist, und insbesondere, ob diese als unmenschliche und entwürdigende Behandlung zu qualifizieren wäre, lässt der Senat, weil nicht entscheidungserheblich, offen.
50 
Angesichts der dargestellten Verbesserungen in den Aufnahmeeinrichtungen ist - jedenfalls derzeit bei nicht dramatisch steigenden Zahlen von Antragstellern - nicht damit zu rechnen, dass das bulgarische Aufnahmesystem wieder kollabieren wird und in Folge dessen, dass die Asylsuchenden die Zentren aus eigenem „Wunsch“ verlassen, damit aber auch keine Unterstützung mehr erhalten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach den Stellungnahmen von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014 im Oktober 2014 noch erhebliche Unterbringungs- bzw. Aufnahmekapazitäten (35 v.H.) frei waren und die ansteigenden Flüchtlingszahlen das Land nicht mehr, wie noch im vergangenen Jahr, unvorbereitet und ohne Hilfe der Europäischen Union treffen bzw. treffen werden.
51 
Kritisiert wird weiterhin, dass Flüchtlingskinder allenfalls teilweise Zugang zu schulischer Bildung, Sprachkursen und Freizeitaktivitäten haben (vgl. etwa ai, S. 8; UNHCR II, S. 13). Eine menschenunwürdige Schlechtbehandlung ist darin aber nicht zu sehen.
52 
UNHCR und andere Stellen beanstanden nach wie vor, dass effektive Mechanismen zur systematischen Identifizierung von Personen mit besonderen Bedürfnissen nicht zur Verfügung stehen bzw. jedenfalls nicht in dem gebotenen Maße tatsächlich genutzt werden und dass selbst Nichtregierungsorganisationen nicht in der Lage sind, die bestehenden Lücken und Defizite zu schließen bzw. zu beheben (UNHCR II, S. 8 f.; aida, S. 33). Betroffen ist der Kläger jedoch hiervon offensichtlich nicht.
53 
Im Argen liegt weiterhin die Situation der unbegleiteten Minderjährigen, denen tatsächlich in größerem Umfang die erforderlichen Vormünder nicht gestellt werden und die dementsprechend gesetzeswidrig ohne die notwendige Vertretung bleiben, zumindest jedoch keine ausreichend kompetente Vertretung erhalten (vgl. im Einzelnen HRW I., S. 54 ff.; UNHCR II, S. 9; aida., S. 35).
54 
Die - gerade auch kostenlose - medizinische Versorgung (vgl. Art. 15 ARL a.F. bzw. Art. 19 ARL n.F.) und v.a. der Zugang zu ihr ist nach der Auskunftslage nicht immer in dem gebotenen Maße sichergestellt, zumal sich „Ärzte ohne Grenzen“ mittlerweile definitiv aus der Versorgung der Flüchtlinge zurückgezogen haben und nicht hinreichend geklärt erscheint, ob diese tatsächlich in dem gebotenen Maße ersetzt werden können und auch noch während deren Tätigkeit die Situation zum Teil jedenfalls durchaus prekär und durch Lücken und Defizite gekennzeichnet war (vgl. UNHCR II, S. 8; aida, S. 34 und 47; bordermonitoring I, S. 16; vgl. Médecins sans Frontières v. 06.06.2014, die immerhin (nur) die Hoffnung ausdrücken, dass sich die Lage trotz ihres Abzugs weiter verbessern werde). Die Lage ist für die Betroffenen auch deswegen besonders problematisch, weil sie in vielen Fällen nicht über die erforderlichen Informationen verfügen und erhebliche, nicht durch ausreichend qualifizierte Sprachmittler behebbare Kommunikationsschwierigkeiten bestehen (bordermonitoring I, S. 16; vgl. auch zur Gesundheitsversorgung in den Haftanstalten und die dort ebenfalls bestehenden sprachlichen Kommunikationsprobleme aida, S. 51 f.). Es gibt auch Berichte, wonach Personal des Gesundheitswesens nur gegen Bestechung bereit war, die gebotene Behandlung zu leisten (vgl. bordermonitoring I, S. 16) bzw. - allgemeiner ausgedrückt - ohne Bezahlung keine Untersuchungen durchgeführt wurden (vgl. Reisebericht Rahmi Tuncer vom 15.10.2014). Zwar übersieht der Senat nicht, dass die prekäre Lage zu einem nicht unerheblichen Teil dem schlechten Gesundheitssystem Bulgariens selbst und dessen niedrigeren Standards geschuldet ist und die Flüchtlinge rechtlich nur allgemein der bulgarischen Bevölkerung gleichgestellt werden (vgl. aida, S. 47). Die bestehenden Probleme, einen effektiven Zugang zu einer Gesundheitsversorgung zu erhalten, und die offenbar verbreitete Korruption machen sie in diesem System aber besonders verletzlich, weshalb sie im Falle einer ernsthaften und schweren Erkrankung einem realen Risiko ausgesetzt sein können, Schaden an Leib oder Leben zu nehmen. Dabei muss zudem bedacht werden, dass die hier infrage stehenden Personen in besonderem Maße durch die fluchtauslösenden Anlässe und die Erlebnisse auf der Flucht gezeichnet sein können (vgl. aida, S. 47). Der Senat ist sich dabei auch des Umstandes bewusst, dass an sich Art. 3 EMRK nach der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kein Verbleiberecht gewährt, um eine medizinisch notwendige Behandlung durchführen lassen zu können, auch wenn die Betroffenen an einer schweren Krankheit leiden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 06.02.2001 - 44599/98). Allerdings gelten die Standards des Art. 19 ARL n.F. darüber hinaus, wenn hiernach zumindest eine Notbehandlung und die unbedingt erforderlichen Behandlungen von Krankheiten und schweren psychischen Störungen unionsrechtlich versprochen sind mit der Folge, dass dann, wenn diese „systemisch“ - auch nur bei bestimmten (begrenzten) Krankheitsbildern - nicht oder jedenfalls nicht effektiv zur Verfügung stehen bzw. erreicht werden können, von einem die Überstellung hindernden Mangel auszugehen wäre. Dieser Frage wird aus gegebenem Anlass noch nachzugehen sein. Im Falle des Klägers jedenfalls besteht ein solcher nicht. Die im Verwaltungsverfahren vorgelegte ärztliche Bescheinigung vom 03.11.2014, die trotz eines entsprechenden Hinweises des Senats nicht weiter substantiiert wurde, ist bei weitem nicht ausreichend aussagekräftig. Sie ist weit davon entfernt den Mindestvoraussetzungen für die Darlegung (und Glaubhaftmachung) einer psychischen behandlungsbedürftigen Erkrankung (insbesondere einer posttraumatischen Belastungsstörung), geschweige denn eines hierauf gerichteten Beweisantritts zu genügen (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8.07 - NVwZ 2008, 330; Senatsbeschluss vom 10.07.2003 - 11 S 2622/02 - InfAuslR 2004, 423; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08.02.2012 - 2 M 29/12 - AuAS 2012, 136). Der Senat bemerkt hierzu, dass der Kläger bei seiner im Verwaltungsverfahren erfolgten Anhörung von einer Inhaftierung von zweieinhalb Monaten gesprochen hatte, während er dem behandelnden Therapeuten gegenüber eine drei bis vier Monate dauernde Inhaftierung erwähnt hatte. Im Übrigen gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Frage des Senats an, dass er sich wegen Schlafstörungen in Behandlung begeben habe; er müsse immer an Bulgarien und Syrien denken. Die mündliche Verhandlung ergab weiter, dass dem Kläger ein Antidepressivum verschrieben wurde, das er nach wie vor einnimmt. Die vom Arzt verschriebene Medikation beläuft sich jedoch auf nur eine halbe Tablette, während nach dem vom Senat eingesehenen Beipackzettel die durchschnittliche Medikation bei 1 Tablette bis zu maximal 3 Tabletten täglich liegt. Hinzu kommt, dass nur halbstündliche Sitzungen stattfinden, wobei zudem ein Dolmetscher hinzugezogen werden muss. Schließlich konnte der Kläger nicht einmal angeben, in welchem Abstand die Sitzungen stattfinden, insbesondere auch ob dies regelmäßig der Fall ist. Vor diesem Hintergrund kann es sich nach Überzeugung des Senats nicht um ein stark ausgeprägtes Krankheitsbild handeln, das zwingend eine durchgängige ärztliche Behandlung erforderlich macht. Die Ausführungen in der genannten Bescheinigung sind nicht nachvollziehbar. Offenbar ist der Behandler sich auch nicht einmal selbst sicher, dass eine längerfristige Behandlung zwingend erforderlich ist, wenn er nur davon schreibt, dass eine solche indiziert zu sein „scheint“. Wenn schließlich die Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung auf Befragung äußerte, dass der Behandler auf ihre Nachfrage erklärt habe, keine weitere und v.a. keine ausführlichere Stellungnahme mehr abgeben zu wollen, so sieht der Senat keine Veranlassung zu einer weiteren Aufklärung und geht davon aus, dass etwaige systemische Mängel des bulgarischen Gesundheitssystems den Kläger nicht betreffen würden.
55 
Des Weiteren sind eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren nunmehr grundsätzlich gewährleistet und nicht mehr systemimmanent defizitär, allerdings ist nach den verwerteten Erkenntnismitteln nicht auszuschließen, dass es im Falle einer Antragstellung aus der Haft nach wie vor zu Verzögerungen von einigen Tagen kommen kann, die möglicherweise auch vermeidbar wären (vgl. zu alledem UNHCR II, S. 4 ff.; ai, S. 3 f.). Ein grundlegender, das gesamte Asylsystem betreffender Mangel liegt hierin aber nicht (mehr). Die Tatsache allein, dass Ausländer und Ausländerinnen, die illegal eingereist sind, zunächst in größerem Umfang inhaftiert werden, solange sie keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylsystems dar, sofern, wie nunmehr, sichergestellt ist, dass sie nach der Antragstellung zeitnah registriert werden, auch wenn die Inhaftierungen nicht immer den Vorgaben des Art. 15 der RL 2008/115/EG vom 16.12.2008 (ABl. L 348, 98 - RFRL) entsprechen sollten.
56 
Die früher festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfungsverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes (vgl. aida, S. 20 ff.) sind zwar nicht gänzlich ausgeräumt, allerdings sind positive Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Die Verfahrensdauer, die bei syrischen Staatsangehörigen in der Regel ohnehin nicht zu beanstanden war, wurde mittlerweile auch bei nicht syrischen Flüchtlingen wesentlich verkürzt (vgl. UNHCR II, S. 11 f.). Die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller über den Ablauf des Verfahrens und die in diesem Zusammenhang bestehenden Rechte wurden wesentlich verbessert, ohne aber wiederum als vollständig befriedigend qualifiziert werden zu können (vgl. aida, S. 30 f.). Zumindest für ein Erstverfahren ist eine kostenlose Rechtsberatung rechtlich gewährleistet, steht mit Rücksicht auf eine unzureichend finanzielle Ausstattung allerdings staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung, weshalb Nichtregierungsorganisationen, wie das Bulgarische Helsinki Komitee, einspringen und teilweise selbst die unentgeltliche Vertretung übernehmen müssen (vgl. UNHCR II, S. 11 f.; aida, S. 22). Diese Defizite werden jedoch - auch in Anbetracht der stattgefundenen Verbesserungen - vom Senat nicht als derart grundlegend eingestuft, dass sie als systemisch zu qualifizieren wären.
57 
Wenn erhebliche Bedenken gegen eine in Art. 45b Abs. 1 Nr. 3 des bulgarischen Asyl- und Flüchtlingsgesetz geplante gesetzliche Änderung des Haftrechts formuliert und die Weite bzw. die Unbestimmtheit der Haftgründe kritisiert werden, so mag in der Tat die vorgeschlagene Formulierung weiter geraten sein, als dies Art. 8 Abs. 3 lit. d) ARL n.F. vorsieht. Aber selbst wenn der Gesetzesentwurf tatsächlich in dieser Form verabschiedet werden sollte, was bislang noch nicht geschehen ist (vgl. Email von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014), so stehen jedoch einer unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung keine Hindernisse entgegen. Solange sich aber die bulgarischen Behörden und Gerichte einer solchen Handhabung nicht systematisch und durchgängig verweigern, kann von einem hier relevanten Mangel nicht gesprochen werden.
58 
Sog. Dublin-Rückkehrern steht ein Erstverfahren weiterhin offen, soweit eine persönliche Anhörung noch nicht stattgefunden hat (vgl. UNHCR II, S. 14), auch wenn nach der Gesetzeslage nach einem „Nichtbetreiben“ des Verfahrens wegen Abwesenheit über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten das Verfahren an sich beendet ist; Folge der Fortführung ist, dass die Betroffenen wieder in das normale Aufnahmesystem integriert werden. Das Verfahren wird allerdings dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig abgeschlossen worden war. Dann sind die Betroffenen auf einen Folgeantrag verwiesen, was aber in Einklang mit den Vorgaben der Verfahrensrichtlinie RL 2005/85/EG steht. Nach Art. 20 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 32 ist der Verweis auf ein Folgeverfahren grundsätzlich möglich. Allerdings wird hier Art. 28 Abs. 2 der Neufassung (RL 2013/32/EU) eine gewisse Anpassung erforderlich machen.
59 
Die Lage der beachtlich hohen Zahl von anerkannten international Schutzberechtigten wird durchgängig als wenig zufriedenstellend, wenn nicht gar schlecht beschrieben (vgl. etwa UNHCR II, S. 12 f). Dass ein wirklich schlagkräftiges Integrationsprogramm existieren und v.a. bereits erfolgreich praktiziert werden würde, ist für den Senat nicht ersichtlich. Allenfalls sind erste Ansätze erkennbar (vgl. HRW II, S. 4 f.). Dabei darf nicht übersehen werden, dass hier das Unionsrecht den Betroffenen lediglich Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26. 27, 28 Abs. 1, 29, 30 RL 2011/95/EU - QRL) oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern (vgl. etwa Art 32 und 33 QRL) verspricht und sie damit nur teilhaben an den schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen weiter Teile der bulgarischen Bevölkerung. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass nach den allgemein zugänglichen Daten des Statistischen Bundesamts das Bruttoprokopfeinkommen Bulgariens im Jahre 2013 7030 USD betrug, damit noch erheblich unter dem von Rumänien (9060 USD) lag und etwa dem Niveau Südafrikas (7190 USD) entsprach. Nach den verwerteten Angaben von Eurostat (vgl. Pressemitteilung Nr. 184/2013 vom 05.12.2003) belief sich im Jahre 2012 der Anteil der Bevölkerung Bulgariens, der von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen bzw. bedroht ist, auf 49 v.H. (Rumänien 42 v.H.; Niederlande und Tschechische Republik 15 v.H.). Die rechtliche Gleichbehandlung ist dabei aber, soweit für den Senat erkennbar, weitgehend hergestellt. So erhalten Flüchtlinge ebenso wie bedürftige bulgarische Staatsangehörige gleichermaßen Leistungen in Höhe von 33 EUR monatlich. Im Übrigen finden sich im Unionsrecht lediglich - teilweise wenig bestimmte - Handlungsaufträge (vgl. Art. 28 Abs. 2, Art. 34 QRL). Der Senat ist sich der Tatsache bewusst, dass etwa ohne flächendeckende Sprachkurse, namentlich für Kinder und Jugendliche, der an sich garantierte gleiche Zugang zu Bildung und Ausbildung bzw. zum Arbeitsmarkt weitgehend auf dem Papier steht und faktisch nicht eingelöst werden kann. Selbst wenn solche jedoch nicht in dieser Weise angeboten werden und teilweise nur aufgrund der Hilfe und Mitwirkung von UNHCR und Caritas durchgeführt werden können, so bedeutet dies nicht, dass deshalb eine relevante Schlechtbehandlung angenommen werden kann, auch wenn es sich um einen sicherlich bedeutsamen Aspekt (von vielen) handelt, mit dem man rechtspolitisch das Europäische Asylsystem in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung infrage stellen kann.
60 
Die Situation unbegleiteter Minderjähriger bedürfte bei gegebenem Anlass mit Rücksicht auf Art. 31 QRL ebenfalls einer gesonderten Betrachtung.
61 
Zwar stehen die geschilderten Fortschritte auch im Zusammenhang mit den zurückgegangenen Anträgen, die wiederum zu einem wesentlichen Teil mit den nicht unionsrechts- und völkerrechtskonformen Zurückschiebungen und den nicht unbedenklichen Absperrmaßnahmen an der Grenze zur Türkei (vgl. etwa HRW I, S. 7) zusammenhängen, sie haben aber jedenfalls faktisch, worauf es allein ankommt, zu einer Situation geführt, in der zumindest für den Personenkreis von nicht ernsthaft erkrankten Alleinstehenden und Familien, zu denen keine kleinen Kinder gehören, nicht davon ausgegangen werden kann, dass durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme festgestellt werden können, dass diese im Falle einer Überstellung nach Bulgarien dort Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein. Zwar sind die Zugangszahlen wieder im Steigen begriffen, jedoch sind, wie bereits ausgeführt, noch erhebliche Kapazitäten frei. Hinzu kommt (und dabei handelt es sich um einen wesentlichen Beurteilungsaspekt), dass Bulgarien - anders als im Vorjahr - nicht mehr völlig unvorbereitet und ohne Hilfe der Union und von UNHCR mit steigenden Zugangszahlen konfrontiert sein wird. Was den Personenkreis der Familien mit kleinen Kindern, ernsthaft Erkrankten und unbegleiteten Minderjährigen betrifft, lässt, weil nicht entscheidungserheblich, der Senat ausdrücklich offen, ob hier eine andere Beurteilung vorzunehmen ist, ferne läge sie jedoch nach dem oben Dargelegten nicht. In diesem Zusammenhang wäre auch ggf. zu klären, ob im Fall einer Überstellung etwa festgestellte, an sich bestehende Mängel durch konkrete Absprachen zwischen den für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen deutschen Ausländerbehörden und den bulgarischen Behörden in einer Weise kompensiert werden können, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vermieden werden kann (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris).
