Steuerrecht: Widerlegung der Vermutung einer auch privaten Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs bei Vorhandensein von zwei gleichwertigen privaten Fahrzeugen im Privatvermögen des Steuerpflichtigen und seiner Ehefrau
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Tatbestand:
Die Beteiligten streiten nur noch über die Frage, ob für ein auf den GbR-Gesellschafter M. G. zugelassenes Fahrzeug (Porsche 911, amtliches Kennzeichen …) im Streitjahr ein privater Nutzungsanteil zu berücksichtigen ist.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, zu der sich im Streitjahr die Rechtsanwälte P. G. und M. G. zusammengeschlossen hatten, um im Rahmen dieser Gesellschaft ihre Anwaltstätigkeit auszuüben. Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG).
Mit Bescheid vom 16. August 2001 setzte der Beklagte (FA) den von der Klägerin im Streitjahr erzielten Gewinn auf 236.286 DM fest. Darin enthalten war u.a. ein privater Nutzungsanteil für den erwähnten PKW Porsche 911 in Höhe von 21.166 DM sowie Umsatzsteuer auf diesen Betrag in Höhe von 2.709,24 DM; außerdem war bei der Gewinnfeststellung eine Reduzierung des von der Klägerin geltend gemachten Betriebsausgabenabzugs für gezahlte Umsatzsteuer um 7.121,60 DM berücksichtigt. Daneben erhöhte das FA die von der Klägerin für das Streitjahr erklärte Umsatzsteuer mit Bescheid vom 29. August 2001 unter Zugrundelegung eines Eigenverbrauchs für den Porsche 911 in Höhe von 16.932 DM. Das FA war in den erwähnten Steuerbescheiden jeweils davon ausgegangen, dass die Zulassung des PKW Porsche 911 auf den Gesellschafter M. G. während des gesamten Kalenderjahres bestanden hatte. Die von der Klägerin gegen diese Steuerbescheide jeweils eingelegten Einsprüche blieben erfolglos.
Dagegen richtet sich die vorliegende Klage. Ausweislich während des Klageverfahrens von der Klägerin vorgelegter Unterlagen war der Porsche 911 im Streitjahr nur während der Zeit vom 22. April bis zum 4. November 1999 auf den Gesellschafter M. G. zugelassen. Im Übrigen war auf den Gesellschafter M. G. während des gesamten Streitjahres nach seinen Angaben ein in seinem Privatvermögen befindlicher Porsche 928 (amtliches Kennzeichen …) zugelassen. Daneben war in der Zeit vom 22. Juli bis zum 31. Dezember 1999 auf den Gesellschafter M. G. ein ebenfalls im Privatvermögen gehaltenes Fahrzeug Volvo (amtliches Kennzeichen …) zugelassen; daneben war auf die Ehefrau des Gesellschafters M. G., Frau K. G., in der Zeit vom 1. Januar bis April 1999 ein Mercedes-Geländewagen (amtliches Kennzeichen …) zugelassen; schließlich war nach den Angaben der Klägerin auf Frau K. G. in der Zeit von April bis 31. Dezember 1999 ein Chrysler Wrangler (amtliches Kennzeichen unbekannt) zugelassen. Die 5 zum Haushalt des Gesellschafters M. G. und seiner Ehefrau gehörenden Kinder waren im Streitjahr alle minderjährig.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin hinsichtlich der vom FA angenommenen Eigennutzung des PKW Porsche 911 im Wesentlichen vor: Die Berücksichtigung eines privaten Nutzungsanteils bzw. eines Eigenverbrauchs für das Fahrzeug Porsche 911 komme nicht in Betracht, da während der Zeit, für welche das Fahrzeug im Streitjahr zugelassen gewesen sei (22. April bis 4. November 1999) ständig sowohl für den Gesellschafter M. G. als auch für dessen Ehefrau K. G. jeweils ein gleichwertiges im Privatvermögen gehaltenes Fahrzeug vorhanden gewesen sei. Der Anscheinsbeweis der Privatnutzung des betrieblichen Fahrzeugs sei damit entkräftet.