7. Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte

bei uns veröffentlicht am22.09.2009

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Autoren

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
Anwalt für Verkehrsstrafrecht - Strafrecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB

Artikel zu passenden Rechtsgebieten

Artikel zu Verkehrsstrafrecht

Strafrecht: BGH bestätigt im Berliner Raser-Fall das Mordurteil des den Unfall verursachenden Angeklagten und verwirft das Mordurteil gegen den anderen Angeklagten

31.07.2020

Autofahrer, die ein illegales Wettrennen im Straßenverkehr mit dem Willen, das Rennen zu obsiegen, durchführen, können sich wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe strafbar machen. Wie ein bedingter Vorsatz in solchen Raserfällen das Mordurteil begründen und damit auch eine Abgrenzung zur fahrlässigen Körperverletzung mit Todesfolge geschaffen werden kann, prüft der 4.Strafsenat im folgendem Urteil (4 StR 482/19) vom 18. Juni 2020. In diesem Artikel lesen Sie, wieso der BGH das Mordurteil des einen Angeklagten bestätigt, das des anderen aber aufhebt und zurück an das Landgericht Berlin verweist. – Streifler & Kollegen – Benedikt Mick, Anwalt für Strafrecht

Strafrecht: Fahrverbot statt Freiheitsstrafe

18.07.2019

Wenn es zum Einwirken auf den Täter erforderlich erscheint oder eine Freiheitsstrafe bzw. deren Vollstreckung vermieden wird, kann stattdessen durch das Gericht ein Fahrverbot von bis zu 6 Monaten verhängt werden – BSP Rechtsanwälte – Anwalt für Strafrecht Berlin

Verkehrsstrafrecht: Bedeutender Schaden kann zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen

31.07.2019

Muss ein Unfallbeteiligter damit rechnen, dass ein Sachschaden von mindestens 1.500€ entstanden ist und entfernt dieser sich dennoch unerlaubt vom Unfallort, kann das Gericht die Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB anordnen – BSP Rechtsanwälte – Anwalt für Strafrecht Berlin

Verkehrsrecht: Geschwindigkeitsüberschreitung – In gut einer Stunde elfmal geblitzt kostet den Raser 1.504 EUR und drei Monate Fahrverbot

03.08.2019

Das Amtsgericht München verurteilte einen 24-jährigen Mann wegen einer fahrlässigen und fünf vorsätzlichen Überschreitungen der Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von insgesamt 1.504 EUR und zu einem dreimonatigen Fahrverbot – BSP Rechtsanwälte – Anwalt für Verkehrsrecht Berlin

Strafrecht: Wieso das LG Berlin des zweiten Rechtszugs im Berliner Raser – Fall die Angeklagten erneut wegen mittäterschaftlich begangenen Mordes verurteilte

11.08.2020

Kraftfahrer, die bei einem illegalen Autorennen in einer Ortschaft mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit einen am Rennen Unbeteiligten, sich verkehrsgerecht verhaltenden Straßenverkehrsteilnehmer töten, können sich wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes strafbar machen. Der Tatentschluss erfährt eine Erweiterung, wenn die Täter ihr Fahrzeug trotz naheliegender Kreuzung beschleunigen, da sie hiermit den Tod von Insassen querender Fahrzeuge in Kauf nehmen. – Streifler & Kollegen – Benedikt Mick, Rechtsanwalt für Strafrecht

Referenzen

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:

1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2,
2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Dies gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf oder die Rücknahme der Gewährung subsidiären Schutzes wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Absatz 2. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der am ... 1984 geborene Antragsteller, ein senegalesischer Staatsangehöriger, begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Anordnung der Abschiebung nach Ungarn.

Der Antragsteller hatte bereits am 11. September 2013 in der Bundesrepublik Deutschland Asyl beantragt. Nachdem aufgrund eines EURODAC-Treffers festgestellt worden war, dass der Antragsteller u. a. bereits in Ungarn am 15. April 2013 einen Asylantrag gestellt hatte, wurde am 13. September 2013 ein Übernahmeersuchen an Ungarn gerichtet. Mit Schreiben vom 23. September 2013 erklärten die ungarischen Behörden ihre Zuständigkeit gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. c der Dublin II Verordnung. Mit Bescheid vom 19. November 2013 stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) fest, dass der Asylantrag des Antragstellers unzulässig sei und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an. Die gegen diesen Bescheid beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg am 27. November 2013 erhobene Klage nahmen die damaligen Bevollmächtigten des Antragstellers zurück. Das Klageverfahren wurde daraufhin mit Beschluss vom 16. Januar 2014 eingestellt (Az.: Au 7 K 13.30453). Der am 27. November 2013 gestellte Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 5. Dezember 2013 (Az.: Au 7 S 13.30454) abgelehnt. Der Antragsteller wurde am 6. März 2014 nach Ungarn abgeschoben.

Nach seiner Wiedereinreise nach Deutschland stellte der Antragsteller am 13. November 2014 einen weiteren Asylantrag. Am 2. Dezember 2014 wurde ein Wiederaufnahmeersuchen an Ungarn gerichtet. Die ungarischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 10. Dezember 2014 ihre Zustimmung zur Wiederaufnahme des Antragstellers gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO).

Mit Bescheid vom 30. Dezember 2014 wurde durch das Bundesamt festgestellt, dass der Asylantrag des Antragstellers unzulässig sei (Ziffer 1), die Abschiebung nach Ungarn wurde angeordnet (Ziffer 2).

Der Bescheid wurde am 2. Januar 2015 zur Post gegeben.

Am 7. Januar 2015 ließ der Antragsteller Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erheben mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheids vom 30. Dezember 2014. Die Klage wird unter dem Aktenzeichen Au 7 K 15.50014 geführt.

Gleichzeitig ließ der Antragsteller einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stellen und beantragen:

Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet.

Hier weiter

Zur Begründung von Klage und Eilantrag wurde u. a. ausgeführt, der Antragsteller befürchte, als wiederholter Dublin-Rückkehrer zum wiederholten Mal fast sechs Monate inhaftiert zu werden und eine gegebenenfalls notwendige medizinische Versorgung nicht oder nicht in erforderlicher Weise zu erhalten. Bei Ungarn liege eine Ermessensreduzierung auf Null im Hinblick auf das Selbsteintrittsrecht vor aufgrund eines drohenden erheblichen Eingriffs in Art. 4 der EU-Grundrechtscharta. In Ungarn bestünden systemische Mängel hinsichtlich des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen, insbesondere in Anbetracht der seit der Einführung der Asylhaft am 1. Juli 2013 vorliegenden Anhaltspunkte für eine unmenschliche und erniedrigende Inhaftierungspraxis in Ungarn im Hinblick auf Asylbewerber - und darunter insbesondere sog. Dublin-Rückkehrer. In der beigefügten eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers vom 7. Januar 2015 (Anlage 1) wird u. a. ausgeführt, er sei anfangs nach Ungarn geflüchtet. In ... seien die hygienischen Zustände sehr schlecht gewesen. Er habe Hautausschlag bekommen. Aus Angst um seine Gesundheit sei er nach Belgien geflüchtet. Als ihm dort mitgeteilt worden sei, dass er nach Ungarn abgeschoben werde, sei er nach Deutschland geflüchtet und von dort nach Ungarn abgeschoben worden. In Ungarn sei er dann vom 6. März 2014 bis 3. September 2014 inhaftiert worden. In der Haft seien er und andere Gefangene von den Sicherheitskräften misshandelt worden. Nachdem sie einen dreitägigen Hungerstreik gemacht hätten, seien die beschuldigten Beamten abgezogen worden. Seine Hauterkrankung sei nur unzureichend behandelt worden. Blutuntersuchungen wegen der Syphilis seien nicht gemacht worden. Nach sechs Monaten Haft sei er in das offene ... geschickt worden. Er habe auch dort große Angst vor den Sicherheitskräften gehabt. Er habe es in Ungarn nicht ausgehalten und sei wieder nach Deutschland geflüchtet. Im beigefügten ärztlichen Bericht des Dr. ..., Praxis für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Allergologie, ..., vom 11. Dezember 2014 (Anlage 2) wird unter dem Punkt „Beurteilung/Therapie und Verlauf“ ausgeführt: „1) Es besteht der klinische Verdacht auf das Vorliegen einer Kälteurtikaria, zunächst rein symptomatische Behandlung mit oralen Antihistaminika (Cetirizin). 2) Klinischer Befund einer mazerierten Tinea interdigitalis, Behandlung mit Steroid-Miconazol Mischsalbe (Travocort). 3) Klinisch kein Anhalt für Lues II, Serologie veranlasst, bei Auffälligkeit erfolgt Nachbericht. 4) Genital/inguinal unauffälliger Befund - kein Anhalt für Scabies - keine Therapie.“ Der serologische Befundbericht des MVZ Labors Dr. ... (Anlage 3) teilt u. a. mit: „Interpretation der Lues-Serologie: Der serologische Befund ist sowohl mit einer zurückliegenden, erfolgreich therapierten Lues-Infektion, als auch mit einer lateneten Lues vereinbar. Sofern noch keine Therapie durchgeführt wurde, sollte abhängig vom mutmaßlichen Zeitpunkt der Primärinfektion und ggf. weiteren anamnestischen Angaben eine antibiotische Therapie erwogen werden.“

Die Antragsgegnerin legte mit Schreiben vom 12. Januar 2015 die Behördenakte vor, äußerte sich aber nicht zur Sache.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen..

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg.

1. Das Verwaltungsgericht kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn der Sofortvollzug eines Verwaltungsaktes durch Gesetz angeordnet ist, wie dies hier der Fall ist (vgl.§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Satz 1 AsylVfG). Betrifft das Verfahren eine nach § 34a Abs. 1 AsylVfG angeordnete Abschiebung, so ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung zu stellen, was vorliegend geschehen ist.

Bei seiner Entscheidung hat das Gericht eine Interessenabwägung durchzuführen, im Rahmen derer das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage und das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung gegeneinander abzuwägen sind. Im Rahmen dieser Abwägung spielen die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage eine wesentliche Rolle. Lassen sich diese nach der im Eilrechtsschutzverfahren gebotenen aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage nicht hinreichend sicher abschätzen, so führt dies zu einer von den Erfolgsaussichten der Klage unabhängigen Interessenabwägung (vgl. Kopp/Schenke, 19. Aufl. 2013, § 80 Rn. 146 ff., insb. Rn. 152).

Ein Abweichen von diesen allgemeinen Grundsätzen der Entscheidungsfindung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ist vorliegend nicht geboten. Insbesondere ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht erst bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes geboten, wie dies in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrages als unbeachtlich oder offensichtlich unbegründet gemäß der gesetzlichen Anordnung in § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG der Fall ist. Diese Modifizierung des Prüfungsmaßstabes im Eilrechtsschutzverfahren hat der Gesetzgeber nicht auf Rechtsschutzverfahren gegen nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erlassene Abschiebungsanordnungen ausgedehnt, so dass es hier bei den allgemeinen Grundsätzen verbleibt (vgl. VG Augsburg vom 13.2.2014 - Au 7 S 14.30057- juris; VG Regensburg, B.v. 12.12.2014 - RN 5 S 14.50306 - juris; VG Trier, B.v. 18.9.2013 - 5 L 1234/13 TR. - juris, unter Rückgriff auf das Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des § 34a AsylVfG; VG Göttingen, B.v. 17.10.2013 -2 B 844/13 - juris; VG Magdeburg, B.v. 22.1.2014 - 9 B 362/13 - juris).

2. Die Klage wird im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach erfolglos bleiben, weshalb auch der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO keinen Erfolg hat.

Das Bundesamt hat die Anordnung der Abschiebung nach Ungarn auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gestützt. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Hier hat das Bundesamt die Abschiebung nach Ungarn angeordnet, weil die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 11. Dezember 2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 - Dublin-III-VO (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31 ff.) erklärt haben. Somit steht grundsätzlich fest, dass die Abschiebung nach Ungarn - als EU-Mitgliedstaat ein sicherer Drittstaat im Sinne des § 26a AsylVfG - durchgeführt werden kann.

a) Der Regelung des § 34a AsylVfG, wonach die Abschiebung ohne materielle Prüfung des in der Bundesrepublik Deutschland gestellten Asylantrags erfolgen soll, liegt das sogenannte Konzept der normativen Vergewisserung zugrunde. Grundlage und Rechtfertigung des gemeinsamen europäischen Asylsystems ist die Vermutung, dass das Asylverfahren und die Aufnahme der Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat in Einklang steht mit den Anforderungen der Charta der Grundrechte der EU, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention. Deshalb ist davon auszugehen, dass dem Asylsuchenden im Zielstaat der Abschiebung keine politische Verfolgung droht (vgl. EuGH v. 10.12.2013, Rs. 394/12, juris; BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49).

b) Die Rechtsprechung lässt jedoch in eng begrenzten Ausnahmefällen Abweichungen von diesem Konzept zu. Das Konzept der normativen Vergewisserung wird danach insbesondere dann durchbrochen, wenn - wie dies der Europäische Gerichtshof formuliert - ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Zielstaat der Abschiebung systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Asylbewerbers im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) implizieren (vgl. EuGH v. 21.12.2011,verb. Rs. C-411/10 undC-393/10, NVwZ 2012, 417 f.). Liegen systemische Mängel in der eben charakterisierten Art vor, kann der Asylbewerber seiner Überstellung in diesen Mitgliedstaat mit Erfolg entgegentreten (EuGH v. 10.12.2013, Rs. 394/12, juris).

Für das durch den Untersuchungsgrundsatz geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach einem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.3.2014 (Az. 10 B 6/14, juris) Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. des Art. 3 EMRK. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem Beschluss folgendes ausgeführt:

„Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m. w. N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a. a. O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.“

Zu prüfen ist demnach, ob in Ungarn die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern im Allgemeinen eingehalten werden. Fehlleistungen im Einzelfall stellen das Konzept der normativen Vergewisserung nicht in Frage. Erst wenn der Asylbewerber nach der Überzeugung des Gerichts wegen größerer Funktionsstörungen des ungarischen Asylverfahrens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erwarten hat, muss eine Abschiebung dorthin unterbleiben, mit der Folge, dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 erfolgreich ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bedeutet dies dann allerdings noch nicht, dass der Asylbewerber gegen die Bundesrepublik Deutschland einen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO hat (vgl. dazu unten 2. d)). Die Bundesrepublik ist in einem derartigen Fall lediglich verpflichtet, die Prüfung der Kriterien des Kapitels III der Dublin-III-VO fortzuführen, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedsstaat nach einem dieser Kriterien oder andernfalls nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO als zuständig bestimmt werden kann (vgl. EuGH vom 14.11.2013, Rs. C-4/11 zu den Vorgängerregelungen der Dublin-II-VO = Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.2.2013, ABl. L 50 vom 25.2.2003, S. 50 ff.).

In Bezug auf Ungarn ist der zur Entscheidung berufene Einzelrichter nach aktuellem Kenntnisstand davon überzeugt, dass Asylbewerbern im Falle ihrer Rücküberstellung in dieses Land keine menschenunwürdige Behandlung im eben beschriebenen Sinn droht. Nach der im Eilrechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung ist derzeit nicht (mehr) davon auszugehen, dass die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern in Ungarn schon im Allgemeinen nicht eingehalten werden.

Das Gericht teilt vielmehr insoweit die Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U.v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.; U.v. 6.6.2013 - 2283/12 - Asylmagazin 10/2013, 342 ff.) sowie einiger anderer deutscher Verwaltungsgerichte, die systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn verneinen (VGH BW, B.v. 6.8.2013 - 12 S 675/13 - juris; OVG LSA, B.v. 31.5.2013 - 4 L 169/12; VG Würzburg, B.v. 2.1.2015 - W 1 S 14.50120 - juris; VG Regensburg, B.v. 12.12.2014 - RN 5 S 14.50306 - juris; VG Augsburg, B.v. 11.6.2014 - Au 7 S 14.50134 - juris Rn. 25 ff.; VG Düsseldorf, B.v. 8.9.2014 - 9 L 1506/14.A - juris Rn. 8 ff.; VG Stade, B.v. 14.7.2014 - 1 B 862/14 - juris Rn. 7 ff.; VG Hannover, B.v. 27.5.2014 - 5 B 634/14 - juris Rn. 8 ff.; anderer Ansicht SächsOVG, B.v. 24.7.2014 - A 1 B 131/14 - juris Rn. 4 m. w. N.; VG München, B.v. 26.6.2014 - M 24 S 14.50325 - juris Rn. 31 ff.; VG Stuttgart, U.v. 26.6.2014 - A 11 K 387/14 - juris Rn. 16 ff.; VG Düsseldorf, B.v. 27.8.2014 - 14 L 1786/14.A - juris Rn. 24 ff.; B.v. 16.6.2014 - 13 L 141/14.A - juris Rn. 24 ff.; VG Oldenburg, B.v. 18.6.2014 - 12 B 1238/14 - juris Rn. 18 ff.).

Nach der Berichterstattung des UNHCR zum Asylland Ungarn vom Dezember 2012 hat das ungarische Parlament im November 2012 umfassende Gesetzesänderungen verabschiedet. Danach werden Asylsuchende nicht mehr ohne sachliche Prüfung ihres Asylantrags nach Serbien oder in die Ukraine zurückgeschoben und nicht inhaftiert, wenn sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise einreichen. „Dublin-​Rückkehrer“ werden nicht automatisch inhaftiert und erhalten die Möglichkeit, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen. Bestätigt werden diese Verbesserungen durch das Hungarian Helsinki Committee (HHC, Brief information note on the main asylum-​related legal changes in Hungary as of 1 July 2013, Seite 1; in englischer Sprache im Internet abrufbar). Gegenteiliges lässt sich auch dem Bericht von bordermonitoring.eu vom Oktober 2013, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, nicht entnehmen.

Mögliche systemische Mängel des ungarischen Asylsystems werden in jüngerer Zeit primär auf die im Juli 2013 in Ungarn in Kraft getretene Gesetzesnovelle gestützt, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monaten möglich ist (vgl. hierzu etwa VG Frankfurt/Oder, B.v. 24.7.2013 - VG 1 L 213/13.A; VG München, B.v. 4.10.2013 - M 23 S 13.30926). Auch dieser Umstand vermag nach Auffassung des Gerichts - jedenfalls derzeit - systemische Mängel nicht zu begründen. So entsprechen die in Art. 31 A Abs. 1 des ungarischen Gesetzes (eine englische Version dieses Gesetzes findet sich in dem in englischer Sprache verfassten Bericht: UNHCR comments and recommendations on the draft modification of certain migration-​related legislative acts for the purpose of legal harmonisation; abrufbar im Internet) genannten Haftgründe ganz überwiegend denen des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie (RL) 2013/33/EU, die am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Entsprechend den Vorgaben dieser Richtlinie darf nach Art. 31 A Abs. 3 des ungarischen Gesetzes eine solche Inhaftierung nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen (vgl. insoweit Art. 8 Abs. 2 RL 2013/33/EU). Auch darf eine solche Inhaftierung nach Art. 31 B Abs. 1 des ungarischen Gesetzes nicht alleine deswegen erfolgen, weil die Antragsteller einen Asylantrag gestellt haben (vgl. Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Asylsuchenden zur Folge hätten, ist damit nicht ersichtlich. Kritisiert wurde diesbezüglich nur, dass die ungarischen Regelungen zum Teil zu unbestimmt gefasst seien und damit die Gefahr einer missbräuchlichen Anwendung bestünde (so HHC, Brief Information Note, S. 2 f.; European Council on Refugees and Exiles in seinem Bericht: Hungary passes legislation allowing widespread detention of asylum seekers; zugänglich im Internet in englischer Sprache; UNHCR comments and recommendations, S. 9).

Dass es tatsächlich zu einer systematischen, missbräuchlichen Anwendung der Inhaftierungsvorschriften komme oder bereits gekommen sei, kann diesen Berichten dagegen gerade nicht entnommen werden (vgl. hierzu nur HHC, Brief Information Note, S. 4, wo explizit darauf hingewiesen wird, dass die zukünftige Umsetzung und Anwendung dieser Gesetzesnovelle beobachtet werden muss). Gegenteiliges ist auch dem angeführten Bericht von bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, vom Oktober 2013 nicht zu entnehmen. Auch dort wird insoweit nur kritisiert, dass die entsprechenden Normen weit gefasst seien (vgl. S. 35 des genannten Berichts). Entsprechende Erkenntnismittel, die insoweit bereits bestehende systemische Mängel festgestellt hätten, sind aber bislang weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit und solange sich aber keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben, ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-​411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 ff.) davon auszugehen, dass auch für Ungarn die Vermutung besteht, dass Asylsuchende jedenfalls seit November 2012 (wieder) in Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK behandelt werden.

Schließlich geht das Gericht davon aus, dass nach derzeitiger Erkenntnislage die Lebensbedingungen insbesondere für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in Ungarn zwar schwierig sind (vgl. hierzu den Bericht von bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, vom Oktober 2013, S. 16 ff. und S. 35 f.). Diese stellen sich, unabhängig von der Frage, ob dem Antragsteller ein solcher Status überhaupt zuerkannt werden wird, nach Auffassung des Gerichts aber als nicht so gravierend dar, dass diese entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-​Charta zur Folge hätten. Denn von einem schwierigen Arbeitsmarkt sind die ungarischen Staatsangehörigen gleichermaßen betroffen. Darüber hinaus ergibt sich aus dem vorgelegten Bericht, dass Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte durchaus Anspruch auf öffentliche Leistungen haben (vgl. den genannten Bericht von bordermonitoring.eu, S. 16). Dass trotz dieser Unterstützungsleistungen anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten in ganz Ungarn in systemischer Weise Obdachlosigkeit drohen würde, ist durch diesen Bericht dagegen nicht glaubhaft gemacht. So wird dort insbesondere auf Mietkosten in der Hauptstadt Budapest abgestellt, wo die Mietkosten deutlich höher sein dürften als im restlichen Ungarn (vgl. bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, vom Oktober 2013, S. 16). Auch dieser Gesichtspunkt steht einer Rücküberstellung des Antragstellers daher nicht entgegen (so auch VG Würzburg B.v. 21.3.2014 - W 1 S 14.30147 - juris; VG Augsburg, B.v. 25.7.2013 - Au 7 S 13.30210 - juris).

Weder das Vorbringen des Antragstellers noch die neueren Erkenntnismittel, insbesondere der Bericht des Hungarian Helsinki Committee vom Mai 2014, die Auskunft von UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014 und der Bericht von PRO ASYL vom 11. Juli 2014 sowie die neuere Rechtsprechung führen zu einer anderen Beurteilung.

Das Gericht verkennt nicht das Bestehen der in den vorliegenden Berichten dargestellten Missstände insbesondere der Inhaftierungspraxis in Ungarn. Diese begründen jedoch für sich keine systemischen Mängel. Denn weiterhin ist festzuhalten, dass der UNHCR bislang keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder Aufnahmebedingungen in Ungarn explizit festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-​Verfahrens Asylbewerber nicht nach Ungarn zu überstellen. Dem Fehlen einer solchen generellen Empfehlung des UNHCR kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Denn die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente sind im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in einem Mitgliedstaat angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die - bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrensrechts zu beachtende - Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, besonders relevant (vgl. EuGH, U.v. 30.5.2013 - Halaf, C-​528/11 - NVwZ-​RR 2013, 660).

Auch unter Einbeziehung der neuesten Berichte zur tatsächlichen Situation in Ungarn, insbesondere im Hinblick auf die regelmäßige Inhaftierung von Dublin-​Rückkehrern, ist festzustellen, dass die dort genannten Missstände nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls nicht die Qualität systemischer Mängel erreichen. Das Gericht folgt nicht der Rechtsprechung, die das Vorliegen systemischer Mängel im Hinblick auf die Inhaftierungspraxis nunmehr für gegeben bzw. für überprüfungsbedürftig hält (so VG München, U.v. 23.9.2014 - M 24 K 13.31329 - juris; VG Düsseldorf, B.v. 27.8.2014 - 14 L 1786/14.A - juris; B.v. 16.6.2014 - 13 L 141/14.A - juris), sondern schließt sich vielmehr der gegensätzlichen Auffassung an (VG Würzburg, B.v. 2.1.2015 - W 1 S 14.50120 - juris; VG Regensburg, B.v. 12.12.2014 - RN 5 S 14.50306 - juris; VG Düsseldorf, B.v. 8.9.2014 - 9 L 1506/14.A - juris Rn. 8 ff.; VG Würzburg, B.v. 25.8.2014 - W 6 S 14.50100 - juris Rn. 17 ff.; VG Stade, B.v. 14.7.2014 - 1 B 862/14 - juris).

Nach den Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Sache ... versus ... (EGMR, U.v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.) ist nicht von systematischen Inhaftierungen von Asylsuchenden in Ungarn auszugehen. Auch nach der die Lage in Ungarn - ohne Auseinandersetzung mit der oben genannten Entscheidung des EGMR - anders bewertenden Rechtsprechung belegen die Inhaftierungsvorschriften in Ungarn und die Anwendung dieser Vorschriften für sich noch keinen Anhaltspunkt für systemische Mängel. Denn die ungarischen Inhaftierungsvorschriften entsprechen bei summarischer Betrachtung den Vorgaben des Europäischen Rechts, insbesondere den in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2013/33/EU - Aufnahmerichtlinie - genannten Haftgründen. Danach darf ein Antragsteller nur in Haft genommen werden, um u. a. Beweise zu sichern, auf die sich sein Antrag auf internationalen Schutz stützt, und die ohne Haft unter Umständen nicht zu erhalten wären, insbesondere, wenn Fluchtgefahr besteht, was naheliegend ist, wenn ein Asylbewerber bereits einmal illegal Ungarn verlassen hat, um in einem anderen Mitgliedstaat einen weiteren Asylantrag zu stellen. Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass die ungarische Asylhaftpraxis die Grenzen des europäischen Rechts systematisch überschreitet, selbst wenn entsprechend der Auskunft des UNHCR vom 9. Mai 2014 an das Verwaltungsgericht Düsseldorf Dublin-​Rückkehrer regelmäßig inhaftiert werden, weil und soweit die ungarischen Behörden einen Haftgrund im Einklang mit dem europäischen Unionsrecht annehmen. Aus den vorliegenden Erkenntnissen ergibt sich, dass im Einzelfall auch von einer Asylhaft abgesehen werden kann und auch abgesehen wird, mithin die tatsächlichen Umstände des Einzelfalles bei einer Haftanordnung berücksichtigt werden. Auch die Dauer der Asylhaft ist nach dem ungarischen System an das Fortbestehen eines Haftgrundes gekoppelt.

Das Gericht folgt hier vollumfänglichen den überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Stade in seinem Beschluss vom 14.7.2014 (Az. 1 B 862/14, juris). Das Gericht hat dort ausgeführt:

„Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann das Gericht nicht erkennen, dass die ungarische Asylhaftpraxis systematisch die Grenzen des europäischen Rechts überschreitet, wenn - entsprechend der Auskunft des UNHCR - Dublin-Rückkehrer regelmäßig inhaftiert werden, weil die Behörden davon ausgehen, dass sie die Bescheidung ihres Asylantrages nicht in Ungarn abwarten, sondern sich durch erneute Ausreise dem ungarischen Asylverfahren entziehen werden. Dass die ungarischen Behörden für Dublin-Rückkehrer, die bereits einmal aus Ungarn geflohen sind, eine Fluchtgefahr annehmen, erscheint nicht willkürlich, sondern naheliegend. Das Gericht kann auch nicht erkennen, dass die Behörden insoweit Gebrauch von den im ungarischen nationalen Recht geregelten „überschießenden“ Haftgründen - deren Europarechtskonformität durchaus angezweifelt werden kann - machen, wonach eine Inhaftierung schon bei einem „Verzögern“ oder „Behindern“ des Asylverfahrens angeordnet werden kann (vgl. Art. 31/A Buchst. c des ungarischen Asylgesetzes, vgl. VG Düsseldorf a.a.O, Rn. 106).

Dass für Dublin-Rückkehrer regelmäßig ein Fluchtgrund angenommen wird, lässt nicht darauf schließen, dass die gem. Art. 8 Abs. 2 AufnahmeRL erforderliche Einzelfallprüfung der Haftanordnung grundsätzlich nicht erfolgt. Im oben genannten National Country Report Hungary (aida) wird vielmehr ausgeführt, dass alleinstehende Frauen und Familien mit Kindern tatsächlich nicht in Asylhaft genommen würden, obwohl dies rechtlich möglich sei (a. a. O., S. 9). Eine solche Differenzierung belegt, dass tatsächlich Umstände des Einzelfalls bei der Haftanordnung berücksichtigt werden. Die Anforderungen, die an eine solche Einzelfallprüfung zu stellen sind, müssen auch dem Umstand Rechnung tragen, dass die Wiederaufnahme der Dublin-Rückkehrer rein zahlenmäßig ein Massengeschäft ist, welches für die Verwaltung handhabbar bleiben muss. So ist es zwar aus rechtsstaatlichen Gründen wünschenswert, dass sich eine vorangegangene Einzelfallprüfung auch in der schriftlichen Haftanordnung konkret niederschlägt, vom europäischen Recht ist dies jedoch nicht eindeutig gefordert. Art. 9 Abs. 2 Satz 2 AufnahmeRL sieht lediglich vor, dass die sachlichen und rechtlichen Gründe in der Haftanordnung angegeben werden. Dass die Haftanordnung den Haftgrund „Fluchtgefahr“ nicht - auch nicht in standardisierter Form - benennt, kann das Gericht der Auskunft des UNHCR nicht klar entnehmen (vgl. dort Antwort auf Frage 3, erster Spiegelstrich:

„Der Begründungsteil [der Haftanordnung] führt keine konkreten Gründe aus, aus denen es im Falle des konkreten Asylbewerbers nötig und sachgerecht ist, Asylhaft anzuordnen. Auch fehlen Informationen dazu, warum genau im konkreten Falle die Haft erforderliches Mittel ist, um die Verfügbarkeit des Asylbewerbers während des Verfahrens sicherzustellen.“).

Der Umstand, dass bei Dublin-Rückkehrern regelmäßig eine standardisierte Verlängerung der Haftzeit um 60 Tage erfolgt und dies im Ergebnis häufig zu einer Haftdauer von insgesamt vier bis fünf Monaten führt (vgl. National Country Report Hungary, aida, a. a. O., S. 51 u. 49), steht nicht in klarem Widerspruch zu den europäischen Vorgaben, namentlich zu Art. 9 Abs. 1 AufnahmeRL. Hiernach wird ein Antragsteller für den kürzest möglichen Zeitraum und nur so lange in Haft genommen, wie ein Haftgrund vorliegt. Es erscheint nicht grundsätzlich unvertretbar, bei Dublin-Rückkehrern anzunehmen, dass der Haftgrund der Fluchtgefahr fortlaufend gegeben ist.“ (Soweit das VG Stade die AufnahmeRL zitiert, ist dabei die Neufassung dieser Richtlinie gemeint.)

c) Nach dem Wortlaut des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG darf eine Abschiebungsanordnung erst dann erfolgen, wenn feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Deshalb muss die Abschiebung nicht nur rechtlich möglich sein, sondern sie muss auch tatsächlich durchführbar sein. Während bei der Abschiebungsandrohung die Prüfung inlandsbezogener Vollstreckungshindernisse regelmäßig durch die Ausländerbehörde zu erfolgen hat, ist dies bei der Abschiebungsanordnung anders. Eine Abschiebung darf nur dann erfolgen, wenn diese rechtlich und tatsächlich möglich ist. Andernfalls ist die Abschiebung auszusetzen (Duldung). Liegen somit Duldungsgründe im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG vor, so ist die Abschiebung unmöglich und kann auch im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht durchgeführt werden. Abweichend von der üblichen Aufgabenverteilung zwischen Bundesamt und Ausländerbehörde hat das Bundesamt bei der Abschiebungsanordnung auch die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass keine inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisse vorliegen (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2014, -. 10 CE 14.427 -juris).

Derartige Vollstreckungshindernisse liegen beim Antragsteller nicht vor.

Nach dem ärztlichen Bericht des Dr. ..., Praxis für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Allergologie, ..., vom 11. Dezember 2014 (Anlage 2) wird unter dem Punkt „Beurteilung/Therapie und Verlauf“ ausgeführt: „1) Es besteht der klinische Verdacht auf das Vorliegen einer Kälteurtikaria, zunächst rein symptomatische Behandlung mit oralen Antihistaminika (Cetirizin). 2) Klinischer Befund einer mazerierten Tinea interdigitalis, Behandlung mit Steroid-Miconazol Mischsalbe (Travocort). 3) Klinisch kein Anhalt für Lues II, Serologie veranlasst, bei Auffälligkeit erfolgt Nachbericht. 4) Genital/inguinal unauffälliger Befund - kein Anhalt für Scabies - keine Therapie.“ Der serologische Befundbericht des MVZ Labors Dr. ... (Anlage 3) teilt u. a. mit: „Interpretation der Lues-Serologie: Der serologische Befund ist sowohl mit einer zurückliegenden, erfolgreich therapierten Lues-Infektion, als auch mit einer latenten Lues vereinbar. Sofern noch keine Therapie durchgeführt wurde, sollte abhängig vom mutmaßlichen Zeitpunkt der Primärinfektion und ggf. weiteren anamnestischen Angaben eine antibiotische Therapie erwogen werden.“

Nach diesen ärztlichen Befunden liegt beim Antragsteller eine Reiseunfähigkeit nicht vor. Auch ist nach der Auskunftslage zu erwarten, dass er im Hinblick auf die behandlungsbedürftigen Erkrankungen „Kälteurtikaria“ und „Tinea interdigitalis“ (Fußpilz) auch in Ungarn zumindest eine medizinische Grundversorgung erhält. Im Hinblick auf eine Erkrankung an Syphilis ergibt sich aus dem serologischen Befund des MVZ Labors Dr. ..., dass eine akute Erkrankung an Syphilis gerade nicht vorliegt, und eine antibiotische Therapie, abhängig von weiteren anamnestischen Angaben, lediglich in Erwägung zu ziehen wäre.

