Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung

bei uns veröffentlicht am26.02.2007

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
Rechtsberatung zum Steuerrecht - BSP Bierbach Streifler & Partner PartGmbB Berlin Mitte
(BFH, Urteil vom 18. Mai 2006 – III R 26/05; erschienen in: NJW 2007, 542)

Leitsatz der Entscheidung:

 

Der Steuerpflichtige kann Unterhaltsaufwendungen unter den weiteren Voraussetzungen des § 33a EStG als außergewöhnliche Belastung abziehen, wenn der Unterhaltsempfänger dem Grunde nach gesetzlich unterhaltsberechtigt ist. Auf das Bestehen einer konkreten zivilrechtlichen Unterhaltsberechtigung bzw. die Höhe des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs kommt es nicht an.

 

(vereinfachter) Sachverhalt:

 

A erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im Jahre 2005 übertrug er seinem volljährigen Sohn S den hälftigen Miteigentumsanteil an seinem Mehrfamilienhaus, in dem S und seine Familie wohnten. A und S vereinbarten, dass dieser für die benutzte Wohnung kein Entgelt zahlen müsse, sondern nur die anfallenden Kosten selbst zu tragen habe. S konnte wegen Insolvenz ab dem Jahre 2006 dieser Kostentragungspflicht nicht mehr entsprechen, so dass A die Wohnungsaufwendungen für S tätigte. Dies möchte er als außergewöhnliche Belastung steuerwirksam berücksichtigt wissen.

 

Entscheidungsgründe des BFH:

 

Der BFH hat dem entsprochen.

 

Für die Annahme einer außergewöhnlichen Belastung wegen einer gesetzlichen Unterhaltsberechtigung im Sinne von § 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG komme es auf das Bestehen einer konkreten zivilrechtlichen Unterhaltspflicht bzw. die Höhe eines zivilrechtlich konkret geschuldeten Unterhalts nicht an, sondern auf eine potentielle Unterhaltsverpflichtung, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 33 a Abs. 1 EStG vorlägen.

 

Die entscheidungserhebliche Textpassage des § 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG lautet, dass dem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer ihm gegenüber „gesetzlich unterhaltsberechtigten“ Person erwachsen. Ob eine Person „gesetzlich unterhaltsberechtigt“ ist, richtet sich nach bürgerlichem Recht.

 

Der Senat hat an dieser Stelle der bislang herrschenden Meinung, die mit Hinweis auf § 1602 Abs. 1 BGB die Unterhaltsberechtigung davon abhängig gemacht, ob sich die Anspruchsteller nicht selbst unterhalten kann, den Rücken zugekehrt.

 

Der BFH ist vielmehr der Auffassung gefolgt, dass die Bedürftigkeit des Unterhaltsempfängers zwar Voraussetzung für die gesetzliche Unterhaltsberechtigung sei, aber bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 33 a Abs. 1 EStG typisierend zu unterstellen sei.

 

Daher musste der BFH nicht mehr prüfen, ob S seine Arbeitskraft verwendet hat (sog. Erwerbsobliegenheit), um seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Die Bedürftigkeit des S war bei typisierender Betrachtung unwiderlegbar zu unterstellen.

 

Für den BFH war es indes ein leichtes, die Voraussetzungen für die Abziehbarkeit der Unterhaltsleistungen des A als außergewöhnliche Belastung im Sinne von § 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG anzusehen. Denn A ist S gegenüber gem. § 1601 BGB unterhaltsverpflichtet. Auch die übrigen Voraussetzungen von § 33 a Abs. 1 EStG, dass S keine eigenen Einkünfte und Bezüge sowie kein eigenes Vermögen habe, sind gegeben.

Fazit:
Eine familienfreundliche Entscheidung.

Gesetze

Gesetze

4 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Einkommensteuergesetz - EStG | § 33a Außergewöhnliche Belastung in besonderen Fällen


(1)1Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurc

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1601 Unterhaltsverpflichtete


Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1602 Bedürftigkeit


(1) Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. (2) Ein minderjähriges Kind kann von seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung des Unterhalts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens