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist insoweit begründet, als das FA für die Zeit vom 1. Januar bis zum 21. April 1999 sowie für die Zeit vom 22. Juli bis zum 31. Dezember 1999 einen privaten Nutzungsanteil bzw. einen umsatzsteuerlichen Eigenverbrauch für den betrieblichen PKW Porsche 911 angesetzt hat; soweit das FA den privaten Nutzungsanteil bzw. den Eigenverbrauch für die Zeit vom 22. April bis zum 21. Juli 1999 angesetzt hat ist die Klage demgegenüber unbegründet. Dabei legt der Senat die Erklärung der Klägerin zu Protokoll der mündlichen Verhandlung, sie verfolge in der Gewinnfeststellungssache nur noch den Streitpunkt Privatnutzung des betrieblichen PKW in Höhe von 24.375,24 DM, dahin aus, dass die Klägerin damit diesen Streitpunkt in Höhe des tatsächlich streitigen Betrages in Höhe von 23.875,24 DM meinte. Die Angabe des höheren Betrages erfolgte offenbar nur irrtümlich unter Zugrundelegung des im Klageschriftsatz vom 14. November 2002 erwähnten Ansatzes für die Privatnutzung in Höhe von 21.6 66 DM (zuzüglich 2.709,24 DM Umsatzsteuer), während der vom FA vorgenommene Ansatz für die Privatnutzung tatsächlich nur 21.166 DM (zuzüglich 2.709,24 DM Umsatzsteuer) betrug; auf den vorerwähnten zutreffenden Zahl beruht im Übrigen auch der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag. Im Einzelnen:
In den angefochtenen Bescheiden ist das FA davon ausgegangen, dass der betriebliche PKW Porsche 911 während des gesamten Streitjahres auf den Gesellschafter M. G. zugelassen war. Nunmehr hat sich herausgestellt, dass dies nicht zutraf, sondern dass der PKW Porsche 911 im Streitjahr lediglich während der Zeit vom 22. April bis zum 4. November 1999 auf den Gesellschafter M. G. zugelassen war. Damit scheiden die Zeiträume vom 1. Januar bis zum 21. April 1999 sowie vom 5. November bis zum 31. Dezember 1999 als Zeiträume einer Privatnutzung des betrieblichen PKW bzw. eines entsprechenden Eigenverbrauchs von vornherein aus.
Darüber hinaus kommt nach Auffassung des Senats zudem während des Zeitraums vom 22. Juli bis zum 4. November 1999 der Ansatz einer Privatnutzung bzw. eines entsprechenden Eigenverbrauchs nicht in Betracht. Denn während dieses Zeitraums stand dem Gesellschafter M. G. und seiner Ehefrau nach Überzeugung des Senats jeweils ein etwa gleichwertiges, im Privatvermögen gehaltenes Fahrzeug zur Verfügung. Für den Gesellschafter M. G. war dies der PKW Porsche 928 mit dem amtlichen Kennzeichen … Zwar hat das FA insoweit erklärt, es sei ihm nicht gelungen, im Rahmen von Nachforschungen die Existenz des PKW Porsche 928 festzustellen. Dieser Vortrag ist jedoch nicht geeignet, beim Senat irgendwelche Zweifel an der Existenz des erwähnten PKW Porsche 928 aufkommen zu lassen, zumal die Klägerin diesen PKW nicht nur mit dem amtlichen Kennzeichen, sondern zusätzlich mit der Angabe der Fahrzeugkennnummer sowie dem Datum der Anmeldung (21. September 1994) und Abmeldung (21. Juli 2004) bezeichnet hat (Schriftsatz der Klägerin vom 7. Januar 2008). Vor diesem Hintergrund bleibt völlig unklar, was das FA mit der vagen Angabe, es sei ihm nicht gelungen, das Vorhandensein des Fahrzeugs festzustellen, gemeint hat. Zur Überzeugung des Senats steht im Übrigen fest, dass der Ehefrau des Gesellschafters M. G. während des hier in Rede stehenden Zeitraums (22. Juli bis 4. November 1999) ebenfalls ein etwa vergleichbares privates Fahrzeug zur Verfügung gestanden hat (Fahrzeug Volvo, amtliches Kennzeichen …).
