Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 08. Sept. 2015 - L 19 R 554/11

bei uns veröffentlicht am08.09.2015
vorgehend
Sozialgericht Nürnberg, S 3 R 183/11, 05.04.2011
nachgehend
Bundessozialgericht, B 5 RE 31/15 B, 10.12.2015

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Gründe

Leitsatz:

in dem Rechtsstreit

A., A-Straße, A-Stadt

- Kläger und Berufungskläger -

Proz.-Bev.: Rechtsanwälte B., B-Straße, B-Stadt -

gegen

... Rentenversicherung ..., vertreten durch das Direktorium, ...

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Beigeladen: ... Versorgungskammer, Ärzteversorgung, vertreten durch den Vorstand, ...

- Beigeladene -

Der 19. Senat des Bayer. Landessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung in Schweinfurt am 8. September 2015 durch den Vorsitzenden Richter am Bayer. Landessozialgericht Rüschen, den Richter am Bayer. Landessozialgericht Roll und die Richterin am Bayer. Landessozialgericht Dr. Köhler-Fleischmann sowie die ehrenamtlichen Richter Drescher und Willacker für Recht erkannt:

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.04.2011 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.

Der 1976 geborene Kläger war bis 30.09.2007 als Stabsarzt im Wehrdienst beschäftigt, wobei er bereits seit 08.04.2007 im Rahmen einer genehmigten Nebentätigkeit privatärztliche Behandlungen durchgeführt hat. Die Beigeladene hat mit Mitgliedschaftsbescheid vom 08.11.2007 eine Mitgliedschaft des Klägers bei ihr kraft Gesetzes ab 08.04.2007 festgestellt. Entsprechend einem Antrag des Klägers wurde im Folgenden für die Wehrdienstzeit die Nachversicherung bei der Beigeladenen durchgeführt.

Der Kläger teilte am 15.01.2009 der Beigeladenen mit, dass er seit 09.01.2009 im Angestelltenverhältnis als Unternehmensberater bei der Firma B. (Group) GmbH in M. angestellt sei. Es solle geklärt werden, ob es sich hierbei um eine berufsfremde oder eine berufsbezogene Tätigkeit handele. Die Beigeladene antwortete dem Kläger, dass die Beklagte eine Befreiung von der dortigen Versicherungspflicht nur dann aussprechen werde, wenn eindeutig eine ärztliche Tätigkeit vorliege. Nach Auffassung der Beigeladenen verstehe man unter ärztlicher Tätigkeit nicht nur diejenigen Tätigkeiten, für welche die ärztliche Approbation oder Berufserlaubnis Voraussetzung sei, sondern auch jene Tätigkeiten, bei welchen Kenntnisse verwertet werden würden, die aufgrund einer ärztlichen Tätigkeit erworben worden seien.

Der Kläger gab gegenüber der Beigeladenen zunächst an, er werde in der Unternehmensberatung unter Umständen in verschiedenen Branchen eingesetzt. Beim Einsatz im Gesundheitswesen werde ein medizinischer Abschluss sicher von Vorteil sein, wenn nicht sogar vom Kunden als Beratungsvoraussetzung gefordert. Es gehe bei der Beratung auch nicht um ärztliches Wissen, sondern vorwiegend um Methodenkompetenz in vorwiegend betriebswirtschaftlichen Fragestellungen. Wenn der Verweis auf die Möglichkeit eines bevorzugten Einsatzes in der Pharmaindustrie ausreiche, hole er gerne eine Bestätigung seines Arbeitgebers ein. Der Kläger wies darauf hin, dass er neben dieser sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung weiterhin ärztlich tätig sei. Dies betreffe die privatärztliche Tätigkeit und die ehrenamtliche Tätigkeit in der sportmedizinischen Betreuung eines Sportvereins. Er gehe davon aus, dass aufgrund dessen weiter eine Pflichtmitgliedschaft in der Ärzteversorgung vorliege.

Unter dem Datum 10.01.2009 stellte der Kläger über die Beigeladene bei der Beklagten den streitgegenständlichen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI). Er gab an, angestellt berufsspezifisch beschäftigt zu sein und zwar als Unternehmensberater bei der Firma B. Group GmbH in M.. Er beantrage deshalb die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt.

Der Kläger reichte sodann eine Bescheinigung seines Arbeitgebers vom 05.02.2009 ein, wonach er als angestellter Unternehmensberater tätig sei und es sich hierbei um eine Tätigkeit handele, die der Kläger aufgrund seiner abgeschlossenen ärztlichen Ausbildung ausübe und die sich voraussichtlich überwiegend auf Projektarbeit mit medizinischen Schwerpunkten erstrecken werde. Die Beigeladene stellte dem Kläger daraufhin eine Bestätigung aus, dass er bei ihr Mitglied sei und einen Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung(spflicht) gestellt habe, der an die Beklagte weitergeleitet worden sei.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 23.04.2009 den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht ab, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen würden. Der Kläger sei zwar Pflichtmitglied in der Bayer. Ärztekammer und bei der Beigeladenen aufgrund seiner Zulassung als Arzt. Er sei jedoch bei seinem jetzigen Arbeitgeber nicht ärztlich beschäftigt, wie sich aus den Angaben und Bescheinigungen ergebe. Er sei in dieser Beschäftigung weder berufsspezifisch tätig, noch handele es sich um eine im Voraus zeitlich begrenzte nicht-ärztliche Beschäftigung; sie führe nicht allein zur Pflichtmitgliedschaft in Berufskammer und Versorgungswerk.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 27.04.2009 Widerspruch ein und machte geltend, dass er von vielen seiner ärztlichen Kollegen bei seinem Arbeitgeber wisse, dass sie unter gleichen Voraussetzungen eine Befreiung erhalten hätten. Es erschließe sich ihm nicht, warum man in seinem Fall zu einem anderen Ergebnis gekommen sei. Die Beigeladene habe ihm mitgeteilt, dass unter einer ärztlichen Tätigkeit nicht nur diejenigen Tätigkeiten zu verstehen seien, für welche die ärztliche Approbation Voraussetzung sei, sondern auch Tätigkeiten, bei welchen Kenntnisse verwertet würden, die aufgrund einer ärztlichen Tätigkeit erworben worden seien oder die nach den jeweils geltenden Vorschriften Gegenstand der ärztlichen Aus-, Fort- und Weiterbildung seien. Beispielsweise wäre eine Beratung in den Umfeldern Krankenkassen und Kliniken ohne Kenntnisse der Struktur des deutschen Gesundheitswesens, der Arbeitsteilung zwischen ambulantem und stationärem Sektor und genauen Arbeitsabläufen in Einrichtungen der medizinischen Leistungserbringer überhaupt nicht möglich. Eine ärztliche Tätigkeit sei keinesfalls nur eine kurative Tätigkeit, wie z. B. der Verweis auf administrative Tätigkeiten eines Chefarztes verdeutliche. Seine derzeitige Tätigkeit würde sehr wohl eine Pflichtmitgliedschaft im berufsständischen Versorgungswerk bedingen. Die E-Mail mit den ersten Angaben gegenüber der Beigeladenen sei noch zu einem Zeitpunkt abgefasst worden, als der Kläger noch völlig falsche Vorstellungen von den Inhalten und Anforderungen eines solchen Projekts gehabt habe und sich noch in der Einarbeitung befunden habe. Es handele sich nicht um die Möglichkeit eines bevorzugten Einsatzes, sondern seine Vorkenntnisse würden regelmäßig für die Beratungsaufträge genutzt werden. Zudem würden auch interne fachgebundene Aufgaben bestehen, beispielsweise innerhalb der Praxisgruppe Healthcare und des firmeninternen Wissenschaftsnetzwerkes. Auch sei das Vorliegen einer befristeten Tätigkeit anzunehmen, da eine gewisse zeitliche Begrenzung sich auch aus dem besonderen Geschäftsmodell und der Einteilung in einzelne Karriereabschnitte ergebe.

Der Kläger legte im Weiteren eine Bescheinigung der Beigeladenen vom 06.05.2009 vor, worin diese bestätigte, dass der Kläger seit 08.04.2007 ununterbrochen Pflichtmitglied der Bayer. Ärzteversorgung sei. Unabhängig von der bereits bestehenden Pflichtmitgliedschaft würde auch die seit 09.01.2009 ausgeübte Tätigkeit eine Pflichtmitgliedschaft bei der Bayer. Ärzteversorgung begründen, da es sich dabei um eine berufsbezogene ärztliche Tätigkeit handele.

Die Beklagte äußerte mit Schreiben vom 12.06.2009, dass es sich bei einer Tätigkeit als Unternehmensberater hauptsächlich um eine betriebswirtschaftlich-kaufmännische Tätigkeit handele und die Tatsache, dass die aufgrund einer ärztlichen Tätigkeit erworbenen Kenntnisse nützlich seien, nicht ausreichen würden, deshalb eine ärztliche Tätigkeit anzunehmen. Für die abschließende Überprüfung im Widerspruchsverfahren werde um ausdrückliche Bestätigung des Arbeitgebers gebeten, dass für die spezielle Tätigkeit im Unternehmen die ärztliche Vorbildung unabdingbare Voraussetzung für die Stellenbesetzung gewesen sei.

Der Kläger teilte in einem Mail-Schreiben vom 13.06.2009 mit, dass er zum 31.07.2009 gekündigt worden sei. Die bisher von ihm betreuten Projekte hätten sich mit der konzeptionellen und wissenschaftlichen Beratung eines Kooperationspartners zur Erstellung eines Krankenhausführers sowie mit der Beschreibung der Vergütung ärztlicher Leistungserbringung durch die jeweiligen Kostenträger in sieben verschiedenen Gesundheitssystemen befasst.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2009 den Widerspruch zurück. Der Kläger habe eine berufsfremde Beschäftigung in einem Angestelltenverhältnis ausgeübt und sei nicht berufsgruppenspezifisch mit ärztlicher Tätigkeit beschäftigt gewesen. Auch die Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI i. V. m. § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI sei ausgeschlossen, da die am 09.01.2009 aufgenommene und am 31.07.2009 durch Kündigung beendete Beschäftigung nicht im Voraus zeitlich befristet gewesen sei.

Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 07.09.2009 am 09.09.2009 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Er hat erneut geltend gemacht, dass nicht nur diejenigen Tätigkeiten, für welche die ärztliche Approbation Voraussetzung sei, sondern auch jene Tätigkeiten, bei welchen Kenntnisse verwertet würden, die aufgrund einer ärztlichen Tätigkeit erworben worden seien, als berufsbezogene ärztliche Tätigkeit einzustufen seien. Es bestehe daher nach § 15 der Satzung der Bayer. Ärzteversorgung eine Pflichtmitgliedschaft. Es liege weder eine Ausnahme-, noch eine Befreiungsmöglichkeit vor. Die beiden vom Kläger betreuten Projekte hätten nur mit der Tätigkeit des Klägers als Arzt zu tun gehabt und ein Kaufmann hätte diese Projekte nicht betreuen können. Es dürfe auch nicht vergessen werden, dass die anderen Kollegen des Klägers, ebenfalls Ärzte, von der Versicherungspflicht befreit worden seien. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit beendet worden sei. Der Kläger hat seinen Arbeitsvertrag in Vorlage gebracht; vorgelegt worden ist außerdem eine detaillierte Beschreibung der Projekte, an denen der Kläger mitgewirkt hatte. Die Beklagte hat zur Entgegnung insbesondere auf die anfänglichen Aussagen des Klägers verwiesen.

In einem Termin vom 21.07.2010 ist das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf vergleichbare Streitsachen, bei denen eine Revision anhängig sei, beschlossen worden (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.01.2009, Az. L 4 R 738/06 und LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.07.2001, Az. L 3 RA 73/00). Nachdem die Beklagte darauf hingewiesen hatte, dass die beiden Streitsachen durch Rücknahme der Revision nun rechtskräftig geworden seien, ist der Rechtsstreit im März 2011 fortgesetzt worden und mit Beschluss vom 10.03.2011 die Bayer. Ärzteversorgung zum Verfahren beigeladen worden.

Die Klägerseite hat zudem auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 10.03.2011 (Az. B 3 KS 2/10 R) verwiesen: Dort habe es sich um eine Medizinjournalistin gehandelt, die Publizistin nach § 2 Satz 2 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) gewesen sei, jedoch weiterhin eine ärztliche Tätigkeit im Sinne der landesrechtlichen Regelung ausgeübt habe. Dieser Fall sei mit dem Fall des Klägers vergleichbar, da dieser von der Beigeladenen wegen seiner berufsspezifischen Tätigkeit ebenfalls weiterhin für Beiträge herangezogen werde und dadurch abgesichert sei.

Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 05.04.2011 die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien zu Recht ergangen. Die Voraussetzungen für eine Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung würden nicht vorliegen. Der Kläger sei zwar Pflichtmitglied bei einer entsprechenden Versorgungseinrichtung, aber die von ihm, neben der im geringen Umfang betriebenen ärztlichen Behandlung, hauptsächlich ausgeübte Angestelltentätigkeit erfülle die Anforderungen an die Ausübung einer berufsspezifischen Tätigkeit nicht. Die vom Kläger betreuten Projekte hätten zwar einen medizinischen Bezug, seien aber nicht durch die Anwendung ärztlichen Wissens geprägt.

Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 06.06.2011 am 07.06.2011 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Er hat geltend gemacht, dass das Sozialgericht Nürnberg bei der Auslegung der landesrechtlichen Regelungen zu Unrecht eine enge Auslegung des Begriffs der Berufsausübung vorgenommen habe. Entsprechend der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 10.03.2011 (B 3 KS 2/10 R) sei jedoch eine weite Auslegung dieses Begriffs vorzunehmen.

Die Beklagte hat unter Hinweis auf die Urteile des BSG vom 03.04.2014 (B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R) betont, dass das BSG sich am Wortlaut der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI orientiert habe. Für Ärzte bedeute dies, zur Befreiung würden nur Tätigkeiten berechtigen, für deren Ausübung gesetzlich eine Mitgliedschaft in einer Ärztekammer und einem entsprechenden Versorgungswerk vorgeschrieben sei. § 3 Abs. 1 der Bundesärzteordnung (BÄO) regele die Voraussetzung der Approbation als Arzt. Der Tatbestand des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI erfordere jedoch auch noch, dass die rentenrechtlich in Frage stehende Beschäftigung auch dem mit dem Status des Arztes verbundenen Tätigkeitsbereich zugehörig sein müsse. Es werde also objektiv zwingend die Approbation als Arzt vorausgesetzt und gleichzeitig ein typisches durch die Hochschulausbildung und den entsprechenden Hochschulabschluss geprägtes Berufsbild verlangt. Nicht entscheidungserheblich sei, ob nach den Kammerregelungen noch eine Pflichtmitgliedschaft begründet werden könne (so das LSG-Baden-Württemberg mit Urteil vom 23.01.2009, Az. L 4 R 738/06, das LSG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 05.05.2010, Az. L 4 R 168/09, und das Hessische LSG mit Urteil vom 29.03.2007, Az. L 1 KR 344/04). Die Beklagte hat außerdem auf eine Entscheidung des Bayer. Landessozialgerichts vom 10.07.2014, Az. L 14 R 1207/13, zur tierärztlichen Tätigkeit hingewiesen.

Die Klägerseite hat eingewandt, man könne aus den Entscheidungen des BSG nicht ohne weiteres schließen, dass auch bei den Ärzten die Approbation eine so zentrale Rolle spielen solle. Es sei auch darzulegen, dass eine Tätigkeit als medizinische Sachverständige, die mit Sicherheit eine Approbation als Arzt nicht zwingend voraussetzen würde, zweifellos eine ärztliche Tätigkeit darstellen würde. Die Versicherung in zwei Systemen stelle eine schlechtere Stellung durch den berufsbedingt erzwungenen Wechsel dar. Es sei zu recht ausschließlich auf die Satzung des Versorgungswerkes abzustellen.

Im Übrigen hat die Beklagte in einem Schriftsatz vom 16.12.2014 zu der vom Kläger in der Folgezeit ausgeübten Beschäftigung als Unternehmensberater bei der B. Consulting GmbH Stellung genommen und diese ebenfalls als nicht-ärztliche Tätigkeit eingestuft.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger vorgetragen, dass die Berufsfelder allgemein unschärfer würden. Für die Unternehmensberatung von Firmen im Gesundheitsbereich sei das Wissen um ärztliche Abläufe entscheidend, weil reine Betriebswirtschaftler hier zu anderen Beurteilungen kommen würden; es fehle dort das Verständnis, wie Märkte im Gesundheitswesen funktionierten. Auf Nachfrage hat der Kläger angegeben, den weiteren Abschluss eines Master of Business Administration erworben zu haben und beim Master of Health Business Administration kurz vor dem Abschluss zu stehen.

Der Kläger beantragt:

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.04.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 23.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger für die Zeit vom 09.01.2009 bis 31.07.2009 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 SGB VI zu befreien.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.04.2011 zurückzuweisen.

Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Akten der Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend die Entscheidung der Beklagten, wonach der Kläger für seine Tätigkeit als Unternehmensberater keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht hat, als rechtmäßig angesehen.

Der Kläger hat im Zeitraum vom 09.01.2009 bis 31.07.2009 eine (Unternehmens-) Beratungstätigkeit ausgeübt. Er hat hierzu mit der Unternehmensberatung „B. Group GmbH“ einen - formal unbefristeten - Arbeitsvertrag geschlossen. Die Tätigkeit umfasste offensichtlich nicht nur einen geringfügigen Umfang und der Verdienst war nicht auf maximal 450 Euro beschränkt (§ 8 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV), so dass für den Kläger Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 2 SGB VI nicht vorlag.

Gleichwohl ist es nicht erforderlich, den Arbeitgeber des Klägers zum Verfahren beizuladen. Eine notwendige Beiladung nach § 75 Abs. 2 Satz 1 1. Alternative SGG liegt nicht vor. Mit einer möglichen Ablehnung der Befreiung wird nicht unmittelbar in die Rechtssphäre des Arbeitgebers eingegriffen, wie dies für eine notwendige Beiladung erforderlich wäre. Denn die Ablehnung der Befreiungsmöglichkeit zieht nicht unmittelbar zwingend das Vorliegen einer Versicherungs- und Beitragspflicht nach sich, weil hierfür auch noch andere Kriterien zu beachten sind. Eine einheitliche Entscheidung auch gegenüber dem Arbeitgeber liegt insofern nicht vor (vgl. LSG NRW, Urteil vom 16.07.2001, Az. L 3 RA 73/00 unter Berufung auf BSG, Urteil vom 03.04.1999, Az. 12 RK 20/96 - zit. nach juris).

Die dem Kläger nach seinem Arbeitsvertrag obliegende Beratungstätigkeit stellt eine abhängige Beschäftigung gegen Entgelt dar und fällt unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI; es besteht also gemäß der gesetzlichen Regelung zunächst Versicherungspflicht. Dies erscheint zwischen den Beteiligten auch unstrittig zu sein.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist er von dieser Versicherungspflicht nicht zu befreien.

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI bestimmt, dass von der Versicherungspflicht Beschäftigte und selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit befreit werden, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für Ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat, für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

Unter diese Vorschrift fallen Ärzte, die ihrer ärztlichen Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nachgehen - etwa als Angestellte in einem Medizinischen Versorgungszentrum oder Krankenhaus. Für Unternehmensberater gibt es keine vergleichbare berufsständische Versorgung.

Für eine Tätigkeit in einer Unternehmensberatung bedarf es - auch wenn man sich mit Angelegenheiten des Gesundheitswesens befasst - nicht der ärztlichen Approbation. § 2 Abs. 1 BÄO bestimmt, dass der Approbation bedarf, wer im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland - Geltungsbereich des Gesetzes - den ärztlichen Beruf ausüben will. Für die Ausübung von Teilen der Tätigkeit reicht dagegen schon eine Erlaubnis (§ 2 Abs. 2 BÄO).

Eine approbationspflichtige ärztliche Tätigkeit in Bayern löst nach § 15 der Satzung der Beigeladenen eindeutig eine Pflichtmitgliedschaft bei der Beigeladenen aus. Hierzu bestimmt § 15: „Mitglieder kraft Gesetzes der Bayerischen Ärzteversorgung sind alle nicht berufsunfähigen, zur Berufsausübung berechtigten Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte, wenn sie im Tätigkeitsbereich der Bayerischen Ärzteversorgung beruflich tätig sind.“

Die genannte Vorschrift könnte vom Wortlaut her zwar so verstehen werden, dass jede Berufstätigkeit einer Person, die als Arzt tätig sein dürfte, völlig unabhängig von ihrem Inhalt eine Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zwingend auslösen würde. Das würde aber bedeuten, dass jeder, der einmal als Arzt tätig gewesen war und seine Berechtigung und Fähigkeit nicht verloren hat, dauerhaft Anspruch auf einen Verbleib in der berufsständischen Versorgung hätte und von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht - insgesamt - zu befreien wäre, ganz egal welche Tätigkeit er ausübt. Eine solche Auslegung ist offensichtlich zu weitgehend.

Zur Überzeugung des Senates ist vielmehr der Begriff der „beruflichen Tätigkeit“ in § 15 der Satzung mit der dort ebenfalls verankerten Formulierung „zur Berufsausübung berechtigt“ in Beziehung zu setzen. Eine Pflichtmitgliedschaft löst damit nur eine solche Berufstätigkeit aus für die eine Berechtigung zur Ausübung der ärztlichen (bzw. zahnärztlichen oder tierärztlichen) Berufsausübung erforderlich ist. Andere Tätigkeiten, für die eine solche Berechtigung nicht erforderlich ist, werden nicht erfasst. Dies legt eine Beschränkung auf approbationspflichtige Tätigkeiten und allenfalls noch auf nach § 2 Abs. 2 BÄO erlaubnispflichtige Tätigkeiten nahe.

Eine solche Tätigkeit hat der Kläger im streitigen Zeitraum nicht - d. h. nicht im Rahmen der abhängigen Beschäftigung ausgeübt. Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht sind damit nicht erfüllt.

Aus Sicht des Senates ist die Auslegung - wie sie etwa von Prof. Dr. Gutmann et al. in NZS 2015, 361-369 vertreten wird -, nach der als berufsspezifische ärztliche Tätigkeit jede Tätigkeit anzusehen sei, bei der ärztliche Fachkenntnisse vorausgesetzt, eingesetzt oder mit verwendet werden oder werden können, eindeutig zu weit gefasst. Danach wäre nämlich wiederum praktisch jede Berufstätigkeit eines medizinisch Ausgebildeten eingeschlossen, da in jedem Fall zumindest die gesundheitsförderliche Gestaltung der täglichen Arbeitsabläufe eine Mitverwendung von ärztlichen Kenntnissen darstellt und selbst bei Arbeitnehmern, die sich überhaupt nicht gesundheitsbewusst verhalten, die Möglichkeit zu einem Nutzen dieser Kenntnisse bestehen würde. Eine solche Auslegung ist offensichtlich nicht geeignet, zu prüfen, ob eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk besteht oder nicht.

Allenfalls hält es der Senat für möglich - ggf. unter Rückgriff auf § 2 Abs. 2 BÄO - ärztliche Tätigkeiten außerhalb einer engen Auffassung zur Approbationspflicht als erfasst anzusehen, wenn sie eng mit der ärztlichen Tätigkeit verbunden sind - etwa ärztliche Führungstätigkeiten, Tätigkeiten in der ärztlichen Selbstverwaltung oder ärztliche Gutachtertätigkeit. Merkmal hierfür ist jedenfalls die Erforderlichkeit der ärztlichen Ausbildung als Voraussetzung für eine adäquate Ausübung der beruflichen Tätigkeit. Weitergehender wäre die von Gutmann (a. a. O. S. 363) in Bezug genommene beispielhafte Aufzählung:

Tätigkeit in Lehre und Forschung, in Wirtschaft und Industrie, in der Verwaltung, als Fachjournalist sowie die gelegentliche Tätigkeit als ärztlicher Gutachter, als Praxisvertreter oder im ärztlichen Notfalldienst, als Honorararzt, ärztlicher Direktor, Medizincontroller oder ärztlicher Qualitätsmanager sowie die ehrenamtliche Tätigkeiten der Berufspolitik und der ärztlichen Selbstverwaltung. Dabei erscheint dem Senat das bloße Nutzbarmachen bzw. die Nützlichkeit von ärztlichen Kenntnissen nicht ausreichend. Außerdem sind bei Mischtätigkeiten quantitative und qualitative Aspekte von beruflichem und berufsfremdem Einsatz in die Überlegungen einzubeziehen. So hat etwa der 14. Senat des Bayer. Landessozialgerichts (Urt. v. 10.07.2014, Az. L 14 R 1207/13) die (tier-)ärztliche Tätigkeit deshalb bejaht, weil dort die Klägerin Wirksamkeits- und Verträglichkeitsstudien neu entwickelter Medikamente durchführte und dabei das Tätigwerden der eigentlichen Behandler überwachte und evaluierte.

Aber selbst wenn man diesen erweiterten Tätigkeitsbegriff auf den Fall des Klägers anwenden wollte, hätte die vom Kläger im fraglichen Zeitraum ausgeübte Unternehmensberatungstätigkeit objektiv keine Pflichtmitgliedschaft bei der Beigeladenen ausgelöst. Weder bei einer Betrachtung a priori noch in Kenntnis der tatsächlich durchgeführten Aufgaben waren für die Beratungstätigkeit des Klägers die beruflichen Kenntnisse eines Arztes erforderlich und nicht nur nützlich gewesen. Dies zeigt sich zum Einen daran, dass der Kläger nicht ausschließlich für eine ärztliche Tätigkeit eingestellt worden war, wie sich aus dem Arbeitsvertrag und der eigenen Einschätzung nach Ablauf der Einstellungsphase ersehen lässt. Auch tatsächlich handelte es sich bei den vom Kläger erbrachten Tätigkeiten nicht um solche, für die eine ärztliche Ausbildung unabdingbar gewesen wäre; vielmehr hätten auch andere im Gesundheitswesen oder der Abrechnung erfahrene Personen - ohne besonderen Erlaubnisbedarf - die entsprechenden Aufgaben erledigen können.

Entscheidend für die Gesetzesanwendung erscheint dabei nicht unmittelbar die Differenzierung zwischen berufsspezifisch und berufsfremd, sondern die Frage der Notwendigkeit der Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk gerade wegen dieser Tätigkeit - also der Beratungstätigkeit - wie der Wortlaut von § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI ersehen lässt. Und gerade dies ist aus Sicht des Senats - wie dargelegt - zu verneinen. Allein dadurch dass die Tätigkeit des Klägers als Unternehmensberater in der Nähe zum Gesundheitsbereich erfolgte, kommt nicht die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in Betracht.

Für eine von Gutmann (a. a. O., S. 368) postulierte Bindung des Rentenversicherungsträgers an eine Entscheidung der berufsständischen Kammern fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Vielmehr hat der Rentenversicherungsträger nur die Rechtsgrundlagen aus den berufsständischen Satzungen in seiner Entscheidung zu berücksichtigen. Fehlerhafte - weil zu weit gehende Auslegungen - muss er dagegen nicht übernehmen. Tendenziell sieht dies auch die Beigeladene so, wenn sie die Auskunft erteilt hat, dass der Rentenversicherungsträger eine Befreiung nur feststelle, wenn eindeutig eine ärztliche Tätigkeit ausgeübt werde.

Für den Senat ergibt sich auch kein anderes Ergebnis aus der Zusammenschau mit den beiden ärztlichen Tätigkeiten des Klägers als selbstständiger Privatbehandler und als ehrenamtlicher Vereinsarzt. Denn es ist in erster Linie auf jeden Tätigkeitsbereich einzeln abzustellen.

Eine Bedeutung könnte diesen weiteren Tätigkeiten wohl nur im Hinblick auf die Anwendung von § 6 Abs. 5 SGB VI erwachsen, weil dort Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht sogar für berufsfremde Tätigkeiten geregelt sind. Jedoch lösen diese beiden ärztlichen Tätigkeiten des Klägers weder eine Versicherungspflicht aus, noch ist eine Befreiung von der Versicherungspflicht erfolgt, was dafür auch gar nicht notwendig gewesen ist. Somit scheidet zur Überzeugung des Senats eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI ebenfalls aus, weil § 6 Abs. 5 SGB VI jedenfalls zwingend zuvor eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 SGB VI voraussetzt (vgl. BayLSG Urteil vom 22.07.2015, Az. L 20 R 630/12).

Nach Ansicht des Senats war der Kläger ohnehin ein unbefristetes Arbeitsverhältnis und kein befristetes eingegangen und eine erweiternde Auslegung der Ausnahmevorschrift kommt nicht in Betracht. Das kann aber letztlich dahingestellt bleiben, da im Fall des Klägers - wie dargestellt - eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 SGB VI gerade nicht vorgelegen hatte.

Ohne Bedeutung ist auch, dass der Kläger angibt, vergleichbare Fälle benennen zu können, in denen eine Befreiung erteilt worden sei. Für die Anwendung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Grundgesetz (GG) ist nicht entscheidend, ob im Einzelfall möglicherweise zu Unrecht eine bestimmte Rechtsanwendung erfolgt ist, sondern ob generell ein gleicher Sachverhalt einer unterschiedlichen Behandlung unterworfen werden soll. Eine derartige Situation ist bei der Anwendung der Vorschriften über die Befreiung von der Versicherungspflicht nach dem SGB VI nicht zu erkennen.

Dementsprechend sind die angefochtenen Bescheide der Beklagten und die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis nicht zu beanstanden und die Berufung war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 08. Sept. 2015 - L 19 R 554/11 zitiert 13 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 8 Geringfügige Beschäftigung und geringfügige selbständige Tätigkeit; Geringfügigkeitsgrenze


(1) Eine geringfügige Beschäftigung liegt vor, wenn 1. das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigt,2. die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstag

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 6 Befreiung von der Versicherungspflicht


(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit1.Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öff

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 1 Beschäftigte


Versicherungspflichtig sind1.Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind; während des Bezuges von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch besteht die Versicherungspflicht fort,2.behinderte Menschen, diea)in anerk

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 5 Versicherungsfreiheit


(1) Versicherungsfrei sind 1. Beamte und Richter auf Lebenszeit, auf Zeit oder auf Probe, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit sowie Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst,2. sonstige Beschäftigte von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des

Bundesärzteordnung - BÄO | § 3


(1) Die Approbation als Arzt ist auf Antrag zu erteilen, wenn der Antragsteller 1. (weggefallen)2. sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt,3. n

Bundesärzteordnung - BÄO | § 2


(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes den ärztlichen Beruf ausüben will, bedarf der Approbation als Arzt. (2) Eine vorübergehende oder eine auf bestimmte Tätigkeiten beschränkte Ausübung des ärztlichen Berufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes

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bei uns veröffentlicht am 22.07.2015

Tenor I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.05.2012 wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

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Bundessozialgericht Urteil, 03. Apr. 2014 - B 5 RE 13/14 R

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Referenzen

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Januar 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt 4/5 und die Beklagte 1/5 der Kosten des Klageverfahrens. Ferner trägt die Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens. Kosten der Beigeladenen sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird für das Klageverfahren auf EUR 93.621,99 und für das Berufungsverfahren endgültig auf EUR 78.621,99 festgesetzt.