Nach allem war der Antrag abzulehnen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

Tatbestand

1

Der Kläger ist ein Asylbewerber aus Somalia. Er wendet sich gegen die Einstellung seines Asylverfahrens durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

2

Der Kläger stellte Mitte August 2010 einen Asylantrag und gab in einer Niederschrift dazu am 9. September 2010 an, er sei somalischer Staatsangehöriger und am 1. Januar 1981 in Mogadischu geboren. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - nahm ihm Fingerabdrücke zur Identitätsfeststellung ab, die sich später als nicht verwertbar erwiesen. Der damit betraute Mitarbeiter stellte bereits bei der Abnahme fest, dass die Fingerkuppen des Klägers Veränderungen aufwiesen, die voraussichtlich zur Unverwertbarkeit der abgenommenen Fingerabdrücke führen würden. Der Kläger bestritt, seine Fingerkuppen manipuliert zu haben.

3

Mit Schreiben vom 9. September 2010 wies das Bundesamt den Kläger darauf hin, dass die Beschädigung der Fingerkuppen den Verdacht begründe, dass der Kläger nicht bereit sei, an der Überprüfung seiner Identität mitzuwirken. Er werde daher aufgefordert, sein Asylverfahren dadurch zu betreiben, dass er zum einen binnen eines Monats in der Außenstelle des Bundesamts erscheine und sich "auswertbare Fingerabdrücke" abnehmen lasse. Zum anderen solle er schriftlich darlegen, in welchen Staaten er sich nach dem Verlassen seines Herkunftslandes aufgehalten habe, ob er dort bereits einen Asylantrag gestellt habe und dieser ggf. abgelehnt worden sei. Gleichzeitig wurde er unter Bezugnahme auf § 33 AsylVfG (a.F.) darauf hingewiesen, dass sein Asylantrag als zurückgenommen gelte, wenn er das Verfahren länger als einen Monat nicht betreibe und in diesem Fall über das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 2 bis 5 oder Abs. 7 AufenthG (a.F.) nach Aktenlage zu entscheiden sei. Dem Schreiben war eine Übersetzung in die Sprache Somali beigefügt. Der Kläger hat sich in einem weiteren Termin Fingerabdrücke abnehmen lassen, die wiederum nicht verwertbar waren. Zu seinem Reiseweg und zur Frage weiterer Asylanträge machte er innerhalb der Monatsfrist keine Angaben.

4

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 22. Oktober 2010 fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und das Asylverfahren eingestellt ist (Nummer 1). Weiter wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) nicht vorliegen (Nummer 2). Schließlich wurde der Kläger unter Androhung der Abschiebung in den "Herkunftsstaat" aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen (Nummer 3). Das Bundesamt hat den Bescheid im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Kläger der Betreibensaufforderung nicht nachgekommen sei. Er habe weder verwertbare Fingerabdrücke abgegeben noch die angeforderten schriftlichen Angaben zum Reiseweg und zu etwaigen früheren Asylverfahren gemacht. Die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) scheitere bereits daran, dass für den Kläger kein Herkunftsland habe festgestellt werden können.

5

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Aufhebung des Bescheids sowie hilfsweise die Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.), weiter hilfsweise die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (n.F.) hinsichtlich Somalia, sowie die Aufhebung der gegen ihn verfügten Abschiebungsandrohung. Mit Schriftsatz vom 2. November 2010 stellte er beim Bundesamt einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, in dem er sich zum Reiseweg äußerte und angab, keine weiteren Asylanträge gestellt zu haben.

6

Während des Klageverfahrens forderte das Bundesamt den Kläger mit einem an seine Verfahrensbevollmächtigten gerichteten Schreiben vom 26. Oktober 2011 erneut auf, das Verfahren dadurch zu betreiben, dass er beim Bundesamt erscheine und sich Fingerabdrücke abnehmen lasse. Die Pflicht zur Duldung erkennungsdienstlicher Maßnahmen umfasse auch die Verpflichtung, im Vorfeld der erneuten Fingerabdrucknahme alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit der Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten. Den vom Bundesamt hierzu für den 15. November 2011 anberaumten Termin nahm der Kläger - nach eigenem Vorbringen wegen Verspätung - nicht wahr, bat das Bundesamt mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 18. November 2011 aber um einen neuen Termin. Ein solcher wurde jedoch nicht anberaumt.

7

Das Verwaltungsgericht hob den Bescheid vom 22. Oktober 2010 auf. Während des Berufungsverfahrens erfuhr das Bundesamt, dass der Kläger im Rahmen einer polizeilichen Fahndungsmaßnahme im Oktober 2012 aufgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt worden war. Die erkennungsdienstliche Behandlung ergab, dass sich der Kläger schon im Oktober 2009 unter einer anderen Identität in Deutschland aufgehalten hatte und ihm im Rahmen eines Rückübernahmeersuchens Fingerabdrücke abgenommen worden waren. Zugleich führte ein Abgleich mit der Eurodac-Datenbank zu einem Treffer. Danach hatte der Kläger bereits am 18. April 2009 in Italien und am 23. Oktober 2009 sowie am 22. Februar 2010 in Schweden Asyl beantragt. Das italienische Innenministerium hatte den schwedischen Behörden in einem Schreiben vom 14. Dezember 2010 mitgeteilt, dass dem Kläger in Italien bereits die Flüchtlingseigenschaft ("refugee status") zuerkannt worden und das Dublin-Verfahren abgeschlossen sei.

8

Darauf erklärte der Vertreter des Bundesamtes in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof, er hebe den ersten Satz von Nummer 1 des angefochtenen Bescheides ("Der Asylantrag gilt als zurückgenommen") auf. Weiter hebe er die Androhung der Abschiebung in den Herkunftsstaat in Satz 2 von Nummer 3 des Bescheides auf. Stattdessen werde dem Kläger die Abschiebung nach Italien angedroht. Daraufhin kündigte der Klägervertreter hinsichtlich der Abschiebungsandrohung nach Italien die Erhebung einer Klage an, sobald ein entsprechender Bescheid des Bundesamtes zugestellt worden sei. Gleichzeitig erklärte er den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, soweit das Bundesamt den Bescheid vom 22. Oktober 2010 aufgehoben habe. Der Beklagtenvertreter stimmte der Hauptsacheerledigungserklärung insoweit zu, als Satz 1 von Nummer 1 des angefochtenen Bescheides aufgehoben worden sei.

9

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Erledigung der Hauptsache in Bezug auf die Androhung der Abschiebung in das Herkunftsland (Nummer 3 des Bescheids vom 22. Oktober 2010) festgestellt und im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Er begründet seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt: Die Einstellung des Verfahrens in Nummer 1 des Bescheids sei rechtswidrig. Denn diese Rechtsfolge sehe § 32 Satz 1 AsylVfG nur für den Fall der Asylantragsrücknahme oder des Verzichts nach § 14a Abs. 3 AsylVfG vor. Als geeignete Reaktion auf die Anerkennung als Flüchtling in einem anderen EU-Mitgliedstaat käme etwa die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig nach Art. 25 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2005/85/EG (Asylverfahrensrichtlinie 2005) in Betracht. Eine Umdeutung der Verfahrenseinstellung in eine andere Form der Verfahrensbeendigung ohne Sachentscheidung nach § 47 VwVfG sei nicht möglich.

10

Die in Nummer 2 des Bescheids getroffene Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) nicht vorlägen, habe nicht aufrechterhalten werden können, da seit Oktober 2012 bekannt sei, dass dem Kläger in Italien Flüchtlingsschutz zuerkannt wurde. Soweit das Bundesamt in Nummer 3 seiner Verfügung die Abschiebungsandrohung in das Herkunftsland des Klägers aufgehoben und durch die Androhung der Abschiebung nach Italien ersetzt hat, habe sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Dem Feststellungsbegehren des Klägers sei zu entsprechen, weil das Bundesamt seinen Bescheid in Nummer 3 durch die Androhung der Abschiebung nach Italien verändert, der Kläger aber diesen neuen Verwaltungsakt nicht im Wege einer objektiven Klageänderung in das Verfahren einbezogen habe. Vielmehr habe der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung erklärt, Klage zu erheben, wenn hinsichtlich der Abschiebungsandrohung nach Italien ein entsprechender Bescheid der Beklagten zugestellt worden sei.

11

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten. Diese begründet sie im Wesentlichen wie folgt: Der Verwaltungsgerichtshof hätte zunächst prüfen müssen, ob das Verfahren schon vor den in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) eingestellt gewesen sei, weil der Kläger einer rechtmäßigen Betreibensaufforderung nicht nachgekommen war. In diesem Fall hätte er die Klage abweisen müssen. Das Bundesamt sei sehr wohl befugt, ein Asylverfahren auch dann ohne Sachentscheidung einzustellen, wenn sich - wie hier - herausstelle, dass der Asylbewerber bereits im Ausland als Flüchtling anerkannt worden sei. § 60 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Satz 2 AufenthG (n.F.) sehe ausdrücklich vor, dass das Bundesamt bei einer ausländischen Anerkennung kein (weiteres) Asylverfahren mehr durchzuführen habe. Das entspreche Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU, wonach die Mitgliedstaaten einen Asylantrag in derartigen Fällen als unzulässig behandeln könnten. Der deutsche Gesetzgeber habe für diese Konstellation zwar keine konkrete Regelung getroffen, die vorhandene Regelungslücke sei aber durch die Möglichkeit einer Verfahrensbeendigung in Anlehnung an § 32 AsylVfG zu schließen. Dann könne Nummer 1 des Bescheids vom 22. Oktober 2010 auch entsprechend umgedeutet werden. Eine Erledigung sei zu Nummer 3 des angefochtenen Bescheids durch die Änderung des Zielstaats der Abschiebung nicht eingetreten. Der Hinweis auf den Herkunftsstaat habe keinen Regelungscharakter, so dass der Kläger hierdurch auch nicht beschwert sei. Selbst bei Bejahung von Abschiebungsverboten bleibe die Abschiebungsandrohung im Übrigen unberührt.

12

Nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 8. Mai 2014 hat die Beklagte durch ergänzenden Bescheid vom 15. Mai 2014 Italien als Zielstaat der angedrohten Abschiebung bestimmt (Nummer 1) und angeordnet, dass der Kläger nicht nach Somalia abgeschoben werden darf (Nummer 2). Der Kläger hat gegen den ergänzenden Bescheid Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Soweit sich die Klage gegen den fehlenden Ausschluss von Somalia als Zielstaat einer Abschiebung in Nummer 3 des streitgegenständlichen Bescheids vom 22. Oktober 2010 gerichtet hat, haben die Parteien den Rechtsstreit im vorliegenden Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.

Entscheidungsgründe

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Der Senat kann ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

14

Die Revision der Beklagten ist begründet, soweit der Verwaltungsgerichtshof die Aufhebung der Nummern 1 und 2 des angefochtenen Bescheids vom 22. Oktober 2010 bestätigt hat. Das Berufungsurteil beruht insoweit auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Hingegen hat die Revision überwiegend keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Entscheidung zur Abschiebungsandrohung in Nummer 3 des Bescheids richtet. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht eine Erledigung der Abschiebungsandrohung ohne Zielstaatsbestimmung angenommen. Diese ist vielmehr aufrechtzuerhalten. Allerdings hat er mit Recht entschieden, dass die nachträgliche Bestimmung von Italien als Zielstaat der Abschiebung nicht in das vorliegende Verfahren einbezogen wurde. Soweit die Parteien den Rechtsstreit über die Abschiebungsandrohung für erledigt erklärt haben, beruht dies auf der rechtlich gebotenen nachträglichen Bezeichnung von Somalia als Staat, in den der Kläger nicht abgeschoben werden darf. Insoweit hat die Beklagte dem Anfechtungsbegehren des Klägers entsprochen und war das Verfahren einzustellen.

15

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist das Asylverfahrensgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798) und das Aufenthaltsgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), beide Gesetze zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn sie das Berufungsgericht, wenn es jetzt entschiede, zu beachten hätte (vgl. Urteil vom 11. September 2007 - BVerwG 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 = Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 30, jeweils Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylVfG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es, wenn es jetzt entschiede, die neue Rechtslage zugrunde legen, soweit nicht hiervon - wie im vorliegenden Fall - eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.

16

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Aufhebung der angefochtenen Einstellungsverfügung in Nummer 1 des angefochtenen Bescheids durch das Verwaltungsgericht mit einer Begründung bestätigt, die Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 VwGO). Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs ist das Verfahren nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) eingestellt, weil die Voraussetzungen für ein Nichtbetreiben des Verfahrens vorliegen. Der Kläger hat innerhalb der ihm gesetzten Betreibensfrist nicht die von ihm geforderten schriftlichen Angaben zu seinem Reiseweg und zur Frage einer Asylantragstellung im Ausland gemacht.

17

Nach § 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) gilt ein Asylantrag, der nach § 13 Abs. 1 und 2 AsylVfG (a.F.) auch den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erfasst, hingegen noch nicht das Begehren auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG (n.F.), als zurückgenommen, wenn der Ausländer das Verfahren trotz Aufforderung des Bundesamts länger als einen Monat nicht betreibt (Satz 1). In der Aufforderung ist der Ausländer auf die nach Satz 1 eintretende Folge hinzuweisen (Satz 2). Liegen die Voraussetzungen einer (fiktiven) Antragsrücknahme vor, darf das Bundesamt keine Sachentscheidung mehr über den Asylantrag treffen. Vielmehr hat es nach § 32 AsylVfG in seiner Entscheidung festzustellen, dass das Asylverfahren eingestellt ist und ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 bis 5 oder 7 AufenthG (a.F.) vorliegt (Satz 1). In den Fällen des § 33 AsylVfG (a.F.) ist nach Aktenlage zu entscheiden (Satz 2). Das Bundesamt erlässt ferner eine Abschiebungsandrohung; die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist beträgt nach §§ 34, 38 Abs. 2 AsylVfG (a.F.) eine Woche. Für die Beurteilung des Regelungsinhalts des vorliegenden Bescheids ist auf die Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses abzustellen, da eine nachträgliche Erweiterung seiner Einstellungswirkung auch auf die Zuerkennung unionsrechtlichen subsidiären Schutzes eine echte Rückwirkung der gesetzlichen Neuregelung des § 33 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) bedeuten würde, die mit der Rechtsordnung nicht zu vereinbaren wäre (vgl. Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 Rn. 12).

18

1.1 Das Berufungsgericht durfte von der Prüfung der Einstellungsvoraussetzungen nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG nicht wegen der vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen absehen. Zwar hat dieser erklärt, er hebe den ersten Satz von Nummer 1 des Bescheids vom 22. Oktober 2010 auf ("Der Asylantrag gilt als zurückgenommen"). Die erklärte Aufhebung ging jedoch ins Leere. Denn der Ausspruch der Rücknahmefiktion des Asylantrags durch das Bundesamt hat nach der gesetzlichen Ausgestaltung in § 33 und § 32 AsylVfG keinen eigenen Regelungsgehalt. Die Wirksamkeit der Rücknahme bedarf keiner Feststellung durch das Bundesamt; sie ist lediglich Vorfrage für den gemäß § 32 Satz 1 AsylVfG zu treffenden feststellenden Ausspruch, dass das Asylverfahren eingestellt ist. Diesen hat das Bundesamt aufrechterhalten. Im Übrigen konnte das Bundesamt eine bereits kraft Gesetzes eingetretene Einstellungswirkung nicht nachträglich aufheben.

19

1.2 Die Aufforderung zum Betreiben des Verfahrens nach § 33 Abs. 1 AsylVfG war gerechtfertigt. Sie setzt einen bestimmten Anlass voraus, der geeignet ist, Zweifel an dem Bestehen oder Fortbestehen des Sachentscheidungsinteresses zu wecken. Solche Zweifel können sich aus einer Vernachlässigung verfahrensrechtlicher Mitwirkungspflichten ergeben. Zu diesen gehört die Pflicht des Asylbewerbers, im Vorfeld einer geplanten Fingerabdrucknahme alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit seiner Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten (vgl. Urteil vom 5. September 2013 - BVerwG 10 C 1.13 - BVerwGE 147, 329 Rn. 19). Nach den in diesem Urteil aufgestellten Grundsätzen bestanden hier solche berechtigten Zweifel, weil bereits bei der ersten erkennungsdienstlichen Behandlung Gründe für die voraussichtliche Nichtverwertbarkeit der Fingerabdrücke bemerkt und dokumentiert worden waren, ohne dass der Kläger dazu substantiiert Stellung genommen hatte.

20

1.3 Allerdings führte die Aufforderung zum Betreiben des Verfahrens nicht zu einer Einstellung des Verfahrens, soweit vom Kläger die Mitwirkung an der Abgabe seiner Fingerabdrücke verlangt wurde. Denn Nummer 1 der Betreibensaufforderung vom 9. September 2010 verlangte von ihm die Abgabe "auswertbarer Fingerabdrücke" und entsprach damit nicht den gesetzlichen Vorgaben nach § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylVfG (vgl. hierzu Urteil vom 5. September 2013 a.a.O. Rn. 24 und 35). Die Aufforderung vom 26. Oktober 2011 entsprach dann zwar den gesetzlichen Vorgaben, weil sie vom Kläger lediglich verlangte, im Vorfeld der erneuten Fingerabdrucknahme alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit seiner Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten (vgl. Urteil vom 5. September 2013 a.a.O. Rn. 39). Der Kläger kam dieser zweiten Betreibensaufforderung auch nicht nach, denn er erschien zu dem vom Bundesamt anberaumten Termin zur erneuten Fingerabdrucknahme am 15. November 2011 nicht. Ein mangelndes Betreiben des Verfahrens liegt trotz dieser Säumnis aber deshalb nicht vor, weil der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 18. November 2011 um einen neuen Termin zur erkennungsdienstlichen Behandlung gebeten hatte. Die versäumte Mitwirkungshandlung hätte damit noch innerhalb der gesetzten Betreibensfrist nachgeholt werden können. Eine Gelegenheit hierzu hat das Bundesamt dem Kläger aber nicht mehr eingeräumt.

21

1.4 Die Einstellungswirkung des § 32 Satz 1 AsylVfG ist jedoch dadurch eingetreten, dass der Kläger der selbständigen Verpflichtung zur schriftlichen Darlegung des Reisewegs und zu einer eventuell bereits erfolgten Asylantragstellung nicht fristgerecht nachgekommen ist (Nummer 2 der Betreibensaufforderung vom 9. September 2010).

22

Der Kläger war nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG verpflichtet, die vom Bundesamt angeforderten Angaben zu machen. Zu den Angaben, die von einem Asylbewerber verlangt werden können, zählen nach § 25 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG auch solche über Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und dort eingeleitete oder durchgeführte Asylverfahren (vgl. hierzu Urteil vom 5. September 2013 a.a.O. Rn. 33). Die Aufforderung vom 9. September 2010, das Verfahren durch entsprechende schriftliche Angaben zu betreiben, entspricht hier auch den weiteren Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 AsylVfG.

23

Der Kläger hat die geforderten schriftlichen Angaben nicht innerhalb der Monatsfrist des § 33 Abs. 1 AsylVfG gemacht. Zwar hat der Bevollmächtigte des Klägers dies mit Schreiben vom 2. November 2010 - nach Ablauf der Monatsfrist - nachzuholen versucht. Gründe für eine unverschuldete Fristversäumung ergeben sich aus dem Schreiben jedoch nicht (zur Anwendung des § 32 VwVfG auf die Monatsfrist des § 33 Abs. 1 AsylVfG vgl. BTDrucks 12/2062 S. 33). Danach soll die Versäumung der Frist auf einem beim Kläger hervorgerufenen Irrtum beruhen. Dieser habe geglaubt, seiner Verpflichtung aus der Betreibensaufforderung dadurch nachgekommen zu sein, dass er am 7. Oktober 2010 bei der Außenstelle des Bundesamtes erschienen sei und sich dort erneut habe Fingerabdrücke abnehmen lassen. Er sei davon ausgegangen, dass er nunmehr zeitnah vom Bundesamt zu seinen Asylgründen, zu seinem Reiseweg und zur Asylantragstellung in anderen Ländern befragt werde. Aus diesem Vorbringen ergibt sich jedoch keine unverschuldete Fristversäumnis. Denn die Betreibensaufforderung vom 9. September 2010 bezieht sich auf zwei voneinander unabhängige Handlungen: (1) die Abnahme von Fingerabdrücken und (2) die schriftliche Darlegung zum Reiseweg sowie einer möglichen Asylantragstellung. Der Kläger konnte nicht davon ausgehen, durch eine Mitwirkung an der Abnahme von Fingerabdrücken zugleich seiner Pflicht nachgekommen zu sein, die geforderten schriftlichen Angaben zu machen. Dass auch für die in der Betreibensaufforderung genannten schriftlichen Angaben die Monatsfrist gilt, ergibt sich aus der Belehrung über die Rechtsfolgen eines Nichtbetreibens, in der sich die Monatsfrist erkennbar auf beide Mitwirkungshandlungen bezieht. Einer zusätzlichen Erwähnung der Monatsfrist in der Aufforderung zu schriftlichen Darlegungen - wie sie bei der Aufforderung zur Mitwirkung bei der Abnahme von Fingerabdrücken erfolgt ist - bedurfte es angesichts der Eindeutigkeit der auf beide Mitwirkungshandlungen bezogenen Aussage zu den Rechtsfolgen einer Nichtbeachtung der gesetzten Frist nicht. Der Kläger konnte dies auch verstehen, da ihm der Bescheid am 9. September 2010 nicht nur in deutsch, sondern auch in einer in die Sprache Somali übersetzten Fassung überreicht wurde.

24

1.5 Ist das Asylverfahren nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG eingestellt, bedarf es keiner Entscheidung über die vom Verwaltungsgerichtshof als erheblich angesehene Frage, ob die Einstellung in eine Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG oder in eine Entscheidung über seine Unbeachtlichkeit nach § 29 AsylVfG umgedeutet werden kann.

25

1.6 Die Beklagte war für die erfolgte Einstellung des Verfahrens auch international zuständig. Die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union besteht nicht.

26

Es kann offenbleiben, ob auf den Asylantrag eines Ausländers, der - wie hier - in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union bereits als Flüchtling anerkannt ist, die Zuständigkeitsregelungen der Union nach den Verordnungen über das sogenannte Dublin-Verfahren anwendbar sind und das auch für Entscheidungen über die Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG gilt. Allerdings neigt der Senat zu der Auffassung, dass auf Ausländer, die in einem anderen Staat als Flüchtling anerkannt sind, die Regelungen zum Dublin-Verfahren nicht anwendbar sind. Doch selbst wenn diese Regelungen anwendbar sein sollten, wäre Deutschland der für die Entscheidung zuständige Mitgliedstaat geworden, ohne dass sich insoweit eine zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union verpflichtende Zweifelsfrage stellt.

27

Nach der in Art. 49 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU Nr. L 180 S. 31 - Dublin III-VO) getroffenen Übergangsregelung ist die Dublin III-VO zwar erst auf Anträge zur Erlangung internationalen Schutzes anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten, also ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Hier war der Antrag bereits im August 2010 und damit vor dem maßgeblichen Stichtag gestellt worden, so dass auf ihn grundsätzlich noch die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18. Februar 2003 (ABl EG Nr. L 50 S. 1 - Dublin II-VO) anwendbar wäre. Allerdings findet die Dublin III-VO darüber hinaus auf die Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - Anwendung. Im vorliegenden Fall käme eine Zuständigkeit Italiens anstelle Deutschlands in Betracht, weil der Kläger dort bereits im April 2009 einen Asylantrag gestellt hat und ihm dort die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde (vgl. Art. 13 Dublin II-VO und Dublin III-VO). Eine Überstellung des Klägers nach Italien zur Prüfung des danach in Deutschland gestellten weiteren Antrags wäre nur im Wege der Wiederaufnahme (Art. 20 Dublin II-VO, Art. 23 ff. Dublin III-VO) möglich. Für Gesuche auf Wiederaufnahme - sofern sie nicht bereits vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden - ist jedenfalls für das zu beachtende Verfahren die Dublin III-VO maßgeblich. Danach sind derartige Gesuche nunmehr gemäß Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO innerhalb einer Frist von zwei bzw. drei Monaten zu stellen (so auch VGH Mannheim, Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 - juris Rn. 31). Diese Frist ist im vorliegenden Fall verstrichen, ohne dass das Bundesamt ein Übernahmeersuchen an Italien gerichtet hat. Damit ist Deutschland gemäß Art. 23 Abs. 3 Dublin III-VO für die Prüfung des hier gestellten (neuen) Asylantrags zuständig, wenn man von der Anwendbarkeit der Dublin-Regelungen auf den vorliegenden Asylantrag ausgeht.

28

2. Der Kläger kann mit dem hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) nicht durchdringen. Dieser Anspruch wird zwar nicht schon von der Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) erfasst (vgl. Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487). Seine Geltendmachung ist jedoch nach § 60 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in der seit 1. Dezember 2013 geltenden Fassung (BGBl I S. 3474) unzulässig, weil der Kläger bereits außerhalb des Bundesgebiets als Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt worden ist.

29

Die Anerkennung eines Ausländers als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter in einem anderen Staat wirkt zwar völkerrechtlich nicht wie eine Statusentscheidung durch deutsche Behörden und hat in diesem Sinne keine umfassende Bindungswirkung für die Bundesrepublik Deutschland (hierzu auch Marx, InfAuslR 2014, 227 <232>). Die Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 legt einheitliche Kriterien für die Qualifizierung als Flüchtling fest, sieht aber keine völkerrechtliche Bindung eines Vertragsstaats an die Anerkennungsentscheidung eines anderen vor (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. November 1979 - 1 BvR 654/79 - BVerfGE 52, 391 <404>; BVerwG, Urteil vom 29. April 1971 - BVerwG 1 C 42.67 - BVerwGE 38, 87 <89 f.> = Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 2 S. 4 f.). Eine solche Bindungswirkung ergibt sich auch nicht aus dem Unionsrecht. Dieses ermächtigt zwar nach Art. 78 Abs. 2 Buchst. a und b AEUV zu Gesetzgebungsmaßnahmen, die einen in der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus und einen einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige vorsehen, die maßgebliche Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 sieht eine in der ganzen Union gültige Statusentscheidung jedoch nicht vor. Die Bundesrepublik Deutschland hat aber von der nach Völker- und Unionsrecht fortbestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch eine nationale Regelung den Anerkennungsentscheidungen anderer Staaten in begrenztem Umfang Rechtswirkungen auch im eigenen Land beizumessen (vgl. etwa die diesbezügliche Empfehlung des UNHCR im Beschluss Nr. 12 seines Exekutivkomitees aus dem Jahr 1978). In Deutschland genießen im Ausland anerkannte Flüchtlinge schon seit Inkrafttreten des Ausländergesetzes von 1990 (dort § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) den gleichen Abschiebungsschutz wie die im Inland anerkannten, ohne dass ein erneutes Anerkennungsverfahren durchgeführt wird. Durch § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (n.F.) ordnet das nationale Recht eine auf den Abschiebungsschutz begrenzte Bindungswirkung der ausländischen Flüchtlingsanerkennung an (ähnlich Treiber, in: GK-AufenthG, Stand: Juli 2011, § 60 Rn. 205.3). Es besteht aber gerade kein Anspruch auf eine neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf Feststellung subsidiären Schutzes (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG n.F.) oder eine hieran anknüpfende Erteilung eines Aufenthaltstitels in Deutschland. Vielmehr ist das Bundesamt bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt. Ein gleichwohl gestellter Antrag ist unzulässig. Das hat der Senat bereits zu der bis 30. November 2013 geltenden Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 6 AufenthG (a.F.) entschieden (Beschluss vom 26. Oktober 2010 - BVerwG 10 B 28.10 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 43). Dem entspricht die nunmehr geltende Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG. Sie ist jedenfalls bei Zuerkennung internationalen Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat mit Unionsrecht vereinbar. Denn Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU - Asylverfahrensrichtlinie 2013 - eröffnet dem nationalen Gesetzgeber die Möglichkeit, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zu behandeln, wenn dem Ausländer bereits ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt, d.h. ihm entweder die Flüchtlingseigenschaft oder unionsrechtlichen subsidiären Schutz zuerkannt hat (vgl. Art. 2 Buchst. i der Richtlinie).

30

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474) wurde die Unzulässigkeit eines erneuten Anerkennungsverfahrens nunmehr auch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG (n.F.) erstreckt (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Damit wurde die Konsequenz aus der inhaltlichen Neubestimmung des Asylantrags in § 13 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) gezogen, der - im Einklang mit Unionsrecht - nunmehr neben dem Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch den Antrag auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz umfasst (vgl. BTDrucks 17/13063 S. 25 zu § 60 Abs. 2 AufenthG). Dies hat die verfahrensrechtliche Konsequenz, dass das Begehren auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz unzulässig ist, wenn dem Ausländer bereits im Ausland die Rechtsstellung eines Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne von § 4 AsylVfG (n.F.) zuerkannt worden ist (vgl. hierzu bereits Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 Rn. 16). Da dem Kläger im vorliegenden Fall bereits in Italien die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, kann er in Deutschland nicht mehr die Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter verlangen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG).

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Für eine isolierte Aufhebung der negativen Sachentscheidung zum unionsrechtlichen Abschiebungsschutz nach der vor dem 1. Dezember 2013 geltenden Rechtslage in Nummer 2 des angefochtenen Bescheids fehlt dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis, weil ihm diese Aufhebung keinerlei Vorteile bringen kann, nachdem sein Begehren auf Zuerkennung unionsrechtlichen subsidiären Schutzes nach dem nunmehr geltenden Recht unzulässig ist.

32

3. Auch der vom Kläger weiter hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz hinsichtlich Somalias ist unzulässig. Denn ihm steht kraft Gesetzes nationaler Abschiebungsschutz in Bezug auf Somalia bereits aufgrund seiner ausländischen Flüchtlingsanerkennung nach § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG zu (siehe oben Rn. 29). Für die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz nach weiteren Rechtsgrundlagen fehlt dem Kläger hier das Rechtsschutzbedürfnis.

33

Dem Kläger fehlt das Rechtsschutzbedürfnis auch für eine isolierte Aufhebung der negativen Sachentscheidung zum nationalen Abschiebungsschutz in Nummer 2 des angefochtenen Bescheids, da er aufgrund der in Italien ausgesprochenen Anerkennung als Flüchtling bereits - wie oben ausgeführt - den begehrten Abschiebungsschutz in Deutschland genießt.

34

4. Der Streit über die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung in Nummer 3 des angefochtenen Bescheids hat sich durch die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof abgegebenen Erklärungen nicht erledigt. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs (UA Rn. 29) verletzt Bundesrecht.

35

Zwar hat der Kläger die Ersetzung der Abschiebungsandrohung in den Herkunftsstaat durch eine solche nach Italien, wie sie von dem Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung vom 14. Januar 2013 erfolgt ist, nicht im Wege der Klageänderung nach § 91 Abs. 1 VwGO in das vorliegende Verfahren einbezogen. Das unterliegt im Verwaltungsprozess aufgrund der Dispositionsmaxime - anders als nach § 68 FGO und § 86 SGG - allein seiner Entscheidung. Eine Umdeutung nach § 47 Abs. 1 VwVfG scheitert daran, dass es sich beim Austausch des Zielstaats um eine weitgehende inhaltliche Änderung der Abschiebungsandrohung handelt. Das gegen die Abschiebungsandrohung gerichtete Anfechtungsbegehren des Klägers hat sich aber durch die fehlende Einbeziehung der neuen Zielstaatsbestimmung in das Verfahren nicht erledigt. Denn der Klägerbevollmächtigte hat den Rechtsstreit in der Hauptsache nur insoweit für erledigt erklärt, als die Beklagte den Bescheid vom 22. Oktober 2010 aufgehoben hat. Bei der Abschiebungsandrohung hat die Beklagte aber nur die Zielstaatsbezeichnung "in seinen Herkunftsstaat" aufgehoben, nicht die Abschiebungsandrohung als solche. Die Abschiebungsandrohung besitzt auch ohne Zielstaatsbestimmung Verwaltungsaktcharakter (vgl. Urteil vom 13. Februar 2014 a.a.O. Rn. 25). Die Erledigungserklärung geht insoweit ins Leere, denn die nicht konkretisierte Zielstaatsbestimmung "in seinen Herkunftsstaat" stellte - ebenso wie ihre Aufhebung - mangels Regelungswirkung keinen anfechtungsfähigen Verwaltungsakt dar.