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat für den Zeitraum vom 22. Juli bis zum 4. November 1999 die Vermutung der Privatnutzung des betrieblichen PKW Porsche 911 als erschüttert an, denn nach Auffassung des Senats wäre das Halten der beiden (etwa vergleichbaren) privaten Fahrzeuge wirtschaftlich völlig unvernünftig, wenn die Kläger stattdessen das betriebliche Fahrzeug für private Zwecke genutzt hätten.
Das vorstehende Ergebnis widerspricht insbesondere auch nicht den vom FA im Schriftsatz vom 22. Juli 2008 angeführten Entscheidungen des BFH. Denn in diesen Entscheidungen haben sich die jeweiligen Kläger entweder lediglich pauschal dahingehend eingelassen, für Privatfahrten hätten "Privatfahrzeuge" zur Verfügung gestanden oder es war davon auszugehen, dass das (einzige) privat vorhandene Fahrzeug von der Ehefrau des Nutzers des betrieblichen Fahrzeugs genutzt wurde. Insofern unterscheiden sich die den angeführten BFH-Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte deutlich von dem vorliegenden Sachverhalt. Denn vorliegend ist nicht nur vorgetragen worden, Privatfahrten seien mit Privatfahrzeugen vorgenommen worden; vielmehr ist präzise vorgetragen, welche (etwa gleichwertigen) Privatfahrzeuge zur Verfügung gestanden hätten. Darüber hinaus ist - jedenfalls für den Zeitraum, für welchen der Senat die Klage als begründet angesehen hat - nachvollziehbar dargelegt, dass zwei Privatfahrzeuge - nämlich für den Gesellschafter M. G. sowie für dessen Ehefrau - zur Verfügung gestanden hätten; insoweit erscheint die Vermutung, das Privatfahrzeug sei von der Ehefrau des Nutzers des betrieblichen Fahrzeugs genutzt worden, nicht einschlägig.
Im Übrigen (das heißt für den Zeitraum vom 22. April bis zum 21. Juli 1999) ist die Privatnutzung bzw. der Eigenverbrauch für den PKW Porsche 911 dagegen nach Auffassung des Senats zu Recht angesetzt worden. Denn während dieses Zeitraums hat die Klägerin für den Gesellschafter M. G. und dessen Ehefrau nicht das Vorhandensein von zwei privaten PKW, sondern lediglich das Vorhandensein eines privaten PKW (Porsche 928, amtliches Kennzeichen …) belegt. Zwar hat die Klägerin vorgetragen, dass in der Zeit von April bis 31. Dezember 1999 für die Ehefrau K. G. ein Fahrzeug des Typs Chrysler Wrangler zur Verfügung gestanden habe; dieser Vortrag ist jedoch nach Auffassung des Senats nicht nachvollziehbar, da die Klägerin insoweit nicht in der Lage war, das amtliche Kennzeichen dieses Fahrzeugs zu benennen, sodass insoweit eine Überprüfung der Angaben der Klägerin nicht möglich war.
Die vom FA vorgenommene Ermittlung der Höhe des Ansatzes der Privatnutzung bzw. des Eigenverbrauchs war im Übrigen nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat insoweit auch keine Einwendungen erhoben.
Die Berechnung des festzustellenden Gewinns und der Umsatzsteuer nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen überträgt der Senat gem. § 100 Abs. 2 Sätze 2 und 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) dem FA.
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(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.