Welche Neuerungen bringt die Große Koalition aus arbeitsrechtlicher Sicht?

bei uns veröffentlicht am01.03.2018
Zusammenfassung des Autors

Die neu aufgelegte große Koalition, wenn sie kommt, verspricht Änderungen im Teilzeit- und Befristungsrecht, im Arbeitszeitrecht sowie der betrieblichen Mitbetsimmung - BSP Rechtsanwälte - Rechtsanwältin im Arbeitsrecht Berlin Mitte

Der zwischen CDU und SPD ausgearbeitete Koalitionsvertrag vom 07.02.2018 sieht unter anderem folgende arbeitsrechtlichen Änderungen vor:

I. Befristete Teilzeit

Bisher hat der Arbeitnehmer entsprechend § 8 Abs. 1 TzBfG lediglich einen Anspruch auf die langfristige Verringerung seiner Arbeitszeit, wenn betriebliche Belange nicht entgegenstehen. Ein Wechsel zur ursprünglichen Arbeitszeit zurück sieht das TzbFG bislang nicht vor.

Das soll sich nun ändern. Geplant war die befristete Teilzeit übrigens schon in der letzten Legislaturperiode. Nunmehr sollen Arbeitnehmer die Verringerung ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit für mindestens 1 Jahr und maximal 5 Jahre vom Arbeitgeber verlangen können. Voraussetzungen ist, dass der Arbeitgeber mindestens 45 Mitarbeiter beschäftigt. Bei einer Beschäftigungszahl zwischen 45 und 200 Mitarbeitern muss der Arbeitgeber pro angefangene 15 Arbeitnehmer einem Mitarbeiter befristete Teilzeit gewähren (sog. Zumutbarkeitsgrenze).

Nach Ablauf der befristeten Teilzeittätigkeit kann der Arbeitnehmer frühestens nach einem Jahr eine erneute Verringerung der Arbeitszeit beantragen.


II. Verkürzung der sachgrundlosen Befristung

Geplant ist die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverhältnissen von momentan 24 Monate auf 18 Monate abzusenken. Zudem soll der Arbeitgeber diese Arbeitsverhältnisse nicht wie bisher dreimal sondern nur noch einmal verlängern können. Auch soll eine Quote für Unternehmen ab 75 Arbeitnehmern eingeführt werden, die die Beschäftigung sachgrundlos befristeter Arbeitnehmer auf ein Maß beschränkt.

III. Kettenbefristung

Die Koalitionsvereinbarung sieht vor, dass die Befristung eines Arbeitsverhältnisses dann nicht zulässig sein soll, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits ein unbefristetes oder befristetes Arbeitsverhältnis mit einer Gesamtdauer von fünf oder mehr Jahren bestan­den hat.

Beachtlich ist, dass auch die mehrfache Befristung mit Sachgrund auf die Dauer von fünf Jahren beschränkt sein wird (§ 14 Abs. 1 TzBfG sieht keine zeitliche Beschränkung der Befristung mit Sachgrund vor). Auf diese fünf Jahre sollen auch etwaige vorherige Tätigkeiten als Leiharbeitnehmer angerechnet wer­den. Erst nach Ablauf von drei weiteren Jahren darf der Arbeitnehmer erneut mit Sachgrund bei demselben Arbeitgeber befristet beschäftigt werden. Diese sind gut beraten die Einhaltung der 3- Jahresfrist sorgfältig zu prüfen.

 

 

 

 

 

 

Gesetze

Gesetze

3 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 14 Zulässigkeit der Befristung


(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn 1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,2. die Bef

Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 8 Zeitlich nicht begrenzte Verringerung der Arbeitszeit


(1) Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, kann verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird. (2) Der Arbeitnehmer muss die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Ve

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Referenzen

(1) Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, kann verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird.

(2) Der Arbeitnehmer muss die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn in Textform geltend machen. Er soll dabei die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben.

(3) Der Arbeitgeber hat mit dem Arbeitnehmer die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit mit dem Ziel zu erörtern, zu einer Vereinbarung zu gelangen. Er hat mit dem Arbeitnehmer Einvernehmen über die von ihm festzulegende Verteilung der Arbeitszeit zu erzielen.

(4) Der Arbeitgeber hat der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Die Ablehnungsgründe können durch Tarifvertrag festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen über die Ablehnungsgründe vereinbaren.

(5) Die Entscheidung über die Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung in Textform mitzuteilen. Haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht nach Absatz 3 Satz 1 über die Verringerung der Arbeitszeit geeinigt und hat der Arbeitgeber die Arbeitszeitverringerung nicht spätestens einen Monat vor deren gewünschtem Beginn in Textform abgelehnt, verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang. Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Verteilung der Arbeitszeit kein Einvernehmen nach Absatz 3 Satz 2 erzielt und hat der Arbeitgeber nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitverringerung die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit in Textform abgelehnt, gilt die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers als festgelegt. Der Arbeitgeber kann die nach Satz 3 oder Absatz 3 Satz 2 festgelegte Verteilung der Arbeitszeit wieder ändern, wenn das betriebliche Interesse daran das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung erheblich überwiegt und der Arbeitgeber die Änderung spätestens einen Monat vorher angekündigt hat.

(6) Der Arbeitnehmer kann eine erneute Verringerung der Arbeitszeit frühestens nach Ablauf von zwei Jahren verlangen, nachdem der Arbeitgeber einer Verringerung zugestimmt oder sie berechtigt abgelehnt hat.

(7) Für den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit gilt die Voraussetzung, dass der Arbeitgeber, unabhängig von der Anzahl der Personen in Berufsbildung, in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt.

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.