Tatbestand

 
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beigeladenen auch als Pharmaberater von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI; bis 31. Dezember 1991 § 7 des Angestelltenversicherungsgesetzes [AVG]) befreit sind oder ob die Beklagte von der Klägerin für die Beigeladenen zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von EUR 78.621,99 nachfordert.
Die Klägerin, die bis 31. März 2005 als Y. P. GmbH firmierte, ist ein Pharma-Unternehmen, das u.a. auch Pharmaberater/Pharmaberaterinnen beschäftigt. Deren Aufgabe ist es, die von ihnen betreuten Ärzte (niedergelassene Ärzte und Klinikärzte) durch Beratung in Bezug auf die neuesten Erkenntnisse der pharmazeutisch-medizinischen Forschung in ihrem jeweiligen Spezialbereich in die Lage zu versetzen, Wirkungsweise und Applikationsbereich sowie Methoden moderner Heilpräparate optimal einzusetzen. Die am 1964 geborene Beigeladene zu 1) war als ausgebildete approbierte Tierärztin mit Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) vom 04. August 1995 ab 01. Januar 1995 wegen Pflichtmitgliedschaft in der Baden-Württembergischen Versicherungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Rentenversicherung befreit worden (Bescheid der Beklagten vom 04. August 1995). Sie nahm dann am 01. Januar 2000 bei der Klägerin ihre Tätigkeit als Pharmaberaterin auf. Die am 1960 geborene Beigeladene zu 2), ebenfalls ausgebildete approbierte Tierärztin, war mit Bescheid der Beklagten vom 06. Januar 1992 ab 01. Juli 1992 wegen Pflichtmitgliedschaft in der Landestierärztekammer Hessen (Versorgungswerk) entsprechend von der Rentenversicherungspflicht befreit worden (Bescheid der Beklagten vom 06. Januar 1993). Sie nahm am 01. September 1997 bei der Klägerin die Tätigkeit als Pharmaberaterin auf. Der am 1968 geborene Beigeladene zu 3), der ausgebildeter approbierter Arzt ist, wurde von der Beklagten ab 01. Dezember 1995 wegen Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung entsprechend von der Rentenversicherungspflicht befreit (Bescheinigung der Beklagten vom 27. Februar 1996); er nahm am 01. Juni 1999 bei der Klägerin die Tätigkeit als Pharmaberater auf. Die Beigeladene zu 4) ist ausgebildete approbierte Apothekerin. Sie war als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Biochemie und molekulare Biologie der Technischen Universität Berlin ab 01. April 1990 tätig und deswegen Pflichtmitglied der Apothekerversorgung Berlin; deswegen war sie von der Beklagten ab dem genannten Zeitpunkt nach § 7 Abs. 2 AVG von der Rentenversicherungspflicht befreit. Wegen Wegzugs aus Berlin führte sie ab 01. August 1995 die Mitgliedschaft in der Apothekerversorgung Berlin als freiwillige Mitgliedschaft weiter. Vom 01. Mai 1997 bis 29. Januar 2003 war sie als Pharmaberaterin bei der Klägerin beschäftigt. Für die Beigeladenen wurden Beiträge zur Rentenversicherung nicht abgeführt. Eine bei der Klägerin im Mai 1997 für die Zeit ab 01. Dezember 1992 durch die Beklagte durchgeführte Betriebsprüfung ergab keine Beanstandungen hinsichtlich der nicht abgeführten Beiträge zur Rentenversicherung für Pharmaberater.
In der Zeit vom 20. November 2001 bis 10. September 2003 führte die Beklagte bei der Klägerin dann erneut an mehreren Tagen eine am 20. November 2001 begonnene und 2002 fortgesetzte (Schlussbesprechung am 10. September 2003) Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) durch, die sich auf den Zeitraum vom 01. Januar 1997 bis 31. Dezember 2002 bezog. Dabei vertrat die Beklagte (vgl. Schreiben vom 25. Juli 2002) die Ansicht, dass sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Tierärzte, Ärzte bzw. Apotheker nicht auf die berufsfremde Tätigkeit als Pharmaberater beziehe. Die Klägerin äußerte sich (Schreiben vom 16. Oktober 2002) dagegen dahingehend, dass sich die Versicherungsfreiheit auch auf die Tätigkeit als Pharmaberater erstrecke. Denn es sei, jeweils ausgehend von der Definition der Satzung der Versorgungseinrichtung, zu fragen, ob auch die Tätigkeit als Pharmaberater zur Beitragspflicht im Versorgungswerk führe. Im Übrigen sei ein Vertrauenstatbestand dadurch geschaffen worden, dass bei der früheren Betriebsprüfung im Jahr 1997 die Versicherungsfreiheit für die von Tierärzten, Ärzten bzw. Apothekern ausgeübte Tätigkeit als Pharmaberater nicht beanstandet worden sei. Darauf, dass nach der Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmareferenten vom 02. Mai 1978 (BGBl. I S. 600) für den Pharmareferenten (Pharmaberater) eine Ausbildung als Arzt, Tierarzt oder Apotheker nicht vorgeschrieben sei, komme es nicht an. Mit Bescheid vom 02. Januar 2004 forderte die Beklagte von der Klägerin u.a. für die Beigeladenen Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von EUR 78.626,95 nach. Es wurde Folgendes ausgeführt: Die Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen. Berufsfremde Beschäftigungen würden von ihr grundsätzlich nicht erfasst. Als Pharmaberater/Pharmareferent beschäftigte Personen könnten vom Befreiungsrecht keinen Gebrauch machen, weil es sich hierbei grundsätzlich nicht um eine zur Befreiung berechtigende Tätigkeit von Ärzten oder Apothekern handle. Es werde keine dem jeweiligen Kammerberuf zuzuordnende berufsspezifische Beschäftigung ausgeübt, für die das Befreiungsrecht geltend gemacht werden könne. Einer Aufhebung der Befreiungsbescheide bedürfe es insoweit nicht, weil die Befreiung gegenstandslos geworden sei. Eine dem Kammerberuf entsprechende und damit zur Befreiung berechtigende Tätigkeit sei die Tätigkeit, auf der die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung beruhe. Das sei grundsätzlich nicht die Tätigkeit als Pharmaberater, sondern die als Arzt oder Apotheker. Für diese Tätigkeiten werde die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ausgesprochen und hierfür gelte sie uneingeschränkt. Ob und welche weiteren Tätigkeiten außerdem dem jeweiligen Kammerberuf zuzuordnen seien und deshalb vom Befreiungsrecht erfasst würden, könne nicht allein danach beurteilt werden, wer nach den Satzungsbestimmungen der Versorgungswerke beitragspflichtig sei. Wenn man dies annehmen würde, würde das bedeuten, dass sich aus der Beitragspflicht zur berufsständischen Versorgungseinrichtung auf die Ausübung einer berufsspezifischen Beschäftigung schließen ließe. Eine Tätigkeit werde nicht schon deshalb zu einer berufsspezifischen Tätigkeit eines Arztes oder Apothekers, weil sie von einem solchen ausgeübt werde. Das jeweilige Berufsbild sei vielmehr aus der erforderlichen Aus- bzw. Vorbildung zu erschließen. Danach sei die Tätigkeit als Pharmaberater zu beurteilen. Pharmaberater seien Außendienst- bzw. Vertriebsmitarbeiter pharmazeutischer Unternehmen, deren Tätigkeit dadurch geprägt sei, dass sie die Angehörigen der Heilberufe über Produkte ihres eigenen Unternehmens informierten und berieten. Voraussetzung für die Ausübung dieser Tätigkeit sei eine entsprechende Fortbildung zum Pharmaberater, für die lediglich eine abgeschlossene Ausbildung und entsprechende Berufspraxis in einschlägigen Tätigkeiten, wie beispielsweise pharmazeutisch-kaufmännischer Angestellter, Drogist, Chemielaborant, Krankenpfleger, Krankenschwester, vorausgesetzt werde. Daraus ergebe sich, dass es sich nicht um eine berufsspezifische, d.h. nur von einem approbierten Arzt oder Apotheker auszuübende Beschäftigung handle, auch wenn diese besonders gute Voraussetzungen für eine derartige Tätigkeit mitbrächten. Die Geltendmachung der Beitragsansprüche für die zurückliegende Zeit sei auch nicht treuwidrig und widerspreche den Beigeladenen einzuräumendem Vertrauensschutz nicht. Ferner wurde in dem genannten Bescheid hinsichtlich eines weiteren Pharmaberaters (J. S.) festgestellt, dass insoweit die Beitragspflicht zur Rentenversicherung erst mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheids eintrete.
Gegen den Bescheid vom 02. Januar 2004 legte die Klägerin Widerspruch ein, soweit er die jetzt beigeladenen Pharmaberater sowie den weiteren Pharmaberater S. betraf. Die von der Beklagten ausgesprochenen Befreiungen seien im Nachhinein nicht widerrufen worden. Sie erstreckten sich auch auf die Tätigkeit als Pharmaberater. Denn die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht aufgrund der Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung beziehe sich grundsätzlich auf alle Beschäftigungen oder Tätigkeiten, die zu einer Pflichtmitgliedschaft in der entsprechenden Versorgungseinrichtung führten. Die Tätigkeit als Pharmaberater habe dem Berufsbild der jeweils berufsständischen Versorgungseinrichtung für Ärzte, Tierärzte bzw. Apotheker entsprochen. Das Berufsbild richte sich nach den Satzungsbestimmungen des jeweiligen Versorgungswerks, die auf der Grundlage der entsprechenden Landesgesetzgebungen ergangen seien. Für die Frage, ob eine berufsfremde Tätigkeit vorliege, seien daher die jeweiligen Satzungen der berufsständischen Versorgungseinrichtungen zu Rate zu ziehen. Zu Unrecht beschränke sich die Beklagte auf die Feststellung, dass gemäß der Verordnung vom 02. Mai 1978 ein abgeschlossenes Studium als Arzt oder Apotheker für die Tätigkeit als Pharmareferent nicht erforderlich sei. Daraus könne nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Tätigkeit als Pharmaberater niemals dem Berufsbild des Arztes oder Apothekers entsprechen könne. Die Auffassung der Beklagten stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Regelung des Berufsrechts der freien, verkammerten Berufe, insbesondere der ärztlichen Berufe, sowie gleichfalls im Widerspruch zur Rechtsprechung der oberen Verwaltungsgerichte zum Berufsbild des Arztes und des Tierarztes. Dem Satzungsgeber komme im Bereich berufsständischer Versorgungseinrichtungen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Für das Berufsbild des Tierarztes habe der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München im Urteil vom 26. Juli 1995 (NJW 1996, 1613 f.) bestätigt, dass als Verweisungstätigkeiten auch eine Verwendung in Industrie und Wirtschaft sowie eine Tätigkeit als Pharmareferent für Arzneimittelfirmen in Betracht komme. Auch die entsprechenden Satzungen der Versorgungseinrichtungen in Hessen und Baden-Württemberg sähen vor, dass tierärztliche Tätigkeit jede Tätigkeit sei, bei der die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet würden. Dies habe bei den Beigeladenen zu 1) und 2) bei ihrer Tätigkeit als Pharmareferentinnen vorgelegen. Ihnen sei die Beratungstätigkeit überhaupt erst aufgrund der während des Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten möglich gewesen, nämlich als gleichwertig geachtete Kollegen ihren am Menschen arbeitenden Standesgenossen auf wissenschaftlichem Niveau Wirkungsweise und Einsatz moderner Medikation zu erklären. Auch der Pharmaberater werde insoweit immer als Mediziner tätig. Dies gelte auch für den Beigeladenen zu 3). Die ärztliche Tätigkeit umfasse nicht nur die Behandlung von Patienten, sondern auch alle Verrichtungen, bei denen aufgrund medizinischer Kenntnisse in ärztlicher Verantwortung gehandelt werde. Ärzte könnten ihr spezifisches Fachwissen nicht nur als behandelnder Arzt einsetzen. Auch der Apotheker sei als Pharmaberater entsprechend seinem Berufsbild tätig. Der Auftrag des Apothekers umfasse insbesondere die Information und Beratung über Arzneimittel, wobei der Apotheker in verschiedenen Bereichen tätig sei, insbesondere auch in der Industrie. Der Apotheker als Pharmaberater habe in seiner Eigenschaft als Apotheker den von ihm beratenen Medizinern die medizinisch-wissenschaftliche Information, d. h. das Zusammenstellen von Daten, ihre Aufbereitung und Überführung in eine die Ärzte ansprechende Form übermittelt, die für diese von fundamentaler Bedeutung seien, um ein auf dem Markt existierendes Medikament zum größtmöglichen Nutzen ihrer Patienten einsetzen zu können. Dass diese Tätigkeit mit dem gewerblichen Anbieten von Medikamenten verbunden sei, sei unschädlich, weil auch das klassische Berufsbild des Apothekers von jeher ein gewerbliches, nämlich auf den Verkauf von Medikamenten gerichtetes, gewesen sei. Damit habe auch die Beigeladene zu 4) niemals aufgehört, als Apothekerin tätig zu sein. Die rückwirkende Beitragserhebung sei auch treuwidrig. Der Beklagten bzw. den Einzugsstellen sei bekannt gewesen, dass die Beigeladenen bei ihr als Pharmaberater gearbeitet hätten und Beiträge an ihre jeweilige berufsständische Versorgungskasse gezahlt worden seien. Zudem habe die frühere Betriebsprüfung im Jahr 1997 keine Beanstandung ergeben. Der Widerspruch blieb insoweit erfolglos. Im Widerspruchsbescheid der bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsstelle vom 12. Juli 2004 wurde die Beurteilung im Ausgangsbescheid bestätigt, dass es sich bei der Tätigkeit als Pharmaberater durch einen Arzt bzw. Apotheker nicht um eine berufsspezifische, d.h. nur von einem approbierten Arzt oder Apotheker auszuübende Beschäftigung handle. Pharmaberater übten keinen vom Befreiungsrecht erfassten Kammerberuf aus. Die Geltendmachung der Beitragsansprüche für zurückliegende Zeiträume sei auch nicht treuwidrig. Zweifel an der weiteren Rechtmäßigkeit der Befreiung von der Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung hätten hier der Klägerin bzw. den Beigeladenen beim Beschäftigungswechsel selbst aufkommen und diese zu einer entsprechenden Anfrage hinsichtlich der Geltung der Befreiung veranlassen müssen. Spätestens seit 01. Juli 1979 sei die Befreiung nur tätigkeitsbezogen gewesen. Es habe keine Verpflichtung der Einzugsstellen bestanden, jede eingehende Meldung zu überprüfen. Vertrauensschutz ergebe sich auch nicht daraus, dass früher Betriebsprüfungen ohne Beanstandung durchgeführt worden seien. Betriebsprüfungen hätten lediglich den Zweck, die Beitragsentrichtung zur Sozialversicherung insgesamt zu sichern. Einerseits seien Beitragsausfälle zu verhindern, andererseits die Versicherungsträger vor dem ungerechtfertigten Entstehen von Leistungsansprüchen zu bewahren. Sie hätten jedoch nicht den Zweck, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen und ihm Entlastung zu erteilen. Von daher müssten sie auch nicht umfassend und erschöpfend sein. Sie könnten sich stattdessen auf bestimmte Einzelfälle und Stichproben beschränken. Eine Nichtbeanstandung könne von daher keinen Vertrauenstatbestand schaffen.
Am 13. August 2004 erhob die Klägerin dagegen Klage beim Sozialgericht (SG) Mannheim. Das SG lud mit Beschluss vom 27. April 2005 J. S. zum Verfahren bei. Mit Schriftsatz vom 30. September 2005 nahm die Beklagte den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung des J. S. zurück. Die Klägerin nahm dieses Teil-Anerkenntnis an (Schriftsatz vom 23. November 2006).
Die Klägerin trug unter Wiederholung ihres Vorbringens im Verwaltungsverfahren sowie unter Vorlage verschiedener Unterlagen vor, die betroffenen Pharmaberater seien von der Beklagten wirksam von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit worden. Die Beklagte habe niemals zuvor Versicherungspflicht für die Tätigkeit als Pharmaberater geltend gemacht, auch nicht anlässlich einer bei ihr 1997 durchgeführten Betriebsprüfung. Den zuständigen Einzugsstellen sei durch ihr Büropersonal jeweils die Tätigkeit der Pharmaberater und deren Mitgliedschaft bei den entsprechenden Versorgungswerken aufgrund der erteilten Befreiung gemeldet worden. Daher habe ein Vertrauenstatbestand vorgelegen. Die Tätigkeit der Pharmaberater, soweit sie hier von Tierärzten, Ärzten bzw. Apothekern ausgeübt werde, sei von der Mitgliedschaft in dem jeweiligen berufsständischen Versorgungswerk erfasst. Dies gelte beispielsweise für die Satzung der Landestierärztekammer Hessen und die Satzung des entsprechenden Versorgungswerks. Danach sei eine die Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk auslösende tierärztliche Tätigkeit jede Tätigkeit, bei der die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet würden. Dies decke sich mit der Entscheidung des VGH München, wonach auch die Tätigkeit als Pharmareferent in der pharmazeutischen Industrie zum Berufsbild des Tierarztes gehöre. Die Beigeladenen zu 1) und 2) hätten für ihre Tätigkeit fortwährend und in hohem Maße die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten verwerten müssen und diese auch umgesetzt. Gleiches gelte für den Arzt. Das Berufsbild des Arztes umfasse nicht nur die Behandlung von Patienten, sondern auch alle Verrichtungen, bei denen aufgrund medizinischer Kenntnisse in ärztlicher Verantwortung gehandelt werde. So sei der Beigeladene zu 3) nur aufgrund seiner ärztlichen Ausbildung in der Lage gewesen, die von ihm beratenen Ärzte mit den neuesten Erkenntnissen der medizinischen und pharmazeutischen Forschung vertraut zu machen und diese in der Anwendung und im Einsatz der neuen Medikamente zu unterstützen und zu beraten. Damit umfasse der ärztliche Beruf nicht nur die Aufgabe, der Gesundheit des einzelnen Menschen zu dienen. Auch andere Tätigkeiten, die sich auf die Gesundheit der Bevölkerung insgesamt bezögen, seien dem ärztlichen Berufsbild zuzurechnen. Daher habe der Beigeladene zu 3) auch als Pharmaberater ärztliche Tätigkeit ausgeübt. Auch bei einer Apothekerin gehöre die Tätigkeit als Pharmaberaterin zum vielfältigen Berufsbild des Apothekers, der in verschiedenen Bereichen, auch in der Industrie, tätig sei, wie sich aus dem vorgelegten Aufsatz über den „Apotheker in der Pharmaindustrie“ ergebe. Die Beigeladene zu 4) habe deshalb eine pharmazeutische Tätigkeit ausgeübt. Die Befreiung der Beigeladenen ergebe sich aufgrund der Zugehörigkeit ihrer Tätigkeit auch als Pharmaberater zum jeweiligen berufsständischen Berufsbild. Es sei nämlich jeweils nach der Definition der Satzung der Versorgungseinrichtung zu fragen, ob die Tätigkeit als Pharmareferent zu einer Beitragspflicht im Versorgungswerk führe. Dies sei hier der Fall, weshalb die Befreiung für die Tätigkeit als Tierarzt, Arzt bzw. Apotheker auch für die Tätigkeit als Pharmaberater gelte. Zu Unrecht beschränke sich die Beklagte auf die negative Ausschlussfeststellung, dass nach der Verordnung vom 02. Mai 1978 beim Geprüften Pharmareferenten ein abgeschlossenes Studium als Arzt, Tierarzt oder Apotheker nicht erforderlich sei. Das Berufsbild des Pharmaberaters sei jeweils als Teilmenge im Berufsbild des Arztes, des Tierarztes bzw. des Apothekers enthalten. Folge der Auffassung der Beklagten sei, dass im Kollisionsfall eine Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen eintrete. Im Übrigen sei eine rückwirkende Beitragserhebung unzulässig.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage von Unterlagen entgegen. Die Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen. Berufsfremde Beschäftigungen seien von ihr grundsätzlich nicht erfasst. Bei der Beschäftigung als Pharmaberater handle es sich grundsätzlich nicht um eine zur Befreiung berechtigende Tätigkeit von Ärzten oder Apothekern. Soweit die von der Klägerin beschäftigten Beigeladenen als Pharmaberater tätig seien, werde keine dem jeweiligen Berufsbild zuzuordnende berufsspezifische Beschäftigung ausgeübt. Dies ergebe sich auch nicht aus dem Arzneimittelgesetz (AMG), insbesondere nicht aus dessen § 75. Diese Vorschrift bestimme lediglich, welche Personen die Sachkenntnis besäßen, um im Auftrag pharmazeutischer Unternehmen die Angehörigen der Heilberufe über Arzneimittel zu informieren. Dass beispielsweise Ärzte, Tierärzte und Apotheker diese Sachkenntnis besäßen, sei unstreitig. Dennoch könne daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass die Tätigkeit als Pharmaberater der jeweiligen Kammertätigkeit entspreche. Wodurch beispielsweise die Tätigkeit eines Apothekers gekennzeichnet sei, ergebe sich nicht aus dem AMG, sondern aus der Bundesapothekerordnung (BApO). Danach sei die Ausübung des Apothekerberufs die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, die Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung Apotheker oder Apothekerin. Diese Bereiche beinhalteten die Tätigkeit als Pharmaberater nicht. Zwar komme es durch die Beratung der vom Pharmaberater aufgesuchten Ärzte über die Wirkung und die Risiken von Medikamenten teilweise zu einer Überschneidung mit dem Aufgabenbereich des Apothekers. Während jedoch vom Apotheker eine objektive Beratung erwartet werde, bestehe das Ziel des Pharmaberaters hauptsächlich darin, über die Produkte des eigenen Unternehmens zu informieren und diese zu vermarkten. Dabei liege keine Kammertätigkeit vor; dies werde auch in den vorgelegten Blättern für Berufskunde sowie durch die eingereichte Ausbildungs- und Tätigkeitsbeschreibung zum Berufsbild des Geprüften Pharmareferenten deutlich. Danach setze die Ausführung dieser Tätigkeit weder die Ausbildung zum Apotheker noch den Abschluss eines ggf. anderen naturwissenschaftlichen Hochschulstudiums voraus. Um die Aus- und Weiterbildung zum Geprüften Pharmaberater zu absolvieren, genüge vielmehr ein zum Studium berechtigender Hochschulabschluss (Abitur) oder auch ein mittlerer Schulabschluss mit entsprechender Berufsausbildung und praktischer Erfahrung. Auch daraus ergebe sich, dass es sich nicht um eine Kammertätigkeit von Apothekern, Ärzten oder Tierärzten handle, auch wenn diese besonders gute Voraussetzungen für eine solche Tätigkeit mitbrächten. Der von ihr vertretene Standpunkt werde durch das Sozialgericht Berlin in seiner Entscheidung vom 14. April 2004 (S 89 KR 2054/02) bestätigt.
Mit Urteil vom 13. Januar 2006 hob das SG den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 auf und verurteilte die Beklagte, die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des damals noch beigeladenen J. S., zu tragen. Es führte aus, die von der Beklagten erteilten Befreiungen der Ärzte bzw. Apotheker wirkten für die Tätigkeit als Pharmaberater weiter. Denn auch diese Tätigkeit sei dem Tätigkeitsfeld eines Arztes, Apothekers oder Veterinärmediziners zuzuordnen. Dies ergebe sich allein schon daraus, dass § 75 AMG vorsehe, dass für die Ausübung des Berufs des Pharmaberaters zwingend die Sachkunde eines Apothekers, Veterinär- oder Humanmediziners erforderlich sei. Nach § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG besäßen die entsprechende Sachkenntnis als Pharmaberater Apotheker und Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, Chemie, Biologie sowie der Human- oder Veterinärmedizin abgelegten Prüfung. Folglich sei die Sachkenntnis, die sich ein Arzt bzw. Apotheker im Rahmen seines Studiums angeeignet habe, zwingende Voraussetzung, um als Pharmaberater tätig zu sein, sofern nicht eine Ausbildung zum Pharmareferenten bzw. eine Berufsausbildung nach § 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG vorliege. Ein Pharmaberater sei also entweder ein Arzt oder Apotheker oder eine Person, die eine Pharmareferentenausbildung oder eine Ausbildung zum MTA/PTA aufweisen könne. Jeder Kammerberuf umfasse immer auch Tätigkeiten, die von nicht studierten Mitarbeitern ausgeführt werden könnten. Dass die Tätigkeit des Arztes, Apothekers bzw. Veterinärmediziners auch die Tätigkeit als Pharmaberater erfasse, ergebe sich auch bei gesonderter Untersuchung der Begrifflichkeit des entsprechenden Berufsbilds nach den einschlägigen Berufsordnungen bzw. Satzungen der Versorgungswerke. Für den Apotheker gelte aufgrund der BApO nichts anderes. Insoweit arbeite der Pharmaberater im Bereich der Abgabe von Medikamenten und nutze in diesem Rahmen seine Sachkenntnis, um die aufgesuchten Ärzte und andere Stellen über die Wirkungen, Risiken und Anwendungsbereiche der verschiedenen Medikamente zu beraten. Das Urteil wurde der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 25. Januar 2006 zugestellt.
Gegen das Urteil hat die Beklagte am 15. Februar 2006 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zu Unrecht gehe das SG davon aus, dass die Sachkenntnis des Arztes, Tierarztes oder Apothekers für die Ausübung der Tätigkeit als Pharmaberater zwingend erforderlich sei. Die Berufsausübung der Angehörigen der Heilberufe ergebe sich nicht aus dem AMG, sondern aus den jeweiligen Berufsordnungen. Das AMG regle nicht, dass die Ausübung des Berufs als Pharmaberater zwingend die Sachkenntnis eines Arztes, Tierarztes oder Apothekers erforderlich mache. Dies werde dadurch deutlich, dass nach § 75 Abs. 2 AMG auch Personen mit einem anderen beruflichen Werdegang als Pharmaberater tätig sein könnten. Dass die Tätigkeit als Pharmaberater somit auch von Personen ausgeübt werden könne, die nicht Arzt, Tierarzt oder Apotheker seien, mache deutlich, dass es sich nicht um eine berufsgruppenspezifische Beschäftigung von Ärzten, Tierärzten oder Apothekern handle. Dass diese aufgrund ihrer akademischen Ausbildung in der Lage und deswegen berechtigt seien, als Pharmaberater tätig zu sein, sowie außerdem besonders gute Voraussetzungen für diese Tätigkeit mitbrächten, reiche jedenfalls im Befreiungsrecht nicht aus, um von der Ausübung einer berufsgruppenspezifischen Beschäftigung auszugehen. Von einer berufsgruppenspezifischen Beschäftigung könne auch nicht deshalb ausgegangen werden, weil sie von einem Kammerberufsangehörigen ausgeübt und von dessen Berufsbild mit umfasst werde. Andernfalls wäre auch eine als Krankenpflegerin tätige Ärztin ebenso wie ein als Tierpfleger tätiger Tierarzt oder eine als pharmazeutisch-technische Assistentin beschäftigte Apothekerin als gruppenspezifisch beschäftigt anzusehen. Auch die Satzungen der jeweiligen Versorgungswerke sähen regelmäßig jede Tätigkeit, bei der die im Studium erworbenen Kenntnisse vorausgesetzt, eingesetzt, verwendet oder mit verwendet würden, als ärztliche, tierärztliche oder pharmazeutische Tätigkeit an. Es reiche nicht aus, bei der Beurteilung einer Beschäftigung als berufsgruppenspezifisch im Rahmen des Befreiungsrechts darauf abzustellen, dass die Tätigkeit zumindest auch ein Arzt, Tierarzt oder Apotheker ausüben könne, weil er über eine entsprechende wissenschaftliche Ausbildung verfüge. Dies sei bei Pharmaberatern gerade nicht der Fall, weil diese Tätigkeit auch von Personen ohne entsprechende akademische Ausbildung ausgeübt werden könne. Wodurch die Tätigkeit als Arzt, Tierarzt oder Apotheker gekennzeichnet sei, ergebe sich aus den jeweiligen Berufsordnungen für Ärzte, Tierärzte bzw. Apotheker. Insoweit seien Pharmaberater lediglich Außendienst- bzw. Betriebsmitarbeiter pharmazeutischer Unternehmen, deren Aufgabe hauptsächlich darin bestehe, die Heilberufsangehörigen über Produkte ihres eigenen Unternehmens zu informieren und diese am Markt zu platzieren.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Januar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen, soweit die Beklagte für die Beigeladenen Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 78.621,99 geltend macht, hilfsweise die Revision zuzulassen.
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Die Klägerin hat (Schriftsatz vom 24. Oktober 2006) klargestellt, dass eine Beitragsnachforderung von EUR 1.891,11 von Anfang an unstreitig gewesen sei.
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Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung könne nicht abstrakt anhand des SGB VI beurteilt werden. Was als berufsspezifisch für den jeweiligen Kammerberuf anzusehen sei, sei nur anhand der jeweiligen Kammergesetze, Berufsordnungen und Satzungen der Versorgungswerke zu bestimmen. Unabhängig davon sei auf den vorliegenden Fall § 75 AMG anzuwenden, der als lex specialis in Ergänzung zur Bundesärzteordnung (BÄO), zur Bundestierärzteordnung (BTO) und zur BApO definiere, dass eine Tätigkeit als Pharmaberater für Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker als berufsspezifisch anzusehen sei. Das AMG beschreibe damit als Teilmenge einen Aspekt der ärztlichen, tierärztlichen und pharmazeutischen Tätigkeit. Damit sei die Tätigkeit als Pharmaberater eine berufsspezifische, für den jeweiligen Berufsstand des Arztes bzw. Apothekers typische Berufstätigkeit. Die bisherige Rechtsprechung gehe von einem überholten Berufsbild der streitgegenständlichen Kammerberufe und einem dogmatisch falschen Ansatzpunkt bei der Bestimmung dieser Berufsbilder aus. Die in den Berufsordnungen des Bundes niedergelegten Begriffe des Arztes, Tierarztes oder Apothekers müssten berufsrechtlich durch die jeweilige Landesgesetzgebung einschließlich der Landeskammergesetze spezifiziert werden. Dies ergebe sich für das Berufsbild des Apothekers mustergültig aus dem vorgelegten Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 24. August 2005 (M 16 K 05.11/93). Es sei unzulässig, beispielsweise das berufsspezifische Gepräge eines Apothekers anhand des klassischen Berufsbilds eines in einer öffentlichen Apotheke tätigen Apothekers zu bestimmen und alle anderen pharmazeutischen Tätigkeiten davon auszuschließen. Es sei nicht zulässig, bei der Auslegung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ein Berufsbild zugrunde zu legen, welches enger zugeschnitten sei, als es von den jeweiligen Kammern in den Grenzen ihrer berufsständischen Autonomie festgelegt werde. Es liege die Definitionshoheit der Berufsbilder bei der Gesetzgebungskompetenz der Länder und der darauf beruhenden berufsständischen Satzungsautonomie. Es sei auch zu berücksichtigen, dass sie (die Klägerin) als Pharmaberater bewusst keine Pharmareferenten im Sinne des § 75 Abs. 2 Nr. 3 AMG einsetze, sondern ausschließlich die in § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG genannten Personen, die nach ihrer Auffassung allein die nötige Kompetenz besäßen, Angehörige von Heilberufen fachkundig und auf gleicher Augenhöhe über ihre Produkte zu informieren.
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Der Berichterstatter des Senats hat mit Beschluss vom 21. August 2006 die Beiladung des J. S. aufgehoben und mit weiterem Beschluss vom 12. September 2006 die Beigeladenen zu 1) bis 4) zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene zu 1) hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die übrigen Beigeladenen habe sich am Verfahren nicht beteiligt und keine Anträge gestellt.
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Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 ist rechtmäßig.
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1. Angefochten hat die Klägerin den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nur insoweit, als die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen in Höhe von EUR 78.621,99 nachforderte sowie die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung des früher Beigeladenen J. S. für die Zukunft feststellte. Nicht angefochten hat die Klägerin den Bescheid, soweit die Beklagte darüber hinaus weitere Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 1.891,11 nachforderte. Insoweit hätte das SG bereits den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nicht aufheben dürfen.
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Im Berufungsverfahren ist nur noch streitig, ob die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachfordern kann. Soweit es im Klageverfahren um die (weitere) Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Pharmaberaters J. S. für die Zukunft ging, hat sich die auch dagegen gerichtete Klage durch das von der Beklagten abgegebene und von der Klägerin angenommene Teil-Anerkenntnis erledigt. Dieses Teil-Anerkenntnis war lediglich bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen. Im Übrigen war aufgrund dieses Teil-Anerkenntnisses die vom SG ausgesprochene Beiladung des J. S. aufzuheben, wie geschehen.
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2. Der in der Berufungsinstanz noch streitige Beitragsbescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004, soweit er die Beitragsnachforderung zur Rentenversicherung für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 für die im Berufungsverfahren Beigeladenen, die als Pharmaberater bei der Klägerin in der streitigen Zeit abhängig beschäftigt waren, beinhaltet, ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insoweit hätte das SG die genannten Bescheide nicht aufheben dürfen.
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2.1. Versicherungspflichtig und damit beitragspflichtig in der Rentenversicherung sind nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Insoweit lag eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin vor. Versicherungspflicht und sich daraus ergebende Beitragspflicht gilt jedoch nicht für Personen, die wegen der Beschäftigung von der Versicherungspflicht befreit sind. Nach § 7 Abs. 2 AVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung galt insoweit: Auf ihren Antrag wurden (ferner) von der Versicherungspflicht befreit Personen, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf einem Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe waren, wenn für die angestellten Mitglieder nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten waren und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall der Invalidität und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst wurden, wobei auch die finanzielle Lage der Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen war. Über den Antrag entschied der für den Wohnsitz des Antragstellers zuständige Träger der Rentenversicherung (§ 7 Abs. 4 AVG). Die Befreiung wirkte vom Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an, soweit sie innerhalb von zwei Monaten danach beantragt wurde, sonst vom Eingang des Antrags an (§ 7 Abs. 3 AVG). Ab 01. Januar 1992 erfolgte diese Befreiung nach den Vorschriften des SGB VI. Insoweit lautete § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung wie folgt: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. Mit Wirkung ab 01. Januar 1996 wurde § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI geändert; ferner wurden in Absatz 1 die Sätze 2 ff. eingefügt. Insoweit lautet § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
23 
a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 01. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
24 
b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
25 
c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
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Ferner wurden die folgenden Sätze 2 ff. angefügt: Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag entstanden, an dem das für die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 01. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit vor der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- bzw. Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI entscheidet über die Befreiung der Träger der Rentenversicherung, nachdem die für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständige oberste Verwaltungsbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt hat. Die Befreiung wirkt nach § 6 Abs. 4 SGB VI vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nur dann auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet (Satz 2 der Vorschrift).
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Die Befreiung gilt danach, auch wenn sie bereits vor dem 01. Januar 1992 ausgesprochen wurde (vgl. § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), wie bei der Beigeladenen zu 4), nicht personen-, sondern beschäftigungs- bzw. tätigkeitsbezogen. Sie gilt nur für diejenige Tätigkeit, für die sie erteilt worden ist. Lediglich eine nur vorübergehende (hier nicht vorliegend) berufsfremde Tätigkeit führt nicht zum Wechsel des Alterssicherungssystems (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12). Wird insoweit eine berufsfremde Tätigkeit, für die die Befreiung nicht erteilt worden ist, ausgeübt, wird der Befreiungsbescheid für diese andere Tätigkeit gegenstandslos, bedarf jedoch nicht seiner Aufhebung, um Versicherungs- und Beitragspflicht zur Rentenversicherung für eine berufsfremde Tätigkeit entstehen zu lassen (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12).
28 
Der Senat stellt fest, dass die Beigeladenen vor der Aufnahme der hier zu beurteilenden Tätigkeit als Pharmaberater von der Beklagten nach § 7 Abs. 2 AVG (die Beigeladene zu 4) bzw. nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (die Beigeladenen zu 1 bis 3) von der Versicherungspflicht befreit worden sind. Die Befreiung der Beigeladenen zu 1) als approbierte Tierärztin ab 01. Januar 1995 beruht nach dem Bescheid vom 04. August 1995 auf der durch die Ausübung einer tierärztlichen Tätigkeit begründeten Pflichtmitgliedschaft bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Bei der Beigeladenen zu 2) als ebenfalls approbierte Tierärztin beruht die Befreiung ab 01. Juli 1992 nach dem Bescheid vom 06. Januar 1993 auf der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Landestierärztekammer Hessen. Die erfolgte Befreiung bezog sich bei den Beigeladenen zu 1) und 2) auf die jeweils vor der Beschäftigung bei der Klägerin von ihnen ausgeübte Tätigkeit als approbierte Tierärztin auf der Grundlage der BTO. In der BTO sind die Voraussetzungen der Approbation geregelt, wobei u.a. erforderlich ist, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von mindestens fünf Jahren, von denen sechs Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die tierärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden worden ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 BTO). Nach § 1 Abs. 1 BTO ist der Tierarzt berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern oder zu heilen, zur Erhaltung und Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestands beizutragen, den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen und auf eine Steigerung der Güte von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinzuwirken. Der tierärztliche Beruf ist nach Abs. 2 der Vorschrift kein Gewerbe, sondern seiner Natur nach ein freier Beruf. Beim Beigeladenen zu 3) als approbiertem Arzt beruht die Befreiung nach der Bescheinigung der Beklagten vom 27. Februar 1996 ab 01. Dezember 1995 auf der Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihm vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierter Arzt, wobei die Voraussetzungen der Approbation in der Bundesärzteordnung (BOÄ) geregelt sind. Danach setzt die Approbation u.a. voraus, dass nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden wurde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BOÄ). Bei der Beigeladenen zu 4) als approbierte Apothekerin beruht die Befreiung ab 01. April 1990 auf der Pflichtmitgliedschaft (seit 01. August 1995 freiwillige Mitgliedschaft) in der Apothekerversorgung Berlin. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihr vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierte Apothekerin im Sinne der BApO, in der die Voraussetzungen der Approbation geregelt sind; u.a. ist dafür erforderlich, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von fünf Jahren, von denen zwölf Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die pharmazeutische Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden wurde (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BApO). Nach § 1 BApO ist der Apotheker berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen; er dient damit der Gesundheit des Einzelnen und des gesamten Volkes. Die Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“ (§ 2 Abs. 3 BApO).
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Soweit die Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin als Pharmaberater tätig waren - die Beigeladene zu 1) beginnend ab 01. Januar 2001, die Beigeladene zu 2) beginnend ab 01. September 1997, der Beigeladene zu 3) beginnend ab 01. Januar 1999 und die Beigeladene zu 4) beginnend ab 01. Mai 1997 - bezog sich die ihnen gegenüber ausgesprochene Befreiung auf die ausgeübten qualifizierten Tätigkeiten als Tierarzt, Arzt bzw. Apotheker, nicht aber auf die Tätigkeit als Pharmaberater. Insoweit handelte sich jeweils um eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, bei der auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB V nicht vorlagen. Die Tätigkeit als Pharmaberater erforderte nicht zwingend die Approbation als Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker, d.h. die Befugnis, die Berufsbezeichnung Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker führen zu dürfen, wie sie für die Tätigkeiten erforderlich war, die die Beigeladenen ausgeübt hatten, als sie befreit worden waren. Die Aufgabe des Pharmaberaters wird in § 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 AMG gesetzlich dahin definiert, dass, wie hier von den Beigeladenen geschehen, er hauptberuflich Angehörige von Heilberufen aufsucht, um diese über Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AMG fachlich zu informieren, und zwar auch fernmündlich. Diese Tätigkeit entspricht nicht dem typischen, durch die Hochschulausbildung und den entsprechenden Hochschulabschluss geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich des Arztes, Tierarztes und Apothekers, unabhängig davon, dass es für den approbierten Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker im Einzelfall durchaus auch im Kern berufstypische, d.h. an die umfassende Hochschulausbildung anknüpfende und durch die Approbation dokumentierte umfassende Sachkenntnis erfordernde Tätigkeitsfelder in der Pharmaindustrie gibt. Insoweit ist, abgesehen vom „Geprüften Pharmareferenten“ im Sinne der Verordnung vom 02. Mai 1978, Pharmaberater keine Berufs-, sondern eine Tätigkeitsbezeichnung, die eine typische (Mindest-)Sachkenntnis verlangt, um Angehörige von Heilberufen entsprechend informieren zu können. Dabei werden Inhalt und Umfang der Informationen, die der Pharmaberater an Angehörige der Heilberufe weiterzugeben hat, in der Regel vom Auftraggeber (hier die Klägerin) festgelegt. Diese typische (Mindest-)Sachkenntnis für die Tätigkeit des Pharmaberaters wird durch das mittlere Ausbildungsniveau der in § 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG genannten Assistenten dokumentiert, nämlich der Apothekenassistenten sowie der Personen mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder Veterinärmedizin. Diesem typischerweise nur mittleren Ausbildungsniveau entsprechen auch die Personen mit einer beruflichen Fortbildung als Geprüfter Pharmareferent nach § 75 Abs. 2 Nr. 3 AMG und der entsprechenden Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmaberater. Entgegen der Ansicht des SG ergibt sich daraus, dass nach § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG diese entsprechende typische Sachkenntnis für die Tätigkeit als Pharmaberater auch Apothekern oder Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder der Veterinärmedizin abgelegten Prüfung zugestanden wird, nicht, dass diese qualifizierten Hochschulausbildungen zwingende Voraussetzung für die Tätigkeit als Pharmaberater sind, mithin auch die Tätigkeit als Pharmaberater zum typischen, durch die entsprechenden Hochschulausbildungen geprägten Berufsbild gehört. Die bloße Informationstätigkeit zu bestimmten Arzneimitteln gehört nicht zum wesentlichen Kernbereich der ärztlichen, tierärztlichen bzw. pharmazeutischen Tätigkeit, sondern berührt nur Randbereiche davon. Es genügt daher hier für die versicherungsrechtlich zu beurteilende (erteilte) Befreiung nicht, dass es der Gesetzgeber auch bei Ärzten, Tierärzten und Apothekern im Hinblick auf das insoweit wesentliche höhere Ausbildungsniveau im Vergleich zum typischen mittleren Ausbildungsniveau nach § 75 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 AMG zulässt, dass auch ein approbierter Arzt, Tierarzt und Apotheker als Pharmaberater arbeitet, ohne als Sachkundenachweis eine gesonderte Prüfung ablegen zu müssen. Allein der Umstand, dass die für die Tätigkeit als Pharmaberater typischerweise erforderliche Sachkenntnis als so genannte Teilmenge auch aufgrund der nach der BÄO, der BTO und der BApO erforderlichen umfassenden Ausbildung (mit Prüfung) als Arzt, Tierarzt oder Apotheker unterstellt wird, rechtfertigt die Erstreckung der Befreiung eines Arztes, Tierarztes oder Apothekers, der später die Tätigkeit als Pharmaberater ausübt, auch auf diese andere Tätigkeit nicht. Die Tätigkeit als Pharmaberater wird, wenn sie von einem approbierten Arzt, Tierarzt oder Apotheker ausgeübt wird, nicht zu einem typischen Kammerberuf der entsprechenden Berufskammern mit einer Pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen berufsständischen Versorgungseinrichtung für die selbstständigen Berufe, zumal beispielsweise auch die Tätigkeit als Apothekenassistent bzw. aufgrund einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Human- oder der Veterinärmedizin nicht zu den selbstständigen Kammerberufen gehört. Darauf, dass auch der als Pharmaberater tätige approbierte Arzt, Tierarzt und Apotheker bei dieser Tätigkeit Sachkenntnisse einsetzt, die er aufgrund der Hochschulausbildung erlangt hat, kommt es nicht an. Auch ist nicht entscheidend, ob nach den Kammergesetzen bzw. Satzungen der Versorgungseinrichtungen (hier in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Berlin) eine Tätigkeit als Pharmaberater eine Pflichtmitgliedschaft noch begründen mag. Darauf, wie die entsprechenden Kammergesetze bzw. Satzungen die Pflichtmitgliedschaft bestimmen, kommt es für den tätigkeitsbezogenen Umfang der hier jeweils von der Beklagten im Zeitpunkt der Antragstellung/Befreiung erteilten Befreiungen, die sich nicht auf eine Tätigkeit als Pharmaberater bezogen hatten, weil eine solche Tätigkeit zum diesem Zeitpunkt überhaupt nicht ausgeübt worden war, nicht an. Auch kann sich die Klägerin für die Geltung der Befreiung für die Tätigkeit als Pharmaberater nicht darauf berufen, dass sie ihrem Vortrag zufolge als Pharmaberater lediglich Personen mit der umfassenden Sachkenntnis beispielsweise als Arzt, Tierarzt oder Apotheker im Sinne des § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG beschäftigt.
30 
2.2. Da danach die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Beschäftigung als Pharmaberater nicht gilt, hat die Beklagte zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit seit 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachgefordert. Die Beklagte hat diese Beiträge zutreffend berechnet. Insoweit verweist der Senat auf die Anlagen zum Beitragsbescheid. Einwendungen gegen die Höhe der Beiträge hat die Klägerin auch nicht erhoben.
31 
Die Beiträge sind auch nicht verjährt, insbesondere nicht für das Jahr 1997. Die hier zunächst anzunehmende vierjährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV war für die Dauer der Betriebsprüfung nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gehemmt. Jedenfalls noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist galt dann im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 25. Juli 2002, in dem die Klägerin über die von der Beklagten vertretenen Rechtsansicht informiert worden war, die Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV.
32 
Die Erhebung von Beiträgen verstieß auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf die erfolgten Meldungen an die Einzugsstellen berufen. Es ist gerade Aufgabe der Rentenversicherungsträger im Rahmen der Prüfungen nach § 28p SGB IV unabhängig von den von der Einzugsstelle getroffenen Entscheidungen die ordnungsgemäße Beitragserhebung zu prüfen. Auch der Umstand, dass eine im Mai 1997 durchgeführte Betriebsprüfung keine Beanstandung hinsichtlich der beschäftigten Pharmaberater ergeben hatte, führt nicht dazu, dass hier die Beitragserhebung ausgeschlossen wäre. Die jeweiligen Betriebsprüfungen beziehen sich auf einen bestimmten Zeitraum, für den möglicherweise neue Erkenntnisse zur Erhebung von Beiträgen zu berücksichtigen sind.
33 
Danach war das sozialgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
34 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung. mit §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Hinsichtlich der Kostenentscheidung für das Verfahren vor dem Sozialgericht ist das Teil-Anerkenntnis der Beklagten zu berücksichtigen.
35 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
36 
4. Die Festsetzung des Streitwerts (für beide Rechtszüge) beruht auf §§ 63 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetzes (GKG). Bei der Bestimmung des Streitwerts des sozialgerichtlichen Verfahrens ist zu berücksichtigen, dass neben der streitigen Beitragsforderung in Höhe von EUR 78.621,99, die sich auf die Beigeladenen bezog, ferner im erstinstanzlichen Verfahren auch noch die Feststellung der Versicherungspflicht mit Beitragspflicht für die Zukunft des J. S. im Streit war. Insoweit ist von dem Streitwert von EUR 5.000,00 nach § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auszugehen, dieser jedoch im Hinblick auf einen Zeitraum von drei Jahren auf EUR 15.000,00 zu erhöhen, weshalb sich für das sozialgerichtliche Verfahren ein Streitwert von EUR 93.621,99 ergibt. Für das Berufungsverfahren ist der Streitwert endgültig auf EUR 78.621,99 festzusetzen.

Gründe

 
18 
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 ist rechtmäßig.
19 
1. Angefochten hat die Klägerin den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nur insoweit, als die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen in Höhe von EUR 78.621,99 nachforderte sowie die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung des früher Beigeladenen J. S. für die Zukunft feststellte. Nicht angefochten hat die Klägerin den Bescheid, soweit die Beklagte darüber hinaus weitere Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 1.891,11 nachforderte. Insoweit hätte das SG bereits den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nicht aufheben dürfen.
20 
Im Berufungsverfahren ist nur noch streitig, ob die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachfordern kann. Soweit es im Klageverfahren um die (weitere) Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Pharmaberaters J. S. für die Zukunft ging, hat sich die auch dagegen gerichtete Klage durch das von der Beklagten abgegebene und von der Klägerin angenommene Teil-Anerkenntnis erledigt. Dieses Teil-Anerkenntnis war lediglich bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen. Im Übrigen war aufgrund dieses Teil-Anerkenntnisses die vom SG ausgesprochene Beiladung des J. S. aufzuheben, wie geschehen.
21 
2. Der in der Berufungsinstanz noch streitige Beitragsbescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004, soweit er die Beitragsnachforderung zur Rentenversicherung für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 für die im Berufungsverfahren Beigeladenen, die als Pharmaberater bei der Klägerin in der streitigen Zeit abhängig beschäftigt waren, beinhaltet, ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insoweit hätte das SG die genannten Bescheide nicht aufheben dürfen.
22 
2.1. Versicherungspflichtig und damit beitragspflichtig in der Rentenversicherung sind nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Insoweit lag eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin vor. Versicherungspflicht und sich daraus ergebende Beitragspflicht gilt jedoch nicht für Personen, die wegen der Beschäftigung von der Versicherungspflicht befreit sind. Nach § 7 Abs. 2 AVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung galt insoweit: Auf ihren Antrag wurden (ferner) von der Versicherungspflicht befreit Personen, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf einem Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe waren, wenn für die angestellten Mitglieder nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten waren und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall der Invalidität und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst wurden, wobei auch die finanzielle Lage der Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen war. Über den Antrag entschied der für den Wohnsitz des Antragstellers zuständige Träger der Rentenversicherung (§ 7 Abs. 4 AVG). Die Befreiung wirkte vom Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an, soweit sie innerhalb von zwei Monaten danach beantragt wurde, sonst vom Eingang des Antrags an (§ 7 Abs. 3 AVG). Ab 01. Januar 1992 erfolgte diese Befreiung nach den Vorschriften des SGB VI. Insoweit lautete § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung wie folgt: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. Mit Wirkung ab 01. Januar 1996 wurde § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI geändert; ferner wurden in Absatz 1 die Sätze 2 ff. eingefügt. Insoweit lautet § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
23 
a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 01. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
24 
b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
25 
c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
26 
Ferner wurden die folgenden Sätze 2 ff. angefügt: Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag entstanden, an dem das für die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 01. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit vor der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- bzw. Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI entscheidet über die Befreiung der Träger der Rentenversicherung, nachdem die für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständige oberste Verwaltungsbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt hat. Die Befreiung wirkt nach § 6 Abs. 4 SGB VI vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nur dann auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet (Satz 2 der Vorschrift).
27 
Die Befreiung gilt danach, auch wenn sie bereits vor dem 01. Januar 1992 ausgesprochen wurde (vgl. § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), wie bei der Beigeladenen zu 4), nicht personen-, sondern beschäftigungs- bzw. tätigkeitsbezogen. Sie gilt nur für diejenige Tätigkeit, für die sie erteilt worden ist. Lediglich eine nur vorübergehende (hier nicht vorliegend) berufsfremde Tätigkeit führt nicht zum Wechsel des Alterssicherungssystems (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12). Wird insoweit eine berufsfremde Tätigkeit, für die die Befreiung nicht erteilt worden ist, ausgeübt, wird der Befreiungsbescheid für diese andere Tätigkeit gegenstandslos, bedarf jedoch nicht seiner Aufhebung, um Versicherungs- und Beitragspflicht zur Rentenversicherung für eine berufsfremde Tätigkeit entstehen zu lassen (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12).
28 
Der Senat stellt fest, dass die Beigeladenen vor der Aufnahme der hier zu beurteilenden Tätigkeit als Pharmaberater von der Beklagten nach § 7 Abs. 2 AVG (die Beigeladene zu 4) bzw. nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (die Beigeladenen zu 1 bis 3) von der Versicherungspflicht befreit worden sind. Die Befreiung der Beigeladenen zu 1) als approbierte Tierärztin ab 01. Januar 1995 beruht nach dem Bescheid vom 04. August 1995 auf der durch die Ausübung einer tierärztlichen Tätigkeit begründeten Pflichtmitgliedschaft bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Bei der Beigeladenen zu 2) als ebenfalls approbierte Tierärztin beruht die Befreiung ab 01. Juli 1992 nach dem Bescheid vom 06. Januar 1993 auf der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Landestierärztekammer Hessen. Die erfolgte Befreiung bezog sich bei den Beigeladenen zu 1) und 2) auf die jeweils vor der Beschäftigung bei der Klägerin von ihnen ausgeübte Tätigkeit als approbierte Tierärztin auf der Grundlage der BTO. In der BTO sind die Voraussetzungen der Approbation geregelt, wobei u.a. erforderlich ist, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von mindestens fünf Jahren, von denen sechs Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die tierärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden worden ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 BTO). Nach § 1 Abs. 1 BTO ist der Tierarzt berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern oder zu heilen, zur Erhaltung und Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestands beizutragen, den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen und auf eine Steigerung der Güte von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinzuwirken. Der tierärztliche Beruf ist nach Abs. 2 der Vorschrift kein Gewerbe, sondern seiner Natur nach ein freier Beruf. Beim Beigeladenen zu 3) als approbiertem Arzt beruht die Befreiung nach der Bescheinigung der Beklagten vom 27. Februar 1996 ab 01. Dezember 1995 auf der Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihm vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierter Arzt, wobei die Voraussetzungen der Approbation in der Bundesärzteordnung (BOÄ) geregelt sind. Danach setzt die Approbation u.a. voraus, dass nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden wurde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BOÄ). Bei der Beigeladenen zu 4) als approbierte Apothekerin beruht die Befreiung ab 01. April 1990 auf der Pflichtmitgliedschaft (seit 01. August 1995 freiwillige Mitgliedschaft) in der Apothekerversorgung Berlin. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihr vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierte Apothekerin im Sinne der BApO, in der die Voraussetzungen der Approbation geregelt sind; u.a. ist dafür erforderlich, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von fünf Jahren, von denen zwölf Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die pharmazeutische Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden wurde (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BApO). Nach § 1 BApO ist der Apotheker berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen; er dient damit der Gesundheit des Einzelnen und des gesamten Volkes. Die Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“ (§ 2 Abs. 3 BApO).
29 
Soweit die Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin als Pharmaberater tätig waren - die Beigeladene zu 1) beginnend ab 01. Januar 2001, die Beigeladene zu 2) beginnend ab 01. September 1997, der Beigeladene zu 3) beginnend ab 01. Januar 1999 und die Beigeladene zu 4) beginnend ab 01. Mai 1997 - bezog sich die ihnen gegenüber ausgesprochene Befreiung auf die ausgeübten qualifizierten Tätigkeiten als Tierarzt, Arzt bzw. Apotheker, nicht aber auf die Tätigkeit als Pharmaberater. Insoweit handelte sich jeweils um eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, bei der auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB V nicht vorlagen. Die Tätigkeit als Pharmaberater erforderte nicht zwingend die Approbation als Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker, d.h. die Befugnis, die Berufsbezeichnung Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker führen zu dürfen, wie sie für die Tätigkeiten erforderlich war, die die Beigeladenen ausgeübt hatten, als sie befreit worden waren. Die Aufgabe des Pharmaberaters wird in § 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 AMG gesetzlich dahin definiert, dass, wie hier von den Beigeladenen geschehen, er hauptberuflich Angehörige von Heilberufen aufsucht, um diese über Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AMG fachlich zu informieren, und zwar auch fernmündlich. Diese Tätigkeit entspricht nicht dem typischen, durch die Hochschulausbildung und den entsprechenden Hochschulabschluss geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich des Arztes, Tierarztes und Apothekers, unabhängig davon, dass es für den approbierten Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker im Einzelfall durchaus auch im Kern berufstypische, d.h. an die umfassende Hochschulausbildung anknüpfende und durch die Approbation dokumentierte umfassende Sachkenntnis erfordernde Tätigkeitsfelder in der Pharmaindustrie gibt. Insoweit ist, abgesehen vom „Geprüften Pharmareferenten“ im Sinne der Verordnung vom 02. Mai 1978, Pharmaberater keine Berufs-, sondern eine Tätigkeitsbezeichnung, die eine typische (Mindest-)Sachkenntnis verlangt, um Angehörige von Heilberufen entsprechend informieren zu können. Dabei werden Inhalt und Umfang der Informationen, die der Pharmaberater an Angehörige der Heilberufe weiterzugeben hat, in der Regel vom Auftraggeber (hier die Klägerin) festgelegt. Diese typische (Mindest-)Sachkenntnis für die Tätigkeit des Pharmaberaters wird durch das mittlere Ausbildungsniveau der in § 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG genannten Assistenten dokumentiert, nämlich der Apothekenassistenten sowie der Personen mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder Veterinärmedizin. Diesem typischerweise nur mittleren Ausbildungsniveau entsprechen auch die Personen mit einer beruflichen Fortbildung als Geprüfter Pharmareferent nach § 75 Abs. 2 Nr. 3 AMG und der entsprechenden Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmaberater. Entgegen der Ansicht des SG ergibt sich daraus, dass nach § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG diese entsprechende typische Sachkenntnis für die Tätigkeit als Pharmaberater auch Apothekern oder Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder der Veterinärmedizin abgelegten Prüfung zugestanden wird, nicht, dass diese qualifizierten Hochschulausbildungen zwingende Voraussetzung für die Tätigkeit als Pharmaberater sind, mithin auch die Tätigkeit als Pharmaberater zum typischen, durch die entsprechenden Hochschulausbildungen geprägten Berufsbild gehört. Die bloße Informationstätigkeit zu bestimmten Arzneimitteln gehört nicht zum wesentlichen Kernbereich der ärztlichen, tierärztlichen bzw. pharmazeutischen Tätigkeit, sondern berührt nur Randbereiche davon. Es genügt daher hier für die versicherungsrechtlich zu beurteilende (erteilte) Befreiung nicht, dass es der Gesetzgeber auch bei Ärzten, Tierärzten und Apothekern im Hinblick auf das insoweit wesentliche höhere Ausbildungsniveau im Vergleich zum typischen mittleren Ausbildungsniveau nach § 75 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 AMG zulässt, dass auch ein approbierter Arzt, Tierarzt und Apotheker als Pharmaberater arbeitet, ohne als Sachkundenachweis eine gesonderte Prüfung ablegen zu müssen. Allein der Umstand, dass die für die Tätigkeit als Pharmaberater typischerweise erforderliche Sachkenntnis als so genannte Teilmenge auch aufgrund der nach der BÄO, der BTO und der BApO erforderlichen umfassenden Ausbildung (mit Prüfung) als Arzt, Tierarzt oder Apotheker unterstellt wird, rechtfertigt die Erstreckung der Befreiung eines Arztes, Tierarztes oder Apothekers, der später die Tätigkeit als Pharmaberater ausübt, auch auf diese andere Tätigkeit nicht. Die Tätigkeit als Pharmaberater wird, wenn sie von einem approbierten Arzt, Tierarzt oder Apotheker ausgeübt wird, nicht zu einem typischen Kammerberuf der entsprechenden Berufskammern mit einer Pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen berufsständischen Versorgungseinrichtung für die selbstständigen Berufe, zumal beispielsweise auch die Tätigkeit als Apothekenassistent bzw. aufgrund einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Human- oder der Veterinärmedizin nicht zu den selbstständigen Kammerberufen gehört. Darauf, dass auch der als Pharmaberater tätige approbierte Arzt, Tierarzt und Apotheker bei dieser Tätigkeit Sachkenntnisse einsetzt, die er aufgrund der Hochschulausbildung erlangt hat, kommt es nicht an. Auch ist nicht entscheidend, ob nach den Kammergesetzen bzw. Satzungen der Versorgungseinrichtungen (hier in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Berlin) eine Tätigkeit als Pharmaberater eine Pflichtmitgliedschaft noch begründen mag. Darauf, wie die entsprechenden Kammergesetze bzw. Satzungen die Pflichtmitgliedschaft bestimmen, kommt es für den tätigkeitsbezogenen Umfang der hier jeweils von der Beklagten im Zeitpunkt der Antragstellung/Befreiung erteilten Befreiungen, die sich nicht auf eine Tätigkeit als Pharmaberater bezogen hatten, weil eine solche Tätigkeit zum diesem Zeitpunkt überhaupt nicht ausgeübt worden war, nicht an. Auch kann sich die Klägerin für die Geltung der Befreiung für die Tätigkeit als Pharmaberater nicht darauf berufen, dass sie ihrem Vortrag zufolge als Pharmaberater lediglich Personen mit der umfassenden Sachkenntnis beispielsweise als Arzt, Tierarzt oder Apotheker im Sinne des § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG beschäftigt.
30 
2.2. Da danach die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Beschäftigung als Pharmaberater nicht gilt, hat die Beklagte zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit seit 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachgefordert. Die Beklagte hat diese Beiträge zutreffend berechnet. Insoweit verweist der Senat auf die Anlagen zum Beitragsbescheid. Einwendungen gegen die Höhe der Beiträge hat die Klägerin auch nicht erhoben.
31 
Die Beiträge sind auch nicht verjährt, insbesondere nicht für das Jahr 1997. Die hier zunächst anzunehmende vierjährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV war für die Dauer der Betriebsprüfung nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gehemmt. Jedenfalls noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist galt dann im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 25. Juli 2002, in dem die Klägerin über die von der Beklagten vertretenen Rechtsansicht informiert worden war, die Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV.
32 
Die Erhebung von Beiträgen verstieß auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf die erfolgten Meldungen an die Einzugsstellen berufen. Es ist gerade Aufgabe der Rentenversicherungsträger im Rahmen der Prüfungen nach § 28p SGB IV unabhängig von den von der Einzugsstelle getroffenen Entscheidungen die ordnungsgemäße Beitragserhebung zu prüfen. Auch der Umstand, dass eine im Mai 1997 durchgeführte Betriebsprüfung keine Beanstandung hinsichtlich der beschäftigten Pharmaberater ergeben hatte, führt nicht dazu, dass hier die Beitragserhebung ausgeschlossen wäre. Die jeweiligen Betriebsprüfungen beziehen sich auf einen bestimmten Zeitraum, für den möglicherweise neue Erkenntnisse zur Erhebung von Beiträgen zu berücksichtigen sind.
33 
Danach war das sozialgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
34 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung. mit §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Hinsichtlich der Kostenentscheidung für das Verfahren vor dem Sozialgericht ist das Teil-Anerkenntnis der Beklagten zu berücksichtigen.
35 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
36 
4. Die Festsetzung des Streitwerts (für beide Rechtszüge) beruht auf §§ 63 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetzes (GKG). Bei der Bestimmung des Streitwerts des sozialgerichtlichen Verfahrens ist zu berücksichtigen, dass neben der streitigen Beitragsforderung in Höhe von EUR 78.621,99, die sich auf die Beigeladenen bezog, ferner im erstinstanzlichen Verfahren auch noch die Feststellung der Versicherungspflicht mit Beitragspflicht für die Zukunft des J. S. im Streit war. Insoweit ist von dem Streitwert von EUR 5.000,00 nach § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auszugehen, dieser jedoch im Hinblick auf einen Zeitraum von drei Jahren auf EUR 15.000,00 zu erhöhen, weshalb sich für das sozialgerichtliche Verfahren ein Streitwert von EUR 93.621,99 ergibt. Für das Berufungsverfahren ist der Streitwert endgültig auf EUR 78.621,99 festzusetzen.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte den Kläger für seine Beschäftigung als angestellter Jurist bei der Beigeladenen zu 2., einem Chemieunternehmen, ab dem 5.7.2010 bis zum 4.10.2011 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien muss.

2

Der 1983 geborene Kläger ist Volljurist und bewarb sich bei der Beigeladenen zu 2. erfolgreich auf die Stelle eines "Juristen mit abgeschlossenem Studium der Rechtswissenschaften mit Prädikatsexamen und Schwerpunkt Arbeitsrecht". In dieser Funktion war er ab dem 1.3.2010 gegen Entgelt in der Abteilung "Concepts and Coordination Benefits" (Konzeption und Koordination betrieblicher Sozialleistungen) beschäftigt und hatte dort insbesondere Grundsatzfragen der betrieblichen Sozialpolitik - Schwerpunkt Altersversorgung - mit nationalen und internationalen Bezügen zu klären. Die Beigeladene zu 2. bescheinigte ihm später, die Qualifikation als Volljurist sei Einstellungsvoraussetzung gewesen, und bestätigte in einer Freistellungserklärung ihr unwiderrufliches Einverständnis, dass der Kläger neben seiner Tätigkeit als Angestellter den Beruf als Rechtsanwalt ausüben könne mit der Erlaubnis, sich auch während der Dienstzeit zur Wahrnehmung anwaltlicher Tätigkeiten jederzeit von seinem Dienstplatz entfernen zu dürfen.

3

Am 5.7.2010 wurde der Kläger als Rechtsanwalt zugelassen und in das Anwaltsverzeichnis der Rechtsanwaltskammer (RAK) K. eingetragen. Seitdem war er gemäß § 5 Abs 2 des Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg(Rechtsanwaltsversorgungsgesetz - RAVG vom 10.12.1984) Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 1., die einkommensbezogene Beiträge erhob. Seine Zulassung als Rechtsanwalt wurde am 4.10.2011 widerrufen; zeitgleich erfolgte die Löschung im Anwaltsverzeichnis der RAK K. Am 30.11.2011 beendete er seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2; seither ist er als Richter versicherungsfrei.

4

Unter dem 23.9.2010 beantragte der Kläger, ihn für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien, fügte die Freistellungserklärung der Beigeladenen zu 2. bei und legte eine Tätigkeitsbeschreibung vom 23.9.2010 sowie ein ergänzendes Schreiben vom 15.12.2010 vor, die der Kaufmann K. als Vorgesetzter seines direkten Vorgesetzen, eines Psychologen, ausgestellt bzw unterschrieben hatte. Danach sei der Kläger als Rechtsanwalt tätig. Die Bearbeitung und Bewertung von Rechtsfragen, die Herausarbeitung von Lösungsmöglichkeiten und deren Umsetzung erfolge eigenständig und unabhängig. Seine Aufgaben umfassten die unabhängige und selbständige Beratung der Unternehmenseinheiten und der Konzerngesellschaften. Daneben erstelle er Gutachten in juristischen - insbesondere sozial- und arbeitsrechtlichen - Fragen und vertrete die Beigeladene zu 2. in diesem Bereich sowohl außergerichtlich als auch vor Arbeits- und Sozialgerichten sowie ordentlichen Gerichten. Hinsichtlich rechtlicher Fragen habe er eine eigene Entscheidungskompetenz und vertrete seine Ansicht im Namen der Beigeladenen zu 2., insbesondere gegenüber Aufsichtsbehörden, nach außen. Daneben habe er wesentlichen Einfluss auf die Ausgestaltung von betrieblichen Regelungen wie Betriebsvereinbarungen und Satzungen. Bei der Konzeption und Umsetzung von personalpolitischen Instrumenten sei er insbesondere im Hinblick auf die juristische Prüfung und Bewertung in eigener Verantwortung beteiligt. Ferner stelle er rechtliche Änderungen im Bereich des Sozialrechts und deren Auswirkungen auf das Unternehmen dar und präsentiere Lösungs- und Umsetzungsvorschläge. Darüber hinaus vertrete er die jeweils rechtlich selbständigen VVaG B. Pensionskasse und B. Sterbekasse. Als Berater nehme er daneben bei rechtlichen, insbesondere datenschutzrechtlichen Fragestellungen an den Sitzungen des Vorstandes der B. Pensionskasse VVaG teil. In juristisch-fachlicher Hinsicht entscheide er unabhängig und selbständig. Bei Entscheidungen mit unternehmenspolitischer Bedeutung erfolge die Beratung mit seinem direkten Vorgesetzten oder dem nächsthöheren Vorgesetzten. Die juristisch-fachliche Entscheidungskompetenz verbleibe aber beim ihm. In seiner Einheit seien derzeit noch sechs weitere, ihm gleich geordnete Referenten beschäftigt, von denen einer ebenfalls als Rechtsanwalt tätig sei.

5

Die Beklagte lehnte den Befreiungsantrag ab, weil die Befähigung zum Richteramt nach der Stellenausschreibung nicht unabdingbare Einstellungsvoraussetzung gewesen sei und der Kläger deshalb keine anwaltliche Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2. ausübe (Bescheid vom 21.3.2011 und Widerspruchsbescheid vom 6.7.2011).

6

Das SG Mannheim hat den Kaufmann K. als Zeugen vernommen und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 21.3.2011 und des Widerspruchsbescheids vom 6.7.2011 verurteilt, den Kläger für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2. in der Zeit vom 5.7.2010 bis 4.10.2011 von der Versicherungspflicht zu befreien (Gerichtsbescheid vom 30.5.2012). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG den Gerichtsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 23.1.2013): Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung lägen für die vom Kläger bei der Beigeladenen zu 2. ausgeübte Tätigkeit nicht vor. Hierfür sei erforderlich, dass die Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung auf genau jener Beschäftigung ("wegen der") beruhe, für die eine Befreiung von der Versicherungspflicht begehrt werde. Dies setzte voraus, dass eine dem Kammerberuf vergleichbare berufsspezifische Tätigkeit in abhängiger Beschäftigung ausgeübt werde. Die Tätigkeit eines Syndikusanwalts bei einem nicht anwaltlichen Arbeitgeber sei berufsspezifisch, wenn sie dem typischen, durch Hochschulausbildung und Referendariat geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich entspreche, sich also im Kernbereich der anwaltlichen Tätigkeit bewege und nicht nur dessen Randbereiche berühre. Folglich sei auch die Ablegung des zweiten juristischen Staatsexamens erforderlich, weil ansonsten weder eine Mitgliedschaft in der RAK noch im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Frage komme.

7

Um zu beurteilen, ob die Tätigkeit berufsspezifisch sei, müsse auf das Anforderungsprofil abgestellt werden, das sich aus Anstellungsvertrag und Stellenausschreibung ergebe. Daraus sei abzuleiten, dass für die Beschäftigung des Klägers nur ein abgeschlossenes Studium der Rechtswissenschaften mit Prädikatsexamen, Schwerpunkt Arbeitsrecht, nicht jedoch die Ablegung des zweiten juristischen Staatsexamens Eingangsvoraussetzung gewesen sei. Demzufolge sei er auch nicht als Rechtsanwalt, wie bei einem Syndikusanwalt üblich, sondern lediglich als Jurist eingestellt worden. Ob die Beigeladene zu 2. gleichwohl einen Volljuristen zwingend habe beschäftigen wollen, wie das SG auf der Grundlage der Zeugenaussage angenommen habe, könne dahinstehen. Denn sie habe jedenfalls keinen Rechtsanwalt gesucht und eingestellt, wie bereits aus dem Umstand folge, dass der Kläger seine berufliche Tätigkeit bereits am 1.3.2010 aufgenommen habe, obwohl er erst am 5.7.2010 als Rechtsanwalt zugelassen worden sei. Damit korrespondiere, dass die Beigeladene zu 2. auf dieser Stelle auch Juristen ohne Anwaltszulassung weiterbeschäftige. Eine Anwaltszulassung sei zwar erwünscht, aber nicht Voraussetzung für die Tätigkeit als Jurist gewesen, die nicht dadurch zu einem typischen Kammerberuf mit Pflichtmitgliedschaft werde, weil sie ein Rechtsanwalt ausübe. Wende man ungeachtet dessen die "Vier-Kriterien-Theorie" an, so sei der Kläger zwar rechtsberatend und -vermittelnd, nicht jedoch rechtsentscheidend und -gestaltend tätig gewesen. Denn er sei in die Unternehmenshierarchie bestehend aus einer Arbeitsgruppe, Gruppenleiter und weiteren Vorgesetzten eingebunden gewesen und habe weder an richtungsweisenden internen Entscheidungsvorgängen gleichberechtigt teilgenommen noch die von ihm erarbeitete Position nach außen namentlich vertreten. Unternehmerische Entscheidungen hätten seine Vorgesetzten getroffen; als Berufsanfänger habe seine Stellung der eines Justiziars oder Referenten, nicht jedoch der eines Syndikusanwalts geähnelt.