36

Die streitgegenständliche Abschiebungsandrohung erfüllt in ihrer durch Nummer 2 des ergänzenden Bescheids vom 15. Mai 2014 erlangten Fassung die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der § 34 Abs. 1, § 38 Abs. 2 AsylVfG. Allerdings war sie in ihrer ursprünglichen Fassung insoweit rechtswidrig, als sie entgegen § 60 Abs. 10 Satz 2 AufenthG nicht Somalia als den Staat bezeichnet hat, in den der Kläger nicht abgeschoben werden darf. Hierzu war die Beklagte aufgrund der Bindungswirkung der italienischen Flüchtlingsanerkennung, die aufgrund der somalischen Staatsangehörigkeit des Klägers erfolgte, verpflichtet. Diesen rechtlichen Mangel hat die Beklagte durch nachträgliche Bezeichnung von Somalia als Staat, in den der Kläger nicht abgeschoben werden darf, in Nummer 2 des ergänzenden Bescheids vom 15. Mai 2014 ausgeräumt. In der Bestimmung des Staates, in den nicht abgeschoben werden darf, liegt nach dem Gedanken der § 59 Abs. 3, § 60 Abs. 10 Satz 2 AufenthG eine verselbständigungsfähige Teilregelung. Die Parteien haben der veränderten Sachlage durch übereinstimmende Erledigungserklärungen Rechnung getragen. Damit ist der Rechtsstreit in Bezug auf diese Teilregelung der Abschiebungsandrohung in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 141 und § 125 Abs. 1 VwGO einzustellen. Die vorangegangenen Entscheidungen hierzu werden entsprechend § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO für wirkungslos erklärt. Im Übrigen war die Klage gegen die Abschiebungsandrohung abzuweisen.

37

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich, soweit streitig entschieden wurde, aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Soweit das Verfahren eingestellt wurde, war gemäß § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Unter Berücksichtigung des Unterliegens des Klägers bei der Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG sowie bei dem unionsrechtlichen subsidiären Schutz und nationalen Abschiebungsschutz erschien dem Senat - auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten zu tragenden Kosten des eingestellten Verfahrensteils - eine Kostenverteilung sachgerecht, wonach der Kläger zwei Drittel und die Beklagte ein Drittel der Kosten des Rechtsstreits zu tragen haben.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 9. September 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführer sind äthiopische Staatsangehörige; die Beschwerdeführerin zu 1. ist die Mutter des am 26. März 2011 geborenen Beschwerdeführers zu 2. Sie reisten im Januar 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten einen Asylantrag; zuvor hatte die Beschwerdeführerin zu 1. bereits in Italien einen Asylantrag gestellt, aufgrund dessen sie dort subsidiären Schutz zuerkannt bekam. Sie wenden sich gegen einen am 9. Juli 2014 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel vom 8. Juli 2014, mit dem ihnen Eilrechtsschutz gegen die auf § 34a Abs. 1 Satz 1, § 26a AsylVfG gestützte Anordnung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 16. Juni 2014 versagt wurde, sie in den sicheren Drittstaat Italien abzuschieben.

2

1. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag der Beschwerdeführer mit der Begründung ab, dass kein Ausnahmefall nach dem Konzept der normativen Vergewisserung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 94, 49 ff.) gegeben sei, insbesondere weil anhand der in der jüngeren Rechtsprechung des EGMR (vgl. EGMR , Urteil vom 21. Januar 2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, NVwZ 2011, S. 413; Beschluss vom 2. April 2013, Mohammed Hussein u.a. v. Niederlande und Italien, Nr. 27725/10, ZAR 2013, S. 336) entwickelten Maßstäbe Mängel der Aufnahmesituation in Italien, die eine Aussetzung der Abschiebung in Anwendung von Art. 3 EMRK gebieten könnten, derzeit nach der Auskunftslage auch für die Gruppe der Inhaber eines Schutzstatus nicht erkennbar sei. Anders stelle sich die Lage nur bei alleinstehenden Elternteilen mit Kind dar, zu der die Beschwerdeführer aber deshalb nicht gehörten, weil auch der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin zu 1. aufgrund eines Beschlusses in seinem Eilverfahren mittlerweile vollziehbar nach Italien ausreisepflichtig sei.

3

2. Die Beschwerdeführer rügen mit ihrer am 11. August 2014, einem Montag, erhobenen Verfassungsbeschwerde die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG.

4

Sie befürchten unter Bezugnahme insbesondere auf einen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zu den Aufnahmebedingungen in Italien vom Oktober 2013, bei einer Rückkehr nach Italien wie die große Mehrheit der Schutzbedürftigen obdachlos zu werden und keinen Zugang zu Gesundheitsvorsorge und Nahrungsmitteln zu erhalten. Schutzberechtigte seien einem sehr hohen Risiko der Verelendung ausgesetzt; ihre Situation sei wesentlich prekärer als die eines Asylsuchenden, der sich noch im Verfahren befinde. Verletzungen ihrer Grundrechte aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, welche die Beschwerdeführer in Folge einer Abschiebung nach Italien erlitten, müsse sich die Bundesrepublik Deutschland zurechnen lassen. In den geschilderten Zuständen in Italien liege eine Verletzung sowohl der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG als auch eine Gefahr für ihr Leben und ihre körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG).

II.

5

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, und die Annahme ist nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>); sie ist unzulässig (dazu 1.). Hiervon unabhängig besteht allerdings Anlass zu dem Hinweis, dass die mit der Rückführung befassten deutschen Behörden in dem vorliegenden Einzelfall geeignete Vorkehrungen zum Schutz des Beschwerdeführers zu 2. zu treffen haben (dazu 2.).

6

1. Die Beschwerdeführer zeigen schon die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht auf (vgl. zu diesem Erfordernis nur BVerfGE 108, 370 <386 f.>). Sie setzen sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 94, 49 <95 ff.>) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR , Urteil vom 21. Januar 2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, NVwZ 2011, S. 413; Beschluss vom 2. April 2013, Mohammed Hussein u.a. v. Niederlande und Italien, Nr. 27725/10, ZAR 2013, S. 336) nicht auseinander, die der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegt.

7

Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung in ihren Rechten aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG aufgrund einer drohenden Obdachlosigkeit bei einer Abschiebung geltend machen, legen sie im Übrigen auch nicht hinreichend substantiiert dar, dass sie in Italien mit Obdachlosigkeit zu rechnen haben und dem Beschwerdeführer zu 2. als Folge der Abschiebung mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Gesundheitsgefahren drohen. Es bedarf daher keiner Klärung, ob dahingehende systemische Mängel des italienischen Aufnahmesystems bestehen und ob solche strukturelle Defizite in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union einen im Konzept der normativen Vergewisserung nicht aufgefangenen Sonderfall darstellen können (vgl. dazu nur Moll/Pohl, ZAR 2012, S. 102 <104 ff.>; zu den Darlegungslasten für die Begründung eines solchen Sonderfalles vgl. BVerfGE 94, 49 <100>). Hierbei wäre ohnehin zu berücksichtigen, dass etwaige mit der Überforderung des Asylsystems eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verbundene transnationale Probleme vornehmlich auf der Ebene der Europäischen Union zu bewältigen sind (vgl. BVerfGE 128, 224 <226>).

8

2. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann es allerdings - unbeschadet der Prüfung, ob einer Zurückweisung oder Rückverbringung eines Ausländers in einen sicheren Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen - in Einzelfällen geboten sein, dass die deutschen Behörden vor einer solchen mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufnehmen, den Sachverhalt klären und gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen treffen (vgl. BVerfGE 94, 49 <100>). Insbesondere besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug einer Abschiebung betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende tatsächliche Abschiebungshindernisse in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten; diese Stelle hat gegebenenfalls durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung (Duldung) oder durch entsprechende tatsächliche Gestaltung derselben die notwendigen Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, S. 241 <242>).

9

a) Nach der - von Verfassungs wegen nicht zu beanstandenden - jüngeren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist es im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG mit Blick auf den Wortlaut dieser Vorschrift Aufgabe allein des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zu prüfen, ob "feststeht", dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. November 2004 - 2 M 299/04, juris; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 3. Dezember 2010 - 4 Bs 223/10 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, InfAuslR 2011, S. 310, dort <311> auch m.w.N. zur a.A.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 4. Juli 2012 - 2 LB 163/10 -, InfAuslR 2012, S. 383; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris; zuletzt VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Mai 2014 - A 9 K 3615/13 -, juris).

10

Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen. Gegebenenfalls hat das Bundesamt die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris, Rn. 4; BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris, Rn. 4; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris, Rn. 7; VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Mai 2014 - A 9 K 3615/13 -, juris, Rn. 4).

11

b) Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte unter anderem dann gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig bereits mit der Mitteilung einer beabsichtigten Abschiebung gegenüber dem Ausländer. Besondere Bedeutung kommt sodann denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehören das Aufsuchen und Abholen in der Wohnung, das Verbringen zum Abschiebeort sowie eine etwaige Abschiebungshaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. In dem genannten Zeitraum haben die zuständigen deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Februar 2008 - 11 S 2439/07 -, InfAuslR 2008, S. 213 <214> unter Verweis auf BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, S. 241).

12

Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Juni 2011 - 2 M 38/11 -, InfAuslR 2011, S. 390 <392>).

13

c) So liegt es auch im vorliegenden Fall. Bei Rückführungen in sichere Drittstaaten können hiervon betroffene Ausländer - anders als bei der Rückführung in ihr Heimatland - regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen. Bestehen - wie gegenwärtig im Falle Italiens - aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen oder des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer im sicheren Drittstaat, hat die auf deutscher Seite für die Abschiebung zuständige Behörde dem angemessen Rechnung zu tragen.

14

Bei Vorliegen einer solchen Auskunftslage hat das zuständige Bundesamt angesichts der hier berührten hochrangigen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG und der bei der Durchführung von Überstellungen allgemein besonders zu beachtenden Gesichtspunkte der Familieneinheit und des Kindeswohls (vgl. etwa Erwägungsgrund 22 und Art. 14 Abs. 1 a) und d) der Richtlinie 2008/115/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie) jedenfalls bei der Abschiebung von Familien mit Neugeborenen und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren in dem genannten Sinne für diese in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen.

15

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

16

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Über-stellung nach Italien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.

Die Antragstellerin ist (alles nach eigenen Angaben) nigerianische Staatsangehörige und geboren am 4. April 1992 (an jeweils anderer Stelle hat die Antragstellerin mehrere Alias-Identitäten – insgesamt vier – mit verschiedenen Namen und Geburtsdaten angegeben). Auf die Angaben im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und die persönliche Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrags am 27. April 2017 (vgl. Bl. 29 – 32 bzw. Bl. 73 – 76 der Bundesamtsakte Az.: 7107972 – 232, im Folgenden: Bundesamtsakte) wird Bezug genommen. Sie habe ihr Heimatland erstmalig am 28. März 2015 verlassen und sei über den Niger, Libyen und Italien, wo sie sich ein Jahr aufgehalten habe, nach Deutschland gereist – wie sie von Italien nach Deutschland gekommen ist, hat die Antragstellerin nicht angegeben –, wo sie am 13. April 2017 angekommen sei (was nicht stimmt, vgl. die zweite von der Antragsgegnerin bezogen auf die Person der Antragstellerin vorgelegte Bundesamtsakte Az.: 7085265 – 232, aus der sich ergibt, dass die Antragstellerin bereits am 12. März 2017 am Grenzübergang Hörbranz in einem Fernbus unter einer ihrer Alias-Identitäten aufgegriffen wurde) und wo sie am 27. April 2017 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) – Außenstelle München einen Asylantrag gestellt hat. Sie habe in Italien internationalen Schutz beantragt.

Am 12. Mai 2017 fand eine Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 – 4 AsylG i.V.m. § 25 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 AsylG statt. Dort gab die Antragstellerin an, sie habe Kopfschmerzen, sei aber nicht in ärztlicher Behandlung und habe keine ärztlichen Nachweise o.ä. Auf die Frage, ob es Staaten gebe, in die sei nicht überstellt werden wolle, gab die Antragstellerin Italien an. Befragt nach den Gründen sagte sie, sie sei in Italien abgelehnt worden, deswegen wolle sie dahin nicht zurück. Auf die Frage, ob sie einen entsprechenden Bescheid habe, verneinte die Antragstellerin jedoch. Außerdem äußerte sie, dass sie in Italien keinen Wohnort habe und deshalb nicht dahin zurück wolle. Auf die Frage, ob sie mit dem von ihr angegebenen Ehemann traditionell oder auch vor einem Standesamt verheiratet sei, gab die Antragstellerin an, sie seien nur traditionell verheiratet. Im Übrigen wird auf die Niederschrift Bezug genommen (Bl. 36 – 40 bzw. Bl. 46 – 50 der Bundesamtsakten).

Ebenfalls am 12. Mai 2017 fand außerdem noch eine Anhörung gemäß § 25 AsylG statt. Im Verlauf dieser Anhörung machte die Antragstellerin erneut geltend, dass sie am 13. April 2017 erstmals nach Deutschland eingereist sei. Auf die Niederschrift (Bl. 41 – 44 bzw. Bl. 51 – 54 der Bundesamtsakte) im Übrigen wird Bezug genommen.

Für die Antragstellerin folgen aus dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwal-tungsvorgang zwei Eurodac-Treffer für Italien (IT1TN01PR0 und IT2TN01P93; Bl. 3 und Bl. 82 der Bundesamtsakten).

Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 6. Juni 2017 an Italien teilten die italienischen Behörden mit Schreiben vom 16. Juni 2017 mit, dass die Antragstellerin übernommen wird (Bl. 97 der Bundesamtsakten). Zuvor war ein Übernahmeersuchen vom 14. März 2017 mit Schreiben der italienischen Behörden vom 31. März 2017 noch abgelehnt worden mit der Begründung, dass die Identität der Antragstellerin nicht ausreichend klar sei; hiergegen remonstrierte das Bundesamt mit Schreiben vom 18. April 2017 unter Beifügung der aufgenommenen Fingerabdrücke der Antragstellerin erfolgreich.

Mit Bescheid vom 22. Juni 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3). Die Nr. 4 des Bescheids enthält die Befristungsentscheidung hinsichtlich des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG. Auf den Bescheid und seine Begründung wird Bezug genommen.

Mit Begleitschreiben ebenfalls vom 22. Juni 2017 wurde der Bescheid an die An-tragstellerin versandt. Der Bescheid wurde der Antragstellerin laut Postzustellungsur-kunde am 23. Juni 2017 zugestellt.

Bereits mit Bescheid vom 29. März 2017 hatte das Bundesamt die Abschiebung nach Italien angeordnet (Nr. 1 des Bescheides). Auch auf diesen Bescheid und seine Begründung (Bl. 74 – 81 der unter dem Az. 7085265 – 232 vorgelegten Bundesamtsakte) wird Bezug genommen. Dieser Bescheid wurde der Antragstellerin laut Postzustellungsurkunde am 31. März 2017 zugestellt; Rechtsbehelfe dagegen hat sie nicht eingelegt.

Die Antragsteller erhob gegen den hier streitgegenständlichen Bescheid mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 26. Juni 2017, beim Verwaltungsgericht München eingegangen per Telefax am selben Tag, Klage (Az.: M 9 K 17.51542) mit dem Antrag, den Bescheid aufzuheben.

Außerdem ließ sie im selben Schriftsatz beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.

Weder die Klage noch der Antrag wurden begründet.

Die Antragsgegnerin legte die Behördenakten vor, äußerte sich in der Sache aber nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem und im dazugehörigen Klageverfahren und der beiden Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist zwar zulässig, insbesondere ist er fristgerecht gestellt worden, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Dass nicht die Anordnung, sondern unzutreffend die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt wird, ist unschädlich, da klar ist, was gemeint ist. Ebenfalls steht diesem Antrag nicht entgegen, dass die Antragstellerin bereits auf der Grundlage des bestandskräftigen Bescheids vom 29. März 2017 ohne weiteres überstellt werden könnte; zwar würde hieran dieses Verfahren nichts ändern können, egal wie es ausgeht, jedoch kann der Antragstellerin trotzdem unter Berücksichtigung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht abgesprochen werden, sich gegen den hier streitgegenständlichen, sie belastenden Bescheid und dessen gesetzlich angeordneten Sofortvollzug (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 77 Abs. 1 AsylG) zur Wehr zu setzen.

Der Antrag ist jedoch unbegründet, denn die Hauptsacheklage hat voraussichtlich keinen Erfolg.

Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Juni 2017, auf den im Sinne von § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen wird, ist voraussichtlich rechtmäßig.

Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.

1. Italien ist als Mitgliedstaat, in dem die Antragstellerin ausweislich des Eurodac-Treffers für Italien einen Asylantrag gestellt hat bzw. über dessen Grenze sie aus einem Drittstaat illegal eingereist ist, für die Durchführung des Asylverfahrens zu-ständig.

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III-VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die – wie hier – nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung.

Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Bei Anwendung dieser Kriterien ist ohne weiteres Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig, über dessen Grenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat illegal eingereist ist. Das ist auch nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin Italien; das wird auch belegt durch den für die Antragstellerin erzielten (zweiten) Eurodac-Treffer mit der Kennzeichnung „IT2“. Diese hat dort auch einen Asylantrag gestellt. Der Umstand der Asylantragstellung in Italien wiederum wird belegt durch den für die Antragstellerin erzielten (ersten) Eurodac-Treffer mit der Kennzeichnung „IT1“. Die Ziffer „1“ steht für einen Antrag auf internationalen Schutz (Art. 24 Abs. 4 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 vom 26.6.2013 (Neufassung) (EURODAC-VO)). Die Zuständigkeit Italiens ist auch nicht gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO erloschen. Damit ist vorliegend Italien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat.

Der Umstand, ob der von der Antragstellerin genannte und wohl ebenfalls im Bundesgebiet aufhältige Ehemann Edo White, geboren am 17. Oktober 1993, ebenfalls nach Italien überstellt wird oder hier ein Asylverfahren durchläuft, ist für die Überstellung der Antragstellerin irrelevant, da wegen der Angabe der Antragstellerin, dass keine Verheiratung im rechtlichen Sinn vorliegt, eine Zuständigkeit gemäß Art. 9 oder 10 Dublin III-VO von vornherein nicht in Betracht kommt, so dass das „asylrechtliche Schicksal“ von Edo White nicht aufgeklärt werden muss.

Die italienischen Behörden haben die Zuständigkeit Italiens schließlich bejaht und dem (Wieder) Aufnahmeersuchen der Antragsgegnerin zugestimmt.

2. Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden.

Die Zuständigkeit ist nicht gem. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO auf die An-tragsgegnerin übergegangen, weil eine Überstellung an Italien als den zuständigen Mitgliedstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Antragstellerin im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt wäre.

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v.14.05.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 –, juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Ver-trauens (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitglied-staat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den jeweiligen Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v.19.03.2014 – 10 B 6.14 –, juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass die Antragstellerin in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. BayVGH, U.v.28.02.2014 – 13a B 13.30295 –, juris; OVG NRW, B.v. 16.2.2017 - 13 A 316/17.A - juris Rn. 3 – 5; U.v.22.09.2016 – 13 A 2248/15.A –, juris Rn. 72ff.; U.v.18.07.2016 – 13 A 1859/14.A –, juris Rn. 54ff.; U.v.24.04.2015 - 14 A 2356/12.A –, juris; U.v. 07.03.2014 – 1 A 21/12.A –, juris; VGH BW, U.v.16.04.2014 – A 11 S 1721/13 –, juris; OVG Rh-Pf, U.v.21.02.2014 – 10 A 10656/13.OVG –, juris; OVG LSA, U.v.02.10.2013 – 3 L 645/12 –, juris; OVG Berlin-Bbg, B.v.17.06.2013 – OVG 7 S. 33.13 –, juris; NdsOVG, B.v.30.01.2014 – 4 LA 167/13 –, juris; U.v.25.06.2015 – 11 LB 248/14 –, juris; vgl. auch BVerfG, Kam-merb.v.17.09.2014 – 2 BvR 732/14 –, juris). Danach verfügt Italien unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, welches trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. Obwohl sich in Teilbereichen der tatsächlichen Aufnahmebedingungen durchaus erhebliche Mängel und Defizite feststellen lassen, werden diese, weder für sich genommen noch insgesamt, als so gravierend bewertet, dass ein grundlegendes, systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen Dublin-Rückkehrer nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 EUGRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad impliziert (vgl. OVG NRW, U.v.07.03.2014, a.a.O, Rn 132; OVG Rh-Pf, U.v. 21.02.2014, a.a.O, Rn 45 f.).

Das Gericht schließt sich damit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 – Hussein u.a../.Niederlande und Italien, Nr. 27725/10 –, ZAR 2013, 336; B.v.18.06.2013 – Halimi./.Österreich und Italien, Nr. 53852/11 –, ZAR 2013, 338). Unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und -organisationen über die Aufnahmeprogramme für Asylbewerber in Italien kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zwecken eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hätten, zwar einige Mängel aufweisen mögen, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber als Mitglieder einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen würden. Berichte des UNHCR und des Menschenrechtskommissars wiesen auf jüngste Verbesserungen der Situation hin mit dem Ziel der Mängelbeseitigung; alle Berichte zeigten übereinstimmend und ausführlich die Existenz ausgearbeiteter Strukturen von Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen, die auf die Bedürfnisse der Asylbewerber zugeschnitten seien. Diese Rechtsauffassung hat der EGMR, dessen Rechtsprechung für die Auslegung der EMRK auch über den jeweilig entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion hat (BVerfG, U.v.04.05.2011 - 2 BvR 2333/08 –, juris), durch seine Entscheidung vom 10. September 2013 (Nr. 2314/10 – HUDOC) ausdrücklich bestätigt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des EGMR vom 4. November 2014 im Verfahren Tarakhel ./. Schweiz (Az. 29217/12, NVwZ 2015, 127 ff.). Der EGMR hat hier lediglich entschieden, dass die Schweizer Behörden die Abschie-bung einer Familie nach Italien nicht vornehmen dürfen, ohne vorher individuelle Garantien von den italienischen Behörden erhalten zu haben, dass die Antragsteller in Italien in einer dem Alter der Kinder adäquaten Art und Weise behandelt werden und die Familie zusammenbleiben darf. Das Urteil beinhaltet damit keine Aussage zu eventuellen systemischen Mängeln in Italien, sondern lediglich eine Einschränkung für die Abschiebung von Familien nach Italien. Zudem hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 5. Februar 2015 im Verfahren A.M.E. ./. Niederlande (Az. 51428/10) entschieden, dass die Struktur und die Gesamtsituation des italienischen Flüchtlings- und Asylbewerberaufnahmesystems kein genereller Grund sind, eine Überstellung im Zuge des sog. Dublin-Verfahrens zu verbieten. Unabhängig davon sind die Umstände des streitgegenständlichen Falles der Antragstellerin mit denjenigen in der Entscheidung des EGMR nicht vergleichbar.

Auch aus neueren Erkenntnismitteln können keine Hinweise auf systemische Mängel entnommen werden. In dem vom Europäischen Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen (ECRE) für das Projekt AIDA – Asylum Information Database erstellten Länderbericht zu Italien vom Dezember 2015 (abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/reports/country/italy) wird zwar ausgeführt (vgl. S. 62 ff. des Berichts), dass dort zumindest in der Vergangenheit nicht für alle Asyl-bewerber adäquate Aufnahmeeinrichtungen zur Verfügung gestanden haben und die Zahl von Unterbringungsplätzen nur unzureichend war. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der italienische Staat hiergegen erfolgsversprechende Gegenmaßnahmen ergreift. Zum einen werden die Kapazitäten der Aufnahmeeinrichtungen dem vorgenannten Bericht zufolge seit 2013 deutlich erhöht. UNHCR und Nichtregierungsorganisationen beraten die staatlichen Stellen bei der Verbesserung der Aufnahmebedingungen. Speziell für Dublin-Rückkehrer wurden zum anderen Zentren zur übergangsweisen Unterbringung eingerichtet (vgl. S. 63f. des Berichts). Ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen lässt sich dem AIDA-Bericht nicht entnehmen. Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann daher auch für die Personengruppe, der die Antragstellerin angehört, die nach ihrem eigenen Vortrag zwar zwei Kinder hat, diese aber in Nigeria gelassen hat (vgl. u.a. Bl. 36f. der unter dem Az. 7085265 – 232b vorgelegten Bundesamtsakte, während die Antragstellerin später (vgl. z.B. Bl. 53 der unter dem hier streitgegenständlichen Az. 7107972 – 232 vorgelegten Bundesamtsakte) behauptete, in Nigeria niemanden mehr zu haben), nicht angenommen werden.

Auch aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von August 2016 (vgl. Schweizerischen Flüchtlingshilfe (https://www.fluechtlingshilfe.ch/…/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen) ergibt sich nichts Anderes. Denn erstens handelt es sich hierbei nicht um das einzig richtige bzw. einzig maßgebliche Erkenntnismittel, vielmehr ergibt eine Berücksichtigung dieses Erkenntnismittels in der Zusammenschau mit den zahlreichen anderen vorhandenen Erkenntnismitteln eben im Ergebnis, dass systemische Mängel im italienischen Asylverfahren nicht vorliegen. Zweitens wäre die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien erst dann überschritten, wenn absehbar wäre, dass auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung des Problems ergriffen würden. Dafür gibt es auch nach dem aktuellen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe aus dem August 2016 keine Hinweise (vgl. VG Schwerin, U.v.26.09.2016 – 16 A 1757/15 As SN –, juris Rn. 122), auch ansonsten ist das nicht der Fall (vgl. z.B. OVG NRW, U.v.18.07.2016 – 13 A 1859/14.A –, juris Rn. 103ff.).

Die gegenwärtig hohe Zahl von Einwanderern nach Italien stellt keinen Umstand dar, der eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien würde erst dann überschritten, wenn auf die erhöhte Zahl von Einwanderern hin keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung der damit verbundenen Probleme ergriffen würden. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden (vgl. OVG NRW, U.v.24.04.2015 a.a.O.).

Auch der Umstand, dass sich die Situation der Antragstellerin in Italien u.U. deutlich schlechter als im Bundesgebiet darstellt, begründet keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 – a.a.O.).

Auch im Hinblick auf medizinische Betreuung und Versorgung ergibt sich keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Asylverfahren durchzuführen (vgl. EGMR, U.v.30.6.2015 – 39350/13 – A.S. gegen Schweiz), da Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge verfügt, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Nach der bestehenden Auskunftslage funktioniert die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten grundsätzlich ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung (vgl. VG Ansbach, U.v.11.12.2015 – AN 14 K 15.50316 –, juris Rn. 26 m.w.N.). Auch der bereits erwähnte Bericht von AIDA bestätigt die Gleichstellung von Asylsuchenden und international Schutzberechtigten mit italienischen Staatsangehörigen hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung (vgl. dort S. 84). Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt steht eine kostenfreie medizinische Versorgung auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert dabei die Not- und Grundversorgung auch von Personen, die sich illegal im Land aufhalten (VG Augsburg, B.v.19.09.2015 - Au 7 S. 15.50412 –, juris). Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei (VG München, B.v.05.11.2014 – M 18 S. 14.50356 – juris m.w.N.). Auch bei Überstellung von kranken Personen, deren Asylverfahren in Italien negativ abgeschlossen ist, besteht damit die Möglichkeit der Behandlung. Es ist daher davon auszugehen, dass die Antragstellerin, die noch dazu jedenfalls nach den eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren nicht krank ist, in Italien Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung hat.

Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen, liegen nicht vor. Ebenso wenig liegen inlandsbezogene oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse vor. Für die Antragstellerin ist im Verwaltungsstreitverfahren überhaupt kein Vortrag erfolgt. Auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragstellerin selbst im Verwaltungsverfahren ergibt sich kein anderes Ergebnis.

Der Vortrag in den Dublin-Anhörungen, dass die Antragstellerin in Deutschland bleiben wolle, begründet keine – nach dem oben Gesagten nicht vorliegenden – systemischen Mängel des italienischen Asylverfahrens, unabhängig davon, dass die Antragstellerin nach eigenen Angaben insgesamt ein Jahr in Italien gelebt hat; im Übrigen unterliegt es gerade nicht der Disposition der Antragstellerin, wo sie ihr Asylverfahren zu durchlaufen hat.

Die Angaben der Antragstellerin im Rahmen der Anhörung nach § 25 AsylG führen ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis. Hierbei handelt es sich um die Geltendmachung von Umständen, die für die Überstellung der Antragstellerin im Rahmen der Anwendung der Dublin III-Verordnung nicht relevant sind, vielmehr handelt es sich um sog. zielstaatsbezogenes Vorbringen, das zum Asylantrag der Antragstellerin gehört, für den die Antragsgegnerin aber gerade nicht zuständig ist.

Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen in den Nummern 2 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids bestehen keine Bedenken.

3. Der Antrag wird daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abgelehnt. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Über-stellung nach Italien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.

Der Antragsteller ist (alles nach eigenen Angaben, im Verfahren hat der Antragsteller jedoch eine Geburtsbescheinigung und ein Schulzeugnis vorgelegt, Bl. 107 – 109 der Bundesamtsakten) nigerianischer Staatsangehöriger mit der Volkszugehörigkeit der Edo (auch Bini genannt) und geboren am 26. November 1989 (an anderer Stelle hat der Antragsteller den 21. November 1994 als Geburtsdatum angegeben, vgl. Bl. 59 der Bundesamtsakten). Auf seine Angaben im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und die persönliche Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrags am 8. Mai 2017 (vgl. Bl. 3 – 6 der Bundesamtsakte) wird Bezug genommen. Er habe sein Heimatland erstmalig am 22. Mai 2014 verlassen und sei über den Niger, Libyen und Italien, wo er sich zwei Jahre und acht Monate aufgehalten habe, nach Deutschland gereist – wie er von Italien nach Deutschland gekommen ist, hat der Antragsteller zunächst nicht angegeben (vgl. aber Bl. 51 der Bundesamtsakten) –, wo er am 22. April 2017 angekommen sei und wo er am 8. Mai 2017 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) – Außenstelle München einen Asylantrag gestellt hat. Er habe in Italien internationalen Schutz beantragt. Im Verwaltungsverfahren hat der Antragsteller eine italienische carta d’identita vorgelegt (Bl. 42 der Bundesamtsakten).

Am 6. Juni 2017 fand außerdem noch eine Anhörung gemäß § 25 AsylG statt. Im Verlauf dieser Anhörung machte der Antragsteller geltend, dass er in Italien nicht behandelt worden sei, er habe auf der Straße gelebt, kein Dach über dem Kopf und keine Arbeit gehabt. Er brauche Hilfe, um seine Krankheit zu heilen, dann könne er auch arbeiten und brauche nicht zu stehlen. Auf die Niederschrift (Bl. 56 – 63 bzw. Bl. 81 – 88 der Bundesamtsakte) im Übrigen wird Bezug genommen. Im Rahmen der Anhörung hat der Antragsteller eine urologische ärztliche Unterlage vorgelegt, der zufolge er eine akute Urethritis habe (Schreiben Urologie M. vom 29.5.2017, Bl. 65 der Bundesamtsakten, außerdem MKT Krankentransport – Abteilung Sanitätsdienst vom 3.5.2017, Bl. 66 der Bundesamtsakten und ärztlicher Dienst der Landeshauptstadt München, H. Straße, vom 25.4.2017, Bl. 67 der Bundesamtsakten).

Ebenfalls am 6. Juni 2017 fand eine Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 – 4 AsylG i.V.m. § 25 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 AsylG statt. Dort gab der Antragsteller an, er habe Augen-, Ohr- und Halsprobleme, er könne nachts nicht schlafen, sein Kopf tue weh. Auf die Frage, ob der deswegen in ärztlicher Behandlung sei, verneinte der Antragsteller und sagte, es solle ein Termin gemacht werden, als erstes müsse „alles mit seiner Blase in Ordnung kommen“; auf die Frage nach ärztlichen Attesten kündigte der Antragsteller an, diese nachzureichen. Er brauche Medikamente für die Blase, wegen der Ohren nehme er Tropfen. Auf die Frage, ob es Gründe dagegen gebe, dass sein Asylantrag in einem anderen Mitgliedstaat geprüft werde, gab der Antragsteller an, nur Deutschland komme infrage. Befragt nach den Gründen sagte er, er wolle hier zur Schule und arbeiten. Außerdem sagte er noch, er unterschreibe hier anders als in Italien, weil seine Unterschrift in Italien gefälscht worden sei, um an sein Essen zu kommen. Im Übrigen wird auf die Niederschrift Bezug genommen (Bl. 69 – 73 bzw. Bl. 89 – 92 der Bundesamtsakten).