62 
3. Sonstige Mängel des angegriffenen Bescheids sind nicht gegeben. Allerdings hat die Beklagte die Ziffer 1 in der Weise formuliert, dass (nur) eine Feststellung getroffen wurde mit der Folge, dass auf den ersten Blick möglicherweise formal betrachtet nicht den Anforderungen des § 31 Abs. 6 AsylVfG genügt wird und deshalb die Gestattungswirkung des § 55 Abs. 1 AsylVfG nicht gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 5 AsylVfG zum Erlöschen gebracht werden konnte, weshalb dann in Ermangelung einer bestehenden Ausreisepflicht die Voraussetzungen des § 34a Abs. 1 AsylVfG nicht erfüllt wären. Die angegriffene Verfügung ist jedoch auch im Hinblick auf den maßgeblichen Empfängerhorizont (vgl. §§ 133, 157 BGB entspr.) in der Weise auszulegen, dass der Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde und auch werden sollte (a.A. VG Frankfurt, Urteil vom 21.07.2014 - 7 K 352/14.F.A - juris). Denn es ist auch aus der Sicht des Klägers offensichtlich, dass die Beklagte mit ihrer Verfügung die Grundlage für den Erlass der Überstellungsentscheidung legen wollte, was aber, wie gezeigt, zwingend voraussetzt, dass die Ausreisepflicht begründet werden muss. Es wäre sinnwidrig, der Beklagten zu unterstellen, dass sie etwas verfügen wollte und in letzter Konsequenz verfügt hat, was ersichtlich insoweit ungeeignet ist (vgl. noch zu der Frage, ob trotz Erlass einer Abschiebungsanordnung eine freiwillige oder kontrollierte Ausreise ermöglicht werden muss, Senatsurteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - juris).
63 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die es rechtfertigen würden, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
25 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht - zulässigerweise unter Bezugnahme auf den Zulassungsantrag - begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
26 
Die zu Recht auf § 31 Abs. 6 und § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (jeweils i.V.m. § 27a AsylVfG) gestützte Verfügung der Beklagten, mit der der Asylantrag als unzulässig qualifiziert und die Abschiebung des Klägers nach Bulgarien angeordnet wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass sein Asylantrag durch die Bundesrepublik Deutschland geprüft wird.
27 
1. Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass Bulgarien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat und verpflichtet ist, den Kläger wieder aufzunehmen.
28 
Die Zuständigkeit Bulgariens folgt hier schon aufgrund der eigenen Angaben des Klägers aus Art. 10 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (VO Dublin II), die hier gem. Art. 49 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (VO Dublin III) noch anzuwenden ist. Im Übrigen folgt die Zuständigkeit auch aus der zunächst fingierten und später von Bulgarien ausdrücklich erteilten Zustimmung (vgl. auch Art. 20 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II). Dass mittlerweile das Asylverfahren möglicherweise abgeschlossen wurde, ist im Übrigen unbeachtlich (vgl. Art. 16 Abs. 1 lit. e) VO Dublin II; vgl. zur Situation abgelehnter Antragsteller unten Ziffer 2 b). Für das Überstellungsverfahren ist nach der Übergangsregelung des Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III ebenfalls das alte Recht anzuwenden, da das Übernahmeersuchen bereits am 20.12.2013 an Bulgarien gerichtet worden war, weshalb auch gem. Art. 20 VO Dublin II keine Frist für die Stellung des Wiederaufnahmeersuchens einzuhalten war (vgl. demgegenüber Art. 23 Abs. 2 VO Dublin III).
29 
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Prüfung, ob ein anderer Mitglied- oder Vertragsstaat zuständig ist oder gar auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Sinne von Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II durch die Bundesrepublik Deutschland.
30 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417), die der Unionsgesetzgeber nunmehr in Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III umgesetzt hat, ist ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist nämlich Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 GRCh aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 GRCh und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie von dem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, diese Grundsätze beachten (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - a.a.O.).
31 
Dabei kann jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
32 
Allerdings stellt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der VO Dublin II bzw. der VO Dublin III und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts wie auch von Art. 4 GRCh durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist hier deshalb nur dann (teilweise) zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel oder Schwachstellen (vgl. zum Begriff jetzt Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III) des Asylverfahrens und (bzw. genauer: oder) der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78 ff. und vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129, Rn. 30).
33 
Systemische Schwachstellen sind solche, die entweder bereits im Asyl- und Aufnahmeregime selbst angelegt sind und von denen alle Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Asyl- und Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1039, und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 - InfAuslR 2014, 352, mit dem ausdrücklichen Hinweis, die Betroffenen könnten gegenüber einer Überstellungsentscheidung mit Blick auf das Asyl- und Aufnahmesystem nur systemische Schwachstellen und nicht auch vorhersehbare schwere Rechtsverletzungen im Einzelfall einwenden). Dabei ist der Begriff der systemischen Schwachstelle nicht in einer engen Weise derart zu verstehen, dass er geeignet sein muss, sich auf eine unüberschaubare Vielzahl von Antragstellern auszuwirken. Vielmehr kann ein systemischer Mangel auch dann vorliegen, wenn er von vornherein lediglich eine geringe Zahl von Asylbewerbern betreffen kann, sofern er sich nur vorhersehbar und regelhaft realisieren wird und nicht gewissermaßen dem Zufall oder einer Verkettung unglücklicher Umstände bzw. Fehlleistungen von in das Verfahren involvierten Akteuren geschuldet ist (vgl. hierzu Lübbe, ZAR 2014, 97 ff.).
34 
Wesentliche Kriterien für die zu entscheidende Frage, ob eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK, der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt. In seinem Urteil vom 21.01.2011 (M.S.S./Belgien und Griechenland - 30696/09 - NVwZ 2011, 413), das der Europäische Gerichtshof ausdrücklich in seinem Urteil vom 21.12.2011 zustimmend erwähnt und in seine Überlegungen einbezieht, hat der Gerichtshof für Menschenrechte eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Unterbringung von Asylbewerbern in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden sei. Es gebe auch zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen zu überfüllten Zellen, Schlägen durch Polizisten und unhygienischen Bedingungen in dem Haftzentrum neben dem internationalen Flughafen von Athen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer monatelang und ohne Perspektive in extremer Armut gelebt habe und außer Stande gewesen sei, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygieneartikel und eine Unterkunft - aufzukommen. Er sei über Abhilfemöglichkeiten nicht angemessen informiert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, angegriffen beziehungsweise überfallen zu werden.
35 
Art. 3 EMRK kann aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er (aus sich heraus) die Vertragsparteien verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - a.a.O., Rn. 249, m.w.N). Eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle der illegalen Einreise wie auch eine Unterschreitung der verfahrensrechtlichen Schutzstandards des Art. 13 EMRK reichen für sich genommen noch nicht aus, um einen relevanten Menschenrechtsverstoß anzunehmen, der zur Suspendierung des Dublin-Systems führen muss. Etwas anderes gilt aber nach der genannten Entscheidung des EGMR, wenn der jeweilige Staat aufgrund bindender rechtlicher Vorgaben die Pflicht zur Versorgung mittelloser Asylsuchender mit einer Unterkunft und einer materiellen Grundausstattung hat, wie hier nach der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180, 96 - ARL n.F.), welche die zuvor geltende Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 (ABl. L 31, 18 - ARL a.F.) ersetzt hat. Die genannten Richtlinien haben Minimalstandards für die Aufnahme von Asylsuchenden für die Mitgliedstaaten festgelegt. Sie geben für alle Mitgliedstaaten verbindlich vor, was deren Asylsystem zu leisten im Stande sein muss. Diese unionsrechtlichen normativen Vorgaben überlagern darüber hinaus gewissermaßen die allgemeinen - eher niedrigen - völkervertraglichen Schutzstandards des Art. 3 EMRK und konkretisieren nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte diese näher mit der Folge, dass die konkreten Anforderungen an die immer kumulativ festzustellende Schwere der Schlechtbehandlung niedriger anzusetzen sind, aber gleichwohl die typischerweise für die Mehrheit der einheimischen Bevölkerung geltenden Standards nicht völlig aus den Augen verlieren dürfen. Dabei muss jedoch zur Klarstellung darauf hingewiesen werden, dass nicht etwa die Nichterfüllung eines einzelnen Standards der Aufnahmerichtlinie ohne weiteres eine systemische Schwachstelle ausmachen muss, noch viel weniger, dass damit auch eine relevante Schlechtbehandlung verbunden ist.
36 
Wenn der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 21.12.2011 (a.a.O.) als Voraussetzung für eine unzulässige Überstellung an einen anderen an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen sog. systemischer Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen fordert, dass die Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh durch ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe gestützt wird, so setzt dies voraus, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sind; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936, Rn. 32; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris, Rn. 9).
37 
Bei diesem (weiten) Verständnis der systemischen Schwachstellen und bei dieser Ausgangslage bleibt jedenfalls praktisch kein Raum für die Prüfung sonstiger „zielstaatsbezogener“ Gründe. Denn dann kann etwa die mangelnde Behandelbarkeit einer bestimmten Krankheit, soweit dieses systembedingt ist, jeweils eingewandt werden, wenn die Folgen für die Betreffenden den relevanten Grad einer Schlechtbehandlung erreichen würden. Es ist allerdings auch denkbar, dass - eine systemische Schwachstelle unterstellt - einer Schlechtbehandlung im konkreten Einzelfall dadurch vorgebeugt werden kann, dass die Bundesrepublik Deutschland die Überstellung im Zusammenwirken mit dem anderen Mitgliedstaat so organisiert, dass eine solche nicht eintreten kann (vgl. in diesem Zusammenhang ausdrücklich in diesem Sinne EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris).
38 
Daraus, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 21.01.2011 (a.a.O., Rn. 263 f.) verschiedentlich auf die besondere Situation des Beschwerdeführers in Griechenland abgestellt und diese besonders erwähnt hat, kann nicht geschlossen werden, dass in den Fällen, in denen die Betroffenen sich im fraglichen Mitgliedstaat schon einmal aufgehalten und dabei eine relevante Schlechtbehandlung erfahren hatten, bei der Feststellung systemischer Schwachstellen des Asylsystems im Falle eines Verweises auf dieses Land geringere Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen und eine niedrigere Beachtlichkeitsschwelle zugrunde zu legen sind. Die Ausführungen haben lediglich die Funktion, die allgemein gewonnenen Erkenntnisse zusätzlich plausibel zu machen und gewissermaßen zu verifizieren (anders möglicherweise BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - a.a.O. und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 - a.a.O., ohne dass es im vorliegenden Fall darauf ankäme).
39 
Hinzu kommen muss aber immer, dass der konkrete Schutzsuchende auch individuell betroffen wäre. Es genügt nicht, dass lediglich abstrakt bestimmte strukturelle Schwachstellen festgestellt werden, wenn sich diese nicht auf den konkreten Antragsteller auswirken können.
40 
Eine nicht systembedingte Schlechtbehandlung im Zielstaat wird man bei einem Mitglied- oder Vertragsstaat zwar nicht von Rechts wegen (so etwa auch UK Supreme Court vom 19.02.2014 [2014] UKSC 12; unklar BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 -, jeweils a.a.O.), jedoch praktisch ausschließen können (vgl. zu den hohen Anforderungen an die Feststellung der Voraussetzungen des Art. 3 EMRK bei einer Erkrankung, die im Zielstaat nicht adäquat behandelt werden kann, bzw. in Bezug auf die allgemeinen Verhältnisse im Zielstaat VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.08.2013 - A 11 S 688/13 - juris, m.w.N.; anders jedoch, wenn die Verhältnisse Folge etwa eines innerstaatlichen Konflikts sind EGMR, Urteil vom 28.06.2011 - 8319/07 u.a., Sufi und Elmi - NVwZ 2012, 681).
41 
Außerhalb des Systems liegen auch alle Gründe, die nicht in den Verhältnissen des aufnehmenden Mitgliedstaats zu verorten sind, namentlich die Fallgestaltungen von Transport- und Reiseunfähigkeit (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 15.10.2004 - 11 S 2297/04 - juris und vom 06.02.2008 - 11 S 2439/07 - InfAuslR 2008, 213). Diese unmittelbar der Person der internationalen Schutz Suchenden zuzuordnenden Gründe, sind grundsätzlich nicht geeignet, das europäische Asylsystem infrage zu stellen, weshalb hier auch kein Anlass besteht, einen besonderen Maßstab zu entwickeln. Da insoweit Unionsrecht vollzogen wird (vgl. hierzu und zu Art. 51 Abs. 1 GRCh EuGH, Urteil vom 26.02.2013 - C-617/10, Fransson - NVwZ 2013, 561), ist die Überstellung bzw. die Überstellungsentscheidung am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GRCh (Recht auf Leben) und des Art. 3 Abs. 1 GRCh (Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit) zu überprüfen. Nach dem nationalen Recht ist deren Beachtung Rechtsvoraussetzung für den Erlass der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG (vgl. Senatsbeschluss vom 31.05.2011 - A 11 S 1535/11 - InfAuslR 2011, 310; BayVGH, Beschluss vom 12.03.2014 - 10 CE 14.427 - juris; GK-AsylVfG § 34a Rn. 21 f. m.w.N.).
42 
b) Dieses zugrunde gelegt ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Asylverfahren in Bulgarien nunmehr an systemischen Schwachstellen leidet, die gerade den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Bulgarien eine menschenunwürdige Behandlung erfahren zu müssen.
43 
Aus den Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Bulgarien ein ausreichend ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahrens installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten, die allerdings allenfalls abgrenzbare Personengruppen betreffen können, abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine ordnungsgemäße Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht (siehe die Darstellung im Urteil des österreichischen BVwG vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 3 ff.; vgl. ausführlich auch den von der Beklagten zum Gegenstand ihres Vortrags gemachten Bericht „Aida, Asylum Information Database - National Country Report Bulgaria“, April 2014, S. 14 - im Folgenden aida).
44 
Der Senat geht zunächst davon aus, dass, bedingt durch die im Laufe des Jahres 2013 erheblich angestiegene Zahl von Antragstellern (vgl. Eurostat, Asylum and new asylum applicants by citizenship, age and sex Monthly Data, Last update 22.10.2014; Email UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014; UNHCR, Bulgaria As a Country of Asylum, 02.01.2014, S. 4 - im Folgenden UNHCR I), die u.a. wegen des bereits lange dauernden internen Konflikts in Syrien vermehrt über die türkisch-bulgarische Grenze gekommen waren, das bulgarische Asylsystem, das trotz entsprechender Warnungen völlig unvorbereitet war, total überfordert, wenn nicht gar kollabiert war. Dies hatte erhebliche negative Auswirkungen auf alle Phasen und Aspekte des Asylsystems. So war schon ein effektiver Zugang zum Asylverfahren, insbesondere aus einer bestehenden Abschiebehaft, nicht mehr gewährleistet (vgl. UNHCR I, S. 7; aida, S. 16 f.). Folge hiervon war nicht nur, dass eine bestehende Haft nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in unverhältnismäßiger und unzulässiger Weise (bis zu 45 oder gar 60 Tagen) fortdauern konnte, wie dies möglicherweise auch beim Kläger der Fall war, sondern auch, dass der mit der Registrierung als Antragsteller verbundene Zugang zu Unterkunft, Verpflegung, medizinischer Versorgung etc. nicht oder jedenfalls nicht in zumutbarer Zeit erreichbar war. Die Unterbringung in den „Reception Centres“ bzw. „Registration and Reception Centres“ wurde übereinstimmend fast ausnahmslos als weit unter den Standards des unionsrechtlich in den Aufnahmerichtlinien festgelegten Minimums qualifiziert und als menschenunwürdig beschrieben (vgl. aida, S. 41 ff.; Human Rights Watch, Containment Plan - Bulgaria’s Pushbacks and Detention of Syrian and Other Asylum Seekers and Migrants, April 2014, S. 46 ff. - im Folgenden HRW I; UNHCR I, S. 9 f.). Die einzige Ausnahme bildete das Kovachevtsi Centre. Verschärft wurde die Situation noch durch den Umstand, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die eigentlich verpflichtet waren, innerhalb kurzer Zeit (wohl 14 Tagen) die Zentren zu verlassen, weiter dort verbleiben mussten und letztlich durften, weil sie andernfalls - unfähig, selbstverantwortlich eine Unterkunft zu finden und zu bezahlen - obdachlos geworden wären (bordermonitoring u.a., Trapped in Europe’s Quagmire: The Situation of Asylum Seekers and Refugees in Bulgaria, 2014, S. 19 f. - im Folgenden bordermonitoring I). Auch wurde immer wieder von körperlichen Übergriffen auf den Polizeistationen und in den Zentren berichtet (HRW I, S. 31 ff.), u.a. auch eine Folge der vollständigen physischen und psychischen Überforderung des dort tätigen Personals. Angesichts der unerträglichen Situation in den Zentren, insbesondere auch der unzumutbaren Überbelegung erklärte eine Vielzahl von Antragstellern einen Verzicht auf eine weitere dortige Unterbringung mit der Folge, dass sie auch jegliche Ansprüche auf Verpflegung etc. verloren hatten und gewissermaßen auf der Straße gelandet waren und erst infolge der eingetretenen Entlastung des bulgarischen Asylsystems (vgl. hierzu im Folgenden) nunmehr wieder in dieses integriert werden können (vgl. HRW I, S. 61 ff.; bordermonitoring I, S. 17 f.; UNHCR, Bulgarien als Asylland, April 2014, S. 10 - im Folgenden UNHCR II). Bei dieser Ausgangslage musste zwangsläufig auch die Behandlung von Kindern, insbesondere unbegleiteten Minderjährigen und generell von sog. „vulnerablen Personen“ völlig unzureichend sein (aida, S. 33 f. und 41 f.; HRW I., S. 51; UNHCR II, S. 8 f.). Insbesondere mangelte es in weiten Teilen an einer adäquaten Betreuung und Vertretung unbegleiteter Minderjähriger (vgl. HRW I, S. 58 ff.; UNHCR II, S. 9).