8

Dagegen hat der Kläger die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung formellen (§§ 103, 157 SGG) und materiellen Rechts (§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI): Das LSG sei von der Aussage des Zeugen K., die Qualifikation als Volljurist sei zwingende Einstellungsvoraussetzung gewesen, verfahrensfehlerhaft abgewichen, weil es dessen Zeugenvernehmung im Berufungsverfahren nicht wiederholt und die außertarifliche Entlohnung des Klägers nicht berücksichtigt habe. Die Zeugenaussage, wonach die Stellenausschreibung mit den Wörtern "Jurist" und "erfolgreich abgeschlossenes Studium" unbedacht formuliert sei, wische das LSG zu Unrecht mit der durch nichts belegten Begründung beiseite, dies sei in einem Großkonzern mit spezialisierter Personalabteilung nur schwer vorstellbar. Soweit das LSG die Zeugenaussage im Lichte der Arbeitgeberhaftung für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28e SGB IV) würdige, sei darauf hinzuweisen, dass der Zeuge K. Rentner und die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge in voller Höhe abgeführt worden seien. Entgegen der Ansicht des LSG setze die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nicht voraus, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zwingende Voraussetzung für die ausgeübte Tätigkeit sei. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI sei verfassungskonform weit auszulegen und der Befreiungsanspruch schon dann gegeben, wenn die jeweilige Beschäftigung weder die Versagung oder Rücknahme der Rechtsanwaltszulassung noch ihren Widerruf rechtfertige(§ 7 Nr 8 BRAO, § 14 Abs 1 und Abs 2 Nr 8 BRAO). Jedenfalls müssten die "vier Kriterien" nicht kumulativ erfüllt sein. Soweit das LSG in diesem Zusammenhang fordere, der Syndikusanwalt müsse in wirtschaftlichen, politischen und unternehmerischen Fragen entscheidungsbefugt sein sowie Vertrags- und Einigungsverhandlungen eigenständig führen, stelle es für die Merkmale der Rechtsentscheidung und -gestaltung überzogene Anforderungen auf. Mit Schriftsatz vom 21.3.2014 hat der Kläger seine Ausführungen ergänzt und vertieft.

9

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Januar 2013 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 30. Mai 2012 zurückzuweisen.

10

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

11

Sie meint, das angefochtene Urteil sei nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger mangelnde Sachverhaltsermittlung und eine Verletzung von § 157 SGG geltend mache, rüge er im Kern die Beweiswürdigung des LSG, ohne jedoch Verstöße gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze aufzuzeigen. Da der Kläger nach den Feststellungen des LSG für die Ausübung seiner Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 2. noch nicht einmal die Befähigung zum Richteramt benötigt habe, sei von vornherein ausgeschlossen, dass er wegen dieser Beschäftigung Pflichtmitglied der RAK und der Beigeladenen zu 1. gewesen sei. Ob die konkrete Beschäftigung inhaltlich als anwaltliche zu beurteilen sei, richte sich nach der "Vier-Kriterien-Theorie", die auch bei kumulativer Umsetzung weder den Schutzbereich von Art 12 GG berühre noch die allgemeine Handlungsfreiheit (Art 2 Abs 1 GG) oder gar die Eigentumsgarantie (Art 14 GG) verletze. Zu Recht habe das LSG eine dem Berufsbild des Rechtsanwalts entsprechende Rechtsentscheidungskompetenz des Klägers verneint, weil er weder nach außen eine eigenständige rechtliche Entscheidungskompetenz besessen noch nach innen eine wesentliche Teilhabe an den entsprechenden innerbetrieblichen Entscheidungsprozessen gehabt habe. Auch das Kriterium der Rechtsgestaltung sei nicht erfüllt, weil dem Kläger beim Führen von Vertrags- und Einigungsverhandlungen die erforderliche Eigenständigkeit gefehlt habe.

12

Die Beigeladene zu 1., die keinen Antrag stellt, trägt vor, das Tatbestandsmerkmal "wegen" solle zum Ausdruck bringen, dass die ins Auge gefasste Beschäftigung in einem sachlichen Zusammenhang mit einer berufsspezifischen Anwaltstätigkeit stehen müsse, die durch Kammermitgliedschaft der besonderen berufsrechtlichen Überwachung und Qualitätssicherung unterliege. Es sei daher nach einer Kriterienformel zu suchen, mit deren Hilfe zwischen anwaltsspezifischer und -unspezifischer, anwaltlicher und nichtanwaltlicher Tätigkeit unterschieden werden könne. Dies leiste die sog "Vier-Kriterien-Theorie", die die Friedensgrenze zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung ziehe, sich in langjähriger Verwaltungspraxis bewährt habe und inhaltlich beschreibe, was das Berufsbild des Anwalts iS der §§ 1 bis 3 BRAO ausmache. Selbst die Beklagte wende die "Vier-Kriterien-Formel" an; sie sei weder durch eine zwischenzeitliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen überholt noch sei der "Syndikusanwalt" ein neuer Berufsstand. Wende man die "Vier-Kriterien-Theorie" an, so könnten die Merkmale "Rechtsgestaltung" und "Rechtsentscheidung" vorliegend nicht verneint werden. Denn Unternehmensentscheidungen treffe immer nur der Unternehmer und nicht sein Anwalt. Soweit das LSG eine rechtsgestaltende Tätigkeit unter Hinweis auf die "arbeitsorganisatorische Hierarchie" verneine, in die der Kläger eingebunden gewesen sei, verkenne es, dass dies bei allen abhängig Beschäftigten der Fall sei und deshalb als Differenzierungskriterium ausscheide.

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Die Beigeladene zu 2. ist im Revisionsverfahren nicht vertreten gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das LSG auf die Berufung der Beklagten den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 30.5.2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Kläger hat für den streitigen Zeitraum ab dem 5.7.2010 bis zum 4.10.2011 gegen die Beklagte kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund seiner Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 2.

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1. Allerdings hat der Kläger die von ihm geltend gemachten Verfahrensfehler nicht ausreichend begründet (vgl § 164 Abs 2 SGG). Gemäß § 164 Abs 2 S 3 SGG müssen bei Verfahrensrügen die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Die maßgeblichen Vorgänge müssen so genau angegeben sein, dass das Revisionsgericht sie, die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt, ohne weitere Ermittlungen beurteilen kann (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 15; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 12 mwN).

16

a) Bei einer behaupteten Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) ist darzulegen, warum sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen und ggf zu welchen (Leitherer aaO RdNr 12a). Das erfordert neben der Benennung des nach Auffassung des Revisionsführers ungenutzt gebliebenen Beweismittels die konkrete Darlegung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, in deren Licht der Beweisgegenstand rechtliche Bedeutung erlangt hätte und regelmäßig die Angabe, zu welchem Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme geführt hätte. Der Kläger versäumt es bereits darzulegen, warum sich das LSG im Hinblick auf das angebliche Erfordernis der "Qualifikation als Volljurist" zu weiterer Sachaufklärung gedrängt fühlen musste, obwohl die Revisionsbegründung selbst einräumt, dass diese Frage nach der insoweit allein maßgeblichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts "im Ergebnis dahinstehen könne" bzw "es hierauf ohnehin nicht ankomme". Dasselbe gilt, soweit der Kläger in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Verletzung von § 157 SGG und der Sache nach einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme(§ 117 iVm § 153 Abs 1 SGG) rügt, weil das LSG die Glaubwürdigkeit des Zeugen K. und die Glaubhaftigkeit seiner Aussage anders als das SG bewerte, ohne die Zeugenvernehmung im Berufungsverfahren wiederholt zu haben. Soweit die Revisionsbegründung schließlich geltend macht, das LSG scheine "im Hinblick auf die tatsächliche Tätigkeit des Klägers … einer Fehlvorstellung zu unterliegen", benennt sie bereits kein Beweismittel, das insofern ungenutzt geblieben sein könnte und die vermeintlichen Fehlvorstellungen des Berufungsgerichts im Sinne des Klagevorbringens hätte korrigieren können.

17

b) Im Kern greift die Revision - ohne § 128 Abs 1 S 1 SGG ausdrücklich zu benennen - die "Beweiswürdigung" des LSG an. Eine zulässige Verfahrensrüge hat der Kläger auch insoweit nicht erhoben. Das Tatsachengericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; es ist in seiner Beweiswürdigung frei und lediglich an die Regeln der Logik und der Erfahrung gebunden. § 128 Abs 1 S 1 SGG ist erst verletzt, wenn die Beweiswürdigung gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstößt. Von einem Verstoß gegen Denkgesetze kann nur gesprochen werden, wenn der festgestellte Sachverhalt nur eine Folgerung erlaubt, jede andere nicht denkbar ist und das Gericht gerade die einzig denkbare Schlussfolgerung nicht gezogen hat. Gegen allgemeine Erfahrungssätze verstößt das Gericht, wenn es einen bestehenden Erfahrungssatz nicht berücksichtigt oder einen tatsächlich nicht existierenden Erfahrungssatz anwendet (BSGE 94, 133 RdNr 18 = SozR 4-3200 § 81 Nr 2). Das Vorliegen derartiger Verstöße gegen die Grundsätze der freien richterlichen Beweiswürdigung muss im Einzelnen von dem Beteiligten dargelegt werden, der sich darauf beruft. Der Kläger hat indes mit seinem Revisionsvorbringen weder ein Denkgesetz noch einen Erfahrungssatz bezeichnet, gegen den das Gericht verstoßen haben soll, noch nennt er eine nicht ausreichende Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 128 Abs 1 S 1 SGG). Er setzt lediglich seine Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des LSG bzw hält die eigene Beweiswürdigung gegenüber der vom LSG vorgenommenen für vorzugswürdig. Dies reicht für eine formgerechte Rüge der Verletzung des Rechts der freien richterlichen Beweiswürdigung nicht aus (Senatsbeschluss vom 11.9.2012 - B 5 RS 4/11 R - BeckRS 2012, 74406; BSG Urteil vom 7.12.2004 - B 1 KR 10/03 R - Juris RdNr 18; BSG SozR 4-2700 § 63 Nr 3 RdNr 24). Soweit der Kläger nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist am 4.4.2013 mit Schriftsatz vom 21.3.2014 einen Erfahrungssatz herausgearbeitet hat, konnte dieser nachgeschobene Vortrag aufgrund des Fristablaufs nicht mehr berücksichtigt werden.

18

2. Materiell-rechtlich einschlägig ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der Neufassung von Art 1 Nr 3 Buchst a des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB6uaÄndG) vom 15.12.1995 (BGBl I 1824), der am 1.1.1996 in Kraft getreten und durch Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) ab dem 1.1.2005 (Art 86 Abs 1 aaO) geringfügig modifiziert worden ist. Danach werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn

        

a)    

am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,

        

b)    

für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und

        

c)    

aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

19

3. Der Kläger war im streitbefangenen Zeitraum abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) nach den unangefochtenen und damit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vorliegen. Hiernach erbrachte der Kläger bei der Beigeladenen zu 2. als angestellter Jurist nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff BGB). Ob er aufgrund seiner entgeltlichen Beschäftigung auch (renten-)versicherungspflichtig war (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 Alt 1 SGB VI), kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, weil insbesondere Feststellungen des Berufungsgerichts zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 8 Abs 1 SGB IV) fehlen.

20

Dessen ungeachtet war eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachaufklärung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG) nicht geboten. Für das Ergebnis des Verfahrens ist unerheblich, ob die begehrte Befreiung bereits deshalb zu versagen ist, weil der Kläger möglicherweise nicht versicherungspflichtig war und es damit schon am notwendigen Interesse für die Stellung eines zulässigen Befreiungsantrags fehlte. Die Feststellungen des Berufungsgerichts genügen jedenfalls zur abschließenden Entscheidung über das Fehlen sonstiger notwendiger Tatbestandsvoraussetzungen des Befreiungsrechts.

21

4. Der Kläger war nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts vom 5.7.2010 bis zum 4.10.2011 durch die RAK K. zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Noch hinreichend deutlich ist damit vor dem Hintergrund von § 12 Abs 1, § 34 BRAO gleichzeitig festgestellt, dass am 5.7.2010 der entsprechende (begünstigende) Verwaltungsakt (§ 35 S 1 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO), verkörpert in einer von der RAK ausgestellten Urkunde, durch Aushändigung wirksam geworden ist (§ 12 Abs 1 BRAO). Gemäß § 12 Abs 3 BRAO wurde der Kläger damit kraft gesetzlicher Verpflichtung (eo ipso) obligatorisches Pflichtmitglied der zulassenden RAK K. (§ 60 Abs 1 S 2 BRAO). Fehler im Zulassungsverfahren oder etwaige Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten lassen diese Pflichtmitgliedschaft unberührt. Der ua für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Handlungsform vorgeschriebene Verwaltungsakt (vgl BGH - Senat für Anwaltssachen - Beschluss vom 15.10.2012 - AnwZ (BrfG) 45/12 - NJW-RR 2013, 303, 304 RdNr 7) bleibt nach den damit einschlägigen allgemeinen Vorschriften des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 35 ff VwVfG) wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs 2 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO). Das LSG hat festgestellt, dass der Zulassungsverwaltungsakt am 4.10.2011 widerrufen worden ist. Die rechtsgestaltenden Wirkungen des Zulassungsverwaltungsakts und seines Widerrufs sind damit auch von den mit der Durchführung der Sozialversicherung betrauten Behörden und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in der Weise zu beachten, dass die dort getroffenen Regelungen auch ihnen gegenüber als verbindlich anzusehen sind (sog Tatbestandswirkung).

22

5. Das LSG hat zudem festgestellt, dass der Kläger zugleich "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung)" geworden ist. Die Beigeladene zu 1. ist als Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Mit der Zulassung durch die RAK wurde der Kläger, der damals das 45. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, auf der Grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des nichtrevisiblen Landesrechts in § 5 Abs 2 des Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg(Rechtsanwaltsversorgungsgesetz - RAVG) vom 10.12.1984 iVm § 10 Abs 1 S 1, § 5 Abs 2 der Satzung der Beigeladenen zu 1. ipso iure (ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsakts) zeitgleich obligatorisches Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 1. und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der RAK K.

23

6. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gibt indessen versicherungspflichtig Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erfolgt allerdings weder im Blick auf eine "Beschäftigung" noch auf einen bestimmten Kreis anwaltlicher Betätigungen. Vielmehr ist mit der statusbegründenden Zulassung stets der volle Umfang anwaltlicher Berufsausübung eröffnet, der damit auch zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird nämlich unter den tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere der §§ 4 ff BRAO unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche Beschränkung für alle Betätigungen erteilt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege(§ 1 BRAO) und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs 1 BRAO) verbunden sind. Im Blick hierauf könnten bei einem strikt Wortlaut getreuen Normverständnis die tatbestandlichen Befreiungsvoraussetzungen bei Rechtsanwälten zumindest grundsätzlich nicht erfüllt werden, worauf auch das LSG hinweist. Die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI erlaubt und fordert deshalb zwingend ein den Gegebenheiten des anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung ("… für die Beschäftigung, wegen der …"), wenn und soweit es gerade in diesem Kontext Anwendung findet. Diese auch in der Literatur erörterten Schwierigkeiten schließen indessen die Anwendbarkeit nicht grundsätzlich aus. Im vorliegenden Zusammenhang kann unter "derselben Beschäftigung" iS der Norm die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" verstanden werden.

24

§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI betrifft die Koexistenz von jeweils aufgrund öffentlich-rechtlichen Zwangs angeordneten Versorgungen für die Fälle von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod(sog "doppelte Pflichtmitgliedschaft", Prossliner, NZA 2013, 1384, 1389). Er überlässt es dem hiernach gesetzlich Ermächtigten, es nach jeweils eigener Willensentscheidung entweder durch Untätigkeit bei der Parallelität als gesetzlich stillschweigend angelegtem Regelfall zu belassen oder unter den gesetzlich im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen durch einen hierauf gerichteten materiell-rechtlichen Antrag (§ 6 Abs 2 SGB VI) sein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Verbleib in der berufsständischen Versorgungseinrichtung geltend zu machen. Mit einem Gebrauchmachen von der gesetzlich eröffneten positiven Gestaltungsmöglichkeit kann im Ergebnis eine Doppelbelastung mit Beiträgen und eine mehrfache Absicherung vergleichbarer Risiken vermieden werden. Das Verständnis von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI hat sich an dieser systemübergreifenden Koordinierungsfunktion zu orientieren und darf daher nicht bereits die Schnittmenge beider Bereiche allein nach Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung ("Beschäftigung") bestimmen, die für die Zugehörigkeit zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich ohne Bedeutung sind.

25

Maßgeblich für die Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist grundsätzlich nämlich weder die inhaltliche Beschränkung auf einzelne Verrichtungen innerhalb eines Berufsbildes noch die Form von deren Erbringung in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, sondern der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der "Beschäftigung", die § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst.

26

7. Der Kläger erfüllt indessen auch die Voraussetzungen der in dieser Weise modifiziert verstandenen Norm nicht. Seine Erwerbstätigkeit bei der Beigeladenen zu 2. kann dem Berufsfeld der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. Denn die anwaltliche Berufsausübung ist in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Umgekehrt bedarf es mangels Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber einem Arbeitgeber keiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 2 Abs 1, § 3 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - RDG). Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit ist damit für seine Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 1. und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung ohne Bedeutung, sodass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fehlt und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrigt. Der erkennende Senat kann dies ungeachtet der Tatbestandswirkung der Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nach dem einschlägigen Bundesrecht selbst abschließend beurteilen. Entsprechende statusbegründende Verwaltungsakte umfassen ihrem Regelungsgehalt nach nicht die Zuordnung einzelner Tätigkeiten und sind insofern im konkreten Zusammenhang notwendig der eigenständigen Auslegung und Anwendung bedürftig.

27

Die angegriffenen Verwaltungsakte sind bereits deshalb rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Auf das Fehlen von Feststellungen des LSG zu den Voraussetzungen von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI und auf die rechtliche Bedeutung der dort als Voraussetzung einer Entscheidung der Beklagten über die Befreiung geforderten Bestätigung des "Vorliegens der Voraussetzungen" kommt es unter diesen Umständen vorliegend nicht an(vgl hierzu BSG vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 36).

28

Die scheinbare Unvereinbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit "kammerrechtlichen Normen" erlaubt es nicht, seinen Wortlaut weitergehend hintanzustellen. Eines systemübergreifenden Verständnisses der Vorschrift bedarf es allein, wenn und soweit das Gesetz notwendig einen identischen Ausgangssachverhalt ("dieselbe Beschäftigung" im Sinne einer potenziell doppelrelevanten Erwerbstätigkeit) erfordert. Kommt es dagegen auf die Voraussetzungen der sich aus dieser Erwerbstätigkeit ergebenden Versicherungspflicht nach dem spezifischen Binnenrecht der jeweiligen Sicherungsform an, beruht die Anwendbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht etwa auf der Erfüllung eines einzigen, sondern auf dem kumulativen Vorliegen mehrerer einschlägiger und gesondert zu prüfender Tatbestände. Aus der Sicht der gesetzlichen Rentenversicherung kann daher ua nicht darauf verzichtet werden, dass die konkret in Frage stehende Erwerbstätigkeit gerade in der äußeren Form einer Beschäftigung (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) ausgeübt werden kann und andererseits gleichzeitig zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Eine lediglich inhaltliche Überschneidung der in den zu koordinierenden Systemen erfassten Erwerbstätigkeit genügt daher nicht. Sie ist zwar stets notwendig, doch ist sie ggf rechtlich - wie in Fällen der vorliegenden Art - nicht hinreichend. Andernfalls würde im Wege der "Auslegung" das funktionell unverzichtbare Erfordernis der Doppelrelevanz einer Erwerbstätigkeit aufgegeben und damit der tatbestandliche Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI überhaupt verlassen. Prüfungstechnisch erübrigt sich jedes Eingehen auf inhaltliche Aspekte einer in Frage stehenden Erwerbstätigkeit, wenn bereits aufgrund ihrer äußeren Form ausscheidet, dass sie mehrfach Versicherungspflicht begründen könnte.

29

Der Senat legt - anders als das LSG - seiner Beurteilung der sozialrechtlichen (Vor-)Frage, ob eine Erwerbstätigkeit dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im Rahmen einer Beschäftigung einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber geschuldet ist, die ständige übereinstimmende Rechtsprechung des für das Berufsrecht der Rechtsanwälte zuständigen BGH, des BVerfG und des EuGH zugrunde. Er sieht auch nach eigener Prüfung keinen Rechtsgrund, hiervon abzuweichen, was grundsätzlich ohnehin erst nach Vorlage an den EuGH (Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV), das BVerfG (Art 100 Abs 1 GG) und/oder durch Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes - RsprEinhG) möglich gewesen wäre. Es fällt auf, dass sich die Revision des anwaltlich vertretenen und ehemals zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Klägers mit diesem überkommenen und gefestigten Bestand des anwaltlichen Berufsrechts allenfalls am Rande befasst. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Rechtsprechung des BGH, dessen Senat für Anwaltssachen neben dem Präsidenten des BGH sowie zwei Mitgliedern des BGH gerade aus Gründen der berufsspezifischen Sachkunde mit zwei Rechtsanwälten als Beisitzern besetzt ist (§ 106 Abs 2 S 1 BRAO).

30

Ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Umschreibung ist zunächst der rechtliche Sprachgebrauch in der ständigen Rechtsprechung insbesondere des Senats für Anwaltssachen des BGH, dem sich der erkennende Senat auch insofern anschließt, geklärt. Hiernach ist unter einem "Syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber steht. Der "Syndikusanwalt" ist gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (vgl exemplarisch BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71 mit Hinweis auf BT-Drucks III/120 S 77 und Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6).

31

Inhaltlich entnimmt der BGH dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts in "gefestigter Rechtsprechung" und unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien, dass der Syndikus in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig ist. Bereits in der Entscheidung vom 7.11.1960 (AnwZ (B) 4/60 - BGHZ 33, 276, 279 f) heißt es insofern:

        

"Der Syndikusanwalt hat eine Doppelstellung inne: Er ist einerseits Angestellter und andererseits Rechtsanwalt. Soweit es um das Anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine Eigenschaft als Rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese Eigenschaft ändert nichts daran, daß das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Die Bundesrechtsanwaltsordnung vermochte nicht in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen und schreibt auch für nach ihrem Erlaß abgeschlossene Verträge keinen neuen Arbeitsvertragstypus vor, der den Syndikusanwalt und seinen Dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. Wenn man, wie das die Bundesrechtsanwaltsordnung getan hat, die Institution des Syndikusanwalts bejaht, muß man auch dem gerecht werden, daß der Syndikusanwalt zwei Arbeitsbereiche hat, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Die Amtliche Begründung (zu § 59 S. 77) sagt ganz mit Recht: `Der Syndikusanwalt entspricht bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild, wie es in der Vorstellung der Allgemeinheit besteht. In das Berufsbild des Anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege geformt hat, läßt sich nur die Tätigkeit einfügen, die der Syndikus als Anwalt außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt. Dagegen sind bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben´."

32

Hieran wird im Rahmen einer kontinuierlichen Verweisungskette bis heute festgehalten (vgl exemplarisch BGH Beschluss vom 25.4.1988 - AnwZ (B) 2/88 - BRAK-Mitt 1988, 271 f; Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71; Beschluss vom 13.3.2000 - AnwZ (B) 25/99 - NJW 2000, 1645; Beschluss vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17, insofern in BGHZ 183, 73 ff nicht abgedruckt; Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6; ebenso BAG Beschluss vom 19.3.1996 - 2 AZB 36/95 - BAGE 82, 239, 241). Im genannten Beschluss vom 7.2.2011 formuliert der BGH - unter ausdrücklicher Erweiterung dieser Rechtsprechung auf das Berufsbild des europäischen Rechtsanwalts (§ 2 Abs 1 EuRAG) - aktuell wie folgt:

        

"Nach gefestigter Rechtsprechung zu dem Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig (BVerfGE 87, 287; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377 Rn. 17). Die mit dem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen Bindungen und Abhängigkeiten stehen nicht im Einklang mit dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigem Berater und Vertreter aller Rechtsuchenden. …"

33

In Übereinstimmung hiermit zitiert das BVerfG (Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 294 f) aus der BT-Drucks III/120, S 56 f:

        

"Bei der Prüfung im Einzelfall wird der Maßstab anzulegen sein, der sich aus dem allgemeinen Berufsbild des Rechtsanwalts ergibt. Der Rechtsanwalt muß als solcher in der Beratung und Vertretung unabhängig und objektiv sein. Will der Bewerber z.B. eine Tätigkeit beibehalten, die seine ganze Arbeitskraft in Anspruch nimmt und in der er streng an fremde Weisungen gebunden ist, so bleibt für eine Ausübung des Berufes als Anwalt, an den sich jeder Rechtsuchende wenden könnte, kein Raum mehr. Die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt würde in einem solchem Fall zu einem inhaltsleeren Titel werden. - Unter ähnlichen Gesichtspunkten lassen sich die Grenzen für den sogen. Syndikusanwalt bestimmen, der in einem Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht. Zwar wird ein Bewerber, der Syndikus und Rechtsanwalt zugleich sein will, in seiner Eigenschaft als S y n d i k u s eine juristische Tätigkeit ausüben, wenn er seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand gewährt; diese Tätigkeit kann, rein fachlich betrachtet, der beratenden Tätigkeit eines Rechtsanwalts durchaus entsprechen; seine Stellung als Syndikus mag auch so bedeutend sein, daß er seinem Arbeitgeber gegenüber selbständig und eigenverantwortlich zu handeln vermag. Jedoch würde eine ausschließliche Tätigkeit für ein Unternehmen nicht dem Bild entsprechen, das bei dem Beruf des Rechtsanwalts, von der Allgemeinheit der Rechtsuchenden her gesehen, in seiner Stellung innerhalb der Rechtspflege gegeben sein muß. Das Berufsbild des Rechtsanwalts kann nur dann vorhanden sein, wenn der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben seiner Tätigkeit in dem Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so wäre einem Bewerber die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen. … "

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Damit ist insbesondere geklärt, dass ungeachtet im Einzelfall arbeitsrechtlich eröffneter Möglichkeiten, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die Eingliederung in die von diesem vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar ist. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts kann sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt ist Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus ist, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätigt. Beide Tätigkeiten sind grundsätzlich getrennt zu betrachten (vgl BGH Beschluss vom 22.3.1999 - PatAnwZ 10/98 - EBE/BGH 1999, 150 f, zum Erfordernis einer mindestens halbjährigen Tätigkeit "bei einem Patentanwalt", das nur dann erfüllt ist, wenn der Antragsteller auf dem Gebiet eines Patentanwalts tätig geworden ist und nicht lediglich im Rahmen eines "Beschäftigungsverhältnisses in einem Unternehmen" bei einem dort ebenfalls angestellten Syndikusanwalt). Soweit der BGH hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erwerb von Fachanwaltsbezeichnungen in begrenztem Umfang Ausnahmen zulässt (vgl BGH Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 mwN insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt; vgl zur Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens der Fachgerichte, wenn sie Nachweise des Bewerbers über die in seiner Eigenschaft als Syndikusanwalt betreuten Fälle als nicht ausreichend bewerten, BVerfG Beschluss vom 20.3.2007 - 1 BvR 142/07 - NJW 2007, 1945), ist dies für den vorliegenden Zusammenhang erkennbar ohne Bedeutung; im Übrigen sieht der BGH hierdurch seine sonstige Rechtsprechung ausdrücklich als nicht betroffen an.

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Die Rechtsprechung des BGH wird durch die Materialien zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (BT-Drucks 12/4993) bestätigt. Der Rechtsausschuss (6. Ausschuss) vermerkt in der Drucks 12/7656 (Beschlussempfehlung und Bericht) auf S 49 zu Nummer 18a (§ 46 BRAO):

        

"… Nicht aufgegriffen hat der Ausschuß den in der Anhörung am 1. Dezember 1993 von Vertretern der Syndikusanwälte im Deutschen Anwaltverein vorgebrachten Vorschlag, durch eine Änderung des § 46 BRAO dem Syndikusanwalt einzuräumen, daß er auch im Angestelltenverhältnis als Anwalt tätig wird.

        

Eine solche Änderung hätte zur Folge gehabt, daß der Syndikusanwalt, der jetzt im Nebenberuf Rechtsanwalt ist und im Hauptberuf als Angestellter seinen Arbeitgeber in rechtlichen Angelegenheiten berät, auch in seiner Eigenschaft als rechtlicher Berater seines Arbeitgebers Rechtsanwalt mit allen Rechten und Pflichten ist. Der Ausschuß ist in seinen Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, daß das in den §§ 1 bis 3 BRAO normierte Berufsbild des Rechtsanwalts, wie es sich auch in der Allgemeinheit von ihm als unabhängigem Organ der Rechtspflege gebildet hat, mit der Tätigkeit unvereinbar ist, wenn der Syndikus im Rahmen seines Dienstverhältnisses als Anwalt auftritt. Bei der Tätigkeit, die der Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, sind dann, wenn der Syndikus persönlich mit der Materie des Einzelfalls befaßt gewesen ist, die durch das Gesetz der freien Advokatur gekennzeichneten typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Rechtsanwalts bestimmen, nicht gegeben. Seine freie und unreglementierte Selbstbestimmung wäre im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, in dem er grundsätzlich dem Prinzip der Über- und Unterordnung unterliegt, nicht gewährleistet. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 1992 zum anwaltlichen Zweitberuf (1 BvR 79/85 u. a.) spricht zwar einerseits für eine weitgehende Öffnung zum Zweitberuf, wenn durch Berufsausübungsregelungen die Gefahr von Interessenkollisionen vermieden wird. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang aber auch erneut die Gemeinschaftsgüter der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Rechtspflegeorgan und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege anerkannt. Beides steht nach der einhelligen Auffassung des Ausschusses einer Änderung des § 46 BRAO in dem gewünschten Sinn entgegen."

36

Ebenso hat schließlich der EuGH (Urteil vom 14.9.2010 - C-550/07 P - NJW 2010, 3557) entschieden, dass die Kommunikation zwischen Mandant und Rechtsanwalt einer gemeinsamen Tradition der Mitgliedsstaaten entsprechend nur für Schriftwechsel gilt, der von "unabhängigen Rechtsanwälten" ausgeht, dh von Anwälten, die nicht durch einen Dienstvertrag an den Mandanten gebunden sind.

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8. Die gegen dieses Ergebnis vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

38

a) Ungeachtet möglicher inhaltlicher Übereinstimmungen kommt für das Deckungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht, abhängige Beschäftigung und eine daneben ausgeübte selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt iS einer einheitlichen Betrachtung "zusammenzuziehen". Die isolierte Fragestellung, ob eine anwaltliche Tätigkeit in Gestalt einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und damit grundsätzlich eine Befreiungsmöglichkeit eröffnet ist, würde damit gerade verlassen. Die beiden (einzigen) Formen der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die selbständige Tätigkeit und die abhängige Beschäftigung, schließen sich im Übrigen wechselseitig aus. Wo - wie vorliegend - die Befreiung von der Versicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung in Frage steht, können Gesichtspunkte der selbständigen Erwerbstätigkeit keine Rolle spielen. Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung des BSG im Rentenversicherungsrecht, dass, wenn nebeneinander verschiedene rentenversicherungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte vorliegen, das Bestehen von Versicherungspflicht (oder Versicherungsfreiheit bzw Versicherungsbefreiung) hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt hat, jeder Sachverhalt mithin, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbständig zu beurteilen ist und es deshalb zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen und mehrfacher Beitragspflicht kommen kann (vgl BSG Urteile vom 4.11.2009 - B 12 R 7/08 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 19 mit Hinweis auf die Rechtslage bereits vor Inkrafttreten des SGB VI, vom 13.9.1979 - 12 RK 26/77 - BSGE 49, 38, 39 f = SozR 2200 § 1227 Nr 29 S 67, 68 f, mwN und vom 2.6.1982 - 12 RK 66/80 - SozR 5800 § 2 Nr 3; s auch - hieran anknüpfend - die Begründung zum Entwurf eines Rentenreformgesetzes 1992, BT-Drucks 11/4124 S 148).

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b) Rechtlich ist auch unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich "Elemente" der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweist. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fordert - wie dargelegt - nach Normwortlaut und Funktion stets zusätzlich, dass die Tätigkeit, die zur Versicherungspflicht bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, gleichzeitig in der Form der Beschäftigung ausgeübt wird und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ist dies - wie vorliegend für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einem nicht dem Standesrecht unterworfenen Arbeitgeber - von vornherein ausgeschlossen, sind mögliche Sachbezüge der ausgeübten Erwerbstätigkeit zum Berufsbild des Rechtsanwalts ohne rechtliche Bedeutung. Ihr Vorliegen könnte nicht mehr zu einem Lebenssachverhalt führen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in vollem Umfang erfüllt.

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Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein innerer (sachlicher) Zusammenhang der behaupteten Art "theorie-"gestützt begründet wird. Was für den inneren Zusammenhang als solchen gilt, betrifft notwendig auch alle zum Beleg seines Vorliegens benannten Einzelkriterien und "Kriterienformeln", damit auch die sog Vier-Kriterien-Theorie ("rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend") und jedes ihrer Elemente. Erst recht fehlt es an jeder Rechtsgrundlage, die "Vier-Kriterien-Theorie" an Stelle des gesetzlichen Tatbestands der Rechtsanwendung zugrunde zu legen und damit die Rechtsfolge des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit der vorliegend in Frage stehenden Fallgruppe zu verbinden, für die sie der hierzu einzig berufene Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen hat. Unterschiedliche Absicherungen in unterschiedlichen Systemen sind Konsequenz des Umstandes, dass synchron und diachron eine Vielzahl von Erwerbstätigkeiten betrieben werden kann, und deren hieran anknüpfende Absicherung nicht ihrerseits im Sinne eines einheitlichen Gesamtkonzepts durch zwingendes Recht koordiniert ist. Es gibt deshalb auch keinen Rechtssatz des Inhalts, dass stets nur die Zugehörigkeit zu einem einzigen Sicherungssystem in Betracht kommen könnte oder es ungeachtet einer Änderung der hierfür rechtlich maßgeblichen Umstände stets bei der einmal begründeten Zuständigkeit eines Systems zu verbleiben habe. Nur soweit der Gesetzgeber hierfür im Einzelfall Anlass gesehen hat und im Anwendungsbereich der jeweiligen Koordinierungsregelung, kann hiervon ausnahmsweise abgesehen werden. Auch insofern bedarf es schließlich keines näheren Eingehens auf den Theorie-Charakter der "Vier-Kriterien-Theorie" im Sinne der Wissenschaftstheorie bzw einer wissenschaftlich betriebenen Jurisprudenz.

41

c) Die gesetzlich geforderte positive Feststellung, dass dieselbe Erwerbstätigkeit, die die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung begründet hat, wegen ihrer Ausübung in der Form der Beschäftigung zugleich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann nicht durch diejenige ersetzt werden, dass die in der Form der Beschäftigung ausgeübte Erwerbstätigkeit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ursprünglich oder nachträglich entgegensteht. Zwar stellt sich aus der Sicht der allein auf einer arbeitsrechtlichen Nebentätigkeit gründenden Zulassung zur Rechtsanwaltschaft umgekehrt die Frage, ob eine daneben ausgeübte Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf vereinbar ist und daher ihrer Erteilung nicht entgegensteht (§ 7 Nr 8 BRAO)bzw ihren Widerruf nicht fordert (§ 14 Abs 2 Nr 8 BRAO). Indessen ist die hierzu vorliegend umfangreiche - und seit dem Beschluss des BVerfG vom 4.11.1992 (1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287) im Sinne der Liberalisierung nachhaltig geänderte - Rechtsprechung soweit ersichtlich zu keinem Zeitpunkt - selbstwidersprüchlich - auf den Gedanken gekommen, dass eine Unvereinbarkeit schon deshalb nicht vorliegen könnte, weil es sich bei der im Rahmen einer Beschäftigung ausgeübten Tätigkeit um einen genuinen Teil des anwaltlichen Berufsbildes handeln könnte. Die oft zitierte Beschäftigung als Taxi-Fahrer steht der anwaltlichen Berufsausübung nicht entgegen, gehört ihr aber evident nicht zu. Dasselbe gilt insbesondere für den Inhalt solcher Beschäftigungen, die Rechtsberatung gegenüber dritten Personen (vgl BGH Beschlüsse vom 3.3.1986 - AnwZ (B) 1/86 - BGHZ 97, 204, 206 und vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084 und die Nachweise bei BGH Beschluss vom 27.5.1991 - AnwZ (B) 4/91 - NJW 1991, 2289) oder die juristische Sachbearbeitung bei einer Rechtsschutzversicherung (BGH Beschluss vom 21.11.1994 - AnwZ (B) 44/94 - NJW 1995, 1031) zum Inhalt haben. Die Vereinbarkeit von Anwaltsberuf und daneben ausgeübter Tätigkeit ist damit zwar notwendig, weil andernfalls eine Zulassung zur Anwaltschaft nicht erfolgen könnte, zur Begründung der für die Anwendung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI notwendig erforderlichen Doppelrelevanz aber nicht hinreichend. Auch alle sonst von § 7 Nr 8, § 14 Abs 1, Abs 2 Nr 8 BRAO erfassten Tätigkeiten sind gerade solche außerhalb des anwaltlichen Berufsfelds in einem Zweitberuf(vgl exemplarisch BGH vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084).

42

d) Hinweise für eine fehlende Anwendbarkeit von § 46 BRAO auf Fälle der vorliegenden Art fehlen vollständig. Die Vorschrift gehört zu den Berufsausübungsregelungen, die als gegenüber Berufszugangsregelungen (Art 12 Abs 1 GG) der vorstehend erörterten Art weniger schwer wiegender Eingriff das Verhältnis der durch Zulassung eröffneten anwaltlichen Berufstätigkeit zu einer daneben ausgeübten Beschäftigung betreffen. Insofern begründet § 46 BRAO besondere Berufspflichten der Syndikusanwälte und bestätigt im Rückschluss gleichzeitig, dass die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung der Rechtsstellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege selbst dann nicht von vornherein entgegensteht, wenn sie anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen und die Arbeitszeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt(vgl BVerfG Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 297; zur fehlenden Anwendbarkeit von § 46 BRAO bei einem angestellten Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei Mandate bearbeitet, die sein Arbeitgeber oder Dienstherr übernommen hat s im Übrigen BGH Beschluss vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - BGHZ 166, 299 und BGH Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt). Auch insofern geht es jedoch stets um die Abgrenzung verschiedener rechtsberatender und -besorgender Tätigkeiten (vgl BGH Beschluss vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084) und insbesondere um die Unterscheidung zwischen dem weisungsfreien, unabhängigen Rechtsanwalt und dem Syndikusanwalt, der im Rahmen eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und Arbeitskraft zur Verfügung stellen muss (BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69; BGH Beschlüsse vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130 und vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1520 RdNr 27; Anwaltsgerichtshof Hamburg Beschluss vom 3.9.2002 - II ZU 11/01 - BRAK-Mitt 2002, 283).

43

e) Der mit der verbreiteten Bezeichnung "Doppelberufstheorie" bezeichnete rechtliche Umstand gibt unter diesen Umständen der Sache nach die von BGH, BAG, BVerfG und EuGH übereinstimmend gegebene und fortlaufend bestätigte negative Antwort auf die Rechtsfrage wieder, ob der Syndikusanwalt auch in seiner abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwalt anzusehen ist. Soweit mit der Wortwahl eine geringere Verbindlichkeit im Sinne einer interpretativen "Kleintheorie" (vgl zur Klassifikation in Anlehnung an Ralf Dreier Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl, Köln/München 2008, S 163, 165) behauptet werden soll, steht dem "die fundamentale objektive Bedeutung der seit einem Jahrhundert durchgesetzten freien Advokatur" (BVerfG Beschluss vom 8.3.1983 - 1 BvR 1078/80 - BVerfGE 63, 266, 282) und das Gewicht einer über Jahrzehnte fortgeführten einhelligen Auffassung der Rechtsprechung und von deren Bindungswirkung entgegen, die ein formloses Abweichen zugunsten eines anderen gedanklichen Konstrukts zumindest nicht ohne Weiteres erlauben. Weder wird mit einem derartigen Verständnis der BRAO ein "einheitlicher Beruf künstlich aufgespalten" noch existieren nachvollziehbare Hinweise auf eine "Aufweichung" oder "Aufhebung" des mit der Bezeichnung "Doppelberufs- oder Zweitberufstheorie" benannten rechtlichen Sachverhalts.

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f) § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ist als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig. Der Kläger gehört als abhängig Beschäftigter iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung(vgl § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV) und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 SGB VI) Zwangsversicherten. Diese einfachgesetzliche Leitentscheidung wird für den Personenkreis, dem der Kläger zugehört, auch nicht unmittelbar spezialgesetzlich modifiziert oder revoziert. Umstände, die - ihrerseits typisierend - trotz Ausübung einer Beschäftigung der Annahme der Schutzbedürftigkeit entgegenstehen und daher Anlass zu einer Tatbestandsreduktion geben könnten, sind gesetzlich nicht umschrieben. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Tatbestandsreduktion, die Anlass gegeben hätten, von vornherein von der Anordnung der Rechtsfolge Versicherungspflicht abzusehen (zB § 1 S 3 SGB VI) oder trotz Eröffnung des Anwendungsbereichs der Beschäftigtenversicherung ausnahmsweise unmittelbar kraft Gesetzes Versicherungsfreiheit anzuordnen (§ 5 Abs 1 S 1 Nr 1 - Nr 3 SGB VI), sind erkennbar nicht erfüllt. Die vorliegend allein in Frage stehende Regelung des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gehört zu einem Kreis von Bestimmungen, die den betroffenen Pflichtversicherten unter den im Gesetz jeweils im Einzelnen umschriebenen Voraussetzungen nach eigenem "Entschließungsermessen" einen Anspruch auf eine konstitutive Befreiung von der Rentenversicherungspflicht durch einen gebundenen Verwaltungsakt des Rentenversicherungsträgers mit grundsätzlich auf die in Frage stehende Beschäftigung begrenzter Wirkung(§ 6 Abs 5 SGB VI) gewähren, um nachfolgend allein im berufsständischen Versorgungswerk mit günstigeren Bedingungen zu verbleiben. Eine vollständige Entlassung aus der öffentlichen Sozialversicherung ist dagegen nicht möglich (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16).

45

Nur ausnahmsweise gewinnen daher die von beiden Systemen Erfassten ihre Vorsorgefreiheit (Art 2 Abs 1 GG) durch Befreiungsregelungen begrenzt zurück. Bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI handelt es sich dem Konzept der abgestuften Schutzbedürftigkeit folgend bereits innerhalb der Beschäftigtenversicherung um eine abschließende Ausnahmeregelung, die einer erweiternden oder entsprechenden Anwendung nicht zugänglich ist(vgl BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 9733). Sein Ausnahmecharakter wird zudem dadurch weiter bestätigt, dass er auch innerhalb seines Anwendungsbereichs ein Befreiungsrecht keineswegs für alle Fälle der Doppelzugehörigkeit vorsieht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht etwa deshalb, weil es sich bei ihm um eine "Kollisionsnorm" handele, deren Aufgabe darin liege, zugunsten der berufsständischen Versorgungseinrichtungen die Anwendbarkeit jeweils nur einer (einzigen) Rechtsmasse sicherzustellen.

46

Kollisionsnormen betreffen die Frage, welches Recht als sog Sachnorm zur Anwendung kommt, wenn der Regelungsgegenstand gleichzeitig von mehreren Rechtsmassen erfasst ist. Sie bestimmen entweder beschränkt auf die Binnensicht nur einer Menge von Rechtssätzen, ob diese Anwendbarkeit beanspruchen, obwohl gleichzeitig andere Normbestände als einschlägig in Betracht kommen (einseitige Kollisionsnorm) oder legen für die Gesamtheit der einschlägigen Rechtsmassen umfassend fest, nach welcher von ihnen sich die rechtliche Beurteilung des Regelungsgegenstandes richtet (mehrseitige Kollisionsnorm). Nur soweit umfassend für alle Fälle des Zusammentreffens einschlägiger Rechtssätze die Anwendbarkeit wenigstens einer der in Frage stehenden Rechtsmassen abschließend abstrakt-generell bestimmt wird, kann ohne Weiteres von einer Kollisionsnorm in diesem Sinne gesprochen werden. Im Blick hierauf handelt es sich bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI im umfassenden Sinne um eine Koordinationsregelung und allenfalls in einem sehr beschränkten Sinne um den Sonderfall einer Koordinierung von Systemen durch eine Kollisionsnorm mit Ausschlusswirkung zugunsten der berufsständischen Versorgung. Beides schließt sich nicht aus. Nur wenn nämlich kumulativ alle objektiven Elemente des umfangreichen mehrgliedrigen Tatbestandes erfüllt sind, insbesondere allen Anforderungen an die Art der berufsständischen Versorgungseinrichtungen, an die Gleichartigkeit der Beitragserhebung sowie an die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes genügt ist, und die hiernach Berechtigten positiv von dem ihnen eingeräumten "Entschließungsermessen" Gebrauch gemacht haben, kommt es (mittelbar) zum Ausschluss der Rentenversicherungspflicht. Das Gesetz beschränkt sich insofern typisierend auf Fallkonstellationen, bei denen insbesondere gleichermaßen das Bestandsinteresse und die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung wie der Gesichtspunkt der Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes der Betroffenen durch die berufsständische Versorgungseinrichtung berücksichtigt und gegeneinander abgewogen sind. Handelt es sich demgegenüber um Sachverhalte außerhalb des objektiven Anwendungsbereichs oder betätigt ein Berechtigter sein "Entschließungsermessen" nicht, fehlt es vollständig an einer kollisionsrechtlichen Rechtsfolgenanordnung und belässt es das Gesetz mit der Folge der Doppelversicherung bei der parallelen Anwendbarkeit der jeweils einschlägigen Rechtssätze. Keineswegs besteht damit nach dem zugrunde liegenden Regelungskonzept für jeden Kollisionsfall auch Bedarf nach einer eindeutigen (Nicht-)Anwendungsregelung und damit ggf einem weiten Verständnis des gesetzlichen Tatbestands.

47

g) Darüber hinaus ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI weder bevorzugt dazu bestimmt, den Interessen von Freiberuflern zu dienen, noch bezweckt er in besonderer Weise den Bestandsschutz berufsständischer Versorgungswerke. Im Rahmen seines positiven Anwendungsbereichs bestimmt § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI aus der Binnenperspektive der gesetzlichen Rentenversicherung einseitig, ob es bei der normativen Anordnung von Versicherungspflicht aus § 1 S 1 Nr 1 SGB VI verbleibt oder ob hiervon ausnahmsweise wegen einer aus ihrer Sicht ausreichenden anderweitigen Absicherung abgesehen werden kann(vgl BT-Drucks 13/2590, S 18; Fichte in: Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 22; Horn/Jung, AnwBl 2013, 420, 421; Horn, NJW 2012, 966, 971; Gürtner in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 6 RdNr 4; Kilger/Prossliner, NJW 2004, 821, 823; Offermann-Burckart, MDR 2013, 1197; Rid, BB-Special 3/2008, 10, 14). Er kann schon deshalb keine "magna charta" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen repräsentieren, die allenfalls im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen sind.

48

Die Entstehungsgeschichte bestätigt dieses Ergebnis. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI hatte bis zum 31.12.1995 folgenden Wortlaut:

"(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

        

1.    

Angestellte und selbständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepaßt werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist, …"

49

Soweit die Materialien zum Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) in ihrem "Allgemeinen Teil" metaphorisch von einer "Friedensgrenze" (BT-Drucks 13/2590 S 1) unter "Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Systeme" (BT-Drucks 13/2590 S 18) sprechen, geschieht dies allein im Kontext der beabsichtigten Verschärfung der rentenversicherungsrechtlichen Befreiungsregelung und zur Vermeidung der befürchteten Erosion der gesetzlichen Rentenversicherung. Belange der Versorgungsträger finden demgegenüber nur insofern Erwähnung, als mit der vorgesehenen Beschränkung des Befreiungsrechts "im Ergebnis die seit langem akzeptierte Abgrenzung zwischen berufsständischer Versorgung und gesetzlicher Rentenversicherung in ihrer bisherigen Ausprägung gefestigt wird." Insbesondere ergibt sich aus den in BT-Drucks 13/2590 niedergelegten Erwägungen nicht andeutungsweise, dass mit der Schaffung der derzeit geltenden Fassung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für bestimmte Personengruppen von der Doppelrelevanz einer im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung als Beschäftigung ausgeübten Erwerbstätigkeit abgesehen bzw die Alterssicherung für eine lediglich parallel hierzu ausgeübte freiberufliche Tätigkeit als eigenständiger Befreiungsgrund ausgestaltet werden sollte. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach neuem (insofern seit 1.1.1996 geltendem) Recht erfolgende Befreiungen für alle erfassten Berufsgruppen in gleicher Weise ausgestaltet. Die "Klarstellung", auf welche Tätigkeit oder Beschäftigung sich das Befreiungsrecht beschränkt (BT-Drucks 13/2590 S 22), erfasst daher die Gesamtheit der Normbetroffenen und damit selbstverständlich auch den vom Kläger repräsentierten Personenkreis. Ob das bis dahin geltende Recht möglicherweise anders verstanden werden konnte und daher die seit dem 1.1.1996 geltende Neufassung über eine bloße Klarstellung hinaus die Setzung neuen Rechts verkörpert, ist für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung (vgl zur Bedeutung einer gesetzgeberischen "Klarstellung" für die Vergangenheit zuletzt BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - DB 2014, 634 = NVwZ 2014, 577).