Mit zwei Schreiben jeweils vom 6. Juni 2017 (Bl. 74f. und Bl. 77 der Bundesamtsakten) wurden der Antragsteller bzw. dessen behandelnder Arzt (dieses Schreiben wurde dem Antragsteller mitgegeben) aufgefordert, Atteste vorzulegen. Vorgelegt wurde allerdings nichts.

Bereits am 4. Mai 2017 fand seitens der Regierung von Oberbayern – Zentrale Ausländerbehörde Oberbayern / Zentrale Passbeschaffung Bayern eine Befragung zur Identitätsklärung statt. Auf das Befragungsprotokoll (Bl. 47 – 51 sowie die Anlagen Bl. 52f.) im Übrigen und die „Einschätzung“ zur Erstbefragung (Bl. 54f. der Bundesamtsakten) wird Bezug genommen.

Für den Antragsteller folgt aus dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwal-tungsvorgang ein Eurodac-Treffer für Italien (IT1BA018C6; Bl. 2 der Bundesamtsak-ten).

Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 7. Juni 2017 an Italien erfolgte keine Reaktion.

Mit Bescheid vom 22. Juni 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3). Die Nr. 4 des Bescheids enthält die Befristungsentscheidung hinsichtlich des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG. Auf den Bescheid und seine Begründung wird Bezug genommen.

Mit Begleitschreiben ebenfalls vom 22. Juni 2017 wurde der Bescheid an den An-tragsteller versandt. Der Bescheid wurde dem Antragsteller laut Postzustellungsur-kunde am 23. Juni 2017 zugestellt.

Der Antragsteller erhob hiergegen mit Schreiben vom 26. Juni 2017, beim Verwal-tungsgericht München eingegangen am 28. Juni 2017, Klage (Az.: M 9 K 17.5148) mit dem Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller die Flücht-lingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG hinsichtlich einer Abschiebung nach Italien vorliegen und den Bescheid des Bundesamts vom 22. Juni 2017 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.

Außerdem beantragte er im selben Schriftsatz,

die aufschiebende Wirkung (Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO) der Klage an-zuordnen.

Weder die Klage noch der Antrag wurden begründet.

Die Antragsgegnerin legte die Behördenakten vor, äußerte sich in der Sache aber nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem und im dazugehörigen Klageverfahren und der Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist zwar zulässig, insbesondere ist er fristgerecht gestellt worden, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Dass mit der Klage neben dem Anfechtungszusätzlich ein Verpflichtungsbegehren verfolgt wird, das sich in der Hauptsache als unzulässig erweisen wird (vgl. hierzu VG München, U.v. 1.12.2016 - M 9 K 16.50067 - juris Rn. 24 m.w.N.), ist für das Antragsverfahren unschädlich.

Der Antrag ist jedoch unbegründet, denn die Hauptsacheklage hat voraussichtlich keinen Erfolg.

Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Juni 2017, auf den im Sinne von § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen wird, ist voraussichtlich rechtmäßig.

Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.

1. Italien ist als Mitgliedstaat, in dem der Antragsteller ausweislich des Eurodac-Treffers für Italien einen Asylantrag gestellt hat bzw. über dessen Grenze er aus einem Drittstaat illegal eingereist ist, für die Durchführung des Asylverfahrens zu-ständig.

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III-VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die – wie hier – nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung.

Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Bei Anwendung dieser Kriterien ist ohne weiteres Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig, über dessen Grenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat illegal eingereist ist. Das ist auch nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers Italien. Dieser hat dort auch einen Asylantrag gestellt. Der Umstand der Asylantragstellung in Italien wird belegt durch den für den Antragsteller erzielten Eurodac-Treffer mit der Kennzeichnung „IT1“. Die Ziffer „1“ steht für einen Antrag auf internationalen Schutz (Art. 24 Abs. 4 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 vom 26.6.2013 (Neufassung) (EURODAC-VO)). Die Zuständigkeit Italiens ist auch nicht gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO erloschen. Damit ist vorliegend Italien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat.

Da die italienischen Behörden auf das Wiederaufnahmeersuchen der Antragsgegnerin nicht reagiert haben, ist gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO davon auszugehen, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen (Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO).

2. Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden.

Die Zuständigkeit ist nicht gem. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO auf die An-tragsgegnerin übergegangen, weil eine Überstellung an Italien als den zuständigen Mitgliedstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt wäre.

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v.14.05.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 –, juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Ver-trauens (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitglied-staat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v.19.03.2014 – 10 B 6.14 –, juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. BayVGH, U.v.28.02.2014 – 13a B 13.30295 –, juris; OVG NRW, B.v. 16.2.2017 - 13 A 316/17.A - juris Rn. 3 – 5; U.v.22.09.2016 – 13 A 2248/15.A –, juris Rn. 72ff.; U.v.18.07.2016 – 13 A 1859/14.A –, juris Rn. 54ff.; U.v.24.04.2015 - 14 A 2356/12.A –, juris; U.v. 07.03.2014 – 1 A 21/12.A –, juris; VGH BW, U.v.16.04.2014 – A 11 S 1721/13 –, juris; OVG Rh-Pf, U.v.21.02.2014 – 10 A 10656/13.OVG –, juris; OVG LSA, U.v.02.10.2013 – 3 L 645/12 –, juris; OVG Berlin-Bbg, B.v.17.06.2013 – OVG 7 S. 33.13 –, juris; NdsOVG, B.v.30.01.2014 – 4 LA 167/13 –, juris; U.v.25.06.2015 – 11 LB 248/14 –, juris; vgl. auch BVerfG, Kam-merb.v.17.09.2014 – 2 BvR 732/14 –, juris). Danach verfügt Italien unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, welches trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. Obwohl sich in Teilbereichen der tatsächlichen Aufnahmebedingungen durchaus erhebliche Mängel und Defizite feststellen lassen, werden diese, weder für sich genommen noch insgesamt, als so gravierend bewertet, dass ein grundlegendes, systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen Dublin-Rückkehrer nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 EUGRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad impliziert (vgl. OVG NRW, U.v.07.03.2014, a.a.O, Rn 132; OVG Rh-Pf, U.v. 21.02.2014, a.a.O, Rn 45 f.).

Das Gericht schließt sich damit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 – Hussein u.a../.Niederlande und Italien, Nr. 27725/10 –, ZAR 2013, 336; B.v.18.06.2013 – Halimi./.Österreich und Italien, Nr. 53852/11 –, ZAR 2013, 338). Unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und -organisationen über die Aufnahmeprogramme für Asylbewerber in Italien kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zwecken eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hätten, zwar einige Mängel aufweisen mögen, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber als Mitglieder einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen würden. Berichte des UNHCR und des Menschenrechtskommissars wiesen auf jüngste Verbesserungen der Situation hin mit dem Ziel der Mängelbeseitigung; alle Berichte zeigten übereinstimmend und ausführlich die Existenz ausgearbeiteter Strukturen von Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen, die auf die Bedürfnisse der Asylbewerber zugeschnitten seien. Diese Rechtsauffassung hat der EGMR, dessen Rechtsprechung für die Auslegung der EMRK auch über den jeweilig entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion hat (BVerfG, U.v.04.05.2011 - 2 BvR 2333/08 –, juris), durch seine Entscheidung vom 10. September 2013 (Nr. 2314/10 – HUDOC) ausdrücklich bestätigt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des EGMR vom 4. November 2014 im Verfahren Tarakhel ./. Schweiz (Az. 29217/12, NVwZ 2015, 127 ff.). Der EGMR hat hier lediglich entschieden, dass die Schweizer Behörden die Abschie-bung einer Familie nach Italien nicht vornehmen dürfen, ohne vorher individuelle Garantien von den italienischen Behörden erhalten zu haben, dass die Antragsteller in Italien in einer dem Alter der Kinder adäquaten Art und Weise behandelt werden und die Familie zusammenbleiben darf. Das Urteil beinhaltet damit keine Aussage zu eventuellen systemischen Mängeln in Italien, sondern lediglich eine Einschränkung für die Abschiebung von Familien nach Italien. Zudem hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 5. Februar 2015 im Verfahren A.M.E. ./. Niederlande (Az. 51428/10) entschieden, dass die Struktur und die Gesamtsituation des italienischen Flüchtlings- und Asylbewerberaufnahmesystems kein genereller Grund sind, eine Überstellung im Zuge des sog. Dublin-Verfahrens zu verbieten. Unabhängig davon sind die Umstände des streitgegenständlichen Falles des Antragstellers mit denjenigen in der Entscheidung des EGMR nicht vergleichbar.

Auch aus neueren Erkenntnismitteln können keine Hinweise auf systemische Mängel entnommen werden. In dem vom Europäischen Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen (ECRE) für das Projekt AIDA – Asylum Information Database erstellten Länderbericht zu Italien vom Dezember 2015 (abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/reports/country/italy) wird zwar ausgeführt (vgl. S. 62 ff. des Berichts), dass dort zumindest in der Vergangenheit nicht für alle Asyl-bewerber adäquate Aufnahmeeinrichtungen zur Verfügung gestanden haben und die Zahl von Unterbringungsplätzen nur unzureichend war. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der italienische Staat hiergegen erfolgsversprechende Gegenmaßnahmen ergreift. Zum einen werden die Kapazitäten der Aufnahmeeinrichtungen dem vorgenannten Bericht zufolge seit 2013 deutlich erhöht. UNHCR und Nichtregierungsorganisationen beraten die staatlichen Stellen bei der Verbesserung der Aufnahmebedingungen. Speziell für Dublin-Rückkehrer wurden zum anderen Zentren zur übergangsweisen Unterbringung eingerichtet (vgl. S. 63f. des Berichts). Ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen lässt sich dem AIDA-Bericht nicht entnehmen. Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann daher auch für die Personengruppe, der der Antragsteller angehört, nicht angenommen werden.

Auch aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von August 2016 (vgl. Schweizerischen Flüchtlingshilfe (https://www.fluechtlingshilfe.ch/…/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen) ergibt sich nichts Anderes. Denn erstens handelt es sich hierbei nicht um das einzig richtige bzw. einzig maßgebliche Erkenntnismittel, vielmehr ergibt eine Berücksichtigung dieses Erkenntnismittels in der Zusammenschau mit den zahlreichen anderen vorhandenen Erkenntnismitteln eben im Ergebnis, dass systemische Mängel im italienischen Asylverfahren nicht vorliegen. Zweitens wäre die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien erst dann überschritten, wenn absehbar wäre, dass auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung des Problems ergriffen würden. Dafür gibt es auch nach dem aktuellen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe aus dem August 2016 keine Hinweise (vgl. VG Schwerin, U.v.26.09.2016 – 16 A 1757/15 As SN –, juris Rn. 122), auch ansonsten ist das nicht der Fall (vgl. z.B. OVG NRW, U.v.18.07.2016 – 13 A 1859/14.A –, juris Rn. 103ff.).

Die gegenwärtig hohe Zahl von Einwanderern nach Italien stellt keinen Umstand dar, der eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Die Schwelle zur un-menschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien würde erst dann überschritten, wenn auf die erhöhte Zahl von Einwanderern hin keinerlei Maß-nahmen zur Bewältigung der damit verbundenen Probleme ergriffen würden. Da-von kann jedoch nicht ausgegangen werden (vgl. OVG NRW, U.v.24.04.2015 a.a.O.).

Auch der Umstand, dass sich die Situation des Antragstellers in Italien u.U. deut-lich schlechter als im Bundesgebiet darstellt, begründet keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 – a.a.O.).

Auch im Hinblick auf medizinische Betreuung und Versorgung ergibt sich keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Asylverfahren durchzuführen (vgl. EGMR, U.v.30.6.2015 – 39350/13 – A.S. gegen Schweiz), da Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge verfügt, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Nach der bestehenden Auskunftslage funktioniert die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten grundsätzlich ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung (vgl. VG Ansbach, U.v.11.12.2015 – AN 14 K 15.50316 –, juris Rn. 26 m.w.N.). Auch der bereits erwähnte Bericht von AIDA bestätigt die Gleichstellung von Asylsuchenden und international Schutzberechtigten mit italienischen Staatsangehörigen hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung (vgl. dort S. 84). Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt steht eine kostenfreie medizinische Versorgung auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert dabei die Not- und Grundversorgung auch von Personen, die sich illegal im Land aufhalten (VG Augsburg, B.v.19.09.2015 - Au 7 S. 15.50412 –, juris). Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei (VG München, B.v.05.11.2014 – M 18 S. 14.50356 – juris m.w.N.). Auch bei Überstellung von kranken Personen, deren Asylverfahren in Italien negativ abgeschlossen ist, besteht damit die Möglichkeit der Behandlung. Es ist daher davon auszugehen, dass der Antragsteller, der noch dazu jedenfalls nach seinen eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren gesund ist, in Italien Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung hat.

Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen, liegen nicht vor. Ebenso wenig liegen inlandsbezogene oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse vor. Für den Antragsteller ist im Verwaltungsstreitverfahren überhaupt kein (individueller) Vortrag erfolgt. Auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Antragstellers im Verwaltungsverfahren ergibt sich kein anderes Ergebnis.

Der Vortrag in der Anhörung am 6. Juni 2017, dass der Antragsteller in Italien keine Unterkunft gehabt habe, er auf der Straße habe schlafen müssen und er krank gewesen sei, ist der Sache nach bzw. in rechtlicher Hinsicht die Behauptung, dass das italienische Asylsystem einschließlich der Aufnahmebedingungen an systemischen Schwachstellen leide. Dass trifft aber gerade nicht zu, wie aus der ausführlichen Darstellung auf den Seiten 8 – 13 dieses Beschlusses hervorgeht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Vortrag des Antragstellers, unabhängig davon, dass es sich hierbei um vollkommen pauschale, nicht näher schlüssig dargebrachte Behauptungen handelt und ebenfalls unabhängig davon, dass der Antragsteller nach eigenen Angaben zwei Jahre und acht Monate in Italien gelebt hat, zutrifft; denn von systemischen Mängeln ist eben nur dann auszugehen, wenn das italienische Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft defizitär wären, was – siehe oben – nicht gegeben ist.

Der Antragsteller hat im Verwaltungsverfahren außerdem geltend gemacht, dass er an gesundheitlichen Einschränkungen leide. Dieser Vortrag steht aus zwei unabhängig voneinander Geltung beanspruchenden Gründen der Überstellung nach Italien nicht entgegen. Erstens hat der Antragsteller weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren Nachweise hierfür vorgelegt mit Ausnahme der im Rahmen der Anhörung vorgelegten ärztlichen Schreiben, die aber nicht ausreichen für den Nachweis einer krankheitsbedingten Unmöglichkeit der Überstellung. Das ärztliche Schreiben vom 29. Mai 2017 bescheinigt eine akute Urethritis (= Entzündung der Schleimhaut der Harnröhre), die am Tag der Anhörung bestanden haben mag; aus dem ärztlichen Schreiben geht aber nicht hervor, dass aktuell noch Auswirkungen vorliegen; dazu hätte es der Vorlage einer aktuellen Bescheinigung bedurft. Die beiden anderen Unterlagen vom 25. April und 3. Mai 2017 dagegen bescheinigen schon gar nichts, sondern geben nur vom Antragsteller geltend gemachte Beschwerden wieder; eine Behandlung hat der Antragsteller insofern nicht aufgesucht. Zweitens trifft es nach dem oben Gesagten nicht zu, dass eine medizinische Behandelbarkeit in Italien nicht besteht. Es sind keine Umstände ersichtlich, die einen Anhaltspunkt dafür geben könnten, dass eine erforderliche Behandlung gerade nur in der Bundesrepublik Deutschland erfolgen kann und nicht auch in Italien möglich ist. Auf die Ausführungen auf Seite 13 dieses Beschlusses wird Bezug genommen. Das bedeutet, dass der Antragsteller, unterstellt, seine (nicht ausreichend belegte) Behauptung einer gesundheitlichen Einschränkung träfe zu, in Italien ohne weiteres behandelt werden kann. Nach der bestehenden Auskunftslage sind Asylbewerber in Fragen der Gesundheitsversorgung den italienischen Staatsbürgern gleichgestellt. Die Anmeldung beim nationalen Gesundheitsdienst ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Inanspruchnahme medizinischer Leistungen nicht nur im Rahmen der Notfallversorgung, sondern auch hinsichtlich der Behandlung bei Spezialisten, etc. berechtigt. Die Überweisungen an Spezialisten sind zudem für Asylbewerber kostenfrei. Darüber hinaus besteht gerade für Asylbewerber die Möglichkeit, an Projekten von Nichtregierungsorganisationen oder anderen privaten Trägern, deren Mitarbeiter speziell auf die Behandlung psychischer Krankheiten von Flüchtlingen ausgebildet sind, teilzunehmen (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 25.8.2015 - 13 K 1723/15.A - juris Rn. 98ff.).

Die Angaben des Antragstellers im Rahmen der Anhörung nach § 25 AsylG – dass aus seiner Sicht der Grund für sein Asylbegehren ein von ihm gemeinsam mit anderen begangener Mord sei – führen ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis. Hierbei handelt es sich um die Geltendmachung von Umständen, die für die Überstellung des Antragstellers im Rahmen der Anwendung der Dublin III-Verordnung nicht relevant sind, vielmehr handelt es sich um sog. zielstaatsbezogenes Vorbringen, das zum Asylantrag des Antragstellers gehört, für den die Antragsgegnerin aber gerade nicht zuständig ist.

Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen in den Nummern 2 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids bestehen keine Bedenken.

3. Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Überstellung nach Italien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.

Die Antragsteller sind (alles nach eigenen Angaben) nigerianische Staatsangehörige mit der Volkszugehörigkeit der Esan und geboren am … 1987 bzw. am … 1989. Auf die Angaben im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und die persönliche Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrags jeweils am 28. Dezember 2016 (vgl. Bl. 40 - 43 bzw. Bl. 133 - 136 der Bundesamtsakte hinsichtlich des Antragstellers zu 1) sowie Bl. 45 - 48 bzw. Bl. 149 - 152 der Bundesamtsakte hinsichtlich der Antragstellerin zu 2)) wird Bezug genommen. Sie hätten das Heimatland erstmalig im Jahr 2014 verlassen und seien über den Niger, Libyen, Italien, wo sie sich ca. ein Jahr und sieben Monate aufgehalten hätten (Antragsteller zu 1) bzw. sechs Monate (Antragstellerin zu 2), und über Österreich nach Deutschland gereist, wo sie am 18. Dezember 2016 angekommen seien und wo sie am selben Tag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) - Außenstelle München einen Asylantrag gestellt haben. Sie hätten in Italien keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt (Antragsteller zu 1), im Mai 2015 seien ihm dort jedoch Fingerabdrücke abgenommen worden) bzw. im August 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt (Antragstellerin zu 2)). Außerdem wird auf die Angaben in den persönlichen Gesprächen zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens - Zweitbefragung jeweils am 17. Januar 2017 (Bl. 55 - 57 bzw. Bl. 183 - 185 der Bundesamtsakte hinsichtlich der Antragstellerin zu 2) sowie Bl. 63 - 65 der Bundesamtsakte hinsichtlich des Antragstellers zu 1)) Bezug genommen. Auf die Frage, ob es Staaten gebe, in die sie nicht überstellt werden wollten, erklärten die Antragsteller: in keinen anderen Staat; sie liebten es, in Deutschland zu leben und alles sei so schön, z.B. die Autos und die Häuser. Auf die Frage nach einer Schwangerschaft verneinte die Antragstellerin zu 2) (Bl. 56 der Bundesamtsakten).

Ebenfalls am 17. Januar 2017 fanden außerdem noch Anhörungen gemäß § 25 AsylG statt. Auf die Niederschriften (Bl. 50 - 54 bzw. Bl. 178 - 182 der Bundesamtsakte hinsichtlich der Antragstellerin zu 2) sowie Bl. 58 - 62 der Bundesamtsakte hinsichtlich des Antragstellers zu 1)) wird Bezug genommen.

Für die Antragsteller folgen aus dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgang EURODAC-Treffer für Italien (IT … und IT …) und für den Antragsteller zu 1) zusätzlich ein EURODAC-Treffer für Österreich (…).

Unter dem 26. Januar 2017 wurden für die Antragsteller Übernahmeersuchen an Österreich gestellt. Das österreichische Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl antwortete mit Schreiben vom 30. und 31. Januar 2017 und lehnte die Übernahme unter Verweis auf die Zuständigkeit Italiens ab.

Am 31. Januar 2017 wurden für die Antragsteller sodann Übernahmeersuchen an Italien gestellt. Auf das Übernahmeersuchen an Italien erfolgte keine Reaktion.

Bereits am 28. Dezember 2016 fand seitens der Regierung von Oberbayern - Zentrale Ausländerbehörde Oberbayern / Zentrale Passbeschaffung Bayern eine Befragung zur Identitätsklärung statt. Auf das Befragungsprotokoll (Bl. 199 - 202 sowie die Anlage Bl. 203 der Bundesamtsakten) und die „Einschätzung“ zur Erstbefragung (Bl. 204f. der Bundesamtsakten) hinsichtlich der Antragstellerin zu 2) und auf das Befragungsprotokoll (Bl. 222 - 226 sowie die Anlagen Bl. 227f. der Bundesamtsakten) im Übrigen und die „Einschätzung“ zur Erstbefragung (Bl. 229f. der Bundesamtsakten) hinsichtlich des Antragstellers zu 1) wird Bezug genommen.

Mit Bescheid vom … Februar 2017 lehnte das Bundesamt die Anträge als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3). Die Nr. 4 des Bescheids enthält die Befristungsentscheidung hinsichtlich des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG. Auf den Bescheid und seine Begründung wird Bezug genommen.

Der Bescheid wurde den Antragstellern laut unterzeichneter Empfangsbestätigung am 17. März 2017 zugestellt.

Die Antragsteller erhoben hiergegen zur Niederschrift bei der Rechtsantragstelle des Verwaltungsgerichts München am 20. März 2017 Klage (Az.: M 9 K 17.50820) und beantragten, den Bescheid vom 27. Februar 2017 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

# Außerdem beantragen sie, hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Italien gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung nehmen die Antragsteller Bezug auf die Angaben gegenüber dem Bundesamt. Die Antragstellerin zu 2) sei schwanger, sie hätten in Italien keine Unterkunft und keine Arbeit und auch die medizinische Betreuung dort sei nicht gut.

Mit Schreiben vom 3. April 2017 bestellte sich der Bevollmächtigte der Antragsteller und wiederholte den gestellten Klageantrag; eine weitergehende Begründung wurde nicht vorgebracht.

Die Antragsgegnerin legte die Behördenakten vor, äußerte sich in der Sache aber nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem und im dazugehörigen Klageverfahren und der Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist zwar zulässig, insbesondere ist er fristgerecht gestellt worden, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Der Antrag ist jedoch unbegründet, denn die Hauptsacheklage hat voraussichtlich keinen Erfolg.

Der Bescheid der Antragsgegnerin vom … Februar 2017, auf den im Sinne von

§ 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen wird, ist voraussichtlich rechtmäßig.

Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.

1. Italien ist als Mitgliedstaat, in dem beide Antragsteller ausweislich der Eurodac-Treffer für Italien einen Asylantrag gestellt haben bzw. über dessen Grenze sie aus einem Drittstaat illegal eingereist sind, für die Durchführung der Asylverfahren zuständig.

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III-VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die - wie hier - nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung.

Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Bei Anwendung dieser Kriterien ist Italien für die Durchführung der Asylverfahren zuständig. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig, über dessen Grenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat illegal eingereist ist. Das ist auch nach dem eigenen Vortrag der Antragsteller Italien. Diese haben dort auch einen Asylantrag gestellt. Der Umstand der Asylantragstellung in Italien wird belegt durch den für beide Antragsteller erzielten Eurodac-Treffer mit der Kennzeichnung „IT1“. Die Ziffer „1“ steht für einen Antrag auf internationalen Schutz (Art. 24 Abs. 4 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 vom 26.6.2013 (Neufassung) (EURODAC-VO)). Die Zuständigkeit Italiens ist auch nicht gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO erloschen. Damit ist vorliegend Italien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat.

Da die italienischen Behörden auf das Wiederaufnahmeersuchen der Antragsgegnerin nicht reagiert haben, ist gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO davon auszugehen, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen (Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO).

2. Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden.

Die Zuständigkeit ist nicht gem. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen, weil eine Überstellung an Italien als den zuständigen Mitgliedstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt wären.

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v.14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v.19.03.2014 - 10 B 6.14 -, juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass die Antragsteller in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufen, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. BayVGH, U.v.28.02.2014 - 13a B 13.30295 -, juris; OVG NRW, B.v. 16.2.2017 - 13 A 316/17.A - juris Rn. 3 - 5; U.v.22.09.2016 - 13 A 2248/15.A -, juris Rn. 72ff.; U.v.18.07.2016 - 13 A 1859/14.A -, juris Rn. 54ff.; U.v.24.04.2015 - 14 A 2356/12.A -, juris; U.v. 07.03.2014 - 1 A 21/12.A -, juris; VGH BW, U.v.16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris; OVG Rh-Pf, U.v.21.02.2014 - 10 A 10656/13.OVG -, juris; OVG LSA, U.v.02.10.2013 - 3 L 645/12 -, juris; OVG Berlin-Bbg, B.v.17.06.2013 - OVG 7 S. 33.13 -, juris; NdsOVG, B.v.30.01.2014 - 4 LA 167/13 -, juris; U.v.25.06.2015 - 11 LB 248/14 -, juris; vgl. auch BVerfG, Kammerb.v.17.09.2014 - 2 BvR 732/14 -, juris). Danach verfügt Italien unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, welches trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. Obwohl sich in Teilbereichen der tatsächlichen Aufnahmebedingungen durchaus erhebliche Mängel und Defizite feststellen lassen, werden diese, weder für sich genommen noch insgesamt, als so gravierend bewertet, dass ein grundlegendes, systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen Dublin-Rückkehrer nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 EUGRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad impliziert (vgl. OVG NRW, U.v.07.03.2014, a.a.O, Rn 132; OVG Rh-Pf, U.v. 21.02.2014, a.a.O, Rn 45 f.).

Das Gericht schließt sich damit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 - Hussein u.a../.Niederlande und Italien, Nr. 27725/10 -, ZAR 2013, 336; B.v.18.06.2013 - Halimi./.Österreich und Italien, Nr. 53852/11 -, ZAR 2013, 338). Unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und -organisationen über die Aufnahmeprogramme für Asylbewerber in Italien kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zwecken eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hätten, zwar einige Mängel aufweisen mögen, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber als Mitglieder einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen würden. Berichte des UNHCR und des Menschenrechtskommissars wiesen auf jüngste Verbesserungen der Situation hin mit dem Ziel der Mängelbeseitigung; alle Berichte zeigten übereinstimmend und ausführlich die Existenz ausgearbeiteter Strukturen von Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen, die auf die Bedürfnisse der Asylbewerber zugeschnitten seien. Diese Rechtsauffassung hat der EGMR, dessen Rechtsprechung für die Auslegung der EMRK auch über den jeweilig entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion hat (BVerfG, U.v.04.05.2011 - 2 BvR 2333/08 -, juris), durch seine Entscheidung vom 10. September 2013 (Nr. 2314/10 - HUDOC) ausdrücklich bestätigt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des EGMR vom 4. November 2014 im Verfahren Tarakhel ./. Schweiz (Az. 29217/12, NVwZ 2015, 127 ff.). Der EGMR hat hier lediglich entschieden, dass die Schweizer Behörden die Abschiebung einer Familie nach Italien nicht vornehmen dürfen, ohne vorher individuelle Garantien von den italienischen Behörden erhalten zu haben, dass die Antragsteller in Italien in einer dem Alter der Kinder adäquaten Art und Weise behandelt werden und die Familie zusammenbleiben darf. Das Urteil beinhaltet damit keine Aussage zu eventuellen systemischen Mängeln in Italien, sondern lediglich eine Einschränkung für die Abschiebung von Familien nach Italien. Zudem hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 5. Februar 2015 im Verfahren A.M.E. ./. Niederlande (Az. 51428/10) entschieden, dass die Struktur und die Gesamtsituation des italienischen Flüchtlings- und Asylbewerberaufnahmesystems kein genereller Grund sind, eine Überstellung im Zuge des sog. Dublin-Verfahrens zu verbieten. Unabhängig davon sind die Umstände des streitgegenständlichen Falles der Antragsteller mit denjenigen in der Entscheidung des EGMR nicht vergleichbar.

Auch aus neueren Erkenntnismitteln können keine Hinweise auf systemische Mängel entnommen werden. In dem vom Europäischen Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen (ECRE) für das Projekt AIDA - Asylum Information Database erstellten Länderbericht zu Italien vom Dezember 2015 (abrufbar unter http: …www.asylumineurope.org/reports/country/italy) wird zwar ausgeführt (vgl. S. 62 ff. des Berichts), dass dort zumindest in der Vergangenheit nicht für alle Asylbewerber adäquate Aufnahmeeinrichtungen zur Verfügung gestanden haben und die Zahl von Unterbringungsplätzen nur unzureichend war. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der italienische Staat hiergegen erfolgsversprechende Gegenmaßnahmen ergreift. Zum einen werden die Kapazitäten der Aufnahmeeinrichtungen dem vorgenannten Bericht zufolge seit 2013 deutlich erhöht. UNHCR und Nichtregierungsorganisationen beraten die staatlichen Stellen bei der Verbesserung der Aufnahmebedingungen. Speziell für Dublin-Rückkehrer wurden zum anderen Zentren zur übergangsweisen Unterbringung eingerichtet (vgl. S. 63f. des Berichts). Ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen lässt sich dem AIDA-Bericht nicht entnehmen. Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann daher auch für die Personengruppe, der die Antragsteller angehören, nicht angenommen werden.

Auch aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von August 2016 (vgl. Schweizerischen Flüchtlingshilfe (https: …www.fluechtlingshilfe.ch/…/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen) ergibt sich nichts Anderes. Denn erstens handelt es sich hierbei nicht um das einzig richtige bzw. einzig maßgebliche Erkenntnismittel, vielmehr ergibt eine Berücksichtigung dieses Erkenntnismittels in der Zusammenschau mit den zahlreichen anderen vorhandenen Erkenntnismitteln eben im Ergebnis, dass systemische Mängel im italienischen Asylverfahren nicht vorliegen. Zweitens wäre die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien erst dann überschritten, wenn absehbar wäre, dass auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung des Problems ergriffen würden. Dafür gibt es auch nach dem aktuellen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe aus dem August 2016 keine Hinweise (vgl. VG Schwerin, U.v.26.09.2016 - 16 A 1757/15 As SN -, juris Rn. 122), auch ansonsten ist das nicht der Fall (vgl. z.B. OVG NRW, U.v.18.07.2016 - 13 A 1859/14.A -, juris Rn. 103ff.).

Die gegenwärtig hohe Zahl von Einwanderern nach Italien stellt keinen Umstand dar, der eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien würde erst dann überschritten, wenn auf die erhöhte Zahl von Einwanderern hin keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung der damit verbundenen Probleme ergriffen würden. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden (vgl. OVG NRW, U.v.24.04.2015 a.a.O.).

Auch der Umstand, dass sich die Situation der Antragsteller in Italien u.U. deutlich schlechter als im Bundesgebiet darstellt, begründet keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 - a.a.O.).

Auch im Hinblick auf medizinische Betreuung und Versorgung ergibt sich keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Asylverfahren durchzuführen (vgl. EGMR, U.v.30.6.2015 - 39350/13 - A.S. gegen Schweiz), da Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge verfügt, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Nach der bestehenden Auskunftslage funktioniert die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten grundsätzlich ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung (vgl. VG Ansbach, U.v.11.12.2015 - AN 14 K 15.50316 -, juris Rn. 26 m.w.N.). Auch der bereits erwähnte Bericht von AIDA bestätigt die Gleichstellung von Asylsuchenden und international Schutzberechtigten mit italienischen Staatsangehörigen hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung (vgl. dort S. 84). Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt steht eine kostenfreie medizinische Versorgung auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert dabei die Not- und Grundversorgung auch von Personen, die sich illegal im Land aufhalten (VG Augsburg, B.v.19.09.2015 - Au 7 S. 15.50412 -, juris). Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei (VG München, B.v.05.11.2014 - M 18 S. 14.50356 - juris m.w.N.). Auch bei Überstellung von kranken Personen, deren Asylverfahren in Italien negativ abgeschlossen ist, besteht damit die Möglichkeit der Behandlung. Es ist daher davon auszugehen, dass die Antragsteller, die noch dazu jedenfalls nach ihren eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren gesund sind, in Italien Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung haben.

Schließlich begründet auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, keine systemischen Mängel. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares, landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (VGH BW, U.v.16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris).

Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen, liegen nicht vor. Ebenso wenig liegen inlandsbezogene oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse vor.

