Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 04. Aug. 2014 - L 2 U 234/11

bei uns veröffentlicht am04.08.2014

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 5. April 2011 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Feststellung des Ereignisses vom 31. Juli 2006 als Arbeitsunfall bzw. die Feststellung einer Berufskrankheit nach den Nrn. 4301 und 4302 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) und in der Folge die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen an die Klägerin. Die Klägerin ist die Ehefrau des verstorbenen A.. Betreuer der Klägerin ist gemäß Anordnung des Amtsgerichts A-Stadt Dipl.Soz.Päd. (FH) D. E..

Der 1963 geborene Versicherte, A., war als Sachverständiger für Dampf- und Drucktechnik bei der T.S. I. S. GmbH (im Folgenden: T.S.) in G-Stadt angestellt. Am 31. Juli 2006 ereignete sich während eines Prüfauftrages bei der F. G.-Gas GmbH ein Unfall. Der Versicherte musste einen unterirdischen Flüssiggas-Lagerbehälter prüfen. Der unterirdische, 2,9 t schwere Behälter wurde über einem mittig gelegenen Domschacht von zwei Mitarbeitern der Fa. G.-Gas, F. B. und H. S., gasfrei gemacht. Im Anschluss daran erteilten sie dem Versicherten die Erlaubnis, in den Tank einzusteigen. Als er über den Domschacht in den Tank eingestiegen war, fragten die beiden Mitarbeiter der Fa. G.-Gas nach, ob alles in Ordnung sei. Nachdem keine Reaktion erfolgte, stieg Herr B. ebenfalls in den Tank ein und fand den Versicherten bewusstlos im Behälter liegen. Es gelang diesem nicht, den Versicherten zu bergen. Daraufhin stieg auch der Mitarbeiter S. in den Behälter ein. Auch zu zweit schafften sie es nicht den Versicherten zu bergen. Die Feuerwehr traf nach ca. 15 Minuten ein und barg den Versicherten. Außerhalb des Tanks wurden vom bereitstehenden Notarzt sofort Reanimationsmaßnahmen und eine Intubation durchgeführt. Nach Wiederherstellung einer regelmäßigen Herzaktion, einer Infusionstherapie und einer Stabilisierung der Kreislaufsituation wurde der Versicherte mit dem Rettungshubschrauber ins Klinikum I. (Abteilung Toxikologie) verbracht.

Nach dem Bericht der toxikologischen Abteilung des Klinikums I. vom 21. September 2006 erlitt der Versicherte bei dem Ereignis vom 31. Juli 2006 einen hypoxischen Hirnschaden, von dem er sich nicht mehr erholte. Er verstarb am 2. August 2006. Die Ärzte im Klinikum I. gingen letztlich aber nicht davon aus, dass das Propangas ursächlich für den Tod des Versicherten war, sondern nahmen als Ursache ein „rhythmogenes Ereignis“ (Herzrhythmusstörungen) an. An Begleitdiagnosen wurden angegeben: „Adipositas, arterielle Hypertonie, Fettleber, Diabetes mellitus Typ II b, Asthma bronchiale“.

Im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen waren die Mitarbeiter der Fa. G.-Gas GmbH, B. und S., zum genauen Hergang des Ereignisses vom 31.07.2006 befragt worden.

Der Zeuge B. gab am 31. Juli 2006 im Rahmen der Vernehmung an, dass vor der Prüfung des Tanks eine vollständige Gasentfernung erfolgt sei. Als der Versicherte nach dem Einstieg in den Tank keine Rückmeldung mehr gegeben habe, sei er selbst in den Schacht eingestiegen. Er habe versucht, den Versicherten zu bergen, was ihm aber nicht gelungen sei. Insgesamt sei er etwa drei bis fünf Minuten im Tank gewesen.

Der Zeuge S. sagte im Rahmen der Vernehmung vom 31. Juli 2006 aus, dass auch er in den Tank zu dem bewusstlosen Versicherten eingestiegen sei. Er habe keinerlei Gasgeruch bemerkt. Propangas verbreite einen stechenden Geruch, womit Gasreste sicherlich aufgefallen wären. Er und sein Kollege hätten sich aber problemlos unten im Tank aufhalten können, sie hätten es lediglich nicht geschafft, den Versicherten alleine zu bergen. Daher seien sie nach einigen Minuten wieder aus dem Tank ausgestiegen.

Als weiterer Zeuge wurde der TÜV-Sachverständige H. R. befragt, welcher nach dem Ereignis vom 31. Juli 2006 gegen 11.00 Uhr verständigt wurde. Er sei dann zu dem Unfallort nach A-Stadt gefahren, um dort die Prüfung zu Ende zu führen. Er sei selbst in den Tank eingestiegen und habe keinerlei Auffälligkeiten bemerkt. Er habe festgestellt, dass der Tank in einem exzellenten Zustand war. Es seien weder atmosphärische noch andere Auffälligkeiten erkennbar gewesen. Es habe in keiner Weise außergewöhnlich gerochen und er selbst hätte auch in keiner Phase irgendwelche Schwierigkeiten gehabt. Er könne sich absolut nicht vorstellen, dass der Zustand seines Kollegen etwas mit dem Propangas zu tun haben könne.

Das Unfallereignis wurde bei der Beklagten von der T.S. I. S. GmbH am 2. August 2006 angezeigt. Die Beklagte hat die Akten der Staatsanwaltschaft A-Stadt sowie medizinische Befundberichte beigezogen. Mit Bescheid vom 1. Februar 2007 lehnte sie die Anerkennung eines Arbeitsunfalles und die Erbringung von Hinterbliebenenleistungen ab. Da der Tank zum Unfallzeitpunkt in einem einwandfreien und auch gasfreien Zustand gewesen sei, müsse man davon ausgehen, dass der Tod infolge von unfallunabhängigen Erkrankungen eingetreten sei. Hiergegen legte die damalige Betreuerin der Klägerin mit Schreiben vom 21. August 2008 Widerspruch erhoben. Der Widerspruch sei nicht verfristet, weil der Bescheid der auch im Februar 2007 schon geschäftsunfähigen Klägerin nicht wirksam bekanntgegeben worden sei. Die Beklagte gewährte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.Oktober 2009 als unbegründet zurück.