45 
Zwar wies auch zu dieser Zeit Bulgarien eine hohe Schutzquote auf (vgl. etwa HRW I, S. 66), gleichwohl bestanden - bedingt durch die hohen Eingangszahlen und wohl auch aufgrund unzureichender Qualifikation - unübersehbare Mängel im Verfahren selbst, wie etwa im Bereich der Übersetzung, Protokollführung, der Anhörungen und deren Umsetzung in den Bescheiden (vgl. hierzu aida, S. 20 f.; UNHCR I, S. 12). Der Komplex der rechtlichen Beratung und Unterstützung wurde als in hohem Maße defizitär geschildert, und zwar v.a. im Hinblick auf fehlende finanzielle Mittel und weniger aufgrund der jeweils maßgeblichen rechtlichen Grundlagen bzw. Vorgaben, die nicht grundsätzlich zu kritisieren sind (vgl. wiederum aida, 22 f.).
46 
Bei dieser Sachlage beschloss der Ministerrat Bulgariens im Oktober 2013 einen „Plan for the containment of the crisis resulting from stronger migration pressure on the Bulgarian border“, der zum einen eine Verbesserung der Aufnahmebedingungen sowie der Verfahrensabläufe, zum anderen eine konsequente Verhinderung künftiger unkontrollierter Einwanderung über die Landesgrenze v.a. mit der Türkei zum Inhalt hatte (vgl. HRW I, S. 22 f.). Außerdem wurde von EASO im Herbst 2013 in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Innenministerium, dem Leiter der bulgarischen Flüchtlingsbehörde (SAR) und UNHCR Bulgarien ein „Operating Plan To Bulgaria“ entwickelt, aufgrund dessen unter Hinzuziehung des Bulgarischen Roten Kreuzes und anderer Nichtregierungsorganisationen weitreichende Verbesserungen des gesamten Asylsystems vorgenommen werden sollten. Dieser Plan konzipierte die geplanten Maßnahmen mit einem zeitlichen Horizont bis September 2014 (vgl. zu alledem EASO, Operating Plan To Bulgaria, März 2014).
47 
In Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom Oktober wurde mit dem Bau eines Zaunes an der Grenze zur Türkei begonnen, der mittlerweile in der vorgesehenen Länge fertiggestellt ist (vgl. Agence France-Presse, Bulgarie: des barbelés pour stopper les réfugiés vom 17.7.2014). Zuvor waren zur vorläufigen Absicherung der Grenze etwa 1500 Polizisten an die Grenze verlegt worden. Es gibt glaubhafte und nach Einschätzung des Senats zuverlässig recherchierte Berichte über eine Vielzahl von Zurückschiebungen über die Grenze in die Türkei aus der Zeit zwischen Ende 2013 bis in den Herbst 2014 (vgl. HRW I, S. 14 ff. und Annex 2, S. 3 ff. zu den Einwänden des bulgarischen Innenministers in dessen Schreiben vom 29.04.2014; bordermonitoring vom 21.09.2014). Damit verstieß und verstößt Bulgarien gegen das unionsrechtliche wie auch das völkerrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 21 Abs. 1 QRL bzw. Art. 33 GFK (vgl. hierzu im Einzelnen Marx, Handbuch des Flüchtlingsrechts, 2. Aufl., 2012, § 52). Denn zum einen ist die Türkei kein sicherer Drittstaat, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll von 1967 nur mit einem regionalen Vorbehalt gezeichnet hat; zum anderen hat sich Bulgarien offensichtlich nicht vergewissert, dass die Türkei nicht in einen potentiell verfolgenden Herkunftsstaat „weiterschiebt“. Da das Refoulement-Verbot auch eine Zurückweisung an der Grenze untersagt, sofern nicht eine Massenfluchtbewegung gegeben ist (vgl. Marx, a.a.O., § 52 Rn. 5 mit zahlreichen weiteren Nachweisen), wovon aber in Bezug auf Bulgarien noch nicht auszugehen sein wird, dürfte auch die Errichtung des Grenzzauns kaum mit dem Refoulement-Verbot in Einklang stehen, zumal nach der Auskunftslage nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine offizielle Anreise über die türkischen Grenzübergangsstellen möglich ist (vgl. HRW I., S. 25). Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil hiervon Flüchtlinge, die sich bereits im Asylverfahren befinden, nicht betroffen sind. Jedenfalls hat diesbezüglich die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Bulgarien eingeleitet (vgl. österreichisches BVwG, Urteil vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 6).
48 
Nicht zuletzt mit Rücksicht auf die geschilderten Maßnahmen ist die Zahl der Antragsteller seit Anfang des Jahres zunächst erheblich zurückgegangen, wobei allerdings für den Monat August und September wiederum ein Anstieg zu verzeichnen ist (vgl. Eurostat, a.a.O.). Auch dieses hat zu einer erheblichen Entlastung des bulgarischen Asylsystems geführt und mit dazu beigetragen, dass die von EASO ins Auge gefassten Maßnahmen unter erleichterten Rahmenbedingungen in Angriff genommen und durchgeführt werden konnten. Im Wesentlichen übereinstimmend wird von erheblichen Verbesserungen berichtet.
49 
Die Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen sind grundlegend in baulicher wie auch personeller Hinsicht angegangen und auch im Wesentlichen behoben worden. Auch die besonderen Problemfälle der Zentren Vrazdebhna, Harmanli und Voenna Rampa waren im April 2014 in Angriff genommen worden, sie wurden im Frühjahr 2014 (noch) saniert, weshalb die in der Pressemitteilung des Niedersächsischen Flüchtlingsrats vom 02.09.2014 angesprochenen und kritisierten Verhältnisse in Voenna Rampa in dieser Allgemeinheit nicht mehr aktuell sind. Auch die in dem Reisebericht von Rahmi Tuncer vom 15.10.2014 wiedergegebenen Schilderungen beziehen sich teilweise auf die Vergangenheit und sind nach den anderen verwerteten Erkenntnismitteln nicht mehr uneingeschränkt aktuell. Gleichzeitig wurden die Unterbringungskapazitäten von 4150 (bei einer damaligen Belegungsquote von nur noch rund 80 v.H.) auf etwa 6000 Plätze erweitert, ohne dass diese erschöpft wären (vgl. aida, S. 41 ff. und UNHCR II, S. 6 ff.; HRW I, S. 46 f.; Emails von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014). Dass die Verhältnisse nach wie vor defizitär und wenig befriedigend sein mögen, wie dies im Übrigen auch für einen nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass sie generell nicht mehr menschenwürdegemäß wären. Die prekäre Versorgung mit Nahrung und Lebensmitteln in den Zentren ist entscheidend verbessert worden; v.a. ist seit Anfang Februar 2014 sichergestellt, dass täglich mindestens zwei warme Mahlzeiten ausgegeben werden; zum Teil bestehen nunmehr auch eigene private Kochmöglichkeiten (vgl. UNHCR II, S. 8). Dass die Qualität möglicherweise immer wieder zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. Defizitär ist hingegen noch die systematische und flächendeckende Versorgung von Babys und Kleinstkindern mit ihnen adäquater Nahrung, jedenfalls teilweise ist eine Versorgung allerdings durch den Einsatz von Nichtregierungsorganisationen gewährleistet (ai, Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien sind weiterhin auszusetzen, S. 6 f. - im Folgenden ai; UNHCR II, S. 8). Gewisse Verbesserungen bei den Unterbringungsbedingungen sind auch eingetreten für Familien mit kleineren Kindern, alleinstehende Frauen mit Kindern und unbegleitete Minderjährige, ohne allerdings das erforderliche Minimum an Privatheit zuzulassen und auch immer ausreichenden Schutz vor Übergriffen zu bieten. Nach wie vor sind daher erhebliche Defizite auszumachen (UNHCR II, S. 7 und 9; aida, S. 43; ai, S. 6 f.). Ob bei diesen Aufnahmebedingungen insoweit eine dieser Personengruppe angemessene Unterbringung gewährleistet ist, und insbesondere, ob diese als unmenschliche und entwürdigende Behandlung zu qualifizieren wäre, lässt der Senat, weil nicht entscheidungserheblich, offen.
50 
Angesichts der dargestellten Verbesserungen in den Aufnahmeeinrichtungen ist - jedenfalls derzeit bei nicht dramatisch steigenden Zahlen von Antragstellern - nicht damit zu rechnen, dass das bulgarische Aufnahmesystem wieder kollabieren wird und in Folge dessen, dass die Asylsuchenden die Zentren aus eigenem „Wunsch“ verlassen, damit aber auch keine Unterstützung mehr erhalten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach den Stellungnahmen von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014 im Oktober 2014 noch erhebliche Unterbringungs- bzw. Aufnahmekapazitäten (35 v.H.) frei waren und die ansteigenden Flüchtlingszahlen das Land nicht mehr, wie noch im vergangenen Jahr, unvorbereitet und ohne Hilfe der Europäischen Union treffen bzw. treffen werden.
51 
Kritisiert wird weiterhin, dass Flüchtlingskinder allenfalls teilweise Zugang zu schulischer Bildung, Sprachkursen und Freizeitaktivitäten haben (vgl. etwa ai, S. 8; UNHCR II, S. 13). Eine menschenunwürdige Schlechtbehandlung ist darin aber nicht zu sehen.
52 
UNHCR und andere Stellen beanstanden nach wie vor, dass effektive Mechanismen zur systematischen Identifizierung von Personen mit besonderen Bedürfnissen nicht zur Verfügung stehen bzw. jedenfalls nicht in dem gebotenen Maße tatsächlich genutzt werden und dass selbst Nichtregierungsorganisationen nicht in der Lage sind, die bestehenden Lücken und Defizite zu schließen bzw. zu beheben (UNHCR II, S. 8 f.; aida, S. 33). Betroffen ist der Kläger jedoch hiervon offensichtlich nicht.
53 
Im Argen liegt weiterhin die Situation der unbegleiteten Minderjährigen, denen tatsächlich in größerem Umfang die erforderlichen Vormünder nicht gestellt werden und die dementsprechend gesetzeswidrig ohne die notwendige Vertretung bleiben, zumindest jedoch keine ausreichend kompetente Vertretung erhalten (vgl. im Einzelnen HRW I., S. 54 ff.; UNHCR II, S. 9; aida., S. 35).
54 
Die - gerade auch kostenlose - medizinische Versorgung (vgl. Art. 15 ARL a.F. bzw. Art. 19 ARL n.F.) und v.a. der Zugang zu ihr ist nach der Auskunftslage nicht immer in dem gebotenen Maße sichergestellt, zumal sich „Ärzte ohne Grenzen“ mittlerweile definitiv aus der Versorgung der Flüchtlinge zurückgezogen haben und nicht hinreichend geklärt erscheint, ob diese tatsächlich in dem gebotenen Maße ersetzt werden können und auch noch während deren Tätigkeit die Situation zum Teil jedenfalls durchaus prekär und durch Lücken und Defizite gekennzeichnet war (vgl. UNHCR II, S. 8; aida, S. 34 und 47; bordermonitoring I, S. 16; vgl. Médecins sans Frontières v. 06.06.2014, die immerhin (nur) die Hoffnung ausdrücken, dass sich die Lage trotz ihres Abzugs weiter verbessern werde). Die Lage ist für die Betroffenen auch deswegen besonders problematisch, weil sie in vielen Fällen nicht über die erforderlichen Informationen verfügen und erhebliche, nicht durch ausreichend qualifizierte Sprachmittler behebbare Kommunikationsschwierigkeiten bestehen (bordermonitoring I, S. 16; vgl. auch zur Gesundheitsversorgung in den Haftanstalten und die dort ebenfalls bestehenden sprachlichen Kommunikationsprobleme aida, S. 51 f.). Es gibt auch Berichte, wonach Personal des Gesundheitswesens nur gegen Bestechung bereit war, die gebotene Behandlung zu leisten (vgl. bordermonitoring I, S. 16) bzw. - allgemeiner ausgedrückt - ohne Bezahlung keine Untersuchungen durchgeführt wurden (vgl. Reisebericht Rahmi Tuncer vom 15.10.2014). Zwar übersieht der Senat nicht, dass die prekäre Lage zu einem nicht unerheblichen Teil dem schlechten Gesundheitssystem Bulgariens selbst und dessen niedrigeren Standards geschuldet ist und die Flüchtlinge rechtlich nur allgemein der bulgarischen Bevölkerung gleichgestellt werden (vgl. aida, S. 47). Die bestehenden Probleme, einen effektiven Zugang zu einer Gesundheitsversorgung zu erhalten, und die offenbar verbreitete Korruption machen sie in diesem System aber besonders verletzlich, weshalb sie im Falle einer ernsthaften und schweren Erkrankung einem realen Risiko ausgesetzt sein können, Schaden an Leib oder Leben zu nehmen. Dabei muss zudem bedacht werden, dass die hier infrage stehenden Personen in besonderem Maße durch die fluchtauslösenden Anlässe und die Erlebnisse auf der Flucht gezeichnet sein können (vgl. aida, S. 47). Der Senat ist sich dabei auch des Umstandes bewusst, dass an sich Art. 3 EMRK nach der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kein Verbleiberecht gewährt, um eine medizinisch notwendige Behandlung durchführen lassen zu können, auch wenn die Betroffenen an einer schweren Krankheit leiden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 06.02.2001 - 44599/98). Allerdings gelten die Standards des Art. 19 ARL n.F. darüber hinaus, wenn hiernach zumindest eine Notbehandlung und die unbedingt erforderlichen Behandlungen von Krankheiten und schweren psychischen Störungen unionsrechtlich versprochen sind mit der Folge, dass dann, wenn diese „systemisch“ - auch nur bei bestimmten (begrenzten) Krankheitsbildern - nicht oder jedenfalls nicht effektiv zur Verfügung stehen bzw. erreicht werden können, von einem die Überstellung hindernden Mangel auszugehen wäre. Dieser Frage wird aus gegebenem Anlass noch nachzugehen sein. Im Falle des Klägers jedenfalls besteht ein solcher nicht. Die im Verwaltungsverfahren vorgelegte ärztliche Bescheinigung vom 03.11.2014, die trotz eines entsprechenden Hinweises des Senats nicht weiter substantiiert wurde, ist bei weitem nicht ausreichend aussagekräftig. Sie ist weit davon entfernt den Mindestvoraussetzungen für die Darlegung (und Glaubhaftmachung) einer psychischen behandlungsbedürftigen Erkrankung (insbesondere einer posttraumatischen Belastungsstörung), geschweige denn eines hierauf gerichteten Beweisantritts zu genügen (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8.07 - NVwZ 2008, 330; Senatsbeschluss vom 10.07.2003 - 11 S 2622/02 - InfAuslR 2004, 423; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08.02.2012 - 2 M 29/12 - AuAS 2012, 136). Der Senat bemerkt hierzu, dass der Kläger bei seiner im Verwaltungsverfahren erfolgten Anhörung von einer Inhaftierung von zweieinhalb Monaten gesprochen hatte, während er dem behandelnden Therapeuten gegenüber eine drei bis vier Monate dauernde Inhaftierung erwähnt hatte. Im Übrigen gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Frage des Senats an, dass er sich wegen Schlafstörungen in Behandlung begeben habe; er müsse immer an Bulgarien und Syrien denken. Die mündliche Verhandlung ergab weiter, dass dem Kläger ein Antidepressivum verschrieben wurde, das er nach wie vor einnimmt. Die vom Arzt verschriebene Medikation beläuft sich jedoch auf nur eine halbe Tablette, während nach dem vom Senat eingesehenen Beipackzettel die durchschnittliche Medikation bei 1 Tablette bis zu maximal 3 Tabletten täglich liegt. Hinzu kommt, dass nur halbstündliche Sitzungen stattfinden, wobei zudem ein Dolmetscher hinzugezogen werden muss. Schließlich konnte der Kläger nicht einmal angeben, in welchem Abstand die Sitzungen stattfinden, insbesondere auch ob dies regelmäßig der Fall ist. Vor diesem Hintergrund kann es sich nach Überzeugung des Senats nicht um ein stark ausgeprägtes Krankheitsbild handeln, das zwingend eine durchgängige ärztliche Behandlung erforderlich macht. Die Ausführungen in der genannten Bescheinigung sind nicht nachvollziehbar. Offenbar ist der Behandler sich auch nicht einmal selbst sicher, dass eine längerfristige Behandlung zwingend erforderlich ist, wenn er nur davon schreibt, dass eine solche indiziert zu sein „scheint“. Wenn schließlich die Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung auf Befragung äußerte, dass der Behandler auf ihre Nachfrage erklärt habe, keine weitere und v.a. keine ausführlichere Stellungnahme mehr abgeben zu wollen, so sieht der Senat keine Veranlassung zu einer weiteren Aufklärung und geht davon aus, dass etwaige systemische Mängel des bulgarischen Gesundheitssystems den Kläger nicht betreffen würden.
55 
Des Weiteren sind eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren nunmehr grundsätzlich gewährleistet und nicht mehr systemimmanent defizitär, allerdings ist nach den verwerteten Erkenntnismitteln nicht auszuschließen, dass es im Falle einer Antragstellung aus der Haft nach wie vor zu Verzögerungen von einigen Tagen kommen kann, die möglicherweise auch vermeidbar wären (vgl. zu alledem UNHCR II, S. 4 ff.; ai, S. 3 f.). Ein grundlegender, das gesamte Asylsystem betreffender Mangel liegt hierin aber nicht (mehr). Die Tatsache allein, dass Ausländer und Ausländerinnen, die illegal eingereist sind, zunächst in größerem Umfang inhaftiert werden, solange sie keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylsystems dar, sofern, wie nunmehr, sichergestellt ist, dass sie nach der Antragstellung zeitnah registriert werden, auch wenn die Inhaftierungen nicht immer den Vorgaben des Art. 15 der RL 2008/115/EG vom 16.12.2008 (ABl. L 348, 98 - RFRL) entsprechen sollten.