Für die Antragsteller ist außer der bei der Antragstellung in der Rechtsantragstelle vorgetragenen Schwangerschaft der Antragstellerin zu 2) überhaupt kein individuelles Vorbringen erfolgt. Die behauptete Schwangerschaft der Antragstellerin zu 2) führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Schwangerschaft ist bereits nicht hinreichend belegt (vgl. zu den Mindestanforderungen VG München, B.v.28.7.2016 - M 6 S. 16.50275 - juris Rn. 22), vielmehr erschöpft sich der Vortrag in der bloßen Behauptung des Umstands der Schwangerschaft, ohne dass irgendein Beleg hierfür vorgelegt wurde, obwohl hierfür genug Zeit gewesen wäre und obwohl das ohne weiteres möglich ist (vgl. VG München, B.v.13.1.2017 - M 9 S. 17.50040 für eine vergleichbare Konstellation). Unabhängig davon begründet eine Schwangerschaft bei der Antragstellerin zu 2), würde man diese unterstellen, kein - im vorliegenden Verfahren mitzuprüfendes - sog. inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis. Denn insoweit ist darauf abzustellen, ob die Mutterschutzfristen (§§ 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Satz 1 MuSchG) tangiert sind, was bei der Antragstellerin zu 2) nicht der Fall sein kann, da sie noch in der Anhörung am 17. Januar 2017 auf die ausdrückliche Frage nach einer Schwangerschaft verneint hat. Daher ist, immer noch unterstellt, die nur behauptete Schwangerschaft ist gegeben, vom Zeitablauf unter Berücksichtigung des Umstands, dass am 17. Januar 2017 eine Schwangerschaft noch nicht bekannt war, ausgeschlossen, dass sich die Antragstellerin zu 2) aktuell bereits im zeitlichen Geltungsbereich der Mutterschutzfrist befindet. Der Fall einer Risikoschwangerschaft, bei dem die Betrachtung der Mutterschutzfristen nicht ausreichen würde, ist nicht einmal behauptet.

Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis hinsichtlich Italien folgt aus der - unterstellten - Schwangerschaft ebenfalls nicht (vgl. VG München, B.v. 20.3.2017 - M 9 S. 17.50539 - juris Rn. 42).

Der Umstand, dass die Antragsteller im jeweiligen persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens - Zweitbefragung geltend gemacht haben, dass sie in keinen anderen Mitgliedstaat wollen, begründet keine - nach dem oben Gesagten nicht vorliegenden - systemischen Mängel des italienischen Asylverfahrens, unabhängig davon, dass die Antragsteller nach eigenen Angaben insgesamt ein Jahr und sieben Monate bzw. sechs Monate in Italien gelebt haben.

Die Angaben der Antragsteller im Rahmen der Anhörung nach § 25 AsylG führen ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis. Hierbei handelt es sich um die Geltendmachung von Umständen, die für die Überstellung der Antragsteller im Rahmen der Anwendung der Dublin III-Verordnung nicht relevant sind, vielmehr handelt es sich um sog. zielstaatsbezogenes Vorbringen, das zum Asylantrag der Antragsteller gehört, für den die Antragsgegnerin aber gerade nicht zuständig ist.

Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen in den Nummern 2 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids bestehen keine Bedenken.

3. Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Überstellung nach Italien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.

Die Antragsteller sind (alles nach eigenen Angaben) nigerianische Staatsangehörige mit der Volkszugehörigkeit der Esan und geboren am … 1987 bzw. am … 1989. Auf die Angaben im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und die persönliche Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrags jeweils am 28. Dezember 2016 (vgl. Bl. 40 - 43 bzw. Bl. 133 - 136 der Bundesamtsakte hinsichtlich des Antragstellers zu 1) sowie Bl. 45 - 48 bzw. Bl. 149 - 152 der Bundesamtsakte hinsichtlich der Antragstellerin zu 2)) wird Bezug genommen. Sie hätten das Heimatland erstmalig im Jahr 2014 verlassen und seien über den Niger, Libyen, Italien, wo sie sich ca. ein Jahr und sieben Monate aufgehalten hätten (Antragsteller zu 1) bzw. sechs Monate (Antragstellerin zu 2), und über Österreich nach Deutschland gereist, wo sie am 18. Dezember 2016 angekommen seien und wo sie am selben Tag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) - Außenstelle München einen Asylantrag gestellt haben. Sie hätten in Italien keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt (Antragsteller zu 1), im Mai 2015 seien ihm dort jedoch Fingerabdrücke abgenommen worden) bzw. im August 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt (Antragstellerin zu 2)). Außerdem wird auf die Angaben in den persönlichen Gesprächen zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens - Zweitbefragung jeweils am 17. Januar 2017 (Bl. 55 - 57 bzw. Bl. 183 - 185 der Bundesamtsakte hinsichtlich der Antragstellerin zu 2) sowie Bl. 63 - 65 der Bundesamtsakte hinsichtlich des Antragstellers zu 1)) Bezug genommen. Auf die Frage, ob es Staaten gebe, in die sie nicht überstellt werden wollten, erklärten die Antragsteller: in keinen anderen Staat; sie liebten es, in Deutschland zu leben und alles sei so schön, z.B. die Autos und die Häuser. Auf die Frage nach einer Schwangerschaft verneinte die Antragstellerin zu 2) (Bl. 56 der Bundesamtsakten).

Ebenfalls am 17. Januar 2017 fanden außerdem noch Anhörungen gemäß § 25 AsylG statt. Auf die Niederschriften (Bl. 50 - 54 bzw. Bl. 178 - 182 der Bundesamtsakte hinsichtlich der Antragstellerin zu 2) sowie Bl. 58 - 62 der Bundesamtsakte hinsichtlich des Antragstellers zu 1)) wird Bezug genommen.

Für die Antragsteller folgen aus dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgang EURODAC-Treffer für Italien (IT … und IT …) und für den Antragsteller zu 1) zusätzlich ein EURODAC-Treffer für Österreich (…).

Unter dem 26. Januar 2017 wurden für die Antragsteller Übernahmeersuchen an Österreich gestellt. Das österreichische Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl antwortete mit Schreiben vom 30. und 31. Januar 2017 und lehnte die Übernahme unter Verweis auf die Zuständigkeit Italiens ab.

Am 31. Januar 2017 wurden für die Antragsteller sodann Übernahmeersuchen an Italien gestellt. Auf das Übernahmeersuchen an Italien erfolgte keine Reaktion.

Bereits am 28. Dezember 2016 fand seitens der Regierung von Oberbayern - Zentrale Ausländerbehörde Oberbayern / Zentrale Passbeschaffung Bayern eine Befragung zur Identitätsklärung statt. Auf das Befragungsprotokoll (Bl. 199 - 202 sowie die Anlage Bl. 203 der Bundesamtsakten) und die „Einschätzung“ zur Erstbefragung (Bl. 204f. der Bundesamtsakten) hinsichtlich der Antragstellerin zu 2) und auf das Befragungsprotokoll (Bl. 222 - 226 sowie die Anlagen Bl. 227f. der Bundesamtsakten) im Übrigen und die „Einschätzung“ zur Erstbefragung (Bl. 229f. der Bundesamtsakten) hinsichtlich des Antragstellers zu 1) wird Bezug genommen.

Mit Bescheid vom … Februar 2017 lehnte das Bundesamt die Anträge als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3). Die Nr. 4 des Bescheids enthält die Befristungsentscheidung hinsichtlich des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG. Auf den Bescheid und seine Begründung wird Bezug genommen.

Der Bescheid wurde den Antragstellern laut unterzeichneter Empfangsbestätigung am 17. März 2017 zugestellt.

Die Antragsteller erhoben hiergegen zur Niederschrift bei der Rechtsantragstelle des Verwaltungsgerichts München am 20. März 2017 Klage (Az.: M 9 K 17.50820) und beantragten, den Bescheid vom 27. Februar 2017 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

# Außerdem beantragen sie, hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Italien gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung nehmen die Antragsteller Bezug auf die Angaben gegenüber dem Bundesamt. Die Antragstellerin zu 2) sei schwanger, sie hätten in Italien keine Unterkunft und keine Arbeit und auch die medizinische Betreuung dort sei nicht gut.

Mit Schreiben vom 3. April 2017 bestellte sich der Bevollmächtigte der Antragsteller und wiederholte den gestellten Klageantrag; eine weitergehende Begründung wurde nicht vorgebracht.

Die Antragsgegnerin legte die Behördenakten vor, äußerte sich in der Sache aber nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem und im dazugehörigen Klageverfahren und der Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist zwar zulässig, insbesondere ist er fristgerecht gestellt worden, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Der Antrag ist jedoch unbegründet, denn die Hauptsacheklage hat voraussichtlich keinen Erfolg.

Der Bescheid der Antragsgegnerin vom … Februar 2017, auf den im Sinne von

§ 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen wird, ist voraussichtlich rechtmäßig.

Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.

1. Italien ist als Mitgliedstaat, in dem beide Antragsteller ausweislich der Eurodac-Treffer für Italien einen Asylantrag gestellt haben bzw. über dessen Grenze sie aus einem Drittstaat illegal eingereist sind, für die Durchführung der Asylverfahren zuständig.

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III-VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die - wie hier - nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung.

Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Bei Anwendung dieser Kriterien ist Italien für die Durchführung der Asylverfahren zuständig. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig, über dessen Grenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat illegal eingereist ist. Das ist auch nach dem eigenen Vortrag der Antragsteller Italien. Diese haben dort auch einen Asylantrag gestellt. Der Umstand der Asylantragstellung in Italien wird belegt durch den für beide Antragsteller erzielten Eurodac-Treffer mit der Kennzeichnung „IT1“. Die Ziffer „1“ steht für einen Antrag auf internationalen Schutz (Art. 24 Abs. 4 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 vom 26.6.2013 (Neufassung) (EURODAC-VO)). Die Zuständigkeit Italiens ist auch nicht gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO erloschen. Damit ist vorliegend Italien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat.

Da die italienischen Behörden auf das Wiederaufnahmeersuchen der Antragsgegnerin nicht reagiert haben, ist gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO davon auszugehen, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen (Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO).

2. Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden.

Die Zuständigkeit ist nicht gem. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen, weil eine Überstellung an Italien als den zuständigen Mitgliedstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt wären.

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v.14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v.19.03.2014 - 10 B 6.14 -, juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass die Antragsteller in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufen, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. BayVGH, U.v.28.02.2014 - 13a B 13.30295 -, juris; OVG NRW, B.v. 16.2.2017 - 13 A 316/17.A - juris Rn. 3 - 5; U.v.22.09.2016 - 13 A 2248/15.A -, juris Rn. 72ff.; U.v.18.07.2016 - 13 A 1859/14.A -, juris Rn. 54ff.; U.v.24.04.2015 - 14 A 2356/12.A -, juris; U.v. 07.03.2014 - 1 A 21/12.A -, juris; VGH BW, U.v.16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris; OVG Rh-Pf, U.v.21.02.2014 - 10 A 10656/13.OVG -, juris; OVG LSA, U.v.02.10.2013 - 3 L 645/12 -, juris; OVG Berlin-Bbg, B.v.17.06.2013 - OVG 7 S. 33.13 -, juris; NdsOVG, B.v.30.01.2014 - 4 LA 167/13 -, juris; U.v.25.06.2015 - 11 LB 248/14 -, juris; vgl. auch BVerfG, Kammerb.v.17.09.2014 - 2 BvR 732/14 -, juris). Danach verfügt Italien unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, welches trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. Obwohl sich in Teilbereichen der tatsächlichen Aufnahmebedingungen durchaus erhebliche Mängel und Defizite feststellen lassen, werden diese, weder für sich genommen noch insgesamt, als so gravierend bewertet, dass ein grundlegendes, systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen Dublin-Rückkehrer nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 EUGRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad impliziert (vgl. OVG NRW, U.v.07.03.2014, a.a.O, Rn 132; OVG Rh-Pf, U.v. 21.02.2014, a.a.O, Rn 45 f.).

Das Gericht schließt sich damit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 - Hussein u.a../.Niederlande und Italien, Nr. 27725/10 -, ZAR 2013, 336; B.v.18.06.2013 - Halimi./.Österreich und Italien, Nr. 53852/11 -, ZAR 2013, 338). Unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und -organisationen über die Aufnahmeprogramme für Asylbewerber in Italien kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zwecken eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hätten, zwar einige Mängel aufweisen mögen, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber als Mitglieder einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen würden. Berichte des UNHCR und des Menschenrechtskommissars wiesen auf jüngste Verbesserungen der Situation hin mit dem Ziel der Mängelbeseitigung; alle Berichte zeigten übereinstimmend und ausführlich die Existenz ausgearbeiteter Strukturen von Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen, die auf die Bedürfnisse der Asylbewerber zugeschnitten seien. Diese Rechtsauffassung hat der EGMR, dessen Rechtsprechung für die Auslegung der EMRK auch über den jeweilig entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion hat (BVerfG, U.v.04.05.2011 - 2 BvR 2333/08 -, juris), durch seine Entscheidung vom 10. September 2013 (Nr. 2314/10 - HUDOC) ausdrücklich bestätigt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des EGMR vom 4. November 2014 im Verfahren Tarakhel ./. Schweiz (Az. 29217/12, NVwZ 2015, 127 ff.). Der EGMR hat hier lediglich entschieden, dass die Schweizer Behörden die Abschiebung einer Familie nach Italien nicht vornehmen dürfen, ohne vorher individuelle Garantien von den italienischen Behörden erhalten zu haben, dass die Antragsteller in Italien in einer dem Alter der Kinder adäquaten Art und Weise behandelt werden und die Familie zusammenbleiben darf. Das Urteil beinhaltet damit keine Aussage zu eventuellen systemischen Mängeln in Italien, sondern lediglich eine Einschränkung für die Abschiebung von Familien nach Italien. Zudem hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 5. Februar 2015 im Verfahren A.M.E. ./. Niederlande (Az. 51428/10) entschieden, dass die Struktur und die Gesamtsituation des italienischen Flüchtlings- und Asylbewerberaufnahmesystems kein genereller Grund sind, eine Überstellung im Zuge des sog. Dublin-Verfahrens zu verbieten. Unabhängig davon sind die Umstände des streitgegenständlichen Falles der Antragsteller mit denjenigen in der Entscheidung des EGMR nicht vergleichbar.

Auch aus neueren Erkenntnismitteln können keine Hinweise auf systemische Mängel entnommen werden. In dem vom Europäischen Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen (ECRE) für das Projekt AIDA - Asylum Information Database erstellten Länderbericht zu Italien vom Dezember 2015 (abrufbar unter http: …www.asylumineurope.org/reports/country/italy) wird zwar ausgeführt (vgl. S. 62 ff. des Berichts), dass dort zumindest in der Vergangenheit nicht für alle Asylbewerber adäquate Aufnahmeeinrichtungen zur Verfügung gestanden haben und die Zahl von Unterbringungsplätzen nur unzureichend war. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der italienische Staat hiergegen erfolgsversprechende Gegenmaßnahmen ergreift. Zum einen werden die Kapazitäten der Aufnahmeeinrichtungen dem vorgenannten Bericht zufolge seit 2013 deutlich erhöht. UNHCR und Nichtregierungsorganisationen beraten die staatlichen Stellen bei der Verbesserung der Aufnahmebedingungen. Speziell für Dublin-Rückkehrer wurden zum anderen Zentren zur übergangsweisen Unterbringung eingerichtet (vgl. S. 63f. des Berichts). Ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen lässt sich dem AIDA-Bericht nicht entnehmen. Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann daher auch für die Personengruppe, der die Antragsteller angehören, nicht angenommen werden.

Auch aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von August 2016 (vgl. Schweizerischen Flüchtlingshilfe (https: …www.fluechtlingshilfe.ch/…/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen) ergibt sich nichts Anderes. Denn erstens handelt es sich hierbei nicht um das einzig richtige bzw. einzig maßgebliche Erkenntnismittel, vielmehr ergibt eine Berücksichtigung dieses Erkenntnismittels in der Zusammenschau mit den zahlreichen anderen vorhandenen Erkenntnismitteln eben im Ergebnis, dass systemische Mängel im italienischen Asylverfahren nicht vorliegen. Zweitens wäre die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien erst dann überschritten, wenn absehbar wäre, dass auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung des Problems ergriffen würden. Dafür gibt es auch nach dem aktuellen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe aus dem August 2016 keine Hinweise (vgl. VG Schwerin, U.v.26.09.2016 - 16 A 1757/15 As SN -, juris Rn. 122), auch ansonsten ist das nicht der Fall (vgl. z.B. OVG NRW, U.v.18.07.2016 - 13 A 1859/14.A -, juris Rn. 103ff.).

Die gegenwärtig hohe Zahl von Einwanderern nach Italien stellt keinen Umstand dar, der eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien würde erst dann überschritten, wenn auf die erhöhte Zahl von Einwanderern hin keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung der damit verbundenen Probleme ergriffen würden. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden (vgl. OVG NRW, U.v.24.04.2015 a.a.O.).

Auch der Umstand, dass sich die Situation der Antragsteller in Italien u.U. deutlich schlechter als im Bundesgebiet darstellt, begründet keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 - a.a.O.).

Auch im Hinblick auf medizinische Betreuung und Versorgung ergibt sich keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Asylverfahren durchzuführen (vgl. EGMR, U.v.30.6.2015 - 39350/13 - A.S. gegen Schweiz), da Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge verfügt, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Nach der bestehenden Auskunftslage funktioniert die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten grundsätzlich ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung (vgl. VG Ansbach, U.v.11.12.2015 - AN 14 K 15.50316 -, juris Rn. 26 m.w.N.). Auch der bereits erwähnte Bericht von AIDA bestätigt die Gleichstellung von Asylsuchenden und international Schutzberechtigten mit italienischen Staatsangehörigen hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung (vgl. dort S. 84). Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt steht eine kostenfreie medizinische Versorgung auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert dabei die Not- und Grundversorgung auch von Personen, die sich illegal im Land aufhalten (VG Augsburg, B.v.19.09.2015 - Au 7 S. 15.50412 -, juris). Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei (VG München, B.v.05.11.2014 - M 18 S. 14.50356 - juris m.w.N.). Auch bei Überstellung von kranken Personen, deren Asylverfahren in Italien negativ abgeschlossen ist, besteht damit die Möglichkeit der Behandlung. Es ist daher davon auszugehen, dass die Antragsteller, die noch dazu jedenfalls nach ihren eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren gesund sind, in Italien Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung haben.

Schließlich begründet auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, keine systemischen Mängel. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares, landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (VGH BW, U.v.16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris).

Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen, liegen nicht vor. Ebenso wenig liegen inlandsbezogene oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse vor.

Für die Antragsteller ist außer der bei der Antragstellung in der Rechtsantragstelle vorgetragenen Schwangerschaft der Antragstellerin zu 2) überhaupt kein individuelles Vorbringen erfolgt. Die behauptete Schwangerschaft der Antragstellerin zu 2) führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Schwangerschaft ist bereits nicht hinreichend belegt (vgl. zu den Mindestanforderungen VG München, B.v.28.7.2016 - M 6 S. 16.50275 - juris Rn. 22), vielmehr erschöpft sich der Vortrag in der bloßen Behauptung des Umstands der Schwangerschaft, ohne dass irgendein Beleg hierfür vorgelegt wurde, obwohl hierfür genug Zeit gewesen wäre und obwohl das ohne weiteres möglich ist (vgl. VG München, B.v.13.1.2017 - M 9 S. 17.50040 für eine vergleichbare Konstellation). Unabhängig davon begründet eine Schwangerschaft bei der Antragstellerin zu 2), würde man diese unterstellen, kein - im vorliegenden Verfahren mitzuprüfendes - sog. inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis. Denn insoweit ist darauf abzustellen, ob die Mutterschutzfristen (§§ 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Satz 1 MuSchG) tangiert sind, was bei der Antragstellerin zu 2) nicht der Fall sein kann, da sie noch in der Anhörung am 17. Januar 2017 auf die ausdrückliche Frage nach einer Schwangerschaft verneint hat. Daher ist, immer noch unterstellt, die nur behauptete Schwangerschaft ist gegeben, vom Zeitablauf unter Berücksichtigung des Umstands, dass am 17. Januar 2017 eine Schwangerschaft noch nicht bekannt war, ausgeschlossen, dass sich die Antragstellerin zu 2) aktuell bereits im zeitlichen Geltungsbereich der Mutterschutzfrist befindet. Der Fall einer Risikoschwangerschaft, bei dem die Betrachtung der Mutterschutzfristen nicht ausreichen würde, ist nicht einmal behauptet.

Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis hinsichtlich Italien folgt aus der - unterstellten - Schwangerschaft ebenfalls nicht (vgl. VG München, B.v. 20.3.2017 - M 9 S. 17.50539 - juris Rn. 42).

Der Umstand, dass die Antragsteller im jeweiligen persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens - Zweitbefragung geltend gemacht haben, dass sie in keinen anderen Mitgliedstaat wollen, begründet keine - nach dem oben Gesagten nicht vorliegenden - systemischen Mängel des italienischen Asylverfahrens, unabhängig davon, dass die Antragsteller nach eigenen Angaben insgesamt ein Jahr und sieben Monate bzw. sechs Monate in Italien gelebt haben.

Die Angaben der Antragsteller im Rahmen der Anhörung nach § 25 AsylG führen ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis. Hierbei handelt es sich um die Geltendmachung von Umständen, die für die Überstellung der Antragsteller im Rahmen der Anwendung der Dublin III-Verordnung nicht relevant sind, vielmehr handelt es sich um sog. zielstaatsbezogenes Vorbringen, das zum Asylantrag der Antragsteller gehört, für den die Antragsgegnerin aber gerade nicht zuständig ist.

Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen in den Nummern 2 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids bestehen keine Bedenken.

3. Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Über-stellung nach Italien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.

Der Antragsteller ist (alles nach eigenen Angaben, im Verfahren hat der Antragsteller jedoch eine Geburtsbescheinigung und ein Schulzeugnis vorgelegt, Bl. 107 – 109 der Bundesamtsakten) nigerianischer Staatsangehöriger mit der Volkszugehörigkeit der Edo (auch Bini genannt) und geboren am 26. November 1989 (an anderer Stelle hat der Antragsteller den 21. November 1994 als Geburtsdatum angegeben, vgl. Bl. 59 der Bundesamtsakten). Auf seine Angaben im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und die persönliche Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrags am 8. Mai 2017 (vgl. Bl. 3 – 6 der Bundesamtsakte) wird Bezug genommen. Er habe sein Heimatland erstmalig am 22. Mai 2014 verlassen und sei über den Niger, Libyen und Italien, wo er sich zwei Jahre und acht Monate aufgehalten habe, nach Deutschland gereist – wie er von Italien nach Deutschland gekommen ist, hat der Antragsteller zunächst nicht angegeben (vgl. aber Bl. 51 der Bundesamtsakten) –, wo er am 22. April 2017 angekommen sei und wo er am 8. Mai 2017 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) – Außenstelle München einen Asylantrag gestellt hat. Er habe in Italien internationalen Schutz beantragt. Im Verwaltungsverfahren hat der Antragsteller eine italienische carta d’identita vorgelegt (Bl. 42 der Bundesamtsakten).

Am 6. Juni 2017 fand außerdem noch eine Anhörung gemäß § 25 AsylG statt. Im Verlauf dieser Anhörung machte der Antragsteller geltend, dass er in Italien nicht behandelt worden sei, er habe auf der Straße gelebt, kein Dach über dem Kopf und keine Arbeit gehabt. Er brauche Hilfe, um seine Krankheit zu heilen, dann könne er auch arbeiten und brauche nicht zu stehlen. Auf die Niederschrift (Bl. 56 – 63 bzw. Bl. 81 – 88 der Bundesamtsakte) im Übrigen wird Bezug genommen. Im Rahmen der Anhörung hat der Antragsteller eine urologische ärztliche Unterlage vorgelegt, der zufolge er eine akute Urethritis habe (Schreiben Urologie M. vom 29.5.2017, Bl. 65 der Bundesamtsakten, außerdem MKT Krankentransport – Abteilung Sanitätsdienst vom 3.5.2017, Bl. 66 der Bundesamtsakten und ärztlicher Dienst der Landeshauptstadt München, H. Straße, vom 25.4.2017, Bl. 67 der Bundesamtsakten).

Ebenfalls am 6. Juni 2017 fand eine Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 – 4 AsylG i.V.m. § 25 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 AsylG statt. Dort gab der Antragsteller an, er habe Augen-, Ohr- und Halsprobleme, er könne nachts nicht schlafen, sein Kopf tue weh. Auf die Frage, ob der deswegen in ärztlicher Behandlung sei, verneinte der Antragsteller und sagte, es solle ein Termin gemacht werden, als erstes müsse „alles mit seiner Blase in Ordnung kommen“; auf die Frage nach ärztlichen Attesten kündigte der Antragsteller an, diese nachzureichen. Er brauche Medikamente für die Blase, wegen der Ohren nehme er Tropfen. Auf die Frage, ob es Gründe dagegen gebe, dass sein Asylantrag in einem anderen Mitgliedstaat geprüft werde, gab der Antragsteller an, nur Deutschland komme infrage. Befragt nach den Gründen sagte er, er wolle hier zur Schule und arbeiten. Außerdem sagte er noch, er unterschreibe hier anders als in Italien, weil seine Unterschrift in Italien gefälscht worden sei, um an sein Essen zu kommen. Im Übrigen wird auf die Niederschrift Bezug genommen (Bl. 69 – 73 bzw. Bl. 89 – 92 der Bundesamtsakten).

Mit zwei Schreiben jeweils vom 6. Juni 2017 (Bl. 74f. und Bl. 77 der Bundesamtsakten) wurden der Antragsteller bzw. dessen behandelnder Arzt (dieses Schreiben wurde dem Antragsteller mitgegeben) aufgefordert, Atteste vorzulegen. Vorgelegt wurde allerdings nichts.

Bereits am 4. Mai 2017 fand seitens der Regierung von Oberbayern – Zentrale Ausländerbehörde Oberbayern / Zentrale Passbeschaffung Bayern eine Befragung zur Identitätsklärung statt. Auf das Befragungsprotokoll (Bl. 47 – 51 sowie die Anlagen Bl. 52f.) im Übrigen und die „Einschätzung“ zur Erstbefragung (Bl. 54f. der Bundesamtsakten) wird Bezug genommen.

Für den Antragsteller folgt aus dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwal-tungsvorgang ein Eurodac-Treffer für Italien (IT1BA018C6; Bl. 2 der Bundesamtsak-ten).

Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 7. Juni 2017 an Italien erfolgte keine Reaktion.

Mit Bescheid vom 22. Juni 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3). Die Nr. 4 des Bescheids enthält die Befristungsentscheidung hinsichtlich des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG. Auf den Bescheid und seine Begründung wird Bezug genommen.

Mit Begleitschreiben ebenfalls vom 22. Juni 2017 wurde der Bescheid an den An-tragsteller versandt. Der Bescheid wurde dem Antragsteller laut Postzustellungsur-kunde am 23. Juni 2017 zugestellt.

Der Antragsteller erhob hiergegen mit Schreiben vom 26. Juni 2017, beim Verwal-tungsgericht München eingegangen am 28. Juni 2017, Klage (Az.: M 9 K 17.5148) mit dem Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller die Flücht-lingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG hinsichtlich einer Abschiebung nach Italien vorliegen und den Bescheid des Bundesamts vom 22. Juni 2017 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.

Außerdem beantragte er im selben Schriftsatz,

die aufschiebende Wirkung (Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO) der Klage an-zuordnen.

Weder die Klage noch der Antrag wurden begründet.

Die Antragsgegnerin legte die Behördenakten vor, äußerte sich in der Sache aber nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem und im dazugehörigen Klageverfahren und der Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist zwar zulässig, insbesondere ist er fristgerecht gestellt worden, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Dass mit der Klage neben dem Anfechtungszusätzlich ein Verpflichtungsbegehren verfolgt wird, das sich in der Hauptsache als unzulässig erweisen wird (vgl. hierzu VG München, U.v. 1.12.2016 - M 9 K 16.50067 - juris Rn. 24 m.w.N.), ist für das Antragsverfahren unschädlich.

Der Antrag ist jedoch unbegründet, denn die Hauptsacheklage hat voraussichtlich keinen Erfolg.

Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Juni 2017, auf den im Sinne von § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen wird, ist voraussichtlich rechtmäßig.

Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.

1. Italien ist als Mitgliedstaat, in dem der Antragsteller ausweislich des Eurodac-Treffers für Italien einen Asylantrag gestellt hat bzw. über dessen Grenze er aus einem Drittstaat illegal eingereist ist, für die Durchführung des Asylverfahrens zu-ständig.

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III-VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die – wie hier – nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung.

Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Bei Anwendung dieser Kriterien ist ohne weiteres Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig, über dessen Grenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat illegal eingereist ist. Das ist auch nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers Italien. Dieser hat dort auch einen Asylantrag gestellt. Der Umstand der Asylantragstellung in Italien wird belegt durch den für den Antragsteller erzielten Eurodac-Treffer mit der Kennzeichnung „IT1“. Die Ziffer „1“ steht für einen Antrag auf internationalen Schutz (Art. 24 Abs. 4 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 vom 26.6.2013 (Neufassung) (EURODAC-VO)). Die Zuständigkeit Italiens ist auch nicht gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO erloschen. Damit ist vorliegend Italien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat.

Da die italienischen Behörden auf das Wiederaufnahmeersuchen der Antragsgegnerin nicht reagiert haben, ist gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO davon auszugehen, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen (Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO).

2. Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden.

Die Zuständigkeit ist nicht gem. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO auf die An-tragsgegnerin übergegangen, weil eine Überstellung an Italien als den zuständigen Mitgliedstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt wäre.

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v.14.05.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 –, juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Ver-trauens (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitglied-staat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v.19.03.2014 – 10 B 6.14 –, juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. BayVGH, U.v.28.02.2014 – 13a B 13.30295 –, juris; OVG NRW, B.v. 16.2.2017 - 13 A 316/17.A - juris Rn. 3 – 5; U.v.22.09.2016 – 13 A 2248/15.A –, juris Rn. 72ff.; U.v.18.07.2016 – 13 A 1859/14.A –, juris Rn. 54ff.; U.v.24.04.2015 - 14 A 2356/12.A –, juris; U.v. 07.03.2014 – 1 A 21/12.A –, juris; VGH BW, U.v.16.04.2014 – A 11 S 1721/13 –, juris; OVG Rh-Pf, U.v.21.02.2014 – 10 A 10656/13.OVG –, juris; OVG LSA, U.v.02.10.2013 – 3 L 645/12 –, juris; OVG Berlin-Bbg, B.v.17.06.2013 – OVG 7 S. 33.13 –, juris; NdsOVG, B.v.30.01.2014 – 4 LA 167/13 –, juris; U.v.25.06.2015 – 11 LB 248/14 –, juris; vgl. auch BVerfG, Kam-merb.v.17.09.2014 – 2 BvR 732/14 –, juris). Danach verfügt Italien unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, welches trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. Obwohl sich in Teilbereichen der tatsächlichen Aufnahmebedingungen durchaus erhebliche Mängel und Defizite feststellen lassen, werden diese, weder für sich genommen noch insgesamt, als so gravierend bewertet, dass ein grundlegendes, systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen Dublin-Rückkehrer nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 EUGRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad impliziert (vgl. OVG NRW, U.v.07.03.2014, a.a.O, Rn 132; OVG Rh-Pf, U.v. 21.02.2014, a.a.O, Rn 45 f.).

Das Gericht schließt sich damit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 – Hussein u.a../.Niederlande und Italien, Nr. 27725/10 –, ZAR 2013, 336; B.v.18.06.2013 – Halimi./.Österreich und Italien, Nr. 53852/11 –, ZAR 2013, 338). Unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und -organisationen über die Aufnahmeprogramme für Asylbewerber in Italien kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zwecken eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hätten, zwar einige Mängel aufweisen mögen, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber als Mitglieder einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen würden. Berichte des UNHCR und des Menschenrechtskommissars wiesen auf jüngste Verbesserungen der Situation hin mit dem Ziel der Mängelbeseitigung; alle Berichte zeigten übereinstimmend und ausführlich die Existenz ausgearbeiteter Strukturen von Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen, die auf die Bedürfnisse der Asylbewerber zugeschnitten seien. Diese Rechtsauffassung hat der EGMR, dessen Rechtsprechung für die Auslegung der EMRK auch über den jeweilig entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion hat (BVerfG, U.v.04.05.2011 - 2 BvR 2333/08 –, juris), durch seine Entscheidung vom 10. September 2013 (Nr. 2314/10 – HUDOC) ausdrücklich bestätigt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des EGMR vom 4. November 2014 im Verfahren Tarakhel ./. Schweiz (Az. 29217/12, NVwZ 2015, 127 ff.). Der EGMR hat hier lediglich entschieden, dass die Schweizer Behörden die Abschie-bung einer Familie nach Italien nicht vornehmen dürfen, ohne vorher individuelle Garantien von den italienischen Behörden erhalten zu haben, dass die Antragsteller in Italien in einer dem Alter der Kinder adäquaten Art und Weise behandelt werden und die Familie zusammenbleiben darf. Das Urteil beinhaltet damit keine Aussage zu eventuellen systemischen Mängeln in Italien, sondern lediglich eine Einschränkung für die Abschiebung von Familien nach Italien. Zudem hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 5. Februar 2015 im Verfahren A.M.E. ./. Niederlande (Az. 51428/10) entschieden, dass die Struktur und die Gesamtsituation des italienischen Flüchtlings- und Asylbewerberaufnahmesystems kein genereller Grund sind, eine Überstellung im Zuge des sog. Dublin-Verfahrens zu verbieten. Unabhängig davon sind die Umstände des streitgegenständlichen Falles des Antragstellers mit denjenigen in der Entscheidung des EGMR nicht vergleichbar.