50

h) Das gefundene Ergebnis verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die einschlägigen Fragen sind durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt. Der Gesetzgeber darf zur Bestimmung der Schutzbedürftigen typisierend an den Sachverhalt der Beschäftigung anknüpfen und in Verbindung hiermit Versicherungszwang anordnen. Hiergegen bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG Beschlüsse vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11 S 27 f und vom 14.10.1970 - 1 BvR 753/68 ua - SozR Nr 8 zu Art 2 GG; vgl im Übrigen die Nachweise bei BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 29). Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verletzt die Betroffenen insbesondere nicht in ihrem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG (vgl BVerfG Beschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00, 1 BvR 11 BvR 1355/03 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 25) und berührt mangels eines unmittelbar berufsregelnden Charakters nicht den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 27). Ein - vom Kläger im Übrigen auch nicht gerügter - Eingriff in sein Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG scheidet schon deshalb aus, weil der Gesetzgeber insbesondere mit der Einführung einer grundsätzlichen Versicherungspflicht für Beschäftigte von seinem weiten Gestaltungsspielraum im Spannungsverhältnis zwischen der individuellen Freiheit und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 28) in verfassungsgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat. Insbesondere verletzen die Pflichtmitgliedschaft und die damit ggf einhergehende Pflicht zur Beitragstragung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich auch bei Höherverdienenden, die anderweitig für ihre Alterssicherung Sorge tragen könnten, nicht Art 2 Abs 1 GG. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit eines Versicherungspflichtigen, sondern lediglich den Tatbestand der Beschäftigung voraussetzt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass diejenigen Personen, die ihre Arbeitskraft in den Dienst anderer stellen, im Allgemeinen auf diese Beschäftigung zur Erlangung ihres Lebensunterhalts angewiesen und daher - auch im Hinblick auf die Alterssicherung - sozial schutzbedürftig sind (vgl BVerfG Beschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 945/95 - SozR 4-2600 § 7 Nr 2 RdNr 13 mwN).

51

Bei der ausnahmsweisen Eröffnung von Befreiungsmöglichkeiten zur Beseitigung eines unmittelbar gesetzlich angeordneten Versicherungszwangs darf der Gesetzgeber, der die Vorsorgefreiheit Beschäftigter aus Art 2 Abs 1 GG verfassungsrechtlich bedenkenfrei begrenzt hat, erst recht die Leistungsfähigkeit der verbleibenden Versichertengemeinschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen und insbesondere dem Anliegen, Versicherte mit typischerweise günstigen Risiken in der gesetzlichen Rentenversicherung zu halten, vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) erhebliche Bedeutung beimessen; insofern kommt es auf die möglicherweise geringe Zahl der Betroffenen nicht an (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16 ff, 19). Die gesetzliche Rentenversicherung kennt unter Berücksichtigung dieser Vorgaben weder ein allgemeines Befreiungsrecht noch im Blick auf die gleichzeitige Absicherung in anderen Systemen einen allgemeinen Grundsatz der Vermeidung von "Doppelversicherungen". Auch gibt es von Verfassung wegen kein Wahlrecht zugunsten der jeweils günstigsten Versorgungsmöglichkeit (vgl insgesamt die Nachweise bei BSG Urteil vom 9.3.2005 - B 12 RA 8/03 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 3 RdNr 6). Umgekehrt ist für das berufsständische Versorgungsrecht geklärt, dass es nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, wenn sich die Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk auch auf in der gesetzlichen Angestelltenversicherung pflichtversicherte Berufsangehörige erstreckt (vgl BVerwG Beschluss vom 23.3.2000 - 1 B 15/00 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr 42 und die dortigen Nachweise).

52

Der verfassungsrechtlich damit unbedenkliche öffentlich-rechtliche Eingriff in die Vorsorgefreiheit der betroffenen Versicherten steht umgekehrt für seinen Anwendungsbereich eigenen individuellen Gestaltungen durch privatrechtlichen Vertragsschluss entgegen. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 73 und die dortigen Nachweise). Das gilt ohne Weiteres auch für die Wahl unter mehreren öffentlich-rechtlich ausgestalteten Sicherungssystemen nach Maßgabe individueller Günstigkeitserwägungen des Beschäftigten bzw der Arbeitsvertragsparteien. Diesen bleibt es im Übrigen zwar grundsätzlich unbenommen, Anknüpfungssachverhalte des Privatrechts, auf die das Gesetz öffentlich-rechtliche Normbefehle tatbestandlich stützt, selbst zu gestalten (vgl exemplarisch BSG Urteil vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 95 ff: Ausgestaltung der Übungsleitertätigkeit wahlweise als Beschäftigung oder als Ausdruck der Mitgliedschaftspflicht). Auch derartige Möglichkeiten der autonomen Gestaltung von Anknüpfungssachverhalten sind indessen versperrt, wo der Gesetzgeber die öffentlich-rechtliche Anordnung von Versicherungspflicht auch tatbestandlich auf zwingendes öffentliches Recht stützt. Soweit er daher in Ausübung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz aus Art 74 Abs 1 Nr 1 GG die "Rechtsanwaltschaft" ausgestaltet hat, ist weder für einzelne Normbetroffene - ggf im Zusammenwirken mit ihren Arbeitgebern - noch für berufsständische Organisationen die Möglichkeit eröffnet, selbst über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu disponieren oder das Berufsrecht "fortzuentwickeln". Mangels privatrechtlicher Gestaltungsmöglichkeit scheidet insofern auch eine mikroökonomische Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der "win-win-Situation" von vornherein aus. Hiervon unabhängig können die Arbeitsvertragsparteien indessen - wenn auch ohne versorgungsrechtliche Auswirkungen - die Grundlagen für eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft neben dem Arbeitsverhältnis schaffen, dem Arbeitnehmer auf diese Weise ein zusätzliches Betätigungsfeld eröffnen und den Arbeitgeber am Sozialprestige der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft teilhaben lassen.

53

i) Auf eine vom Gesetz abweichende rechtswidrige Verwaltungspraxis der Beklagten kann sich der vom Kläger repräsentierte Personenkreis nicht berufen (vgl BVerfG Beschluss vom 17.6.2004 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54). Außerhalb der vorliegend zur Entscheidung stehenden Fälle, bei denen es jeweils um die erstmalige Befreiung für einen bestimmten Zeitraum geht, weist der Senat hinsichtlich der derzeitigen Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung auf Folgendes hin: Sie haben - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidungen, das über den Schutz durch die §§ 44 ff SGB X hinausgehen dürfte. Insbesondere haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (wenn auch ohne gesetzliche Grundlage) die "Vier-Kriterien-Theorie" selbst mit befördert und angewandt. Schon weil damit bei der gebotenen typisierenden Betrachtung Lebensentscheidungen über die persönliche Vorsorge nachhaltig mit beeinflusst wurden, kann einer Änderung der Rechtsauffassung hinsichtlich ergangener Befreiungsentscheidungen grundsätzlich keine Bedeutung zukommen. Demgegenüber ist vorliegend nicht näher darauf einzugehen, dass der 12. Senat des BSG bereits in seiner Sitzung vom 9.3.2005 eine der vorliegenden Entscheidung entsprechende Rechtsauffassung angedeutet hatte. Damals war es in den Verfahren B 12 RA 3/04 R, B 12 RA 4/04 R und B 12 RA 11/04 R (Presse-Vorbericht Nr 12/05 vom 23.2.2005) jeweils um die Frage gegangen, ob die Kläger, die jeweils als Rechtsanwälte in Schleswig-Holstein zugelassen waren und bei unterschiedlichen in Hamburg residierenden Unternehmen beschäftigt waren, für ihre Beschäftigung von der Versicherungspflicht zu befreien waren. Die Revisionen wurden damals in allen drei Verfahren zurückgenommen (vgl Presse-Mitteilung Nr 12/05 vom 10.3.2005).

54

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

                          
        


        

        

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. Februar 2013 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. März 2011 zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte den Kläger für seine Tätigkeit als Vorstandsreferent und Compliance-Beauftragter bei der Beigeladenen zu 2., einem Reiseversicherungsunternehmen, ab dem 1.1.2010 bis zum 30.6.2012 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien muss.

2

Der 1980 geborene Kläger ist seit Februar 2008 Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer (RAK) K. und der Beigeladenen zu 1. Im Oktober 2008 nahm er eine zeitlich befristete Tätigkeit als Volljurist/Mitarbeiter bei der Beigeladenen zu 2. auf (Anstellungsvertrag vom 5.9.2008), für die ihn die Beklagte von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreite (Bescheid vom 25.11.2008, mit Wirkung ab 1.8.2009 aufgehoben durch Bescheid vom 10.12.2010). Ab Juni 2009 wechselte er firmenintern in die Funktion des "Vorstandsreferenten", wofür nach der Stellenausschreibung "ein erfolgreich abgeschlossenes Studium und mehrere Jahre Berufserfahrung" erforderlich waren. Nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden der Beigeladenen zu 2. habe der Kläger jedoch das Zweite Juristische Staatsexamen benötigt, weil er für die Gestaltung und Verhandlung von übergeordneten Unternehmensverträgen verantwortlich gewesen sei. Dies habe die Fähigkeit erfordert, selbständig Verhandlungen zu führen und unabhängig Entscheidungen zu treffen (schriftliche Zeugenaussage vom 28.10.2010). In der Stellenausschreibung hieß es weiter: "Das Aufgabengebiet umfasst die Beratung, Unterstützung und Entlastung des Vorstandsvorsitzenden bei seinen Aufgaben im Konzern, in Verbänden, Gremien und im politischen Umfeld. Sie erstellen Referate, Präsentationen, Publikationen sowie Berichte und Analysen. Zu Ihren weiteren Aufgaben gehört das eigenverantwortliche Vor- und Nachbereiten von Aufsichtsratssitzungen und Besprechungen. Außerdem erledigen Sie die Korrespondenz und unterstützen den Vorstandsvorsitzenden bei der Budgeterstellung." Daneben übernahm der Kläger die Funktion des "Compliance-Beauftragten", die nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden der Beigeladenen zu 2. das Zweite Juristische Staatsexamen voraussetzte, weil die Tätigkeit weit über eine lediglich gutachterliche Stellungnahme oder Beurteilung durch einen Diplom-Juristen hinausgehe. Die Aufgabe des "Compliance-Beauftragten" bestehe ua darin, persönliche Strafbarkeitsrisiken für Mitarbeiter und Organmitglieder sowie Haftungsrisiken für das Unternehmen und den Vorstand zu vermeiden (Schreiben der Beigeladenen zu 2. vom 2.9.2009 und schriftliche Zeugenaussage des Vorstandsvorsitzenden vom 28.10.2010). Ab dem 1.8.2009 wurde der Anstellungsvertrag vom 5.9.2008 entfristet und die monatlichen Bruttobezüge angehoben (Nachtrag vom 9.3.2009 zum Anstellungsvertrag). Seit dem 1.7.2012 ist der Kläger für "International Business Compliance" bei der Beigeladenen zu 2. zuständig.

3

Am 25.5.2009 beantragte der Kläger, ihn weiterhin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Er wies darauf hin, nach wie vor als Volljurist bei der Beigeladenen zu 2. angestellt zu sein und eine rechtsanwaltstypische Tätigkeit auszuüben. Der Schwerpunkt seiner rechtlichen Arbeit liege nunmehr ua bei Vorstandsangelegenheiten. Die Beigeladene zu 2. bestätigte, dass der Kläger mit eigenen Entscheidungskompetenzen ausgestattet und wesentlich an Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen beteiligt sei. Viele Aufgaben könne nur ein Volljurist/Rechtsanwalt umfassend erledigen. Die Ernennung zum Compliance-Beauftragten setze den Abschluss zweier juristischer Staatsexamina voraus; die Zulassung als Rechtsanwalt sei wünschenswert (Schreiben der Beigeladenen zu 2. vom 9.11.2009). Die Beklagte lehnte den Befreiungsantrag ab, weil die Beschäftigung als Vorstandsreferent keine Befähigung zum Richteramt erfordere und die Beschäftigung als Jurist/Compliance-Beauftragter nicht zwingend von einem Rechtsanwalt ausgeübt werden müsse (Bescheid vom 21.10.2009 und Widerspruchsbescheid vom 10.3.2010).

4

Das SG Karlsruhe hat die Klage abgewiesen, ohne die Entscheidung der Beklagten im Bescheid vom 10.12.2010, die Befreiung im Bescheid vom 25.11.2008 aufzuheben, gemäß § 96 SGG in das Klageverfahren einzubeziehen(Urteil vom 23.3.2011). Auf die Berufung des Klägers hat das LSG das erstinstanzliche Urteil vom 23.3.2011 sowie den Bescheid vom 21.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.3.2010 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Kläger für die Zeit vom 1.1.2010 bis zum 30.6.2012 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien (Urteil vom 19.2.2013): Der gegen Entgelt abhängig beschäftige und rentenversicherungspflichtige Kläger sei Pflichtmitglied der RAK und der Beigeladenen zu 1. Diese Pflichtmitgliedschaften bestünden auch "wegen der" Beschäftigung als Vorstandsreferent und Compliance-Beauftragter. Eine kausale Beziehung sei indes nicht erforderlich, weil § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ansonsten - jedenfalls für Rechtsanwälte - weitgehend leer laufe. Die Auffassung, dass bei einer abhängigen Beschäftigung von Juristen mit der Befähigung zum Richteramt bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber (Unternehmensjuristen oder Syndikusanwälte) eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die abhängige versicherungspflichtige Beschäftigung nur dann in Betracht komme, wenn es sich dabei um eine anwaltliche Tätigkeit handele, dh um die Ausübung einer dem Kammerberuf entsprechenden berufsspezifischen Tätigkeit, finde im Gesetz keine Stütze. Auch die sog "Vier-Kriterien-Theorie", wonach Syndikusanwälte nur befreit werden könnten, wenn ihre Tätigkeit die Rechtsberatung, -entscheidung, -gestaltung und -vermittlung umfasse, sei als Abgrenzungsformel ungeeignet. Vielmehr sei ein Befreiungsanspruch bereits dann gegeben, wenn die jeweilige Beschäftigung weder die Versagung oder Rücknahme der Rechtsanwaltszulassung noch ihren Widerruf rechtfertige (§ 7 Nr 8, § 14 Abs 1 und Abs 2 Nr 8 BRAO). Insoweit komme der Zulassungsentscheidung der RAK Tatbestandswirkung gegenüber dem Rentenversicherungsträger (und den Gerichten) zu.

5

Dagegen hat die Beklagte die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts (§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI): Das LSG habe durch seinen personenbezogenen Ansatz weder den Wortlaut der Norm noch die Intention des Gesetzgebers rechtlich zutreffend gewürdigt. Nach dem Berufungsurteil seien alle Tätigkeiten eines Rechtsanwalts, die mit seiner Zulassung vereinbar seien, von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien, und zwar unabhängig davon, ob es sich überhaupt um juristisch-anwaltliche Tätigkeiten handele. Der erstmalige Befreiungsbescheid habe dann faktisch Dauerwirkung, die erst mit der Rücknahme oder dem Widerruf der Rechtsanwaltszulassung ende, sodass die Bescheidung weiterer Befreiungsanträge nutzlose Verwaltungsarbeit sei. Im Ergebnis würden der Solidargemeinschaft - in Abhängigkeit von der Zulassungspraxis der RAK - Rentenversicherungsbeiträge in erheblicher Höhe entzogen. Um dies zu verhindern, müsse der Rentenversicherungsträger den Zusammenhang zwischen der konkret ausgeübten anwaltlichen Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber und den Pflichtmitgliedschaften in RAK und Versorgungswerk positiv feststellen. Dies sei der Fall, wenn die jeweilige Beschäftigung inhaltlich durch Merkmale einer anwaltlichen Tätigkeit gekennzeichnet sei und nur von Personen ausgeübt werden könne, die zum Richteramt befähigt seien. Darüber hinaus müsse die jeweilige Beschäftigung alle Merkmale der "Vier-Kriterien-Theorie" kumulativ erfüllen. Die Stellenausschreibung, auf die sich der Kläger beworben habe, spreche Absolventen der verschiedensten Fachrichtungen an, wobei weder ein juristisches Studium noch die Ablegung der zweiten juristischen Staatsprüfung Einstellungsvoraussetzung gewesen sei. Schon deshalb könne keine anwaltliche Tätigkeit vorliegen. Auch bei der Betätigung als Compliance-Beauftragter stünden rechtliche Fragen nicht im Mittelpunkt.

6

 

Die Beklagte beantragt,
        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. Februar 2013 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. März 2011 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

8

Als Vorstandsreferent und Compliance-Beauftragter habe er eine berufsspezifisch-anwaltliche Tätigkeit im Rahmen seiner Rechtsanwaltszulassung ausgeübt. Zur Vermeidung einer doppelten Beitragspflicht sei er daher gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht zu befreien. Die Doppelberufstheorie des BGH, die die Beklagte erwähne, und die Vier-Kriterien-Theorie, die sie heranziehe, seien rechts- bzw verfassungswidrig.

9

Die Beigeladene zu 1., die keinen Antrag stellt, trägt vor, das Tatbestandsmerkmal "wegen" solle zum Ausdruck bringen, dass die ins Auge gefasste Beschäftigung in einem sachlichen Zusammenhang mit einer berufsspezifischen Anwaltstätigkeit stehen müsse, die durch Kammermitgliedschaft der besonderen berufsrechtlichen Überwachung und Qualitätssicherung unterliege. Es sei daher nach einer Kriterienformel zu suchen, mit deren Hilfe zwischen anwaltsspezifischer und -unspezifischer, anwaltlicher und nichtanwaltlicher Tätigkeit unterschieden werden könne. Dies leiste die sog "Vier-Kriterien-Theorie", die die Friedensgrenze zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung ziehe, sich in langjähriger Verwaltungspraxis bewährt habe und inhaltlich beschreibe, was das Berufsbild des Anwalts iS der §§ 1 bis 3 BRAO ausmache. Selbst die Beklagte wende die "Vier-Kriterien-Formel" an; sie sei weder durch eine zwischenzeitliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen überholt noch sei der "Syndikusanwalt" ein neuer Berufsstand. Ob die Tätigkeit des Klägers als anwaltliche Tätigkeit zu klassifizieren sei, könne nach den bisherigen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen wiesen stark in die Richtung, dass die vier Kriterien für eine Rechtsanwaltstätigkeit erfüllt seien. Am besten sei es jedoch, wenn die RAK - wie es das LSG befürworte - mit Bindungswirkung für das Befreiungsverfahren darüber entscheide, ob das Kammermitglied berufsspezifisch tätig sei.

10

Die Beigeladene zu 2. beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

11

Wie aus ihrer Stellen- und Funktionsbeschreibung sowie der Zeugenaussage ihres Vorstandsvorsitzenden hervorgehe, sei der Kläger bei ihr als Rechtsanwalt tätig, dem sie mit der unwiderruflichen Freistellungserklärung ihr besonderes Vertrauen ausgesprochen habe. Zudem habe sie im Befreiungsverfahren ausdrücklich bestätigt, dass eine anwaltliche Tätigkeit ausgeübt werde, wobei diese Einschätzung gemäß Art 12 GG in ihrem Ermessen stehe. § 6 SGB VI sei keine Ausnahmevorschrift, sondern eine Kollisions- bzw Konfliktlösungsnorm, für die es auf die konkrete berufsspezifische Tätigkeit ankomme, die den jeweiligen Antragsteller kammerpflichtig mache, was anhand der BRAO zu prüfen sei. Diese definiere aber keine Beschäftigung, "wegen der" eine Mitgliedschaft in einer RAK bestehe. Sozialversicherungsrechtlich sei die Doppelberufstheorie ebenso unbeachtlich wie die Frage, ob sich die Berufshaftpflicht auch auf die angestellte Tätigkeit beziehe. Stattdessen habe sich in der Rechtspraxis die "Vier-Kriterien-Theorie" durchgesetzt, wie aus der Liste entsprechender erstinstanzlicher Entscheidungen hervorgehe. Syndikusanwälte seien seit über 125 Jahren integraler Bestandteil der deutschen Anwaltschaft und deshalb keine "neue Berufsgruppe". Der Beklagten sei schließlich entgegenzuhalten, dass sie selbst die Tätigkeiten als Vorstandsreferent und auch im Compliancebereich in aller Regel als befreiungsfähig ansehe.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist begründet.

13

Zu Unrecht hat das LSG auf die Berufung des Klägers das klageabweisende Urteil des SG vom 23.3.2011 sowie den Bescheid vom 21.10.2009 und den Widerspruchsbescheid vom 10.3.2010 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, ihn für seine Tätigkeit als Vorstandsreferent und Compliance-Beauftragter bei der Beigeladenen zu 2. im Zeitraum vom 1.1.2010 bis 30.6.2012 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Das Urteil des Berufungsgerichts vom 19.2.2013 verletzt Bundesrecht (§ 162 SGG). Dem Kläger steht kein Befreiungsrecht zu.

14

Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der Neufassung von Art 1 Nr 3 Buchst a des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB6uaÄndG) vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) in Betracht, der am 1.1.1996 in Kraft getreten und durch Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) ab dem 1.1.2005 (Art 86 Abs 1 aaO) geringfügig modifiziert worden ist. Danach werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn

        

a)    

am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,

        

b)    

für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und

        

c)    

aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

15

1. Der Kläger war im streitbefangenen Zeitraum abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) nach den unangefochtenen und damit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vorliegen. Hiernach erbrachte der Kläger bei der Beigeladenen zu 2. als Vorstandsreferent und Compliance-Beauftragter nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff BGB). Aufgrund der Bruttovergütung iH von monatlich 3681,00 Euro, die deutlich über der Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 8 Abs 1 SGB IV) lag, war er auch (renten-)versicherungspflichtig (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 Alt 1 SGB VI).

16

2. Der Kläger ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab dem 22.2.2008 durch die RAK K. zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Noch hinreichend deutlich ist damit vor dem Hintergrund von § 12 Abs 1, § 34 BRAO gleichzeitig festgestellt, dass am selben Tag der entsprechende (begünstigende) Verwaltungsakt(§ 35 S 1 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO), verkörpert in einer von der RAK ausgestellten Urkunde, durch Aushändigung wirksam geworden ist (§ 12 Abs 1 BRAO). Gemäß § 12 Abs 3 BRAO wurde der Kläger damit kraft gesetzlicher Verpflichtung (eo ipso) obligatorisches Pflichtmitglied der zulassenden RAK K. (§ 60 Abs 1 S 2 BRAO). Fehler im Zulassungsverfahren oder etwaige Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten lassen diese Pflichtmitgliedschaft unberührt. Der ua für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Handlungsform vorgeschriebene Verwaltungsakt (vgl BGH - Senat für Anwaltssachen - Beschluss vom 15.10.2012 - AnwZ (BrfG) 45/12 - NJW-RR 2013, 303, 304 RdNr 7) bleibt nach den damit einschlägigen allgemeinen Vorschriften des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 35 ff VwVfG) wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs 2 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO). Das LSG hat derartige Aufhebungs- oder Erledigungstatbestände nicht festgestellt. Die rechtsgestaltenden Wirkungen des Zulassungsverwaltungsakts sind damit auch von den mit der Durchführung der Sozialversicherung betrauten Behörden und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in der Weise zu beachten, dass die dort getroffenen Regelungen auch ihnen gegenüber als verbindlich anzusehen sind (sog Tatbestandswirkung). Hiervon geht auch das Berufungsgericht aus.

17

3. Das LSG hat zudem festgestellt, dass der Kläger zugleich "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung)" geworden ist. Die Beigeladene zu 1. ist als Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Mit der Zulassung durch die RAK wurde der Kläger, der damals das 45. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, auf der Grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des nichtrevisiblen Landesrechts in § 5 Abs 2 des Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (Rechtsanwaltsversorgungsgesetz - RAVG) vom 10.12.1984 iVm § 10 Abs 1 S 1, § 5 Abs 2 der Satzung der Beigeladenen zu 1. ipso iure (ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsakts) zeitgleich obligatorisches Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 1. und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der RAK K.

18

4. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gibt indessen versicherungspflichtig Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erfolgt allerdings weder im Blick auf eine "Beschäftigung" noch auf einen bestimmten Kreis anwaltlicher Betätigungen. Vielmehr ist mit der statusbegründenden Zulassung stets der volle Umfang anwaltlicher Berufsausübung eröffnet, der damit auch zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird nämlich unter den tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere der §§ 4 ff BRAO unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche Beschränkung für alle Betätigungen erteilt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege(§ 1 BRAO) und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs 1 BRAO) verbunden sind. Im Blick hierauf könnten bei einem strikt Wortlaut getreuen Normverständnis die tatbestandlichen Befreiungsvoraussetzungen bei Rechtsanwälten zumindest grundsätzlich nicht erfüllt werden, worauf auch das LSG hinweist. Die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI erlaubt und fordert deshalb zwingend ein den Gegebenheiten des anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung ("… für die Beschäftigung, wegen der …"), wenn und soweit es gerade in diesem Kontext Anwendung findet. Diese auch in der Literatur erörterten Schwierigkeiten schließen indessen die Anwendbarkeit nicht grundsätzlich aus. Im vorliegenden Zusammenhang kann unter "derselben Beschäftigung" iS der Norm die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" verstanden werden.

19

§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI betrifft die Koexistenz von jeweils aufgrund öffentlich-rechtlichen Zwangs angeordneten Versorgungen für die Fälle von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod(sog "doppelte Pflichtmitgliedschaft", Prossliner, NZA 2013, 1384, 1389). Er überlässt es dem hiernach gesetzlich Ermächtigten, es nach jeweils eigener Willensentscheidung entweder durch Untätigkeit bei der Parallelität als gesetzlich stillschweigend angelegtem Regelfall zu belassen oder unter den gesetzlich im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen durch einen hierauf gerichteten materiell-rechtlichen Antrag (§ 6 Abs 2 SGB VI) sein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Verbleib in der berufsständischen Versorgungseinrichtung geltend zu machen. Mit einem Gebrauchmachen von der gesetzlich eröffneten positiven Gestaltungsmöglichkeit kann im Ergebnis eine Doppelbelastung mit Beiträgen und eine mehrfache Absicherung vergleichbarer Risiken vermieden werden. Das Verständnis von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI hat sich an dieser systemübergreifenden Koordinierungsfunktion zu orientieren und darf daher nicht bereits die Schnittmenge beider Bereiche allein nach Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung ("Beschäftigung") bestimmen, die für die Zugehörigkeit zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich ohne Bedeutung sind.

20

Maßgeblich für die Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist grundsätzlich nämlich weder die inhaltliche Beschränkung auf einzelne Verrichtungen innerhalb eines Berufsbildes noch die Form von deren Erbringung in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, sondern der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der "Beschäftigung", die § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst.

21

5. Der Kläger erfüllt indessen auch die Voraussetzungen der in dieser Weise modifiziert verstandenen Norm nicht. Seine Erwerbstätigkeit bei der Beigeladenen zu 2. kann dem Berufsfeld der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. Denn die anwaltliche Berufsausübung ist in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Umgekehrt bedarf es mangels Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber einem Arbeitgeber keiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 2 Abs 1, § 3 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - RDG). Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit ist damit für seine Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 1. und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung ohne Bedeutung, sodass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fehlt und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrigt. Der erkennende Senat kann dies ungeachtet der Tatbestandswirkung der Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nach dem einschlägigen Bundesrecht selbst abschließend beurteilen. Entsprechende statusbegründende Verwaltungsakte umfassen ihrem Regelungsgehalt nach nicht die Zuordnung einzelner Tätigkeiten und sind insofern im konkreten Zusammenhang notwendig der eigenständigen Auslegung und Anwendung bedürftig.

22

Die angegriffenen Verwaltungsakte sind bereits deshalb rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Auf das Fehlen von Feststellungen des LSG zu den Voraussetzungen von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI und auf die rechtliche Bedeutung der dort als Voraussetzung einer Entscheidung der Beklagten über die Befreiung geforderten Bestätigung des "Vorliegens der Voraussetzungen" kommt es unter diesen Umständen vorliegend nicht an(vgl hierzu BSG vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 36).

23

Die scheinbare Unvereinbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit "kammerrechtlichen Normen" erlaubt es nicht, seinen Wortlaut weitergehend hintanzustellen. Eines systemübergreifenden Verständnisses der Vorschrift bedarf es allein, wenn und soweit das Gesetz notwendig einen identischen Ausgangssachverhalt ("dieselbe Beschäftigung" im Sinne einer potenziell doppelrelevanten Erwerbstätigkeit) erfordert. Kommt es dagegen auf die Voraussetzungen der sich aus dieser Erwerbstätigkeit ergebenden Versicherungspflicht nach dem spezifischen Binnenrecht der jeweiligen Sicherungsform an, beruht die Anwendbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht etwa auf der Erfüllung eines einzigen, sondern auf dem kumulativen Vorliegen mehrerer einschlägiger und gesondert zu prüfender Tatbestände. Aus der Sicht der gesetzlichen Rentenversicherung kann daher ua nicht darauf verzichtet werden, dass die konkret in Frage stehende Erwerbstätigkeit gerade in der äußeren Form einer Beschäftigung (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) ausgeübt werden kann und andererseits gleichzeitig zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Eine lediglich inhaltliche Überschneidung der in den zu koordinierenden Systemen erfassten Erwerbstätigkeit genügt daher nicht. Sie ist zwar stets notwendig, doch ist sie ggf rechtlich - wie in Fällen der vorliegenden Art - nicht hinreichend. Andernfalls würde im Wege der "Auslegung" das funktionell unverzichtbare Erfordernis der Doppelrelevanz einer Erwerbstätigkeit aufgegeben und damit der tatbestandliche Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI überhaupt verlassen. Prüfungstechnisch erübrigt sich jedes Eingehen auf inhaltliche Aspekte einer in Frage stehenden Erwerbstätigkeit, wenn bereits aufgrund ihrer äußeren Form ausscheidet, dass sie mehrfach Versicherungspflicht begründen könnte.

24

Der Senat legt seiner Beurteilung der sozialrechtlichen (Vor-)Frage, ob eine Erwerbstätigkeit dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im Rahmen einer Beschäftigung einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber geschuldet ist, die ständige übereinstimmende Rechtsprechung des für das Berufsrecht der Rechtsanwälte zuständigen BGH, des BVerfG und des EuGH zugrunde. Er sieht auch nach eigener Prüfung keinen Rechtsgrund, hiervon abzuweichen, was grundsätzlich ohnehin erst nach Vorlage an den EuGH (Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV), das BVerfG (Art 100 Abs 1 GG) und/oder durch Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes - RsprEinhG) möglich gewesen wäre. Es fällt auf, dass sich die Revisionserwiderung des anwaltlich vertretenen und seinerseits zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Klägers mit diesem überkommenen und gefestigten Bestand des anwaltlichen Berufsrechts allenfalls am Rande befasst und lediglich behauptet, die sog Doppelberufstheorie sei verfassungswidrig, ohne dies jedoch unter Benennung einer angeblich verletzten Verfassungsnorm auch nur ansatzweise zu begründen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Rechtsprechung des BGH, dessen Senat für Anwaltssachen neben dem Präsidenten des BGH sowie zwei Mitgliedern des BGH gerade aus Gründen der berufsspezifischen Sachkunde mit zwei Rechtsanwälten als Beisitzern besetzt ist (§ 106 Abs 2 S 1 BRAO).

25

Ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Umschreibung ist zunächst der rechtliche Sprachgebrauch in der ständigen Rechtsprechung insbesondere des Senats für Anwaltssachen des BGH, dem sich der erkennende Senat auch insofern anschließt, geklärt. Hiernach ist unter einem "Syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber steht. Der "Syndikusanwalt" ist gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (vgl exemplarisch BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71 mit Hinweis auf BT-Drucks III/120 S 77 und Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6).

26

Inhaltlich entnimmt der BGH dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts in "gefestigter Rechtsprechung" und unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien, dass der Syndikus in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig ist. Bereits in der Entscheidung vom 7.11.1960 (AnwZ (B) 4/60 - BGHZ 33, 276, 279 f) heißt es insofern:

        

"Der Syndikusanwalt hat eine Doppelstellung inne: Er ist einerseits Angestellter und andererseits Rechtsanwalt. Soweit es um das Anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine Eigenschaft als Rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese Eigenschaft ändert nichts daran, daß das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Die Bundesrechtsanwaltsordnung vermochte nicht in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen und schreibt auch für nach ihrem Erlaß abgeschlossene Verträge keinen neuen Arbeitsvertragstypus vor, der den Syndikusanwalt und seinen Dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. Wenn man, wie das die Bundesrechtsanwaltsordnung getan hat, die Institution des Syndikusanwalts bejaht, muß man auch dem gerecht werden, daß der Syndikusanwalt zwei Arbeitsbereiche hat, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Die Amtliche Begründung (zu § 59 S. 77) sagt ganz mit Recht: `Der Syndikusanwalt entspricht bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild, wie es in der Vorstellung der Allgemeinheit besteht. In das Berufsbild des Anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege geformt hat, läßt sich nur die Tätigkeit einfügen, die der Syndikus als Anwalt außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt. Dagegen sind bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben´."

27

Hieran wird im Rahmen einer kontinuierlichen Verweisungskette bis heute festgehalten (vgl exemplarisch BGH Beschluss vom 25.4.1988 - AnwZ (B) 2/88 - BRAK-Mitt 1988, 271 f; Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71; Beschluss vom 13.3.2000 - AnwZ (B) 25/99 - NJW 2000, 1645; Beschluss vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17, insofern in BGHZ 183, 73 ff nicht abgedruckt; Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6; ebenso BAG Beschluss vom 19.3.1996 - 2 AZB 36/95 - BAGE 82, 239, 241). Im genannten Beschluss vom 7.2.2011 formuliert der BGH - unter ausdrücklicher Erweiterung dieser Rechtsprechung auf das Berufsbild des europäischen Rechtsanwalts (§ 2 Abs 1 EuRAG) - aktuell wie folgt:

        

"Nach gefestigter Rechtsprechung zu dem Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig (BVerfGE 87, 287; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377 Rn. 17). Die mit dem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen Bindungen und Abhängigkeiten stehen nicht im Einklang mit dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigem Berater und Vertreter aller Rechtsuchenden. …"

28

In Übereinstimmung hiermit zitiert das BVerfG (Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 294 f) aus der BT-Drucks III/120, S 56 f:

        

"Bei der Prüfung im Einzelfall wird der Maßstab anzulegen sein, der sich aus dem allgemeinen Berufsbild des Rechtsanwalts ergibt. Der Rechtsanwalt muß als solcher in der Beratung und Vertretung unabhängig und objektiv sein. Will der Bewerber z.B. eine Tätigkeit beibehalten, die seine ganze Arbeitskraft in Anspruch nimmt und in der er streng an fremde Weisungen gebunden ist, so bleibt für eine Ausübung des Berufes als Anwalt, an den sich jeder Rechtsuchende wenden könnte, kein Raum mehr. Die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt würde in einem solchem Fall zu einem inhaltsleeren Titel werden. - Unter ähnlichen Gesichtspunkten lassen sich die Grenzen für den sogen. Syndikusanwalt bestimmen, der in einem Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht. Zwar wird ein Bewerber, der Syndikus und Rechtsanwalt zugleich sein will, in seiner Eigenschaft als S y n d i k u s eine juristische Tätigkeit ausüben, wenn er seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand gewährt; diese Tätigkeit kann, rein fachlich betrachtet, der beratenden Tätigkeit eines Rechtsanwalts durchaus entsprechen; seine Stellung als Syndikus mag auch so bedeutend sein, daß er seinem Arbeitgeber gegenüber selbständig und eigenverantwortlich zu handeln vermag. Jedoch würde eine ausschließliche Tätigkeit für ein Unternehmen nicht dem Bild entsprechen, das bei dem Beruf des Rechtsanwalts, von der Allgemeinheit der Rechtsuchenden her gesehen, in seiner Stellung innerhalb der Rechtspflege gegeben sein muß. Das Berufsbild des Rechtsanwalts kann nur dann vorhanden sein, wenn der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben seiner Tätigkeit in dem Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so wäre einem Bewerber die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen. … "

29

Damit ist insbesondere geklärt, dass ungeachtet im Einzelfall arbeitsrechtlich eröffneter Möglichkeiten, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die Eingliederung in die von diesem vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar ist. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts kann sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt ist Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus ist, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätigt. Beide Tätigkeiten sind grundsätzlich getrennt zu betrachten (vgl BGH Beschluss vom 22.3.1999 - PatAnwZ 10/98 - EBE/BGH 1999, 150 f, zum Erfordernis einer mindestens halbjährigen Tätigkeit "bei einem Patentanwalt", das nur dann erfüllt ist, wenn der Antragsteller auf dem Gebiet eines Patentanwalts tätig geworden ist und nicht lediglich im Rahmen eines "Beschäftigungsverhältnisses in einem Unternehmen" bei einem dort ebenfalls angestellten Syndikusanwalt). Soweit der BGH hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erwerb von Fachanwaltsbezeichnungen in begrenztem Umfang Ausnahmen zulässt (vgl BGH Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 mwN, insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt; vgl zur Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens der Fachgerichte, wenn sie Nachweise des Bewerbers über die in seiner Eigenschaft als Syndikusanwalt betreuten Fälle als nicht ausreichend bewerten, BVerfG Beschluss vom 20.3.2007 - 1 BvR 142/07 - NJW 2007, 1945), ist dies für den vorliegenden Zusammenhang erkennbar ohne Bedeutung; im Übrigen sieht der BGH hierdurch seine sonstige Rechtsprechung ausdrücklich als nicht betroffen an.

30

Die Rechtsprechung des BGH wird durch die Materialien zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (BT-Drucks 12/4993) bestätigt. Der Rechtsausschuss (6. Ausschuss) vermerkt in der Drucks 12/7656 (Beschlussempfehlung und Bericht) auf S 49 zu Nummer 18a (§ 46 BRAO):

        

"… Nicht aufgegriffen hat der Ausschuß den in der Anhörung am 1. Dezember 1993 von Vertretern der Syndikusanwälte im Deutschen Anwaltverein vorgebrachten Vorschlag, durch eine Änderung des § 46 BRAO dem Syndikusanwalt einzuräumen, daß er auch im Angestelltenverhältnis als Anwalt tätig wird.

        

Eine solche Änderung hätte zur Folge gehabt, daß der Syndikusanwalt, der jetzt im Nebenberuf Rechtsanwalt ist und im Hauptberuf als Angestellter seinen Arbeitgeber in rechtlichen Angelegenheiten berät, auch in seiner Eigenschaft als rechtlicher Berater seines Arbeitgebers Rechtsanwalt mit allen Rechten und Pflichten ist. Der Ausschuß ist in seinen Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, daß das in den §§ 1 bis 3 BRAO normierte Berufsbild des Rechtsanwalts, wie es sich auch in der Allgemeinheit von ihm als unabhängigem Organ der Rechtspflege gebildet hat, mit der Tätigkeit unvereinbar ist, wenn der Syndikus im Rahmen seines Dienstverhältnisses als Anwalt auftritt. Bei der Tätigkeit, die der Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, sind dann, wenn der Syndikus persönlich mit der Materie des Einzelfalls befaßt gewesen ist, die durch das Gesetz der freien Advokatur gekennzeichneten typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Rechtsanwalts bestimmen, nicht gegeben. Seine freie und unreglementierte Selbstbestimmung wäre im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, in dem er grundsätzlich dem Prinzip der Über- und Unterordnung unterliegt, nicht gewährleistet. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 1992 zum anwaltlichen Zweitberuf (1 BvR 79/85 u. a.) spricht zwar einerseits für eine weitgehende Öffnung zum Zweitberuf, wenn durch Berufsausübungsregelungen die Gefahr von Interessenkollisionen vermieden wird. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang aber auch erneut die Gemeinschaftsgüter der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Rechtspflegeorgan und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege anerkannt. Beides steht nach der einhelligen Auffassung des Ausschusses einer Änderung des § 46 BRAO in dem gewünschten Sinn entgegen."

31

Ebenso hat schließlich der EuGH (Urteil vom 14.9.2010 - C-550/07 P - NJW 2010, 3557) entschieden, dass die Kommunikation zwischen Mandant und Rechtsanwalt einer gemeinsamen Tradition der Mitgliedsstaaten entsprechend nur für Schriftwechsel gilt, der von "unabhängigen Rechtsanwälten" ausgeht, dh von Anwälten, die nicht durch einen Dienstvertrag an den Mandanten gebunden sind.

32

6. Die gegen dieses Ergebnis vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

33

a) Ungeachtet möglicher inhaltlicher Übereinstimmungen kommt für das Deckungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht, abhängige Beschäftigung und eine daneben ausgeübte selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt im Sinne einer einheitlichen Betrachtung "zusammenzuziehen". Die isolierte Fragestellung, ob eine anwaltliche Tätigkeit in Gestalt einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und damit grundsätzlich eine Befreiungsmöglichkeit eröffnet ist, würde damit gerade verlassen. Die beiden (einzigen) Formen der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die selbständige Tätigkeit und die abhängige Beschäftigung, schließen sich im Übrigen wechselseitig aus. Wo - wie vorliegend - die Befreiung von der Versicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung in Frage steht, können Gesichtspunkte der selbständigen Erwerbstätigkeit keine Rolle spielen. Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung des BSG im Rentenversicherungsrecht, dass, wenn nebeneinander verschiedene rentenversicherungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte vorliegen, das Bestehen von Versicherungspflicht (oder Versicherungsfreiheit bzw Versicherungsbefreiung) hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt hat, jeder Sachverhalt mithin, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbständig zu beurteilen ist und es deshalb zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen und mehrfacher Beitragspflicht kommen kann (vgl BSG Urteile vom 4.11.2009 - B 12 R 7/08 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 19 mit Hinweis auf die Rechtslage bereits vor Inkrafttreten des SGB VI, vom 13.9.1979 - 12 RK 26/77 - BSGE 49, 38, 39 f = SozR 2200 § 1227 Nr 29 S 67, 68 f, mwN und vom 2.6.1982 - 12 RK 66/80 - SozR 5800 § 2 Nr 3; s auch - hieran anknüpfend - die Begründung zum Entwurf eines Rentenreformgesetzes 1992, BT-Drucks 11/4124 S 148).

34

b) Rechtlich ist auch unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich "Elemente" der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweist. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fordert - wie dargelegt - nach Normwortlaut und Funktion stets zusätzlich, dass die Tätigkeit, die zur Versicherungspflicht bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, gleichzeitig in der Form der Beschäftigung ausgeübt wird und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ist dies - wie vorliegend für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einem nicht dem Standesrecht unterworfenen Arbeitgeber - von vornherein ausgeschlossen, sind mögliche Sachbezüge der ausgeübten Erwerbstätigkeit zum Berufsbild des Rechtsanwalts ohne rechtliche Bedeutung. Ihr Vorliegen könnte nicht mehr zu einem Lebenssachverhalt führen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in vollem Umfang erfüllt.

35

Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein innerer (sachlicher) Zusammenhang der behaupteten Art "theorie-"gestützt begründet wird. Was für den inneren Zusammenhang als solchen gilt, betrifft notwendig auch alle zum Beleg seines Vorliegens benannten Einzelkriterien und "Kriterienformeln", damit auch die sog Vier-Kriterien-Theorie ("rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend") und jedes ihrer Elemente. Erst recht fehlt es an jeder Rechtsgrundlage, die "Vier-Kriterien-Theorie" an Stelle des gesetzlichen Tatbestands der Rechtsanwendung zugrunde zu legen und damit die Rechtsfolge des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit der vorliegend in Frage stehenden Fallgruppe zu verbinden, für die sie der hierzu einzig berufene Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen hat. Unterschiedliche Absicherungen in unterschiedlichen Systemen sind Konsequenz des Umstandes, dass synchron und diachron eine Vielzahl von Erwerbstätigkeiten betrieben werden kann, und deren hieran anknüpfende Absicherung nicht ihrerseits im Sinne eines einheitlichen Gesamtkonzepts durch zwingendes Recht koordiniert ist. Es gibt deshalb auch keinen Rechtssatz des Inhalts, dass stets nur die Zugehörigkeit zu einem einzigen Sicherungssystem in Betracht kommen könnte oder es ungeachtet einer Änderung der hierfür rechtlich maßgeblichen Umstände stets bei der einmal begründeten Zuständigkeit eines Systems zu verbleiben habe. Nur soweit der Gesetzgeber hierfür im Einzelfall Anlass gesehen hat und im Anwendungsbereich der jeweiligen Koordinierungsregelung, kann hiervon ausnahmsweise abgesehen werden. Auch insofern bedarf es schließlich keines näheren Eingehens auf den Theorie-Charakter der "Vier-Kriterien-Theorie" im Sinne der Wissenschaftstheorie bzw einer wissenschaftlich betriebenen Jurisprudenz.

36

c) Die gesetzlich geforderte positive Feststellung, dass dieselbe Erwerbstätigkeit, die die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung begründet hat, wegen ihrer Ausübung in der Form der Beschäftigung zugleich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann entgegen der Ansicht des LSG nicht durch diejenige ersetzt werden, dass die in der Form der Beschäftigung ausgeübte Erwerbstätigkeit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ursprünglich oder nachträglich entgegensteht. Zwar stellt sich aus der Sicht der allein auf einer arbeitsrechtlichen Nebentätigkeit gründenden Zulassung zur Rechtsanwaltschaft umgekehrt die Frage, ob eine daneben ausgeübte Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf vereinbar ist und daher ihrer Erteilung nicht entgegensteht (§ 7 Nr 8 BRAO)bzw ihren Widerruf nicht fordert (§ 14 Abs 2 Nr 8 BRAO). Indessen ist die hierzu vorliegend umfangreiche - und seit dem Beschluss des BVerfG vom 4.11.1992 (1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287) im Sinne der Liberalisierung nachhaltig geänderte - Rechtsprechung soweit ersichtlich zu keinem Zeitpunkt - selbstwidersprüchlich - auf den Gedanken gekommen, dass eine Unvereinbarkeit schon deshalb nicht vorliegen könnte, weil es sich bei der im Rahmen einer Beschäftigung ausgeübten Tätigkeit um einen genuinen Teil des anwaltlichen Berufsbildes handeln könnte. Die oft zitierte Beschäftigung als Taxi-Fahrer steht der anwaltlichen Berufsausübung nicht entgegen, gehört ihr aber evident nicht zu. Dasselbe gilt insbesondere für den Inhalt solcher Beschäftigungen, die Rechtsberatung gegenüber dritten Personen (vgl BGH Beschlüsse vom 3.3.1986 - AnwZ (B) 1/86 - BGHZ 97, 204, 206 und vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084 und die Nachweise bei BGH Beschluss vom 27.5.1991 - AnwZ (B) 4/91 - NJW 1991, 2289) oder die juristische Sachbearbeitung bei einer Rechtsschutzversicherung (BGH Beschluss vom 21.11.1994 - AnwZ (B) 44/94 - NJW 1995, 1031) zum Inhalt haben. Die Vereinbarkeit von Anwaltsberuf und daneben ausgeübter Tätigkeit ist damit zwar notwendig, weil andernfalls eine Zulassung zur Anwaltschaft nicht erfolgen könnte, zur Begründung der für die Anwendung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI notwendig erforderlichen Doppelrelevanz aber nicht hinreichend. Auch alle sonst von § 7 Nr 8, § 14 Abs 1, Abs 2 Nr 8 BRAO erfassten Tätigkeiten sind gerade solche außerhalb des anwaltlichen Berufsfelds in einem Zweitberuf(vgl exemplarisch BGH vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084).

37

d) Hinweise für eine fehlende Anwendbarkeit von § 46 BRAO auf Fälle der vorliegenden Art fehlen vollständig. Die Vorschrift gehört zu den Berufsausübungsregelungen, die als gegenüber Berufszugangsregelungen (Art 12 Abs 1 GG) der vorstehend erörterten Art weniger schwer wiegender Eingriff das Verhältnis der durch Zulassung eröffneten anwaltlichen Berufstätigkeit zu einer daneben ausgeübten Beschäftigung betreffen. Insofern begründet § 46 BRAO besondere Berufspflichten der Syndikusanwälte und bestätigt im Rückschluss gleichzeitig, dass die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung der Rechtsstellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege selbst dann nicht von vornherein entgegensteht, wenn sie anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen und die Arbeitszeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt(vgl BVerfG Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 297; zur fehlenden Anwendbarkeit von § 46 BRAO bei einem angestellten Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei Mandate bearbeitet, die sein Arbeitgeber oder Dienstherr übernommen hat s im Übrigen BGH Beschluss vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - BGHZ 166, 299 und BGH Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt). Auch insofern geht es jedoch stets um die Abgrenzung verschiedener rechtsberatender und -besorgender Tätigkeiten (vgl BGH Beschluss vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084) und insbesondere um die Unterscheidung zwischen dem weisungsfreien, unabhängigen Rechtsanwalt und dem Syndikusanwalt, der im Rahmen eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und Arbeitskraft zur Verfügung stellen muss (BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69; BGH Beschlüsse vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130 und vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1520 RdNr 27; Anwaltsgerichtshof Hamburg Beschluss vom 3.9.2002 - II ZU 11/01 - BRAK-Mitt 2002, 283).

38

e) Der mit der verbreiteten Bezeichnung "Doppelberufstheorie" bezeichnete rechtliche Umstand gibt unter diesen Umständen der Sache nach die von BGH, BAG, BVerfG und EuGH übereinstimmend gegebene und fortlaufend bestätigte negative Antwort auf die Rechtsfrage wieder, ob der Syndikusanwalt auch in seiner abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwalt anzusehen ist. Soweit mit der Wortwahl eine geringere Verbindlichkeit im Sinne einer interpretativen "Kleintheorie" (vgl zur Klassifikation in Anlehnung an Ralf Dreier Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl, Köln/München 2008, S 163, 165) behauptet werden soll, steht dem "die fundamentale objektive Bedeutung der seit einem Jahrhundert durchgesetzten freien Advokatur" (BVerfG Beschluss vom 8.3.1983 - 1 BvR 1078/80 - BVerfGE 63, 266, 282) und das Gewicht einer über Jahrzehnte fortgeführten einhelligen Auffassung der Rechtsprechung und von deren Bindungswirkung entgegen, die ein formloses Abweichen zugunsten eines anderen gedanklichen Konstrukts zumindest nicht ohne Weiteres erlauben. Weder wird mit einem derartigen Verständnis der BRAO ein "einheitlicher Beruf künstlich aufgespalten" noch existieren nachvollziehbare Hinweise auf eine "Aufweichung" oder "Aufhebung" des mit der Bezeichnung "Doppelberufs- oder Zweitberufstheorie" benannten rechtlichen Sachverhalts.

39

f) § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ist als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig. Der Kläger gehört als abhängig Beschäftigter iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung(vgl § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV) und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 SGB VI) Zwangsversicherten. Diese einfachgesetzliche Leitentscheidung wird für den Personenkreis, dem der Kläger zugehört, auch nicht unmittelbar spezialgesetzlich modifiziert oder revoziert. Umstände, die - ihrerseits typisierend - trotz Ausübung einer Beschäftigung der Annahme der Schutzbedürftigkeit entgegenstehen und daher Anlass zu einer Tatbestandsreduktion geben könnten, sind gesetzlich nicht umschrieben. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Tatbestandsreduktion, die Anlass gegeben hätten, von vornherein von der Anordnung der Rechtsfolge Versicherungspflicht abzusehen (zB § 1 S 3 SGB VI) oder trotz Eröffnung des Anwendungsbereichs der Beschäftigtenversicherung ausnahmsweise unmittelbar kraft Gesetzes Versicherungsfreiheit anzuordnen (§ 5 Abs 1 S 1 Nr 1 - Nr 3 SGB VI), sind erkennbar nicht erfüllt. Die vorliegend allein in Frage stehende Regelung des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gehört zu einem Kreis von Bestimmungen, die den betroffenen Pflichtversicherten unter den im Gesetz jeweils im Einzelnen umschriebenen Voraussetzungen nach eigenem "Entschließungsermessen" einen Anspruch auf eine konstitutive Befreiung von der Rentenversicherungspflicht durch einen gebundenen Verwaltungsakt des Rentenversicherungsträgers mit grundsätzlich auf die in Frage stehende Beschäftigung begrenzter Wirkung(§ 6 Abs 5 SGB VI) gewähren, um nachfolgend allein im berufsständischen Versorgungswerk mit günstigeren Bedingungen zu verbleiben. Eine vollständige Entlassung aus der öffentlichen Sozialversicherung ist dagegen nicht möglich (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16).