Die damalige Betreuerin der Klägerin hat mit Schreiben vom 3. Dezember 2009 Klage beim Sozialgericht Landshut erhoben. Das Gericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte des Versicherten, Dr. D. und Dr. E. in D-Stadt, die Krankenunterlagen des Klinikums I. bezüglich der Akutbehandlung ab 31. Juli 2006 sowie die Akte der Staatsanwaltschaft A-Stadt zum streitigen Vorfall beigezogen und eine Auflistung der Arbeitsunfähigkeitszeiten durch die Krankenkasse des Versicherten eingeholt.

In der staatsanwaltschaftlichen Akte findet sich ein rechtsmedizinisches Gutachten des Prof. Dr. E. vom 14. Februar 2007, erstellt nach gerichtsmedizinischer Untersuchung. Der Versicherte ist danach an den Folgen eines Sauerstoffmangelschadens des Gehirns bei noch erhaltener Kreislauftätigkeit verstorben. Nach makroskopischer und mikroskopischer Untersuchung des vergrößerten Herzens kann eine Herzrhythmusstörung als Ursache für den Sauerstoffmangel herangezogen werden. Andere Erklärungen seien nicht vorhanden. Weitere schwerwiegende innere Erkrankungen, die einen Sauerstoffmangelschaden erklären könnten, hätten nicht vorgelegen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Versicherte auch ohne Propangaswerten im Kessel an Herzrhythmusstörungen erkrankt und letztlich auch verstorben wäre.

Ferner hat das Sozialgericht die Internistin und Sozialmedizinerin Dr. L. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Diese hat in ihrem Gutachten vom 19. Januar 2011 ausgeführt, dass die beruflichen Einwirkungen (0,6% Propangasgehalt in der eingeatmeten Atemluft) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine wesentliche Mitursache für die ab 31. Juli 2006 zum Tode führenden Leiden gewesen seien. Der Tod sei infolge von inneren Ursachen (Herzvergrößerung, Bluthochdruck, Kaliummangel, Diabetes mellitus, unfallnaher Alkohol- und Koffeingenuss) eingetreten. Die Herzrhythmusstörungen hätten jederzeit überall auftreten können mit der Folge des Todeseintritts.

Die Klägerin hat eingewandt, dass der Versicherte jahrelang als Sachverständiger Gastanks geprüft habe. Der naheliegenden Frage, dass eine schleichende Vergiftung durch verbleibende Gasrückstände zu den Herz- und Bronchialproblemen geführt hätten, sei die Sachverständige nicht nachgegangen. Erst im Laufe seiner Tätigkeit beim T.S. habe er an starkem Husten und Atemnot gelitten. Offensichtlich sei er berufsbedingt nun so vorgeschädigt gewesen, dass ein Rückstand von 0,6% Propangas ausgereicht habe, einen körperlichen Zusammenbruch herbeizuführen. Hätte er nicht den Gastank prüfen müssen, hätte der Verstorbene an diesem Tag einen Termin beim Hausarzt wahrgenommen. Im Übrigen sei zu überlegen, weshalb der Betriebsarzt des Arbeitgebers keine gesundheitlichen Überprüfungen vorgenommen habe. Schließlich sei der Versicherte zum damaligen Zeitpunkt stark überlastet gewesen und habe unangenehme und zusätzliche Termine von anderen Mitarbeitern übernehmen müssen.

Mit Beschluss vom 15. April 2010 hat das Sozialgericht Prozesskostenhilfe gewährt und Rechtsanwalt B. beigeordnet. Einen klägerischen Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Wege der Prozesskostenhilfe hat das Sozialgericht abgelehnt.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 5. April 2011 abgewiesen. Nach Überzeugung der Kammer sei der Tod des Versicherten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aufgrund von inneren Ursachen eingetreten. Das Sozialgericht hat sich dabei vor allem auf das Gutachten der Dr. L. gestützt. Es sei insgesamt nicht beweisbar, dass die körpereigenen Ursachen in irgendeiner Weise durch betriebliche Umstände beeinflusst worden seien. Es hätten beim Versicherten zahlreiche Risikofaktoren für die Entstehung von Herzrhythmusstörungen bestanden, nämlich eine massive Herzvergrößerung mit Überschreitung des kritischen Herzgewichtes von 500 g, ein Bluthochdruck, ein nachgewiesener Kaliummangel sowie ein Leberschaden. Der Versicherte habe ein wassertreibendes Medikament (HCT) eingenommen, das wahrscheinlich auch den Kaliummangel mit verursacht habe. Darüber hinaus seien am 31. Juli 2006 ein Blutalkoholspiegel von 0,8 Promille sowie Koffein nachgewiesen worden. Dies sowie das Übergewicht, der Diabetes mellitus und das Asthma bronchiale wirkten sich zusätzlich negativ bei den genannten Risikofaktoren aus. Es sei davon auszugehen, dass die inneren Erkrankungen des Versicherten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die wesentliche Ursache für die zum Tode führenden Leiden waren.