Auch aus neueren Erkenntnismitteln können keine Hinweise auf systemische Mängel entnommen werden. In dem vom Europäischen Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen (ECRE) für das Projekt AIDA – Asylum Information Database erstellten Länderbericht zu Italien vom Dezember 2015 (abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/reports/country/italy) wird zwar ausgeführt (vgl. S. 62 ff. des Berichts), dass dort zumindest in der Vergangenheit nicht für alle Asyl-bewerber adäquate Aufnahmeeinrichtungen zur Verfügung gestanden haben und die Zahl von Unterbringungsplätzen nur unzureichend war. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der italienische Staat hiergegen erfolgsversprechende Gegenmaßnahmen ergreift. Zum einen werden die Kapazitäten der Aufnahmeeinrichtungen dem vorgenannten Bericht zufolge seit 2013 deutlich erhöht. UNHCR und Nichtregierungsorganisationen beraten die staatlichen Stellen bei der Verbesserung der Aufnahmebedingungen. Speziell für Dublin-Rückkehrer wurden zum anderen Zentren zur übergangsweisen Unterbringung eingerichtet (vgl. S. 63f. des Berichts). Ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen lässt sich dem AIDA-Bericht nicht entnehmen. Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann daher auch für die Personengruppe, der der Antragsteller angehört, nicht angenommen werden.

Auch aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von August 2016 (vgl. Schweizerischen Flüchtlingshilfe (https://www.fluechtlingshilfe.ch/…/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen) ergibt sich nichts Anderes. Denn erstens handelt es sich hierbei nicht um das einzig richtige bzw. einzig maßgebliche Erkenntnismittel, vielmehr ergibt eine Berücksichtigung dieses Erkenntnismittels in der Zusammenschau mit den zahlreichen anderen vorhandenen Erkenntnismitteln eben im Ergebnis, dass systemische Mängel im italienischen Asylverfahren nicht vorliegen. Zweitens wäre die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien erst dann überschritten, wenn absehbar wäre, dass auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung des Problems ergriffen würden. Dafür gibt es auch nach dem aktuellen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe aus dem August 2016 keine Hinweise (vgl. VG Schwerin, U.v.26.09.2016 – 16 A 1757/15 As SN –, juris Rn. 122), auch ansonsten ist das nicht der Fall (vgl. z.B. OVG NRW, U.v.18.07.2016 – 13 A 1859/14.A –, juris Rn. 103ff.).

Die gegenwärtig hohe Zahl von Einwanderern nach Italien stellt keinen Umstand dar, der eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Die Schwelle zur un-menschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien würde erst dann überschritten, wenn auf die erhöhte Zahl von Einwanderern hin keinerlei Maß-nahmen zur Bewältigung der damit verbundenen Probleme ergriffen würden. Da-von kann jedoch nicht ausgegangen werden (vgl. OVG NRW, U.v.24.04.2015 a.a.O.).

Auch der Umstand, dass sich die Situation des Antragstellers in Italien u.U. deut-lich schlechter als im Bundesgebiet darstellt, begründet keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 – a.a.O.).

Auch im Hinblick auf medizinische Betreuung und Versorgung ergibt sich keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Asylverfahren durchzuführen (vgl. EGMR, U.v.30.6.2015 – 39350/13 – A.S. gegen Schweiz), da Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge verfügt, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Nach der bestehenden Auskunftslage funktioniert die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten grundsätzlich ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung (vgl. VG Ansbach, U.v.11.12.2015 – AN 14 K 15.50316 –, juris Rn. 26 m.w.N.). Auch der bereits erwähnte Bericht von AIDA bestätigt die Gleichstellung von Asylsuchenden und international Schutzberechtigten mit italienischen Staatsangehörigen hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung (vgl. dort S. 84). Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt steht eine kostenfreie medizinische Versorgung auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert dabei die Not- und Grundversorgung auch von Personen, die sich illegal im Land aufhalten (VG Augsburg, B.v.19.09.2015 - Au 7 S. 15.50412 –, juris). Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei (VG München, B.v.05.11.2014 – M 18 S. 14.50356 – juris m.w.N.). Auch bei Überstellung von kranken Personen, deren Asylverfahren in Italien negativ abgeschlossen ist, besteht damit die Möglichkeit der Behandlung. Es ist daher davon auszugehen, dass der Antragsteller, der noch dazu jedenfalls nach seinen eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren gesund ist, in Italien Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung hat.

Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen, liegen nicht vor. Ebenso wenig liegen inlandsbezogene oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse vor. Für den Antragsteller ist im Verwaltungsstreitverfahren überhaupt kein (individueller) Vortrag erfolgt. Auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Antragstellers im Verwaltungsverfahren ergibt sich kein anderes Ergebnis.

Der Vortrag in der Anhörung am 6. Juni 2017, dass der Antragsteller in Italien keine Unterkunft gehabt habe, er auf der Straße habe schlafen müssen und er krank gewesen sei, ist der Sache nach bzw. in rechtlicher Hinsicht die Behauptung, dass das italienische Asylsystem einschließlich der Aufnahmebedingungen an systemischen Schwachstellen leide. Dass trifft aber gerade nicht zu, wie aus der ausführlichen Darstellung auf den Seiten 8 – 13 dieses Beschlusses hervorgeht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Vortrag des Antragstellers, unabhängig davon, dass es sich hierbei um vollkommen pauschale, nicht näher schlüssig dargebrachte Behauptungen handelt und ebenfalls unabhängig davon, dass der Antragsteller nach eigenen Angaben zwei Jahre und acht Monate in Italien gelebt hat, zutrifft; denn von systemischen Mängeln ist eben nur dann auszugehen, wenn das italienische Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft defizitär wären, was – siehe oben – nicht gegeben ist.

Der Antragsteller hat im Verwaltungsverfahren außerdem geltend gemacht, dass er an gesundheitlichen Einschränkungen leide. Dieser Vortrag steht aus zwei unabhängig voneinander Geltung beanspruchenden Gründen der Überstellung nach Italien nicht entgegen. Erstens hat der Antragsteller weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren Nachweise hierfür vorgelegt mit Ausnahme der im Rahmen der Anhörung vorgelegten ärztlichen Schreiben, die aber nicht ausreichen für den Nachweis einer krankheitsbedingten Unmöglichkeit der Überstellung. Das ärztliche Schreiben vom 29. Mai 2017 bescheinigt eine akute Urethritis (= Entzündung der Schleimhaut der Harnröhre), die am Tag der Anhörung bestanden haben mag; aus dem ärztlichen Schreiben geht aber nicht hervor, dass aktuell noch Auswirkungen vorliegen; dazu hätte es der Vorlage einer aktuellen Bescheinigung bedurft. Die beiden anderen Unterlagen vom 25. April und 3. Mai 2017 dagegen bescheinigen schon gar nichts, sondern geben nur vom Antragsteller geltend gemachte Beschwerden wieder; eine Behandlung hat der Antragsteller insofern nicht aufgesucht. Zweitens trifft es nach dem oben Gesagten nicht zu, dass eine medizinische Behandelbarkeit in Italien nicht besteht. Es sind keine Umstände ersichtlich, die einen Anhaltspunkt dafür geben könnten, dass eine erforderliche Behandlung gerade nur in der Bundesrepublik Deutschland erfolgen kann und nicht auch in Italien möglich ist. Auf die Ausführungen auf Seite 13 dieses Beschlusses wird Bezug genommen. Das bedeutet, dass der Antragsteller, unterstellt, seine (nicht ausreichend belegte) Behauptung einer gesundheitlichen Einschränkung träfe zu, in Italien ohne weiteres behandelt werden kann. Nach der bestehenden Auskunftslage sind Asylbewerber in Fragen der Gesundheitsversorgung den italienischen Staatsbürgern gleichgestellt. Die Anmeldung beim nationalen Gesundheitsdienst ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Inanspruchnahme medizinischer Leistungen nicht nur im Rahmen der Notfallversorgung, sondern auch hinsichtlich der Behandlung bei Spezialisten, etc. berechtigt. Die Überweisungen an Spezialisten sind zudem für Asylbewerber kostenfrei. Darüber hinaus besteht gerade für Asylbewerber die Möglichkeit, an Projekten von Nichtregierungsorganisationen oder anderen privaten Trägern, deren Mitarbeiter speziell auf die Behandlung psychischer Krankheiten von Flüchtlingen ausgebildet sind, teilzunehmen (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 25.8.2015 - 13 K 1723/15.A - juris Rn. 98ff.).

Die Angaben des Antragstellers im Rahmen der Anhörung nach § 25 AsylG – dass aus seiner Sicht der Grund für sein Asylbegehren ein von ihm gemeinsam mit anderen begangener Mord sei – führen ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis. Hierbei handelt es sich um die Geltendmachung von Umständen, die für die Überstellung des Antragstellers im Rahmen der Anwendung der Dublin III-Verordnung nicht relevant sind, vielmehr handelt es sich um sog. zielstaatsbezogenes Vorbringen, das zum Asylantrag des Antragstellers gehört, für den die Antragsgegnerin aber gerade nicht zuständig ist.

Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen in den Nummern 2 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids bestehen keine Bedenken.

3. Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Rechtsschutz gegen die Überstellung nach Italien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.

Der Kläger ist (alles nach eigenen Angaben) nigerianischer Staatsangehöriger mit der Volkszugehörigkeit der Edo und geboren am ... 1978. Auf seine Angaben im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und die persönliche Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrages am 17. Oktober 2016 (vgl. Bl. 25 - 28 bzw. Bl. 53 - 56 der Bundesamtsakte) wird Bezug genommen. Er habe sein Heimatland erstmalig am 15. Juni 2013 verlassen und sei über den Niger, Libyen, Italien, wo er sich ca. ein Jahr und drei Monate aufgehalten habe, über Österreich (vgl. Bl. 33 der Bundesamtsakten) nach Deutschland gereist, wo er am 11. Mai 2016 angekommen sei und wo er am 17. Oktober 2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) - Außenstelle München einen Asylantrag gestellt hat. Er habe in keinem anderen Mitgliedstaat außer Deutschland einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Im April 2016 seien ihm in Italien Fingerabdrücke abgenommen worden. Außerdem wird auf die Angaben im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens - Zweitbefragung am 18. Oktober 2016 (Bl. 66 - 68 der Bundesamtsakte) Bezug genommen. Auf die Frage, ob es Staaten gebe, in die er nicht überstellt werden wolle, gab der Kläger an: In keinen anderen Staat, nannte jedoch auf Frage keine Gründe dafür. Auf die Frage nach bestehenden Beschwerden und Krankheiten gab der Kläger eine Blutgerinnungsstörung „wegen Knieproblemen“ an. Er sei deswegen in ärztlicher Behandlung und habe darüber auch ärztliche Nachweise. Als Medikation nehme er Novalgin 500, Ibuprofen 600, Pantozol 20 und Clexane.

Ebenfalls am 18. Oktober 2016 fand außerdem noch eine Anhörung gemäß § 25 AsylG statt. Dort gab der Kläger u.a. einen von der Angabe im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und die persönliche Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrags abweichenden Einreisezeitpunkt in Deutschland an. Außerdem gab er nun, ebenfalls entgegen den Angaben bei der Erstbefragung an, er habe in Italien einen Asylantrag gestellt, außerdem sogar, dass ihm in Italien Asyl gewährt worden sei. Auf die Frage nach seinem Gesundheitszustand gab der Kläger an, er sei in Deutschland wegen Hörstörungen im Krankenhaus gewesen. „Wegen des Knies“ müsse er in Kürze operiert werden. Ein Arzt habe ihm gesagt, dass er keine Tuberkulose habe. Er leide auch an Blutgerinnungsstörungen. Er fühle sich nicht gesund und ihm sei am Körper heiß. Er habe in der laufenden Woche einen Arzttermin. Im Übrigen wird auf die Niederschrift (Bl. 32 - 36 bzw. Bl. 69 - 73 der Bundesamtsakte) Bezug genommen.

Für den Kläger folgt aus dem von der Beklagte vorgelegten Verwaltungsvorgang ein EURODAC-Treffer für Italien (...; Bl. 64 der Bundesamtsakten).

Auf ein Übernahmeersuchen der Beklagten vom 15. Dezember 2016 an Italien erfolgte keine Reaktion.

Für den 21. Februar 2017 wurde der Kläger erneut zu einer Zweitbefragung geladen (Bl. 92 der Bundesamtsakten), wie sich später herausstellte irrtümlich (Bl. 110 der Bundesamtsakten). Mit Schreiben einer Asylsozialberatung in Ingolstadt vom 20. Februar 2017 wurde mitgeteilt, dass der Kläger wegen Krankheit nicht erscheinen könne. Beigefügt war ein Schreiben eines Facharztes für Chirurgie Handchirurgie und Plastische Chirurgie vom 16. Februar 2017 (Bl. 128 der Bundesamtsakten), auf das Bezug genommen wird.

Mit Bescheid vom 22. Februar 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3). Die Nr. 4 des Bescheids enthält die Befristungsentscheidung hinsichtlich des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG. Auf den Bescheid und seine Begründung wird Bezug genommen.

Mit Begleitschreiben vom 23. Februar 2017 wurde der Bescheid an den Kläger versandt. Der Bescheid wurde dem Kläger laut Postzustellungsurkunde am 24. Februar 2017 zugestellt.

Der Kläger erhob hiergegen zur Niederschrift bei der Rechtsantragsstelle des Verwaltungsgerichts München am 2. März 2017 Klage und beantragte,

den Bescheid vom 22. Februar 2017 aufzuheben.

Außerdem beantragte er, hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Italien die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen (Az.: M 9 S. 17.50586).

Zur Begründung wurde auf die Angaben gegenüber dem Bundesamt Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 15. März 2017 bestellte sich seine Bevollmächtigte für den Kläger und begründete Klage und Antrag weiter. Der Bescheid sei rechtswidrig, weil der Kläger sehr stark erkrankt sei und ein „Aufenthalt nach Italien“ vermutlich dazu führen werde, dass ihm ein Bein amputiert werden müsse. Der Kläger gebe an, dass er Bluter sei. Er habe vermutlich einen starken Bluterguss am Knie, der dringend behandelt werden müsse. Normalerweise würde man eine solche Erkrankung wohl punktieren, was bei Blutern allerdings nicht möglich sei. Eine Nichtbehandlung des Beines würde nach Angaben des Klägers zur Folge haben, dass das Bein wohl amputiert werden müsse. Die Vorerkrankung als Bluter verlange eine professionelle und umsichtige Vorgehensweise, ansonsten drohe der Verlust des Beins. Auch eine Amputation wäre angesichts der Vorerkrankung lebensbedrohlich. Daher müsse die Beklagte ihr Selbsteintrittsrecht ausüben. Bei einer Überstellung müsse der Kläger damit rechnen, sein Bein zu verlieren. Zwar sei der Verlust eines Beins tatsächlich nicht lebensbedrohlich, jedoch sei ein Flüchtling in Italien mit einem amputierten Bein in einer lebensbedrohlichen Lage, da in diesem Falle in Italien keine Schutzmechanismen für Flüchtlinge greifen würden. Das Asylverfahren einschließlich der Aufnahmebedingungen in Italien wiesen systemische Schwachstellen auf. Im Übrigen wird auf den Schriftsatz Bezug genommen, ebenfalls auf den Schriftsatz vom 16. März 2017, dem ein Schreiben des Klinikums Ingolstadt vom 17. Januar 2017, auf das ebenfalls Bezug genommen wird, beigefügt war, und auf die Schriftsätze vom 27. März 2017, vom 29. März 2017 und vom 5. April 2017. Mit dem zuletzt genannten Schriftsatz wurde ein ärztliches Attest einer onkologischen Gemeinschaftspraxis - Internisten, Hämatologie, Onkologie usw. vom 31. März 2017 vorgelegt, auf das ebenfalls Bezug genommen wird.

Die Beklagte legte die Behördenakten vor, äußerte sich in der Sache aber nicht.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wurde mit Beschluss des Gerichts vom 12. April 2017 (Az.: M 9 S. 17.50586), auf den Bezug genommen wird, abgelehnt.

Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 28. April 2017 wurde im Klageverfahren noch ein ärztliches Schreiben des Hämostasikum (= eine Laborarztpraxis für Blutgerinnungsstörungen) München (Dr. S.) vom 18. April 2017, auf das Bezug genommen wird, vorgelegt.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 12. Mai 2017 zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Zum Erlass eines Gerichtsbescheids wurde der Kläger mit Schreiben an seine Bevollmächtigte vom 24. April 2017 angehört; die Beklagte hat hierauf generell verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem und im dazugehörigen Antragsverfahren und der Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Über die Klage kann nach vorheriger Anhörung durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 VwGO).

Für das Gericht ist hinsichtlich der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG). Insbesondere kommen das AsylG und das AufenthG in den aktuellen Fassungen (AsylG: zuletzt geändert durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017, BGBl I, 872; AufenthG: zuletzt geändert durch das Gesetz zu bereichsspezifischen Regelungen der Gesichtsverhüllung und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 8.6.2017, BGBl I, 1570) zur Anwendung.

Der Klage ist zwar zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht erhoben, § 74 Abs. 1 Hs. 2 AsylG.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2017, auf den im Sinne von § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen wird, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Beides ist vorliegend der Fall.

1. Italien ist als Mitgliedstaat, in dem der Kläger ausweislich des Eurodac-Treffers für Italien einen Asylantrag gestellt hat bzw. über dessen Grenze er aus einem Drittstaat illegal eingereist ist, für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Klages auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III-VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die - wie hier - nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung.

Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Bei Anwendung dieser Kriterien ist Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig, über dessen Grenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat illegal eingereist ist. Das ist auch nach dem eigenen Vortrag des Klägers Italien. Dieser hat dort auch einen Asylantrag gestellt. Der Umstand der Asylantragstellung in Italien wird belegt durch den für den Kläger erzielten Eurodac-Treffer mit der Kennzeichnung „IT1“. Die Ziffer „1“ steht für einen Klage auf internationalen Schutz (Art. 24 Abs. 4 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 vom 26.6.2013 (Neufassung) (EURODAC-VO)). Die Zuständigkeit Italiens ist auch nicht gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO erloschen. Damit ist vorliegend Italien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat.

Da die italienischen Behörden auf das Wiederaufnahmeersuchen der Beklagten nicht reagiert haben, ist gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO davon auszugehen, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen (Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO).

2. Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden.

Die Zuständigkeit ist nicht gem. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO auf die Beklagte übergegangen, weil eine Überstellung an Italien als den zuständigen Mitgliedstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt wäre.

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v.14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Kläger führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v.19.03.2014 - 10 B 6.14 -, juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass der Kläger in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. BayVGH, U.v.28.02.2014 - 13a B 13.30295 -, juris; OVG NRW, B.v. 16.2.2017 - 13 A 316/17.A - juris Rn. 3 - 5; U.v.22.09.2016 - 13 A 2248/15.A -, juris Rn. 72ff.; U.v.18.07.2016 - 13 A 1859/14.A -, juris Rn. 54ff.; U.v.24.04.2015 - 14 A 2356/12.A -, juris; U.v. 07.03.2014 - 1 A 21/12.A -, juris; VGH BW, U.v.16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris; OVG Rh-Pf, U.v.21.02.2014 - 10 A 10656/13.OVG -, juris; OVG LSA, U.v.02.10.2013 - 3 L 645/12 -, juris; OVG Berlin-Bbg, B.v.17.06.2013 - OVG 7 S. 33.13 -, juris; NdsOVG, B.v.30.01.2014 - 4 LA 167/13 -, juris; U.v.25.06.2015 - 11 LB 248/14 -, juris; vgl. auch BVerfG, Kammerb.v.17.09.2014 - 2 BvR 732/14 -, juris). Danach verfügt Italien unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, welches trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. Obwohl sich in Teilbereichen der tatsächlichen Aufnahmebedingungen durchaus erhebliche Mängel und Defizite feststellen lassen, werden diese, weder für sich genommen noch insgesamt, als so gravierend bewertet, dass ein grundlegendes, systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen Dublin-Rückkehrer nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 EUGRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad impliziert (vgl. OVG NRW, U.v.07.03.2014, a.a.O, Rn 132; OVG Rh-Pf, U.v. 21.02.2014, a.a.O, Rn 45 f.).

Das Gericht schließt sich damit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 - Hussein u.a../.Niederlande und Italien, Nr. 27725/10 -, ZAR 2013, 336; B.v.18.06.2013 - Halimi./.Österreich und Italien, Nr. 53852/11 -, ZAR 2013, 338). Unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und -organisationen über die Aufnahmeprogramme für Asylbewerber in Italien kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zwecken eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hätten, zwar einige Mängel aufweisen mögen, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber als Mitglieder einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen würden. Berichte des UNHCR und des Menschenrechtskommissars wiesen auf jüngste Verbesserungen der Situation hin mit dem Ziel der Mängelbeseitigung; alle Berichte zeigten übereinstimmend und ausführlich die Existenz ausgearbeiteter Strukturen von Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen, die auf die Bedürfnisse der Asylbewerber zugeschnitten seien. Diese Rechtsauffassung hat der EGMR, dessen Rechtsprechung für die Auslegung der EMRK auch über den jeweilig entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion hat (BVerfG, U.v.04.05.2011 - 2 BvR 2333/08 -, juris), durch seine Entscheidung vom 10. September 2013 (Nr. 2314/10 - HUDOC) ausdrücklich bestätigt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des EGMR vom 4. November 2014 im Verfahren Tarakhel ./. Schweiz (Az. 29217/12, NVwZ 2015, 127 ff.). Der EGMR hat hier lediglich entschieden, dass die Schweizer Behörden die Abschiebung einer Familie nach Italien nicht vornehmen dürfen, ohne vorher individuelle Garantien von den italienischen Behörden erhalten zu haben, dass die Kläger in Italien in einer dem Alter der Kinder adäquaten Art und Weise behandelt werden und die Familie zusammen bleiben darf. Das Urteil beinhaltet damit keine Aussage zu eventuellen systemischen Mängeln in Italien, sondern lediglich eine Einschränkung für die Abschiebung von Familien nach Italien. Zudem hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 5. Februar 2015 im Verfahren A.M.E. ./. Niederlande (Az. 51428/10) entschieden, dass die Struktur und die Gesamtsituation des italienischen Flüchtlings- und Asylbewerberaufnahmesystems kein genereller Grund sind, eine Überstellung im Zuge des sog. Dublin-Verfahrens zu verbieten. Unabhängig davon sind die Umstände des streitgegenständlichen Falles des Klägers mit denjenigen in der Entscheidung des EGMR nicht vergleichbar.

Auch aus neueren Erkenntnismitteln können keine Hinweise auf systemische Mängel entnommen werden. In dem vom Europäischen Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen (ECRE) für das Projekt AIDA - Asylum Information Database erstellten Länderbericht zu Italien vom Dezember 2015 (abrufbar unter http://www...org/reports/country/italy) wird zwar ausgeführt (vgl. S. 62 ff. des Berichts), dass dort zumindest in der Vergangenheit nicht für alle Asylbewerber adäquate Aufnahmeeinrichtungen zur Verfügung gestanden haben und die Zahl von Unterbringungsplätzen nur unzureichend war. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der italienische Staat hiergegen erfolgsversprechende Gegenmaßnahmen ergreift. Zum einen werden die Kapazitäten der Aufnahmeeinrichtungen dem vorgenannten Bericht zufolge seit 2013 deutlich erhöht. UNHCR und Nichtregierungsorganisationen beraten die staatlichen Stellen bei der Verbesserung der Aufnahmebedingungen. Speziell für Dublin-Rückkehrer wurden zum anderen Zentren zur übergangsweisen Unterbringung eingerichtet (vgl. S. 63f. des Berichts). Ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen lässt sich dem AIDA-Bericht nicht entnehmen. Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann daher auch für die Personengruppe, der der Kläger angehört, nicht angenommen werden.

Auch aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von August 2016 (vgl. Schweizerischen Flüchtlingshilfe (https://www...ch/…/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen) ergibt sich nichts anderes. Denn erstens handelt es sich hierbei nicht um das einzig richtige bzw. einzig maßgebliche Erkenntnismittel, vielmehr ergibt eine Berücksichtigung dieses Erkenntnismittels in der Zusammenschau mit den zahlreichen anderen vorhandenen Erkenntnismitteln eben im Ergebnis, dass systemische Mängel im italienischen Asylverfahren nicht vorliegen. Zweitens wäre die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien erst dann überschritten, wenn absehbar wäre, dass auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung des Problems ergriffen würden. Dafür gibt es auch nach dem aktuellen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe aus dem August 2016 keine Hinweise (vgl. VG Schwerin, U.v.26.09.2016 - 16 A 1757/15 As SN -, juris Rn. 122), auch ansonsten ist das nicht der Fall (vgl. z.B. OVG NRW, U.v.18.07.2016 - 13 A 1859/14.A -, juris Rn. 103ff.).

Die gegenwärtig hohe Zahl von Einwanderern nach Italien stellt keinen Umstand dar, der eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien würde erst dann überschritten, wenn auf die erhöhte Zahl von Einwanderern hin keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung der damit verbundenen Probleme ergriffen würden. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden (vgl. OVG NRW, U.v.24.04.2015 a.a.O.).

Auch der Umstand, dass sich die Situation des Klägers in Italien u.U. deutlich schlechter als im Bundesgebiet darstellt, begründet keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 - a.a.O.).

Auch im Hinblick auf medizinische Betreuung und Versorgung ergibt sich keine Verpflichtung der Beklagten, das Asylverfahren durchzuführen (vgl. EGMR, U.v.30.6.2015 - 39350/13 - A.S. gegen Schweiz), da Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge verfügt, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Nach der bestehenden Auskunftslage funktioniert die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten grundsätzlich ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung (vgl. VG Ansbach, U.v.11.12.2015 - AN 14 K 15.50316 -, juris Rn. 26 m.w.N.). Auch der bereits erwähnte Bericht von AIDA bestätigt die Gleichstellung von Asylsuchenden und international Schutzberechtigten mit italienischen Staatsangehörigen hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung (vgl. dort S. 84). Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt steht eine kostenfreie medizinische Versorgung auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert dabei die Not- und Grundversorgung auch von Personen, die sich illegal im Land aufhalten (VG Augsburg, B.v.19.09.2015 - Au 7 S. 15.50412 -, juris). Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei (VG München, B.v.05.11.2014 - M 18 S. 14.50356 - juris m.w.N.). Auch bei Überstellung von kranken Personen, deren Asylverfahren in Italien negativ abgeschlossen ist, besteht damit die Möglichkeit der Behandlung. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger in Italien Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung hat.

Schließlich begründet auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, keine systemischen Mängel. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares, landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (VGH BW, U.v.16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris).

Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen, liegen nicht vor. Zwar kann gemäß Artikel 17 Absatz 1 Dublin III-VO jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in der Dublin III-VO festgesetzten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Indes besteht kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Artikel 17 Absatz 1 Dublin III-VO durch die Bundesrepublik Deutschland (vgl. VG Düsseldorf, U.v.25.8.2015 - 13 K 1723/15.A - juris Rn. 42f. m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs; vgl. hierzu auch VG München, B.v. 28.3.2017 - M 9 S. 17.50332). Die Dublin III-Verordnung sieht ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Die Zuständigkeitsvorschriften der Dublin III-VO begründen - wie die der früheren Dublin II VO - zum Zwecke der sachgerechten Verteilung der Asylbewerber vor allem subjektive Rechte der Mitgliedstaaten untereinander. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert daher nur die Überstellung dorthin; sie begründet grundsätzlich kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Beklagten.

Unabhängig davon liegen schließlich auch keine inlandsbezogenen oder zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse vor.

Die vorgetragenen Erkrankungen, d.h. insbesondere die Hämophilie Typ A, ändern am Ergebnis nichts. Zwar ist das Bestehen einer Hämophilie beim Kläger hinreichend belegt, sie bedingt - einschließlich möglicher Folgen - jedoch kein Abschiebungshindernis in Bezug auf Italien.

Zunächst folgt daraus kein sog. inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis, weil dadurch keine Reiseunfähigkeit, weder im engeren noch im weiteren Sinne, begründet wird. Bei der Beurteilung ist von dem rechtlichen Rahmen auszugehen, den § 60a Abs. 2c AufenthG absteckt. Aus den vorgelegten ärztlichen Schreiben geht jedoch inhaltlich dasjenige, was ihnen die Bevollmächtigte des Klägers beimisst, nicht hervor. Aus den in Bezug auf die Hämophilie vorgelegten Bescheinigungen (Schreiben des Klinikums Ingolstadt vom 17. Januar 2017, Schreiben Facharzt für Chirurgie Handchirurgie und Plastische Chirurgie vom 16. Februar 2017, ärztliches Attest onkologische Gemeinschaftspraxis vom 31. März 2017 sowie Schreiben des Hämostasikum München vom 18. April 2017) folgt, unabhängig davon, ob diese den Anforderungen gemäß dem seit dem 17. März 2016 (durch Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren v. 11.3.2016 - BGBl I S. 390) neu eingeführten § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG gerecht werden, inhaltlich keine Reiseunfähigkeit; das nehmen die genannten Bescheinigungen für sich selbst auch gar nicht in Anspruch. Es ist nicht ersichtlich, wie bzw. warum auf Grund des Umstands, dass der Kläger Bluter ist, eine Reise- bzw. Transportfähigkeit hinsichtlich Italien mit einem kurzen Rückführungsweg ohne größere Belastungen fehlen sollte. Denn daraus erwachsen zunächst ohne weiteres keine Zweifel an der Transportfähigkeit (Reisefähigkeit im engeren Sinne). Es ist aber auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass sich der Gesundheitszustand als unmittelbare Folge der Abschiebung erheblich verschlechtern wird (Reisefähigkeit im weiteren Sinne). Für diese Befürchtung wäre nur Raum, wenn nicht sichergestellt wäre, dass im Zielstaat eine (Anschluss-) Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung steht; das ist jedoch hinsichtlich Italien sichergestellt. Denn es bestehen insbesondere unter Berücksichtigung des oben auf S. 14 und 15 Gesagten keine Zweifel daran, dass auch in Italien eine Behandlung wegen Hämophilie durchgeführt werden kann, noch insbesondere daran, dass bei einer Verschlimmerung der Erkrankungsfolgen der Kläger in Italien behandelt wird und er beispielsweise - im Bedarfsfall, nach eigenen Angaben erhält er solche Medikamente derzeit nicht bzw. jedenfalls nicht dauernd (vgl. die Angaben des Klägers im Verwaltungsverfahren zu seiner Medikation, Bl. 67 der Bundeamtsakten, vgl. hierzu auch das ärztliche Schreiben des Hämostasikums vom 18. April 2017, dort S. 1 zur derzeitigen Medikation und S. 2: Therapeutische Empfehlung rekombinanter Faktor im akuten Blutungsfall) - Gerinnungsfaktoren bekommt. Es ist im Anschluss an die Erkenntnisse zur Gesundheitsversorgung (siehe S. 14 und 15 dieses Beschlusses) nicht nachvollziehbar, warum dem Kläger bei einem Aufenthalt in Italien „ein Bein amputiert werden müsse“, in Deutschland hingegen nicht. Dass dem Kläger möglicherweise im Heimatland keine Betreuung auf europäischem Niveau geboten wird und mögliche Blutungen dort schwere Folgen haben können, was aus dem ärztlichen Attest vom 31. März 2017, das sich gerade nur im Hinblick auf Nigeria und gerade nicht im Hinblick auf Italien äußert, folgt, ist für das vorliegende Verfahren nicht relevant, da es hier nicht darum geht, ob der Kläger in das Heimatland abgeschoben werden kann.

Nichts anderes gilt für die im Verwaltungsverfahren erwähnten Beschwerden der Gonarthrose (= Kniegelenksarthrose), der Hämarthrose (= Erkrankung eines Gelenkes durch wiederholte und fortbestehende Einblutung, sog. Blutergelenk) und der Mittelohrentzündung (vgl. zu letzterer VG München, B.v. 22.3.2017 - M 9 S. 17.50325 - juris Rn. 38f.).