56 
Die früher festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfungsverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes (vgl. aida, S. 20 ff.) sind zwar nicht gänzlich ausgeräumt, allerdings sind positive Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Die Verfahrensdauer, die bei syrischen Staatsangehörigen in der Regel ohnehin nicht zu beanstanden war, wurde mittlerweile auch bei nicht syrischen Flüchtlingen wesentlich verkürzt (vgl. UNHCR II, S. 11 f.). Die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller über den Ablauf des Verfahrens und die in diesem Zusammenhang bestehenden Rechte wurden wesentlich verbessert, ohne aber wiederum als vollständig befriedigend qualifiziert werden zu können (vgl. aida, S. 30 f.). Zumindest für ein Erstverfahren ist eine kostenlose Rechtsberatung rechtlich gewährleistet, steht mit Rücksicht auf eine unzureichend finanzielle Ausstattung allerdings staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung, weshalb Nichtregierungsorganisationen, wie das Bulgarische Helsinki Komitee, einspringen und teilweise selbst die unentgeltliche Vertretung übernehmen müssen (vgl. UNHCR II, S. 11 f.; aida, S. 22). Diese Defizite werden jedoch - auch in Anbetracht der stattgefundenen Verbesserungen - vom Senat nicht als derart grundlegend eingestuft, dass sie als systemisch zu qualifizieren wären.
57 
Wenn erhebliche Bedenken gegen eine in Art. 45b Abs. 1 Nr. 3 des bulgarischen Asyl- und Flüchtlingsgesetz geplante gesetzliche Änderung des Haftrechts formuliert und die Weite bzw. die Unbestimmtheit der Haftgründe kritisiert werden, so mag in der Tat die vorgeschlagene Formulierung weiter geraten sein, als dies Art. 8 Abs. 3 lit. d) ARL n.F. vorsieht. Aber selbst wenn der Gesetzesentwurf tatsächlich in dieser Form verabschiedet werden sollte, was bislang noch nicht geschehen ist (vgl. Email von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014), so stehen jedoch einer unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung keine Hindernisse entgegen. Solange sich aber die bulgarischen Behörden und Gerichte einer solchen Handhabung nicht systematisch und durchgängig verweigern, kann von einem hier relevanten Mangel nicht gesprochen werden.
58 
Sog. Dublin-Rückkehrern steht ein Erstverfahren weiterhin offen, soweit eine persönliche Anhörung noch nicht stattgefunden hat (vgl. UNHCR II, S. 14), auch wenn nach der Gesetzeslage nach einem „Nichtbetreiben“ des Verfahrens wegen Abwesenheit über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten das Verfahren an sich beendet ist; Folge der Fortführung ist, dass die Betroffenen wieder in das normale Aufnahmesystem integriert werden. Das Verfahren wird allerdings dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig abgeschlossen worden war. Dann sind die Betroffenen auf einen Folgeantrag verwiesen, was aber in Einklang mit den Vorgaben der Verfahrensrichtlinie RL 2005/85/EG steht. Nach Art. 20 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 32 ist der Verweis auf ein Folgeverfahren grundsätzlich möglich. Allerdings wird hier Art. 28 Abs. 2 der Neufassung (RL 2013/32/EU) eine gewisse Anpassung erforderlich machen.
59 
Die Lage der beachtlich hohen Zahl von anerkannten international Schutzberechtigten wird durchgängig als wenig zufriedenstellend, wenn nicht gar schlecht beschrieben (vgl. etwa UNHCR II, S. 12 f). Dass ein wirklich schlagkräftiges Integrationsprogramm existieren und v.a. bereits erfolgreich praktiziert werden würde, ist für den Senat nicht ersichtlich. Allenfalls sind erste Ansätze erkennbar (vgl. HRW II, S. 4 f.). Dabei darf nicht übersehen werden, dass hier das Unionsrecht den Betroffenen lediglich Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26. 27, 28 Abs. 1, 29, 30 RL 2011/95/EU - QRL) oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern (vgl. etwa Art 32 und 33 QRL) verspricht und sie damit nur teilhaben an den schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen weiter Teile der bulgarischen Bevölkerung. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass nach den allgemein zugänglichen Daten des Statistischen Bundesamts das Bruttoprokopfeinkommen Bulgariens im Jahre 2013 7030 USD betrug, damit noch erheblich unter dem von Rumänien (9060 USD) lag und etwa dem Niveau Südafrikas (7190 USD) entsprach. Nach den verwerteten Angaben von Eurostat (vgl. Pressemitteilung Nr. 184/2013 vom 05.12.2003) belief sich im Jahre 2012 der Anteil der Bevölkerung Bulgariens, der von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen bzw. bedroht ist, auf 49 v.H. (Rumänien 42 v.H.; Niederlande und Tschechische Republik 15 v.H.). Die rechtliche Gleichbehandlung ist dabei aber, soweit für den Senat erkennbar, weitgehend hergestellt. So erhalten Flüchtlinge ebenso wie bedürftige bulgarische Staatsangehörige gleichermaßen Leistungen in Höhe von 33 EUR monatlich. Im Übrigen finden sich im Unionsrecht lediglich - teilweise wenig bestimmte - Handlungsaufträge (vgl. Art. 28 Abs. 2, Art. 34 QRL). Der Senat ist sich der Tatsache bewusst, dass etwa ohne flächendeckende Sprachkurse, namentlich für Kinder und Jugendliche, der an sich garantierte gleiche Zugang zu Bildung und Ausbildung bzw. zum Arbeitsmarkt weitgehend auf dem Papier steht und faktisch nicht eingelöst werden kann. Selbst wenn solche jedoch nicht in dieser Weise angeboten werden und teilweise nur aufgrund der Hilfe und Mitwirkung von UNHCR und Caritas durchgeführt werden können, so bedeutet dies nicht, dass deshalb eine relevante Schlechtbehandlung angenommen werden kann, auch wenn es sich um einen sicherlich bedeutsamen Aspekt (von vielen) handelt, mit dem man rechtspolitisch das Europäische Asylsystem in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung infrage stellen kann.
60 
Die Situation unbegleiteter Minderjähriger bedürfte bei gegebenem Anlass mit Rücksicht auf Art. 31 QRL ebenfalls einer gesonderten Betrachtung.
61 
Zwar stehen die geschilderten Fortschritte auch im Zusammenhang mit den zurückgegangenen Anträgen, die wiederum zu einem wesentlichen Teil mit den nicht unionsrechts- und völkerrechtskonformen Zurückschiebungen und den nicht unbedenklichen Absperrmaßnahmen an der Grenze zur Türkei (vgl. etwa HRW I, S. 7) zusammenhängen, sie haben aber jedenfalls faktisch, worauf es allein ankommt, zu einer Situation geführt, in der zumindest für den Personenkreis von nicht ernsthaft erkrankten Alleinstehenden und Familien, zu denen keine kleinen Kinder gehören, nicht davon ausgegangen werden kann, dass durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme festgestellt werden können, dass diese im Falle einer Überstellung nach Bulgarien dort Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein. Zwar sind die Zugangszahlen wieder im Steigen begriffen, jedoch sind, wie bereits ausgeführt, noch erhebliche Kapazitäten frei. Hinzu kommt (und dabei handelt es sich um einen wesentlichen Beurteilungsaspekt), dass Bulgarien - anders als im Vorjahr - nicht mehr völlig unvorbereitet und ohne Hilfe der Union und von UNHCR mit steigenden Zugangszahlen konfrontiert sein wird. Was den Personenkreis der Familien mit kleinen Kindern, ernsthaft Erkrankten und unbegleiteten Minderjährigen betrifft, lässt, weil nicht entscheidungserheblich, der Senat ausdrücklich offen, ob hier eine andere Beurteilung vorzunehmen ist, ferne läge sie jedoch nach dem oben Dargelegten nicht. In diesem Zusammenhang wäre auch ggf. zu klären, ob im Fall einer Überstellung etwa festgestellte, an sich bestehende Mängel durch konkrete Absprachen zwischen den für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen deutschen Ausländerbehörden und den bulgarischen Behörden in einer Weise kompensiert werden können, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vermieden werden kann (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris).
62 
3. Sonstige Mängel des angegriffenen Bescheids sind nicht gegeben. Allerdings hat die Beklagte die Ziffer 1 in der Weise formuliert, dass (nur) eine Feststellung getroffen wurde mit der Folge, dass auf den ersten Blick möglicherweise formal betrachtet nicht den Anforderungen des § 31 Abs. 6 AsylVfG genügt wird und deshalb die Gestattungswirkung des § 55 Abs. 1 AsylVfG nicht gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 5 AsylVfG zum Erlöschen gebracht werden konnte, weshalb dann in Ermangelung einer bestehenden Ausreisepflicht die Voraussetzungen des § 34a Abs. 1 AsylVfG nicht erfüllt wären. Die angegriffene Verfügung ist jedoch auch im Hinblick auf den maßgeblichen Empfängerhorizont (vgl. §§ 133, 157 BGB entspr.) in der Weise auszulegen, dass der Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde und auch werden sollte (a.A. VG Frankfurt, Urteil vom 21.07.2014 - 7 K 352/14.F.A - juris). Denn es ist auch aus der Sicht des Klägers offensichtlich, dass die Beklagte mit ihrer Verfügung die Grundlage für den Erlass der Überstellungsentscheidung legen wollte, was aber, wie gezeigt, zwingend voraussetzt, dass die Ausreisepflicht begründet werden muss. Es wäre sinnwidrig, der Beklagten zu unterstellen, dass sie etwas verfügen wollte und in letzter Konsequenz verfügt hat, was ersichtlich insoweit ungeeignet ist (vgl. noch zu der Frage, ob trotz Erlass einer Abschiebungsanordnung eine freiwillige oder kontrollierte Ausreise ermöglicht werden muss, Senatsurteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - juris).
63 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die es rechtfertigen würden, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2013 (A 12 K 331/13) geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der 1985 geborene Kläger ist Staatsangehöriger von Pakistan und gehört zu den Punjabi. Er verließ nach seinen Angaben Pakistan am 25.02.2012 und kam am 26.03.2012 nach Italien, wo er erkennungsdienstlich behandelt wurde. Am 03.06.2012 reiste er nach seinen Angaben auf dem Landweg über die Schweiz oder Frankreich nach Deutschland.
Am 18.06.2012 stellte er einen Asylantrag. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellte daraufhin am 18.10.2012 ein auf Art. 16 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (ABl. Nr. L 50, 1 - VO Dublin II) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Italien. Am 30.11.2012 erfolgte die Zustimmung Italiens zur Rücküberstellung des Klägers.
Mit Bescheid vom 03.12.2012 erklärte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag für unzulässig und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Ein Zustellungsnachweis befindet sich nicht bei den Akten; jedenfalls wurde der Bescheid mit einem Begleitschreiben vom 15.01.2013 zur Post gegeben. Die für den 31.01.2013 vorgesehene Überstellung nach Italien konnte nicht durchgeführt werden, da der Kläger nicht angetroffen wurde.
Am 28.01.2013 erhob der Kläger Klage und machte geltend, eine Abschiebung nach Italien sei nicht zulässig. Er habe in Italien gar keinen Asylantrag gestellt. Auch bestehe die Gefahr der unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung in Italien. Die Beklagte hätte von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssen.
Mit Beschluss vom 14.03.2013 (A 12 K 332/13) ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 03.12.2012 enthaltene Abschiebungsanordnung an und gab der Beklagten auf, dem Regierungspräsidium Karlsruhe die Anordnung der aufschiebenden Wirkung mitzuteilen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Urteil vom 17.06.2013 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 03.12.2012 auf und verpflichtete die Bundesrepublik Deutschland auf den ausdrücklichen Antrag des Klägers, sein Asylverfahren fortzuführen. Zur Begründung führte es aus: Zwar sei Italien der zuständige Mitgliedstaat. Allerdings leide das Asylsystem Italiens unter sog. systemischen Mängeln im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, sodass die Bundesrepublik von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müsse.
Auf den rechtzeitig gestellten Antrag der Beklagten ließ der Senat durch Beschluss vom 14.08.2013 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zu.
Am 05.09.2013 hat der Beklagte unter Stellung eines Antrags die Berufung begründet: Zunächst sei davon auszugehen, dass das Zuständigkeitsregime der Dublin-Verordnung keine subjektiven Rechte der Asylbewerber begründe. Im Übrigen gelte nach der Rechtsprechung des EuGH eine generelle Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte sowie der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention erfolge. Dass in Bezug auf Italien ernsthaft und erwiesenermaßen zu befürchten sei, dass systemische Mängel zwangsläufig mit unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung der überstellten Asylbewerber einhergingen, könne nicht eingewandt werden. Nach den vorliegenden Quellen, insbesondere von UNHCR, seien derartige Befürchtungen nicht gerechtfertigt.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17.06.2013 - A 12 K 331/13 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten verweist der Senat auf die gewechselten Schriftsätze. Dem Senat liegen die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
17 
Die zu Recht auf § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 27a AsylVfG gestützte Verfügung der Beklagten, mit der der Asylantrag als unzulässig qualifiziert und die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass sein Asylantrag durch die Bundesrepublik Deutschland geprüft wird.
I.
18 
Die Klage ist allerdings schon unzulässig, soweit die Verpflichtung zur Fortführung des Asylverfahrens begehrt wird (wie hier auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2013 - 1 A 21.12.A - juris). Ein solcher Verpflichtungsausspruch setzt zunächst voraus, dass dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht, was aber nur der Fall wäre, wenn die Beklagte zu erkennen gegeben hätte, dass sie nach Aufhebung der angefochtenen Verfügung untätig bleiben würde; solches ist hier jedoch nicht erkennbar. Abgesehen davon muss die Beklagte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417 Rn. 96; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 170 Rn. 33) zunächst die Möglichkeit haben, einen anderen Mitglied- bzw. Vertragsstaat, der nachrangig zuständig ist (hier die Schweiz oder Frankreich) zu ersuchen. Aus diesem Grund käme auch ein Verpflichtungsausspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus nicht in Betracht. Hinzukommt im Übrigen in diesem Zusammenhang weiter: Das Bundesverwaltungsgericht hat in den Urteilen vom 07.03.1995 (9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80) und vom 05.09.2013 (10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) entschieden, dass in Bezug auf eine Einstellungsentscheidung nach einer Antragsrücknahme (§ 32 AsylVfG) bzw. nach einem Nichtbetreiben des Verfahrens (vgl. § 33 Abs. 1 AsylVfG) nur das Anfechtungsbegehren statthaft und die Sachentscheidung zunächst dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbehalten ist. Damit ist insbesondere ein Durchentscheiden, wie es das Bundesverwaltungsgericht im Folgeantragsverfahren noch für richtig gehalten hat, ausgeschlossen (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861; vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 295 ff.). Dieses muss aber gleichermaßen in der hier gegebenen Fallkonstellation gelten, in der das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ebenfalls noch keine Sachentscheidung getroffen hat (a.A. noch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - AuAS 2012, 213, aber durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts überholt). Ungeachtet dessen scheidet entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch ein spezifischer Verpflichtungsausspruch deshalb aus, weil die Durchführung eines auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichteten Verfahrens selbst keinen Verwaltungsakt darstellt bzw. dessen Erlass voraussetzt. Wenn überhaupt, wäre nur eine allgemeine Leistungsklage statthaft.
II.
19 
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie aber unbegründet.
20 
Das Bundesamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass Italien der zuständige Mitgliedstaat und daher der Asylantrag unzulässig ist, weshalb auch zu Recht die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde.
21 
1. Die Frage, welcher Mitglied- oder Vertragsstaat für die Prüfung des Asylantrags des Klägers zuständig ist, beantwortet hier die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (ABl. Nr. L 50, 1 - VO Dublin II).
22 
Auch wenn von der Bestimmung des § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auszugehen ist, kommt die zwischenzeitlich erlassene Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (ABl. Nr. L 180, 31 - VO Dublin III) noch nicht zur Anwendung. Nach Art. 49 VO Dublin III ist die Neuregelung erst für Anträge auf Internationalen Schutz sowie Anträge der Mitgliedstaaten auf Aufnahme oder Wiederaufnahme anzuwenden, die ab dem 01.01.2014 gestellt wurden. Im vorliegenden Fall hat der Kläger im Bundesgebiet bereits im Jahr 2012 Asyl beantragt. Auch der Antrag auf Wiederaufnahme des Klägers wurde noch im Jahr 2012 gestellt und von Italien im gleichen Jahr positiv beschieden.
23 
Die Zuständigkeit Italiens ergibt sich aus Folgendem, wobei offen bleiben kann, ob es sich vorliegend um einen Aufnahmefall handelt, was der Fall wäre, wenn der Kläger, wie er durchgängig geltend macht, in Italien keinen Asylantrag gestellt hätte, oder ob von der Fallkonstellation einer Wiederaufnahme auszugehen ist, wenn der Mitteilung von Italien zu folgen wäre, dass die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II vorliegen:
24 
Falls ein Fall der Aufnahme vorliegt, gilt Folgendes: Nach den Angaben des Klägers war dieser von der Türkei kommend mit einem Boot über eine „Insel“ nach Italien gekommen. Sollte er dabei Griechenland berührt haben, so wäre an sich gem. Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Griechenland (in erster Linie) zuständig. Da aber Überstellungen nach Griechenland wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens nicht mehr durchgeführt werden können und dürfen, war zunächst ebenfalls nach Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Italien zuständig (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 96). Allerdings ist in der Folgezeit die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, weil diese die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens von drei Monaten nach Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II nicht eingehalten hatte. Indem jedoch Italien der Aufnahme ausdrücklich zugestimmt hat (vgl. Art. 19 Abs. 1 VO Dublin II), ist Italien wiederum zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens.
25 
Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208) ist davon auszugehen, dass sich der Kläger nach der erfolgten Zustimmung durch Italien nicht auf die Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens berufen und diesen Umstand nicht gegen eine Überstellung einwenden kann. Die jeweiligen Fristbestimmungen dienen hiernach ebenfalls einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats, ohne aber den Antragstellern (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat zu gewährleisten (so auch OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris).