Zur Begründung der Berufung hat die Klägerin vorbringen lassen, dass bislang nicht das Vorliegen einer Berufskrankheit geprüft worden sei. Aus dem Sachvortrag habe sich ergeben, dass eine schleichende Vergiftung ursächlich für den Tod gewesen sei. Im Zeitpunkt der Einstellung 1990 sei der Versicherte noch gesund gewesen. Die arbeitsmedizinische Einstellungsuntersuchung vom 12. Januar 1990 habe nur ergeben, dass er an einer Hypertonie gelitten habe. Der Lungenbefund war anfangs noch ohne Befund. Erst im Laufe der Tätigkeit beim T.S. habe sich der Zustand des Verstorbenen verschlechtert; er habe unter Atemnot gelitten und habe ein Asthma-Spray benötigt. Prüftätigkeiten, bei denen Atemschutzgeräte zu tragen gewesen wären, habe er nicht mehr ausüben können. Bereits bei einer Untersuchung am 15. Februar 1994 hätten sich gesundheitliche Bedenken gegen die Arbeit mit schwerem Atemschutzgerät ergeben. Dies habe 1999 schließlich dazu geführt, dass der Verstorbene für derartige Tätigkeiten nicht mehr eingesetzt worden sei. Der Verstorbene habe infolge seiner Tätigkeit an überempfindlichen Bronchien gelitten. Infolge der Überreagibilität des Bronchialsystems sei es letztlich zum Kollaps des Verstorbenen im Gastank gekommen.

Weiter werde auch nach wie vor von einem Arbeitsunfall ausgegangen, da eine schleichende Vergiftung vorgelegen habe.

Die Beklage hat die Ansicht vertreten, eine allein in Betracht kommende Berufskrankheit nach Nrn. 4301 und 4302 komme nicht in Betracht, weil es sowohl an den arbeitstechnischen als auch medizinischen Voraussetzungen fehle. Auch fehle es an der formalen Voraussetzung des objektiven Unterlassungszwangs. Auch eine Berufskrankheit nach Nr. 1303 oder einer Wie-Berufskrankheit scheide aus.

Die untersuchte Luft des Flüssiggastanks habe eine Volumen-Prozent-Konzentration von 0,6% Propan ergeben. Den maximal zulässigen Werten nach den wissenschaftlichen Empfehlungen der MAK-Kommission (1000 ml/m3 bzw. 1800 ml/m3 bei einem Überschreitungsfaktor von 4), des GESTIS-Stoffdatenbank (Quelle: Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung) sowie der TRGS 900 sei der Versicherte am Unfalltag bei Weitem nicht ausgesetzt gewesen.

Aufgrund des fehlenden Nachweises von Propan-Stoffwechselprodukten könne sowohl eine akute als auch eine chronische Erkrankung durch Propan ausgeschlossen werden.

Unabhängig davon sei der Tod des Versicherten nach dem Ergebnis der Obduktion sowie der Begutachtung durch Dr. L. nicht durch betriebsbezogene Umstände rechtlich wesentlich verursacht worden, sondern „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ Folge der im Gutachten aufgezeigten inneren Ursachen.

Der Senat hat die Akte der Staatsanwaltschaft A-Stadt und die Unterlagen zu den arbeitsmedizinischen Untersuchungen des Versicherten vom T.S. beigezogen.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat vor allem mit Schriftsatz vom 31. Mai 2013 der Arbeitgeberin Unterlassungen im Hinblick auf die Gesundheit des Verstorbenen vorgehalten. Im weiteren Verlauf wurden vorhandene ärztliche Unterlagen nachgereicht.

Die Beklagte hat am 27. Juni 2013 mitgeteilt, dass nach ihrem System bzgl. der Arbeitgeberin kein weiterer Schadensfall angezeigt worden sei. Soweit der Arbeitgeberin Pflichtverletzungen vorgeworfen würden und hieraus eine Verletzung einer „Vorsorgepflicht“ durch die Beklagte abgeleitet werde, sei darauf hinzuweisen, dass abhängig beschäftigte Versicherte bis zur Anzeige eines Schadensfalls systembedingt generell nicht namentlich bekannt seien. Da ihr auch nie der Verdacht auf das Vorliegen einer Atemwegserkrankung als Berufskrankheit angezeigt worden sei, sei auch der Versicherte namentlich nicht bekannt gewesen. Ein Kausalzusammenhang durch Unterlassen sei im Übrigen nicht herzustellen.

Ferner hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass sie nicht mit Verwaltungsakt über das Vorliegen einer Berufskrankheit entschieden habe.

Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Der Facharzt für Innere Medizin und Allgemeinmedizin Dr. E. hat in seinem Bericht vom 19. April 2014 ausgeführt, dass der Versicherte seit Juni 2000 in seiner hausärztlichen Behandlung wegen Bluthochdrucks, Asthma bronchiale, bekannt seit ca. 1997, Diabetes mellitus Typ 2, Übergewicht, Fettleber, Harnsäureerhöhung und aktuellen Erkrankungen gewesen sei. Hinsichtlich des Asthma bronchiale sei ab 2003 eine inhalative Dauertherapie durchgeführt worden. Unter der Therapie sei ab 2004 die Asthma-Symptomatik in den Hintergrund getreten. Als weitere Risikofaktoren hätten Rauchen und vermehrter Alkoholkonsum vorgelegen. Er könne sich einen kausalen Zusammenhang zwischen den vorgelegenen Erkrankungen und der beruflichen Tätigkeit „nicht recht vorstellen.“

Auf gerichtlichen Hinweis hat die Beklagte eine Stellungnahme des T.S., Dipl.Ing. H., vom 5. Mai 2014 zu der vom Versicherten ausgeübten Tätigkeit vorgelegt, der zu dem Ergebnis gelangt ist, dass eine gesundheitliche Gefährdung aufgrund von Einwirkungen und Umgang mit Stoffen im Rahmen der Tätigkeit als Sachverständiger nicht erkennbar sei; es lägen auch keine dahingehenden Erkenntnisse vor. Hierzu hat die Beklagte eine Stellungnahme ihres Präventionsdienstes vom 9. Mai 2014 eingeholt, wonach keine Gefährdung im Sinne der BK-Ziffern 4301 oder 4302 erkennbar sei. Tätigkeiten mit schwerem Atemschutz seien vom Versicherten nicht ausgeführt worden. In allen anderen Fällen müssten Behälter vor Befahrung so behandelt werden, dass eine gefahrlose Befahrung möglich ist. Dem Versicherten als Sachverständigen hätten bei nicht ordnungsgemäßer Reinigung solcher Behälter die entsprechenden Gefährdungen auffallen müssten. Ein Sachverständiger würde in einem solchen Fall die Befahrung verweigern. Solche Fälle müssten dem Arbeitgeber bekannt sein. Auch darauf gebe es offenbar keine Hinweise. Eine Gefährdung sei damit insgesamt nicht erkennbar.