Schließlich liegen auch keine zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse i.S.v. § 60 Absatz 7 Satz 1 AufenthG vor. Es sind keine Umstände ersichtlich, die einen Anhaltspunkt dafür geben könnten, dass eine erforderliche Behandlung gerade nur in der Bundesrepublik Deutschland erfolgen kann und nicht auch in Italien möglich ist. Das Gericht weist in diesem Zusammenhang im Anschluss an die Ausführungen oben S. 14 und 15 darauf hin, dass eine Krankenbehandlung auch in Italien in ausreichendem Umfang gewährleistet ist. Nach der bestehenden Auskunftslage sind Asylbewerber in Fragen der Gesundheitsversorgung den italienischen Staatsbürgern gleichgestellt. Die Anmeldung beim nationalen Gesundheitsdienst ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Inanspruchnahme medizinischer Leistungen nicht nur im Rahmen der Notfallversorgung, sondern auch hinsichtlich der Behandlung bei Spezialisten, etc. berechtigt. Die Überweisungen an Spezialisten sind zudem für Asylbewerber kostenfrei. Darüber hinaus besteht gerade für Asylbewerber die Möglichkeit, an Projekten von Nichtregierungsorganisationen oder anderen privaten Trägern, teilzunehmen (vgl. zu allem VG Düsseldorf, U.v. 25.8.2015 - 13 K 1723/15.A - juris Rn. 98ff.). Es bestehen vor dem dargestellten Hintergrund keine Zweifel daran, dass der Kläger in Italien im akuten Blutungsfall den beispielsweise nach dem ärztlichen Schreiben des Hämostasikums vom 18. April 2017 erforderlichen rekombinanten Faktor VIIa oder auch andere erforderliche Behandlungen erhalten könnte, unabhängig davon, dass sich die Klagebegründung hierzu gar nicht verhält.

Der Umstand, dass der Kläger im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens - Zweitbefragung geltend gemacht hat, dass er in keinen anderen Mitgliedstaat wolle, begründet keine systemischen Mängel des italienischen Asylverfahrens, unabhängig davon, dass der Kläger nach eigenen Angaben insgesamt ein Jahr und drei Monate in Italien gelebt hat.

Die Angaben des Klägers im Rahmen der Anhörung nach § 25 AsylG führen ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis. Hierbei handelt es sich um die Geltendmachung von Umständen, die für die Überstellung des Klägers im Rahmen der Anwendung der Dublin III-Verordnung nicht relevant sind, vielmehr handelt es sich um sog. zielstaatsbezogenes Vorbringen, das zum Asylantrag des Klägers gehört, für den die Beklagte aber gerade nicht zuständig ist.

Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen in den Nummern 2 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids bestehen keine Bedenken.

3. Die Klage wird daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abgewiesen. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Tenor

Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein am … 1968 geborener pakistanischer Staatsangehöriger, beantragte am 09.02.2015 beim Bundesamt seine Anerkennung als Asylberechtigter, nachdem er am 15.11.2014 nach Deutschland eingereist war. Gemäß Eurodac-Recherche war der Kläger zuvor in Italien im Zusammenhang mit dem illegalen Überschreiten der Grenze registriert worden (Eurodac-Nr. IT2 …). Der Kläger gab bei der Belehrung nach Art. 5 Dublin III-VO an, „ca. am 05.11.2014“ nach Italien eingereist zu sein, und sich dort bis zum 14.11.2014 aufgehalten zu haben. Ein Übernahmeersuchen gemäß Art 13 Abs. 1 Dublin III-VO vom 27.02.2015 beantworteten die italienischen Behörden nicht.
Mit Bescheid vom 08.06.2015, zugestellt am 15.06.2015, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Ziff. 1) und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an (Ziff. 2).
Der Kläger hat am 18.06.2015 Klage erhoben und macht geltend, mit seiner schweren Erkrankung (Leberzirrhose Child A bei chronischer Hepatitis C, Thrombopenie 70000 [Mangel an Blutplättchen mit erhöhter Blutungsneigung]) erhalte er in Italien keinen ausreichenden Zugang zu einer Gesundheitsversorgung. Einem zeitgleich mit der Klage gestellten Eilantrag ist mit Beschluss des Einzelrichters vom 31.07.2014 (A 6 K 1357/15) stattgegeben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bundesamtsbescheid angeordnet worden.
Der Kläger, der zunächst auch die Verpflichtung der Beklagten begehrt hat, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen sowie ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hat die Klage in der mündlichen Verhandlung insoweit zurückgenommen und beantragt noch,
den Bescheid des Bundesamts vom 08.06.2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den Akteninhalt (ein Heft des Bundesamts sowie ein Heft Gerichtsakte des Eilverfahrens A 6 K 1357/15) verwiesen. Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört worden; wegen des Inhalts seiner Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
Soweit die Klage hinsichtlich des Verpflichtungsantrags zurückgenommen worden ist, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
II.
10 
Hinsichtlich der Anfechtungsklage ist in der Sache zu entscheiden. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Anschluss an die nunmehr vorgelegte ärztliche Bescheinigung des Universitätsklinikums Freiburg vom 16.02.2016 erachtet das Gericht nicht für geboten. Denn der Kläger hat diese, wie von ihm im Termin vom 04.02.2016 angekündigt, in Erfüllung der vom Gericht bereits unter dem 31.07.2015 erfolgten Anforderung und zwecks Darstellung seines aktuellen Gesundheitszustands vorgelegt und die Beklagte ist auf diesen Gesichtspunkt des Verfahrens – trotz des Hinweises des Gerichts vom 31.07.2015 - nie eingegangen. Von einem bislang nicht erörterten bzw. nicht hervorgetretenen Gesichtspunkt, den das Gericht zur Grundlage seiner Entscheidung macht, ohne die Beteiligten hierzu zuvor gehört zu haben, kann folglich nicht die Rede sein. Auf die hieraus abgeleitete Rechtsauffassung und Würdigung des Prozessstoffs musste das Gericht nicht hinweisen, da die tatsächliche und rechtliche Würdigung sich erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (BVerwG, Beschl. v. 07.12.2015 – 1 B 66/15 –, Rn. 16, juris).
11 
Die zulässige Klage ist unbegründet, da der Bescheid des Bundesamts vom 08.06.2015 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
12 
1.) Die Republik Italien ist gemäß § 27a AsylG i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der (gemäß ihrem Art. 49 Unterabs. 2 anzuwendenden) Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) für die weitere Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gemäß Art. 13 Abs.1 Satz 1 Dublin III-VO ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, dessen Land-, See- oder Luftgrenze der Antragsteller aus einem Drittstaat kommend illegal überschritten hat. Ein solcher Fall liegt hier vor, da der Kläger, wie durch einen Eurodac-Treffer der Kategorie 2 bestätigt, als erstes ohne Aufenthaltstitel und damit illegal die Grenze zum EU-Mitgliedstaat Italien überschritten hat. Auch der Kläger selbst hat eingeräumt, in Italien gewesen zu sein, sich dort 5 bis 6 Tage in einem Asylheim in Sizilien aufgehalten zu haben, ohne aber einen Asylantrag zu stellen.
13 
a.) Ungeachtet dessen, dass sich der Kläger auf eine etwaige Verletzung von Verfahrensvorschriften jedenfalls bei Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaates nicht für eine Rechtsverletzung berufen könnte, ist diese für Italien anzunehmende Zuständigkeit auch nicht nachträglich entfallen. Das Bundesamt hat innerhalb der in Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 Dublin III-VO genannten Frist bereits am 27.02.2015 ein Aufnahmegesuch an Italien gerichtet. Italien hat hierauf nicht reagiert, sodass gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO seit Ablauf des 27.04.2015 davon auszugehen ist, dass es dem Aufnahmegesuch zugestimmt hat. Damit ist Italien zur Aufnahme des Klägers sowie dazu verpflichtet, angemessene Vorkehrungen für seine Ankunft zu treffen. Von dieser Aufnahmebereitschaft ist im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung weiterhin auszugehen, so dass auch keine unzumutbare Verzögerung der Durchführung des Aufnahmeverfahrens (auf die sich der Kläger in Abwehr einer subjektiven Rechtsverletzung berufen könnte) eintreten wird. Denn die mit Eintritt der Zustimmungsfiktion am 28.04.2015 beginnende sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1, Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO ist aufgrund der mit Eilbeschluss vom 31.07.2015 erfolgten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gehemmt (zu dieser Wirkung vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.04.2014 – A 11 S 1721/13 –, Rn. 33, juris) und folglich tatsächlich noch nicht abgelaufen (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 i.V.m. Art. Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO). Von einer überlangen, eine Pflicht zum Selbsteintritt des ersuchenden Mitgliedstaats begründende Verfahrensdauer kann angesichts der etwas mehr als zwei Monate zwischen Asylantragstellung und (fingierter) Erteilung der Zustimmung zur Aufnahme nicht die Rede sein (in diesem Sinne sogar für elf Monate: BVerwG, Urt. v. 27.10.2015 – 1 C 32/14 –, Rn. 21, juris). Die Pflicht Italiens schließlich, nach Aufnahme des Klägers den von diesem gestellten Asylantrag zu prüfen, ergibt sich aus Art. 18 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO.
14 
b.) Die vom Kläger eingewendeten Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO, die eine Pflicht des BAMF bewirkten zu prüfen, ob statt Italiens ein anderer Mitgliedstatt zuständig ist bzw. - bei Verneinung - die Zuständigkeit Deutschlands begründeten, liegen nicht vor. Es erweist sich nicht als unmöglich, den Kläger nach Italien zu überstellen, da es keine wesentlichen Gründe für die Annahme gibt, dass die (im Fall Italiens allein zu untersuchenden) Aufnahmebedingungen für ihn in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta bzw. Art. 3 EMRK mit sich bringen. Eine solche Rechtsverletzung hätte vorausgesetzt, dass mit Blick auf das Gewicht und Ausmaß einer drohenden Beeinträchtigung dieser Grundrechte mit einem beachtlichen Grad von Wahrscheinlichkeit die reale, nämlich durch eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage belegte Gefahr besteht, dass der Betroffene in dem Mitgliedstaat, in den er als den nach der Dublin III-VO zuständigen Staat überstellt werden soll, während der Dauer des Asylverfahrens wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Gesundheits-/Hygienebedürfnisse) nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann (vgl. m.w.N. OVG Lüneburg, Urt. v. 25.06.2015 – 11 LB 248/14 –, Rn. 46, juris). Dies ist indessen zu verneinen.
15 
Italien hat zwar Probleme bei der lückenlosen Versorgung von Asylwerbern mit im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen. Das Land sah sich im Jahr 2015 mit einer hohen, gegenüber den Vorjahren noch einmal angestiegenen Zahl an Asylbewerbern konfrontiert. Eurostat gibt diesen Zustrom mit 84.085 Asylbewerbern und erstmaligen Asylbewerbern an (Quelle: Europäische Kommission > Eurostat > Statistik nach Themen > Asyl und gesteuerte Migration > Statistiken illustriert > Asylbewerber und erstmalige Asylbewerber [Zahlen dort für 2014: 64.625 und für 2013: 26.620]). Diese Zahl kann angesichts des auch im letzten Quartal 2015 anhaltenden Flüchtlingszustroms als verlässlich zugrundegelegt werden. Die mit 48.307 Asylantragstellern vom UNHCR aufgeführte Zahl (www.unhcr.org > Where We Work > Europe > Northern, Western, Central and Southern Europe > Italy > Statistical Snapshot) widerspricht dem nicht, da sie den Stand (nur von) Juni 2015 abbildet. Entsprechendes gilt für die mit 59.165 Antragstellern genannte Zahl im AIDA-Report vom Dezember 2015 des ECRE (European Council on Refugees and Exiles - Asylum Information Database, Country Report: Italy, Seite 6 [künftig aufgeführt als: AIDA-Report Dezember 2015]), die den Zeitraum (nur) von Januar bis September betrifft.
16 
Von einem systemischen Versagen im Hinblick auf das Aufnahmeverfahren ist indessen nicht auszugehen, da das Land in Reaktion auf diesen Zustrom nicht etwa untätig geblieben ist und bleibt, sondern Maßnahmen zur Problembewältigung ergriffen hat und weiterhin durchführt (vgl. bereits für die Zeitpunkte April und Juni 2015: OVG NRW, Urt. v. 24.04.2015 – 14 A 2356/12.A –, Rn. 41, juris; OVG Lüneburg, Urt. v. 25.06.2015, a.a.O., Rn. 51 ff.). Die Aufnahmekapazitäten sind sukzessive und deutlich erhöht worden. Während Ende Februar 2015 in den Erstaufnahmezentren (CPSA, CARA/CDA) noch 9.504 Unterbringungsplätze vorhanden bzw. belegt waren (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 25.03.2015 an VG Schwerin; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft vom 23.04.2015 an VG Schwerin), stieg diese Zahl bis Mitte 2015 auf 12.000 Plätze an und soll im Laufe des Jahres 2016 auf zunächst 14.750 und sodann auf 15.550 Plätze ausgeweitet werden (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 67). Entsprechendes gilt für die Anschlussunterbringung im SPRAR-System, dessen Kapazität von Ende Februar 2015 (20.596 Plätze - so Auswärtiges Amt und Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O.) zunächst bis Ende Mai 2015 auf rund 21.449 Plätze ausgeweitet wurde, zu denen weitere 10.000 ausgeschriebene Plätze hinzukommen, um für das Jahr 2016 eine Anzahl von knapp 32.000 Plätzen zu erreichen (Borderline-Europe, Kurzinformation zur Situation von Geflüchteten in der Region Sizilien, Februar 2016, Seite 4; AIDA-Report Dezember 2015, Seite 68). Was schließlich den Bereich der außerordentlichen Aufnahmezentren (Notfallzentren -CAS) angeht, betrug deren Kapazität Ende Februar 2015 etwa 37.000 Personen (Auswärtiges Amt und Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O.) und war bis Ende Juni 2015 auf rund 50.711 Personen angewachsen (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 69). Borderline-Europe (a.a.O., Seite 4) berichtet unter Hinweis auf Angaben des italienischen Innenministeriums gar von 70.918 vorhandenen Plätzen in 3.090 Einrichtungen.
17 
Dass diese Verbesserungen nur vorübergehend wären und bei einer Prognose in Zukunft ein Rückschritt bzw. Verschlechterungen eintreten könnten, ist nicht zu erwarten. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass Italien (neben Griechenland) im Zeitraum von 2014 bis 2020 voraussichtlich weiterhin der wichtigste Begünstigte des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) sein wird (vgl. Beschluss (EU) 2015/1601 des Rates vom 22.09.2015 zur Einführung von vorläufigen Maßnahmen im Bereich des internationalen Schutzes zu Gunsten von Italien und Griechenland, Erwägungsgrund 15). In Erfüllung seiner aus dem vorgenannten Beschluss (dort Art. 8 Abs. 1 sowie Erwägungsgrund 18) resultierenden Verpflichtung, als Reaktion auf die Krisensituation einen soliden strategischen Rahmen zu schaffen und den bereits eingeleiteten Reformprozess in diesen Bereichen zu verstärken, um so zu einer strukturellen Lösung für die Bewältigung des außergewöhnlichen Drucks auf sein Asyl- und Migrationssystem zu gelangen, hat Italien am 28.09.2015 einen aktualisierten Fahrplan („Roadmap“) vorgelegt (in englischer Zusammenfassung und Kommentierung abgerufen bei www.statewatch.org). Darin werden die oben genannten Aufnahmekapazitäten auch von staatlicher italienischer Seite aufgeführt und im SPRAR-System mittelfristig für den Zeitraum 2016/2017 eine Aufnahmekapazität von mindestens 40.000 Plätzen ins Auge gefasst. Die Zahl der Ende September 2015 vorhandenen Unterbringungsplätze im CAS-System wird mit 68.093 angegeben.
18 
Angesichts dieser Zahlen sowie der im genannten Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 22.09.2015 und ferner in dessen vorangegangenem Beschluss (EU) 2015/1523 vom 14.09.2015 vorgesehenen Umsiedlung von mehreren Tausend Antragstellern aus Italien in das Hoheitsgebiet anderer Mitgliedstaaten (mit der dadurch eintretenden Entlastung zugleich des Aufnahmesystems) kann nicht von systemischen Mängeln ausgegangen werden.
19 
Relevant ist mit Blick auf die Situation in Fällen wie den des Klägers ferner die Frage der Aufnahme und Unterbringung von Dublin-Rückkehrern, die erkrankt sind. Bei der Bewertung der in Italien anzutreffenden Umstände der Aufnahme von Flüchtlingen sind diejenigen Umstände heranzuziehen, die auch auf die Situation des Klägers zutreffen. Abzustellen ist demnach auf die Situation von Flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Lage, wohingegen die Situation von Flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen keine unmittelbare Rolle spielt. Sie kann allenfalls ergänzend herangezogen werden, sofern sich diese Umstände auch auf die Situation des Klägers auswirken können ( OVG NRW, Urt. v. 07.03.2014 – 1 A 21/12.A –, Rn. 130, juris).
20 
Beim Kläger handelt es sich darüber hinaus um eine chronisch erkrankte Person. Gemäß ärztlichen Bescheinigungen des Universitätsklinikums Freiburg (Leberzentrum) vom 12.04.2015 und (aktualisiert) vom 16.02.2016 leidet der Kläger seit 2011 an einer bereits in Pakistan diagnostizierten (und behandelten) chronischen Hepatitis C-Virusinfektion und einer Thrombopenie 70000 und einer (in Deutschland diagnostizierten) Leberzirrhose Child A infolge der Virusinfektion. Die erforderliche Behandlung besteht in einer antiviralen Therapie sowie ferner halbjährlichen Kontrolluntersuchungen (Labor und Ultraschall) zur Früherkennung eines Leberzellkarzinoms. Die im Fall des Klägers indizierte Therapie über 24 Wochen mit interferonfreien Medikamenten besitzt eine Erfolgsaussicht betreffend die endgültige Ausheilung der Hepatitis C zwischen 60-90 % (zu dieser grundlegenden Umwälzung der Hepatitis-C-Therapie aufgrund direkt antiviral wirkender Substanzen mit der daraus resultierenden hocheffektiven Therapie vgl. auch: Robert Koch Institut, Epidemiologisches Bulletin Nr. 30 vom 27.07.2015, 289 [298]). Die Kosten liegen bei 158.000 EUR. Neuere Therapieoptionen werden im Laufe des Jahres 2016 erwartet (12 Wochen Therapiedauer bei 89% Erfolgsaussicht der Virusausheilung) und sind voraussichtlich deutlich günstiger. Wird der Kläger nicht kurzfristig behandelt, sind keine Folgen zu erwarten (1-Jahres-Überlebensrate bei nahezu 100 %). Mittelfristig, im Bereich von Monaten bis wenigen Jahren, ist der Übergang in eine Leberzirrhose Child B-Stadium zu erwarten, was eine deutlich höhere Rate an Komplikationen der Leberzirrhose nach sich zieht (Ausbildung von Krampfadern der Speiseröhre mit eventuell drohender Blutung, Ausbildung von Bauchwasser, Gerinnungsstörungen, Störungen der Gedächtnisleistung). Die 1-Jahres-Überlebensrate liegt hier bei 85 %. Bleibt die Krankheit langfristig unbehandelt, ist mit einem weiteren Fortschreiten der Leberzirrhose in ein Child C-Stadium zu rechnen mit Dekompensation der Leberzirrhose und dem zusätzlichen Risiko eines Leberzellkrebses. Die 1-Jahres-Überlebensrate liegt hier bei 35 %, so dass die langfristigen Überlebenschancen ohne Therapie der Hepatitis C schlecht sind.
21 
Für die anzustellende Prognose ist davon auszugehen, dass der Kläger bei seiner (unterstellten) Ankunft in Italien einen Asylantrag stellt (bzw., da in Deutschland bereits gestellt, dort formal nach italienischen Bestimmungen registrieren lässt und aufrechterhält) und die dort zur Verfügung stehenden Angebote der (medizinischen) Versorgung im Rahmen des Möglichen tatsächlich nutzt (OVG NRW, Urt. v. 07.03.2014, a.a.O.). Systemische Mängel bei der Aufnahme von Dublin-Rückkehrern sowie in der medizinischen Versorgung kranker Asylantragsteller, welche beachtlich wahrscheinlich eine Gefahr für den Kläger begründen könnten, sind danach zu verneinen:
22 
Dublin-Rückkehrer, die - wie der Kläger - während ihres Aufenthalts in bzw. ihrer Durchreise durch Italien kein Asylgesuch gestellt haben, können den Antrag auf internationalen Schutz dort unter regulären Bedingungen stellen (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 40). Das Hauptproblem für sie besteht in der Aufnahme bzw. Unterbringung, wenn sich hier Verzögerungszeiten ergeben, während der eine Versorgung mit materiellen Leistungen möglicherweise nicht gewährleistet ist. Gerade hier waren in den letzten Jahren allerdings Aufnahmesysteme eingerichtet worden, um Dublin-Rückkehrer vorübergehend unterzubringen, bis ihre Verfahrenssituation geklärt oder - im Fall vulnerabler Personen - eine alternative Unterbringung gefunden war. Bis Mitte 2015 waren auf diese Art mit finanzieller Hilfe des Europäischen Flüchtlingsfonds (ERF) 11 Zentren für die Aufnahme von Dublin-Rückkehrern tätig, von denen 7 auf vulnerable Person spezialisiert waren. Diese Zentren in Rom (3), der Provinz Mailand (3), Venedig (2), Bologna (2) und Bari (1) konnten 443 Dublin-Rückkehrer vorübergehend unterbringen (AIDA-Report Januar 2015, Seite 31; AIDA-Report Dezember 2015, Seite 63/64). Seit Juni 2015, dem Ende der ERF-Förderung, werden Dublin-Rückkehrer im regulären Aufnahmesystem untergebracht: Allerdings ist vorgesehen, mit Unterstützung des durch die Verordnung (EU) 516/2014 für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.12.2020 eingerichteten (sich an den ERRF anschließenden) Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) erneut für eine spezielle Unterbringung dieses Personenkreises zu sorgen (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 67). Das von Italien gemäß Art. 14 der Verordnung (EU) 514/2014 für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.12.2020 vorgeschlagene und von der EU-Kommission noch zu genehmigende nationale Programm (Programma Nazionale FAMI - abrufbar unter https://ec.europa.eu/migrant-integration/news/italy-amif-call-for-proposals-now-published?lang=de) sieht erneut Maßnahmen zur Gewährleistung der Aufnahme von und Unterstützungsleistungen für Personen vor, die in Anwendung der Dublin III-VO überstellt werden (Seite 9: Obiettivo specifico - Asilo, unter f) sowie die Verstärkung der Aufnahmedienste, die Unterstützung und räumliche Orientierung solcher Personen (Seite 10: Obiettivo nazionale - Accoglienza/asilo, unter f).
23 
Auch wenn die Umsetzung des Programms im Fall seiner Genehmigung erst im letzten Quartal 2016 beginnen kann (vgl. Europäische Kommission: Asylum, Migration and Integration Fund (2014-2020) - 2015 Call for Proposal, Timetable [abrufbar unter: http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/financing/fundings/migration-asylum-borders/asylum-migration-integration-fund/calls/2015/inte/index_en.htm] sowie Programma Nationale FAMI, a.a.O., Seite 23 [Calendario Indicativo]), belegt die Existenz spezieller Aufnahmeeinrichtungen für Dublin-Rückkehrer in der Vergangenheit sowie deren Planung für die Zukunft, dass Italien ein besonderes Augenmerk auf diesen Personenkreis gelegt hat bzw. weiterhin legt. Anhaltspunkte dafür, der Kläger werde bei Rücküberstellung nicht sofort Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung erfahren, gibt es nicht. Von zeitlichen Lücken bei der Unterbringung zwischen Einreichen eines Asylgesuchs und dessen formaler Registrierung wird zwar berichtet (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft vom 23.04.2015 an VG Schwerin; AIDA-Report Dezember 2015, Seite 62/63). Allerdings gibt es keine verlässlichen Hinweise darauf, dass es sich hierbei um ein weitverbreitetes Phänomen handelt. Dem AIDA-Report Dezember 2015 (Seite 67) ist insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Dublin-Rückkehrer gerade nicht zu entnehmen, dass seit Auslaufen der speziellen vorübergehenden Aufnahme seit Mitte 2015 dieser Personenkreis Schwierigkeiten bei der Unterbringung im regulären Aufnahmesystem hätte. Eine besondere Kennzeichnung wäre indessen im Fall einer problematischen Sachlage zu erwarten gewesen, da der Report (Seite 37) die Zahl der an Italien gerichteten Übernahmeersuchen mit 14.019 angibt. Es muss ferner berücksichtigt werden, dass es sich bei Personen wie dem Kläger bereits um Asylantragsteller handelt, deren im Mitgliedstaat Deutschland gestellter Asylantrag nunmehr gemäß Art. 18 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO von Italien zu prüfen ist. Hinzu kommt ein weiteres: Beim Kläger handelt sich um eine erkrankte Person. Sowohl in der ersten als auch der zweiten Stufe des italienischen Aufnahmesystems wird diesem Umstand bei der Unterbringung aber Rechnung getragen (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 61). Gemäß Art. 31 Dublin III-VO i.V.m. Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 (Dublin-DVO) und dem für die Übermittlung von Daten verwendeten Standardformblatt (Anhang VI der Dublin-DVO) ist sichergestellt, dass Italien vom Gesundheitszustand des Klägers im Zuge der Überstellung erfährt. Die Dublin-Überstellung ist eine staatlich überwachte und organisierte Ausreise des Betroffenen in einen anderen Mitgliedstaat (BVerwG, Urt. v. 17.09.2015 – 1 C 26/14 –, Rn. 18 und 21, juris).
24 
Auch wenn der Kläger, wie er vorgetragen hat, die wenigen Tage seines Aufenthalts in Italien in einem Asylheim in Sizilien verbracht hat, ist schließlich hinreichend sicher auszuschließen, dass er wegen seiner Weiterwanderung nach Deutschland bei der künftigen Aufnahme/Unterbringung Nachteile zu gewärtigen hätte. Denn ein Asylgesuch bzw. einen Asylantrag hatte er zum damaligen Zeitpunkt nicht gestellt, so dass nicht von einem Fall ausgegangen werden kann, der im Sinne von Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahmerichtlinie) eine Einschränkung oder den Entzug der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen nach sich zieht (vgl. zu solchen Fällen AIDA-Report Dezember 2015, Seite 74/75).
25 
Eine medizinische Versorgung des Klägers im Sinne von Art. 19 der Aufnahmerichtlinien ist schließlich in Italien gewährleistet (vgl. bereits für frühere Jahre: OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 02.10.2013 – 3 L 643/12 –, Rn. 107 ff., juris; OVG NRW, Urt. v. 07.03.2014 – 1 A 21/12.A –, Rn. 182 ff., juris). Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus in Italien müssen sich beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Asylbewerber haben dieses Recht ab Registrierung ihres Asylantrags. Im Zuge der Registrierung wird eine Gesundheitskarte (tessera sanitaria) ausgestellt. Die Registrierung berechtigt zu Leistungen wie u.a. freie Wahl eines Hausarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.) und kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern. In den ersten 6 Monaten ihres Aufenthalts in Italien, in denen Asylbewerber nicht arbeiten dürfen, sind sie arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr bezahlen. Nach Ablauf der ersten 6 Monate müssen sie sich offiziell arbeitslos melden, um diese Befreiung beibehalten zu können (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 83). Es steht ferner außer Frage, dass in Italien die Krankheit des Klägers, sollte sich hierzu akuter Bedarf ergeben, auch ausreichend behandelt werden kann. Der Kläger selbst hat nur behauptet, von Asylbewerbern sei ihm gesagt worden, seine Krankheit werde in Italien nicht behandelt. Entsprechendes ist ihm von öffentlichen Stellen nicht gesagt worden und träfe auch nicht zu. Der in der WHO-Reihe Health Systems in Transition (HiT) erschienene Bericht über das italienische Gesundheitssystem (HiT 2014, 16(4):1–168; abrufbar bei WHO: http://www.euro.who.int/en/countries/italy/publications3/italy-hit-2014) hebt den hohen medizinischen Standard (mit einer daraus folgenden, innerhalb der EU zweithöchsten Lebenserwartung) ebenso wie den Umstand hervor, dass die Gesundheitsleistungen in gleicher Weise Bürgern wie legalen/illegalen Einwanderern zur Verfügung stehen (Seiten 1, 10 und 90). Selbst wenn sich in Italien ein weitergehender Therapiebedarf mit – vorbehaltlich allerdings einer dann zur Verfügung stehenden günstigeren Therapie – den vom Universitätsklinikum angegebenen hohen Kosten ergeben sollte, kann nicht erkannt werden, dass dies dem Kläger verweigert würde. Der EuGH hat im Urteil vom 27.09.2012 (C-179/11 [Cimade] –, juris, Rn. 59 ff.) festgestellt, dass die mit der Gewährleistung der Mindestbedingungen nach der Aufnahmerichtlinie verbundenen finanziellen Belastungen durch den Mitgliedstaat zu tragen sind, den diese Verpflichtung mit Blick auf den Aufenthalt des Asylbewerbers trifft. Diese derzeit Deutschland treffende Verpflichtung würde mit der tatsächlichen Überstellung des Klägers enden und dann Italien treffen. Der EuGH hat ferner darauf hingewiesen, dass mit Blick auf mögliche finanzielle Lasten der Europäische Flüchtlingsfond (jetzt: dessen Nachfolger AMIF) aus diesem Grund vorsieht, dass den Mitgliedstaaten u.a. in Bezug auf Aufnahmebedingungen finanzielle Unterstützung angeboten werden kann.
26 
Einer individuellen Zusicherung Italiens, wie vom EGMR in der Entscheidung vom 04.11.2014 – 29217/12 [Tarakhel / Schweiz] –, in deutscher Übersetzung veröffentlicht in NVwZ 2015,127 ff.) gefordert, bedurfte es im Fall des Klägers nach Auffassung des Gerichts schließlich nicht (zu Fragen des Inhalts und des Zeitpunktes einer Zusicherung vgl. m.w.N. die Darstellung bei Hocks, Asylmagazin 2015, 5 [8 ff.]). Allerdings wär eine solche wohl kaum zu erwarten gewesen, da auch nach derzeitigem Kenntnisstand Italien keine solchen Zusicherungen mehr gibt (vgl. etwa VG Düsseldorf, Urt. v. 15.12.2015 – 12 K 7303/15.A –, Rn. 63 und 64, juris, unter Hinweis auf eine Auskunft der Liaison-Beamtin des Bundesamtes in Italien vom 13.04.2015; Hinweise darauf auch bereits bei BVerfG, Beschl. v. 22.07.2015 - 2 BvR 746/15 -, NVwZ 2015, 1286). Das Bundesamt war bereits mit gerichtlicher Aufforderung vom 31.07.2015 mit dieser Frage befasst worden, ohne allerdings - was für die obige Annahme sprechen dürfte – zu reagieren. So unterschied sich zum einen hinsichtlich der Kapazität der Aufnahmeeinrichtungen die Sachlage bei Entscheidung des EGMR von derjenigen dieses Verfahrens. Der EGMR (a.a.O., Rn. 108-110) legte die in den Jahren 2011-2013 - gegenüber den oben unter aufgeführten: deutlich - geringeren Kapazitätszahlen zugrunde. Der Gerichtshof betonte immerhin schon im November 2014, dass die damalige allgemeine Situation von Asylsuchenden in Italien keineswegs mit jener in Griechenland, wie sie im Fall M.S.S./Belgien und Griechenland festgestellt worden sei, zu vergleichen sei. Struktur und allgemeine Lage der Aufnahme in Italien allein verhinderten also nicht jegliches Überstellen von Asylbewerbern in dieses Land. Aufgrund ernstlicher Zweifel an der Kapazität des Systems könne indessen die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass eine erhebliche Zahl von Asylbewerbern keine Unterkunft finde oder in überbelegten Einrichtungen auf engstem Raum oder sogar in gesundheitsschädlichen oder gewalttätigen Verhältnissen untergebracht werde. Der besondere Schutz für Asylbewerber, die eine besonders benachteiligte und verwundbare Bevölkerungsgruppe seien, sei umso wichtiger, wenn die Betroffenen Kinder seien, weil sie besondere Bedürfnisse hätten und extrem verwundbar seien (Rnr. 114-119). Die vom EGMR somit für maßgeblich erachtete extreme Verwundbarkeit eines Kindes (mit Blick auf die Gefahr einer Trennung von seinen Eltern und/oder die Gefahr der Anspannung und Angst mit besonders traumatisierenden Wirkungen für die Psyche) kennzeichnet den Fall des Klägers nicht. Das Gericht verkennt nicht, dass es sich beim Kläger nicht um eine gesunde Person handelt. Er hat in der mündlichen Verhandlung auch darauf hingewiesen, dass er, da er seit 6 bis 7 Monaten keine Medikamente mehr erhalte, ziemlich unerträgliche Schmerzen und Nasenbluten habe. Dass er hierdurch derart geschwächt wäre, dass er bei Rücküberstellung nach Italien dort einer erheblichen, durch materielle Aufnahmeleistungen nicht abwendbaren Gesundheitsverschlechterung unterworfen wäre, kann das Gericht aber nicht sehen. Hierbei muss beachtet werden, dass der Kläger aktuell in Deutschland mangels Kostenzusage nicht behandelt wird, was dafür spricht, dass sein Zustand keine akute Behandlungsbedürftigkeit i.S.v. § 4 AsylbLG (Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände) aufweist. Auch ist von Bedeutung, dass laut Anamnese vom April 2015, als er nach Italien und Deutschland kam, seine Krankheit bereits seit 4 Jahren diagnostiziert und in Pakistan behandelt worden war. Gleichwohl hat der die Reise nach Europa durchführen könne, was auch noch aktuell für eine ausreichende Belastbarkeit im Zuge einer Rücküberstellung spricht.
27 
2.) Auch die auf § 34a AsylG (zu dessen Unionsrechtskonformität vgl. BVerwG, Urt. v. 17.09.2015, a.a.O., Rn. 13 ff.) gestützte Abschiebungsanordnung (Ziff. 2 des Bundesamtsbescheids) ist schließlich rechtlich nicht zu beanstanden. In Fällen eines für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen anderen Staates i.S.v. § 27a AsylG darf die Abschiebung (nur) angeordnet werden, (wenn bzw.) sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Hierbei ist (inzident) auch zu prüfen, ob Abschiebungsverbote oder Duldungsgründe vorliegen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 31.05.2011 – A 11 S 1523/11 –, Rn. 4, juris). Solche Hinderungsgründe für eine Abschiebung liegen hier nicht vor. Gemäß ärztlicher Bescheinigung vom 16.02.2016 des Universitätsklinikums Freiburg (Leberzentrum) bedarf der Kläger einer antiviralen Therapie sowie halbjährlicher Kontrolluntersuchungen zur Früherkennung eines Leberzellkarzinoms. Eine solche Therapie ist noch nicht begonnen worden, so dass sich die Frage nicht stellt, ob ein bei Rücküberstellung nach Italien eintretender Abbruch bzw. eine Unterbrechung problematisch wäre. Weder unter diesem Gesichtspunkt noch mit Blick auf den aktuellen Zustand des Klägers, wie er ihn in der mündlichen Verhandlung geschildert hat, besteht bei ihm eine Reiseunfähigkeit. Nach dem bereits oben Dargelegten ist ferner davon auszugehen, dass die Erkrankung des Klägers in Italien behandelt werden und somit eine erhebliche Verschlimmerung im Sinne eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG verhindert werden kann.
III.
28 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 2, 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylG.