40

Nur ausnahmsweise gewinnen daher die von beiden Systemen Erfassten ihre Vorsorgefreiheit (Art 2 Abs 1 GG) durch Befreiungsregelungen begrenzt zurück. Bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI handelt es sich dem Konzept der abgestuften Schutzbedürftigkeit folgend bereits innerhalb der Beschäftigtenversicherung um eine abschließende Ausnahmeregelung, die einer erweiternden oder entsprechenden Anwendung nicht zugänglich ist(vgl BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 9733). Sein Ausnahmecharakter wird zudem dadurch weiter bestätigt, dass er auch innerhalb seines Anwendungsbereichs ein Befreiungsrecht keineswegs für alle Fälle der Doppelzugehörigkeit vorsieht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht etwa deshalb, weil es sich bei ihm um eine "Kollisionsnorm" handele, deren Aufgabe darin liege, zugunsten der berufsständischen Versorgungseinrichtungen die Anwendbarkeit jeweils nur einer (einzigen) Rechtsmasse sicherzustellen.

41

Kollisionsnormen betreffen die Frage, welches Recht als sog Sachnorm zur Anwendung kommt, wenn der Regelungsgegenstand gleichzeitig von mehreren Rechtsmassen erfasst ist. Sie bestimmen entweder beschränkt auf die Binnensicht nur einer Menge von Rechtssätzen, ob diese Anwendbarkeit beanspruchen, obwohl gleichzeitig andere Normbestände als einschlägig in Betracht kommen (einseitige Kollisionsnorm) oder legen für die Gesamtheit der einschlägigen Rechtsmassen umfassend fest, nach welcher von ihnen sich die rechtliche Beurteilung des Regelungsgegenstandes richtet (mehrseitige Kollisionsnorm). Nur soweit umfassend für alle Fälle des Zusammentreffens einschlägiger Rechtssätze die Anwendbarkeit wenigstens einer der in Frage stehenden Rechtsmassen abschließend abstrakt-generell bestimmt wird, kann ohne Weiteres von einer Kollisionsnorm in diesem Sinne gesprochen werden. Im Blick hierauf handelt es sich bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI im umfassenden Sinne um eine Koordinationsregelung und allenfalls in einem sehr beschränkten Sinne um den Sonderfall einer Koordinierung von Systemen durch eine Kollisionsnorm mit Ausschlusswirkung zugunsten der berufsständischen Versorgung. Beides schließt sich nicht aus. Nur wenn nämlich kumulativ alle objektiven Elemente des umfangreichen mehrgliedrigen Tatbestandes erfüllt sind, insbesondere allen Anforderungen an die Art der berufsständischen Versorgungseinrichtungen, an die Gleichartigkeit der Beitragserhebung sowie an die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes genügt ist, und die hiernach Berechtigten positiv von dem ihnen eingeräumten "Entschließungsermessen" Gebrauch gemacht haben, kommt es (mittelbar) zum Ausschluss der Rentenversicherungspflicht. Das Gesetz beschränkt sich insofern typisierend auf Fallkonstellationen, bei denen insbesondere gleichermaßen das Bestandsinteresse und die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung wie der Gesichtspunkt der Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes der Betroffenen durch die berufsständische Versorgungseinrichtung berücksichtigt und gegeneinander abgewogen sind. Handelt es sich demgegenüber um Sachverhalte außerhalb des objektiven Anwendungsbereichs oder betätigt ein Berechtigter sein "Entschließungsermessen" nicht, fehlt es vollständig an einer kollisionsrechtlichen Rechtsfolgenanordnung und belässt es das Gesetz mit der Folge der Doppelversicherung bei der parallelen Anwendbarkeit der jeweils einschlägigen Rechtssätze. Keineswegs besteht damit nach dem zugrunde liegenden Regelungskonzept für jeden Kollisionsfall auch Bedarf nach einer eindeutigen (Nicht-)Anwendungsregelung und damit ggf einem weiten Verständnis des gesetzlichen Tatbestands.

42

g) Darüber hinaus ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI weder bevorzugt dazu bestimmt, den Interessen von Freiberuflern zu dienen, noch bezweckt er in besonderer Weise den Bestandsschutz berufsständischer Versorgungswerke. Im Rahmen seines positiven Anwendungsbereichs bestimmt § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI aus der Binnenperspektive der gesetzlichen Rentenversicherung einseitig, ob es bei der normativen Anordnung von Versicherungspflicht aus § 1 S 1 Nr 1 SGB VI verbleibt oder ob hiervon ausnahmsweise wegen einer aus ihrer Sicht ausreichenden anderweitigen Absicherung abgesehen werden kann(vgl BT-Drucks 13/2590, S 18; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 22; Horn/Jung, AnwBl 2013, 420, 421; Horn, NJW 2012, 966, 971; Gürtner in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 6 RdNr 4; Kilger/Prossliner, NJW 2004, 821, 823; Offermann-Burckart, MDR 2013, 1197; Rid, BB-Special 3/2008, 10, 14). Er kann schon deshalb keine "magna charta" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen repräsentieren, die allenfalls im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen sind.

43

Die Entstehungsgeschichte bestätigt dieses Ergebnis. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI hatte bis zum 31.12.1995 folgenden Wortlaut:

"(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.    

Angestellte und selbständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepaßt werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist, …"

44

Soweit die Materialien zum Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) in ihrem "Allgemeinen Teil" metaphorisch von einer "Friedensgrenze" (BT-Drucks 13/2590 S 1) unter "Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Systeme" (BT-Drucks 13/2590 S 18) sprechen, geschieht dies allein im Kontext der beabsichtigten Verschärfung der rentenversicherungsrechtlichen Befreiungsregelung und zur Vermeidung der befürchteten Erosion der gesetzlichen Rentenversicherung. Belange der Versorgungsträger finden demgegenüber nur insofern Erwähnung, als mit der vorgesehenen Beschränkung des Befreiungsrechts "im Ergebnis die seit langem akzeptierte Abgrenzung zwischen berufsständischer Versorgung und gesetzlicher Rentenversicherung in ihrer bisherigen Ausprägung gefestigt wird." Insbesondere ergibt sich aus den in BT-Drucks 13/2590 niedergelegten Erwägungen nicht andeutungsweise, dass mit der Schaffung der derzeit geltenden Fassung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für bestimmte Personengruppen von der Doppelrelevanz einer im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung als Beschäftigung ausgeübten Erwerbstätigkeit abgesehen bzw die Alterssicherung für eine lediglich parallel hierzu ausgeübte freiberufliche Tätigkeit als eigenständiger Befreiungsgrund ausgestaltet werden sollte. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach neuem (insofern seit 1.1.1996 geltendem) Recht erfolgende Befreiungen für alle erfassten Berufsgruppen in gleicher Weise ausgestaltet. Die "Klarstellung", auf welche Tätigkeit oder Beschäftigung sich das Befreiungsrecht beschränkt (BT-Drucks 13/2590 S 22), erfasst daher die Gesamtheit der Normbetroffenen und damit selbstverständlich auch den vom Kläger repräsentierten Personenkreis. Ob das bis dahin geltende Recht möglicherweise anders verstanden werden konnte und daher die seit dem 1.1.1996 geltende Neufassung über eine bloße Klarstellung hinaus die Setzung neuen Rechts verkörpert, ist für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung (vgl zur Bedeutung einer gesetzgeberischen "Klarstellung" für die Vergangenheit zuletzt BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - DB 2014, 634 = NVwZ 2014, 577).

45

h) Das gefundene Ergebnis verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die einschlägigen Fragen sind durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt. Der Gesetzgeber darf zur Bestimmung der Schutzbedürftigen typisierend an den Sachverhalt der Beschäftigung anknüpfen und in Verbindung hiermit Versicherungszwang anordnen. Hiergegen bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG Beschlüsse vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11 S 27 f und vom 14.10.1970 - 1 BvR 753/68 ua - SozR Nr 8 zu Art 2 GG; vgl im Übrigen die Nachweise bei BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 29). Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verletzt die Betroffenen insbesondere nicht in ihrem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG (vgl BVerfG Beschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00, 1 BvR 11 BvR 1355/03 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 25) und berührt mangels eines unmittelbar berufsregelnden Charakters nicht den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 27). Ein - vom Kläger im Übrigen auch nicht gerügter - Eingriff in sein Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG scheidet schon deshalb aus, weil der Gesetzgeber insbesondere mit der Einführung einer grundsätzlichen Versicherungspflicht für Beschäftigte von seinem weiten Gestaltungsspielraum im Spannungsverhältnis zwischen der individuellen Freiheit und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 28) in verfassungsgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat. Insbesondere verletzen die Pflichtmitgliedschaft und die damit ggf einhergehende Pflicht zur Beitragstragung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich auch bei Höherverdienenden, die anderweitig für ihre Alterssicherung Sorge tragen könnten, nicht Art 2 Abs 1 GG. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit eines Versicherungspflichtigen, sondern lediglich den Tatbestand der Beschäftigung voraussetzt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass diejenigen Personen, die ihre Arbeitskraft in den Dienst anderer stellen, im Allgemeinen auf diese Beschäftigung zur Erlangung ihres Lebensunterhalts angewiesen und daher - auch im Hinblick auf die Alterssicherung - sozial schutzbedürftig sind (vgl BVerfG Beschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 945/95 - SozR 4-2600 § 7 Nr 2 RdNr 13 mwN).

46

Bei der ausnahmsweisen Eröffnung von Befreiungsmöglichkeiten zur Beseitigung eines unmittelbar gesetzlich angeordneten Versicherungszwangs darf der Gesetzgeber, der die Vorsorgefreiheit Beschäftigter aus Art 2 Abs 1 GG verfassungsrechtlich bedenkenfrei begrenzt hat, erst recht die Leistungsfähigkeit der verbleibenden Versichertengemeinschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen und insbesondere dem Anliegen, Versicherte mit typischerweise günstigen Risiken in der gesetzlichen Rentenversicherung zu halten, vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) erhebliche Bedeutung beimessen; insofern kommt es auf die möglicherweise geringe Zahl der Betroffenen nicht an (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16 ff, 19). Die gesetzliche Rentenversicherung kennt unter Berücksichtigung dieser Vorgaben weder ein allgemeines Befreiungsrecht noch im Blick auf die gleichzeitige Absicherung in anderen Systemen einen allgemeinen Grundsatz der Vermeidung von "Doppelversicherungen". Auch gibt es von Verfassung wegen kein Wahlrecht zugunsten der jeweils günstigsten Versorgungsmöglichkeit (vgl insgesamt die Nachweise bei BSG Urteil vom 9.3.2005 - B 12 RA 8/03 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 3 RdNr 6). Umgekehrt ist für das berufsständische Versorgungsrecht geklärt, dass es nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, wenn sich die Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk auch auf in der gesetzlichen Angestelltenversicherung pflichtversicherte Berufsangehörige erstreckt (vgl BVerwG Beschluss vom 23.3.2000 - 1 B 15/00 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr 42 und die dortigen Nachweise).

47

Der verfassungsrechtlich damit unbedenkliche öffentlich-rechtliche Eingriff in die Vorsorgefreiheit der betroffenen Versicherten steht umgekehrt für seinen Anwendungsbereich eigenen individuellen Gestaltungen durch privatrechtlichen Vertragsschluss entgegen. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 73 und die dortigen Nachweise). Das gilt ohne Weiteres auch für die Wahl unter mehreren öffentlich-rechtlich ausgestalteten Sicherungssystemen nach Maßgabe individueller Günstigkeitserwägungen des Beschäftigten bzw der Arbeitsvertragsparteien. Diesen bleibt es im Übrigen zwar grundsätzlich unbenommen, Anknüpfungssachverhalte des Privatrechts, auf die das Gesetz öffentlich-rechtliche Normbefehle tatbestandlich stützt, selbst zu gestalten (vgl exemplarisch BSG Urteil vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 95 ff: Ausgestaltung der Übungsleitertätigkeit wahlweise als Beschäftigung oder als Ausdruck der Mitgliedschaftspflicht). Auch derartige Möglichkeiten der autonomen Gestaltung von Anknüpfungssachverhalten sind indessen versperrt, wo der Gesetzgeber die öffentlich-rechtliche Anordnung von Versicherungspflicht auch tatbestandlich auf zwingendes öffentliches Recht stützt. Soweit er daher in Ausübung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz aus Art 74 Abs 1 Nr 1 GG die "Rechtsanwaltschaft" ausgestaltet hat, ist weder für einzelne Normbetroffene - ggf im Zusammenwirken mit ihren Arbeitgebern - noch für berufsständische Organisationen die Möglichkeit eröffnet, selbst über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu disponieren oder das Berufsrecht "fortzuentwickeln". Mangels privatrechtlicher Gestaltungsmöglichkeit scheidet insofern auch eine mikroökonomische Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der "win-win-Situation" von vornherein aus. Hiervon unabhängig können die Arbeitsvertragsparteien indessen - wenn auch ohne versorgungsrechtliche Auswirkungen - die Grundlagen für eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft neben dem Arbeitsverhältnis schaffen, dem Arbeitnehmer auf diese Weise ein zusätzliches Betätigungsfeld eröffnen und den Arbeitgeber am Sozialprestige der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft teilhaben lassen.

48

i) Auf eine vom Gesetz abweichende rechtswidrige Verwaltungspraxis der Beklagten kann sich der vom Kläger repräsentierte Personenkreis nicht berufen (vgl BVerfG Beschluss vom 17.6.2004 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54). Außerhalb der vorliegend zur Entscheidung stehenden Fälle, bei denen es jeweils um die erstmalige Befreiung für einen bestimmten Zeitraum geht, weist der Senat hinsichtlich der derzeitigen Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung auf Folgendes hin: Sie haben - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidungen, das über den Schutz durch die §§ 44 ff SGB X hinausgehen dürfte. Insbesondere haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (wenn auch ohne gesetzliche Grundlage) die "Vier-Kriterien-Theorie" selbst mit befördert und angewandt. Schon weil damit bei der gebotenen typisierenden Betrachtung Lebensentscheidungen über die persönliche Vorsorge nachhaltig mit beeinflusst wurden, kann einer Änderung der Rechtsauffassung hinsichtlich ergangener Befreiungsentscheidungen grundsätzlich keine Bedeutung zukommen. Demgegenüber ist vorliegend nicht näher darauf einzugehen, dass der 12. Senat des BSG bereits in seiner Sitzung vom 9.3.2005 eine der vorliegenden Entscheidung entsprechende Rechtsauffassung angedeutet hatte. Damals war es in den Verfahren B 12 RA 3/04 R, B 12 RA 4/04 R und B 12 RA 11/04 R (Presse-Vorbericht Nr 12/05 vom 23.2.2005) jeweils um die Frage gegangen, ob die Kläger, die jeweils als Rechtsanwälte in Schleswig-Holstein zugelassen waren und bei unterschiedlichen in Hamburg residierenden Unternehmen beschäftigt waren, für ihre Beschäftigung von der Versicherungspflicht zu befreien waren. Die Revisionen wurden damals in allen drei Verfahren zurückgenommen (vgl Presse-Mitteilung Nr 12/05 vom 10.3.2005).

49

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

                          
                          

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Klägerin ab dem 18.9.2009 für die Beschäftigung, die sie bei der Beigeladenen zu 1. ausübt, von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien muss.

2

Die 1972 geborene Klägerin ist Volljuristin. Die Beigeladene zu 1. betreibt ein Beratungsunternehmen für betriebliche Altersversorgung und Vergütung; ihre Rechtsabteilung besteht ausschließlich aus Volljuristen. Die Beigeladene zu 2. leistet ihren Mitgliedern und sonstigen Leistungsberechtigten Versorgung nach Maßgabe ihrer Satzung (Bekanntmachung des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16.7.1985, JMBl NW 172) und des Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung (RAVG NW) vom 6.11.1984 (GVBI NW 684).

3

Im Herbst 1999 bewarb sich die Klägerin erfolgreich bei der Beigeladenen zu 1. auf die Stelle einer "Jurist/in in dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung" und nahm am 1.2.2000 in der Rechtsabteilung eine Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" gegen Entgelt auf (Anstellungsvertrag vom 26.1.2000). Als solche ist sie weisungsgebunden, fachlich jedoch unabhängig. Sie betreut und berät versicherungsrechtliche Fragestellungen (Einrichtung, Durchführung und Änderung) der Versorgungs- und Vergütungssysteme rechtlich umfassend, beantwortet sämtliche steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen, verhandelt selbständig mit Geschäftspartnern, tritt als Referentin bei Vorträgen auf, bearbeitet anspruchsvolle Grundsatz- und Projektarbeit im Bereich "Betriebliche Altersversorgung und Vergütung" und nimmt an wesentlichen Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen bei steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen teil (Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 und Stellungnahme der Beigeladenen zu 1. vom 17.3.2011). Ihrer rechtlichen Bewertung wird im Unternehmen der Beigeladenen zu 1. hohes Gewicht beigemessen. Allerdings trifft sie - wegen des im Unternehmen praktizierten Vier-Augen-Prinzips - Entscheidungen nicht allein, sondern nur im Einvernehmen mit den Vorgesetzten, insbesondere mit ihrem Abteilungsleiter, der zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist. Nach § 6 des Anstellungsvertrags vom 26.1.2000 benötigt sie für entgeltliche oder unentgeltliche Nebenbeschäftigungen sowie Veröffentlichungen und Vorträge die vorherige schriftliche Zustimmung der Beigeladenen zu 1. Die Klägerin betrieb ihre Zulassung zur Rechtsanwältin zunächst nicht, weil die Beigeladene zu 1. dies nicht wünschte.

4

Anfang 2009 übernahm die Klägerin den Kundenstamm und die Aufgaben einer Kollegin, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen war. In einer Freistellungserklärung vom 5.3.2009 erklärte sich die Beigeladene zu 1. unwiderruflich damit einverstanden, dass die Klägerin neben ihrer Tätigkeit als juristische Mitarbeiterin als Rechtsanwältin arbeiten und während der Dienststunden anwaltliche Termine wahrnehmen dürfe. Denn aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung der Firmenpolitik sollten auf Wunsch der Beigeladenen zu 1. nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen (ohne Änderung des Anstellungsvertrags) zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sein.

5

Am 8.7.2009 beantragte die Klägerin bei der Rechtsanwaltskammer (RAK) D. ihre Zulassung als Rechtsanwältin, fügte die Freistellungserklärung vom 5.3.2009 sowie die Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 bei und gab an, sie werde ihre Kanzlei in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1. einrichten. Der Vorstand der RAK teilte ihr mit, er habe ihren Antrag "bezüglich der Syndikustätigkeit" bei der Beigeladenen zu 1. geprüft und keine Bedenken geltend gemacht (Schreiben vom 8.9.2009). Am 18.9.2009 wurde die Klägerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, gleichzeitig Mitglied der RAK D. und damit nach § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. deren Pflichtmitglied. Ab diesem Zeitpunkt schloss sie bei der A. Versicherung AG eine Berufshaftpflichtversicherung für ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin zu einem Sonderjahresbeitrag von 97 EUR ab, der ihr wegen einer nur nebenberuflich ausgeübten freien Anwaltstätigkeit gewährt wurde. Die Klägerin teilt ihre Büroräume bei der Beigeladenen zu 1. mit einem weiteren Mitarbeiter ("Doppelbüro"), hat dort kein Kanzleischild, das auf ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin hinweist, und führt auch keine eigenen, der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Rechtsanwaltsakten. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit hat sie nicht erzielt.

6

Am 25.11.2009 beantragte die Klägerin, sie wegen ihrer berufsspezifischen anwaltlichen Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Beigeladene zu 1. erklärte dazu, die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", fertige Entscheidungsvorlagen für die Geschäftsführung und für andere Abteilungen und sei im Abstimmungsprozess für die zu treffenden Entscheidungen beteiligt. Nebenberufliche Beschäftigungen bedürften keiner "vorherigen Genehmigung". Die Klägerin dürfe unwiderruflich neben ihrer Tätigkeit als Angestellte eine Anwaltspraxis ausüben und sich zur Wahrnehmung anwaltlicher Termine ohne Erlaubnis im Einzelfall jederzeit von ihrem Dienstplatz entfernen (Schreiben der Beigeladenen zu 1. vom 11.6.2010). Die Beklagte lehnte den Befreiungsantrag ab, weil die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht rechtsentscheidend tätig sei und deshalb keine anwaltliche Tätigkeit ausübe (Bescheid vom 20.7.2010 und Widerspruchsbescheid vom 24.11.2010).

7

Das SG Duisburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.2.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 7.5.2013): Sie habe keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn die Klägerin sei nicht "wegen" ihrer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" bei der Beigeladenen zu 1. Mitglied der RAK D. und diese Beschäftigung verpflichte sie auch nicht kraft Gesetzes, Mitglied der RAK D. zu sein oder zu werden. Da sie aufgrund der restriktiven Zulassungspraxis und der Rechtsprechung des BGH damit gerechnet habe, dass ihr die RAK die Rechtsanwaltszulassung gerade wegen der abhängigen Beschäftigung bei einer nichtanwaltlichen Arbeitgeberin versagen würde, habe sie im Zulassungsverfahren lediglich angegeben, den Rechtsanwaltsberuf neben ihrer abhängigen Beschäftigung auszuüben. Damit sei die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen im vorgesehenen Rechtsweg umgangen und de facto versucht worden, die Zulassungsentscheidung auf die Beklagte und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu verlagern. Dies verletze das Prinzip von Treu und Glauben und verstoße gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium"). Im Befreiungsverfahren habe sie dagegen behauptet, in ihrer abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwältin tätig zu sein, obwohl sie dort keine Kanzlei oder Zweigstelle eingerichtet habe (§ 27 BRAO), keine Anwaltsakten führe (§ 50 BRAO), keine Maßnahmen zur Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht ergriffen (§ 43a BRAO) und die hauptberufliche Tätigkeit nicht haftpflichtversichert habe (§ 51 Abs 1 BRAO). Damit erfülle sie weder die Berufspflichten noch die Rahmenbedingungen, die der Deutsche Anwaltsverein (DAV) im Merkblatt für sog "Syndikusanwälte" aufgestellt habe. Berücksichtige man schließlich, dass die Klägerin mit der Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin offenbar keine Einnahmen erziele, so liege die Annahme nahe, dass der Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht rechtsmissbräuchlich auf eine Pro-Forma-Zulassung gestützt werde. Dieses Vorgehen werde in der juristischen Literatur als "Mogelpackung" bezeichnet, wobei "Phantasieerklärungen" wie die der Beigeladenen zu 1., die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", zum "Top" der "Zulassungsmogelei" gehörten.

8

Zudem sei die Klägerin nicht "wegen der" abhängigen Beschäftigung "kraft gesetzlicher Verpflichtung" Mitglied einer berufsständischen Kammer. Diese setze eine Tätigkeit voraus, deren rechtmäßige Ausübung gesetzlich zwingend die Zulassung zur Anwaltschaft und damit zugleich zwingend die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer nach sich ziehe. Als "juristische Mitarbeiterin" benötige die Klägerin keine besondere Zulassung iS von § 3 RDG, weil sie keine "fremden Angelegenheiten" iS von § 2 Abs 1 RDG besorge; in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin dürfe sie nicht für die Beigeladene zu 1. tätig werden (§ 46 Abs 1 BRAO).

9

Der enge Wortlaut der Ausnahmevorschrift des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI könne nicht mit Hilfe der sog "Vier-Kriterien-Theorie" erweiternd ausgelegt werden, wonach die zu befreiende Tätigkeit kumulativ rechtsberatende, -entscheidende, -vermittelnde und -gestaltende Elemente enthalten müsse. Denn diese vagen und praxisuntauglichen Kriterien, die erhebliche Abgrenzungs- und Definitionsprobleme schüfen und zu unvorhersehbaren Entscheidungen führten, erfüllten auch viele Steuerberater, Rentenberater, Mitarbeiter von Inkassodiensten etc, während sie angestellte Rechtsanwälte bei anwaltlichen Arbeitgebern häufig verfehlten. Das SGB VI koordiniere mit der Befreiungsmöglichkeit die selbständig nebeneinander stehenden, sich partiell überschneidenden Systeme der berufsständischen Altersversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung und vermeide eine doppelte Beitragspflicht zu zwei weitgehend funktionsgleichen Sicherungssystemen, auch wenn dies weder primäres Ziel des Gesetzes noch des historischen Gesetzgebers sei, wie bereits aus § 6 Abs 1 S 3 SGB VI folge. Jedenfalls müsse zwischen der berufsspezifischen Tätigkeit, für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung beansprucht werde, und dem Schutz durch die berufsständische Versorgungseinrichtung ein innerer Zusammenhang bestehen. Aus der Notwendigkeit einer "berufsspezifischen Tätigkeit" folge aber nicht im Umkehrschluss, dass jede "berufsspezifische" Tätigkeit allein bereits für die Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI genüge. Dessen ungeachtet sei die Klägerin aber auch nicht "rechtsentscheidend" tätig, weil sie für Entscheidungen das Einvernehmen ihrer Vorgesetzten benötige.

10

Die Befreiung komme auch nicht deshalb in Betracht, weil die abhängige Beschäftigung der Klägerin für die Beigeladene zu 1. gemeinsam mit der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit eine einheitliche anwaltliche Berufsausübung darstelle. Da die selbständige Rechtsanwaltstätigkeit von vornherein rentenversicherungsfrei sei, strahle sie weder auf die abhängige Hauptbeschäftigung aus noch könnten beide zu einem einheitlichen Anwaltsberuf verschmelzen, der insgesamt zu einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führe. Vielmehr handele es sich bei der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit und der Beschäftigung als angestellte juristische Mitarbeiterin um zwei zeitlich, inhaltlich und funktional abgrenzbare Tätigkeiten, die voneinander unabhängig durch das Berufsausübungsrecht (BRAO einerseits und arbeitsrechtliche Vorschriften andererseits) mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten ausgestattet seien, steuerrechtlich unterschiedlich behandelt würden (Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung einerseits und aus selbständiger Erwerbstätigkeit andererseits) und deshalb eine getrennte Betrachtung erforderten (sog Doppelberufstheorie). Gerade deshalb strebe der DAV eine Änderung des § 46 BRAO an. Dass die Beigeladene zu 1. nunmehr (unverständlicherweise) wünsche, dass alle in ihrer Rechtsabteilung tätigen Volljuristen als Rechtsanwälte zugelassen seien, könne daran nichts ändern, weil die Frage, ob ein angestellter Jurist die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht erfülle, nicht der Disposition des Arbeitgebers unterliegen könne. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als sich der Charakter der abhängigen Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. nach und durch die Zulassung zur Anwaltschaft nicht verändert habe. Die Klägerin sei seit ihrer Zulassung als Rechtsanwältin keine sog "Syndikusanwältin" iS des § 46 BRAO und als solche auch nicht per se von der Versicherungspflicht zu befreien. Denn es stehe weder fest noch sei festzustellen, was unter dem (operationalen) Begriff "Syndikusanwalt" überhaupt zu verstehen sei. Jedenfalls werde die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht als Rechtsanwältin tätig, wie dies § 46 BRAO erfordere, weil sie diese Tätigkeit bis heute nicht entsprechend den zwingenden Formvorschriften der BRAO ausübe. Folgerichtig habe die Beigeladene zu 1. die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft auch nicht zur Einstellungsvoraussetzung gemacht. Aber selbst wenn man die Klägerin als "Syndikusanwältin" ansähe, könnte sie für ihre Tätigkeit als "juristische Mitarbeiterin" nicht befreit werden. Dieses Ergebnis stehe mit der Rechtsprechung des EuGH, des BVerfG und des BGH in Einklang.

11

Schließlich könne die Klägerin einen Befreiungsanspruch auch nicht aus den Verwaltungsrichtlinien der Beklagten iVm Art 3 Abs 1 GG herleiten. Selbst wenn zahlreiche andere Versicherte bei vergleichbarer Sach- und Rechtslage von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - rechtswidrig - befreit worden seien, ergebe sich daraus kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Soweit sie beantragt habe, den Präsidenten der RAK D. dazu als Zeugen zu vernehmen, dass sie wegen ihrer Tätigkeit in Diensten der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin zugelassen worden sei, sei dies nicht entscheidungserheblich und stelle einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.

12

Dagegen hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen (§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 und S 3 SGB VI) und formellen (§§ 103, 202 SGG, § 548 ZPO)Rechts: Zu Unrecht interpretiere die angefochtene Entscheidung - die in der bisherigen Rechtsprechung eine absolute Alleinstellung aufweise - das Tatbestandsmerkmal "wegen" wortlautgetreu in einem konditionalen Sinn. Ein solches Verständnis sei jedoch nicht zwingend. Bei historischer und teleologischer Interpretation solle die Präposition vielmehr zum Ausdruck bringen, dass die ins Auge gefasste Beschäftigung in einem sachlichen Zusammenhang mit einer berufsspezifischen Anwaltstätigkeit stehen müsse, die durch Kammermitgliedschaft der besonderen berufsrechtlichen Überwachung und Qualitätssicherung unterliege. Es sei daher nach einer Kriterienformel zu suchen, mit deren Hilfe zwischen anwaltsspezifischer und -unspezifischer, anwaltlicher und nichtanwaltlicher Tätigkeit unterschieden werden könne. Dies leiste die sog Vier-Kriterien-Theorie, die die Friedensgrenze zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung ziehe, sich in langjähriger Verwaltungspraxis bewährt habe und inhaltlich beschreibe, was das Berufsbild des Anwalts iS der §§ 1 bis 3 BRAO ausmache. Selbst die Beklagte habe die Vierkriterienformel in ihr Merkblatt für nichtanwaltliche Arbeitgeber übernommen; sie sei weder durch eine zwischenzeitliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen überholt noch sei der "Syndikusanwalt" ein neuer, letztlich undefinierbarer Berufsstand. Wende man die Vier-Kriterien-Theorie an, so könne das Kriterium "rechtsentscheidend" vorliegend nicht verneint werden. Denn Unternehmensentscheidungen treffe immer nur der Unternehmer und nicht sein Anwalt. Dieser könne nur durch den richtigen Rat dazu beitragen, dass der Mandant die richtige Entscheidung treffe. Insofern sei jeder Anwalt - wie auch die Klägerin - lediglich in den unternehmerischen Entscheidungsprozess eingebunden. Kein Mandant sei gezwungen, dem anwaltlichen Rechtsrat zu folgen. Dass er beratungsresistent sei, weil andere Gründe (Opportunität, Subjektivität, außerrechtliche Gründe, Starrsinn, Dummheit etc) mehr Gewicht hätten, gehöre zum anwaltlichen Alltag. Auch selbständige Anwälte hätten auf Weisung des Mandanten in einer Weise zu agieren, die ihrem eigenen Vorschlag widerspreche, wenn nur der Mandant hinreichend belehrt und das Tätigwerden nicht gegen Berufsregeln oder Berufsethik verstoße. Denselben Kautelen unterliege der Syndikusanwalt.

13

Aus systematischer Sicht sei § 6 SGB VI keine Ausnahmevorschrift, sondern Kollisionsnorm, die einer extensiven Auslegung zugänglich sei. Andernfalls wären die Anwaltschaft und alle verkammerten freien Berufe von jeglicher Fortbildung ihrer Berufsbilder abgeschnitten, was den Regelungsbereich des Art 12 GG berühre. Verfassungsrechtlich sei eine Gleichstellung der Syndikusanwälte geboten. Soweit sich das LSG auf die sog Doppelberufstheorie des BGH berufe, betreffe sie nur das anwaltliche Berufsrecht, nicht jedoch das Sozialversicherungsrecht. Dasselbe gelte für die Reformüberlegungen des DAV. Etwaige berufsrechtliche Defizite seien sozialrechtlich bedeutungslos. Denn sozialversicherungsrechtlich sei allein die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend, sodass weite Strecken der Bezugnahme auf Berufsrecht (Haftpflicht, Verschwiegenheit, Kanzleischild) im angefochtenen Urteil an der Sache vorbeigingen. Vor diesem Hintergrund seien die Vorhaltungen und Unterstellungen des LSG mit Nachdruck zurückzuweisen, die Klägerin habe im Wege einer Mogelpackung in kollusivem Zusammenwirken mit der Arbeitgeberin den Weg in die Anwaltschaft und das Befreiungsrecht erschlichen und sei nur eine Art Scheinanwältin. Das LSG übersehe, dass die Beigeladene zu 1. von der erstrebten Befreiung beitragsrechtlich nicht profitiere und angestellte Anwälte für sie nicht "bequemer" als bloße Volljuristen seien. Vielmehr wolle die Beigeladene zu 1. ihre Juristen durch die Anwaltszulassung "auf gleiche Augenhöhe" mit externen Anwälten, aber auch mit Behörden stellen und von der "Reputation" profitieren, die ein Anwalt als Organ der Rechtspflege habe. Vor allem aber habe der unabhängige Rechtsrat unabhängiger Anwälte (§ 3 BRAO) mit vollständiger fachlicher Autonomie für den Arbeitgeber besonderen Wert. Vor diesem Hintergrund sei es unschädlich, dass die Klägerin schon früher für die Beigeladene zu 1. als juristische Mitarbeiterin ohne Anwaltszulassung gearbeitet habe. Denn zwischenzeitlich habe sich die Firmenpolitik der Beigeladenen zu 1. insoweit grundlegend geändert, dass nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen zur Anwaltschaft zugelassen werden sollten, nebenberufliche Beschäftigungen nicht mehr genehmigungspflichtig seien und die Klägerin (auch inhaltlich) nicht mehr "am engen Direktionszügel geführt" werde. Zu Unrecht habe das LSG schließlich den Beweisantrag übergangen, weil der Präsident der RAK D. bestätigt hätte, dass die Klägerin (auch) "wegen" ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin in dem vom LSG für richtig gehaltenen Sinne zugelassen worden sei. Ferner sei die Fünf-Monats-Frist zur Übergabe der Entscheidungsgründe an die Geschäftsstelle überschritten und das Urteil deshalb nicht mit Gründen versehen.

14

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2013 und das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 7. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 24. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie ab dem 18. September 2009 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

15

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

16

Sie meint, das angefochtene Urteil sei nicht zu beanstanden. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI sei keine Kollisionsregelung, sondern räume dem Mitglied des berufsständischen Versorgungswerks im Falle einer Doppelversicherung das Gestaltungsrecht ein, sich durch einen Antrag von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen, um sich die doppelte Beitragspflicht zu ersparen. Für den befreiungsnotwendigen Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit einerseits und den Pflichtmitgliedschaften in der Berufskammer und im berufsständischen Versorgungswerk anderseits komme es entscheidend auf die inhaltliche Ausgestaltung der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Diese müsse einem Volljuristen vorbehalten sein und kumulativ rechtsberatende, -gestaltende, -entscheidende und -vermittelnde Merkmale aufweisen. Die Klägerin sei jedoch nicht rechtsentscheidend tätig. Soweit sie dies bestreite, fehle eine substantielle Begründung. Stattdessen rüge sie lediglich, dass das LSG auf eine Anhörung von Repräsentanten der Anwaltschaft verzichtet und sich daher keinen hinreichenden Einblick in die vielfältige betriebliche Praxis von mehr als 20 000 Unternehmensanwälten verschafft habe. Welche Erkenntnisse aus der vielfältigen Praxis für die Beurteilung der konkreten Beschäftigung der Klägerin zu gewinnen gewesen wären, bleibe aber offen. Für die Ausübung der konkreten Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. sei die Zulassung zur Anwaltschaft keine notwendige Voraussetzung gewesen, denn vor und nach der Zulassung seien dieselben Arbeiten ausgeführt worden. Dabei sei unbeachtlich, dass die Beigeladene zu 1. erst keine und später dann doch zugelassene Rechtsanwälte beschäftigen wollte. Denn die Qualifizierung einer Tätigkeit könne nicht von der Disposition des Arbeitgebers abhängen. Das von der Klägerin betriebene Zulassungsverfahren dürfte daher einzig und allein dem Zweck gedient haben, die Altersvorsorge für die von ihr ausgeübte abhängige Beschäftigung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung gestalten zu können. Fehle aber eine berufsrechtlich überwachte und qualitätsgesicherte Berufstätigkeit im Kammerberuf, dann sei der von der Klägerin zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "wegen" in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für ausreichend gehaltene sachliche Zusammenhang zwischen der ausgeübten Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber und der kammerberuflichen Tätigkeit nicht herzustellen.

17

Die Beigeladene zu 2., die keinen Antrag stellt, trägt vor, das angefochtene Urteil sei bereits im Ansatz verfehlt, weil die BRAO keine Beschäftigung definiere, "wegen der" Kammerzugehörigkeit in einer RAK bestehen müsse. Vielmehr stelle jeder Rechtsanwalt seinen Zulassungsantrag ausschließlich für sich selbst. Soweit das LSG rüge, die Klägerin habe ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht wegen ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. betrieben, sei einzuwenden, dass das anwaltliche Berufsrecht eine derartige "Spezialzulassung" überhaupt nicht kenne. Die Klägerin sei richtigerweise zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden; ob ihre Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber als anwaltliche Tätigkeit einzustufen sei, prüfe die RAK nicht. Die Freistellungserklärung stelle lediglich ihre Unabhängigkeit in der Mandatswahrnehmung außerhalb ihres Dienstverhältnisses sicher. Der notwendige Ursachenzusammenhang zwischen der konkreten Tätigkeit und den Pflichtmitgliedschaften in Kammer und berufsständischer Versorgung sei mit Hilfe der Vier-Kriterien-Theorie zu beurteilen, die die Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis anwende, in der Literatur zustimmend aufgenommen worden sei und auch in der sozialgerichtlichen Instanzrechtsprechung Gefolgschaft gefunden habe. BRAK und DAV hätten ebenfalls zustimmende Beschlüsse gefasst. Lehne man die Vier-Kriterien-Theorie ab, müsse die Negativabgrenzung über das Merkmal "berufsfremd" erfolgen. Nach der Rechtsprechung des BSG liege eine berufsfremde Tätigkeit vor, wenn die konkrete Beschäftigung nicht durch schwerpunktmäßig in Ausbildung und Beruf typischerweise gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen geprägt sei. Im Übrigen sei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI keine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, sondern eine Kollisions- oder Koordinationsnorm. Sie solle verhindern, dass die betroffenen Berufsgruppen mit einer doppelten Beitragszahlungspflicht belastet werden, und damit zugleich verfassungsrechtlich (Art 12 Abs 1 GG) gewährleisten, dass Volljuristen nicht von der Wahl des Rechtsanwaltsberufes abgehalten werden. Art 12 GG erlaube jedem Rechtsanwalt, Rechtsrat auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages zu erteilen. Wenn dieser "Zweitberuf" die vier Kriterien (Rechtsberatung, -gestaltung, -vermittlung und -entscheidung) erfülle, sei der Rechtsanwalt auch insoweit Rechtsanwalt und nicht in sonstiger Weise tätig. Dagegen sei die Doppelberufstheorie mit einer tätigkeitsbezogenen Betrachtung im Einzelfall, wie sie § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gebiete, unvereinbar, zumal der Syndikusanwalt einen einheitlichen Beruf ausübe, nämlich den des Rechtsanwalts an zwei Arbeitsstellen. Folglich handele es sich nicht um eine "eigene Berufsgruppe", sondern um einen integralen Teil der Anwaltschaft. Damit sei auch die Behauptung des LSG widerlegt, bei den Syndikusanwälten handele es sich um eine die Sperrwirkung des § 6 Abs 1 S 3 SGB VI auslösende neu entstandene Berufsgruppe. Denn Syndikus-"Anwälte" gebe es schon seit über 125 Jahren. Dass sie ebenso "unabhängig" seien wie "freie" Rechtsanwälte, könne nicht ernsthaft bestritten werden. Denn beide unterlägen dem anwaltlichen Berufsrecht, das als öffentliches Recht zwingend und damit der Disposition durch die Parteien des Mandats- und Anstellungsvertrags entzogen sei. Mit der unbedingten rechtlichen Verpflichtung auf die Vertretung der wohlverstandenen Interessen ihrer Mandanten, der Verpflichtung zur Verschwiegenheit, der Vermeidung der Verfolgung widerstreitender Interessen und der unbedingten Verpflichtung auf das Recht unterlägen Syndikusanwälte außerökonomischen Normen, sodass sie ihrer Funktion als "rechtliches Gewissen" des Unternehmens gerecht werden könnten.

18

Die Beigeladene zu 1. ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts bestätigt und die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum ab dem 18.9.2009 gegen die Beklagte kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1.

20

1. Allerdings hat die Klägerin die von ihr geltend gemachten Verfahrensfehler nicht ausreichend begründet (vgl § 164 Abs 2 SGG). Gemäß § 164 Abs 2 S 3 SGG müssen bei Verfahrensrügen die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Die maßgeblichen Vorgänge müssen so genau angegeben sein, dass das Revisionsgericht sie, die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt, ohne weitere Ermittlungen beurteilen kann (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 15; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 12 mwN).

21

a) Bei einer behaupteten Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) ist darzulegen, warum sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen und ggf zu welchen (Leitherer aaO RdNr 12a). Das erfordert neben der Benennung des nach Auffassung des Revisionsführers ungenutzt gebliebenen Beweismittels die konkrete Darlegung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, in deren Licht der Beweisgegenstand rechtliche Bedeutung erlangt hätte und regelmäßig die Angabe, zu welchem Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme geführt hätte. Eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen Passagen des angegriffenen Urteils fehlt. Die Revisionsbegründung legt auch nicht dar, warum gerade aus der rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts eine Kenntnis der allgemeinen betrieblichen Praxis bzw der Vorstellungen hiermit vertrauter Amtswalter hiervon unabdingbar der Entscheidungsfindung hätte zugrunde gelegt werden müssen. Ebenso wird ein voraussichtliches Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gerade nicht behauptet; vielmehr trägt der Prozessvertreter der Klägerin ausdrücklich vor, er wisse nicht, was der Zeuge "wirklich" gesagt hätte.

22

b) Mit ihrer sinngemäß erhobenen Behauptung, das angefochtene Urteil sei bereits deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil es erst unmittelbar vor bzw erst nach Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung abgefasst worden und mit den Unterschriften der Richter zur Geschäftsstelle gelangt sei, rügt die Klägerin sinngemäß das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen (§ 136 Abs 1 Nr 5 und 6 SGG), also das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO(idF der Bekanntmachung der Neufassung der Zivilprozessordnung vom 5.12.2005, BGBl I 3202). Ihr Vorbringen reicht jedoch nicht aus, um einen solchen Mangel hinreichend darzutun. Wird mit der Revision geltend gemacht, ein Urteil sei nach Ablauf der Fünf-Monats-Frist verspätet abgesetzt und daher nicht mit Gründen versehen, so ist dieser Verfahrensmangel nur dann ausreichend bezeichnet, wenn in der Begründung der Zeitpunkt der Niederlegung des unterschriebenen Urteils auf der Geschäftsstelle angegeben ist (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 5 S 7 und SozR 1750 § 551 Nr 8). Ist dieser Zeitpunkt dem Revisionsführer unbekannt, muss zumindest dargelegt werden, dass und mit welchem Ergebnis versucht worden ist, den Inhalt des amtlichen Vermerks über den Zeitpunkt der Urteilsübergabe zu erfahren (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 6 S 12 und SozR 1750 § 551 Nr 9). Daran fehlt es. Folglich kann die Klägerin ihre Rüge eines Fehlens von Gründen nicht allein auf die zwischen Verkündung und Absetzung des Berufungsurteils verstrichene Zeit stützen. Ebenso wenig zeigt die Revisionsbegründung auf, dass ausnahmsweise trotz Einhaltung der maßgeblichen Fünfmonatsgrenze ein Verfahrensmangel vorliegen könnte, weil sich aus den Umständen des Falls ergibt, dass infolge der verzögerten Absetzung der Entscheidungsgründe die zuverlässige Wiedergabe des Beratungsergebnisses nicht mehr gewährleistet ist (Keller, aaO, § 134 RdNr 4). Hierfür enthält das Revisionsvorbringen keine konkreten fallbezogenen Anhaltspunkte, wie etwa die Maßgeblichkeit einer aufwändigen Beweisaufnahme (BSG Beschluss vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B - SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 17).

23

2. Materiell-rechtlich einschlägig ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der Neufassung von Art 1 Nr 3 Buchst a des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB6uaÄndG) vom 15.12.1995 (BGBl I 1824), der am 1.1.1996 in Kraft getreten und durch Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) ab dem 1.1.2005 (Art 86 Abs 1 aaO) geringfügig modifiziert worden ist. Danach werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn

        

a)    

am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,

        

b)    

für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und

        

c)    

aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

24

3. Die Klägerin ist abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) nach den unangefochtenen und damit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vorliegen. Hiernach erbringt die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. als juristische Mitarbeiterin nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff BGB). Ob sie aufgrund ihrer entgeltlichen Beschäftigung auch (renten-)versicherungspflichtig ist (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 Alt 1 SGB VI), kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, weil insbesondere Feststellungen des Berufungsgerichts zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 8 Abs 1 SGB IV) fehlen.

25

Dessen ungeachtet war eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachaufklärung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG) nicht geboten. Für das Ergebnis des Verfahrens ist unerheblich, ob die begehrte Befreiung bereits deshalb zu versagen ist, weil die Klägerin möglicherweise nicht versicherungspflichtig ist und es damit schon am notwendigen Interesse für die Stellung eines zulässigen Befreiungsantrags fehlt. Die Feststellungen des Berufungsgerichts genügen jedenfalls zur abschließenden Entscheidung über das Fehlen sonstiger notwendiger Tatbestandsvoraussetzungen des Befreiungsrechts.

26

4. Die Klägerin ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab dem 18.9.2009 durch die RAK D. zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Noch hinreichend deutlich ist damit vor dem Hintergrund von § 12 Abs 1, § 34 BRAO gleichzeitig festgestellt, dass am selben Tag der entsprechende (begünstigende) Verwaltungsakt(§ 35 S 1 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO), verkörpert in einer von der RAK ausgestellten Urkunde, durch Aushändigung wirksam geworden ist (§ 12 Abs 1 BRAO). Gemäß § 12 Abs 3 BRAO wurde die Klägerin damit kraft gesetzlicher Verpflichtung (eo ipso) obligatorisches Pflichtmitglied der zulassenden RAK D. (§ 60 Abs 1 S 2 BRAO). Fehler im Zulassungsverfahren oder etwaige Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten lassen diese Pflichtmitgliedschaft unberührt. Der ua für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Handlungsform vorgeschriebene Verwaltungsakt (vgl BGH - Senat für Anwaltssachen - Beschluss vom 15.10.2012 - AnwZ (BrfG) 45/12 - NJW-RR 2013, 303, 304 RdNr 7) bleibt nach den damit einschlägigen allgemeinen Vorschriften des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 35 ff VwVfG) wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs 2 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO). Das LSG hat derartige Aufhebungs- oder Erledigungstatbestände nicht festgestellt, sodass der Zulassungsverwaltungsakt ungeachtet einer möglichen Rechtswidrigkeit weiterhin wirksam ist. Seine rechtsgestaltenden Wirkungen sind damit auch von den mit der Durchführung der Sozialversicherung betrauten Behörden und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in der Weise zu beachten, dass die dort getroffenen Regelungen auch ihnen gegenüber als verbindlich anzusehen sind (sog Tatbestandswirkung). Unter anderem ist deshalb unerheblich, ob die Klägerin im Zulassungsverfahren Falschangaben gemacht hat, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung im Einzelnen vorgelegen haben und welche (Fehl-)Vorstellungen Amtswalter der RAK ggf bei Erlass des Zulassungsverwaltungsaktes hatten. Schon aufgrund der Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes kann es zudem nicht zu einer vom LSG - und Teilen der Anwaltschaft - befürchteten treuwidrigen (§ 242 BGB) und widersprüchlichen (venire contra factum proprium) "Umgehung des Rechtswegs" zu den ordentlichen Gerichten und ggf zum BVerfG und/oder EuGH kommen. Die Sozialgerichtsbarkeit entscheidet rechtlich grundsätzlich - mit Ausnahme der Fälle der Nichtigkeit - nicht, wer seinem Status nach Rechtsanwalt ist.

27

5. Das LSG hat zudem festgestellt, dass die Klägerin zugleich "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung)" geworden ist. Die Beigeladene zu 2. ist als Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Mit der Zulassung durch die RAK wurde die Klägerin auf der Grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des nichtrevisiblen Landesrechts in § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. ipso iure (ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsakts) zeitgleich obligatorisches Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 2. und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der RAK D.

28

6. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gibt indessen versicherungspflichtig Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft weder im Blick auf eine "Beschäftigung" noch auf einen bestimmten Kreis anwaltlicher Betätigungen erfolgt, sondern mit der statusbegründenden Zulassung stets der volle Umfang anwaltlicher Berufsausübung eröffnet ist, der damit auch zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird nämlich unter den tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere der §§ 4 ff BRAO unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche Beschränkung für alle Betätigungen erteilt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege(§ 1 BRAO) und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs 1 BRAO) verbunden sind. Im Blick hierauf könnten bei einem strikt Wortlaut getreuen Normverständnis die tatbestandlichen Befreiungsvoraussetzungen bei Rechtsanwälten zumindest grundsätzlich nicht erfüllt werden. Die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI erlaubt und fordert jedoch zwingend ein den Gegebenheiten des anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung ("… für die Beschäftigung, wegen der …"), wenn und soweit es gerade in diesem Kontext Anwendung findet. Diese auch in der Literatur erörterten Schwierigkeiten schließen indessen die Anwendbarkeit nicht grundsätzlich aus. Im vorliegenden Zusammenhang kann unter "derselben Beschäftigung" iS der Norm die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" verstanden werden.

29

§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI betrifft die Koexistenz von jeweils aufgrund öffentlich-rechtlichen Zwangs angeordneten Versorgungen für die Fälle von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod(sog "doppelte Pflichtmitgliedschaft", Prossliner, NZA 2013, 1384, 1389). Er überlässt es dem hiernach gesetzlich Ermächtigten, es nach jeweils eigener Willensentscheidung entweder durch Untätigkeit bei der Parallelität als gesetzlich stillschweigend angelegtem Regelfall zu belassen oder unter den gesetzlich im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen durch einen hierauf gerichteten materiell-rechtlichen Antrag (§ 6 Abs 2 SGB VI) sein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Verbleib in der berufsständischen Versorgungseinrichtung geltend zu machen. Mit einem Gebrauchmachen von der gesetzlich eröffneten positiven Gestaltungsmöglichkeit kann im Ergebnis eine Doppelbelastung mit Beiträgen und eine mehrfache Absicherung vergleichbarer Risiken vermieden werden. Das Verständnis von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI hat sich an dieser systemübergreifenden Koordinierungsfunktion zu orientieren und darf daher nicht bereits die Schnittmenge beider Bereiche allein nach Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung ("Beschäftigung") bestimmen, die für die Zugehörigkeit zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich ohne Bedeutung sind.