Ferner hat die Beklagte eine arbeitsmedizinische Stellungnahme zur BK 4301 und 4302 der Fachärztin für Arbeitsmedizin und Allgemeinmedizin Dr. K. vom 21. Mai 2014 vorgelegt. Aus arbeitsmedizinischer Sicht bestünden während der Tätigkeit des Versicherten als Sachverständigen keine Hinweise auf eine gesundheitliche Gefährdung durch Einwirkung von Stoffen am Arbeitsplatz.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 30. Mai 2014 die Berufung aufrecht erhalten. Der Bericht des Dr. E. könne nicht nachvollzogen werden. Ihrer Schwester habe sie bei Telefonaten immer wieder die fast jede Nacht stattfindenden Husten- und Asthmaattacken ihres Mannes geschildert. Sie sei über den Gesundheitszustand ihres Ehemannes sehr besorgt gewesen und mit den Behandlungsmethoden des Dr. E. nicht zufrieden. Die Schwester der Klägerin wurde hierfür als Zeugin benannt. Der schlechte Gesundheitszustand sei auch beim TÜV und seinen Kollegen bekannt gewesen und aufgefallen.

Jedenfalls sei die Situation im Sommer 2006 so dramatisch gewesen, dass der Verstorbene einen Arzttermin gehabt habe. Ihm sei aber vom Arbeitgeber vorher noch diese Tankprüfung „aufs Auge gedrückt“ worden. Der Arbeitgeber hätte die Fürsorgepflicht gegenüber dem Versicherten verletzt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 5. April 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr aus der Versicherung des A. eine Hinterbliebenenrente zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der Akte der Beklagten, der beigezogenen Akte der Staatsanwaltschaft A-Stadt sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG, aber unbegründet.

Die Klägerin begehrt die Zahlung von Hinterbliebenenrente nach dem Tod des bei der Beklagten versicherten Ehemannes. Für die Feststellung eines Arbeitsunfalls (wie vom Sozialgericht primär geprüft) oder einer Berufskrankheit fehlt ihr als Rechtsnachfolgerin das Feststellungsinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG, wie das Bundessozialgericht in einem vergleichbaren Verfahren festgestellt hat (BSG, Urt. v. 12. Januar 2010, Az.: B 2 U 21/08 R). Gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 des ersten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB I) gehen fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen beim Tod des Berechtigten u. a. auf den Ehegatten über, wenn dieser mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat oder von ihm wesentlich unterhalten worden ist. Ein Feststellungsinteresse lasse sich aber nicht daraus herleiten, dass die begehrte Feststellung der Klägerin bei der Durchsetzung des Anspruchs auf Hinterbliebenenrente nach Maßgabe des § 63 Abs. 2 SGB VII einen rechtlichen Vorteil verschaffen könnte. Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung (BSG SozR 4-2700 § 63 Nr. 3; BSGE 88, 226) entschieden, dass der Anspruch auf Hinterbliebenenrente ein eigener Rechtsanspruch ist, der sich zwar vom Recht des Versicherten ableitet, aber hinsichtlich aller Voraussetzungen gesondert zu prüfen ist. Verwaltungen und Gericht haben nach dem Tod des Versicherten

- ggf. neu - zu prüfen, ob bei diesem ein Versicherungsfall vorgelegen hat und er infolgedessen verstorben ist. Richtige Klageart ist somit allein die Anfechtungs- und Leistungsklage, gerichtet auf Gewährung der Hinterbliebenenrente.

Eine Bevollmächtigung des Prozessbevollmächtigten durch den vom Amtsgericht bestellten, aktuellen Betreuer der Klägerin liegt vor.

Es besteht kein Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen, insbesondere auf Zahlung einer Rente. Ein Anspruch auf Zahlung einer Hinterbliebenenrente richtet sich nach § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII). Dieser Anspruch besteht nach Satz 2, wenn der Tod des Versicherten infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist (vgl. auch: BSG, Urt. v. 12. Januar 2010, Az.: B 2 U 5/08 R). Versicherungsfall ist nach § 7 SGB VII zum einen ein Arbeitsunfall im Sinne des § 8 SGB VII, zum anderen eine Berufskrankheit nach § 9 SGB VII. Ein Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente ergibt sich auch nicht über die Rechtsvermutung des § 63 Abs. 2 S. 1 SGB VII. Nach dieser Vorschrift steht dem Tod infolge eines Versicherungsfalls der Tod von Versicherten gleich, deren Erwerbsfähigkeit durch die Folgen einer Berufskrankheit nach Nrn. 4101 bis 4104 der Anlage zur BKV um 50 v. H. oder mehr gemindert war. Eine derartige Berufskrankheit kommt vorliegend nicht in Betracht.

Unstreitig ist, dass der Verstorbene A.. als Angestellter des T.S. bei der Beklagten versichert war. Er ist am 2. August 2006 verstorben.