26 
Damit sind die Betroffenen aber nicht rechtsschutzlos gestellt, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge untätig bleiben und weder ein Ersuchen an den anderen Mitgliedstaat stellen noch in eine Sachprüfung eintreten sollte. Um nicht mit dem unionsrechtlichen Gebot der beschleunigten Durchführung des Verfahrens auf Prüfung des Asylantrags (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 79; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. Rn. 35 und vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - a.a.O. Rn. 59), das auch im Interesse der Betroffenen in der Verordnung Niederschlag gefunden hat (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 79), in einen unauflösbaren Konflikt zu geraten, ist es der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gestattet, durch die Stellung eines verspäteten Übernahmeersuchens eine vom Antragsteller oder der Antragstellerin bereits in zulässiger Weise in die Wege geleitete Sachprüfung abzubrechen; erst recht gilt dies, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits eine sachliche Prüfung begonnen hatte, sofern man nicht ohnehin hierin die Ausübung des Selbsteintrittsrechts bzw. ein Gebrauchmachen von der Souveränitätsklausel sehen will (vgl. zu Einzelheiten GK-AsylVfG § 27a Rn. 177). Andernfalls wäre ein wesentlicher Geltungsgrund des Dublinsystems selbst grundsätzlich infrage gestellt (a.A. etwa OVG Rheinl.-Pfalz., Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris, ohne sich aber mit dem Problem weiter auseinanderzusetzen), wobei die zentrale Bedeutung des Beschleunigungsgebots nicht zuletzt auch darin zum Ausdruck kommt, dass das Fristenregime nach der VO (EU) 604/2013 (VO Dublin III) noch verschärft wurde (vgl. Art. 21 Abs. 1 UA 2).
27 
Hat daher der Antragsteller oder die Antragstellerin während der Zeit, während der die Bundesrepublik im Hinblick auf die Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens zuständig war, den Anspruch auf sachliche Prüfung geltend gemacht und insoweit eine zulässige und unmittelbar eine sachliche Entscheidung des Gerichts eröffnende Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO erhoben (vgl. hierzu noch unten) und damit in uneingeschränkter Konformität mit dem nationalen Verfahrensrecht, das insoweit selbst nicht in Widerspruch mit den unionsrechtlichen Vorgaben der VO Dublin II steht, die Grundlage einer inhaltlichen Prüfung gelegt, kann der unionsrechtliche Grundsatz des „effet utile“ einer Verweigerung oder gar einem Abbruch der sachlichen Prüfung und der Stellung eines Aufnahmeersuchens während die Bundesrepublik Deutschland wegen der Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens noch zuständig ist, entgegenstehen. Bei dieser Ausgangslage würde sich nämlich bei einer typisierenden Betrachtungsweise der Zeitpunkt einer sachlichen Prüfung durch den anderen Mitgliedstaat in einer Weise verzögern, die dem Beschleunigungsanliegen des Dublinsystems grundlegend zuwiderliefe, da voraussetzungsgemäß eine Zustimmung des anderen Mitgliedstaats (noch) nicht vorliegt. Insoweit wird man ein subjektives Recht auf Unterlassen der Stellung eines Aufnahmeersuchens, jedenfalls aber einer späteren Überstellung, nicht verneinen können. Wurde hingegen im vorgenannten Sinn die Grundlage für eine sachliche Prüfung während der Zuständigkeit der Bundesrepublik noch nicht gelegt, so ist zwar das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot grundsätzlich auch negativ berührt. Liegt jedoch mittlerweile eine Zustimmung des ersuchten (an sich unzuständigen) Mitgliedstaat vor, so kann im Falle einer zeitnahen Überstellung noch mit einer ebenfalls zumutbaren und zeitnahen Sachprüfung durch diesen gerechnet werden, zumal die Betroffenen ohnehin die bisherige Untätigkeit klaglos hingenommen hatten und sie es im Übrigen in der Hand haben, durch eine schnelle und zügige Ausreise in den zuständigen Mitgliedstaat das Verfahren zusätzlich zu beschleunigen. Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass diese Untätigkeitsklage nach den allgemeinen verwaltungsprozessualen Grundsätzen auf die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und hilfsweise des unionsrechtlichen subsidiären Schutzstatus zu richten wäre und nicht auf die Verpflichtung zur Bescheidung oder gar die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 3 m.w.N.),
28 
Eine zulässige und eine gerichtliche Sachprüfung eröffnende Untätigkeitsklage (vgl. § 75 Satz 2 VwGO) kann allerdings nicht vor Ablauf der für die Stellung eines Aufnahmeersuchens maßgeblichen Frist von drei Monaten (vgl. Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II) erhoben werden (nach Art. 21 Abs. 1 UA 1 bzw. 2 VO Dublin III beträgt die Freist nunmehr drei bzw. zwei Monate), wobei diese Frist zufällig identisch mit der Frist nach § 75 Satz 2 VwGO ist. Ist die Bundesrepublik Deutschland zuständig geworden, weil die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens abgelaufen ist, so ist allerdings schon aus verwaltungsorganisatorischen Gründen ein Beginn der Sachprüfung nicht unmittelbar geboten mit der Folge, dass für eine im Einzelfall zu bestimmende Übergangszeit noch ein zureichender Grund für eine Untätigkeit im Sinne des § 75 Satz 2 VwGO vorliegen wird. Das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot wäre im Übrigen hier noch nicht im Kern berührt, wenn das Bundesamt noch unmittelbar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens während der vorgenannten Übergangszeit unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, die Stellung eines Übernahmeersuchens nachholen würde, über dessen Erfolg oder Misserfolg dann ohnehin regelmäßig binnen zweier Monate Klarheit bestünde (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), und zwar ungeachtet der Frage, ob die Betroffenen die auf eine Sachprüfung hinführende Untätigkeitsklage bereits erhoben hatten oder sie nunmehr erst noch erheben. Hatte der oder die Betreffende die Untätigkeitsklage bei Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens bzw. der des § 75 Satz 2 VwGO bereits erhoben, hat es das Verwaltungsgericht in der Hand, durch die Setzung einer angemessenen und ausreichenden Frist nach § 75 Satz 3 VwGO die zeitliche Dimension für die Möglichkeit einer Nachholung des Aufnahmeersuchens für die Bundesrepublik Deutschland zu konkretisieren. Bleibt die Bundesrepublik in dieser Übergangszeit untätig, d.h. stellt sie nicht ihrerseits unverzüglich ein Aufnahmeersuchen, so liegt kein zureichender Grund mehr vor mit der Folge, dass dann die Untätigkeitsklage uneingeschränkt zulässig ist (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 25).
29 
Stimmt der ersuchte Mitgliedstaat dem Ersuchen vor Ablauf der Frist nach § 75 Satz 3 VwGO zu oder läuft die Frist für die Beantwortung des Ersuchens ab (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), so würde der ersuchte Mitgliedstaat noch zuständig und eine Überstellung wäre nach dem Regime von Dublin II (wie auch nach Dublin III) ungeachtet einer möglicherweise bereits erhobenen Untätigkeitsklage noch zulässig, eine gerichtliche Sachprüfung wäre durch einen nach wie vor bestehenden zureichenden Grund auch mit Blick auf das System bzw. den Mechanismus von Dublin gesperrt. Dies wäre jedoch spätestens dann nicht mehr der Fall, wenn die Bundesrepublik die Frist von sechs Monaten für die Durchführung der Überstellung nach Art. 19 Abs. 4 VO Dublin II (Art. 28 Abs. 1 UA 1 VO Dublin III) nunmehr fruchtlos verstreichen lassen würde mit der Folge, dass sie wieder für die Prüfung des Gesuchs zuständig geworden wäre.
30 
Ausgehend hiervon kann der Kläger bei der gegebenen Sachlage unter keinen Umständen für ihn günstige Schlussfolgerungen aus der Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens herleiten, ungeachtet der Tatsache, dass er zu keinem Zeitpunkt eine Untätigkeitsklage erhoben hatte. Denn hier hatte die Bundesrepublik Deutschland das Übernahmeersuchen zwar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens, aber noch unverzüglich nach deren Ablauf gestellt. Der Senat kann offen lassen, ob es eine absolute zeitliche Obergrenze für die Stellung eines (verspäteten) Übernahmeersuchens geben muss, auf die sich der oder die Betroffene auch berufen kann, selbst wenn er oder sie eine Untätigkeitsklage nicht erhoben hat oder erhebt. Allerdings wird dagegen sprechen, dass im Falle einer hier zu unterstellenden Untätigkeit des oder der Betroffenen infolge der sehr kurzen Beantwortungsfristen nach Stellung eines Übernahmeersuchens in einem solchen Fall ohnehin nur eine marginale weitere Verzögerung eintreten kann, die der oder die Betroffene aber bislang klaglos hingenommen hatte.
31 
Geht man davon aus, dass der Kläger in Italien schon einen Asylantrag gestellt hatte, so ergibt sich für ihn keine günstigere Sichtweise. Denn in diesem Fall war das Wiederaufnahmeersuchen der zweifellos unzuständigen Bundesrepublik nach Art. 20 VO Dublin II nicht fristgebunden. Für alle ab dem 01.01.2014 gestellten Wiederaufnahmeersuchen wäre aber mit Rücksicht auf die Übergangsvorschrift des Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III nunmehr eine Frist von zwei bzw. drei Monaten (vgl. Art. 23 Abs. 2 VO Dublin III) einzuhalten, weshalb zukünftig die oben dargestellten Grundsätze ebenfalls gelten werden.
32 
Wenn teilweise in der verwaltungsgerichtlichen Spruchpraxis hier die Frist des Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II analog angewandt wird (so etwa VG Düsseldorf, Beschluss vom 10.02.2014 - 25 K 8830/13.A - juris), so sieht der Senat hierfür keine tragfähige Grundlage, fehlt es doch schon an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass eine durch einen Analogieschluss zu schließende systemwidrige Lücke vorliegen könnte, und nicht vielmehr eine politische Entscheidung des Normsetzers. Der Senat lässt auch offen, ob hier eine äußerste Grenze besteht, nach deren Überschreitung es der Bundesrepublik Deutschland unter dem Aspekt des Beschleunigungsgebots nicht mehr erlaubt wäre, den oder die Betroffene noch zu überstellen, und dann aufgrund eines Selbsteintritts auch eine Sachentscheidung treffen müsste, die auch von den Betroffenen durchgesetzt werden könnte. Denn diese Frage würde sich bei einer Stellung des Wiederaufnahmeersuchens nach - wie hier - nur vier Monaten schon von vornherein nicht stellen. Abgesehen davon besteht im vorliegenden Fall eine grundlegend andere Ausgangssituation, weil - mögliche systemische Mängel einmal hinweggedacht - es die Betroffenen, die voraussetzungsgemäß in dem anderen Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt haben, durch eine zeitnahe Rückkehr dorthin in der Hand haben, eine baldige Sachentscheidung herbeizuführen. Von weiteren Ausführungen in diesem Zusammenhang sieht der Senat ab, da sich diese Fragen, wie dargelegt, nicht mehr stellen werden.
33 
Die Zuständigkeit ist auch nicht nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 VO Dublin II bzw. Art. 20 Abs. 2 VO Dublin II, d.h. wegen Überschreitung der sog. Überstellungsfrist, auf die Bundesrepublik zurückgefallen. Nachdem das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 14.03.2013 die aufschiebende Wirkung angeordnet hatte, ist, solange dieser Beschluss Bestand hat, der Lauf der Frist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens gehemmt, falls sie überhaupt in Lauf gesetzt wurde (vgl. zur Frist nach Art. 20 Abs. 1 lit. d) VO Dublin II EuGH, Urteil vom 29.01.2009 - C-19/08, Petrosian - NVwZ 2009, 639, Rn. 53; vgl. auch GK-AsylVfG § 27a Rn. 227 ff.).
34 
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Sinne von Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II.
35 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.), die der Unionsgesetzgeber nunmehr in Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III umgesetzt hat, ist ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist nämlich Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 GRCh aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 der Charta und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie von dem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, diese Grundsätze beachten (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.).
36 
Dabei kann jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
37 
Allerdings stellt nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der VO Dublin II und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts wie auch von Art. 4 GRCh durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist hier deshalb nur dann zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem an sich zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78 ff.).
38 
Systemische Mängel sind solche, die entweder bereits im System selbst angelegt sind und von denen Asylbewerber generell oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris).
39 
Wesentliche Kriterien für die zu treffende Feststellung, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK, der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt. In seinem Urteil vom 21.01.2011 (M.S.S./Belgien und Griechenland - Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413) hat der Gerichtshof eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Unterbringung von Asylbewerbern in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden sei. Es gebe auch zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen zu überfüllten Zellen, Schlägen durch Polizisten und unhygienischen Bedingungen in dem Haftzentrum neben dem internationalen Flughafen von Athen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer monatelang und ohne Perspektive in extremer Armut gelebt habe und außer Stande gewesen sei, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygieneartikel und eine Unterkunft - aufzukommen. Er sei über Abhilfemöglichkeiten nicht angemessen informiert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, angegriffen beziehungsweise überfallen zu werden.
40 
Art. 3 EMRK kann aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er (aus sich heraus) die Vertragsparteien verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - 30696/09, M.S.S. -, a.a.O., Rn. 249, m.w.N). Etwas anderes gilt aber nach der genannten Entscheidung des EGMR, wenn der jeweilige Staat auf Grund bindender rechtlicher Vorgaben die Pflicht zur Versorgung mittelloser Asylsuchender mit einer Unterkunft und einer materiellen Grundausstattung hat, wie hier nach der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180/96 - Aufnahmerichtlinie), welche die zuvor gültig gewesene Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 (ABl. L 31/18) ersetzt hat. Die genannten Richtlinien haben Minimalstandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedstaaten festgelegt. Hier sind die konkreten Anforderungen an die festzustellende Schwere der Schlechtbehandlung niedriger anzusetzen.
41 
Wenn der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 21.12.2011 (a.a.O.) als Voraussetzung für eine unzulässige Überstellung an einen anderen an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen sog. systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen fordert, dass diese Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh durch ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe gestützt wird, so setzt dies voraus, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sind; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936, Rn. 32; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris, Rn. 9).
42 
Daraus, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 21.01.2011 (a.a.O., Rn. 263 f.) verschiedentlich auf die besondere Situation des Beschwerdeführers in Griechenland abgestellt und diese besonders erwähnt hat, kann nicht geschlossen werden, dass in den Fällen, in denen die Betroffenen sich im fraglichen Mitgliedstaat schon einmal aufgehalten und dabei eine relevante Schlechtbehandlung erfahren hatten, bei der Feststellung systemischer Mängel des Asylsystems im Falle eines Verweises auf dieses Land geringere Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen und eine niedrigere Beachtlichkeitsschwelle zugrunde zu legen sind. Die Ausführungen haben lediglich die Funktion, die allgemein gewonnenen Erkenntnisse zusätzlich plausibel zu machen und gewissermaßen zu verifizieren.
43 
b) Dieses zugrunde gelegt ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Asylverfahren in Italien jedenfalls heute unter systemischen Mängeln leidet, die den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Italien einer menschenunwürdigen Behandlung ausgesetzt zu sein.
44 
aa) Aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Italien durchaus ein ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahren installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine zweckentsprechende Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht.
45 
Zunächst ist festzuhalten, dass das eigentliche materielle Prüfungsverfahren selbst als effektiv beschrieben wird, keine wesentlichen strukturellen Mängel aufweist und zu einer durchaus zufriedenstellenden Schutzquote führt (vgl. UNHCR, UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien, Juli 2013, S. 8 ff.).
46 
Das in Italien installierte Asyl- und Aufnahmeverfahren kann wie folgt beschrieben werden: Nach Einreichung des Asylantrags werden die Asylbewerber zunächst für maximal 35 Tage in den sog. CARA („Centri di Accoglienza per Richiendenti Asilo“) unterbracht. Teilweise werden allerdings Asylsuchende auch in den für Migranten, die nicht um Asyl nachgesucht haben, bereitgehaltenen Aufnahmeeinrichtungen (CDA - „Centri di Accoglienza“) aufgenommen. Im Anschluss hieran ist ein Übergang in das Aufnahmesystem SPRAR („Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugati“) vorgesehen, das nicht nur aus staatlichen Einrichtungen besteht, sondern aus einer Vielzahl von Unterkünften, die von den Kommunen, den Kirchen und kirchlichen Einrichtungen sowie von anderen Nichtregierungsorganisationen betrieben und in denen auch zahlreiche differenzierte Integrationsmaßnahmen angeboten werden. Der regelmäßige Aufenthalt ist auf sechs Monate begrenzt, kann aber bis zu einem Jahr ausgedehnt werden (vgl. hierzu SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 22 ff.; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.; CIR und Ecre, Asylum Information Database, National Country Report Italy, November 2013, S. 43). Die Tatsache, dass das System offensichtlich nur funktionieren kann, weil der italienische Staat auf eine Palette nicht-staatlicher Ressourcen zurückgreifen kann, wobei es dabei aber auch zu unübersehbaren durch Informationsdefizite verursachten Koordinierungsproblemen gekommen ist, die erst in jüngster Zeit in Angriff genommen wurden (vgl. SFH, a.a.O., S. 12), ist unerheblich und führt zu keinem relevanten Mangel des italienischen Asylsystems. Denn aus der Sicht des Unionsrechts, namentlich des hierdurch geforderten Grundrechtsschutzes, ist gewissermaßen der Erfolg geschuldet, der auch auf eine Umsetzung eines richtig verstandenen Subsidiaritätsprinzips gründen kann.
47 
Nach einem positiven Abschluss des Verfahrens sind die international Schutzberechtigten grundsätzlich den italienischen Staatsangehörigen gleichgestellt. Sie erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung („Permesso di Soggiorno“), haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt und Zugang zu den Leistungen des öffentlichen Gesundheitssystems (mit allen Mängeln und Defiziten, wie sie auch für die eigenen Staatsangehörigen gelten). Eine staatlich organisierte Unterbringung ist dabei nicht mehr vorgesehen, aber auch nicht ausgeschlossen (vgl. etwa SFH, a.a.O., S. 22, 25; UNHCR, a.a.O., S. 14 f.).
48 
bb) Demgegenüber sind allerdings Mängel des Aufnahmeverfahrens sowie seines Vollzugs nicht zu übersehen, ohne dass - jedenfalls heute - diese Mängel insgesamt zu dessen weitgehender Funktionsunfähigkeit führen würden.