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Maßgeblich für die Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist grundsätzlich nämlich weder die inhaltliche Beschränkung auf einzelne Verrichtungen innerhalb eines Berufsbildes noch die Form von deren Erbringung in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, sondern der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der "Beschäftigung", die § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst.

31

7. Die Klägerin erfüllt indessen auch die Voraussetzungen der in dieser Weise modifiziert verstandenen Norm nicht. Ihre Erwerbstätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. kann dem Berufsfeld der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. Ihre anwaltliche Berufsausübung ist in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Umgekehrt bedarf es - worauf bereits das LSG zutreffend hingewiesen hat - mangels Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber einem Arbeitgeber keiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 2 Abs 1, § 3 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - RDG). Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit ist damit für ihre Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2. und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung ohne Bedeutung, sodass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fehlt und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrigt. Der erkennende Senat kann dies ungeachtet der Tatbestandswirkung der Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nach dem einschlägigen Bundesrecht selbst abschließend beurteilen. Entsprechende Status begründende Verwaltungsakte umfassen ihrem Regelungsgehalt nach nicht die Zuordnung einzelner Tätigkeiten und sind insofern im konkreten Zusammenhang notwendig der eigenständigen Auslegung und Anwendung bedürftig.

32

Die angegriffenen Verwaltungsakte sind bereits deshalb rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Auf das Fehlen von Feststellungen des LSG zu den Voraussetzungen von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI und auf die rechtliche Bedeutung der dort als Voraussetzung einer Entscheidung der Beklagten über die Befreiung geforderten Bestätigung des "Vorliegens der Voraussetzungen" kommt es unter diesen Umständen vorliegend nicht an(vgl hierzu BSG vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 36).

33

Die scheinbare Unvereinbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit "kammerrechtlichen Normen" erlaubt es entgegen der Revision nicht, seinen Wortlaut weitergehend hintanzustellen. Eines systemübergreifenden Verständnisses der Vorschrift bedarf es allein, wenn und soweit das Gesetz notwendig einen identischen Ausgangssachverhalt ("dieselbe Beschäftigung" im Sinne einer potenziell doppelrelevanten Erwerbstätigkeit) erfordert. Kommt es dagegen auf die Voraussetzungen der sich aus dieser Erwerbstätigkeit ergebenden Versicherungspflicht nach dem spezifischen Binnenrecht der jeweiligen Sicherungsform an, beruht die Anwendbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht etwa auf der Erfüllung eines einzigen, sondern auf dem kumulativen Vorliegen mehrerer einschlägiger und gesondert zu prüfender Tatbestände. Aus der Sicht der gesetzlichen Rentenversicherung kann daher ua nicht darauf verzichtet werden, dass die konkret in Frage stehende Erwerbstätigkeit gerade in der äußeren Form einer Beschäftigung (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) ausgeübt werden kann und andererseits gleichzeitig zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Eine lediglich inhaltliche Überschneidung der in den zu koordinierenden Systemen erfassten Erwerbstätigkeit genügt daher nicht. Sie ist zwar stets notwendig, doch ist sie ggf rechtlich - wie in Fällen der vorliegenden Art - nicht hinreichend. Andernfalls würde im Wege der "Auslegung" das funktionell unverzichtbare Erfordernis der Doppelrelevanz einer Erwerbstätigkeit aufgegeben und damit der tatbestandliche Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI überhaupt verlassen. Prüfungstechnisch erübrigt sich jedes Eingehen auf inhaltliche Aspekte einer in Frage stehenden Erwerbstätigkeit, wenn bereits aufgrund ihrer äußeren Form ausscheidet, dass sie mehrfach Versicherungspflicht begründen könnte.

34

Der Senat legt seiner Beurteilung der sozialrechtlichen (Vor-)Frage, ob eine Erwerbstätigkeit dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im Rahmen einer Beschäftigung einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber geschuldet ist, die ständige übereinstimmende Rechtsprechung des für das Berufsrecht der Rechtsanwälte zuständigen BGH, des BVerfG und des EuGH zugrunde. Er sieht auch nach eigener Prüfung keinen Rechtsgrund, hiervon abzuweichen, was grundsätzlich ohnehin erst nach Vorlage an den EuGH (Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV), das BVerfG (Art 100 Abs 1 GG) und/oder durch Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes - RsprEinhG) möglich gewesen wäre. Es fällt auf, dass sich die Revision der anwaltlich vertretenen und ihrerseits zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Klägerin mit diesem überkommenen und gefestigten Bestand des anwaltlichen Berufsrechts allenfalls am Rande befasst. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Rechtsprechung des BGH, dessen Senat für Anwaltssachen neben dem Präsidenten des BGH sowie zwei Mitgliedern des BGH gerade aus Gründen der berufsspezifischen Sachkunde mit zwei Rechtsanwälten als Beisitzern besetzt ist (§ 106 Abs 2 S 1 BRAO).

35

Entgegen der Revision ist ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Umschreibung zunächst der rechtliche Sprachgebrauch in der ständigen Rechtsprechung insbesondere des Senats für Anwaltssachen des BGH, dem sich der erkennende Senat auch insofern anschließt, geklärt. Hiernach ist unter einem "Syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber steht. Der "Syndikusanwalt" ist gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (vgl exemplarisch BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71 mit Hinweis auf BT-Drucks III/120 S 77 und Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6).

36

Inhaltlich entnimmt der BGH dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts in "gefestigter Rechtsprechung" und unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien, dass der Syndikus in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig ist. Bereits in der Entscheidung vom 7.11.1960 (AnwZ (B) 4/60 - BGHZ 33, 276, 279 f) heißt es insofern:

        

"Der Syndikusanwalt hat eine Doppelstellung inne: Er ist einerseits Angestellter und andererseits Rechtsanwalt. Soweit es um das Anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine Eigenschaft als Rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese Eigenschaft ändert nichts daran, daß das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Die Bundesrechtsanwaltsordnung vermochte nicht in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen und schreibt auch für nach ihrem Erlaß abgeschlossene Verträge keinen neuen Arbeitsvertragstypus vor, der den Syndikusanwalt und seinen Dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. Wenn man, wie das die Bundesrechtsanwaltsordnung getan hat, die Institution des Syndikusanwalts bejaht, muß man auch dem gerecht werden, daß der Syndikusanwalt zwei Arbeitsbereiche hat, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Die Amtliche Begründung (zu § 59 S. 77) sagt ganz mit Recht: 'Der Syndikusanwalt entspricht bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild, wie es in der Vorstellung der Allgemeinheit besteht. In das Berufsbild des Anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege geformt hat, läßt sich nur die Tätigkeit einfügen, die der Syndikus als Anwalt außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt. Dagegen sind bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben'."

37

Hieran wird im Rahmen einer kontinuierlichen Verweisungskette bis heute festgehalten (vgl exemplarisch BGH Beschluss vom 25.4.1988 - AnwZ (B) 2/88 - BRAK-Mitt 1988, 271 f; Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71; Beschluss vom 13.3.2000 - AnwZ (B) 25/99 - NJW 2000, 1645; Beschluss vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17, insofern in BGHZ 183, 73 ff nicht abgedruckt; Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6; ebenso BAG Beschluss vom 19.3.1996 - 2 AZB 36/95 - BAGE 82, 239, 241). Im genannten Beschluss vom 7.2.2011 formuliert der BGH - unter ausdrücklicher Erweiterung dieser Rechtsprechung auf das Berufsbild des europäischen Rechtsanwalts (§ 2 Abs 1 EuRAG) - aktuell wie folgt:

        

"Nach gefestigter Rechtsprechung zu dem Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig (BVerfGE 87, 287; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377 Rn. 17). Die mit dem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen Bindungen und Abhängigkeiten stehen nicht im Einklang mit dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigem Berater und Vertreter aller Rechtsuchenden. …"

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In Übereinstimmung hiermit zitiert das BVerfG (Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 294 f) aus der BT-Drucks III/120, S 56 f:

        

"Bei der Prüfung im Einzelfall wird der Maßstab anzulegen sein, der sich aus dem allgemeinen Berufsbild des Rechtsanwalts ergibt. Der Rechtsanwalt muß als solcher in der Beratung und Vertretung unabhängig und objektiv sein. Will der Bewerber z.B. eine Tätigkeit beibehalten, die seine ganze Arbeitskraft in Anspruch nimmt und in der er streng an fremde Weisungen gebunden ist, so bleibt für eine Ausübung des Berufes als Anwalt, an den sich jeder Rechtsuchende wenden könnte, kein Raum mehr. Die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt würde in einem solchem Fall zu einem inhaltsleeren Titel werden. - Unter ähnlichen Gesichtspunkten lassen sich die Grenzen für den sogen. Syndikusanwalt bestimmen, der in einem Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht. Zwar wird ein Bewerber, der Syndikus und Rechtsanwalt zugleich sein will, in seiner Eigenschaft als S y n d i k u s eine juristische Tätigkeit ausüben, wenn er seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand gewährt; diese Tätigkeit kann, rein fachlich betrachtet, der beratenden Tätigkeit eines Rechtsanwalts durchaus entsprechen; seine Stellung als Syndikus mag auch so bedeutend sein, daß er seinem Arbeitgeber gegenüber selbständig und eigenverantwortlich zu handeln vermag. Jedoch würde eine ausschließliche Tätigkeit für ein Unternehmen nicht dem Bild entsprechen, das bei dem Beruf des Rechtsanwalts, von der Allgemeinheit der Rechtsuchenden her gesehen, in seiner Stellung innerhalb der Rechtspflege gegeben sein muß. Das Berufsbild des Rechtsanwalts kann nur dann vorhanden sein, wenn der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben seiner Tätigkeit in dem Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so wäre einem Bewerber die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen. … "

39

Damit ist insbesondere geklärt, dass ungeachtet im Einzelfall arbeitsrechtlich eröffneter Möglichkeiten, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die Eingliederung in die von diesem vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar ist. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts kann sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt ist Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus ist, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätigt. Beide Tätigkeiten sind grundsätzlich getrennt zu betrachten (vgl BGH Beschluss vom 22.3.1999 - PatAnwZ 10/98 - EBE/BGH 1999, 150 f, zum Erfordernis einer mindestens halbjährigen Tätigkeit "bei einem Patentanwalt", das nur dann erfüllt ist, wenn der Antragsteller auf dem Gebiet eines Patentanwalts tätig geworden ist und nicht lediglich im Rahmen eines "Beschäftigungsverhältnisses in einem Unternehmen" bei einem dort ebenfalls angestellten Syndikusanwalt). Soweit der BGH hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erwerb von Fachanwaltsbezeichnungen in begrenztem Umfang Ausnahmen zulässt (vgl BGH Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 mwN, insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt; vgl zur Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens der Fachgerichte, wenn sie Nachweise des Bewerbers über die in seiner Eigenschaft als Syndikusanwalt betreuten Fälle als nicht ausreichend bewerten, BVerfG Beschluss vom 20.3.2007 - 1 BvR 142/07 - NJW 2007, 1945), ist dies für den vorliegenden Zusammenhang erkennbar ohne Bedeutung; im Übrigen sieht der BGH hierdurch seine sonstige Rechtsprechung ausdrücklich als nicht betroffen an.

40

Die Rechtsprechung des BGH wird durch die Materialien zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (BT-Drucks 12/4993) bestätigt. Der Rechtsausschuss (6. Ausschuss) vermerkt in der Drucks 12/7656 (Beschlussempfehlung und Bericht) auf S 49 zu Nummer 18a (§ 46 BRAO):

        

"… Nicht aufgegriffen hat der Ausschuß den in der Anhörung am 1. Dezember 1993 von Vertretern der Syndikusanwälte im Deutschen Anwaltverein vorgebrachten Vorschlag, durch eine Änderung des § 46 BRAO dem Syndikusanwalt einzuräumen, daß er auch im Angestelltenverhältnis als Anwalt tätig wird.

        

Eine solche Änderung hätte zur Folge gehabt, daß der Syndikusanwalt, der jetzt im Nebenberuf Rechtsanwalt ist und im Hauptberuf als Angestellter seinen Arbeitgeber in rechtlichen Angelegenheiten berät, auch in seiner Eigenschaft als rechtlicher Berater seines Arbeitgebers Rechtsanwalt mit allen Rechten und Pflichten ist. Der Ausschuß ist in seinen Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, daß das in den §§ 1 bis 3 BRAO normierte Berufsbild des Rechtsanwalts, wie es sich auch in der Allgemeinheit von ihm als unabhängigem Organ der Rechtspflege gebildet hat, mit der Tätigkeit unvereinbar ist, wenn der Syndikus im Rahmen seines Dienstverhältnisses als Anwalt auftritt. Bei der Tätigkeit, die der Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, sind dann, wenn der Syndikus persönlich mit der Materie des Einzelfalls befaßt gewesen ist, die durch das Gesetz der freien Advokatur gekennzeichneten typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Rechtsanwalts bestimmen, nicht gegeben. Seine freie und unreglementierte Selbstbestimmung wäre im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, in dem er grundsätzlich dem Prinzip der Über- und Unterordnung unterliegt, nicht gewährleistet. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 1992 zum anwaltlichen Zweitberuf (1 BvR 79/85 u. a.) spricht zwar einerseits für eine weitgehende Öffnung zum Zweitberuf, wenn durch Berufsausübungsregelungen die Gefahr von Interessenkollisionen vermieden wird. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang aber auch erneut die Gemeinschaftsgüter der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Rechtspflegeorgan und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege anerkannt. Beides steht nach der einhelligen Auffassung des Ausschusses einer Änderung des § 46 BRAO in dem gewünschten Sinn entgegen."

41

Ebenso hat schließlich der EuGH (Urteil vom 14.9.2010 - C-550/07 P - NJW 2010, 3557) entschieden, dass die Kommunikation zwischen Mandant und Rechtsanwalt einer gemeinsamen Tradition der Mitgliedsstaaten entsprechend nur für Schriftwechsel gilt, der von "unabhängigen Rechtsanwälten" ausgeht, dh von Anwälten, die nicht durch einen Dienstvertrag an den Mandanten gebunden sind.

42

8. Die gegen dieses Ergebnis vorgebrachten Einwände der Revision greifen nicht durch.

43

a) Ungeachtet möglicher inhaltlicher Übereinstimmungen kommt für das Deckungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht, abhängige Beschäftigung und eine daneben ausgeübte selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt im Sinne einer einheitlichen Betrachtung "zusammenzuziehen". Die isolierte Fragestellung, ob eine anwaltliche Tätigkeit in Gestalt einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und damit grundsätzlich eine Befreiungsmöglichkeit eröffnet ist, würde damit gerade verlassen. Die beiden (einzigen) Formen der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die selbständige Tätigkeit und die abhängige Beschäftigung, schließen sich im Übrigen wechselseitig aus. Wo - wie vorliegend - die Befreiung von der Versicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung in Frage steht, können Gesichtspunkte der selbständigen Erwerbstätigkeit keine Rolle spielen. Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung des BSG im Rentenversicherungsrecht, dass, wenn nebeneinander verschiedene rentenversicherungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte vorliegen, das Bestehen von Versicherungspflicht (oder Versicherungsfreiheit bzw Versicherungsbefreiung) hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt hat, jeder Sachverhalt mithin, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbständig zu beurteilen ist und es deshalb zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen und mehrfacher Beitragspflicht kommen kann (vgl BSG Urteile vom 4.11.2009 - B 12 R 7/08 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 19 mit Hinweis auf die Rechtslage bereits vor Inkrafttreten des SGB VI, vom 13.9.1979 - 12 RK 26/77 - BSGE 49, 38, 39 f = SozR 2200 § 1227 Nr 29 S 67, 68 f, mwN und vom 2.6.1982 - 12 RK 66/80 - SozR 5800 § 2 Nr 3; s auch - hieran anknüpfend - die Begründung zum Entwurf eines Rentenreformgesetzes 1992, BT-Drucks 11/4124 S 148).

44

b) Rechtlich ist auch unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich "Elemente" der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweist. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fordert - wie dargelegt - nach Normwortlaut und Funktion stets zusätzlich, dass die Tätigkeit, die zur Versicherungspflicht bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, gleichzeitig in der Form der Beschäftigung ausgeübt wird und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ist dies - wie vorliegend für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einem nicht dem Standesrecht unterworfenen Arbeitgeber - von vornherein ausgeschlossen, sind mögliche Sachbezüge der ausgeübten Erwerbstätigkeit zum Berufsbild des Rechtsanwalts ohne rechtliche Bedeutung. Ihr Vorliegen könnte nicht mehr zu einem Lebenssachverhalt führen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in vollem Umfang erfüllt.

45

Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein innerer (sachlicher) Zusammenhang der behaupteten Art "theorie-"gestützt begründet wird. Was für den inneren Zusammenhang als solchen gilt, betrifft notwendig auch alle zum Beleg seines Vorliegens benannten Einzelkriterien und "Kriterienformeln", damit auch die sog Vier-Kriterien-Theorie ("rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend") und jedes ihrer Elemente. Erst recht fehlt es an jeder Rechtsgrundlage, die "Vier-Kriterien-Theorie" an Stelle des gesetzlichen Tatbestands der Rechtsanwendung zugrunde zu legen und damit die Rechtsfolge des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit der vorliegend in Frage stehenden Fallgruppe zu verbinden, für die sie der hierzu einzig berufene Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen hat. Unterschiedliche Absicherungen in unterschiedlichen Systemen sind Konsequenz des Umstandes, dass synchron und diachron eine Vielzahl von Erwerbstätigkeiten betrieben werden kann, und deren hieran anknüpfende Absicherung nicht ihrerseits im Sinne eines einheitlichen Gesamtkonzepts durch zwingendes Recht koordiniert ist. Es gibt deshalb auch keinen Rechtssatz des Inhalts, dass stets nur die Zugehörigkeit zu einem einzigen Sicherungssystem in Betracht kommen könnte oder es ungeachtet einer Änderung der hierfür rechtlich maßgeblichen Umstände stets bei der einmal begründeten Zuständigkeit eines Systems zu verbleiben habe. Nur soweit der Gesetzgeber hierfür im Einzelfall Anlass gesehen hat und im Anwendungsbereich der jeweiligen Koordinierungsregelung, kann hiervon ausnahmsweise abgesehen werden. Auch insofern bedarf es schließlich keines näheren Eingehens auf den Theorie-Charakter der "Vier-Kriterien-Theorie" im Sinne der Wissenschaftstheorie bzw einer wissenschaftlich betriebenen Jurisprudenz.

46

c) Die gesetzlich geforderte positive Feststellung, dass dieselbe Erwerbstätigkeit, die die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung begründet hat, wegen ihrer Ausübung in der Form der Beschäftigung zugleich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann erst recht nicht durch diejenige ersetzt werden, dass die in der Form der Beschäftigung ausgeübte Erwerbstätigkeit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ursprünglich oder nachträglich entgegensteht. Zwar stellt sich aus der Sicht der allein auf einer arbeitsrechtlichen Nebentätigkeit gründenden Zulassung zur Rechtsanwaltschaft umgekehrt die Frage, ob eine daneben ausgeübte Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf vereinbar ist und daher ihrer Erteilung nicht entgegensteht (§ 7 Nr 8 BRAO)bzw ihren Widerruf nicht fordert (§ 14 Abs 2 Nr 8 BRAO). Indessen ist die hierzu vorliegend umfangreiche - und seit dem Beschluss des BVerfG vom 4.11.1992 (1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287) im Sinne der Liberalisierung nachhaltig geänderte - Rechtsprechung soweit ersichtlich zu keinem Zeitpunkt - selbstwidersprüchlich - auf den Gedanken gekommen, dass eine Unvereinbarkeit schon deshalb nicht vorliegen könnte, weil es sich bei der im Rahmen einer Beschäftigung ausgeübten Tätigkeit um einen genuinen Teil des anwaltlichen Berufsbildes handeln könnte. Die oft zitierte Beschäftigung als Taxi-Fahrer steht der anwaltlichen Berufsausübung nicht entgegen, gehört ihr aber evident nicht zu. Dasselbe gilt insbesondere für den Inhalt solcher Beschäftigungen, die Rechtsberatung gegenüber dritten Personen (vgl BGH Beschlüsse vom 3.3.1986 - AnwZ (B) 1/86 - BGHZ 97, 204, 206 und vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084 und die Nachweise bei BGH Beschluss vom 27.5.1991 - AnwZ (B) 4/91 - NJW 1991, 2289) oder die juristische Sachbearbeitung bei einer Rechtsschutzversicherung (BGH Beschluss vom 21.11.1994 - AnwZ (B) 44/94 - NJW 1995, 1031) zum Inhalt haben. Die Vereinbarkeit von Anwaltsberuf und daneben ausgeübter Tätigkeit ist damit zwar notwendig, weil andernfalls eine Zulassung zur Anwaltschaft nicht erfolgen könnte, zur Begründung der für die Anwendung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI notwendig erforderlichen Doppelrelevanz aber nicht hinreichend. Auch alle sonst von § 7 Nr 8, § 14 Abs 1, Abs 2 Nr 8 BRAO erfassten Tätigkeiten sind gerade solche außerhalb des anwaltlichen Berufsfelds in einem Zweitberuf(vgl exemplarisch BGH vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084).

47

d) Hinweise für eine fehlende Anwendbarkeit von § 46 BRAO auf Fälle der vorliegenden Art fehlen vollständig. Die Vorschrift gehört zu den Berufsausübungsregelungen, die als gegenüber Berufszugangsregelungen (Art 12 Abs 1 GG) der vorstehend erörterten Art weniger schwer wiegender Eingriff das Verhältnis der durch Zulassung eröffneten anwaltlichen Berufstätigkeit zu einer daneben ausgeübten Beschäftigung betreffen. Insofern begründet § 46 BRAO besondere Berufspflichten der Syndikusanwälte und bestätigt im Rückschluss gleichzeitig, dass die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung der Rechtsstellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege selbst dann nicht von vornherein entgegensteht, wenn sie anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen und die Arbeitszeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt(vgl BVerfG Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 297; zur fehlenden Anwendbarkeit von § 46 BRAO bei einem angestellten Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei Mandate bearbeitet, die sein Arbeitgeber oder Dienstherr übernommen hat s im Übrigen BGH Beschlüsse vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - BGHZ 166, 299 und vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt). Auch insofern geht es jedoch stets um die Abgrenzung verschiedener rechtsberatender und -besorgender Tätigkeiten (vgl BGH Beschluss vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084) und insbesondere um die Unterscheidung zwischen dem weisungsfreien, unabhängigen Rechtsanwalt und dem Syndikusanwalt, der im Rahmen eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und Arbeitskraft zur Verfügung stellen muss (BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69; BGH Beschlüsse vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130 und vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1520 RdNr 27; Anwaltsgerichtshof Hamburg Beschluss vom 3.9.2002 - II ZU 11/01 - BRAK-Mitt 2002, 283).

48

e) Der von der Revision mit der verbreiteten Bezeichnung "Doppelberufstheorie" bezeichnete rechtliche Umstand gibt unter diesen Umständen der Sache nach die von BGH, BAG, BVerfG und EuGH übereinstimmend gegebene und fortlaufend bestätigte negative Antwort auf die Rechtsfrage wieder, ob der Syndikusanwalt auch in seiner abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwalt anzusehen ist. Soweit mit der Wortwahl eine geringere Verbindlichkeit im Sinne einer interpretativen "Kleintheorie" (vgl zur Klassifikation in Anlehnung an Ralf Dreier Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl, Köln/München 2008, S 163, 165) behauptet werden soll, steht dem "die fundamentale objektive Bedeutung der seit einem Jahrhundert durchgesetzten freien Advokatur" (BVerfG Beschluss vom 8.3.1983 - 1 BvR 1078/80 - BVerfGE 63, 266, 282) und das Gewicht einer über Jahrzehnte fortgeführten einhelligen Auffassung der Rechtsprechung und von deren Bindungswirkung entgegen, die ein formloses Abweichen zugunsten eines anderen gedanklichen Konstrukts zumindest nicht ohne Weiteres erlauben. Weder wird mit einem derartigen Verständnis der BRAO ein "einheitlicher Beruf künstlich aufgespalten" noch führt die Revision nachvollziehbare Hinweise auf eine "Aufweichung" oder "Aufhebung" des mit der Bezeichnung "Doppelberufs- oder Zweitberufstheorie" benannten rechtlichen Sachverhalts auf.

49

f) § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ist als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig. Die Klägerin gehört als abhängig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung(vgl § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV) und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 SGB VI) Zwangsversicherten. Diese einfachgesetzliche Leitentscheidung wird für den Personenkreis, dem die Klägerin zugehört, auch nicht unmittelbar spezialgesetzlich modifiziert oder revoziert. Umstände, die - ihrerseits typisierend - trotz Ausübung einer Beschäftigung der Annahme der Schutzbedürftigkeit entgegenstehen und daher Anlass zu einer Tatbestandsreduktion geben könnten, sind gesetzlich nicht umschrieben. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Tatbestandsreduktion, die Anlass gegeben hätten, von vornherein von der Anordnung der Rechtsfolge Versicherungspflicht abzusehen (zB § 1 S 3 SGB VI) oder trotz Eröffnung des Anwendungsbereichs der Beschäftigtenversicherung ausnahmsweise unmittelbar kraft Gesetzes Versicherungsfreiheit anzuordnen (§ 5 Abs 1 S 1 Nr 1 - Nr 3 SGB VI), sind erkennbar nicht erfüllt. Die vorliegend allein in Frage stehende Regelung des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gehört zu einem Kreis von Bestimmungen, die den betroffenen Pflichtversicherten unter den im Gesetz jeweils im Einzelnen umschriebenen Voraussetzungen nach eigenem "Entschließungsermessen" einen Anspruch auf eine konstitutive Befreiung von der Rentenversicherungspflicht durch einen gebundenen Verwaltungsakt des Rentenversicherungsträgers mit grundsätzlich auf die in Frage stehende Beschäftigung begrenzter Wirkung(§ 6 Abs 5 SGB VI) gewähren, um nachfolgend allein im berufsständischen Versorgungswerk mit günstigeren Bedingungen zu verbleiben. Eine vollständige Entlassung aus der öffentlichen Sozialversicherung ist dagegen nicht möglich (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16).

50

Nur ausnahmsweise gewinnen daher die von beiden Systemen Erfassten ihre Vorsorgefreiheit (Art 2 Abs 1 GG) durch Befreiungsregelungen begrenzt zurück. Bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI handelt es sich dem Konzept der abgestuften Schutzbedürftigkeit folgend bereits innerhalb der Beschäftigtenversicherung um eine abschließende Ausnahmeregelung, die einer erweiternden oder entsprechenden Anwendung nicht zugänglich ist(vgl BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 9733). Sein Ausnahmecharakter wird zudem dadurch weiter bestätigt, dass er auch innerhalb seines Anwendungsbereichs ein Befreiungsrecht keineswegs für alle Fälle der Doppelzugehörigkeit vorsieht. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Revision auch nicht etwa deshalb, weil es sich bei ihm um eine "Kollisionsnorm" handele, deren Aufgabe darin liege, zugunsten der berufsständischen Versorgungseinrichtungen die Anwendbarkeit jeweils nur einer (einzigen) Rechtsmasse sicherzustellen.

51

Kollisionsnormen betreffen die Frage, welches Recht als sog Sachnorm zur Anwendung kommt, wenn der Regelungsgegenstand gleichzeitig von mehreren Rechtsmassen erfasst ist. Sie bestimmen entweder beschränkt auf die Binnensicht nur einer Menge von Rechtssätzen, ob diese Anwendbarkeit beanspruchen, obwohl gleichzeitig andere Normbestände als einschlägig in Betracht kommen (einseitige Kollisionsnorm) oder legen für die Gesamtheit der einschlägigen Rechtsmassen umfassend fest, nach welcher von ihnen sich die rechtliche Beurteilung des Regelungsgegenstandes richtet (mehrseitige Kollisionsnorm). Nur soweit umfassend für alle Fälle des Zusammentreffens einschlägiger Rechtssätze die Anwendbarkeit wenigstens einer der in Frage stehenden Rechtsmassen abschließend abstrakt-generell bestimmt wird, kann ohne Weiteres von einer Kollisionsnorm in diesem Sinne gesprochen werden. Im Blick hierauf handelt es sich bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI im umfassenden Sinne um eine Koordinationsregelung und entgegen der Behauptung der Klägerin allenfalls in einem sehr beschränkten Sinne um den Sonderfall einer Koordinierung von Systemen durch eine Kollisionsnorm mit Ausschlusswirkung zugunsten der berufsständischen Versorgung. Beides schließt sich damit entgegen dem Einwand der Beigeladenen zu 2. nicht aus. Nur wenn nämlich kumulativ alle objektiven Elemente des umfangreichen mehrgliedrigen Tatbestandes erfüllt sind, insbesondere allen Anforderungen an die Art der berufsständischen Versorgungseinrichtungen, an die Gleichartigkeit der Beitragserhebung sowie an die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes genügt ist, und die hiernach Berechtigten positiv von dem ihnen eingeräumten "Entschließungsermessen" Gebrauch gemacht haben, kommt es (mittelbar) zum Ausschluss der Rentenversicherungspflicht. Das Gesetz beschränkt sich insofern typisierend auf Fallkonstellationen, bei denen insbesondere gleichermaßen das Bestandsinteresse und die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung wie der Gesichtspunkt der Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes der Betroffenen durch die berufsständische Versorgungseinrichtung berücksichtigt und gegeneinander abgewogen sind. Handelt es sich demgegenüber um Sachverhalte außerhalb des objektiven Anwendungsbereichs oder betätigt ein Berechtigter sein "Entschließungsermessen" nicht, fehlt es vollständig an einer kollisionsrechtlichen Rechtsfolgenanordnung und belässt es das Gesetz mit der Folge der Doppelversicherung bei der parallelen Anwendbarkeit der jeweils einschlägigen Rechtssätze. Keineswegs besteht damit nach dem zugrunde liegenden Regelungskonzept für jeden Kollisionsfall auch Bedarf nach einer eindeutigen (Nicht-)Anwendungsregelung und damit ggf einem weiten Verständnis des gesetzlichen Tatbestands.

52

g) Ebenfalls entgegen der Revision ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI weder bevorzugt dazu bestimmt, den Interessen von Freiberuflern zu dienen, noch bezweckt er in besonderer Weise den Bestandsschutz berufsständischer Versorgungswerke. Im Rahmen seines positiven Anwendungsbereichs bestimmt § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI aus der Binnenperspektive der gesetzlichen Rentenversicherung einseitig, ob es bei der normativen Anordnung von Versicherungspflicht aus § 1 S 1 Nr 1 SGB VI verbleibt oder ob hiervon ausnahmsweise wegen einer aus ihrer Sicht ausreichenden anderweitigen Absicherung abgesehen werden kann(vgl BT-Drucks 13/2590, S 18; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 22; Horn/Jung, AnwBl 2013 , 420, 421; Horn, NJW 2012, 966, 971; Gürtner in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 6 RdNr 4; Kilger/Prossliner, NJW 2004, 821, 823; Offermann-Burckart, MDR 2013, 1197; Rid, BB-Special 3/2008, 10, 14). Er kann schon deshalb keine "magna charta" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen repräsentieren, die allenfalls im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen sind.

53

Die Entstehungsgeschichte bestätigt dieses Ergebnis. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI hatte bis zum 31.12.1995 folgenden Wortlaut:

"(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.    

Angestellte und selbständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepaßt werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist, …"

54

Soweit die Materialien zum Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) in ihrem "Allgemeinen Teil" metaphorisch von einer "Friedensgrenze" (BT-Drucks 13/2590 S 1) unter "Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Systeme" (BT-Drucks 13/2590 S 18) sprechen, geschieht dies allein im Kontext der beabsichtigten Verschärfung der rentenversicherungsrechtlichen Befreiungsregelung und zur Vermeidung der befürchteten Erosion der gesetzlichen Rentenversicherung. Belange der Versorgungsträger finden demgegenüber nur insofern Erwähnung, als mit der vorgesehenen Beschränkung des Befreiungsrechts "im Ergebnis die seit langem akzeptierte Abgrenzung zwischen berufsständischer Versorgung und gesetzlicher Rentenversicherung in ihrer bisherigen Ausprägung gefestigt wird." Insbesondere ergibt sich aus den in BT-Drucks 13/2590 niedergelegten Erwägungen nicht andeutungsweise, dass mit der Schaffung der derzeit geltenden Fassung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für bestimmte Personengruppen von der Doppelrelevanz einer im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung als Beschäftigung ausgeübten Erwerbstätigkeit abgesehen bzw die Alterssicherung für eine lediglich parallel hierzu ausgeübte freiberufliche Tätigkeit als eigenständiger Befreiungsgrund ausgestaltet werden sollte. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach neuem (insofern seit 1.1.1996 geltendem) Recht erfolgende Befreiungen für alle erfassten Berufsgruppen in gleicher Weise ausgestaltet. Die "Klarstellung", auf welche Tätigkeit oder Beschäftigung sich das Befreiungsrecht beschränkt (BT-Drucks 13/2590 S 22), erfasst daher die Gesamtheit der Normbetroffenen und damit selbstverständlich auch den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis. Ob das bis dahin geltende Recht möglicherweise anders verstanden werden konnte und daher die seit dem 1.1.1996 geltende Neufassung über eine bloße Klarstellung hinaus die Setzung neuen Rechts verkörpert, ist für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung (vgl zur Bedeutung einer gesetzgeberischen "Klarstellung" für die Vergangenheit zuletzt BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - DB 2014, 634 = NVwZ 2014, 577).

55

h) Das gefundene Ergebnis verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die einschlägigen Fragen sind durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt. Der Gesetzgeber darf zur Bestimmung der Schutzbedürftigen typisierend an den Sachverhalt der Beschäftigung anknüpfen und in Verbindung hiermit Versicherungszwang anordnen. Hiergegen bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG Beschlüsse vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11 S 27 f und vom 14.10.1970 - 1 BvR 753/68 ua - SozR Nr 8 zu Art 2 GG; vgl im Übrigen die Nachweise bei BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 29). Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verletzt die Betroffenen insbesondere nicht in ihrem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG (vgl BVerfG Beschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00, 1 BvR 11 BvR 1355/03 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 25) und berührt mangels eines unmittelbar berufsregelnden Charakters nicht den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 27). Ein - von der Klägerin im Übrigen auch nicht gerügter - Eingriff in ihr Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG scheidet schon deshalb aus, weil der Gesetzgeber insbesondere mit der Einführung einer grundsätzlichen Versicherungspflicht für Beschäftigte von seinem weiten Gestaltungsspielraum im Spannungsverhältnis zwischen der individuellen Freiheit und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 28) in verfassungsgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat. Insbesondere verletzen die Pflichtmitgliedschaft und die damit ggf einhergehende Pflicht zur Beitragstragung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich auch bei Höherverdienenden, die anderweitig für ihre Alterssicherung Sorge tragen könnten, nicht Art 2 Abs 1 GG. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit eines Versicherungspflichtigen, sondern lediglich den Tatbestand der Beschäftigung voraussetzt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass diejenigen Personen, die ihre Arbeitskraft in den Dienst anderer stellen, im Allgemeinen auf diese Beschäftigung zur Erlangung ihres Lebensunterhalts angewiesen und daher - auch im Hinblick auf die Alterssicherung - sozial schutzbedürftig sind (vgl BVerfG Beschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 945/95 - SozR 4-2600 § 7 Nr 2 RdNr 13 mwN).

56

Bei der ausnahmsweisen Eröffnung von Befreiungsmöglichkeiten zur Beseitigung eines unmittelbar gesetzlich angeordneten Versicherungszwangs darf der Gesetzgeber, der die Vorsorgefreiheit Beschäftigter aus Art 2 Abs 1 GG verfassungsrechtlich bedenkenfrei begrenzt hat, erst recht die Leistungsfähigkeit der verbleibenden Versichertengemeinschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen und insbesondere dem Anliegen, Versicherte mit typischerweise günstigen Risiken in der gesetzlichen Rentenversicherung zu halten, vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) erhebliche Bedeutung beimessen; insofern kommt es auf die möglicherweise geringe Zahl der Betroffenen nicht an (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16 ff, 19). Die gesetzliche Rentenversicherung kennt unter Berücksichtigung dieser Vorgaben weder ein allgemeines Befreiungsrecht noch im Blick auf die gleichzeitige Absicherung in anderen Systemen einen allgemeinen Grundsatz der Vermeidung von "Doppelversicherungen". Auch gibt es von Verfassung wegen kein Wahlrecht zugunsten der jeweils günstigsten Versorgungsmöglichkeit (vgl insgesamt die Nachweise bei BSG Urteil vom 9.3.2005 - B 12 RA 8/03 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 3 RdNr 6). Umgekehrt ist für das berufsständische Versorgungsrecht geklärt, dass es nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, wenn sich die Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk auch auf in der gesetzlichen Angestelltenversicherung pflichtversicherte Berufsangehörige erstreckt (vgl BVerwG Beschluss vom 23.3.2000 - 1 B 15/00 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr 42 und die dortigen Nachweise).

57

Der verfassungsrechtlich damit unbedenkliche öffentlich-rechtliche Eingriff in die Vorsorgefreiheit der betroffenen Versicherten steht umgekehrt für seinen Anwendungsbereich eigenen individuellen Gestaltungen durch privatrechtlichen Vertragsschluss entgegen. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 73 und die dortigen Nachweise). Das gilt ohne Weiteres auch für die Wahl unter mehreren öffentlich-rechtlich ausgestalteten Sicherungssystemen nach Maßgabe individueller Günstigkeitserwägungen des Beschäftigten bzw der Arbeitsvertragsparteien. Diesen bleibt es im Übrigen zwar grundsätzlich unbenommen, Anknüpfungssachverhalte des Privatrechts, auf die das Gesetz öffentlich-rechtliche Normbefehle tatbestandlich stützt, selbst zu gestalten (vgl exemplarisch BSG Urteil vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 95 ff: Ausgestaltung der Übungsleitertätigkeit wahlweise als Beschäftigung oder als Ausdruck der Mitgliedschaftspflicht). Auch derartige Möglichkeiten der autonomen Gestaltung von Anknüpfungssachverhalten sind indessen versperrt, wo der Gesetzgeber die öffentlich-rechtliche Anordnung von Versicherungspflicht auch tatbestandlich auf zwingendes öffentliches Recht stützt. Soweit er daher in Ausübung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz aus Art 74 Abs 1 Nr 1 GG die "Rechtsanwaltschaft" ausgestaltet hat, ist weder für einzelne Normbetroffene - ggf im Zusammenwirken mit ihren Arbeitgebern - noch für berufsständische Organisationen die Möglichkeit eröffnet, selbst über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu disponieren oder das Berufsrecht "fortzuentwickeln". Mangels privatrechtlicher Gestaltungsmöglichkeit scheidet insofern auch eine mikroökonomische Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der "win-win-Situation" von vornherein aus. Hiervon unabhängig können die Arbeitsvertragsparteien indessen - wenn auch ohne versorgungsrechtliche Auswirkungen - die Grundlagen für eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft neben dem Arbeitsverhältnis schaffen, dem Arbeitnehmer auf diese Weise ein zusätzliches Betätigungsfeld eröffnen und den Arbeitgeber am Sozialprestige der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft teilhaben lassen.

58

i) Auf eine vom Gesetz abweichende rechtswidrige Verwaltungspraxis der Beklagten kann sich der von der Klägerin repräsentierte Personenkreis nicht berufen (vgl BVerfG Beschluss vom 17.6.2004 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54). Außerhalb der vorliegend zur Entscheidung stehenden Fälle, bei denen es jeweils um die erstmalige Befreiung für einen bestimmten Zeitraum geht, weist der Senat hinsichtlich der derzeitigen Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung auf Folgendes hin: Sie haben - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidungen, das über den Schutz durch die §§ 44 ff SGB X hinausgehen dürfte. Insbesondere haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (wenn auch ohne gesetzliche Grundlage) die "Vier-Kriterien-Theorie" selbst mit befördert und angewandt. Schon weil damit bei der gebotenen typisierenden Betrachtung Lebensentscheidungen über die persönliche Vorsorge nachhaltig mit beeinflusst wurden, kann einer Änderung der Rechtsauffassung hinsichtlich ergangener Befreiungsentscheidungen grundsätzlich keine Bedeutung zukommen. Demgegenüber ist vorliegend nicht näher darauf einzugehen, dass der 12. Senat des BSG bereits in seiner Sitzung vom 9.3.2005 eine der vorliegenden Entscheidung entsprechende Rechtsauffassung angedeutet hatte. Damals war es in den Verfahren B 12 RA 3/04 R, B 12 RA 4/04 R und B 12 RA 11/04 R (Presse-Vorbericht Nr 12/05 vom 23.2.2005) jeweils um die Frage gegangen, ob die Kläger, die jeweils als Rechtsanwälte in Schleswig-Holstein zugelassen waren und bei unterschiedlichen in Hamburg residierenden Unternehmen beschäftigt waren, für ihre Beschäftigung von der Versicherungspflicht zu befreien waren. Die Revisionen wurden damals in allen drei Verfahren zurückgenommen (vgl Presse-Mitteilung Nr 12/05 vom 10.3.2005).

59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

(1) Die Approbation als Arzt ist auf Antrag zu erteilen, wenn der Antragsteller

1.
(weggefallen)
2.
sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt,
3.
nicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs ungeeignet ist,
4.
nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens 5 500 Stunden und einer Dauer von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden hat,
5.
über die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.
Eine in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum abgeschlossene ärztliche Ausbildung gilt als Ausbildung im Sinne der Nummer 4, wenn sie durch Vorlage eines Europäischen Berufsausweises, eines nach dem 20. Dezember 1976 ausgestellten, in der Anlage zu diesem Gesetz aufgeführten ärztlichen Ausbildungsnachweises eines der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines in der Anlage zu diesem Gesetz aufgeführten, nach dem 31. Dezember 1992 ausgestellten ärztlichen Ausbildungsnachweises eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nachgewiesen wird. Bei ärztlichen Ausbildungsnachweisen von nach dem 20. Dezember 1976 der Europäischen Union beigetretenen Mitgliedstaaten wird auf eine Ausbildung abgestellt, die nach dem entsprechenden Datum begonnen wurde; hierfür gilt das Datum des Beitritts oder, bei abweichender Vereinbarung, das hiernach maßgebende Datum, bei ärztlichen Ausbildungsnachweisen eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, mit dem eine besondere Vereinbarung zum Zeitpunkt der Geltung der Verpflichtungen aus den Richtlinien 75/362/EWG und 75/363/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 (ABl. EG Nr. L 167 S. 1 und S. 14) getroffen worden ist, das hiernach maßgebende Datum. Sätze 2 und 3 gelten entsprechend für Ausbildungsnachweise von Vertragsstaaten, denen Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, ab dem hierfür maßgebenden Zeitpunkt. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die Anlage zu diesem Gesetz späteren Änderungen von Anhang V Nummer 5.1.1 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EU Nr. L 255 S. 22, 2007 Nr. L 271 S. 18) anzupassen. Gleichwertig den in Satz 2 genannten ärztlichen Ausbildungsnachweisen sind nach dem in Satz 2, 3 oder 4 genannten Zeitpunkt von einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder einem Vertragsstaat, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, ausgestellte ärztliche Ausbildungsnachweise, die den in der Anlage zu Satz 2 für den betreffenden Staat aufgeführten Bezeichnungen nicht entsprechen, aber mit einer Bescheinigung der zuständigen Behörde oder Stelle des Staates darüber vorgelegt werden, daß sie eine Ausbildung abschließen, die den Mindestanforderungen des Artikels 24 der Richtlinie 2005/36/EG entspricht, und daß sie den für diesen Staat in der Anlage zu Satz 2 aufgeführten Nachweisen gleichstehen. Eine Approbation wird nicht erteilt, wenn eine ärztliche Prüfung oder ein Abschnitt der ärztlichen Prüfung nach der Rechtsverordnung gemäß § 4 Abs. 1 endgültig nicht bestanden wurde. Satz 7 findet keine Anwendung, wenn der Antragsteller einen nach der Richtlinie 2005/36/EG anzuerkennenden Ausbildungsnachweis besitzt.

(1a) Die zuständigen Behörden des Landes, in dem der ärztliche Beruf ausgeübt wird oder zuletzt ausgeübt worden ist, unterrichten die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats über das Vorliegen strafrechtlicher Sanktionen, über die Rücknahme, den Widerruf und die Anordnung des Ruhens der Approbation oder Erlaubnis, über die Untersagung der Ausübung der Tätigkeit und über Tatsachen, die eine dieser Sanktionen oder Maßnahmen rechtfertigen würden; dabei sind die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten einzuhalten. Erhalten die zuständigen Behörden Auskünfte der zuständigen Behörden von Aufnahmemitgliedstaaten, die sich auf die Ausübung des ärztlichen Berufs auswirken könnten, so prüfen sie die Richtigkeit der Sachverhalte, befinden über Art und Umfang der durchzuführenden Prüfungen und unterrichten den Aufnahmemitgliedstaat über die Konsequenzen, die sie aus den übermittelten Auskünften ziehen. Die Länder benennen die Behörden und Stellen, die für die Ausstellung oder Entgegennahme der in der Richtlinie 2005/36/EG genannten Ausbildungsnachweise und sonstigen Unterlagen oder Informationen zuständig sind, sowie die Behörden und Stellen, die die Anträge annehmen und die Entscheidungen treffen können, die im Zusammenhang mit dieser Richtlinie stehen. Sie sorgen dafür, dass das Bundesministerium für Gesundheit unverzüglich unterrichtet wird. Das Bundesministerium für Gesundheit übermittelt die Informationen unverzüglich den anderen Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission. Die Länder können zur Wahrnehmung der Aufgaben nach den Sätzen 1 bis 3 gemeinsame Stellen bestimmen. Das Bundesministerium für Gesundheit übermittelt nach entsprechender Mitteilung der Länder statistische Aufstellungen über die getroffenen Entscheidungen, die die Europäische Kommission für den nach Artikel 60 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG erforderlichen Bericht benötigt.

(2) Ist die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 nicht erfüllt, so ist Antragstellern, die ihre ärztliche Ausbildung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz abgeschlossen haben und nicht unter Absatz 1 oder § 14b fallen, die Approbation zu erteilen, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist. Der Ausbildungsstand ist als gleichwertig anzusehen, wenn die Ausbildung des Antragstellers keine wesentlichen Unterschiede gegenüber der Ausbildung aufweist, die in diesem Gesetz und in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 geregelt ist. Wesentliche Unterschiede nach Satz 2 liegen vor, wenn

1.
die Ausbildung der Antragsteller sich hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit auf Fächer bezieht, die sich wesentlich von der deutschen Ausbildung unterscheiden, oder
2.
der Beruf des Arztes eine oder mehrere reglementierte Tätigkeiten umfasst, die in dem Staat, der den Ausbildungsnachweis ausgestellt hat, nicht Bestandteil des Berufs des Arztes sind, und sich die deutsche Ausbildung auf Fächer bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die von dem Ausbildungsnachweis der Antragsteller abgedeckt werden.
Fächer unterscheiden sich wesentlich, bei denen Kenntnis und Fähigkeiten eine wesentliche Voraussetzung für die Ausübung des Berufs sind und bei denen die Ausbildung der Antragsteller gegenüber der deutschen Ausbildung wesentliche Abweichungen hinsichtlich des Inhalts aufweist. Wesentliche Unterschiede können ganz oder teilweise durch Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeglichen werden, die die Antragsteller im Rahmen ihrer ärztlichen Berufspraxis in Voll- oder Teilzeit oder durch lebenslanges Lernen erworben haben, sofern die durch lebenslanges Lernen erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten von einer dafür in dem jeweiligen Staat zuständigen Stelle formell als gültig anerkannt wurden; dabei ist nicht entscheidend, in welchem Staat diese Kenntnisse und Fähigkeiten erworben worden sind. Liegen wesentliche Unterschiede nach den Sätzen 3 bis 5 vor, müssen die Antragsteller nachweisen, dass sie über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die zur Ausübung des Berufs des Arztes erforderlich sind. Dieser Nachweis ist durch eine Eignungsprüfung zu erbringen, die sich auf die festgestellten wesentlichen Unterschiede bezieht. Über die Feststellung der wesentlichen Unterschiede, die zur Auferlegung einer Eignungsprüfung führt, ist den Antragstellern spätestens vier Monate, nachdem der zuständigen Behörde alle erforderlichen Unterlagen vorliegen, ein rechtsmittelfähiger Bescheid zu erteilen. Im Fall des § 81a des Aufenthaltsgesetzes soll der Bescheid innerhalb von zwei Monaten erteilt werden. Die Sätze 2 bis 9 gelten auch für Antragsteller, die über einen Ausbildungsnachweis als Arzt verfügen, der in einem anderen als den in Satz 1 genannten Staaten (Drittstaat) ausgestellt ist und den ein anderer der in Satz 1 genannten Staaten anerkannt hat.

(3) Ist die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 nicht erfüllt, so ist Antragstellern, die über einen Ausbildungsnachweis als Arzt verfügen, der in einem anderen als den in Absatz 2 Satz 1 genannten Staaten (Drittstaat) ausgestellt ist, die Approbation zu erteilen, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist. Für die Prüfung der Gleichwertigkeit gilt Absatz 2 Satz 2 bis 6 sowie 8 und 9 entsprechend. Der Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten wird durch das Ablegen einer Prüfung erbracht, die sich auf den Inhalt der staatlichen Abschlussprüfung bezieht. Die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sind nach Satz 3 auch nachzuweisen, wenn die Prüfung des Antrags nur mit unangemessenem zeitlichen oder sachlichen Aufwand möglich ist, weil die erforderlichen Unterlagen und Nachweise aus Gründen, die nicht in der Person der Antragsteller liegen, von diesen nicht vorgelegt werden können.

(3a) Wird die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 auf eine Ausbildung gestützt, die außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeschlossen worden ist, sollen die Voraussetzungen der Gleichwertigkeit der Berufsqualifikation nach den Absätzen 2 oder 3 vor den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, 3 und 5 geprüft werden. Auf Antrag ist dem Antragsteller ein gesonderter Bescheid über die Feststellung der Gleichwertigkeit seiner Berufsqualifikation zu erteilen.

(4) Soll die Erteilung der Approbation wegen Fehlens einer der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 abgelehnt werden, so ist der Antragsteller oder sein gesetzlicher Vertreter vorher zu hören.

(5) Ist gegen den Antragsteller wegen des Verdachts einer Straftat, aus der sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergeben kann, ein Strafverfahren eingeleitet, so kann die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Approbation bis zur Beendigung des Verfahrens ausgesetzt werden.