Der Tod ist jedoch nicht wesentlich ursächlich im Sinne des § 63 Abs. 1 S. 2 SGB VII durch das Ereignis vom 31. Juli 2006 eingetreten. Zur Beurteilung der Ursächlichkeit gelten die allgemeinen, im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung gültigen Kausalitätsgesichtspunkte (vgl. hierzu KassKomm-Ricke, § 63 SGB VII, Rdnr. 4 und Vor § 26). Die Gesundheitsbeeinträchtigung bzw. der einige Tage später eingetretene Tod muss in einem notwendigen ursächlichen Zusammenhang mit der schädigenden Einwirkung stehen. Für die erforderliche Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheits(erst)schaden sowie für die Kausalität zwischen Gesundheits(erst)schaden und weiteren Gesundheitsschäden als Unfallfolgen gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. BSG v. 17.02.2009, Az.: B 2 U 18/07 R). Danach ist jedes Ereignis Ursache des Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Als rechtserheblich werden aber nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Es kann dabei auch mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Ist jedoch eine Ursache - allein oder gemeinsam mit anderen Ursachen - gegenüber anderen Ursachen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) „wesentlich“ und damit Ursachen(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BESG 12, 242, 245). Eine Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als „wesentlich“ anzusehen ist, kann auch als „Gelegenheitsursache“ oder „Auslöser“ bezeichnet werden (vgl. BSG v. 9. Mai 2006, Az.: B 2 U 1/05 R).

Die Beurteilung, ob und in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Dabei ist allerdings die Beurteilung der Kausalität im Ergebnis eine Frage der richterlichen Würdigung. Verursacht sind die Gesundheitsstörungen, wenn der Unfall gegenüber sonstigen schädigungsfremden Faktoren wie z. B. Vorerkrankungen nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung von überragender Bedeutung für die Entstehung der Gesundheitsstörung war oder zumindest von annähernd gleichwertiger Bedeutung (wesentliche Mitursache). Eine wesentliche Mitursache liegt dann nicht vor, wenn beim Versicherten eine Anlage so stark und leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte.

Das Vorliegen eines Gesundheits(erst)schadens bzw. eines Gesundheitsfolgeschadens (Unfallfolgen) ist im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht festzustellen, während für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitserst- bzw. -folgeschaden die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit genügt - nicht jedoch die bloße Möglichkeit (vgl. BSG v. 2. April 2009, Az.: B 2 U 29/07 R).

Ein ausreichender Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Tod liegt beim Versicherten nicht vor. Zutreffend hat das Sozialgericht unter Bezugnahme auf das Gutachten der Dr. L. vom 19. Januar 2011 dargelegt, dass der Tod des Versicherten auf körpereigenen, inneren Ursachen (Herzvergrößerung, Bluthochdruck, Kaliummangel, Diabetes mellitus, unfallnaher Alkohol- und Koffeingenuss) beruht. Gemäß § 153 Abs. 2 SGG wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des Sozialgerichts Bezug genommen. Sollte die Propangasrestbelastung für den Versicherten nur wegen seines schlechten gesundheitlichen Allgemeinzustandes am Unfalltag tödlich gewesen sein, spricht auch dies gerade dafür, dass der schlechte gesundheitliche Allgemeinzustand die ganz überwiegende Ursache für seinen Tod war.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch sonstige, mit der beruflichen Tätigkeit zusammenhängende, konkrete Umstände am Unfalltag nicht ursächlich für den Tod des Versicherten waren. Dies gilt vor allem für eine räumliche Enge des Gasbehälters. Bei der Prüfung des Gasbehälters, in dem sich im Übrigen mehrere Personen aufhalten konnten, handelte es sich um einen routinemäßigen Vorgang für den beruflich erfahrenen Versicherten. Darüber hinaus hat auch die Sachverständige Dr. L. festgestellt, dass die Herzrhythmusstörungen jederzeit überall hätten auftreten können mit der Folge des Todeseintritts. Es spielte deshalb auch keine Rolle, dass der Versicherten der durch seine versicherte Tätigkeit bedingten Anwesenheit an der Unfallstelle ausgesetzt war.

Die Klägerin beruft sich im Rahmen der Berufungsbegründung auf „die Möglichkeit einer schleichenden Vergiftung infolge der laufenden Prüfungen von Gastanks“. Soweit sie in diesem Zusammenhang am Vorliegen eines Arbeitsunfalls als Versicherungsfalls festhält, ist dies bereits per definitionem nicht möglich. Arbeitsunfälle sind nach der Legaldefinition des § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Ein Unfall stellt gemäß § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis dar, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt. Die Definition des Unfalls dient einerseits der Abgrenzung zu Gesundheitsschäden aufgrund von inneren Ursachen sowie zu vorsätzlichen Selbstschädigungen, andererseits zu dem Versicherungsfall der Berufskrankheit nach §§ 7, 9 SGB VII. Abgrenzungskriterium zu Letzterem ist regelmäßig eine Arbeitsschicht oder ein einer Arbeitsschicht vergleichbarer Zeitraum an einem bestimmten Tag. Demgegenüber zeichnet sich das Vorliegen einer Berufskrankheit durch über einen längeren Zeitraum bestehende berufsbedingte Belastungen aus. Die Klägerin macht in der vorgebrachten Argumentation gerade einen derartigen Summationsseffekt geltend, so dass nicht ein Arbeitsunfall, sondern eine Berufskrankheit nach § 9 SGB VII in Betracht kommt.

Allerdings liegt auch keine Berufskrankheit vor, die zum Tod des Versicherten geführt hat. Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt einerseits das Vorliegen arbeitstechnischer Voraussetzungen, andererseits der medizinischen Voraussetzungen der jeweiligen Berufskrankheit voraus, d. h. es muss das typische Krankheitsbild der Berufskrankheit vorliegen und dieses muss im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen sein. Auch hier gelten in vergleichbarer Weise die zum Arbeitsunfall geschilderten Kausalitätsgesichtspunkte. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist für die Feststellung einer Listen-Berufskrankheit nach § 9 Abs. 1 SGB VII im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen o. ä. auf den Körper geführt hat (sog. Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-Berufskrankheit (vgl. z. B. BSG v. 15. September 2011, Az.: ‚B 2 U 25/10 R).