49 
Ein übereinstimmend beschriebener struktureller Mangel bestand darin, dass die Erstaufnahme nach einer Asylantragstellung bei der Questura erst dann erfolgte, wenn die offizielle förmliche Registrierung (sog. „verbalizzazione“) vorgenommen worden war. Zwischen beiden Akten konnte - im Wesentlichen aber nur in den Großstädten, insbesondere in Rom und Mailand - ein nicht unerheblicher Zeitraum liegen, in dem wegen des noch fehlenden Zugangs zum Aufnahmesystem die Asylbewerber auf sich gestellt waren und daher konkret Obdachlosigkeit drohen konnte (vgl. SFH, a.a.O., S., 12; CIR und Ecre, a.a.O., S. 13 f.). Mittlerweile wurden allerdings die zuständigen Behörden im Sommer 2013 nach einer Intervention der EU-Kommission angewiesen, dass die Registrierung bereits bei der Stellung des Asylantrags zu erfolgen hat (vgl. SFH, a.a.O., S. 12). Nicht unbedenklich und schwer nachvollziehbar ist es auch, dass schon die Stellung des Antrags (und daher der Zugang zum gesamten Asylsystem) überhaupt von einigen Behörden zumindest davon abhängig gemacht wird, dass die Betroffenen eine Wohnbescheinigung bzw. eine Kontaktadresse vorlegen, jedenfalls soweit der Antrag nicht an der Grenze, insbesondere auf einem Flughafen gestellt wird. Allerdings werden von den zuständigen Behörden auch von Nichtregierungsorganisationen ausgestellte (teils „virtuelle“) Adressen akzeptiert, wobei vermutlich diese dann als eine Art Briefkasten fungieren (vgl. SFH, a.a.O., S. 11 f.; CIR und ECRE, a.a.O., S. 13).
50 
In der Vergangenheit waren die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend dadurch gekennzeichnet, dass mit Rücksicht auf die hohen Zugangszahlen von Asylbewerbern in den letzten Jahren (v.a. in den Jahren 2008 bis 2011) das Asylsystem Italiens so erheblich belastet war, dass die Aufnahmekapazitäten offenkundig nicht mehr ausreichend waren und eine schnelle Abhilfe zunächst auch wegen der allgemein schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse in Italien nicht geleistet wurde. Bereits im Jahre 2011 entwickelte Italien allerdings einen ersten Notaufnahmeplan, mit dem zunächst 26.000 Plätze bereitgestellt wurden (vgl. AA vom 21.01.2013 an OVG Sachsen-Anhalt; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.); zugleich wurden im SPRAR-System die zur Verfügung stehenden Plätze aufgestockt, wobei es sich dabei allerdings teilweise auch um „Umwidmungen“ gehandelt haben könnte (vgl. SFH, a.a.O., S. 22). Auch werden aufgrund einer Anordnung des Innenministeriums bis zum Jahre 2016 die Unterbringungskapazitäten um weitere Plätze in der Größenordnung von 16.000 erhöht (vgl. SFH, a.a.O., S. 22; auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 42, 44 f. und 47). Schließlich sollen durch ein neues Informationssystem „Vestanet“ die Verfahrensabläufe verbessert werden mit dem Ziel einer spürbaren Verkürzung der Verfahren, insbesondere einer Optimierung der Verteilungen und Zuweisungen (SFH, a.a.O., S. 12). Diese Entwicklungen werden von UNHCR insgesamt positiv beurteilt mit der Folge, dass dieser sich nicht gegen Überstellungen von Asylbewerbern an Italien ausgesprochen hat (vgl. a.a.O., S. 17; vgl. auch dessen Ergänzende Informationen vom März 2014). Dass heute ein offenkundiges Missverhältnis zwischen dem Unterkunftsbedarf und den zur Verfügung stehenden Kapazitäten bestehen könnte, lässt sich ausreichend belastbar den verwerteten Erkenntnismitteln nicht entnehmen. Insbesondere lässt sich aus der Stellungnahme von UNHCR nicht folgern, dass heute die nach wie vor bestehenden Engpässe, die aber allenfalls regionalen Charakter haben (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 12 f.), dazu führen würden und könnten, dass Asylbewerber in signifikanter Zahl und typischerweise der Obdachlosigkeit überlassen wären. Auch der Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (vgl. S. 13 ff.; vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 24 f.) lässt sich nicht entnehmen, dass Obdachlosigkeit von Asylbewerbern gewissermaßen an der Tagesordnung wäre und eine charakteristische Erscheinungsform ausmachen würde. Wenn dort auf ein im Mai 2013 geführtes Interview Bezug genommen wird (a.a.O., S. 41), wonach es bei Rückkehrern „relativ häufig“ passiere, dass sie auf der Straße landeten, so ist dieses vor dem Hintergrund der vorgenannten Erkenntnismittel weder nach Quantität noch nach der regionalen Zuordnung hinreichend aussagekräftig und belastbar. Die Tatsache, dass solches andererseits nicht ausgeschlossen ist und die Betroffenen ggf. zeitweise in Notunterkünften (namentlich von Kirchen und Nichtregierungsorganisationen) unterkommen müssen (vgl. auch SFH, a.a.O., S. 15 ff., 33 ff.), begründet keine systemischen Mängel nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs, und zwar auch dann nicht, wenn man in Rechnung stellt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln zumindest in Rom und Mailand Obdachlosigkeit bzw. das Leben in verlassenen oder besetzten Häusern ein nicht mehr zu übersehendes allgemeines Phänomen ausmacht (vgl. zu den Verhältnissen in Rom, Florenz und Mailand SFH, a.a.O., S. 36 ff.), wobei es sich dabei wohl überwiegend um international schutzberechtigte Personen, aber auch solche, die sich zu keinem Zeitpunkt in einem Asylverfahren befunden hatten, handeln dürfte. In diesem Zusammenhang darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass beispielsweise festgestellte Fälle von Obdachlosigkeit und völlig unzureichende Wohnverhältnisse nicht allein dem italienischen Asylsystem zugerechnet werden dürfen. CIR und ECRE (a.a.O., S. 42) weisen darauf hin, dass auch immer wieder eine nicht unerhebliche Zahl von Personen, die im Land verteilt wurden, schlicht untergetaucht sind und unauffindbar waren und dadurch zu den festgestellten Missständen beitragen. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass gerade die Massierung in den Großstädten, wie Rom und Mailand, monokausal dem italienischen Asylsystem zur Last gelegt werden kann, und nicht vielmehr auch von den dort lebenden Personen - aus welchen Gründen auch immer - bewusst die Entscheidung getroffen wird, in den Großstädten zu verbleiben oder überhaupt erst dorthin zu gehen.
51 
Bei der inhaltlichen und qualitativen Bewertung des Asylsystems darf zudem nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass der italienische Staat in der jüngsten Vergangenheit erhebliche Anstrengungen unternommen hat und auch weiter unternimmt, um die durch stark angestiegene Flüchtlingszahlen verursachten Mängel zu beheben (vgl. in diesem Sinne auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A - juris), die allerdings auch in nicht unerheblichem Maße darauf beruhten, dass der italienische Staat nicht rechtzeitig und angemessen den Herausforderungen entgegengetreten war.
52 
Wenn jüngsten Presseberichten (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 11.04.2014) zu entnehmen ist, dass in diesem Frühjahr die Zahl der über das Mittelmeer ankommenden Flüchtling in Italien wieder erheblich angestiegen ist, kann mit Rücksicht auf die in der Vergangenheit auch mit Hilfe der EU ins Werk gesetzten Reform- und Ausbaumaßnahmen daraus nicht abgeleitet werden, das italienische Asylsystem werde wieder, wie schon vor dem Jahre 2012 in einem solchen Maße überfordert sein, dass die Bejahung systemischer Mängel ernsthaft in Betracht gezogen werden müsste.
53 
cc) Für sog. Dublin-Rückkehrer vermag UNHCR ebenfalls keine grundlegenden Unzulänglichkeiten zu erkennen, wobei er aber einschränkend darauf hinweist, dass bedingt durch die beschriebenen Engpässe solche Rückkehrer mitunter eine Reihe von Tagen in einer Aufnahmeeinrichtung auf dem Flughafen verbringen müssen, die von Nichtregierungsorganisationen versorgt, somit eben nicht regelmäßig in die Obdachlosigkeit entlassen werden (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 13). Auch CIR und ECRE (a.a.O., S. 42 ff.) beschreiben lediglich Unzulänglichkeiten, messen aber ausdrücklich diesen keinen das gesamte System negativ prägenden und dieses infrage stellenden Charakter bei. Mitunter kommt es allerdings zu Problemen deshalb, weil die nicht-staatlichen Organisationen, die die Rückkehrer auf den Flughäfen betreuen, nicht ausreichend über deren Ankunft informiert wurden (SFH, a.a.O., S. 14). CIR und ECRE (a.a.O., S. 25) konstatieren aber auch hier Verbesserungen.
54 
dd) Dass die relevante Teilgruppe der Familien mit Kindern, zu der der Kläger nicht rechnet, besonders nachteilig betroffen wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen. SFH (a.a.O, S. 41) berichtet sogar, dass Mütter mit Kindern vornehmlich durch kirchliche Stellen eher bevorzugt aufgenommen werden, es dann aber - bedingt durch die knappen Aufnahmekapazitäten - auch zu vorübergehenden Familientrennungen kommen könne (vgl. auch UNHCR, a.a.O., S. 13, wonach Familien und andere besonders verletzliche Personen vermehrt in den CARAs verblieben, aber jedenfalls untergebracht werden).
55 
Auch wenn kein förmliches System der Früherkennung besonders verletzlicher Personen in das italienische Asylsystem implementiert ist, so wird insgesamt deren Behandlung als zufriedenstellend beschrieben (CIR und ECRE, a.a.O., S. 33).
56 
ee) Auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, begründet noch keine systemischen Mängel. Die oben beschriebene rechtliche Situation dieses Personenkreises, die dadurch gekennzeichnet ist, dass dieser den italienischen Staatsbürgern umfassend gleichgestellt ist, bedingt aber faktisch, dass die Betroffenen, was Unterkunft und Erzielung des Lebensunterhalts betrifft, ein Stück weit auf sich selbst gestellt sind. Sie können teilweise (mit nicht unerheblichen Wartezeiten) im SPRAR-System unterkommen, wobei im Hinblick auf die betriebene Vermehrung von Unterkunftsplätzen hier eine Verbesserung eintreten wird. Zudem stellen die Gemeinden und Kirchen bzw. den Kirchen nahestehende Organisationen landesweit (Not-)Unterkünfte zur Verfügung (vgl. SFH, a.a.O., 22, 27, 30). Auch wenn hier selbst Familien mit Kindern gelegentlich in Notunterkünften, Obdachloseneinrichtungen und Behelfssiedlungen unterkommen müssen und im Jahre 2012 rund 1700 international Schutzberechtigte (in Rom, Florenz und Mailand) in verlassenen bzw. besetzten Häusern lebten (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 15; vgl. hierzu auch oben bb), davon gelegentlich auch Frauen, so kann insgesamt und landesweit gesehen nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Asylbewerber bei einem Verweis auf das Asylsystem Italiens im Falle der Anerkennung der Schutzberechtigung tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Dies gilt auch in Ansehung der Tatsache, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (SFH, a.a.O., S. 47 ff.). Es gibt nach allen verwerteten Erkenntnismitteln keinen Anhalt dafür, dass Asylbewerber von Einzelfällen abgesehen am Rande des Existenzminimums oder gar darunter leben müssten.
57 
Wenn die Situation psychisch Kranker (während des Asylverfahrens wie auch danach) als besonders prekär bezeichnet wird (vgl. SFH, a.a.O., S. 38), so bedarf es für den vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob insoweit ggf. regelhaft ein nicht befriedigter Schutz- und Betreuungsbedarf besteht, da der Kläger nicht zu diesem Personenkreis rechnet. Im Übrigen ist der Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem auch tatsächlich im Wesentlichen gewährleistet, wenn es auch bei der Erlangung der sog. Gesundheitskarte gelegentlich zu Problemen kommt, bis eine offizielle Wohnanschrift sowie eine Steuernummer mitgeteilt werden kann; hier werden aber auch „virtuelle Adressen“ akzeptiert (vgl. SFH, a.a.O., S. 49 f.). SFH beschreibt in diesem Zusammenhang eine unzureichende Informationslage der Flüchtlinge hinsichtlich der ihnen zustehenden Rechte; dieses Problem geht im Übrigen über den Aspekt der Gesundheitswesens hinaus und kann grundsätzlich alle Aspekte des Asylsystems betreffen (vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 14, 50 und 54).
58 
Diese Einschätzung des Senats, wonach systemische Mängel im Asylsystem Italiens nicht festgestellt werden können, steht im Einklang mit den jüngsten Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21.12.A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.11.2013 - 4 L 44/13 - juris, Nieders.OVG Beschluss vom 30.01.2014 - 4 LA 167/13 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.10.2013 - OVG 3 S 40.13 - juris; VG Würzburg, Beschluss vom 21.03.2014 - W 6 S 14.50007 - juris; VG Wiesbaden, Beschluss vom 06.03.2014 - 5 L 246/14.WI.A - juris; VG Stuttgart, Urteil vom 28.02.2014 - A 12 K383/14 - juris; VG Ansbach, Beschluss vom 13.02.2014 - AN 2 S 14.30090 - juris; VG Saarland, Beschluss vom 27.01.2014 - 3 K 339/13 - juris; VG Oldenburg, Beschluss vom 21.01.2014 - 3 B 6802/13 - juris; VG Regensburg, Beschluss vom 18.12.2013 - RN 6 S 13.30720 - juris; VG Meiningen, Urteil vom 26.06.2013 - 5 K 20096/13 Me - juris; VG Augsburg, Beschluss vom 19.12.2012 - Au 6 E 12.30377 - juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2012 - 6 L 1480/12.A - juris; a.A. noch OVG NRW, Beschluss vom 01.03.2012 - 1 B 234/12.A - juris; VG Gießen, Urteil vom 25.11.2013 - 1 K 844/11.GI.A - juris; VG Schwerin, Beschluss vom 13.11.2013 - 3 B 315/13 As - juris; VG Frankfurt, Urteil vom 09.07.2013 - 7 K 560/11.F.A. - juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 16.05.2013 - 5a L 547/13.A - juris; VG Köln, Beschluss vom 07.05.2013 - 20 L 613/13.A - juris).
59 
3. Sonstige zur Aufhebung der Abschiebungsanordnung vom 03.12.2012, die - anders als die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 26a AsylVfG - keine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 darstellt (vgl. GK-AufenthG § 59 Rn. 268), führende Mängel sind nicht ersichtlich. Auch ist aufgrund des Vorbringens des Klägers nichts dafür ersichtlich, dass er aus ganz speziellen und nur ihn individuell betreffenden Gründen in Italien einer unmenschlichen Behandlung etc. ausgesetzt sein könnte oder dass man sich in Italien seiner ohne Prüfung des Asylgesuchs und unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot entledigen könnte, und deshalb eine Rückführung nach Italien unzulässig wäre.
III.
60 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere liegt keine grundsätzliche Bedeutung vor, weil eine weitergehende Schutzwirkung des unionsrechtlichen Beschleunigungsgebots als sie der Senat für richtig und geboten hält, offensichtlich ausscheiden muss.

Gründe

 
16 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
17 
Die zu Recht auf § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 27a AsylVfG gestützte Verfügung der Beklagten, mit der der Asylantrag als unzulässig qualifiziert und die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass sein Asylantrag durch die Bundesrepublik Deutschland geprüft wird.
I.
18 
Die Klage ist allerdings schon unzulässig, soweit die Verpflichtung zur Fortführung des Asylverfahrens begehrt wird (wie hier auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2013 - 1 A 21.12.A - juris). Ein solcher Verpflichtungsausspruch setzt zunächst voraus, dass dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht, was aber nur der Fall wäre, wenn die Beklagte zu erkennen gegeben hätte, dass sie nach Aufhebung der angefochtenen Verfügung untätig bleiben würde; solches ist hier jedoch nicht erkennbar. Abgesehen davon muss die Beklagte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417 Rn. 96; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 170 Rn. 33) zunächst die Möglichkeit haben, einen anderen Mitglied- bzw. Vertragsstaat, der nachrangig zuständig ist (hier die Schweiz oder Frankreich) zu ersuchen. Aus diesem Grund käme auch ein Verpflichtungsausspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus nicht in Betracht. Hinzukommt im Übrigen in diesem Zusammenhang weiter: Das Bundesverwaltungsgericht hat in den Urteilen vom 07.03.1995 (9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80) und vom 05.09.2013 (10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) entschieden, dass in Bezug auf eine Einstellungsentscheidung nach einer Antragsrücknahme (§ 32 AsylVfG) bzw. nach einem Nichtbetreiben des Verfahrens (vgl. § 33 Abs. 1 AsylVfG) nur das Anfechtungsbegehren statthaft und die Sachentscheidung zunächst dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbehalten ist. Damit ist insbesondere ein Durchentscheiden, wie es das Bundesverwaltungsgericht im Folgeantragsverfahren noch für richtig gehalten hat, ausgeschlossen (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861; vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 295 ff.). Dieses muss aber gleichermaßen in der hier gegebenen Fallkonstellation gelten, in der das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ebenfalls noch keine Sachentscheidung getroffen hat (a.A. noch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - AuAS 2012, 213, aber durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts überholt). Ungeachtet dessen scheidet entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch ein spezifischer Verpflichtungsausspruch deshalb aus, weil die Durchführung eines auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichteten Verfahrens selbst keinen Verwaltungsakt darstellt bzw. dessen Erlass voraussetzt. Wenn überhaupt, wäre nur eine allgemeine Leistungsklage statthaft.
II.
19 
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie aber unbegründet.
20 
Das Bundesamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass Italien der zuständige Mitgliedstaat und daher der Asylantrag unzulässig ist, weshalb auch zu Recht die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde.
21 
1. Die Frage, welcher Mitglied- oder Vertragsstaat für die Prüfung des Asylantrags des Klägers zuständig ist, beantwortet hier die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (ABl. Nr. L 50, 1 - VO Dublin II).