Gründe

 
I.
Soweit die Klage hinsichtlich des Verpflichtungsantrags zurückgenommen worden ist, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
II.
10 
Hinsichtlich der Anfechtungsklage ist in der Sache zu entscheiden. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Anschluss an die nunmehr vorgelegte ärztliche Bescheinigung des Universitätsklinikums Freiburg vom 16.02.2016 erachtet das Gericht nicht für geboten. Denn der Kläger hat diese, wie von ihm im Termin vom 04.02.2016 angekündigt, in Erfüllung der vom Gericht bereits unter dem 31.07.2015 erfolgten Anforderung und zwecks Darstellung seines aktuellen Gesundheitszustands vorgelegt und die Beklagte ist auf diesen Gesichtspunkt des Verfahrens – trotz des Hinweises des Gerichts vom 31.07.2015 - nie eingegangen. Von einem bislang nicht erörterten bzw. nicht hervorgetretenen Gesichtspunkt, den das Gericht zur Grundlage seiner Entscheidung macht, ohne die Beteiligten hierzu zuvor gehört zu haben, kann folglich nicht die Rede sein. Auf die hieraus abgeleitete Rechtsauffassung und Würdigung des Prozessstoffs musste das Gericht nicht hinweisen, da die tatsächliche und rechtliche Würdigung sich erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (BVerwG, Beschl. v. 07.12.2015 – 1 B 66/15 –, Rn. 16, juris).
11 
Die zulässige Klage ist unbegründet, da der Bescheid des Bundesamts vom 08.06.2015 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
12 
1.) Die Republik Italien ist gemäß § 27a AsylG i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der (gemäß ihrem Art. 49 Unterabs. 2 anzuwendenden) Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) für die weitere Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gemäß Art. 13 Abs.1 Satz 1 Dublin III-VO ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, dessen Land-, See- oder Luftgrenze der Antragsteller aus einem Drittstaat kommend illegal überschritten hat. Ein solcher Fall liegt hier vor, da der Kläger, wie durch einen Eurodac-Treffer der Kategorie 2 bestätigt, als erstes ohne Aufenthaltstitel und damit illegal die Grenze zum EU-Mitgliedstaat Italien überschritten hat. Auch der Kläger selbst hat eingeräumt, in Italien gewesen zu sein, sich dort 5 bis 6 Tage in einem Asylheim in Sizilien aufgehalten zu haben, ohne aber einen Asylantrag zu stellen.
13 
a.) Ungeachtet dessen, dass sich der Kläger auf eine etwaige Verletzung von Verfahrensvorschriften jedenfalls bei Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaates nicht für eine Rechtsverletzung berufen könnte, ist diese für Italien anzunehmende Zuständigkeit auch nicht nachträglich entfallen. Das Bundesamt hat innerhalb der in Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 Dublin III-VO genannten Frist bereits am 27.02.2015 ein Aufnahmegesuch an Italien gerichtet. Italien hat hierauf nicht reagiert, sodass gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO seit Ablauf des 27.04.2015 davon auszugehen ist, dass es dem Aufnahmegesuch zugestimmt hat. Damit ist Italien zur Aufnahme des Klägers sowie dazu verpflichtet, angemessene Vorkehrungen für seine Ankunft zu treffen. Von dieser Aufnahmebereitschaft ist im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung weiterhin auszugehen, so dass auch keine unzumutbare Verzögerung der Durchführung des Aufnahmeverfahrens (auf die sich der Kläger in Abwehr einer subjektiven Rechtsverletzung berufen könnte) eintreten wird. Denn die mit Eintritt der Zustimmungsfiktion am 28.04.2015 beginnende sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1, Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO ist aufgrund der mit Eilbeschluss vom 31.07.2015 erfolgten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gehemmt (zu dieser Wirkung vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.04.2014 – A 11 S 1721/13 –, Rn. 33, juris) und folglich tatsächlich noch nicht abgelaufen (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 i.V.m. Art. Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO). Von einer überlangen, eine Pflicht zum Selbsteintritt des ersuchenden Mitgliedstaats begründende Verfahrensdauer kann angesichts der etwas mehr als zwei Monate zwischen Asylantragstellung und (fingierter) Erteilung der Zustimmung zur Aufnahme nicht die Rede sein (in diesem Sinne sogar für elf Monate: BVerwG, Urt. v. 27.10.2015 – 1 C 32/14 –, Rn. 21, juris). Die Pflicht Italiens schließlich, nach Aufnahme des Klägers den von diesem gestellten Asylantrag zu prüfen, ergibt sich aus Art. 18 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO.
14 
b.) Die vom Kläger eingewendeten Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO, die eine Pflicht des BAMF bewirkten zu prüfen, ob statt Italiens ein anderer Mitgliedstatt zuständig ist bzw. - bei Verneinung - die Zuständigkeit Deutschlands begründeten, liegen nicht vor. Es erweist sich nicht als unmöglich, den Kläger nach Italien zu überstellen, da es keine wesentlichen Gründe für die Annahme gibt, dass die (im Fall Italiens allein zu untersuchenden) Aufnahmebedingungen für ihn in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta bzw. Art. 3 EMRK mit sich bringen. Eine solche Rechtsverletzung hätte vorausgesetzt, dass mit Blick auf das Gewicht und Ausmaß einer drohenden Beeinträchtigung dieser Grundrechte mit einem beachtlichen Grad von Wahrscheinlichkeit die reale, nämlich durch eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage belegte Gefahr besteht, dass der Betroffene in dem Mitgliedstaat, in den er als den nach der Dublin III-VO zuständigen Staat überstellt werden soll, während der Dauer des Asylverfahrens wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Gesundheits-/Hygienebedürfnisse) nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann (vgl. m.w.N. OVG Lüneburg, Urt. v. 25.06.2015 – 11 LB 248/14 –, Rn. 46, juris). Dies ist indessen zu verneinen.
15 
Italien hat zwar Probleme bei der lückenlosen Versorgung von Asylwerbern mit im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen. Das Land sah sich im Jahr 2015 mit einer hohen, gegenüber den Vorjahren noch einmal angestiegenen Zahl an Asylbewerbern konfrontiert. Eurostat gibt diesen Zustrom mit 84.085 Asylbewerbern und erstmaligen Asylbewerbern an (Quelle: Europäische Kommission > Eurostat > Statistik nach Themen > Asyl und gesteuerte Migration > Statistiken illustriert > Asylbewerber und erstmalige Asylbewerber [Zahlen dort für 2014: 64.625 und für 2013: 26.620]). Diese Zahl kann angesichts des auch im letzten Quartal 2015 anhaltenden Flüchtlingszustroms als verlässlich zugrundegelegt werden. Die mit 48.307 Asylantragstellern vom UNHCR aufgeführte Zahl (www.unhcr.org > Where We Work > Europe > Northern, Western, Central and Southern Europe > Italy > Statistical Snapshot) widerspricht dem nicht, da sie den Stand (nur von) Juni 2015 abbildet. Entsprechendes gilt für die mit 59.165 Antragstellern genannte Zahl im AIDA-Report vom Dezember 2015 des ECRE (European Council on Refugees and Exiles - Asylum Information Database, Country Report: Italy, Seite 6 [künftig aufgeführt als: AIDA-Report Dezember 2015]), die den Zeitraum (nur) von Januar bis September betrifft.
16 
Von einem systemischen Versagen im Hinblick auf das Aufnahmeverfahren ist indessen nicht auszugehen, da das Land in Reaktion auf diesen Zustrom nicht etwa untätig geblieben ist und bleibt, sondern Maßnahmen zur Problembewältigung ergriffen hat und weiterhin durchführt (vgl. bereits für die Zeitpunkte April und Juni 2015: OVG NRW, Urt. v. 24.04.2015 – 14 A 2356/12.A –, Rn. 41, juris; OVG Lüneburg, Urt. v. 25.06.2015, a.a.O., Rn. 51 ff.). Die Aufnahmekapazitäten sind sukzessive und deutlich erhöht worden. Während Ende Februar 2015 in den Erstaufnahmezentren (CPSA, CARA/CDA) noch 9.504 Unterbringungsplätze vorhanden bzw. belegt waren (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 25.03.2015 an VG Schwerin; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft vom 23.04.2015 an VG Schwerin), stieg diese Zahl bis Mitte 2015 auf 12.000 Plätze an und soll im Laufe des Jahres 2016 auf zunächst 14.750 und sodann auf 15.550 Plätze ausgeweitet werden (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 67). Entsprechendes gilt für die Anschlussunterbringung im SPRAR-System, dessen Kapazität von Ende Februar 2015 (20.596 Plätze - so Auswärtiges Amt und Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O.) zunächst bis Ende Mai 2015 auf rund 21.449 Plätze ausgeweitet wurde, zu denen weitere 10.000 ausgeschriebene Plätze hinzukommen, um für das Jahr 2016 eine Anzahl von knapp 32.000 Plätzen zu erreichen (Borderline-Europe, Kurzinformation zur Situation von Geflüchteten in der Region Sizilien, Februar 2016, Seite 4; AIDA-Report Dezember 2015, Seite 68). Was schließlich den Bereich der außerordentlichen Aufnahmezentren (Notfallzentren -CAS) angeht, betrug deren Kapazität Ende Februar 2015 etwa 37.000 Personen (Auswärtiges Amt und Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O.) und war bis Ende Juni 2015 auf rund 50.711 Personen angewachsen (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 69). Borderline-Europe (a.a.O., Seite 4) berichtet unter Hinweis auf Angaben des italienischen Innenministeriums gar von 70.918 vorhandenen Plätzen in 3.090 Einrichtungen.
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Dass diese Verbesserungen nur vorübergehend wären und bei einer Prognose in Zukunft ein Rückschritt bzw. Verschlechterungen eintreten könnten, ist nicht zu erwarten. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass Italien (neben Griechenland) im Zeitraum von 2014 bis 2020 voraussichtlich weiterhin der wichtigste Begünstigte des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) sein wird (vgl. Beschluss (EU) 2015/1601 des Rates vom 22.09.2015 zur Einführung von vorläufigen Maßnahmen im Bereich des internationalen Schutzes zu Gunsten von Italien und Griechenland, Erwägungsgrund 15). In Erfüllung seiner aus dem vorgenannten Beschluss (dort Art. 8 Abs. 1 sowie Erwägungsgrund 18) resultierenden Verpflichtung, als Reaktion auf die Krisensituation einen soliden strategischen Rahmen zu schaffen und den bereits eingeleiteten Reformprozess in diesen Bereichen zu verstärken, um so zu einer strukturellen Lösung für die Bewältigung des außergewöhnlichen Drucks auf sein Asyl- und Migrationssystem zu gelangen, hat Italien am 28.09.2015 einen aktualisierten Fahrplan („Roadmap“) vorgelegt (in englischer Zusammenfassung und Kommentierung abgerufen bei www.statewatch.org). Darin werden die oben genannten Aufnahmekapazitäten auch von staatlicher italienischer Seite aufgeführt und im SPRAR-System mittelfristig für den Zeitraum 2016/2017 eine Aufnahmekapazität von mindestens 40.000 Plätzen ins Auge gefasst. Die Zahl der Ende September 2015 vorhandenen Unterbringungsplätze im CAS-System wird mit 68.093 angegeben.
18 
Angesichts dieser Zahlen sowie der im genannten Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 22.09.2015 und ferner in dessen vorangegangenem Beschluss (EU) 2015/1523 vom 14.09.2015 vorgesehenen Umsiedlung von mehreren Tausend Antragstellern aus Italien in das Hoheitsgebiet anderer Mitgliedstaaten (mit der dadurch eintretenden Entlastung zugleich des Aufnahmesystems) kann nicht von systemischen Mängeln ausgegangen werden.
19 
Relevant ist mit Blick auf die Situation in Fällen wie den des Klägers ferner die Frage der Aufnahme und Unterbringung von Dublin-Rückkehrern, die erkrankt sind. Bei der Bewertung der in Italien anzutreffenden Umstände der Aufnahme von Flüchtlingen sind diejenigen Umstände heranzuziehen, die auch auf die Situation des Klägers zutreffen. Abzustellen ist demnach auf die Situation von Flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Lage, wohingegen die Situation von Flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen keine unmittelbare Rolle spielt. Sie kann allenfalls ergänzend herangezogen werden, sofern sich diese Umstände auch auf die Situation des Klägers auswirken können ( OVG NRW, Urt. v. 07.03.2014 – 1 A 21/12.A –, Rn. 130, juris).
20 
Beim Kläger handelt es sich darüber hinaus um eine chronisch erkrankte Person. Gemäß ärztlichen Bescheinigungen des Universitätsklinikums Freiburg (Leberzentrum) vom 12.04.2015 und (aktualisiert) vom 16.02.2016 leidet der Kläger seit 2011 an einer bereits in Pakistan diagnostizierten (und behandelten) chronischen Hepatitis C-Virusinfektion und einer Thrombopenie 70000 und einer (in Deutschland diagnostizierten) Leberzirrhose Child A infolge der Virusinfektion. Die erforderliche Behandlung besteht in einer antiviralen Therapie sowie ferner halbjährlichen Kontrolluntersuchungen (Labor und Ultraschall) zur Früherkennung eines Leberzellkarzinoms. Die im Fall des Klägers indizierte Therapie über 24 Wochen mit interferonfreien Medikamenten besitzt eine Erfolgsaussicht betreffend die endgültige Ausheilung der Hepatitis C zwischen 60-90 % (zu dieser grundlegenden Umwälzung der Hepatitis-C-Therapie aufgrund direkt antiviral wirkender Substanzen mit der daraus resultierenden hocheffektiven Therapie vgl. auch: Robert Koch Institut, Epidemiologisches Bulletin Nr. 30 vom 27.07.2015, 289 [298]). Die Kosten liegen bei 158.000 EUR. Neuere Therapieoptionen werden im Laufe des Jahres 2016 erwartet (12 Wochen Therapiedauer bei 89% Erfolgsaussicht der Virusausheilung) und sind voraussichtlich deutlich günstiger. Wird der Kläger nicht kurzfristig behandelt, sind keine Folgen zu erwarten (1-Jahres-Überlebensrate bei nahezu 100 %). Mittelfristig, im Bereich von Monaten bis wenigen Jahren, ist der Übergang in eine Leberzirrhose Child B-Stadium zu erwarten, was eine deutlich höhere Rate an Komplikationen der Leberzirrhose nach sich zieht (Ausbildung von Krampfadern der Speiseröhre mit eventuell drohender Blutung, Ausbildung von Bauchwasser, Gerinnungsstörungen, Störungen der Gedächtnisleistung). Die 1-Jahres-Überlebensrate liegt hier bei 85 %. Bleibt die Krankheit langfristig unbehandelt, ist mit einem weiteren Fortschreiten der Leberzirrhose in ein Child C-Stadium zu rechnen mit Dekompensation der Leberzirrhose und dem zusätzlichen Risiko eines Leberzellkrebses. Die 1-Jahres-Überlebensrate liegt hier bei 35 %, so dass die langfristigen Überlebenschancen ohne Therapie der Hepatitis C schlecht sind.
21 
Für die anzustellende Prognose ist davon auszugehen, dass der Kläger bei seiner (unterstellten) Ankunft in Italien einen Asylantrag stellt (bzw., da in Deutschland bereits gestellt, dort formal nach italienischen Bestimmungen registrieren lässt und aufrechterhält) und die dort zur Verfügung stehenden Angebote der (medizinischen) Versorgung im Rahmen des Möglichen tatsächlich nutzt (OVG NRW, Urt. v. 07.03.2014, a.a.O.). Systemische Mängel bei der Aufnahme von Dublin-Rückkehrern sowie in der medizinischen Versorgung kranker Asylantragsteller, welche beachtlich wahrscheinlich eine Gefahr für den Kläger begründen könnten, sind danach zu verneinen:
22 
Dublin-Rückkehrer, die - wie der Kläger - während ihres Aufenthalts in bzw. ihrer Durchreise durch Italien kein Asylgesuch gestellt haben, können den Antrag auf internationalen Schutz dort unter regulären Bedingungen stellen (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 40). Das Hauptproblem für sie besteht in der Aufnahme bzw. Unterbringung, wenn sich hier Verzögerungszeiten ergeben, während der eine Versorgung mit materiellen Leistungen möglicherweise nicht gewährleistet ist. Gerade hier waren in den letzten Jahren allerdings Aufnahmesysteme eingerichtet worden, um Dublin-Rückkehrer vorübergehend unterzubringen, bis ihre Verfahrenssituation geklärt oder - im Fall vulnerabler Personen - eine alternative Unterbringung gefunden war. Bis Mitte 2015 waren auf diese Art mit finanzieller Hilfe des Europäischen Flüchtlingsfonds (ERF) 11 Zentren für die Aufnahme von Dublin-Rückkehrern tätig, von denen 7 auf vulnerable Person spezialisiert waren. Diese Zentren in Rom (3), der Provinz Mailand (3), Venedig (2), Bologna (2) und Bari (1) konnten 443 Dublin-Rückkehrer vorübergehend unterbringen (AIDA-Report Januar 2015, Seite 31; AIDA-Report Dezember 2015, Seite 63/64). Seit Juni 2015, dem Ende der ERF-Förderung, werden Dublin-Rückkehrer im regulären Aufnahmesystem untergebracht: Allerdings ist vorgesehen, mit Unterstützung des durch die Verordnung (EU) 516/2014 für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.12.2020 eingerichteten (sich an den ERRF anschließenden) Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) erneut für eine spezielle Unterbringung dieses Personenkreises zu sorgen (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 67). Das von Italien gemäß Art. 14 der Verordnung (EU) 514/2014 für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.12.2020 vorgeschlagene und von der EU-Kommission noch zu genehmigende nationale Programm (Programma Nazionale FAMI - abrufbar unter https://ec.europa.eu/migrant-integration/news/italy-amif-call-for-proposals-now-published?lang=de) sieht erneut Maßnahmen zur Gewährleistung der Aufnahme von und Unterstützungsleistungen für Personen vor, die in Anwendung der Dublin III-VO überstellt werden (Seite 9: Obiettivo specifico - Asilo, unter f) sowie die Verstärkung der Aufnahmedienste, die Unterstützung und räumliche Orientierung solcher Personen (Seite 10: Obiettivo nazionale - Accoglienza/asilo, unter f).
23 
Auch wenn die Umsetzung des Programms im Fall seiner Genehmigung erst im letzten Quartal 2016 beginnen kann (vgl. Europäische Kommission: Asylum, Migration and Integration Fund (2014-2020) - 2015 Call for Proposal, Timetable [abrufbar unter: http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/financing/fundings/migration-asylum-borders/asylum-migration-integration-fund/calls/2015/inte/index_en.htm] sowie Programma Nationale FAMI, a.a.O., Seite 23 [Calendario Indicativo]), belegt die Existenz spezieller Aufnahmeeinrichtungen für Dublin-Rückkehrer in der Vergangenheit sowie deren Planung für die Zukunft, dass Italien ein besonderes Augenmerk auf diesen Personenkreis gelegt hat bzw. weiterhin legt. Anhaltspunkte dafür, der Kläger werde bei Rücküberstellung nicht sofort Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung erfahren, gibt es nicht. Von zeitlichen Lücken bei der Unterbringung zwischen Einreichen eines Asylgesuchs und dessen formaler Registrierung wird zwar berichtet (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft vom 23.04.2015 an VG Schwerin; AIDA-Report Dezember 2015, Seite 62/63). Allerdings gibt es keine verlässlichen Hinweise darauf, dass es sich hierbei um ein weitverbreitetes Phänomen handelt. Dem AIDA-Report Dezember 2015 (Seite 67) ist insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Dublin-Rückkehrer gerade nicht zu entnehmen, dass seit Auslaufen der speziellen vorübergehenden Aufnahme seit Mitte 2015 dieser Personenkreis Schwierigkeiten bei der Unterbringung im regulären Aufnahmesystem hätte. Eine besondere Kennzeichnung wäre indessen im Fall einer problematischen Sachlage zu erwarten gewesen, da der Report (Seite 37) die Zahl der an Italien gerichteten Übernahmeersuchen mit 14.019 angibt. Es muss ferner berücksichtigt werden, dass es sich bei Personen wie dem Kläger bereits um Asylantragsteller handelt, deren im Mitgliedstaat Deutschland gestellter Asylantrag nunmehr gemäß Art. 18 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO von Italien zu prüfen ist. Hinzu kommt ein weiteres: Beim Kläger handelt sich um eine erkrankte Person. Sowohl in der ersten als auch der zweiten Stufe des italienischen Aufnahmesystems wird diesem Umstand bei der Unterbringung aber Rechnung getragen (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 61). Gemäß Art. 31 Dublin III-VO i.V.m. Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 (Dublin-DVO) und dem für die Übermittlung von Daten verwendeten Standardformblatt (Anhang VI der Dublin-DVO) ist sichergestellt, dass Italien vom Gesundheitszustand des Klägers im Zuge der Überstellung erfährt. Die Dublin-Überstellung ist eine staatlich überwachte und organisierte Ausreise des Betroffenen in einen anderen Mitgliedstaat (BVerwG, Urt. v. 17.09.2015 – 1 C 26/14 –, Rn. 18 und 21, juris).
24 
Auch wenn der Kläger, wie er vorgetragen hat, die wenigen Tage seines Aufenthalts in Italien in einem Asylheim in Sizilien verbracht hat, ist schließlich hinreichend sicher auszuschließen, dass er wegen seiner Weiterwanderung nach Deutschland bei der künftigen Aufnahme/Unterbringung Nachteile zu gewärtigen hätte. Denn ein Asylgesuch bzw. einen Asylantrag hatte er zum damaligen Zeitpunkt nicht gestellt, so dass nicht von einem Fall ausgegangen werden kann, der im Sinne von Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahmerichtlinie) eine Einschränkung oder den Entzug der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen nach sich zieht (vgl. zu solchen Fällen AIDA-Report Dezember 2015, Seite 74/75).
25 
Eine medizinische Versorgung des Klägers im Sinne von Art. 19 der Aufnahmerichtlinien ist schließlich in Italien gewährleistet (vgl. bereits für frühere Jahre: OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 02.10.2013 – 3 L 643/12 –, Rn. 107 ff., juris; OVG NRW, Urt. v. 07.03.2014 – 1 A 21/12.A –, Rn. 182 ff., juris). Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus in Italien müssen sich beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Asylbewerber haben dieses Recht ab Registrierung ihres Asylantrags. Im Zuge der Registrierung wird eine Gesundheitskarte (tessera sanitaria) ausgestellt. Die Registrierung berechtigt zu Leistungen wie u.a. freie Wahl eines Hausarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.) und kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern. In den ersten 6 Monaten ihres Aufenthalts in Italien, in denen Asylbewerber nicht arbeiten dürfen, sind sie arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr bezahlen. Nach Ablauf der ersten 6 Monate müssen sie sich offiziell arbeitslos melden, um diese Befreiung beibehalten zu können (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 83). Es steht ferner außer Frage, dass in Italien die Krankheit des Klägers, sollte sich hierzu akuter Bedarf ergeben, auch ausreichend behandelt werden kann. Der Kläger selbst hat nur behauptet, von Asylbewerbern sei ihm gesagt worden, seine Krankheit werde in Italien nicht behandelt. Entsprechendes ist ihm von öffentlichen Stellen nicht gesagt worden und träfe auch nicht zu. Der in der WHO-Reihe Health Systems in Transition (HiT) erschienene Bericht über das italienische Gesundheitssystem (HiT 2014, 16(4):1–168; abrufbar bei WHO: http://www.euro.who.int/en/countries/italy/publications3/italy-hit-2014) hebt den hohen medizinischen Standard (mit einer daraus folgenden, innerhalb der EU zweithöchsten Lebenserwartung) ebenso wie den Umstand hervor, dass die Gesundheitsleistungen in gleicher Weise Bürgern wie legalen/illegalen Einwanderern zur Verfügung stehen (Seiten 1, 10 und 90). Selbst wenn sich in Italien ein weitergehender Therapiebedarf mit – vorbehaltlich allerdings einer dann zur Verfügung stehenden günstigeren Therapie – den vom Universitätsklinikum angegebenen hohen Kosten ergeben sollte, kann nicht erkannt werden, dass dies dem Kläger verweigert würde. Der EuGH hat im Urteil vom 27.09.2012 (C-179/11 [Cimade] –, juris, Rn. 59 ff.) festgestellt, dass die mit der Gewährleistung der Mindestbedingungen nach der Aufnahmerichtlinie verbundenen finanziellen Belastungen durch den Mitgliedstaat zu tragen sind, den diese Verpflichtung mit Blick auf den Aufenthalt des Asylbewerbers trifft. Diese derzeit Deutschland treffende Verpflichtung würde mit der tatsächlichen Überstellung des Klägers enden und dann Italien treffen. Der EuGH hat ferner darauf hingewiesen, dass mit Blick auf mögliche finanzielle Lasten der Europäische Flüchtlingsfond (jetzt: dessen Nachfolger AMIF) aus diesem Grund vorsieht, dass den Mitgliedstaaten u.a. in Bezug auf Aufnahmebedingungen finanzielle Unterstützung angeboten werden kann.
26 
Einer individuellen Zusicherung Italiens, wie vom EGMR in der Entscheidung vom 04.11.2014 – 29217/12 [Tarakhel / Schweiz] –, in deutscher Übersetzung veröffentlicht in NVwZ 2015,127 ff.) gefordert, bedurfte es im Fall des Klägers nach Auffassung des Gerichts schließlich nicht (zu Fragen des Inhalts und des Zeitpunktes einer Zusicherung vgl. m.w.N. die Darstellung bei Hocks, Asylmagazin 2015, 5 [8 ff.]). Allerdings wär eine solche wohl kaum zu erwarten gewesen, da auch nach derzeitigem Kenntnisstand Italien keine solchen Zusicherungen mehr gibt (vgl. etwa VG Düsseldorf, Urt. v. 15.12.2015 – 12 K 7303/15.A –, Rn. 63 und 64, juris, unter Hinweis auf eine Auskunft der Liaison-Beamtin des Bundesamtes in Italien vom 13.04.2015; Hinweise darauf auch bereits bei BVerfG, Beschl. v. 22.07.2015 - 2 BvR 746/15 -, NVwZ 2015, 1286). Das Bundesamt war bereits mit gerichtlicher Aufforderung vom 31.07.2015 mit dieser Frage befasst worden, ohne allerdings - was für die obige Annahme sprechen dürfte – zu reagieren. So unterschied sich zum einen hinsichtlich der Kapazität der Aufnahmeeinrichtungen die Sachlage bei Entscheidung des EGMR von derjenigen dieses Verfahrens. Der EGMR (a.a.O., Rn. 108-110) legte die in den Jahren 2011-2013 - gegenüber den oben unter aufgeführten: deutlich - geringeren Kapazitätszahlen zugrunde. Der Gerichtshof betonte immerhin schon im November 2014, dass die damalige allgemeine Situation von Asylsuchenden in Italien keineswegs mit jener in Griechenland, wie sie im Fall M.S.S./Belgien und Griechenland festgestellt worden sei, zu vergleichen sei. Struktur und allgemeine Lage der Aufnahme in Italien allein verhinderten also nicht jegliches Überstellen von Asylbewerbern in dieses Land. Aufgrund ernstlicher Zweifel an der Kapazität des Systems könne indessen die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass eine erhebliche Zahl von Asylbewerbern keine Unterkunft finde oder in überbelegten Einrichtungen auf engstem Raum oder sogar in gesundheitsschädlichen oder gewalttätigen Verhältnissen untergebracht werde. Der besondere Schutz für Asylbewerber, die eine besonders benachteiligte und verwundbare Bevölkerungsgruppe seien, sei umso wichtiger, wenn die Betroffenen Kinder seien, weil sie besondere Bedürfnisse hätten und extrem verwundbar seien (Rnr. 114-119). Die vom EGMR somit für maßgeblich erachtete extreme Verwundbarkeit eines Kindes (mit Blick auf die Gefahr einer Trennung von seinen Eltern und/oder die Gefahr der Anspannung und Angst mit besonders traumatisierenden Wirkungen für die Psyche) kennzeichnet den Fall des Klägers nicht. Das Gericht verkennt nicht, dass es sich beim Kläger nicht um eine gesunde Person handelt. Er hat in der mündlichen Verhandlung auch darauf hingewiesen, dass er, da er seit 6 bis 7 Monaten keine Medikamente mehr erhalte, ziemlich unerträgliche Schmerzen und Nasenbluten habe. Dass er hierdurch derart geschwächt wäre, dass er bei Rücküberstellung nach Italien dort einer erheblichen, durch materielle Aufnahmeleistungen nicht abwendbaren Gesundheitsverschlechterung unterworfen wäre, kann das Gericht aber nicht sehen. Hierbei muss beachtet werden, dass der Kläger aktuell in Deutschland mangels Kostenzusage nicht behandelt wird, was dafür spricht, dass sein Zustand keine akute Behandlungsbedürftigkeit i.S.v. § 4 AsylbLG (Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände) aufweist. Auch ist von Bedeutung, dass laut Anamnese vom April 2015, als er nach Italien und Deutschland kam, seine Krankheit bereits seit 4 Jahren diagnostiziert und in Pakistan behandelt worden war. Gleichwohl hat der die Reise nach Europa durchführen könne, was auch noch aktuell für eine ausreichende Belastbarkeit im Zuge einer Rücküberstellung spricht.
27 
2.) Auch die auf § 34a AsylG (zu dessen Unionsrechtskonformität vgl. BVerwG, Urt. v. 17.09.2015, a.a.O., Rn. 13 ff.) gestützte Abschiebungsanordnung (Ziff. 2 des Bundesamtsbescheids) ist schließlich rechtlich nicht zu beanstanden. In Fällen eines für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen anderen Staates i.S.v. § 27a AsylG darf die Abschiebung (nur) angeordnet werden, (wenn bzw.) sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Hierbei ist (inzident) auch zu prüfen, ob Abschiebungsverbote oder Duldungsgründe vorliegen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 31.05.2011 – A 11 S 1523/11 –, Rn. 4, juris). Solche Hinderungsgründe für eine Abschiebung liegen hier nicht vor. Gemäß ärztlicher Bescheinigung vom 16.02.2016 des Universitätsklinikums Freiburg (Leberzentrum) bedarf der Kläger einer antiviralen Therapie sowie halbjährlicher Kontrolluntersuchungen zur Früherkennung eines Leberzellkarzinoms. Eine solche Therapie ist noch nicht begonnen worden, so dass sich die Frage nicht stellt, ob ein bei Rücküberstellung nach Italien eintretender Abbruch bzw. eine Unterbrechung problematisch wäre. Weder unter diesem Gesichtspunkt noch mit Blick auf den aktuellen Zustand des Klägers, wie er ihn in der mündlichen Verhandlung geschildert hat, besteht bei ihm eine Reiseunfähigkeit. Nach dem bereits oben Dargelegten ist ferner davon auszugehen, dass die Erkrankung des Klägers in Italien behandelt werden und somit eine erhebliche Verschlimmerung im Sinne eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG verhindert werden kann.
III.
28 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 2, 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylG.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.