Unstreitig und für den Senat nachgewiesen ist das Vorliegen eines Asthma bronchiale beim Versicherten, das sich über mehrere Jahre bereits hinzog und auch ärztlich therapiert wurde. Der Senat verweist hierbei auch auf das Gutachten der Dr. L. sowie auf den Befundbericht des Hausarztes Dr. E.. Dabei kann die Intensität des Asthma bronchiale letztlich offen bleiben, so dass von einer Einvernahme benannter Zeugen wie die Schwester der Klägerin oder Arbeitskollegen des Versicherten abgesehen werden kann. Dies wurde auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht mehr beantragt.

Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass zu Lebzeiten des Versicherten weder von Seiten des Versicherten noch von Seiten seiner Ärzte der Beklagten gegenüber jemals der Verdacht auf eine Berufskrankheit geäußert wurde.

Als allein einschlägige Berufskrankheit kommt eine Listen-Berufskrankheit im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB VII nach Nrn. 4301 und 4302 der Anlage zur BKV in Betracht. Die Nr. 4301 der Anlage zur BKV betrifft durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (einschließlich Rhinopathie), die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können; Nr. 4302 betrifft durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Es ist bereits eine Einwirkung von Schadstoffen wie hier Gas in den Behältern auf den Körper bei der Tätigkeit des Versicherten als Sachverständigen zu verneinen. Nach den Ermittlungen der Beklagten beim Arbeitsgeber unter Einbezug des Präventionsdienstes sowie einer arbeitsmedizinischen Stellungnahme ist eine Gefährdung im Sinne der Nrn. 4301 oder 4302 der Anlage zur BKV nicht erkennbar. Tätigkeiten, die schweren Atemschutz notwendig machen, wurden vom Versicherten nicht ausgeführt. In allen anderen Fällen müssen Behälter vor Befahrung so behandelt werden, dass eine gefahrlose Befahrung möglich ist. Dem Versicherten als Sachverständigen hätten bei nicht ordnungsgemäßer Reinigung solcher Behälter die entsprechenden Gefährdungen auffallen müssen, zumal z. B. bei Propangas ein stechender Geruch auffällt. Ein Sachverständiger würde in einem solchen Fall die Befahrung verweigern. Solche Fälle müssten dem Arbeitgeber bekannt sein. Auch darauf gibt es keine Hinweise. Eine Gefährdung ist damit insgesamt nicht erkennbar.

Darüber hinaus fehlt es aber jedenfalls an der haftungsbegründen Kausalität zwischen einer berufsbedingten Asthma-Erkrankung und dem Tod des Versicherten im Sinne des § 63 Abs. 1 S. 2 SGB VII. Zwar lag unstreitig u. a. ein Asthma bronchiale beim Versicherten vor. Verstorben ist der Versicherte gemäß dem Obduktionsprotokoll und dem rechtsmedizinischen Gutachten aber an einem Sauerstoffmangel, verursacht durch eine Herzrhythmusstörung. Auch das Klinikum I. geht von einem rhythmogenen Ereignis im Sinne einer akut auftretenden Herzrhythmusstörung aus. Die Sachverständige Dr. L. hat in ihrem Gutachten keinen Zweifel aufkommen lassen, dass allein innere Ursachen ohne Bezug auf berufliche Einflüsse wesentlich ursächlich für den Zusammenbruch und den Tod waren. Aufgrund der Befundlage ging sie „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ davon aus, dass die inneren Ursachen Herzrhythmusstörungen mit der Folge eines kardiogenen Schocks mit Herzstillstand und daraus folgendem Sauerstoffmangel des Gehirns verursachten. Als diesbezügliche Risikofaktoren bestanden neben Übergewichtigkeit, unbehandelter Diabetes mellitus, einer Leberzirrhose, Zigaretten und Alkoholkonsum auch das Asthma bronchiale. Wesentlich für die Herzrhythmusstörungen waren nach der Sachverständigen aber vor allem die massive Herzvergrößerung mit Überschreitung des kritischen Gewichts von 500 g (570 g), der Bluthochdruck, ferner insbesondere auch der Kaliummangel im Blut, der für sich allein erhebliche Herzrhythmusstörungen auslösen kann, sowie ein Einnahme des wassertreibenden Medikaments HCT bei nachweislichem erheblichem Leberschaden.

Das Gutachten der Dr. L. ist schlüssig und überzeugend und deckt sich mit den weiteren Befunden wie dem klinischen Entlassungsbericht, dem rechtsmedizinischen Gutachten des Prof. Dr. E. sowie dem Befund und der Einschätzung des Hausarztes Dr. E..

Eine wesentliche Verursachung der zum Tod führenden Herzrhythmusstörung durch das Asthma bronchiale ist damit nicht nachgewiesen bzw. sogar widerlegt.

Es ist somit nicht hinreichend wahrscheinlich, dass der Tod des Versicherten infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist (§ 63 Abs. 1 S. 2 SGB VII), so dass Hinterbliebenenleistungen nach § 63 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1 - 3 SGB VII ausscheiden.

Schließlich weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass der Versicherte die Tätigkeit auch nicht unterlassen hat, was für die Anerkennung einer Berufskrankheit als Versicherungsfall jeweils notwendig gewesen wäre. Allein das Vorliegen einer obstruktiven Atemwegserkrankung reicht zur Erfüllung des Tatbestandes dieser Versicherungsfälle der BK Nr. 4301 und 4302 der Anlage zur BKV nicht ausreicht, wie das BSG bereits mehrfach betont hat (vgl. hierzu BSG v. 22. März 2011, Az.: B 2 U 4/10 R; v. 30. Oktober 2007, Az.: B 2 U 12/06 R - jeweils veröffentlicht in Juris). Der Versicherte hat seinen Beruf aber bis zum Unfalltag ausgeübt.