22 
Auch wenn von der Bestimmung des § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auszugehen ist, kommt die zwischenzeitlich erlassene Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (ABl. Nr. L 180, 31 - VO Dublin III) noch nicht zur Anwendung. Nach Art. 49 VO Dublin III ist die Neuregelung erst für Anträge auf Internationalen Schutz sowie Anträge der Mitgliedstaaten auf Aufnahme oder Wiederaufnahme anzuwenden, die ab dem 01.01.2014 gestellt wurden. Im vorliegenden Fall hat der Kläger im Bundesgebiet bereits im Jahr 2012 Asyl beantragt. Auch der Antrag auf Wiederaufnahme des Klägers wurde noch im Jahr 2012 gestellt und von Italien im gleichen Jahr positiv beschieden.
23 
Die Zuständigkeit Italiens ergibt sich aus Folgendem, wobei offen bleiben kann, ob es sich vorliegend um einen Aufnahmefall handelt, was der Fall wäre, wenn der Kläger, wie er durchgängig geltend macht, in Italien keinen Asylantrag gestellt hätte, oder ob von der Fallkonstellation einer Wiederaufnahme auszugehen ist, wenn der Mitteilung von Italien zu folgen wäre, dass die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II vorliegen:
24 
Falls ein Fall der Aufnahme vorliegt, gilt Folgendes: Nach den Angaben des Klägers war dieser von der Türkei kommend mit einem Boot über eine „Insel“ nach Italien gekommen. Sollte er dabei Griechenland berührt haben, so wäre an sich gem. Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Griechenland (in erster Linie) zuständig. Da aber Überstellungen nach Griechenland wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens nicht mehr durchgeführt werden können und dürfen, war zunächst ebenfalls nach Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Italien zuständig (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 96). Allerdings ist in der Folgezeit die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, weil diese die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens von drei Monaten nach Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II nicht eingehalten hatte. Indem jedoch Italien der Aufnahme ausdrücklich zugestimmt hat (vgl. Art. 19 Abs. 1 VO Dublin II), ist Italien wiederum zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens.
25 
Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208) ist davon auszugehen, dass sich der Kläger nach der erfolgten Zustimmung durch Italien nicht auf die Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens berufen und diesen Umstand nicht gegen eine Überstellung einwenden kann. Die jeweiligen Fristbestimmungen dienen hiernach ebenfalls einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats, ohne aber den Antragstellern (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat zu gewährleisten (so auch OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris).
26 
Damit sind die Betroffenen aber nicht rechtsschutzlos gestellt, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge untätig bleiben und weder ein Ersuchen an den anderen Mitgliedstaat stellen noch in eine Sachprüfung eintreten sollte. Um nicht mit dem unionsrechtlichen Gebot der beschleunigten Durchführung des Verfahrens auf Prüfung des Asylantrags (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 79; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. Rn. 35 und vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - a.a.O. Rn. 59), das auch im Interesse der Betroffenen in der Verordnung Niederschlag gefunden hat (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 79), in einen unauflösbaren Konflikt zu geraten, ist es der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gestattet, durch die Stellung eines verspäteten Übernahmeersuchens eine vom Antragsteller oder der Antragstellerin bereits in zulässiger Weise in die Wege geleitete Sachprüfung abzubrechen; erst recht gilt dies, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits eine sachliche Prüfung begonnen hatte, sofern man nicht ohnehin hierin die Ausübung des Selbsteintrittsrechts bzw. ein Gebrauchmachen von der Souveränitätsklausel sehen will (vgl. zu Einzelheiten GK-AsylVfG § 27a Rn. 177). Andernfalls wäre ein wesentlicher Geltungsgrund des Dublinsystems selbst grundsätzlich infrage gestellt (a.A. etwa OVG Rheinl.-Pfalz., Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris, ohne sich aber mit dem Problem weiter auseinanderzusetzen), wobei die zentrale Bedeutung des Beschleunigungsgebots nicht zuletzt auch darin zum Ausdruck kommt, dass das Fristenregime nach der VO (EU) 604/2013 (VO Dublin III) noch verschärft wurde (vgl. Art. 21 Abs. 1 UA 2).
27 
Hat daher der Antragsteller oder die Antragstellerin während der Zeit, während der die Bundesrepublik im Hinblick auf die Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens zuständig war, den Anspruch auf sachliche Prüfung geltend gemacht und insoweit eine zulässige und unmittelbar eine sachliche Entscheidung des Gerichts eröffnende Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO erhoben (vgl. hierzu noch unten) und damit in uneingeschränkter Konformität mit dem nationalen Verfahrensrecht, das insoweit selbst nicht in Widerspruch mit den unionsrechtlichen Vorgaben der VO Dublin II steht, die Grundlage einer inhaltlichen Prüfung gelegt, kann der unionsrechtliche Grundsatz des „effet utile“ einer Verweigerung oder gar einem Abbruch der sachlichen Prüfung und der Stellung eines Aufnahmeersuchens während die Bundesrepublik Deutschland wegen der Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens noch zuständig ist, entgegenstehen. Bei dieser Ausgangslage würde sich nämlich bei einer typisierenden Betrachtungsweise der Zeitpunkt einer sachlichen Prüfung durch den anderen Mitgliedstaat in einer Weise verzögern, die dem Beschleunigungsanliegen des Dublinsystems grundlegend zuwiderliefe, da voraussetzungsgemäß eine Zustimmung des anderen Mitgliedstaats (noch) nicht vorliegt. Insoweit wird man ein subjektives Recht auf Unterlassen der Stellung eines Aufnahmeersuchens, jedenfalls aber einer späteren Überstellung, nicht verneinen können. Wurde hingegen im vorgenannten Sinn die Grundlage für eine sachliche Prüfung während der Zuständigkeit der Bundesrepublik noch nicht gelegt, so ist zwar das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot grundsätzlich auch negativ berührt. Liegt jedoch mittlerweile eine Zustimmung des ersuchten (an sich unzuständigen) Mitgliedstaat vor, so kann im Falle einer zeitnahen Überstellung noch mit einer ebenfalls zumutbaren und zeitnahen Sachprüfung durch diesen gerechnet werden, zumal die Betroffenen ohnehin die bisherige Untätigkeit klaglos hingenommen hatten und sie es im Übrigen in der Hand haben, durch eine schnelle und zügige Ausreise in den zuständigen Mitgliedstaat das Verfahren zusätzlich zu beschleunigen. Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass diese Untätigkeitsklage nach den allgemeinen verwaltungsprozessualen Grundsätzen auf die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und hilfsweise des unionsrechtlichen subsidiären Schutzstatus zu richten wäre und nicht auf die Verpflichtung zur Bescheidung oder gar die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 3 m.w.N.),
28 
Eine zulässige und eine gerichtliche Sachprüfung eröffnende Untätigkeitsklage (vgl. § 75 Satz 2 VwGO) kann allerdings nicht vor Ablauf der für die Stellung eines Aufnahmeersuchens maßgeblichen Frist von drei Monaten (vgl. Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II) erhoben werden (nach Art. 21 Abs. 1 UA 1 bzw. 2 VO Dublin III beträgt die Freist nunmehr drei bzw. zwei Monate), wobei diese Frist zufällig identisch mit der Frist nach § 75 Satz 2 VwGO ist. Ist die Bundesrepublik Deutschland zuständig geworden, weil die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens abgelaufen ist, so ist allerdings schon aus verwaltungsorganisatorischen Gründen ein Beginn der Sachprüfung nicht unmittelbar geboten mit der Folge, dass für eine im Einzelfall zu bestimmende Übergangszeit noch ein zureichender Grund für eine Untätigkeit im Sinne des § 75 Satz 2 VwGO vorliegen wird. Das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot wäre im Übrigen hier noch nicht im Kern berührt, wenn das Bundesamt noch unmittelbar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens während der vorgenannten Übergangszeit unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, die Stellung eines Übernahmeersuchens nachholen würde, über dessen Erfolg oder Misserfolg dann ohnehin regelmäßig binnen zweier Monate Klarheit bestünde (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), und zwar ungeachtet der Frage, ob die Betroffenen die auf eine Sachprüfung hinführende Untätigkeitsklage bereits erhoben hatten oder sie nunmehr erst noch erheben. Hatte der oder die Betreffende die Untätigkeitsklage bei Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens bzw. der des § 75 Satz 2 VwGO bereits erhoben, hat es das Verwaltungsgericht in der Hand, durch die Setzung einer angemessenen und ausreichenden Frist nach § 75 Satz 3 VwGO die zeitliche Dimension für die Möglichkeit einer Nachholung des Aufnahmeersuchens für die Bundesrepublik Deutschland zu konkretisieren. Bleibt die Bundesrepublik in dieser Übergangszeit untätig, d.h. stellt sie nicht ihrerseits unverzüglich ein Aufnahmeersuchen, so liegt kein zureichender Grund mehr vor mit der Folge, dass dann die Untätigkeitsklage uneingeschränkt zulässig ist (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 25).
29 
Stimmt der ersuchte Mitgliedstaat dem Ersuchen vor Ablauf der Frist nach § 75 Satz 3 VwGO zu oder läuft die Frist für die Beantwortung des Ersuchens ab (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), so würde der ersuchte Mitgliedstaat noch zuständig und eine Überstellung wäre nach dem Regime von Dublin II (wie auch nach Dublin III) ungeachtet einer möglicherweise bereits erhobenen Untätigkeitsklage noch zulässig, eine gerichtliche Sachprüfung wäre durch einen nach wie vor bestehenden zureichenden Grund auch mit Blick auf das System bzw. den Mechanismus von Dublin gesperrt. Dies wäre jedoch spätestens dann nicht mehr der Fall, wenn die Bundesrepublik die Frist von sechs Monaten für die Durchführung der Überstellung nach Art. 19 Abs. 4 VO Dublin II (Art. 28 Abs. 1 UA 1 VO Dublin III) nunmehr fruchtlos verstreichen lassen würde mit der Folge, dass sie wieder für die Prüfung des Gesuchs zuständig geworden wäre.
30 
Ausgehend hiervon kann der Kläger bei der gegebenen Sachlage unter keinen Umständen für ihn günstige Schlussfolgerungen aus der Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens herleiten, ungeachtet der Tatsache, dass er zu keinem Zeitpunkt eine Untätigkeitsklage erhoben hatte. Denn hier hatte die Bundesrepublik Deutschland das Übernahmeersuchen zwar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens, aber noch unverzüglich nach deren Ablauf gestellt. Der Senat kann offen lassen, ob es eine absolute zeitliche Obergrenze für die Stellung eines (verspäteten) Übernahmeersuchens geben muss, auf die sich der oder die Betroffene auch berufen kann, selbst wenn er oder sie eine Untätigkeitsklage nicht erhoben hat oder erhebt. Allerdings wird dagegen sprechen, dass im Falle einer hier zu unterstellenden Untätigkeit des oder der Betroffenen infolge der sehr kurzen Beantwortungsfristen nach Stellung eines Übernahmeersuchens in einem solchen Fall ohnehin nur eine marginale weitere Verzögerung eintreten kann, die der oder die Betroffene aber bislang klaglos hingenommen hatte.
31 
Geht man davon aus, dass der Kläger in Italien schon einen Asylantrag gestellt hatte, so ergibt sich für ihn keine günstigere Sichtweise. Denn in diesem Fall war das Wiederaufnahmeersuchen der zweifellos unzuständigen Bundesrepublik nach Art. 20 VO Dublin II nicht fristgebunden. Für alle ab dem 01.01.2014 gestellten Wiederaufnahmeersuchen wäre aber mit Rücksicht auf die Übergangsvorschrift des Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III nunmehr eine Frist von zwei bzw. drei Monaten (vgl. Art. 23 Abs. 2 VO Dublin III) einzuhalten, weshalb zukünftig die oben dargestellten Grundsätze ebenfalls gelten werden.
32 
Wenn teilweise in der verwaltungsgerichtlichen Spruchpraxis hier die Frist des Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II analog angewandt wird (so etwa VG Düsseldorf, Beschluss vom 10.02.2014 - 25 K 8830/13.A - juris), so sieht der Senat hierfür keine tragfähige Grundlage, fehlt es doch schon an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass eine durch einen Analogieschluss zu schließende systemwidrige Lücke vorliegen könnte, und nicht vielmehr eine politische Entscheidung des Normsetzers. Der Senat lässt auch offen, ob hier eine äußerste Grenze besteht, nach deren Überschreitung es der Bundesrepublik Deutschland unter dem Aspekt des Beschleunigungsgebots nicht mehr erlaubt wäre, den oder die Betroffene noch zu überstellen, und dann aufgrund eines Selbsteintritts auch eine Sachentscheidung treffen müsste, die auch von den Betroffenen durchgesetzt werden könnte. Denn diese Frage würde sich bei einer Stellung des Wiederaufnahmeersuchens nach - wie hier - nur vier Monaten schon von vornherein nicht stellen. Abgesehen davon besteht im vorliegenden Fall eine grundlegend andere Ausgangssituation, weil - mögliche systemische Mängel einmal hinweggedacht - es die Betroffenen, die voraussetzungsgemäß in dem anderen Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt haben, durch eine zeitnahe Rückkehr dorthin in der Hand haben, eine baldige Sachentscheidung herbeizuführen. Von weiteren Ausführungen in diesem Zusammenhang sieht der Senat ab, da sich diese Fragen, wie dargelegt, nicht mehr stellen werden.
33 
Die Zuständigkeit ist auch nicht nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 VO Dublin II bzw. Art. 20 Abs. 2 VO Dublin II, d.h. wegen Überschreitung der sog. Überstellungsfrist, auf die Bundesrepublik zurückgefallen. Nachdem das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 14.03.2013 die aufschiebende Wirkung angeordnet hatte, ist, solange dieser Beschluss Bestand hat, der Lauf der Frist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens gehemmt, falls sie überhaupt in Lauf gesetzt wurde (vgl. zur Frist nach Art. 20 Abs. 1 lit. d) VO Dublin II EuGH, Urteil vom 29.01.2009 - C-19/08, Petrosian - NVwZ 2009, 639, Rn. 53; vgl. auch GK-AsylVfG § 27a Rn. 227 ff.).
34 
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Sinne von Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II.
35 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.), die der Unionsgesetzgeber nunmehr in Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III umgesetzt hat, ist ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist nämlich Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 GRCh aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 der Charta und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie von dem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, diese Grundsätze beachten (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.).
36 
Dabei kann jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
37 
Allerdings stellt nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der VO Dublin II und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts wie auch von Art. 4 GRCh durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist hier deshalb nur dann zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem an sich zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78 ff.).
38 
Systemische Mängel sind solche, die entweder bereits im System selbst angelegt sind und von denen Asylbewerber generell oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris).
39 
Wesentliche Kriterien für die zu treffende Feststellung, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK, der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt. In seinem Urteil vom 21.01.2011 (M.S.S./Belgien und Griechenland - Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413) hat der Gerichtshof eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Unterbringung von Asylbewerbern in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden sei. Es gebe auch zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen zu überfüllten Zellen, Schlägen durch Polizisten und unhygienischen Bedingungen in dem Haftzentrum neben dem internationalen Flughafen von Athen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer monatelang und ohne Perspektive in extremer Armut gelebt habe und außer Stande gewesen sei, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygieneartikel und eine Unterkunft - aufzukommen. Er sei über Abhilfemöglichkeiten nicht angemessen informiert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, angegriffen beziehungsweise überfallen zu werden.
40 
Art. 3 EMRK kann aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er (aus sich heraus) die Vertragsparteien verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - 30696/09, M.S.S. -, a.a.O., Rn. 249, m.w.N). Etwas anderes gilt aber nach der genannten Entscheidung des EGMR, wenn der jeweilige Staat auf Grund bindender rechtlicher Vorgaben die Pflicht zur Versorgung mittelloser Asylsuchender mit einer Unterkunft und einer materiellen Grundausstattung hat, wie hier nach der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180/96 - Aufnahmerichtlinie), welche die zuvor gültig gewesene Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 (ABl. L 31/18) ersetzt hat. Die genannten Richtlinien haben Minimalstandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedstaaten festgelegt. Hier sind die konkreten Anforderungen an die festzustellende Schwere der Schlechtbehandlung niedriger anzusetzen.
41 
Wenn der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 21.12.2011 (a.a.O.) als Voraussetzung für eine unzulässige Überstellung an einen anderen an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen sog. systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen fordert, dass diese Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh durch ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe gestützt wird, so setzt dies voraus, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sind; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936, Rn. 32; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris, Rn. 9).
42 
Daraus, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 21.01.2011 (a.a.O., Rn. 263 f.) verschiedentlich auf die besondere Situation des Beschwerdeführers in Griechenland abgestellt und diese besonders erwähnt hat, kann nicht geschlossen werden, dass in den Fällen, in denen die Betroffenen sich im fraglichen Mitgliedstaat schon einmal aufgehalten und dabei eine relevante Schlechtbehandlung erfahren hatten, bei der Feststellung systemischer Mängel des Asylsystems im Falle eines Verweises auf dieses Land geringere Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen und eine niedrigere Beachtlichkeitsschwelle zugrunde zu legen sind. Die Ausführungen haben lediglich die Funktion, die allgemein gewonnenen Erkenntnisse zusätzlich plausibel zu machen und gewissermaßen zu verifizieren.
43 
b) Dieses zugrunde gelegt ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Asylverfahren in Italien jedenfalls heute unter systemischen Mängeln leidet, die den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Italien einer menschenunwürdigen Behandlung ausgesetzt zu sein.
44 
aa) Aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Italien durchaus ein ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahren installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine zweckentsprechende Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht.
45 
Zunächst ist festzuhalten, dass das eigentliche materielle Prüfungsverfahren selbst als effektiv beschrieben wird, keine wesentlichen strukturellen Mängel aufweist und zu einer durchaus zufriedenstellenden Schutzquote führt (vgl. UNHCR, UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien, Juli 2013, S. 8 ff.).