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Referenzen

(1)1Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zur Höhe des Grundfreibetrags nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden.2Der Höchstbetrag nach Satz 1 erhöht sich um den Betrag der im jeweiligen Veranlagungszeitraum nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 für die Absicherung der unterhaltsberechtigten Person aufgewandten Beiträge; dies gilt nicht für Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, die bereits nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 anzusetzen sind.3Der gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt ist eine Person, wenn bei ihr zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden.4Voraussetzung ist, dass weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld für die unterhaltene Person hat und die unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt; ein angemessenes Hausgrundstück im Sinne von § 90 Absatz 2 Nummer 8 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberücksichtigt.5Hat die unterhaltene Person andere Einkünfte oder Bezüge, so vermindert sich die Summe der nach Satz 1 und Satz 2 ermittelten Beträge um den Betrag, um den diese Einkünfte und Bezüge den Betrag von 624 Euro im Kalenderjahr übersteigen, sowie um die von der unterhaltenen Person als Ausbildungshilfe aus öffentlichen Mitteln oder von Förderungseinrichtungen, die hierfür öffentliche Mittel erhalten, bezogenen Zuschüsse; zu den Bezügen gehören auch steuerfreie Gewinne nach den §§ 14, 16 Absatz 4, § 17 Absatz 3 und § 18 Absatz 3, die nach § 19 Absatz 2 steuerfrei bleibenden Einkünfte sowie Sonderabschreibungen und erhöhte Absetzungen, soweit sie die höchstmöglichen Absetzungen für Abnutzung nach § 7 übersteigen.6Ist die unterhaltene Person nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, so können die Aufwendungen nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates der unterhaltenen Person notwendig und angemessen sind, höchstens jedoch der Betrag, der sich nach den Sätzen 1 bis 5 ergibt; ob der Steuerpflichtige zum Unterhalt gesetzlich verpflichtet ist, ist nach inländischen Maßstäben zu beurteilen.7Werden die Aufwendungen für eine unterhaltene Person von mehreren Steuerpflichtigen getragen, so wird bei jedem der Teil des sich hiernach ergebenden Betrags abgezogen, der seinem Anteil am Gesamtbetrag der Leistungen entspricht.8Nicht auf Euro lautende Beträge sind entsprechend dem für Ende September des Jahres vor dem Veranlagungszeitraum von der Europäischen Zentralbank bekannt gegebenen Referenzkurs umzurechnen.9Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) der unterhaltenen Person in der Steuererklärung des Unterhaltsleistenden, wenn die unterhaltene Person der unbeschränkten oder beschränkten Steuerpflicht unterliegt.10Die unterhaltene Person ist für diese Zwecke verpflichtet, dem Unterhaltsleistenden ihre erteilte Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) mitzuteilen.11Kommt die unterhaltene Person dieser Verpflichtung nicht nach, ist der Unterhaltsleistende berechtigt, bei der für ihn zuständigen Finanzbehörde die Identifikationsnummer der unterhaltenen Person zu erfragen.

(2)1Zur Abgeltung des Sonderbedarfs eines sich in Berufsausbildung befindenden, auswärtig untergebrachten, volljährigen Kindes, für das Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder Kindergeld besteht, kann der Steuerpflichtige einen Freibetrag in Höhe von 1 200 Euro je Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen.2Für ein nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind mindert sich der vorstehende Betrag nach Maßgabe des Absatzes 1 Satz 6.3Erfüllen mehrere Steuerpflichtige für dasselbe Kind die Voraussetzungen nach Satz 1, so kann der Freibetrag insgesamt nur einmal abgezogen werden.4Jedem Elternteil steht grundsätzlich die Hälfte des Abzugsbetrags nach den Sätzen 1 und 2 zu.5Auf gemeinsamen Antrag der Eltern ist eine andere Aufteilung möglich.

(3)1Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Voraussetzungen nicht vorgelegen haben, ermäßigen sich die dort bezeichneten Beträge um je ein Zwölftel; der sich daraus ergebende Betrag ist auf den nächsten vollen Euro-Betrag aufzurunden.2Eigene Einkünfte und Bezüge der nach Absatz 1 unterhaltenen Person, die auf diese Kalendermonate entfallen, vermindern den nach Satz 1 ermäßigten Höchstbetrag nicht.3Als Ausbildungshilfe bezogene Zuschüsse der nach Absatz 1 unterhaltenen Person mindern nur den zeitanteiligen Höchstbetrag der Kalendermonate, für die sie bestimmt sind.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann wegen der in diesen Vorschriften bezeichneten Aufwendungen der Steuerpflichtige eine Steuerermäßigung nach § 33 nicht in Anspruch nehmen.

(1) Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

(2) Ein minderjähriges Kind kann von seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung des Unterhalts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens und der Ertrag seiner Arbeit zum Unterhalt nicht ausreichen.

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.