Soweit die Klägerin mit einer Verletzung der Fürsorgepflicht durch die Arbeitgeberin argumentiert, kann auch dies nicht zu einem Leistungsanspruch führen. Mit der Einführung der Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung hat der Gesetzgeber in § 104 SGB VII eine Beschränkung der Haftung der Unternehmer vorgesehen, die im Wesentlich nur bei vorsätzlichem Handeln des Unternehmers nicht greift. Schadensersatzansprüche aus Vertrags- oder Deliktrecht sind somit ausgeschlossen. Im Übrigen ist vorliegend im Verfahren der T.S. nicht Beklagter. An die Stelle evtl. Schadensersatzansprüche treten die im SGB VII normierten Leistungsansprüche. Die Leistungen der Berufsgenossenschaften sind hierbei auf die gesetzlich vorgesehenen Leistungen beschränkt. Aus den dargelegten Gründen scheidet ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach § 63 Abs. 1 SGB VII aus.

Ein Anspruch gegen die Beklagte ergibt sich auch nicht wegen einer Pflichtverletzung der Beklagten selbst und hierbei im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Bis zur Meldung des Unfallereignisses war der Beklagten nämlich das Arbeitsverhältnis des Versicherten nicht namentlich bekannt. Es lag weder ein früherer Leistungsfall noch vergleichbare Schadensmeldungen anderer Mitarbeiter des T.S. vor, so dass ein pflichtwidriges Unterlassen bzw. ein Fehlverhalten der Beklagten nicht vorliegt.

Schließlich scheidet auch ein Anspruch auf Witwenbeihilfe nach §§ 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, 71 SGB VII aus. Dieser Anspruch greift zwar auch, wenn ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente nicht besteht, weil der Tod des Versicherten nicht Folge des Versicherungsfalls war (§ 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VII); der Versicherte hatte jedoch zur Zeit seines Todes keinen Anspruch auf eine Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 v. H. oder mehr im Sinne des § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VII. Aus den oben dargelegten Gründen ist ein Versicherungsfall nicht nachweisbar.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenfolge stützt sich auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.

Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 04. Aug. 2014 - L 2 U 234/11

Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 04. Aug. 2014 - L 2 U 234/11

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 153


(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 04. Aug. 2014 - L 2 U 234/11 zitiert 20 §§.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 2 Versicherung kraft Gesetzes


(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte,2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnliche

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 8 Arbeitsunfall


(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem G

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 6 Freiwillige Versicherung


(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern 1. Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfisch

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 55


(1) Mit der Klage kann begehrt werden 1. die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,2. die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,3. die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörun

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 3 Versicherung kraft Satzung


(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf1.Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,2.Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 9 Berufskrankheit


(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 104 Beschränkung der Haftung der Unternehmer


(1) Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 7 Begriff


(1) Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. (2) Verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus.

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 56 Sonderrechtsnachfolge


(1) Fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen stehen beim Tod des Berechtigten nacheinander 1. dem Ehegatten,1a. dem Lebenspartner,2. den Kindern,3. den Eltern,4. dem Haushaltsführerzu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in ein

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 63 Leistungen bei Tod


(1) Hinterbliebene haben Anspruch auf 1. Sterbegeld,2. Erstattung der Kosten der Überführung an den Ort der Bestattung,3. Hinterbliebenenrenten,4. Beihilfe.Der Anspruch auf Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 bis 3 besteht nur, wenn der Tod infolge eines Ve

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 71 Witwen-, Witwer- und Waisenbeihilfe


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Tatbestand 1 Die Klägerin begehrt von der beklagten Berufsgenossenschaft die Zahlung von Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversic

Bundessozialgericht Urteil, 12. Jan. 2010 - B 2 U 21/08 R

bei uns veröffentlicht am 12.01.2010

Tatbestand 1 Die Klägerin begehrt als Rechtsnachfolgerin des Versicherten die Feststellung eines Tonsillenkarzinoms als Berufskrankheit (BK) de

Referenzen

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt als Rechtsnachfolgerin des Versicherten die Feststellung eines Tonsillenkarzinoms als Berufskrankheit (BK) des Versicherten sowie die Zahlung von Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV).

2

Die Klägerin ist die Witwe des 1941 geborenen und am 11.3.1997 verstorbenen Versicherten. Am 12.8.1992 war bei diesem eine Krebserkrankung festgestellt worden. Er litt unter einem Tumor des Schlundes (Hypopharynx), der bis in die seitliche äußere Wand des Kehlkopfes vorgedrungen war. Die Deutsche Angestellten Krankenversicherung (DAK) als Krankenversicherungsträger des Versicherten zeigte im Oktober 1992 der Berufsgenossenschaft (BG) für Nahrungsmittel und Gaststätten den Verdacht einer BK an. Im Rahmen der Ermittlungen vertrat der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der BG zunächst die Auffassung, beim Versicherten habe eine ausreichende Exposition gegenüber Asbest nicht vorgelegen. Nach Abschluss der Ermittlungen wurden die Akten zuständigkeitshalber an die BG der Chemischen Industrie weitergeleitet. Diese lehnte die Feststellung einer BK ab (Bescheid vom 27.6.1995, Widerspruchsbescheid vom 6.2.1996).

3

Der Versicherte hat deswegen beim Sozialgericht Gotha (SG) Klage erhoben (S 18 U 439/96). Zu dem Verfahren ist die jetzige beklagte BG der Bauwirtschaft (BG Bau) notwendig beigeladen worden. Durch den Tod des Versicherten am 11.3.1997 ist das Verfahren unterbrochen worden.