46 
Das in Italien installierte Asyl- und Aufnahmeverfahren kann wie folgt beschrieben werden: Nach Einreichung des Asylantrags werden die Asylbewerber zunächst für maximal 35 Tage in den sog. CARA („Centri di Accoglienza per Richiendenti Asilo“) unterbracht. Teilweise werden allerdings Asylsuchende auch in den für Migranten, die nicht um Asyl nachgesucht haben, bereitgehaltenen Aufnahmeeinrichtungen (CDA - „Centri di Accoglienza“) aufgenommen. Im Anschluss hieran ist ein Übergang in das Aufnahmesystem SPRAR („Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugati“) vorgesehen, das nicht nur aus staatlichen Einrichtungen besteht, sondern aus einer Vielzahl von Unterkünften, die von den Kommunen, den Kirchen und kirchlichen Einrichtungen sowie von anderen Nichtregierungsorganisationen betrieben und in denen auch zahlreiche differenzierte Integrationsmaßnahmen angeboten werden. Der regelmäßige Aufenthalt ist auf sechs Monate begrenzt, kann aber bis zu einem Jahr ausgedehnt werden (vgl. hierzu SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 22 ff.; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.; CIR und Ecre, Asylum Information Database, National Country Report Italy, November 2013, S. 43). Die Tatsache, dass das System offensichtlich nur funktionieren kann, weil der italienische Staat auf eine Palette nicht-staatlicher Ressourcen zurückgreifen kann, wobei es dabei aber auch zu unübersehbaren durch Informationsdefizite verursachten Koordinierungsproblemen gekommen ist, die erst in jüngster Zeit in Angriff genommen wurden (vgl. SFH, a.a.O., S. 12), ist unerheblich und führt zu keinem relevanten Mangel des italienischen Asylsystems. Denn aus der Sicht des Unionsrechts, namentlich des hierdurch geforderten Grundrechtsschutzes, ist gewissermaßen der Erfolg geschuldet, der auch auf eine Umsetzung eines richtig verstandenen Subsidiaritätsprinzips gründen kann.
47 
Nach einem positiven Abschluss des Verfahrens sind die international Schutzberechtigten grundsätzlich den italienischen Staatsangehörigen gleichgestellt. Sie erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung („Permesso di Soggiorno“), haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt und Zugang zu den Leistungen des öffentlichen Gesundheitssystems (mit allen Mängeln und Defiziten, wie sie auch für die eigenen Staatsangehörigen gelten). Eine staatlich organisierte Unterbringung ist dabei nicht mehr vorgesehen, aber auch nicht ausgeschlossen (vgl. etwa SFH, a.a.O., S. 22, 25; UNHCR, a.a.O., S. 14 f.).
48 
bb) Demgegenüber sind allerdings Mängel des Aufnahmeverfahrens sowie seines Vollzugs nicht zu übersehen, ohne dass - jedenfalls heute - diese Mängel insgesamt zu dessen weitgehender Funktionsunfähigkeit führen würden.
49 
Ein übereinstimmend beschriebener struktureller Mangel bestand darin, dass die Erstaufnahme nach einer Asylantragstellung bei der Questura erst dann erfolgte, wenn die offizielle förmliche Registrierung (sog. „verbalizzazione“) vorgenommen worden war. Zwischen beiden Akten konnte - im Wesentlichen aber nur in den Großstädten, insbesondere in Rom und Mailand - ein nicht unerheblicher Zeitraum liegen, in dem wegen des noch fehlenden Zugangs zum Aufnahmesystem die Asylbewerber auf sich gestellt waren und daher konkret Obdachlosigkeit drohen konnte (vgl. SFH, a.a.O., S., 12; CIR und Ecre, a.a.O., S. 13 f.). Mittlerweile wurden allerdings die zuständigen Behörden im Sommer 2013 nach einer Intervention der EU-Kommission angewiesen, dass die Registrierung bereits bei der Stellung des Asylantrags zu erfolgen hat (vgl. SFH, a.a.O., S. 12). Nicht unbedenklich und schwer nachvollziehbar ist es auch, dass schon die Stellung des Antrags (und daher der Zugang zum gesamten Asylsystem) überhaupt von einigen Behörden zumindest davon abhängig gemacht wird, dass die Betroffenen eine Wohnbescheinigung bzw. eine Kontaktadresse vorlegen, jedenfalls soweit der Antrag nicht an der Grenze, insbesondere auf einem Flughafen gestellt wird. Allerdings werden von den zuständigen Behörden auch von Nichtregierungsorganisationen ausgestellte (teils „virtuelle“) Adressen akzeptiert, wobei vermutlich diese dann als eine Art Briefkasten fungieren (vgl. SFH, a.a.O., S. 11 f.; CIR und ECRE, a.a.O., S. 13).
50 
In der Vergangenheit waren die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend dadurch gekennzeichnet, dass mit Rücksicht auf die hohen Zugangszahlen von Asylbewerbern in den letzten Jahren (v.a. in den Jahren 2008 bis 2011) das Asylsystem Italiens so erheblich belastet war, dass die Aufnahmekapazitäten offenkundig nicht mehr ausreichend waren und eine schnelle Abhilfe zunächst auch wegen der allgemein schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse in Italien nicht geleistet wurde. Bereits im Jahre 2011 entwickelte Italien allerdings einen ersten Notaufnahmeplan, mit dem zunächst 26.000 Plätze bereitgestellt wurden (vgl. AA vom 21.01.2013 an OVG Sachsen-Anhalt; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.); zugleich wurden im SPRAR-System die zur Verfügung stehenden Plätze aufgestockt, wobei es sich dabei allerdings teilweise auch um „Umwidmungen“ gehandelt haben könnte (vgl. SFH, a.a.O., S. 22). Auch werden aufgrund einer Anordnung des Innenministeriums bis zum Jahre 2016 die Unterbringungskapazitäten um weitere Plätze in der Größenordnung von 16.000 erhöht (vgl. SFH, a.a.O., S. 22; auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 42, 44 f. und 47). Schließlich sollen durch ein neues Informationssystem „Vestanet“ die Verfahrensabläufe verbessert werden mit dem Ziel einer spürbaren Verkürzung der Verfahren, insbesondere einer Optimierung der Verteilungen und Zuweisungen (SFH, a.a.O., S. 12). Diese Entwicklungen werden von UNHCR insgesamt positiv beurteilt mit der Folge, dass dieser sich nicht gegen Überstellungen von Asylbewerbern an Italien ausgesprochen hat (vgl. a.a.O., S. 17; vgl. auch dessen Ergänzende Informationen vom März 2014). Dass heute ein offenkundiges Missverhältnis zwischen dem Unterkunftsbedarf und den zur Verfügung stehenden Kapazitäten bestehen könnte, lässt sich ausreichend belastbar den verwerteten Erkenntnismitteln nicht entnehmen. Insbesondere lässt sich aus der Stellungnahme von UNHCR nicht folgern, dass heute die nach wie vor bestehenden Engpässe, die aber allenfalls regionalen Charakter haben (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 12 f.), dazu führen würden und könnten, dass Asylbewerber in signifikanter Zahl und typischerweise der Obdachlosigkeit überlassen wären. Auch der Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (vgl. S. 13 ff.; vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 24 f.) lässt sich nicht entnehmen, dass Obdachlosigkeit von Asylbewerbern gewissermaßen an der Tagesordnung wäre und eine charakteristische Erscheinungsform ausmachen würde. Wenn dort auf ein im Mai 2013 geführtes Interview Bezug genommen wird (a.a.O., S. 41), wonach es bei Rückkehrern „relativ häufig“ passiere, dass sie auf der Straße landeten, so ist dieses vor dem Hintergrund der vorgenannten Erkenntnismittel weder nach Quantität noch nach der regionalen Zuordnung hinreichend aussagekräftig und belastbar. Die Tatsache, dass solches andererseits nicht ausgeschlossen ist und die Betroffenen ggf. zeitweise in Notunterkünften (namentlich von Kirchen und Nichtregierungsorganisationen) unterkommen müssen (vgl. auch SFH, a.a.O., S. 15 ff., 33 ff.), begründet keine systemischen Mängel nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs, und zwar auch dann nicht, wenn man in Rechnung stellt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln zumindest in Rom und Mailand Obdachlosigkeit bzw. das Leben in verlassenen oder besetzten Häusern ein nicht mehr zu übersehendes allgemeines Phänomen ausmacht (vgl. zu den Verhältnissen in Rom, Florenz und Mailand SFH, a.a.O., S. 36 ff.), wobei es sich dabei wohl überwiegend um international schutzberechtigte Personen, aber auch solche, die sich zu keinem Zeitpunkt in einem Asylverfahren befunden hatten, handeln dürfte. In diesem Zusammenhang darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass beispielsweise festgestellte Fälle von Obdachlosigkeit und völlig unzureichende Wohnverhältnisse nicht allein dem italienischen Asylsystem zugerechnet werden dürfen. CIR und ECRE (a.a.O., S. 42) weisen darauf hin, dass auch immer wieder eine nicht unerhebliche Zahl von Personen, die im Land verteilt wurden, schlicht untergetaucht sind und unauffindbar waren und dadurch zu den festgestellten Missständen beitragen. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass gerade die Massierung in den Großstädten, wie Rom und Mailand, monokausal dem italienischen Asylsystem zur Last gelegt werden kann, und nicht vielmehr auch von den dort lebenden Personen - aus welchen Gründen auch immer - bewusst die Entscheidung getroffen wird, in den Großstädten zu verbleiben oder überhaupt erst dorthin zu gehen.
51 
Bei der inhaltlichen und qualitativen Bewertung des Asylsystems darf zudem nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass der italienische Staat in der jüngsten Vergangenheit erhebliche Anstrengungen unternommen hat und auch weiter unternimmt, um die durch stark angestiegene Flüchtlingszahlen verursachten Mängel zu beheben (vgl. in diesem Sinne auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A - juris), die allerdings auch in nicht unerheblichem Maße darauf beruhten, dass der italienische Staat nicht rechtzeitig und angemessen den Herausforderungen entgegengetreten war.
52 
Wenn jüngsten Presseberichten (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 11.04.2014) zu entnehmen ist, dass in diesem Frühjahr die Zahl der über das Mittelmeer ankommenden Flüchtling in Italien wieder erheblich angestiegen ist, kann mit Rücksicht auf die in der Vergangenheit auch mit Hilfe der EU ins Werk gesetzten Reform- und Ausbaumaßnahmen daraus nicht abgeleitet werden, das italienische Asylsystem werde wieder, wie schon vor dem Jahre 2012 in einem solchen Maße überfordert sein, dass die Bejahung systemischer Mängel ernsthaft in Betracht gezogen werden müsste.
53 
cc) Für sog. Dublin-Rückkehrer vermag UNHCR ebenfalls keine grundlegenden Unzulänglichkeiten zu erkennen, wobei er aber einschränkend darauf hinweist, dass bedingt durch die beschriebenen Engpässe solche Rückkehrer mitunter eine Reihe von Tagen in einer Aufnahmeeinrichtung auf dem Flughafen verbringen müssen, die von Nichtregierungsorganisationen versorgt, somit eben nicht regelmäßig in die Obdachlosigkeit entlassen werden (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 13). Auch CIR und ECRE (a.a.O., S. 42 ff.) beschreiben lediglich Unzulänglichkeiten, messen aber ausdrücklich diesen keinen das gesamte System negativ prägenden und dieses infrage stellenden Charakter bei. Mitunter kommt es allerdings zu Problemen deshalb, weil die nicht-staatlichen Organisationen, die die Rückkehrer auf den Flughäfen betreuen, nicht ausreichend über deren Ankunft informiert wurden (SFH, a.a.O., S. 14). CIR und ECRE (a.a.O., S. 25) konstatieren aber auch hier Verbesserungen.
54 
dd) Dass die relevante Teilgruppe der Familien mit Kindern, zu der der Kläger nicht rechnet, besonders nachteilig betroffen wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen. SFH (a.a.O, S. 41) berichtet sogar, dass Mütter mit Kindern vornehmlich durch kirchliche Stellen eher bevorzugt aufgenommen werden, es dann aber - bedingt durch die knappen Aufnahmekapazitäten - auch zu vorübergehenden Familientrennungen kommen könne (vgl. auch UNHCR, a.a.O., S. 13, wonach Familien und andere besonders verletzliche Personen vermehrt in den CARAs verblieben, aber jedenfalls untergebracht werden).
55 
Auch wenn kein förmliches System der Früherkennung besonders verletzlicher Personen in das italienische Asylsystem implementiert ist, so wird insgesamt deren Behandlung als zufriedenstellend beschrieben (CIR und ECRE, a.a.O., S. 33).
56 
ee) Auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, begründet noch keine systemischen Mängel. Die oben beschriebene rechtliche Situation dieses Personenkreises, die dadurch gekennzeichnet ist, dass dieser den italienischen Staatsbürgern umfassend gleichgestellt ist, bedingt aber faktisch, dass die Betroffenen, was Unterkunft und Erzielung des Lebensunterhalts betrifft, ein Stück weit auf sich selbst gestellt sind. Sie können teilweise (mit nicht unerheblichen Wartezeiten) im SPRAR-System unterkommen, wobei im Hinblick auf die betriebene Vermehrung von Unterkunftsplätzen hier eine Verbesserung eintreten wird. Zudem stellen die Gemeinden und Kirchen bzw. den Kirchen nahestehende Organisationen landesweit (Not-)Unterkünfte zur Verfügung (vgl. SFH, a.a.O., 22, 27, 30). Auch wenn hier selbst Familien mit Kindern gelegentlich in Notunterkünften, Obdachloseneinrichtungen und Behelfssiedlungen unterkommen müssen und im Jahre 2012 rund 1700 international Schutzberechtigte (in Rom, Florenz und Mailand) in verlassenen bzw. besetzten Häusern lebten (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 15; vgl. hierzu auch oben bb), davon gelegentlich auch Frauen, so kann insgesamt und landesweit gesehen nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Asylbewerber bei einem Verweis auf das Asylsystem Italiens im Falle der Anerkennung der Schutzberechtigung tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Dies gilt auch in Ansehung der Tatsache, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (SFH, a.a.O., S. 47 ff.). Es gibt nach allen verwerteten Erkenntnismitteln keinen Anhalt dafür, dass Asylbewerber von Einzelfällen abgesehen am Rande des Existenzminimums oder gar darunter leben müssten.
57 
Wenn die Situation psychisch Kranker (während des Asylverfahrens wie auch danach) als besonders prekär bezeichnet wird (vgl. SFH, a.a.O., S. 38), so bedarf es für den vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob insoweit ggf. regelhaft ein nicht befriedigter Schutz- und Betreuungsbedarf besteht, da der Kläger nicht zu diesem Personenkreis rechnet. Im Übrigen ist der Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem auch tatsächlich im Wesentlichen gewährleistet, wenn es auch bei der Erlangung der sog. Gesundheitskarte gelegentlich zu Problemen kommt, bis eine offizielle Wohnanschrift sowie eine Steuernummer mitgeteilt werden kann; hier werden aber auch „virtuelle Adressen“ akzeptiert (vgl. SFH, a.a.O., S. 49 f.). SFH beschreibt in diesem Zusammenhang eine unzureichende Informationslage der Flüchtlinge hinsichtlich der ihnen zustehenden Rechte; dieses Problem geht im Übrigen über den Aspekt der Gesundheitswesens hinaus und kann grundsätzlich alle Aspekte des Asylsystems betreffen (vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 14, 50 und 54).
58 
Diese Einschätzung des Senats, wonach systemische Mängel im Asylsystem Italiens nicht festgestellt werden können, steht im Einklang mit den jüngsten Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21.12.A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.11.2013 - 4 L 44/13 - juris, Nieders.OVG Beschluss vom 30.01.2014 - 4 LA 167/13 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.10.2013 - OVG 3 S 40.13 - juris; VG Würzburg, Beschluss vom 21.03.2014 - W 6 S 14.50007 - juris; VG Wiesbaden, Beschluss vom 06.03.2014 - 5 L 246/14.WI.A - juris; VG Stuttgart, Urteil vom 28.02.2014 - A 12 K383/14 - juris; VG Ansbach, Beschluss vom 13.02.2014 - AN 2 S 14.30090 - juris; VG Saarland, Beschluss vom 27.01.2014 - 3 K 339/13 - juris; VG Oldenburg, Beschluss vom 21.01.2014 - 3 B 6802/13 - juris; VG Regensburg, Beschluss vom 18.12.2013 - RN 6 S 13.30720 - juris; VG Meiningen, Urteil vom 26.06.2013 - 5 K 20096/13 Me - juris; VG Augsburg, Beschluss vom 19.12.2012 - Au 6 E 12.30377 - juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2012 - 6 L 1480/12.A - juris; a.A. noch OVG NRW, Beschluss vom 01.03.2012 - 1 B 234/12.A - juris; VG Gießen, Urteil vom 25.11.2013 - 1 K 844/11.GI.A - juris; VG Schwerin, Beschluss vom 13.11.2013 - 3 B 315/13 As - juris; VG Frankfurt, Urteil vom 09.07.2013 - 7 K 560/11.F.A. - juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 16.05.2013 - 5a L 547/13.A - juris; VG Köln, Beschluss vom 07.05.2013 - 20 L 613/13.A - juris).
59 
3. Sonstige zur Aufhebung der Abschiebungsanordnung vom 03.12.2012, die - anders als die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 26a AsylVfG - keine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 darstellt (vgl. GK-AufenthG § 59 Rn. 268), führende Mängel sind nicht ersichtlich. Auch ist aufgrund des Vorbringens des Klägers nichts dafür ersichtlich, dass er aus ganz speziellen und nur ihn individuell betreffenden Gründen in Italien einer unmenschlichen Behandlung etc. ausgesetzt sein könnte oder dass man sich in Italien seiner ohne Prüfung des Asylgesuchs und unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot entledigen könnte, und deshalb eine Rückführung nach Italien unzulässig wäre.
III.
60 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere liegt keine grundsätzliche Bedeutung vor, weil eine weitergehende Schutzwirkung des unionsrechtlichen Beschleunigungsgebots als sie der Senat für richtig und geboten hält, offensichtlich ausscheiden muss.