BVerfG: Unzulässige Vorlage eines Finanzgerichts zur Zinsbesteuerung und zum Strafbefreiungserklärungsgesetz
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Um den Vorgaben des BundesverfassungsgerichtsRechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber 1992 das Zinsabschlaggesetzerlassen. Es folgten weitere gesetzliche Änderungen mit Auswirkungen auf die Zinsbesteuerung durch das Steuerentlastungsgesetz von 1999, das unter anderem zur Erweiterung der Mitteilungspflicht und zum Weg fall der Verwendungsbeschränkung für die mitgeteilten Daten führte und durchdas Steueränderungsgesetz 2003, das die Jahressteuerbescheinigungeinführte.
Mit dem Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit von 2003 wollte der Gesetzgeber einen Anreiz für steuerunehrliche Steuerpflichtige schaffen, in die Steuerehrlichkeit zurückzukehren. Gleichzeitig wollten die Überprüfungsmöglichkeiten der Finanzverwaltung maßvoll verbessert werden, um Steuerhinterziehung in der Zukunft zuerschweren.
Dem verbesserten Gesetzesvollzug dienten die Regelungen des Strafbefreiungserklärungsgesetzes, das am 30. Dezember 2003 in Kraft trat. Durch die Abgabe einer strafbefreienden Erklärung und Entrichtung einer pauschalen, als Einkommensteuer geltenden Abgabekonnte Strafbefreiung für die in den Veranlagungszeiträumen 1993 bis 2002 erzielten Einnahmen, die zu Unrecht nicht der Besteuerung zugrunde gelegt worden waren, erlangt werden. Die derart nach erklärten Einnahmen wurden zur pauschalen Abgeltung aller denkbaren Abzüge lediglich in Höhe von 60% der Abgabe unterworfen. Unmittelbar nach dem Auslaufen der Regelungen des Strafbefreiungserklärungsgesetzes trat am 1. April 2005 das neu geschaffene Kontenabrufverfahren in Kraft. Durch die enge Verzahnung der Regelungen des Strafbefreiungserklärungsgesetzes mit dem Kontenabrufverfahren sollte die Steuerehrlichkeit nachhaltig gefördert werden.
Dasvorlegende Finanzgericht ist der Auffassung, dass die Besteuerung von Zinseinkünften für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2002 aufgrund eines nach wie vor bestehenden strukturellen Vollzugsdefizits gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoße. Darüber hinaus führe das Strafbefreiungserklärungsgesetz zu einer verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigenden gleichheitswidrigen Begünstigung steuerunehrlicher Steuerpflichtiger gegenüber steuerehrlichen Steuerpflichtigen, da diesen die steuerlichen Begünstigungen nach dem Strafbefreiungserklärungsgesetz vorenthalten würden.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Vorlage aus folgenden Gründen für unzulässig erklärt:
Das vorlegende Finanzgericht setzt sich mit der Frage, ob hinsichtlich der Besteuerung von Zinseinkünften für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2002 ein strukturelles Vollzugsdefizit bestand, nicht hinreichend auseinander. Insbesondere geht das Gericht nicht ausreichend daraufein, ob die im Anschluss an das "Zinsurteil" in Kraft getretenen Gesetzesänderungen in ihrem Zusammenwirken gegenüber den Vorjahren erhebliche Verbesserungen der Vollzugsbedingungen herbeigeführt haben.
Soweit die Vorlage das Strafbefreiungserklärungsgesetz betrifft, setzt sich das Finanzgericht nicht mit der Frage auseinander, ob eine relative Schlechterstellung steuerehrlicher Steuerpflichtiger gegenüber der Begünstigung steuerunehrlicher Steuerpflichtiger durch das Strafbefreiungserklärungsgesetz verfassungsrechtlich gerechtfertigtsein könnte. Es verkennt, dass das Strafbefreiungserklärungsgesetz nicht das Ziel hatte, die Steuerhinterziehung zu belohnen; es sollte vielmehr einen Anreiz für eine freiwillige Rückkehr in die Steuerehrlichkeit setzen. Unerörtert bleibt in diesem Zusammenhang die Frage, inwieweit durch das Strafbefreiungserklärungsgesetz die tatsächliche Erhebungssituation bei den Zinseinkünften auch positiv beeinflusst worden sein könnte. Hinsichtlich der bezweifelten Eignung einer Steueramnestie zur Förderung der Steuerehrlichkeit hätte das Finanzgericht zumindest dazu näher Stellung nehmen müssen, dass der Gesetzgeber durch die enge Verzahnung des Strafbefreiungserklärungsgesetzes mit dem neu geschaffenen Kontenabrufverfahren bewusst eine Regelung geschaffen hat, die Steuerverkürzungen in der Zukunft erschweren und die Steuerehrlichkeit nachhaltig fördern sollte.
Strafbarkeit einer Steuerhinterziehung wenn die Kapitalertragssteuer verfassungswidrig ist?
