OLG Frankfurt am Main: Minderung der Gewerberaummiete während des Lockdowns
Die Entscheidung der Richter des Oberlandesgerichtes (OLG) Frankfurt am Main (Urt. v. 19.03.2021, Az.: 2 U 143/20) ist eine von vier mit Spannung erwarteten Urteilen zum Thema „Minderung von Gewerberaummiete aufgrund behördlicher Schließanordnungen“ seit der Einführung des Art. 240 § 7 EGBGB. Wie zuvor das OLG Karlsruhe, das OLG München sowie das OLG Dresden war auch das OLG Frankfurt am Main der Ansicht, dass sich die Geschäftsgrundlage des Mietvertrages durch die Corona-Pandemie schwerwiegend verändert hat. Die Richter des OLG Frankfurt am Mail konnten in dem geführten Urkundenprozess aufgrund dessen Natur jedoch zu keinem Ergebnis hinsichtlich der Zumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag kommen, haben jedoch klargestellt, dass sie das Recht der Beklagten auf Anpassung des Vertrages dennoch für möglich halten.
Dirk Streifler - Streifler&Kollegen - Rechtsanwälte Berlin
Streitgegenstand ist die Mietminderung für Gewerberäume während coronabedingter Einschränkungen
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens vor dem OLG Frankfurt am Main war die Uneinigkeit der Vertragsparteien eines Mietvertrages über die Zahlung der vereinbarten Miete für April, Mail und Juni, während des Zeitraums, der von der hessischen Landesregierung angeordneten Schließungen und Beschränkungen.
Aufgrund der Verordnungen der hessischen Landesregierung zur Bekämpfung des Corona-Virus ist der Umsatz der Beklagten Mieterin eines Einzelhandelsgeschäfts eingebrochen.
Vorgehende Instanz: Frankfurt am Main
Zuvor hatte das Landgericht Frankfurt am Main (Urt. v. 02.10.2020, Az.: 2-15 O 23/20) zu Gunsten der Vermieterin entschieden und die Beklagte zur Zahlung des vereinbarten Mietzinses zuzüglich Zinsen verurteilt. Insbesondere läge nach Ansicht des Landgerichts kein Mangel an der Mietsache vor, der eine Minderung der Miete rechtfertigen könnte. Da die behördlich angeordneten Schließungen sich gegen bestimmte Betriebsarten richten mithin keinen Bezug zur Mietsache aufweisen, sei hier allein der geschäftliche Erfolg betroffen. Dieser gehöre zum Verwendungsrisiko des Mieters. Das Landgericht konnte zudem in den behördlich angeordneten Schließungen, hinsichtlich der langen Vertragsdauer, keine „derart schwerwiegende Änderung der Grundlagen des Mietvertrages“ erblicken, dass die Parteien in Voraussicht dieser Umstände, den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten. So sei insbesondere die wirtschaftliche Existenz der Beklagten nicht gefährdet, weshalb der Beklagten darüber hinaus ein Festhalten am Vertrag zumutbar erscheint.
Kein Mangel
Das OLG Frankfurt am Main stimmte der Argumentation des Landgerichts hinsichtlich des Vorliegens eines Mangels weitgehend zu und führte aus, dass der vereinbarte Mietzins nicht aufgrund des Vorliegens eines Mangels am Mietobjekt gem. § 536 Abs. 1 BGB gemindert werden könne. Nach Ansicht des OLG wies das Mietobjekt trotz der staatlichen Schließanordnungen, die auch den Betrieb der Beklagten betrafen, keinen Mangel und kein Fehlen einer der Mietsache zugesicherten Eigenschaft auf. Das Mietobjekt war auch während der Zeit des Lockdowns für den vertragsgemäßen Gebrauch tauglich. So hat auch die Vermieterin die geschuldete Leistung, nämlich die Verschaffung der Möglichkeit des Gebrauchs der Mietsache sowie dessen Verwendungszweck entsprechende Instandhaltung, weiterhin erfüllt. Anders als das bei einem Pachvertrag der Fall ist, bei welchen der/die Pächter:in dem/der Verpächter:in die Räume nicht ausschließlich zum Gebrauch überlässt, sondern darüber hinaus dem/der Verpächter:in die Möglichkeit der Fruchtziehung schuldet, treffe die Klägerin als Vermieterin lediglich die Pflicht zur vereinbarten Gebrauchsüberlassung. Diese Pflicht habe die Klägerin vorliegend erfüllt.
Unerheblich sei auch, dass im Mietvertrag die Anmietung der Räume zu dem spezifischen Zweck des Betriebes eines Einzelhandels für den Vertrieb insbesondere von Damenoberbekleidung vorgesehen ist. Da die Räume für diesen Zweck weiterhin geeignet waren, liege kein Mangel vor.
„Die Vereinbarung eines Nutzungszwecks für das Mietobjekt ist dabei nicht als Zusicherung einer Eigenschaft der Mietsache zu verstehen.“
Mieterin trägt Verwendungsrisiko
Schließich betreffen Behördliche Schließanordnungen wie der Lockdown, nach Ansicht des Gerichts, weder die körperliche Beschaffenheit des Mietobjektes noch ihren Zustand oder Lage und nehmen keinen Einfluss auf das Mietobjekt selbst. Sie betreffen lediglich die erfolgreiche Nutzung des Mietobjektes durch die Beklagte. Die Nutzung des Mietobjektes gehöre jedoch zum Verwendungsrisiko (vgl. § 537 BGB), was die Beklagte als Mieterin tragen müsse.
Geschäftsgrundlage durch Pandemie-bedingte Schließungen gestört
Schließlich stellte das OLG im Sinne der Einführung des Art. 240 § 7 EGBGB fest, dass die Geschäftsgrundlage des Mietvertrages der Parteien durch die Corona-Pandemie schwerwiegend gestört wurde. Anders als das Landgericht zuvor könne nach Ansicht des OLG´s davon ausgegangen werden, dass die Parteien eine Pandemie, welche die behördliche Schließanordnungen zu Folge hat, nicht vorausgesehen haben und dass die Parteien bei der Annahme einer Voraussicht der Pandemie entsprechende Regelungen geschaffen, mithin den Vertrag mithin mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten.
Dennoch könne die Beklagte nicht aufgrund einer erheblichen Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages eine Anpassung des Mietzinses verlangen, weil im Urkundenprozess, so das Gericht, eine Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Mietvertrag nicht festgestellt werden könne. Vielmehr bedürfe diese Feststellung einer Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere eines Beweises für die Richtigkeit, der von der Beklagten vorgetragenen tatsächlichen Umstände.
Das OLG hält eine Vertragsanpassung dennoch für möglich und verweist auf das Nachverfahren.
Haben Sie noch Fragen zum Thema „Gewerberaummiete mindern wegen Corona-bedingter Schließanordnung“? Dann nehmen Sie Kontakt zu Streifler&Kollegen auf und lassen Sie sich fachkundig beraten.
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