(6) Wenn ein Antragsteller die Approbation auf Grund einer außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeschlossenen Ausbildung für die Ausübung des ärztlichen Berufs beantragt, sind folgende Unterlagen und Bescheinigungen vorzulegen:

1.
ein Identitätsnachweis,
1a.
eine tabellarische Aufstellung der absolvierten Ausbildungsgänge und der ausgeübten Erwerbstätigkeiten,
2.
eine amtlich beglaubigte Kopie der Befähigungsnachweise oder des Ausbildungsnachweises, der zur Aufnahme des entsprechenden Berufs berechtigt sowie gegebenenfalls eine Bescheinigung über die von der betreffenden Person erworbene Berufserfahrung,
2a.
im Fall von Absatz 3 eine Bescheinigung über die Berechtigung zur Berufsausübung im Herkunftsstaat und Unterlagen, die geeignet sind darzulegen, im Inland den ärztlichen Beruf ausüben zu wollen,
3.
die Unterlagen, die von den zuständigen Behörden des Herkunftsstaats ausgestellt wurden und belegen, dass die Erfordernisse nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 erfüllt werden oder, wenn im Herkunftsstaat die vorgenannten Unterlagen nicht ausgestellt werden, eine eidesstattliche Erklärung oder – in den Staaten, in denen es keine eidesstattliche Erklärung gibt – eine feierliche Erklärung, die die betreffende Person vor einer zuständigen Justiz- oder Verwaltungsbehörde oder gegebenenfalls vor einem Notar oder einer entsprechend bevollmächtigten Berufsorganisation des Herkunftsstaats, der eine diese eidesstattliche oder feierliche Erklärung bestätigende Bescheinigung ausstellt, abgegeben hat,
4.
der Nachweis nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3, wobei ein entsprechender Nachweis, der im Herkunftsmitgliedstaat gefordert wird, anerkannt wird oder, wenn im Herkunftsmitgliedstaat kein derartiger Nachweis verlangt wird, eine von einer zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats ausgestellte Bescheinigung,
5.
eine Bescheinigung der zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats, aus der hervorgeht, dass die Nachweise über die geforderten Ausbildungsvoraussetzungen den in der Richtlinie verlangten Nachweisen entsprechen,
6.
in Fällen des Absatzes 2 oder 3 zusätzliche Nachweise, um feststellen zu können, ob die Ausbildung wesentliche Unterschiede gegenüber der Ausbildung aufweist, die in diesem Gesetz und in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 geregelt ist,
7.
für den Fall, dass sich Ausbildungsnachweise nach Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe c der Richtlinie 2005/36/EG, die von der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, ausgestellt wurden, auf eine Ausbildung beziehen, die ganz oder teilweise in einer rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines anderen der oben genannten Staaten niedergelassenen Einrichtung absolviert wurde, Unterlagen darüber,
a)
ob der Ausbildungsgang in der betreffenden Einrichtung von der Ausbildungseinrichtung des Ausstellungsmitgliedstaats offiziell bescheinigt worden ist,
b)
ob der ausgestellte Ausbildungsnachweis dem entspricht, der verliehen worden wäre, wenn der Ausbildungsgang vollständig im Ausstellungsmitgliedstaat absolviert worden wäre, und
c)
ob mit dem Ausbildungsnachweis im Hoheitsgebiet des Ausstellungsmitgliedstaats dieselben beruflichen Rechte verliehen werden.
Die Nachweise nach Satz 1 Nr. 3 und 4 dürfen bei ihrer Vorlage nicht älter als drei Monate sein. Haben die zuständigen Behörden berechtigte Zweifel an der Authentizität der in dem jeweiligen Herkunftsmitgliedstaat ausgestellten Bescheinigungen und Ausbildungsnachweise, können sie von den zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats eine Bestätigung der Authentizität dieser Bescheinigungen und Nachweise sowie eine Bestätigung darüber verlangen, dass der Antragsteller die Mindestanforderungen der Ausbildung erfüllt, die in Artikel 24 der Richtlinie 2005/36/EG verlangt werden.
Haben die zuständigen Behörden berechtigte Zweifel an der Berechtigung des Antragstellers zur Ausübung des ärztlichen Berufs, können sie von den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaates eine Bestätigung verlangen, aus der sich ergibt, dass dem Antragsteller die Ausübung des ärztlichen Berufs nicht aufgrund eines schwerwiegenden standeswidrigen Verhaltens oder einer Verurteilung wegen strafbarer Handlungen dauerhaft oder vorübergehend untersagt worden ist.

(7) Das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz findet mit Ausnahme des § 17 keine Anwendung.

(8) Die Bundesregierung überprüft die Regelungen zu den Anerkennungsverfahren nach diesem Gesetz und berichtet nach Ablauf von drei Jahren dem Deutschen Bundestag.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Januar 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt 4/5 und die Beklagte 1/5 der Kosten des Klageverfahrens. Ferner trägt die Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens. Kosten der Beigeladenen sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird für das Klageverfahren auf EUR 93.621,99 und für das Berufungsverfahren endgültig auf EUR 78.621,99 festgesetzt.

Tatbestand

 
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beigeladenen auch als Pharmaberater von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI; bis 31. Dezember 1991 § 7 des Angestelltenversicherungsgesetzes [AVG]) befreit sind oder ob die Beklagte von der Klägerin für die Beigeladenen zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von EUR 78.621,99 nachfordert.
Die Klägerin, die bis 31. März 2005 als Y. P. GmbH firmierte, ist ein Pharma-Unternehmen, das u.a. auch Pharmaberater/Pharmaberaterinnen beschäftigt. Deren Aufgabe ist es, die von ihnen betreuten Ärzte (niedergelassene Ärzte und Klinikärzte) durch Beratung in Bezug auf die neuesten Erkenntnisse der pharmazeutisch-medizinischen Forschung in ihrem jeweiligen Spezialbereich in die Lage zu versetzen, Wirkungsweise und Applikationsbereich sowie Methoden moderner Heilpräparate optimal einzusetzen. Die am 1964 geborene Beigeladene zu 1) war als ausgebildete approbierte Tierärztin mit Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) vom 04. August 1995 ab 01. Januar 1995 wegen Pflichtmitgliedschaft in der Baden-Württembergischen Versicherungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Rentenversicherung befreit worden (Bescheid der Beklagten vom 04. August 1995). Sie nahm dann am 01. Januar 2000 bei der Klägerin ihre Tätigkeit als Pharmaberaterin auf. Die am 1960 geborene Beigeladene zu 2), ebenfalls ausgebildete approbierte Tierärztin, war mit Bescheid der Beklagten vom 06. Januar 1992 ab 01. Juli 1992 wegen Pflichtmitgliedschaft in der Landestierärztekammer Hessen (Versorgungswerk) entsprechend von der Rentenversicherungspflicht befreit worden (Bescheid der Beklagten vom 06. Januar 1993). Sie nahm am 01. September 1997 bei der Klägerin die Tätigkeit als Pharmaberaterin auf. Der am 1968 geborene Beigeladene zu 3), der ausgebildeter approbierter Arzt ist, wurde von der Beklagten ab 01. Dezember 1995 wegen Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung entsprechend von der Rentenversicherungspflicht befreit (Bescheinigung der Beklagten vom 27. Februar 1996); er nahm am 01. Juni 1999 bei der Klägerin die Tätigkeit als Pharmaberater auf. Die Beigeladene zu 4) ist ausgebildete approbierte Apothekerin. Sie war als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Biochemie und molekulare Biologie der Technischen Universität Berlin ab 01. April 1990 tätig und deswegen Pflichtmitglied der Apothekerversorgung Berlin; deswegen war sie von der Beklagten ab dem genannten Zeitpunkt nach § 7 Abs. 2 AVG von der Rentenversicherungspflicht befreit. Wegen Wegzugs aus Berlin führte sie ab 01. August 1995 die Mitgliedschaft in der Apothekerversorgung Berlin als freiwillige Mitgliedschaft weiter. Vom 01. Mai 1997 bis 29. Januar 2003 war sie als Pharmaberaterin bei der Klägerin beschäftigt. Für die Beigeladenen wurden Beiträge zur Rentenversicherung nicht abgeführt. Eine bei der Klägerin im Mai 1997 für die Zeit ab 01. Dezember 1992 durch die Beklagte durchgeführte Betriebsprüfung ergab keine Beanstandungen hinsichtlich der nicht abgeführten Beiträge zur Rentenversicherung für Pharmaberater.
In der Zeit vom 20. November 2001 bis 10. September 2003 führte die Beklagte bei der Klägerin dann erneut an mehreren Tagen eine am 20. November 2001 begonnene und 2002 fortgesetzte (Schlussbesprechung am 10. September 2003) Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) durch, die sich auf den Zeitraum vom 01. Januar 1997 bis 31. Dezember 2002 bezog. Dabei vertrat die Beklagte (vgl. Schreiben vom 25. Juli 2002) die Ansicht, dass sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Tierärzte, Ärzte bzw. Apotheker nicht auf die berufsfremde Tätigkeit als Pharmaberater beziehe. Die Klägerin äußerte sich (Schreiben vom 16. Oktober 2002) dagegen dahingehend, dass sich die Versicherungsfreiheit auch auf die Tätigkeit als Pharmaberater erstrecke. Denn es sei, jeweils ausgehend von der Definition der Satzung der Versorgungseinrichtung, zu fragen, ob auch die Tätigkeit als Pharmaberater zur Beitragspflicht im Versorgungswerk führe. Im Übrigen sei ein Vertrauenstatbestand dadurch geschaffen worden, dass bei der früheren Betriebsprüfung im Jahr 1997 die Versicherungsfreiheit für die von Tierärzten, Ärzten bzw. Apothekern ausgeübte Tätigkeit als Pharmaberater nicht beanstandet worden sei. Darauf, dass nach der Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmareferenten vom 02. Mai 1978 (BGBl. I S. 600) für den Pharmareferenten (Pharmaberater) eine Ausbildung als Arzt, Tierarzt oder Apotheker nicht vorgeschrieben sei, komme es nicht an. Mit Bescheid vom 02. Januar 2004 forderte die Beklagte von der Klägerin u.a. für die Beigeladenen Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von EUR 78.626,95 nach. Es wurde Folgendes ausgeführt: Die Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen. Berufsfremde Beschäftigungen würden von ihr grundsätzlich nicht erfasst. Als Pharmaberater/Pharmareferent beschäftigte Personen könnten vom Befreiungsrecht keinen Gebrauch machen, weil es sich hierbei grundsätzlich nicht um eine zur Befreiung berechtigende Tätigkeit von Ärzten oder Apothekern handle. Es werde keine dem jeweiligen Kammerberuf zuzuordnende berufsspezifische Beschäftigung ausgeübt, für die das Befreiungsrecht geltend gemacht werden könne. Einer Aufhebung der Befreiungsbescheide bedürfe es insoweit nicht, weil die Befreiung gegenstandslos geworden sei. Eine dem Kammerberuf entsprechende und damit zur Befreiung berechtigende Tätigkeit sei die Tätigkeit, auf der die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung beruhe. Das sei grundsätzlich nicht die Tätigkeit als Pharmaberater, sondern die als Arzt oder Apotheker. Für diese Tätigkeiten werde die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ausgesprochen und hierfür gelte sie uneingeschränkt. Ob und welche weiteren Tätigkeiten außerdem dem jeweiligen Kammerberuf zuzuordnen seien und deshalb vom Befreiungsrecht erfasst würden, könne nicht allein danach beurteilt werden, wer nach den Satzungsbestimmungen der Versorgungswerke beitragspflichtig sei. Wenn man dies annehmen würde, würde das bedeuten, dass sich aus der Beitragspflicht zur berufsständischen Versorgungseinrichtung auf die Ausübung einer berufsspezifischen Beschäftigung schließen ließe. Eine Tätigkeit werde nicht schon deshalb zu einer berufsspezifischen Tätigkeit eines Arztes oder Apothekers, weil sie von einem solchen ausgeübt werde. Das jeweilige Berufsbild sei vielmehr aus der erforderlichen Aus- bzw. Vorbildung zu erschließen. Danach sei die Tätigkeit als Pharmaberater zu beurteilen. Pharmaberater seien Außendienst- bzw. Vertriebsmitarbeiter pharmazeutischer Unternehmen, deren Tätigkeit dadurch geprägt sei, dass sie die Angehörigen der Heilberufe über Produkte ihres eigenen Unternehmens informierten und berieten. Voraussetzung für die Ausübung dieser Tätigkeit sei eine entsprechende Fortbildung zum Pharmaberater, für die lediglich eine abgeschlossene Ausbildung und entsprechende Berufspraxis in einschlägigen Tätigkeiten, wie beispielsweise pharmazeutisch-kaufmännischer Angestellter, Drogist, Chemielaborant, Krankenpfleger, Krankenschwester, vorausgesetzt werde. Daraus ergebe sich, dass es sich nicht um eine berufsspezifische, d.h. nur von einem approbierten Arzt oder Apotheker auszuübende Beschäftigung handle, auch wenn diese besonders gute Voraussetzungen für eine derartige Tätigkeit mitbrächten. Die Geltendmachung der Beitragsansprüche für die zurückliegende Zeit sei auch nicht treuwidrig und widerspreche den Beigeladenen einzuräumendem Vertrauensschutz nicht. Ferner wurde in dem genannten Bescheid hinsichtlich eines weiteren Pharmaberaters (J. S.) festgestellt, dass insoweit die Beitragspflicht zur Rentenversicherung erst mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheids eintrete.
Gegen den Bescheid vom 02. Januar 2004 legte die Klägerin Widerspruch ein, soweit er die jetzt beigeladenen Pharmaberater sowie den weiteren Pharmaberater S. betraf. Die von der Beklagten ausgesprochenen Befreiungen seien im Nachhinein nicht widerrufen worden. Sie erstreckten sich auch auf die Tätigkeit als Pharmaberater. Denn die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht aufgrund der Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung beziehe sich grundsätzlich auf alle Beschäftigungen oder Tätigkeiten, die zu einer Pflichtmitgliedschaft in der entsprechenden Versorgungseinrichtung führten. Die Tätigkeit als Pharmaberater habe dem Berufsbild der jeweils berufsständischen Versorgungseinrichtung für Ärzte, Tierärzte bzw. Apotheker entsprochen. Das Berufsbild richte sich nach den Satzungsbestimmungen des jeweiligen Versorgungswerks, die auf der Grundlage der entsprechenden Landesgesetzgebungen ergangen seien. Für die Frage, ob eine berufsfremde Tätigkeit vorliege, seien daher die jeweiligen Satzungen der berufsständischen Versorgungseinrichtungen zu Rate zu ziehen. Zu Unrecht beschränke sich die Beklagte auf die Feststellung, dass gemäß der Verordnung vom 02. Mai 1978 ein abgeschlossenes Studium als Arzt oder Apotheker für die Tätigkeit als Pharmareferent nicht erforderlich sei. Daraus könne nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Tätigkeit als Pharmaberater niemals dem Berufsbild des Arztes oder Apothekers entsprechen könne. Die Auffassung der Beklagten stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Regelung des Berufsrechts der freien, verkammerten Berufe, insbesondere der ärztlichen Berufe, sowie gleichfalls im Widerspruch zur Rechtsprechung der oberen Verwaltungsgerichte zum Berufsbild des Arztes und des Tierarztes. Dem Satzungsgeber komme im Bereich berufsständischer Versorgungseinrichtungen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Für das Berufsbild des Tierarztes habe der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München im Urteil vom 26. Juli 1995 (NJW 1996, 1613 f.) bestätigt, dass als Verweisungstätigkeiten auch eine Verwendung in Industrie und Wirtschaft sowie eine Tätigkeit als Pharmareferent für Arzneimittelfirmen in Betracht komme. Auch die entsprechenden Satzungen der Versorgungseinrichtungen in Hessen und Baden-Württemberg sähen vor, dass tierärztliche Tätigkeit jede Tätigkeit sei, bei der die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet würden. Dies habe bei den Beigeladenen zu 1) und 2) bei ihrer Tätigkeit als Pharmareferentinnen vorgelegen. Ihnen sei die Beratungstätigkeit überhaupt erst aufgrund der während des Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten möglich gewesen, nämlich als gleichwertig geachtete Kollegen ihren am Menschen arbeitenden Standesgenossen auf wissenschaftlichem Niveau Wirkungsweise und Einsatz moderner Medikation zu erklären. Auch der Pharmaberater werde insoweit immer als Mediziner tätig. Dies gelte auch für den Beigeladenen zu 3). Die ärztliche Tätigkeit umfasse nicht nur die Behandlung von Patienten, sondern auch alle Verrichtungen, bei denen aufgrund medizinischer Kenntnisse in ärztlicher Verantwortung gehandelt werde. Ärzte könnten ihr spezifisches Fachwissen nicht nur als behandelnder Arzt einsetzen. Auch der Apotheker sei als Pharmaberater entsprechend seinem Berufsbild tätig. Der Auftrag des Apothekers umfasse insbesondere die Information und Beratung über Arzneimittel, wobei der Apotheker in verschiedenen Bereichen tätig sei, insbesondere auch in der Industrie. Der Apotheker als Pharmaberater habe in seiner Eigenschaft als Apotheker den von ihm beratenen Medizinern die medizinisch-wissenschaftliche Information, d. h. das Zusammenstellen von Daten, ihre Aufbereitung und Überführung in eine die Ärzte ansprechende Form übermittelt, die für diese von fundamentaler Bedeutung seien, um ein auf dem Markt existierendes Medikament zum größtmöglichen Nutzen ihrer Patienten einsetzen zu können. Dass diese Tätigkeit mit dem gewerblichen Anbieten von Medikamenten verbunden sei, sei unschädlich, weil auch das klassische Berufsbild des Apothekers von jeher ein gewerbliches, nämlich auf den Verkauf von Medikamenten gerichtetes, gewesen sei. Damit habe auch die Beigeladene zu 4) niemals aufgehört, als Apothekerin tätig zu sein. Die rückwirkende Beitragserhebung sei auch treuwidrig. Der Beklagten bzw. den Einzugsstellen sei bekannt gewesen, dass die Beigeladenen bei ihr als Pharmaberater gearbeitet hätten und Beiträge an ihre jeweilige berufsständische Versorgungskasse gezahlt worden seien. Zudem habe die frühere Betriebsprüfung im Jahr 1997 keine Beanstandung ergeben. Der Widerspruch blieb insoweit erfolglos. Im Widerspruchsbescheid der bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsstelle vom 12. Juli 2004 wurde die Beurteilung im Ausgangsbescheid bestätigt, dass es sich bei der Tätigkeit als Pharmaberater durch einen Arzt bzw. Apotheker nicht um eine berufsspezifische, d.h. nur von einem approbierten Arzt oder Apotheker auszuübende Beschäftigung handle. Pharmaberater übten keinen vom Befreiungsrecht erfassten Kammerberuf aus. Die Geltendmachung der Beitragsansprüche für zurückliegende Zeiträume sei auch nicht treuwidrig. Zweifel an der weiteren Rechtmäßigkeit der Befreiung von der Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung hätten hier der Klägerin bzw. den Beigeladenen beim Beschäftigungswechsel selbst aufkommen und diese zu einer entsprechenden Anfrage hinsichtlich der Geltung der Befreiung veranlassen müssen. Spätestens seit 01. Juli 1979 sei die Befreiung nur tätigkeitsbezogen gewesen. Es habe keine Verpflichtung der Einzugsstellen bestanden, jede eingehende Meldung zu überprüfen. Vertrauensschutz ergebe sich auch nicht daraus, dass früher Betriebsprüfungen ohne Beanstandung durchgeführt worden seien. Betriebsprüfungen hätten lediglich den Zweck, die Beitragsentrichtung zur Sozialversicherung insgesamt zu sichern. Einerseits seien Beitragsausfälle zu verhindern, andererseits die Versicherungsträger vor dem ungerechtfertigten Entstehen von Leistungsansprüchen zu bewahren. Sie hätten jedoch nicht den Zweck, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen und ihm Entlastung zu erteilen. Von daher müssten sie auch nicht umfassend und erschöpfend sein. Sie könnten sich stattdessen auf bestimmte Einzelfälle und Stichproben beschränken. Eine Nichtbeanstandung könne von daher keinen Vertrauenstatbestand schaffen.
Am 13. August 2004 erhob die Klägerin dagegen Klage beim Sozialgericht (SG) Mannheim. Das SG lud mit Beschluss vom 27. April 2005 J. S. zum Verfahren bei. Mit Schriftsatz vom 30. September 2005 nahm die Beklagte den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung des J. S. zurück. Die Klägerin nahm dieses Teil-Anerkenntnis an (Schriftsatz vom 23. November 2006).
Die Klägerin trug unter Wiederholung ihres Vorbringens im Verwaltungsverfahren sowie unter Vorlage verschiedener Unterlagen vor, die betroffenen Pharmaberater seien von der Beklagten wirksam von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit worden. Die Beklagte habe niemals zuvor Versicherungspflicht für die Tätigkeit als Pharmaberater geltend gemacht, auch nicht anlässlich einer bei ihr 1997 durchgeführten Betriebsprüfung. Den zuständigen Einzugsstellen sei durch ihr Büropersonal jeweils die Tätigkeit der Pharmaberater und deren Mitgliedschaft bei den entsprechenden Versorgungswerken aufgrund der erteilten Befreiung gemeldet worden. Daher habe ein Vertrauenstatbestand vorgelegen. Die Tätigkeit der Pharmaberater, soweit sie hier von Tierärzten, Ärzten bzw. Apothekern ausgeübt werde, sei von der Mitgliedschaft in dem jeweiligen berufsständischen Versorgungswerk erfasst. Dies gelte beispielsweise für die Satzung der Landestierärztekammer Hessen und die Satzung des entsprechenden Versorgungswerks. Danach sei eine die Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk auslösende tierärztliche Tätigkeit jede Tätigkeit, bei der die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet würden. Dies decke sich mit der Entscheidung des VGH München, wonach auch die Tätigkeit als Pharmareferent in der pharmazeutischen Industrie zum Berufsbild des Tierarztes gehöre. Die Beigeladenen zu 1) und 2) hätten für ihre Tätigkeit fortwährend und in hohem Maße die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten verwerten müssen und diese auch umgesetzt. Gleiches gelte für den Arzt. Das Berufsbild des Arztes umfasse nicht nur die Behandlung von Patienten, sondern auch alle Verrichtungen, bei denen aufgrund medizinischer Kenntnisse in ärztlicher Verantwortung gehandelt werde. So sei der Beigeladene zu 3) nur aufgrund seiner ärztlichen Ausbildung in der Lage gewesen, die von ihm beratenen Ärzte mit den neuesten Erkenntnissen der medizinischen und pharmazeutischen Forschung vertraut zu machen und diese in der Anwendung und im Einsatz der neuen Medikamente zu unterstützen und zu beraten. Damit umfasse der ärztliche Beruf nicht nur die Aufgabe, der Gesundheit des einzelnen Menschen zu dienen. Auch andere Tätigkeiten, die sich auf die Gesundheit der Bevölkerung insgesamt bezögen, seien dem ärztlichen Berufsbild zuzurechnen. Daher habe der Beigeladene zu 3) auch als Pharmaberater ärztliche Tätigkeit ausgeübt. Auch bei einer Apothekerin gehöre die Tätigkeit als Pharmaberaterin zum vielfältigen Berufsbild des Apothekers, der in verschiedenen Bereichen, auch in der Industrie, tätig sei, wie sich aus dem vorgelegten Aufsatz über den „Apotheker in der Pharmaindustrie“ ergebe. Die Beigeladene zu 4) habe deshalb eine pharmazeutische Tätigkeit ausgeübt. Die Befreiung der Beigeladenen ergebe sich aufgrund der Zugehörigkeit ihrer Tätigkeit auch als Pharmaberater zum jeweiligen berufsständischen Berufsbild. Es sei nämlich jeweils nach der Definition der Satzung der Versorgungseinrichtung zu fragen, ob die Tätigkeit als Pharmareferent zu einer Beitragspflicht im Versorgungswerk führe. Dies sei hier der Fall, weshalb die Befreiung für die Tätigkeit als Tierarzt, Arzt bzw. Apotheker auch für die Tätigkeit als Pharmaberater gelte. Zu Unrecht beschränke sich die Beklagte auf die negative Ausschlussfeststellung, dass nach der Verordnung vom 02. Mai 1978 beim Geprüften Pharmareferenten ein abgeschlossenes Studium als Arzt, Tierarzt oder Apotheker nicht erforderlich sei. Das Berufsbild des Pharmaberaters sei jeweils als Teilmenge im Berufsbild des Arztes, des Tierarztes bzw. des Apothekers enthalten. Folge der Auffassung der Beklagten sei, dass im Kollisionsfall eine Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen eintrete. Im Übrigen sei eine rückwirkende Beitragserhebung unzulässig.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage von Unterlagen entgegen. Die Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen. Berufsfremde Beschäftigungen seien von ihr grundsätzlich nicht erfasst. Bei der Beschäftigung als Pharmaberater handle es sich grundsätzlich nicht um eine zur Befreiung berechtigende Tätigkeit von Ärzten oder Apothekern. Soweit die von der Klägerin beschäftigten Beigeladenen als Pharmaberater tätig seien, werde keine dem jeweiligen Berufsbild zuzuordnende berufsspezifische Beschäftigung ausgeübt. Dies ergebe sich auch nicht aus dem Arzneimittelgesetz (AMG), insbesondere nicht aus dessen § 75. Diese Vorschrift bestimme lediglich, welche Personen die Sachkenntnis besäßen, um im Auftrag pharmazeutischer Unternehmen die Angehörigen der Heilberufe über Arzneimittel zu informieren. Dass beispielsweise Ärzte, Tierärzte und Apotheker diese Sachkenntnis besäßen, sei unstreitig. Dennoch könne daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass die Tätigkeit als Pharmaberater der jeweiligen Kammertätigkeit entspreche. Wodurch beispielsweise die Tätigkeit eines Apothekers gekennzeichnet sei, ergebe sich nicht aus dem AMG, sondern aus der Bundesapothekerordnung (BApO). Danach sei die Ausübung des Apothekerberufs die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, die Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung Apotheker oder Apothekerin. Diese Bereiche beinhalteten die Tätigkeit als Pharmaberater nicht. Zwar komme es durch die Beratung der vom Pharmaberater aufgesuchten Ärzte über die Wirkung und die Risiken von Medikamenten teilweise zu einer Überschneidung mit dem Aufgabenbereich des Apothekers. Während jedoch vom Apotheker eine objektive Beratung erwartet werde, bestehe das Ziel des Pharmaberaters hauptsächlich darin, über die Produkte des eigenen Unternehmens zu informieren und diese zu vermarkten. Dabei liege keine Kammertätigkeit vor; dies werde auch in den vorgelegten Blättern für Berufskunde sowie durch die eingereichte Ausbildungs- und Tätigkeitsbeschreibung zum Berufsbild des Geprüften Pharmareferenten deutlich. Danach setze die Ausführung dieser Tätigkeit weder die Ausbildung zum Apotheker noch den Abschluss eines ggf. anderen naturwissenschaftlichen Hochschulstudiums voraus. Um die Aus- und Weiterbildung zum Geprüften Pharmaberater zu absolvieren, genüge vielmehr ein zum Studium berechtigender Hochschulabschluss (Abitur) oder auch ein mittlerer Schulabschluss mit entsprechender Berufsausbildung und praktischer Erfahrung. Auch daraus ergebe sich, dass es sich nicht um eine Kammertätigkeit von Apothekern, Ärzten oder Tierärzten handle, auch wenn diese besonders gute Voraussetzungen für eine solche Tätigkeit mitbrächten. Der von ihr vertretene Standpunkt werde durch das Sozialgericht Berlin in seiner Entscheidung vom 14. April 2004 (S 89 KR 2054/02) bestätigt.
Mit Urteil vom 13. Januar 2006 hob das SG den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 auf und verurteilte die Beklagte, die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des damals noch beigeladenen J. S., zu tragen. Es führte aus, die von der Beklagten erteilten Befreiungen der Ärzte bzw. Apotheker wirkten für die Tätigkeit als Pharmaberater weiter. Denn auch diese Tätigkeit sei dem Tätigkeitsfeld eines Arztes, Apothekers oder Veterinärmediziners zuzuordnen. Dies ergebe sich allein schon daraus, dass § 75 AMG vorsehe, dass für die Ausübung des Berufs des Pharmaberaters zwingend die Sachkunde eines Apothekers, Veterinär- oder Humanmediziners erforderlich sei. Nach § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG besäßen die entsprechende Sachkenntnis als Pharmaberater Apotheker und Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, Chemie, Biologie sowie der Human- oder Veterinärmedizin abgelegten Prüfung. Folglich sei die Sachkenntnis, die sich ein Arzt bzw. Apotheker im Rahmen seines Studiums angeeignet habe, zwingende Voraussetzung, um als Pharmaberater tätig zu sein, sofern nicht eine Ausbildung zum Pharmareferenten bzw. eine Berufsausbildung nach § 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG vorliege. Ein Pharmaberater sei also entweder ein Arzt oder Apotheker oder eine Person, die eine Pharmareferentenausbildung oder eine Ausbildung zum MTA/PTA aufweisen könne. Jeder Kammerberuf umfasse immer auch Tätigkeiten, die von nicht studierten Mitarbeitern ausgeführt werden könnten. Dass die Tätigkeit des Arztes, Apothekers bzw. Veterinärmediziners auch die Tätigkeit als Pharmaberater erfasse, ergebe sich auch bei gesonderter Untersuchung der Begrifflichkeit des entsprechenden Berufsbilds nach den einschlägigen Berufsordnungen bzw. Satzungen der Versorgungswerke. Für den Apotheker gelte aufgrund der BApO nichts anderes. Insoweit arbeite der Pharmaberater im Bereich der Abgabe von Medikamenten und nutze in diesem Rahmen seine Sachkenntnis, um die aufgesuchten Ärzte und andere Stellen über die Wirkungen, Risiken und Anwendungsbereiche der verschiedenen Medikamente zu beraten. Das Urteil wurde der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 25. Januar 2006 zugestellt.
Gegen das Urteil hat die Beklagte am 15. Februar 2006 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zu Unrecht gehe das SG davon aus, dass die Sachkenntnis des Arztes, Tierarztes oder Apothekers für die Ausübung der Tätigkeit als Pharmaberater zwingend erforderlich sei. Die Berufsausübung der Angehörigen der Heilberufe ergebe sich nicht aus dem AMG, sondern aus den jeweiligen Berufsordnungen. Das AMG regle nicht, dass die Ausübung des Berufs als Pharmaberater zwingend die Sachkenntnis eines Arztes, Tierarztes oder Apothekers erforderlich mache. Dies werde dadurch deutlich, dass nach § 75 Abs. 2 AMG auch Personen mit einem anderen beruflichen Werdegang als Pharmaberater tätig sein könnten. Dass die Tätigkeit als Pharmaberater somit auch von Personen ausgeübt werden könne, die nicht Arzt, Tierarzt oder Apotheker seien, mache deutlich, dass es sich nicht um eine berufsgruppenspezifische Beschäftigung von Ärzten, Tierärzten oder Apothekern handle. Dass diese aufgrund ihrer akademischen Ausbildung in der Lage und deswegen berechtigt seien, als Pharmaberater tätig zu sein, sowie außerdem besonders gute Voraussetzungen für diese Tätigkeit mitbrächten, reiche jedenfalls im Befreiungsrecht nicht aus, um von der Ausübung einer berufsgruppenspezifischen Beschäftigung auszugehen. Von einer berufsgruppenspezifischen Beschäftigung könne auch nicht deshalb ausgegangen werden, weil sie von einem Kammerberufsangehörigen ausgeübt und von dessen Berufsbild mit umfasst werde. Andernfalls wäre auch eine als Krankenpflegerin tätige Ärztin ebenso wie ein als Tierpfleger tätiger Tierarzt oder eine als pharmazeutisch-technische Assistentin beschäftigte Apothekerin als gruppenspezifisch beschäftigt anzusehen. Auch die Satzungen der jeweiligen Versorgungswerke sähen regelmäßig jede Tätigkeit, bei der die im Studium erworbenen Kenntnisse vorausgesetzt, eingesetzt, verwendet oder mit verwendet würden, als ärztliche, tierärztliche oder pharmazeutische Tätigkeit an. Es reiche nicht aus, bei der Beurteilung einer Beschäftigung als berufsgruppenspezifisch im Rahmen des Befreiungsrechts darauf abzustellen, dass die Tätigkeit zumindest auch ein Arzt, Tierarzt oder Apotheker ausüben könne, weil er über eine entsprechende wissenschaftliche Ausbildung verfüge. Dies sei bei Pharmaberatern gerade nicht der Fall, weil diese Tätigkeit auch von Personen ohne entsprechende akademische Ausbildung ausgeübt werden könne. Wodurch die Tätigkeit als Arzt, Tierarzt oder Apotheker gekennzeichnet sei, ergebe sich aus den jeweiligen Berufsordnungen für Ärzte, Tierärzte bzw. Apotheker. Insoweit seien Pharmaberater lediglich Außendienst- bzw. Betriebsmitarbeiter pharmazeutischer Unternehmen, deren Aufgabe hauptsächlich darin bestehe, die Heilberufsangehörigen über Produkte ihres eigenen Unternehmens zu informieren und diese am Markt zu platzieren.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Januar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen, soweit die Beklagte für die Beigeladenen Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 78.621,99 geltend macht, hilfsweise die Revision zuzulassen.
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Die Klägerin hat (Schriftsatz vom 24. Oktober 2006) klargestellt, dass eine Beitragsnachforderung von EUR 1.891,11 von Anfang an unstreitig gewesen sei.
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Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung könne nicht abstrakt anhand des SGB VI beurteilt werden. Was als berufsspezifisch für den jeweiligen Kammerberuf anzusehen sei, sei nur anhand der jeweiligen Kammergesetze, Berufsordnungen und Satzungen der Versorgungswerke zu bestimmen. Unabhängig davon sei auf den vorliegenden Fall § 75 AMG anzuwenden, der als lex specialis in Ergänzung zur Bundesärzteordnung (BÄO), zur Bundestierärzteordnung (BTO) und zur BApO definiere, dass eine Tätigkeit als Pharmaberater für Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker als berufsspezifisch anzusehen sei. Das AMG beschreibe damit als Teilmenge einen Aspekt der ärztlichen, tierärztlichen und pharmazeutischen Tätigkeit. Damit sei die Tätigkeit als Pharmaberater eine berufsspezifische, für den jeweiligen Berufsstand des Arztes bzw. Apothekers typische Berufstätigkeit. Die bisherige Rechtsprechung gehe von einem überholten Berufsbild der streitgegenständlichen Kammerberufe und einem dogmatisch falschen Ansatzpunkt bei der Bestimmung dieser Berufsbilder aus. Die in den Berufsordnungen des Bundes niedergelegten Begriffe des Arztes, Tierarztes oder Apothekers müssten berufsrechtlich durch die jeweilige Landesgesetzgebung einschließlich der Landeskammergesetze spezifiziert werden. Dies ergebe sich für das Berufsbild des Apothekers mustergültig aus dem vorgelegten Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 24. August 2005 (M 16 K 05.11/93). Es sei unzulässig, beispielsweise das berufsspezifische Gepräge eines Apothekers anhand des klassischen Berufsbilds eines in einer öffentlichen Apotheke tätigen Apothekers zu bestimmen und alle anderen pharmazeutischen Tätigkeiten davon auszuschließen. Es sei nicht zulässig, bei der Auslegung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ein Berufsbild zugrunde zu legen, welches enger zugeschnitten sei, als es von den jeweiligen Kammern in den Grenzen ihrer berufsständischen Autonomie festgelegt werde. Es liege die Definitionshoheit der Berufsbilder bei der Gesetzgebungskompetenz der Länder und der darauf beruhenden berufsständischen Satzungsautonomie. Es sei auch zu berücksichtigen, dass sie (die Klägerin) als Pharmaberater bewusst keine Pharmareferenten im Sinne des § 75 Abs. 2 Nr. 3 AMG einsetze, sondern ausschließlich die in § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG genannten Personen, die nach ihrer Auffassung allein die nötige Kompetenz besäßen, Angehörige von Heilberufen fachkundig und auf gleicher Augenhöhe über ihre Produkte zu informieren.
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Der Berichterstatter des Senats hat mit Beschluss vom 21. August 2006 die Beiladung des J. S. aufgehoben und mit weiterem Beschluss vom 12. September 2006 die Beigeladenen zu 1) bis 4) zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene zu 1) hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die übrigen Beigeladenen habe sich am Verfahren nicht beteiligt und keine Anträge gestellt.
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Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 ist rechtmäßig.
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1. Angefochten hat die Klägerin den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nur insoweit, als die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen in Höhe von EUR 78.621,99 nachforderte sowie die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung des früher Beigeladenen J. S. für die Zukunft feststellte. Nicht angefochten hat die Klägerin den Bescheid, soweit die Beklagte darüber hinaus weitere Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 1.891,11 nachforderte. Insoweit hätte das SG bereits den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nicht aufheben dürfen.
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Im Berufungsverfahren ist nur noch streitig, ob die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachfordern kann. Soweit es im Klageverfahren um die (weitere) Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Pharmaberaters J. S. für die Zukunft ging, hat sich die auch dagegen gerichtete Klage durch das von der Beklagten abgegebene und von der Klägerin angenommene Teil-Anerkenntnis erledigt. Dieses Teil-Anerkenntnis war lediglich bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen. Im Übrigen war aufgrund dieses Teil-Anerkenntnisses die vom SG ausgesprochene Beiladung des J. S. aufzuheben, wie geschehen.
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2. Der in der Berufungsinstanz noch streitige Beitragsbescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004, soweit er die Beitragsnachforderung zur Rentenversicherung für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 für die im Berufungsverfahren Beigeladenen, die als Pharmaberater bei der Klägerin in der streitigen Zeit abhängig beschäftigt waren, beinhaltet, ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insoweit hätte das SG die genannten Bescheide nicht aufheben dürfen.
22 
2.1. Versicherungspflichtig und damit beitragspflichtig in der Rentenversicherung sind nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Insoweit lag eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin vor. Versicherungspflicht und sich daraus ergebende Beitragspflicht gilt jedoch nicht für Personen, die wegen der Beschäftigung von der Versicherungspflicht befreit sind. Nach § 7 Abs. 2 AVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung galt insoweit: Auf ihren Antrag wurden (ferner) von der Versicherungspflicht befreit Personen, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf einem Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe waren, wenn für die angestellten Mitglieder nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten waren und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall der Invalidität und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst wurden, wobei auch die finanzielle Lage der Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen war. Über den Antrag entschied der für den Wohnsitz des Antragstellers zuständige Träger der Rentenversicherung (§ 7 Abs. 4 AVG). Die Befreiung wirkte vom Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an, soweit sie innerhalb von zwei Monaten danach beantragt wurde, sonst vom Eingang des Antrags an (§ 7 Abs. 3 AVG). Ab 01. Januar 1992 erfolgte diese Befreiung nach den Vorschriften des SGB VI. Insoweit lautete § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung wie folgt: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. Mit Wirkung ab 01. Januar 1996 wurde § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI geändert; ferner wurden in Absatz 1 die Sätze 2 ff. eingefügt. Insoweit lautet § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
23 
a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 01. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
24 
b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
25 
c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
26 
Ferner wurden die folgenden Sätze 2 ff. angefügt: Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag entstanden, an dem das für die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 01. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit vor der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- bzw. Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI entscheidet über die Befreiung der Träger der Rentenversicherung, nachdem die für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständige oberste Verwaltungsbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt hat. Die Befreiung wirkt nach § 6 Abs. 4 SGB VI vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nur dann auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet (Satz 2 der Vorschrift).
27 
Die Befreiung gilt danach, auch wenn sie bereits vor dem 01. Januar 1992 ausgesprochen wurde (vgl. § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), wie bei der Beigeladenen zu 4), nicht personen-, sondern beschäftigungs- bzw. tätigkeitsbezogen. Sie gilt nur für diejenige Tätigkeit, für die sie erteilt worden ist. Lediglich eine nur vorübergehende (hier nicht vorliegend) berufsfremde Tätigkeit führt nicht zum Wechsel des Alterssicherungssystems (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12). Wird insoweit eine berufsfremde Tätigkeit, für die die Befreiung nicht erteilt worden ist, ausgeübt, wird der Befreiungsbescheid für diese andere Tätigkeit gegenstandslos, bedarf jedoch nicht seiner Aufhebung, um Versicherungs- und Beitragspflicht zur Rentenversicherung für eine berufsfremde Tätigkeit entstehen zu lassen (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12).
28 
Der Senat stellt fest, dass die Beigeladenen vor der Aufnahme der hier zu beurteilenden Tätigkeit als Pharmaberater von der Beklagten nach § 7 Abs. 2 AVG (die Beigeladene zu 4) bzw. nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (die Beigeladenen zu 1 bis 3) von der Versicherungspflicht befreit worden sind. Die Befreiung der Beigeladenen zu 1) als approbierte Tierärztin ab 01. Januar 1995 beruht nach dem Bescheid vom 04. August 1995 auf der durch die Ausübung einer tierärztlichen Tätigkeit begründeten Pflichtmitgliedschaft bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Bei der Beigeladenen zu 2) als ebenfalls approbierte Tierärztin beruht die Befreiung ab 01. Juli 1992 nach dem Bescheid vom 06. Januar 1993 auf der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Landestierärztekammer Hessen. Die erfolgte Befreiung bezog sich bei den Beigeladenen zu 1) und 2) auf die jeweils vor der Beschäftigung bei der Klägerin von ihnen ausgeübte Tätigkeit als approbierte Tierärztin auf der Grundlage der BTO. In der BTO sind die Voraussetzungen der Approbation geregelt, wobei u.a. erforderlich ist, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von mindestens fünf Jahren, von denen sechs Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die tierärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden worden ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 BTO). Nach § 1 Abs. 1 BTO ist der Tierarzt berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern oder zu heilen, zur Erhaltung und Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestands beizutragen, den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen und auf eine Steigerung der Güte von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinzuwirken. Der tierärztliche Beruf ist nach Abs. 2 der Vorschrift kein Gewerbe, sondern seiner Natur nach ein freier Beruf. Beim Beigeladenen zu 3) als approbiertem Arzt beruht die Befreiung nach der Bescheinigung der Beklagten vom 27. Februar 1996 ab 01. Dezember 1995 auf der Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihm vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierter Arzt, wobei die Voraussetzungen der Approbation in der Bundesärzteordnung (BOÄ) geregelt sind. Danach setzt die Approbation u.a. voraus, dass nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden wurde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BOÄ). Bei der Beigeladenen zu 4) als approbierte Apothekerin beruht die Befreiung ab 01. April 1990 auf der Pflichtmitgliedschaft (seit 01. August 1995 freiwillige Mitgliedschaft) in der Apothekerversorgung Berlin. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihr vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierte Apothekerin im Sinne der BApO, in der die Voraussetzungen der Approbation geregelt sind; u.a. ist dafür erforderlich, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von fünf Jahren, von denen zwölf Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die pharmazeutische Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden wurde (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BApO). Nach § 1 BApO ist der Apotheker berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen; er dient damit der Gesundheit des Einzelnen und des gesamten Volkes. Die Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“ (§ 2 Abs. 3 BApO).
29 
Soweit die Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin als Pharmaberater tätig waren - die Beigeladene zu 1) beginnend ab 01. Januar 2001, die Beigeladene zu 2) beginnend ab 01. September 1997, der Beigeladene zu 3) beginnend ab 01. Januar 1999 und die Beigeladene zu 4) beginnend ab 01. Mai 1997 - bezog sich die ihnen gegenüber ausgesprochene Befreiung auf die ausgeübten qualifizierten Tätigkeiten als Tierarzt, Arzt bzw. Apotheker, nicht aber auf die Tätigkeit als Pharmaberater. Insoweit handelte sich jeweils um eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, bei der auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB V nicht vorlagen. Die Tätigkeit als Pharmaberater erforderte nicht zwingend die Approbation als Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker, d.h. die Befugnis, die Berufsbezeichnung Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker führen zu dürfen, wie sie für die Tätigkeiten erforderlich war, die die Beigeladenen ausgeübt hatten, als sie befreit worden waren. Die Aufgabe des Pharmaberaters wird in § 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 AMG gesetzlich dahin definiert, dass, wie hier von den Beigeladenen geschehen, er hauptberuflich Angehörige von Heilberufen aufsucht, um diese über Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AMG fachlich zu informieren, und zwar auch fernmündlich. Diese Tätigkeit entspricht nicht dem typischen, durch die Hochschulausbildung und den entsprechenden Hochschulabschluss geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich des Arztes, Tierarztes und Apothekers, unabhängig davon, dass es für den approbierten Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker im Einzelfall durchaus auch im Kern berufstypische, d.h. an die umfassende Hochschulausbildung anknüpfende und durch die Approbation dokumentierte umfassende Sachkenntnis erfordernde Tätigkeitsfelder in der Pharmaindustrie gibt. Insoweit ist, abgesehen vom „Geprüften Pharmareferenten“ im Sinne der Verordnung vom 02. Mai 1978, Pharmaberater keine Berufs-, sondern eine Tätigkeitsbezeichnung, die eine typische (Mindest-)Sachkenntnis verlangt, um Angehörige von Heilberufen entsprechend informieren zu können. Dabei werden Inhalt und Umfang der Informationen, die der Pharmaberater an Angehörige der Heilberufe weiterzugeben hat, in der Regel vom Auftraggeber (hier die Klägerin) festgelegt. Diese typische (Mindest-)Sachkenntnis für die Tätigkeit des Pharmaberaters wird durch das mittlere Ausbildungsniveau der in § 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG genannten Assistenten dokumentiert, nämlich der Apothekenassistenten sowie der Personen mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder Veterinärmedizin. Diesem typischerweise nur mittleren Ausbildungsniveau entsprechen auch die Personen mit einer beruflichen Fortbildung als Geprüfter Pharmareferent nach § 75 Abs. 2 Nr. 3 AMG und der entsprechenden Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmaberater. Entgegen der Ansicht des SG ergibt sich daraus, dass nach § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG diese entsprechende typische Sachkenntnis für die Tätigkeit als Pharmaberater auch Apothekern oder Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder der Veterinärmedizin abgelegten Prüfung zugestanden wird, nicht, dass diese qualifizierten Hochschulausbildungen zwingende Voraussetzung für die Tätigkeit als Pharmaberater sind, mithin auch die Tätigkeit als Pharmaberater zum typischen, durch die entsprechenden Hochschulausbildungen geprägten Berufsbild gehört. Die bloße Informationstätigkeit zu bestimmten Arzneimitteln gehört nicht zum wesentlichen Kernbereich der ärztlichen, tierärztlichen bzw. pharmazeutischen Tätigkeit, sondern berührt nur Randbereiche davon. Es genügt daher hier für die versicherungsrechtlich zu beurteilende (erteilte) Befreiung nicht, dass es der Gesetzgeber auch bei Ärzten, Tierärzten und Apothekern im Hinblick auf das insoweit wesentliche höhere Ausbildungsniveau im Vergleich zum typischen mittleren Ausbildungsniveau nach § 75 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 AMG zulässt, dass auch ein approbierter Arzt, Tierarzt und Apotheker als Pharmaberater arbeitet, ohne als Sachkundenachweis eine gesonderte Prüfung ablegen zu müssen. Allein der Umstand, dass die für die Tätigkeit als Pharmaberater typischerweise erforderliche Sachkenntnis als so genannte Teilmenge auch aufgrund der nach der BÄO, der BTO und der BApO erforderlichen umfassenden Ausbildung (mit Prüfung) als Arzt, Tierarzt oder Apotheker unterstellt wird, rechtfertigt die Erstreckung der Befreiung eines Arztes, Tierarztes oder Apothekers, der später die Tätigkeit als Pharmaberater ausübt, auch auf diese andere Tätigkeit nicht. Die Tätigkeit als Pharmaberater wird, wenn sie von einem approbierten Arzt, Tierarzt oder Apotheker ausgeübt wird, nicht zu einem typischen Kammerberuf der entsprechenden Berufskammern mit einer Pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen berufsständischen Versorgungseinrichtung für die selbstständigen Berufe, zumal beispielsweise auch die Tätigkeit als Apothekenassistent bzw. aufgrund einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Human- oder der Veterinärmedizin nicht zu den selbstständigen Kammerberufen gehört. Darauf, dass auch der als Pharmaberater tätige approbierte Arzt, Tierarzt und Apotheker bei dieser Tätigkeit Sachkenntnisse einsetzt, die er aufgrund der Hochschulausbildung erlangt hat, kommt es nicht an. Auch ist nicht entscheidend, ob nach den Kammergesetzen bzw. Satzungen der Versorgungseinrichtungen (hier in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Berlin) eine Tätigkeit als Pharmaberater eine Pflichtmitgliedschaft noch begründen mag. Darauf, wie die entsprechenden Kammergesetze bzw. Satzungen die Pflichtmitgliedschaft bestimmen, kommt es für den tätigkeitsbezogenen Umfang der hier jeweils von der Beklagten im Zeitpunkt der Antragstellung/Befreiung erteilten Befreiungen, die sich nicht auf eine Tätigkeit als Pharmaberater bezogen hatten, weil eine solche Tätigkeit zum diesem Zeitpunkt überhaupt nicht ausgeübt worden war, nicht an. Auch kann sich die Klägerin für die Geltung der Befreiung für die Tätigkeit als Pharmaberater nicht darauf berufen, dass sie ihrem Vortrag zufolge als Pharmaberater lediglich Personen mit der umfassenden Sachkenntnis beispielsweise als Arzt, Tierarzt oder Apotheker im Sinne des § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG beschäftigt.
30 
2.2. Da danach die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Beschäftigung als Pharmaberater nicht gilt, hat die Beklagte zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit seit 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachgefordert. Die Beklagte hat diese Beiträge zutreffend berechnet. Insoweit verweist der Senat auf die Anlagen zum Beitragsbescheid. Einwendungen gegen die Höhe der Beiträge hat die Klägerin auch nicht erhoben.
31 
Die Beiträge sind auch nicht verjährt, insbesondere nicht für das Jahr 1997. Die hier zunächst anzunehmende vierjährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV war für die Dauer der Betriebsprüfung nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gehemmt. Jedenfalls noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist galt dann im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 25. Juli 2002, in dem die Klägerin über die von der Beklagten vertretenen Rechtsansicht informiert worden war, die Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV.
32 
Die Erhebung von Beiträgen verstieß auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf die erfolgten Meldungen an die Einzugsstellen berufen. Es ist gerade Aufgabe der Rentenversicherungsträger im Rahmen der Prüfungen nach § 28p SGB IV unabhängig von den von der Einzugsstelle getroffenen Entscheidungen die ordnungsgemäße Beitragserhebung zu prüfen. Auch der Umstand, dass eine im Mai 1997 durchgeführte Betriebsprüfung keine Beanstandung hinsichtlich der beschäftigten Pharmaberater ergeben hatte, führt nicht dazu, dass hier die Beitragserhebung ausgeschlossen wäre. Die jeweiligen Betriebsprüfungen beziehen sich auf einen bestimmten Zeitraum, für den möglicherweise neue Erkenntnisse zur Erhebung von Beiträgen zu berücksichtigen sind.
33 
Danach war das sozialgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
34 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung. mit §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Hinsichtlich der Kostenentscheidung für das Verfahren vor dem Sozialgericht ist das Teil-Anerkenntnis der Beklagten zu berücksichtigen.
35 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
36 
4. Die Festsetzung des Streitwerts (für beide Rechtszüge) beruht auf §§ 63 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetzes (GKG). Bei der Bestimmung des Streitwerts des sozialgerichtlichen Verfahrens ist zu berücksichtigen, dass neben der streitigen Beitragsforderung in Höhe von EUR 78.621,99, die sich auf die Beigeladenen bezog, ferner im erstinstanzlichen Verfahren auch noch die Feststellung der Versicherungspflicht mit Beitragspflicht für die Zukunft des J. S. im Streit war. Insoweit ist von dem Streitwert von EUR 5.000,00 nach § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auszugehen, dieser jedoch im Hinblick auf einen Zeitraum von drei Jahren auf EUR 15.000,00 zu erhöhen, weshalb sich für das sozialgerichtliche Verfahren ein Streitwert von EUR 93.621,99 ergibt. Für das Berufungsverfahren ist der Streitwert endgültig auf EUR 78.621,99 festzusetzen.