Das Bundesverfassungsgericht hat im sog. "Zinsurteil"von 1991 festgestellt, dass bei der Besteuerung von Zinseinkünften seit dem Veranlagungszeitraum 1981 ein strukturelles Vollzugsdefizit bestandund den Gesetzgeber aufgefordert, bis zum 1. Januar 1993 durchhinreichende gesetzliche Vorkehrungen die Besteuerungsgleichheit zugewährleisten.Um den Vorgaben des BundesverfassungsgerichtsRechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber 1992 das Zinsabschlaggesetzerlassen. Es folgten weitere gesetzliche Änderungen mit Auswirkungen auf die Zinsbesteuerung durch das Steuerentlastungsgesetz von 1999, das unter anderem zur Erweiterung der Mitteilungspflicht und zum Weg fall der Verwendungsbeschränkung für die mitgeteilten Daten führte und durchdas Steueränderungsgesetz 2003, das die Jahressteuerbescheinigungeinführte.
Mit dem Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit von 2003 wollte der Gesetzgeber einen Anreiz für steuerunehrliche Steuerpflichtige schaffen, in die Steuerehrlichkeit zurückzukehren. Gleichzeitig wollten die Überprüfungsmöglichkeiten der Finanzverwaltung maßvoll verbessert werden, um Steuerhinterziehung in der Zukunft zuerschweren.
Dem verbesserten Gesetzesvollzug dienten die Regelungen des Strafbefreiungserklärungsgesetzes, das am 30. Dezember 2003 in Kraft trat. Durch die Abgabe einer strafbefreienden Erklärung und Entrichtung einer pauschalen, als Einkommensteuer geltenden Abgabekonnte Strafbefreiung für die in den Veranlagungszeiträumen 1993 bis 2002 erzielten Einnahmen, die zu Unrecht nicht der Besteuerung zugrunde gelegt worden waren, erlangt werden. Die derart nach erklärten Einnahmen wurden zur pauschalen Abgeltung aller denkbaren Abzüge lediglich in Höhe von 60% der Abgabe unterworfen. Unmittelbar nach dem Auslaufen der Regelungen des Strafbefreiungserklärungsgesetzes trat am 1. April 2005 das neu geschaffene Kontenabrufverfahren in Kraft. Durch die enge Verzahnung der Regelungen des Strafbefreiungserklärungsgesetzes mit dem Kontenabrufverfahren sollte die Steuerehrlichkeit nachhaltig gefördert werden.
Dasvorlegende Finanzgericht ist der Auffassung, dass die Besteuerung von Zinseinkünften für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2002 aufgrund eines nach wie vor bestehenden strukturellen Vollzugsdefizits gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoße. Darüber hinaus führe das Strafbefreiungserklärungsgesetz zu einer verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigenden gleichheitswidrigen Begünstigung steuerunehrlicher Steuerpflichtiger gegenüber steuerehrlichen Steuerpflichtigen, da diesen die steuerlichen Begünstigungen nach dem Strafbefreiungserklärungsgesetz vorenthalten würden.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Vorlage aus folgenden Gründen für unzulässig erklärt:
Das vorlegende Finanzgericht setzt sich mit der Frage, ob hinsichtlich der Besteuerung von Zinseinkünften für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2002 ein strukturelles Vollzugsdefizit bestand, nicht hinreichend auseinander. Insbesondere geht das Gericht nicht ausreichend daraufein, ob die im Anschluss an das "Zinsurteil" in Kraft getretenen Gesetzesänderungen in ihrem Zusammenwirken gegenüber den Vorjahren erhebliche Verbesserungen der Vollzugsbedingungen herbeigeführt haben.
Soweit die Vorlage das Strafbefreiungserklärungsgesetz betrifft, setzt sich das Finanzgericht nicht mit der Frage auseinander, ob eine relative Schlechterstellung steuerehrlicher Steuerpflichtiger gegenüber der Begünstigung steuerunehrlicher Steuerpflichtiger durch das Strafbefreiungserklärungsgesetz verfassungsrechtlich gerechtfertigtsein könnte. Es verkennt, dass das Strafbefreiungserklärungsgesetz nicht das Ziel hatte, die Steuerhinterziehung zu belohnen; es sollte vielmehr einen Anreiz für eine freiwillige Rückkehr in die Steuerehrlichkeit setzen. Unerörtert bleibt in diesem Zusammenhang die Frage, inwieweit durch das Strafbefreiungserklärungsgesetz die tatsächliche Erhebungssituation bei den Zinseinkünften auch positiv beeinflusst worden sein könnte. Hinsichtlich der bezweifelten Eignung einer Steueramnestie zur Förderung der Steuerehrlichkeit hätte das Finanzgericht zumindest dazu näher Stellung nehmen müssen, dass der Gesetzgeber durch die enge Verzahnung des Strafbefreiungserklärungsgesetzes mit dem neu geschaffenen Kontenabrufverfahren bewusst eine Regelung geschaffen hat, die Steuerverkürzungen in der Zukunft erschweren und die Steuerehrlichkeit nachhaltig fördern sollte.
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