Gründe

 
18 
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 ist rechtmäßig.
19 
1. Angefochten hat die Klägerin den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nur insoweit, als die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen in Höhe von EUR 78.621,99 nachforderte sowie die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung des früher Beigeladenen J. S. für die Zukunft feststellte. Nicht angefochten hat die Klägerin den Bescheid, soweit die Beklagte darüber hinaus weitere Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 1.891,11 nachforderte. Insoweit hätte das SG bereits den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nicht aufheben dürfen.
20 
Im Berufungsverfahren ist nur noch streitig, ob die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachfordern kann. Soweit es im Klageverfahren um die (weitere) Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Pharmaberaters J. S. für die Zukunft ging, hat sich die auch dagegen gerichtete Klage durch das von der Beklagten abgegebene und von der Klägerin angenommene Teil-Anerkenntnis erledigt. Dieses Teil-Anerkenntnis war lediglich bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen. Im Übrigen war aufgrund dieses Teil-Anerkenntnisses die vom SG ausgesprochene Beiladung des J. S. aufzuheben, wie geschehen.
21 
2. Der in der Berufungsinstanz noch streitige Beitragsbescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004, soweit er die Beitragsnachforderung zur Rentenversicherung für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 für die im Berufungsverfahren Beigeladenen, die als Pharmaberater bei der Klägerin in der streitigen Zeit abhängig beschäftigt waren, beinhaltet, ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insoweit hätte das SG die genannten Bescheide nicht aufheben dürfen.
22 
2.1. Versicherungspflichtig und damit beitragspflichtig in der Rentenversicherung sind nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Insoweit lag eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin vor. Versicherungspflicht und sich daraus ergebende Beitragspflicht gilt jedoch nicht für Personen, die wegen der Beschäftigung von der Versicherungspflicht befreit sind. Nach § 7 Abs. 2 AVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung galt insoweit: Auf ihren Antrag wurden (ferner) von der Versicherungspflicht befreit Personen, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf einem Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe waren, wenn für die angestellten Mitglieder nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten waren und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall der Invalidität und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst wurden, wobei auch die finanzielle Lage der Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen war. Über den Antrag entschied der für den Wohnsitz des Antragstellers zuständige Träger der Rentenversicherung (§ 7 Abs. 4 AVG). Die Befreiung wirkte vom Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an, soweit sie innerhalb von zwei Monaten danach beantragt wurde, sonst vom Eingang des Antrags an (§ 7 Abs. 3 AVG). Ab 01. Januar 1992 erfolgte diese Befreiung nach den Vorschriften des SGB VI. Insoweit lautete § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung wie folgt: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. Mit Wirkung ab 01. Januar 1996 wurde § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI geändert; ferner wurden in Absatz 1 die Sätze 2 ff. eingefügt. Insoweit lautet § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
23 
a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 01. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
24 
b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
25 
c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
26 
Ferner wurden die folgenden Sätze 2 ff. angefügt: Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag entstanden, an dem das für die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 01. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit vor der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- bzw. Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI entscheidet über die Befreiung der Träger der Rentenversicherung, nachdem die für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständige oberste Verwaltungsbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt hat. Die Befreiung wirkt nach § 6 Abs. 4 SGB VI vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nur dann auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet (Satz 2 der Vorschrift).
27 
Die Befreiung gilt danach, auch wenn sie bereits vor dem 01. Januar 1992 ausgesprochen wurde (vgl. § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), wie bei der Beigeladenen zu 4), nicht personen-, sondern beschäftigungs- bzw. tätigkeitsbezogen. Sie gilt nur für diejenige Tätigkeit, für die sie erteilt worden ist. Lediglich eine nur vorübergehende (hier nicht vorliegend) berufsfremde Tätigkeit führt nicht zum Wechsel des Alterssicherungssystems (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12). Wird insoweit eine berufsfremde Tätigkeit, für die die Befreiung nicht erteilt worden ist, ausgeübt, wird der Befreiungsbescheid für diese andere Tätigkeit gegenstandslos, bedarf jedoch nicht seiner Aufhebung, um Versicherungs- und Beitragspflicht zur Rentenversicherung für eine berufsfremde Tätigkeit entstehen zu lassen (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12).
28 
Der Senat stellt fest, dass die Beigeladenen vor der Aufnahme der hier zu beurteilenden Tätigkeit als Pharmaberater von der Beklagten nach § 7 Abs. 2 AVG (die Beigeladene zu 4) bzw. nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (die Beigeladenen zu 1 bis 3) von der Versicherungspflicht befreit worden sind. Die Befreiung der Beigeladenen zu 1) als approbierte Tierärztin ab 01. Januar 1995 beruht nach dem Bescheid vom 04. August 1995 auf der durch die Ausübung einer tierärztlichen Tätigkeit begründeten Pflichtmitgliedschaft bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Bei der Beigeladenen zu 2) als ebenfalls approbierte Tierärztin beruht die Befreiung ab 01. Juli 1992 nach dem Bescheid vom 06. Januar 1993 auf der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Landestierärztekammer Hessen. Die erfolgte Befreiung bezog sich bei den Beigeladenen zu 1) und 2) auf die jeweils vor der Beschäftigung bei der Klägerin von ihnen ausgeübte Tätigkeit als approbierte Tierärztin auf der Grundlage der BTO. In der BTO sind die Voraussetzungen der Approbation geregelt, wobei u.a. erforderlich ist, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von mindestens fünf Jahren, von denen sechs Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die tierärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden worden ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 BTO). Nach § 1 Abs. 1 BTO ist der Tierarzt berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern oder zu heilen, zur Erhaltung und Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestands beizutragen, den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen und auf eine Steigerung der Güte von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinzuwirken. Der tierärztliche Beruf ist nach Abs. 2 der Vorschrift kein Gewerbe, sondern seiner Natur nach ein freier Beruf. Beim Beigeladenen zu 3) als approbiertem Arzt beruht die Befreiung nach der Bescheinigung der Beklagten vom 27. Februar 1996 ab 01. Dezember 1995 auf der Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihm vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierter Arzt, wobei die Voraussetzungen der Approbation in der Bundesärzteordnung (BOÄ) geregelt sind. Danach setzt die Approbation u.a. voraus, dass nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden wurde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BOÄ). Bei der Beigeladenen zu 4) als approbierte Apothekerin beruht die Befreiung ab 01. April 1990 auf der Pflichtmitgliedschaft (seit 01. August 1995 freiwillige Mitgliedschaft) in der Apothekerversorgung Berlin. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihr vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierte Apothekerin im Sinne der BApO, in der die Voraussetzungen der Approbation geregelt sind; u.a. ist dafür erforderlich, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von fünf Jahren, von denen zwölf Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die pharmazeutische Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden wurde (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BApO). Nach § 1 BApO ist der Apotheker berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen; er dient damit der Gesundheit des Einzelnen und des gesamten Volkes. Die Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“ (§ 2 Abs. 3 BApO).
29 
Soweit die Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin als Pharmaberater tätig waren - die Beigeladene zu 1) beginnend ab 01. Januar 2001, die Beigeladene zu 2) beginnend ab 01. September 1997, der Beigeladene zu 3) beginnend ab 01. Januar 1999 und die Beigeladene zu 4) beginnend ab 01. Mai 1997 - bezog sich die ihnen gegenüber ausgesprochene Befreiung auf die ausgeübten qualifizierten Tätigkeiten als Tierarzt, Arzt bzw. Apotheker, nicht aber auf die Tätigkeit als Pharmaberater. Insoweit handelte sich jeweils um eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, bei der auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB V nicht vorlagen. Die Tätigkeit als Pharmaberater erforderte nicht zwingend die Approbation als Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker, d.h. die Befugnis, die Berufsbezeichnung Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker führen zu dürfen, wie sie für die Tätigkeiten erforderlich war, die die Beigeladenen ausgeübt hatten, als sie befreit worden waren. Die Aufgabe des Pharmaberaters wird in § 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 AMG gesetzlich dahin definiert, dass, wie hier von den Beigeladenen geschehen, er hauptberuflich Angehörige von Heilberufen aufsucht, um diese über Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AMG fachlich zu informieren, und zwar auch fernmündlich. Diese Tätigkeit entspricht nicht dem typischen, durch die Hochschulausbildung und den entsprechenden Hochschulabschluss geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich des Arztes, Tierarztes und Apothekers, unabhängig davon, dass es für den approbierten Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker im Einzelfall durchaus auch im Kern berufstypische, d.h. an die umfassende Hochschulausbildung anknüpfende und durch die Approbation dokumentierte umfassende Sachkenntnis erfordernde Tätigkeitsfelder in der Pharmaindustrie gibt. Insoweit ist, abgesehen vom „Geprüften Pharmareferenten“ im Sinne der Verordnung vom 02. Mai 1978, Pharmaberater keine Berufs-, sondern eine Tätigkeitsbezeichnung, die eine typische (Mindest-)Sachkenntnis verlangt, um Angehörige von Heilberufen entsprechend informieren zu können. Dabei werden Inhalt und Umfang der Informationen, die der Pharmaberater an Angehörige der Heilberufe weiterzugeben hat, in der Regel vom Auftraggeber (hier die Klägerin) festgelegt. Diese typische (Mindest-)Sachkenntnis für die Tätigkeit des Pharmaberaters wird durch das mittlere Ausbildungsniveau der in § 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG genannten Assistenten dokumentiert, nämlich der Apothekenassistenten sowie der Personen mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder Veterinärmedizin. Diesem typischerweise nur mittleren Ausbildungsniveau entsprechen auch die Personen mit einer beruflichen Fortbildung als Geprüfter Pharmareferent nach § 75 Abs. 2 Nr. 3 AMG und der entsprechenden Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmaberater. Entgegen der Ansicht des SG ergibt sich daraus, dass nach § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG diese entsprechende typische Sachkenntnis für die Tätigkeit als Pharmaberater auch Apothekern oder Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder der Veterinärmedizin abgelegten Prüfung zugestanden wird, nicht, dass diese qualifizierten Hochschulausbildungen zwingende Voraussetzung für die Tätigkeit als Pharmaberater sind, mithin auch die Tätigkeit als Pharmaberater zum typischen, durch die entsprechenden Hochschulausbildungen geprägten Berufsbild gehört. Die bloße Informationstätigkeit zu bestimmten Arzneimitteln gehört nicht zum wesentlichen Kernbereich der ärztlichen, tierärztlichen bzw. pharmazeutischen Tätigkeit, sondern berührt nur Randbereiche davon. Es genügt daher hier für die versicherungsrechtlich zu beurteilende (erteilte) Befreiung nicht, dass es der Gesetzgeber auch bei Ärzten, Tierärzten und Apothekern im Hinblick auf das insoweit wesentliche höhere Ausbildungsniveau im Vergleich zum typischen mittleren Ausbildungsniveau nach § 75 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 AMG zulässt, dass auch ein approbierter Arzt, Tierarzt und Apotheker als Pharmaberater arbeitet, ohne als Sachkundenachweis eine gesonderte Prüfung ablegen zu müssen. Allein der Umstand, dass die für die Tätigkeit als Pharmaberater typischerweise erforderliche Sachkenntnis als so genannte Teilmenge auch aufgrund der nach der BÄO, der BTO und der BApO erforderlichen umfassenden Ausbildung (mit Prüfung) als Arzt, Tierarzt oder Apotheker unterstellt wird, rechtfertigt die Erstreckung der Befreiung eines Arztes, Tierarztes oder Apothekers, der später die Tätigkeit als Pharmaberater ausübt, auch auf diese andere Tätigkeit nicht. Die Tätigkeit als Pharmaberater wird, wenn sie von einem approbierten Arzt, Tierarzt oder Apotheker ausgeübt wird, nicht zu einem typischen Kammerberuf der entsprechenden Berufskammern mit einer Pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen berufsständischen Versorgungseinrichtung für die selbstständigen Berufe, zumal beispielsweise auch die Tätigkeit als Apothekenassistent bzw. aufgrund einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Human- oder der Veterinärmedizin nicht zu den selbstständigen Kammerberufen gehört. Darauf, dass auch der als Pharmaberater tätige approbierte Arzt, Tierarzt und Apotheker bei dieser Tätigkeit Sachkenntnisse einsetzt, die er aufgrund der Hochschulausbildung erlangt hat, kommt es nicht an. Auch ist nicht entscheidend, ob nach den Kammergesetzen bzw. Satzungen der Versorgungseinrichtungen (hier in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Berlin) eine Tätigkeit als Pharmaberater eine Pflichtmitgliedschaft noch begründen mag. Darauf, wie die entsprechenden Kammergesetze bzw. Satzungen die Pflichtmitgliedschaft bestimmen, kommt es für den tätigkeitsbezogenen Umfang der hier jeweils von der Beklagten im Zeitpunkt der Antragstellung/Befreiung erteilten Befreiungen, die sich nicht auf eine Tätigkeit als Pharmaberater bezogen hatten, weil eine solche Tätigkeit zum diesem Zeitpunkt überhaupt nicht ausgeübt worden war, nicht an. Auch kann sich die Klägerin für die Geltung der Befreiung für die Tätigkeit als Pharmaberater nicht darauf berufen, dass sie ihrem Vortrag zufolge als Pharmaberater lediglich Personen mit der umfassenden Sachkenntnis beispielsweise als Arzt, Tierarzt oder Apotheker im Sinne des § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG beschäftigt.
30 
2.2. Da danach die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Beschäftigung als Pharmaberater nicht gilt, hat die Beklagte zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit seit 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachgefordert. Die Beklagte hat diese Beiträge zutreffend berechnet. Insoweit verweist der Senat auf die Anlagen zum Beitragsbescheid. Einwendungen gegen die Höhe der Beiträge hat die Klägerin auch nicht erhoben.
31 
Die Beiträge sind auch nicht verjährt, insbesondere nicht für das Jahr 1997. Die hier zunächst anzunehmende vierjährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV war für die Dauer der Betriebsprüfung nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gehemmt. Jedenfalls noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist galt dann im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 25. Juli 2002, in dem die Klägerin über die von der Beklagten vertretenen Rechtsansicht informiert worden war, die Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV.
32 
Die Erhebung von Beiträgen verstieß auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf die erfolgten Meldungen an die Einzugsstellen berufen. Es ist gerade Aufgabe der Rentenversicherungsträger im Rahmen der Prüfungen nach § 28p SGB IV unabhängig von den von der Einzugsstelle getroffenen Entscheidungen die ordnungsgemäße Beitragserhebung zu prüfen. Auch der Umstand, dass eine im Mai 1997 durchgeführte Betriebsprüfung keine Beanstandung hinsichtlich der beschäftigten Pharmaberater ergeben hatte, führt nicht dazu, dass hier die Beitragserhebung ausgeschlossen wäre. Die jeweiligen Betriebsprüfungen beziehen sich auf einen bestimmten Zeitraum, für den möglicherweise neue Erkenntnisse zur Erhebung von Beiträgen zu berücksichtigen sind.
33 
Danach war das sozialgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
34 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung. mit §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Hinsichtlich der Kostenentscheidung für das Verfahren vor dem Sozialgericht ist das Teil-Anerkenntnis der Beklagten zu berücksichtigen.
35 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
36 
4. Die Festsetzung des Streitwerts (für beide Rechtszüge) beruht auf §§ 63 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetzes (GKG). Bei der Bestimmung des Streitwerts des sozialgerichtlichen Verfahrens ist zu berücksichtigen, dass neben der streitigen Beitragsforderung in Höhe von EUR 78.621,99, die sich auf die Beigeladenen bezog, ferner im erstinstanzlichen Verfahren auch noch die Feststellung der Versicherungspflicht mit Beitragspflicht für die Zukunft des J. S. im Streit war. Insoweit ist von dem Streitwert von EUR 5.000,00 nach § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auszugehen, dieser jedoch im Hinblick auf einen Zeitraum von drei Jahren auf EUR 15.000,00 zu erhöhen, weshalb sich für das sozialgerichtliche Verfahren ein Streitwert von EUR 93.621,99 ergibt. Für das Berufungsverfahren ist der Streitwert endgültig auf EUR 78.621,99 festzusetzen.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

(1) Versicherungsfrei sind

1.
Beamte und Richter auf Lebenszeit, auf Zeit oder auf Probe, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit sowie Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst,
2.
sonstige Beschäftigte von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, deren Verbänden einschließlich der Spitzenverbände oder ihrer Arbeitsgemeinschaften, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist,
3.
Beschäftigte im Sinne von Nummer 2, wenn ihnen nach kirchenrechtlichen Regelungen eine Anwartschaft im Sinne von Nummer 2 gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist, sowie satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften, wenn ihnen nach den Regeln der Gemeinschaft Anwartschaft auf die in der Gemeinschaft übliche Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist,
in dieser Beschäftigung und in weiteren Beschäftigungen, auf die die Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft erstreckt wird. Für Personen nach Satz 1 Nr. 2 gilt dies nur, wenn sie
1.
nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Anspruch auf Vergütung und bei Krankheit auf Fortzahlung der Bezüge haben oder
2.
nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben oder
3.
innerhalb von zwei Jahren nach Beginn des Beschäftigungsverhältnisses in ein Rechtsverhältnis nach Nummer 1 berufen werden sollen oder
4.
in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis stehen.
Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 2 und 3 sowie nach Satz 2 und die Erstreckung der Gewährleistung auf weitere Beschäftigungen entscheidet für Beschäftigte beim Bund und bei Dienstherren oder anderen Arbeitgebern, die der Aufsicht des Bundes unterstehen, das zuständige Bundesministerium, im Übrigen die oberste Verwaltungsbehörde des Landes, in dem die Arbeitgeber, Genossenschaften oder Gemeinschaften ihren Sitz haben. Die Gewährleistung von Anwartschaften begründet die Versicherungsfreiheit von Beginn des Monats an, in dem die Zusicherung der Anwartschaften vertraglich erfolgt.

(2) Versicherungsfrei sind Personen, die eine

1.
Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 2 des Vierten Buches oder
2.
geringfügige selbständige Tätigkeit nach § 8 Absatz 3 in Verbindung mit § 8 Absatz 1 oder nach § 8 Absatz 3 in Verbindung mit den §§ 8a und 8 Absatz 1 des Vierten Buches
ausüben, in dieser Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit. Bei Anwendung von Satz 1 Nummer 2 ist im gesamten Kalenderjahr die zum 1. Januar des jeweiligen Kalenderjahres geltende Geringfügigkeitsgrenze maßgebend. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen selbständigen Tätigkeit nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Satz 1 Nummer 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung beschäftigt sind.

(3) Versicherungsfrei sind Personen, die während der Dauer eines Studiums als ordentliche Studierende einer Fachschule oder Hochschule ein Praktikum ableisten, das in ihrer Studienordnung oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist.

(4) Versicherungsfrei sind Personen, die

1.
nach Ablauf des Monats, in dem die Regelaltersgrenze erreicht wurde, eine Vollrente wegen Alters beziehen,
2.
nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen oder nach den Regelungen einer berufsständischen Versorgungseinrichtung eine Versorgung nach Erreichen einer Altersgrenze beziehen oder die in der Gemeinschaft übliche Versorgung im Alter nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 erhalten oder
3.
bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nicht versichert waren oder nach Erreichen der Regelaltersgrenze eine Beitragserstattung aus ihrer Versicherung erhalten haben.
Satz 1 gilt nicht für Beschäftigte in einer Beschäftigung, in der sie durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber auf die Versicherungsfreiheit verzichten. Der Verzicht kann nur mit Wirkung für die Zukunft erklärt werden und ist für die Dauer der Beschäftigung bindend. Die Sätze 2 und 3 gelten entsprechend für selbständig Tätige, die den Verzicht gegenüber dem zuständigen Träger der Rentenversicherung erklären.

Versicherungspflichtig sind

1.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind; während des Bezuges von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch besteht die Versicherungspflicht fort,
2.
behinderte Menschen, die
a)
in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
b)
in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
3.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe oder in Berufsbildungswerken oder ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen; dies gilt auch für Personen während der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches,
3a.
(weggefallen)
4.
Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften während ihres Dienstes für die Gemeinschaft und während der Zeit ihrer außerschulischen Ausbildung.
Personen, die Wehrdienst leisten und nicht in einem Dienstverhältnis als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit stehen, sind in dieser Beschäftigung nicht nach Satz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig; sie gelten als Wehrdienstleistende im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 2 oder 2a und Satz 4. Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft sind in dem Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, nicht versicherungspflichtig beschäftigt, wobei Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes als ein Unternehmen gelten. Die in Satz 1 Nr. 2 bis 4 genannten Personen gelten als Beschäftigte im Sinne des Rechts der Rentenversicherung. Die folgenden Personen stehen den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 gleich:
1.
Auszubildende, die in einer außerbetrieblichen Einrichtung im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz ausgebildet werden,
2.
Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes den ärztlichen Beruf ausüben will, bedarf der Approbation als Arzt.

(2) Eine vorübergehende oder eine auf bestimmte Tätigkeiten beschränkte Ausübung des ärztlichen Berufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist auch aufgrund einer Erlaubnis zulässig.

(3) Ärzte, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates sind, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, dürfen den ärztlichen Beruf im Geltungsbereich dieses Gesetzes ohne Approbation als Arzt oder ohne Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs ausüben, sofern sie vorübergehend und gelegentlich als Erbringer von Dienstleistungen im Sinne des Artikels 50 des EG-Vertrages im Geltungsbereich dieses Gesetzes tätig werden. Sie unterliegen jedoch der Meldepflicht nach diesem Gesetz.

(4) Für die Ausübung des ärztlichen Berufs in Grenzgebieten durch im Inland nicht niedergelassene Ärzte gelten die hierfür abgeschlossenen zwischenstaatlichen Verträge.

(5) Ausübung des ärztlichen Berufs ist die Ausübung der Heilkunde unter der Berufsbezeichnung "Arzt" oder "Ärztin".

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Tenor

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.05.2012 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger für eine Unterrichtstätigkeit versicherungspflichtig in der Rentenversicherung ist oder von der Versicherungspflicht befreit werden kann.

Der am 1973 geborene Kläger ist im Hauptberuf als freiberuflicher Rechtsanwalt tätig und seit 20.07.2000 Pflichtmitglied in der Rechtsanwaltskammer N-Stadt und zugleich Pflichtmitglied in der Bayer. Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung als berufsständischem Versorgungswerk.

Am 09.08.2000 beantragte der Kläger über die Bayer. Versorgungskammer - die Beigeladene - bei der Beklagten eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auf einem Antragsformular für § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (Sechstes Buch Sozialgesetzbuch). Er gab hierzu an, dass er selbstständig und pflichtversichert in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Abs. 2 SGB VI sei. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 20.10.2000 fest, dass es einer Befreiung von der Versicherungspflicht im Fall des Klägers nicht bedürfe, da er nicht versicherungspflichtig in der Rentenversicherung der Angestellten sei. Der Befreiungsantrag werde als erledigt betrachtet. Ergänzend wurde mitgeteilt, dass bei Aufnahme einer versicherungspflichtigen berufsspezifischen Beschäftigung und bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft im berufsständischen Versorgungswerk und in der Berufskammer, Entrichtung einkommensbezogener Beiträge an das Versorgungswerk) die Möglichkeit bestehe, erneut einen Befreiungsantrag über das berufsständische Versorgungswerk zu stellen.

Am 09.10.2002 stellte der Kläger über die Beigeladene bei der Beklagten einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für eine Tätigkeit als nebenberufliche Lehrkraft (an der Staatl. Fachoberschule und Berufsoberschule W-Stadt - Fach Rechtslehre) mit vier Wochenstunden aufgrund eines Arbeitsvertrages mit der Regierung von Mittelfranken und einem Beginn der Beschäftigung vom 16.09.2002, wobei der Arbeitsvertrag heute nicht mehr aktenkundig ist. Dem Kläger wurde daraufhin mit Bescheid vom 13.01.2003 für diese Beschäftigung für die Zeit vom 16.09.2002 bis 07.09.2003 eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 SGB VI erteilt, ohne dass eine fallbezogene Begründung dafür abgegeben worden wäre. Bei Aufnahme einer versicherungspflichtigen berufsspezifischen Beschäftigung und Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen bestehe die Möglichkeit, erneut einen Befreiungsantrag zu stellen.

Dieser Geschehensablauf wiederholte sich in den Folgejahren:

Antrag vom 15.11.2003, Bescheid vom 26.01.2004;

Antrag vom 07.11.2004, Bescheid vom 05.01.2005;

Antrag vom 14.11.2005, Bescheid vom 16.12.2005;

Antrag vom 14.11.2006, Bescheid vom 22.12.2006;

Antrag vom 15.10.2007, Bescheid vom 12.11.2007;

Antrag vom 06.11.2008, Bescheid vom 10.12.2008;

Antrag vom 16.11.2009, Bescheid vom 17.12.2009.

Die letztgenannte Befreiung erstreckte sich bis 12.09.2010. Für die meisten Jahre liegen die zugehörigen befristeten Arbeitsverträge vor, die vornehmlich mit Elternzeitvertretungen begründet waren. Im Schuljahr 2007/2008 war die Stundenzahl für die Unterrichtstätigkeit auf 6 Wochenstunden erhöht, ab dem Folgejahr belief sie sich auf 8 Wochenstunden.

Am 20.10.2010 stellte der Kläger den streitgegenständlichen Befreiungsantrag für eine nebenberufliche Tätigkeit als Lehrkraft (an der Staatl. Fachoberschule und Berufsoberschule W-Stadt - Fach Rechtslehre) im Umfang von acht Unterrichtsstunden wöchentlich für einen Zeitraum vom 13.09.2010 bis längstens 11.09.2011, wobei die Befristung erneut aufgrund einer Elternzeit der zu vertretenden Lehrkraft vorgenommen worden war. Die Beklagte fragte beim Kläger nach, ob es sich bei der Beschäftigung als nebenberufliche Lehrkraft um den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit handeln würde. Der Kläger antwortete darauf, dass es sich dabei weder um den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit handele, noch diese Beschäftigung zur Erzielung des überwiegenden Lebensunterhaltes dienen würde. Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 09.12.2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 SGB VI für die Unterrichtstätigkeit des Klägers ab. Bei der vom Kläger ausgeübten Beschäftigung als Lehrkraft handele es sich nicht um eine berufsspezifische Beschäftigung als Rechtsanwalt, weshalb die Befreiung von der Versicherungspflicht nicht greife, da sie auf die jeweilige berufsspezifische Beschäftigung oder Tätigkeit beschränkt sei (§ 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI). Zwar könne eine Befreiung von der Versicherungspflicht auf eine vorübergehende berufsfremde Beschäftigung oder Tätigkeit erstreckt werden, sofern diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich zeitlich begrenzt sei und insoweit auch einkommensgerechte Beiträge aus der berufsfremden Beschäftigung oder Tätigkeit in die berufsständische Versorgungseinrichtung gezahlt würden. Eine derartige Befreiung setze jedoch voraus, dass in der Vergangenheit eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI erteilt worden sei, die im Hinblick auf die berufsspezifische Hauptbeschäftigung noch aktuell wirksam sei. Der Kläger unterliege jedoch als selbstständiger Rechtsanwalt nicht der Rentenversicherungspflicht, so dass eine Befreiung hierfür weder möglich, noch erforderlich gewesen sei. Die Erstreckungsregelung des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI stelle kein eigenständiges Befreiungsrecht dar. Insofern könne über diese Vorschrift auch nicht eine Befreiung von der Versicherungspflicht für die Nebentätigkeit des Klägers erreicht werden.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 05.01.2011 Widerspruch ein und berief sich auf den Sinn und Zweck des Gesetzes, wonach die Sicherstellung einer Rentenversorgung durch Anordnung einer Rentenversicherungspflicht erfolge und zugleich eine Doppelversicherung vermieden werden solle, die dann entstehe, wenn ein Versicherter zeitgleich schon bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung aufgrund Gesetzes Pflichtmitglied sei. Wenn in seinem Fall also eine Versicherungspflicht ohne Befreiungsmöglichkeit angenommen werde, ergebe sich das vom Gesetzgeber gerade nicht gewollte Nebeneinander von gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung und somit eine Doppelversicherung. Die von der Beklagten vorgenommene Gesetzesauslegung laufe der gesetzgeberischen Intention zuwider und sei daher fehlerhaft. Sie stelle außerdem einen verfassungswidrigen enteignungsgleichen Eingriff in das Vermögen des Klägers dar.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2011 zurück. Sie stellte darauf ab, dass es sich bei der Nebentätigkeit des Klägers um keine für einen Rechtsanwalt typische anwaltliche Berufstätigkeit handele. Zu den Kriterien einer anwaltlichen Beschäftigung würden die Tätigkeitsfelder Rechtsgestaltung, Rechtsberatung, Rechtsentscheidung und Rechtsvermittlung gehören. Diese vier Tätigkeitsfelder müssten im Hinblick auf die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht kumulativ abgedeckt werden, wobei die Gewichtung der einzelnen Felder in Abhängigkeit von der Art der ausgeübten Beschäftigung unterschiedlich sein könne. Eine solche den vorgenannten Kriterien entsprechende anwaltliche Beschäftigung werde im Rahmen der Teilzeitbeschäftigung als Lehrkraft des Freistaates Bayern nicht ausgeübt. Eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht könne zwar nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI auch auf Tätigkeiten darüber hinaus erstreckt werden, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt seien und die Versorgungseinrichtung auch während der Ausübung dieser Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleiste. Durch diese Regelung solle sichergestellt werden, dass die kurzfristige und vorübergehende Ausübung einer anderen Beschäftigung den Betroffenen nicht zu einem Wechsel seines Systems der sozialen Sicherheit zwinge. Dies erfasse jedoch nicht den Kläger, denn sonst würde man für beliebige berufsfremde Nebenbeschäftigungen ein eigenständiges Befreiungsrecht kreieren und diese Nebenbeschäftigungen könnten allein durch die Mitgliedschaften in einem berufsständischen Versorgungswerk der Sozialversicherungspflicht entzogen werden. Dies sei nicht Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI. Da beim Kläger keine aktuell wirksame Befreiung in der berufsgruppenspezifischen Hauptbeschäftigung vorliege, komme eine Erstreckung der Befreiung nicht in Betracht.

Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 08.09.2011 am 12.09.2011 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Er hat seine Argumentation dahingehend vertieft, dass bei Ablehnung des Befreiungsantrages die Beiträge des Klägers statt in den Aufbau seines sozialen Sicherungssystems in die gesetzliche Rentenversicherung fließen würden und dort aufgrund fehlender Beitragsmonate - wegen der Befristung der Tätigkeit - keinerlei Anspruch auf Leistungen gegen die Beklagte begründen würden. Damit werde nicht soziale Sicherheit auf-, sondern abgebaut. Dem Kläger sei es ohne Vorliegen einer Versicherungspflicht verwehrt, seine Hauptbeschäftigung davon befreien zu lassen, wie sich in der Vergangenheit gezeigt habe, so dass er die von der Beklagten für erforderlich angesehene Voraussetzung nicht schaffen könne. Der Unterschied zwischen dem selbstständigen an das Versorgungswerk als Pflichtmitglied einzahlenden Rechtsanwalt und dem nichtselbstständigen an das Versorgungswerk als Pflichtmitglied einzahlenden Rechtsanwalt sei jedoch nicht so gravierender Natur, dass dies die Ungleichbehandlung der beiden Rechtsanwälte rechtfertige. Die angegriffene Entscheidung stelle damit auch einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz (GG) dar. Wenn schon eine gewährte Befreiung für die Haupttätigkeit als angestellter Rechtsanwalt als eine Ausnahme von der Versicherungspflicht im Falle einer befristeten berufsfremden Nebentätigkeit auf diese erstreckt werden könne, so müsse diese Befreiung erst recht von einer per se nicht versicherungspflichtigen Tätigkeit auf die Nebentätigkeit erstreckt werden können. Die Auslegung der gesetzlichen Vorschriften durch die Beklagte sei daher rechts- und verfassungswidrig.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass der Kläger sich nicht darauf berufen könne, dass die Beklagte in der Vergangenheit befristete Befreiungen von der Versicherungspflicht bereits ausgesprochen gehabt habe; hieraus könne kein fortlaufender Rechtsanspruch hergeleitet werden. Zwar solle wohl nach dem Willen des Gesetzgebers eine Doppelversicherung ausgeschlossen werden; jedoch sei eine Doppelversicherung, die sich aus dem Wortlaut des Gesetzes ergebe, hinzunehmen, weil diese offenbar vom Gesetzgeber so gewollt sei.

Die Beklagte verwies weiter darauf, dass es in der Literatur umstritten sei, ob bei einer Ausgangslage wie hier die Erstreckungsregelung des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI für - berufsfremde - Nebentätigkeiten überhaupt relevant sein könne, da in einem solchen Fall, d. h. bei einer Nebentätigkeit der Betroffene nicht zu einem Wechsel eines Systems der sozialen Sicherheit gezwungen werde, sondern lediglich eine zusätzliche Sicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet werde (so Böcken, GK-SGB VI, § 6 Rz. 182). Zu verweisen sei auf ein Urteil des LSG NRW vom 16.07.2001 (Az. L 3 RA 73/00), das die Rechtslage im Sinne der Beklagten eingeordnet habe.

Der Kläger habe seine Nebenbeschäftigung als Lehrkraft im Rahmen von jeweils befristeten Jahresverträgen seit dem 16.09.2002 ohne Unterbrechung bis heute ausgeübt und sei zum Zeitpunkt der (streitgegenständlichen) Antragstellung auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht im Oktober 2010 bereits mehr als acht Jahre an der Staatl. Fachoberschule und Berufsoberschule in W-Stadt beschäftigt gewesen. Dies spreche nicht dafür, dass der Kläger tatsächlich geplant habe, ausschließlich eine anwaltliche Tätigkeit auszuüben. Werde kontinuierlich und in gleichbleibendem Umfang eine Nebenbeschäftigung ausgeübt, spreche dies dafür, dass das Nebeneinander von selbstständiger Tätigkeit und Nebenbeschäftigung dauerhaft beabsichtigt sei.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 24.05.2012 die Klage abgewiesen. Es ist zum Ergebnis gekommen, dass es in § 6 SGB VI keine Befreiungsregelung gebe, die auf den Fall des Klägers anzuwenden sei. Die Auslegung nach dem klaren Wortlaut sei auch von dem LSG NRW so vorgenommen worden. Das Sozialgericht habe auch keine Möglichkeit, die Beklagte zu einer Befreiung in entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI zu verpflichten. Es handele sich hierbei bereits um eine Ausnahmeregelung, die sehr eingegrenzte Voraussetzungen habe und eine Ausnahme von der Ausnahmevorschrift komme nach Überzeugung des Sozialgerichts nicht in Betracht. Auch sei es zweifelhaft, ob die aus haushaltsrechtlichen Gründen des öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers formal befristeten Arbeitsverträge, die sich inzwischen über einen Zeitraum von zehn Jahren erstreckten, von der Intention des Gesetzgebers im Hinblick auf das Merkmal „vorübergehend“ erfasst würden. Das Gericht schließe sich hinsichtlich der Prüfung des Art. 3 GG der Argumentation des LSG NRW (a. a. O.) an, wonach der Schutzbereich nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht betroffen sei.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger mit Telefax vom 19.07.2012 über das Sozialgericht Nürnberg Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und seine Argumentation wiederholt. Er hat ferner ausgeführt, dass tatsächlich befristete Arbeitsverhältnisse vorliegen würden und es nicht in seiner Macht stünde, hieran etwas zu ändern oder sicherzustellen, dass in Zukunft eine Fortsetzung dieser Arbeitsverhältnisse gegeben sei. Die Argumentation, dass hier ein zweites Standbein aufgebaut worden sei und dies auf Dauer angelegt worden sei, könne so nicht akzeptiert werden. Es sei zu berücksichtigen, dass bei befristeten Arbeitsverträgen nicht ausreichend Beiträge entrichtet würden, so dass aufgrund der gesetzlichen Wartezeiten aus diesen Beiträgen regelmäßig keine Leistungen zu erwarten seien. Ein solches Ergebnis könne der Gesetzgeber nicht beabsichtigt haben.

In einem Erörterungstermin vom 28.10.2014 hat der Kläger dargestellt, dass die Arbeitsverhältnisse als Vertretung von Lehrkräften ausschließlich im Fachgebiet Wirtschaft und Recht angefallen seien. Die Vertretung habe nicht immer das gesamte Schuljahr betroffen: so sei im Schuljahr 2013/2014 die Vertretung nur bis Mai gelaufen und im Schuljahr 2012/2013 sei er gar nicht beschäftigt gewesen. Die Verträge würden die Sommerferien dann mit einschließen, wenn sie zuvor das gesamte Schuljahr über bis zum Beginn der Sommerferien abgedeckt hätten. Die Entlohnung hat sich nach Angaben des Klägers deutlich über der Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro pro Monat belaufen (ca. 1.300 Euro). Der Kläger hat außerdem angegeben, dass in den Jahren, in denen ihm Befreiung von der Rentenversicherungspflicht erteilt gewesen sei, der Arbeitgeberanteil an die Beigeladene abgeführt worden sei. Seitens des Senats ist darauf hingewiesen worden, dass Wochenstunden einer Unterrichtstätigkeit wohl in Zeitanteile einer Vollzeitbeschäftigung umzusetzen seien, so dass die hier streitgegenständlichen acht Wochenstunden Unterricht etwa einer Teilzeitstelle von 1/3 entsprechen würden.

Die Beklagte hat zunächst keine Informationen dazu geben können, warum im Jahr 2010 anders als in den Vorjahren keine Befreiung von der Versicherungspflicht erteilt worden sei. Auf schriftliche Nachfrage hat sie angegeben, sie habe damals ihre Rechtsauffassung aufgrund aufgetretener Missbrauchsfälle geändert. Die neue Rechtsauffassung sei durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 31.10.2012 (Az. B 12 R 8/10 R) bestätigt worden: Danach stelle eine Erstreckungsregelung einer bestehenden Befreiung keinen eigenständigen Befreiungstatbestand dar.

Nach Ausführungen des Klägers soll die Beigeladene beobachtet haben, dass eine solche Rechtsanwendung, wie sie die Beklagte beim Kläger in den Vorjahren vorgenommen gehabt habe, teilweise in anderen Fällen auch im Jahr 2010 noch zur Anwendung gekommen sei.

Der Kläger hat weiter eingewandt, dass die Entscheidung des BSG einen anderen Sachverhalt betroffen habe. Das Sozialgericht Münster habe dagegen in einer Entscheidung vom 23.03.2012 (Az. S 4 R 895/10) für eine Dozententätigkeit eine Befreiungsvoraussetzung angenommen. Im Wege der verfassungskonformen Auslegung unter Berücksichtigung von Art. 12 GG und Art. 3 Abs. 1 GG sei dieses Ergebnis zwingend. Dies entspreche dem gesetzgeberischen Willen, der in der Bundestagsdrucksache 11/5530 (Seite 40) klar dargestellt sei. Auch werde diese Auffassung in der Literatur vertreten, z. B. im Handbuch des Sozialversicherungsrechts Rentenversicherung 1999 § 17 Rn. 74, Fichte in: Hauck/Noftz, SGB VI, § 6 Rn. 133, Schmidt in: Kreikebohm, SGB VI, § 6 Rn. 96.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.05.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 09.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger antragsgemäß von der Rentenversicherungspflicht für die vom 13.09.2010 bis 11.09.2011 ausgeübte Beschäftigung als Lehrkraft an der Fachoberschule W-Stadt zu befreien.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.05.2012 zurückzuweisen.

Die Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag,

Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht Nürnberg hat zutreffend die Entscheidung der Beklagten, wonach der Kläger ab 13.09.2010 für seine Unterrichtstätigkeit keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung hat, als rechtmäßig angesehen.

Der Kläger hat im strittigen Zeitraum eine Lehrtätigkeit an einer Fachoberschule und Berufsoberschule ausgeübt. Er hat hierzu mit dem Schulträger einen Arbeitsvertrag geschlossen. Der Arbeitsvertrag war unter Berufung auf einen sachlichen Grund - Vorliegen eines zeitlich begrenzten Vertretungsfalls - befristet.

Die Unterrichtstätigkeit war nicht Bestandteil der selbstständigen rechtsanwaltlichen Tätigkeit. Sie erfolgte vielmehr als eine abhängige Beschäftigung gegen Entgelt, wie sich aus den Formulierungen des Arbeitsvertrages ergibt. Sie fällt als solche unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI und es besteht somit zunächst grundsätzlich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist er von dieser Versicherungspflicht auch nicht zu befreien und sie entfällt auch nicht aus anderen Gründen.

Die Tätigkeit umfasste nicht nur einen geringfügigen Umfang und der Verdienst war nicht auf maximal 450 Euro beschränkt (§ 8 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV), so dass für den Kläger Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 2 SGB VI eindeutig nicht vorgelegen hat.

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI bestimmt, dass von der Versicherungspflicht Beschäftigte und selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit befreit werden, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für Ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat, für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. Unter diese Vorschrift fallen Rechtsanwälte, die ihrer rechtsanwaltlichen Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nachgehen - etwa Angestellte in einer Großkanzlei. Für Lehrer gibt es keine vergleichbare berufsständische Versorgung. Der Unterricht im Fach Rechtskunde ist keine Tätigkeit, die unter das Rechtsdienstleistungsgesetz fällt; er erfordert nicht die Zulassung als Rechtsanwalt und löst damit keine Pflichtmitgliedschaft im berufsständischen Versorgungswerk für Rechtsanwälte aus. Allein für diese Tätigkeit kommt daher nicht die Befreiung von der Versicherungspflicht (nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) in Betracht.

Für den Senat ergibt sich auch nichts anderes aus der Zusammenschau der beiden Tätigkeiten. Auch wenn der Kläger - nachvollziehbar - angegeben hat, dass sowohl hinsichtlich des Zeitaufwandes als auch des erzielten Einkommens der Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit in der Ausübung des Berufs eines selbstständigen Rechtsanwaltes liegt, ist die daneben ausgeübte Unterrichtstätigkeit nicht nur ein Annex der rechtsanwaltlichen Tätigkeit. Es bestehen eine eigene arbeitsvertragliche Verpflichtung und ein (deutlich) über der Geringfügigkeitsgrenze liegender Verdienst.

Zwar könnte die Tätigkeit möglicherweise als nicht berufsfremd angesehen werden. In der in der Vergangenheit vertretenen sog. Vierkriterientheorie ist die anwaltliche Tätigkeit durch das kumulative Vorliegen der Teilaufgaben Rechtsvermittlung, Rechtsentscheidung, Rechtsberatung und Rechtsgestaltung gekennzeichnet gesehen worden. Ein Unterricht im Fach Rechtskunde könnte eine rechtsvermittelnde Tätigkeit darstellen und somit Teil des rechtsanwaltschaftlichen Tätigkeitsspektrums sein. Ein derartiger Ansatz führt jedoch nicht zu dem vom Kläger gewünschten Ergebnis, allein im berufsständischen Versorgungswerk beitragspflichtig zu sein. Abgesehen davon, dass in den neueren Entscheidungen die Vierkriterientheorie als nicht zentral oder gar als untauglich angesehen wird (vgl. BSG Urt. v. 03.04.2014, Az. B 5 RE 13/14 R; LSG NRW Urt. v. 07.05.2013, Az. L 18 R 1038/11), würde sie nicht ermöglichen, eine Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht für seine Unterrichtstätigkeit auszusprechen. Entscheidend hierfür ist nicht die Differenzierung zwischen berufsspezifisch und berufsfremd, sondern die Frage der Notwendigkeit der Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk gerade wegen dieser Tätigkeit - also der Unterrichtstätigkeit - wie der Wortlaut von § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI eindeutig ersehen lässt. Und dies ist aus Sicht des Senats zu verneinen. Das LSG NRW hat in einem ähnlichen Fall eines Hochschullehrers bereits in seinem Urteil vom 16.07.2001 (Az. L 3 RA 73/00) die Anwendbarkeit von § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI verneint; ergänzend hat es hilfsweise auf die fehlende Berufsspezifik der Tätigkeit abgestellt.

Die Vorschrift des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI ist im Fall des Klägers ebenfalls nicht einschlägig. Danach erstreckt sich die Befreiung in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Zwar wäre die Beigeladene bereit, Beiträge auch für die Unterrichtstätigkeit des Klägers entgegenzunehmen und damit gemäß ihrer Satzung den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften zu ermöglichen.

Der Wortlaut dieser Vorschrift verhindert aber die Anwendung auf den Fall des Klägers, da bei ihm keine Befreiung nach § 6 Abs. 1 SGB VI erteilt worden ist. Die Annahme, dass die Erstreckungsregelung des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI für Fälle, in denen ein Befreiungsantrag nicht erforderlich ist, erst recht gelten müsse, ist nicht zwingend. So handelt es sich bei § 6 Abs. 5 SGB VI um eine Ausnahmeregelung, die nicht beliebig analogiefähig ist. Der Ausnahmecharakter wird in § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI gerade noch einmal besonders betont. Sinn und Zweck der Regelung ist offensichtlich auch nicht, jede Doppelmitgliedschaft in gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischem Versorgungswerk zu vermeiden, sondern einen besonderen Aufwand für ersichtlich nur vorübergehende Veränderungen zu vermeiden. Dass eine am Wortlaut orientierte Auslegung einen erkennbaren, anders gelagerten Willen des Gesetzgebers nicht umsetzen würde, ist für den Senat nicht zu erkennen. Der Hinweis der Klägerseite auf BT-Drs. 11/5530 und die dort erwähnte gleichmäßige Einbeziehung von Selbstständigen und Angestellten bezieht sich nicht auf § 6 Abs. 5 SGB VI.

Dem Gesetzgeber war es auch nicht untersagt, zwischen den Fällen zu differenzieren, in denen eine Befreiung - erfolgreich - beantragt worden ist und denen, in denen ein solcher Antrag ausgeschlossen ist, weil von vornherein keine Versicherungspflicht - für die Haupttätigkeit - besteht. Ein Selbstständiger hat deutlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten seines Tätigkeitsfeldes als ein abhängig Beschäftigter, dem ausnahmsweise die Beitragszahlung in einem berufsständischen Versorgungswerk ermöglicht worden ist.

Dementsprechend sieht es der Senat nicht als geboten an, unter Rückgriff auf Art. 3 GG eine verfassungskonforme Rechtsauslegung des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGG dergestalt vorzunehmen, dass von dieser Vorschrift auch Personen erfasst würden, die genuin nicht der Versicherungspflicht unterlegen sind. Diese Gedanken entsprechen der Auslegung wie sie das BSG in dem Urteil vom 31.10.2012, Az. B 12 R 8/10 R, vorgenommen hat.

Eine Belastung mit gesetzlich vorgesehenen Sozialversicherungsabgaben stellt keinen Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) dar, jedenfalls wenn sie in ihrer Höhe nicht erdrosselnd sind, was für den vorliegenden Fall verneint werden kann. Auch Art. 14 GG ist aus Sicht des Senats nicht tangiert: Zwar ist es richtig, dass für Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung regelmäßig Wartezeiten zurückgelegt sein müssen. Der Kläger unterscheidet sich hier aber nicht von anderen Personen, die zunächst nur eine oder mehrere befristete Beschäftigungen angeboten bekommen und selbst bei einer unbefristeten Beschäftigung besteht keine Garantie, wenigstens bis zum Erfüllen der allgemeinen Wartezeit (§ 50 Abs. 1 SGB VI) beschäftigt zu sein. Darin liegt aber kein Eingriff in das Eigentum bzgl. der geleisteten Beitragszahlungen vor, da es einerseits Regelungen zur vorzeitigen Wartezeiterfüllung gibt (§ 53 SGB VI) und andererseits eine Beitragsrückerstattung als letzte Option in Betracht kommt (§ 210 SGB VI).

Der Senat ist außerdem zur Überzeugung gelangt, dass selbst für den Fall, dass man eine analoge Anwendung der Befreiungsvorschrift des § 6 Abs. 5 SGB VI für rechtlich geboten halten wollte (vgl. SG Münster, Urt. v. 23.03.2012, Az. S 4 R 895/10), im Fall des Klägers die entsprechenden Voraussetzungen jedenfalls zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Antrags nicht erfüllt waren, da er eine Lehrtätigkeit in erheblichem Umfang (ca. Drittelstelle) schon über einen längeren Zeitraum von mehreren Schuljahren ausgeführt hatte und keine nur vorübergehende Beschäftigung vorgelegen hat. Soweit der Kläger einwendet, dass er keine Garantie dafür habe, dass er im jeweiligen Schuljahr beschäftigt werde, und dass es auch bereits Schuljahre gegeben habe, in denen für ihn keine Vertretungsstelle zur Verfügung gestanden habe, ändert dies nichts daran, dass hier nach Sinn und Zweck der Vorschrift § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI nicht betroffen sein kann, weil es sich dort nämlich nicht nur um eine formale zeitliche Begrenzung, sondern um eine vorübergehende kürzere Beschäftigung handeln muss, die einen Wechsel der Versorgungseinrichtung und den Aufbau einer anderweitigen Versorgung nicht sinnvoll erscheinen lässt.

Es ist auch darauf hinzuweisen, dass eine rechtsmissbräuchliche Kettenbefristung arbeitsrechtlich angegriffen werden könnte (dies ist beispielsweise für langjährige Beschäftigung im Unterricht durch das Landesarbeitsgericht Köln in seinem Urteil vom 04.12.2014, Az. 13 SA 448/14 so entschieden worden). Gleichwohl ist es nicht erforderlich, den Arbeitgeber des Klägers zum Verfahren beizuladen. Eine notwendige Beiladung nach § 75 Abs. 2 Satz 1 1. Alternative SGG liegt nicht vor. Mit einer möglichen Ablehnung der Befreiung wird nicht unmittelbar in die Rechtssphäre des Arbeitgebers eingegriffen, wie dies für eine notwendige Beiladung erforderlich wäre. Denn die Ablehnung der Befreiungsmöglichkeit zieht nicht unmittelbar zwingend das Vorliegen einer Versicherungs- und Beitragspflicht nach sich, weil hierfür auch noch andere Kriterien zu beachten sind. Eine einheitliche Entscheidung auch gegenüber dem Arbeitgeber liegt insofern nicht vor (vergleiche LSG NRW, Urteil vom 16.07.2001, Az. L 3 RA 73/00 unter Berufung auf BSG, Urteil vom 03.04.1999, Az. 12 RK 20/96).

Die angefochtenen Entscheidungen des Sozialgerichts Nürnberg und der Beklagten sind deshalb aus Sicht des Senats im Ergebnis nicht zu beanstanden und die Berufung war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.