4

Inzwischen führte die BG Bau weitere Ermittlungen durch. Sie nahm an, beim Versicherten habe eine Exposition gegenüber Asbeststaub im Umfang von 33 Faserjahren vorgelegen. Deshalb nahm sie den Bescheid der BG Chemie vom 27.6.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.2.1996 zurück und stellte beim Versicherten eine Wie-BK nach § 551 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) mit der Gesundheitsfolge "Zustand nach Kehlkopfentfernung" fest; die Feststellung einer "Krebserkrankung der Mandeln (Tonsillen)" als Folge der Wie-BK lehnte sie ab (Bescheid vom 3.7.1998). Die beklagte BG zahlte der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten für die Zeit vom 22.11.1993 bis 31.3.1997 Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 67.331,85 DM. Einen Anspruch der Klägerin auf Hinterbliebenenrente lehnte sie durch weiteren Bescheid vom 3.7.1998 ab. Der Widerspruch blieb im Widerspruchsbescheid vom 12.5.1999 ohne Erfolg.

5

Die Klägerin hat wegen der Feststellung des Tonsillenkarzinoms als BK-Folge das Verfahren S 18 U 439/96 beim SG wieder aufgenommen. Sie hat zudem beim SG Klage wegen Zahlung von Hinterbliebenenrente (S 18 U 1013/99) erhoben. Das SG hat mit getrennten Urteilen vom 22.1.2001 die Klagen abgewiesen. Das Tonsillenkarzinom sei keine Folge einer BK; der Versicherte sei auch nicht an den Folgen einer BK verstorben.

6

Die Klägerin hat gegen beide Urteile Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufungen unter dem Aktenzeichen L 1 U 309/01 verbunden. Es hat die BG Chemie aus dem Berufungsverfahren entlassen und an ihrer Stelle die BG Bau als Beklagte geführt. Das LSG hat die Berufungen zurückgewiesen. Die dem Versicherten gegenüber ausgesprochene Anerkennung einer Wie-BK Kehlkopfkrebs entfalte für die Entscheidung über Leistungen an Hinterbliebene keine Bindungswirkung. Eine Wie-BK sei wegen der Lokalisation des Tumors nicht gegeben, da beim Versicherten keine Krebserkrankung im Bereich des inneren Kehlkopfs vorgelegen habe. Der Versicherte sei an den Folgen des Tonsillenkarzinoms verstorben, das weder Folge einer BK 4101 noch einer BK 4104 gewesen sei. Da die finale Erkrankung weder eine BK noch deren Folge sei, bestehe kein Anspruch auf Hinterbliebenenrente.

7

Die Klägerin hat die von Senat zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung von § 63 Abs 1 und 2 SGB VII und § 551 RVO. Das LSG habe den Anspruch der Klägerin an der Regelung des § 551 RVO messen müssen, da die Erkrankung schon 1992 aufgetreten sei. Bei dem Versicherten sei ein Versicherungsfall bindend festgestellt worden. Auch wenn es sich um eine Wie-BK gehandelt habe, habe das LSG verkannt, dass für die Klägerin die Beweiserleichterung nach § 63 Abs 1 Satz 2, Abs 2 SGB VII gelte. Unrichtig sei auch, dass die Kehlkopfkrebserkrankung nicht als Listen-BK anerkannt worden sei. Zwar sei der Tumor nicht in den inneren Kehlkopf durchgebrochen gewesen, doch liege auch bei einer Erkrankung im Bereich des äußeren Kehlkopfs "Kehlkopfkrebs" iS der BK 4104 vor.

8

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 25. Juli 2007 sowie die Urteile des Sozialgerichts Gotha vom 22. Januar 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 1998 über die Anerkennung einer Berufskrankheit und den Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Mai 1999 über die Ablehnung der Hinterbliebenen-Rente aufzuheben und festzustellen, dass das Mandelkarzinom des Versicherten eine Folge seiner Berufskrankheit ist, sowie die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Hinterbliebenen-Rente zu zahlen.

9

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet.

11

Die Klägerin macht im Wege der objektiven Klagehäufung mehrere Ansprüche geltend, die zu unterscheiden sind. Die Klägerin hat kein schutzwürdiges Interesse, beim Versicherten (weitere) Folgen einer Berufskrankheit feststellen zu lassen (1.). Sie hat auch keinen Anspruch auf Zahlung von Hinterbliebenenrente, da der Tod des Versicherten nicht infolge eines Versicherungsfalls einer BK oder Wie-BK (§ 9 Abs 1 und 2 SGB VII) eingetreten ist (2.).

12

1. Für die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage, mit der die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Versicherten die Feststellung einer Mandelkrebserkrankung als Folge einer BK begehrt (§ 55 Abs 1 Nr 3 SGG), fehlt das Feststellungsinteresse (a.). Dieses kann nicht daraus hergeleitet werden, dass die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten weitere Geldleistungen beanspruchen könnte (b.). Ein solches Interesse ergibt sich auch nicht daraus, dass sie als mögliche Erbin in die Rechtsnachfolge des Versicherten (§ 1922 BGB) eingetreten ist und wegen des rechtlichen Vorteils aus § 63 Abs 2 Satz 1 SGB VII ein Interesse an der Feststellung einer weiteren BK-Folge hat (c.).

13

a) Die Klägerin klagt als Rechtsnachfolgerin des Versicherten im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage. Sie begehrt die Feststellung, bei diesem habe als Folge einer BK neben der bereits anerkannten BK-Folge auch ein Tonsillenkarzinom vorgelegen. Anders als vom LSG angenommen richtet sich die Anfechtungsklage gegen den ablehnenden Verwaltungsakt im Bescheid der Beklagten vom 3.7.1998, mit dem die Feststellung des Tonsillenkarzinoms als BK-Folge abgelehnt worden ist. Die früher von der BG Chemie erlassenen Bescheide (vom 17.6.1995 und 6.2.1996) sind nicht mehr Gegenstand des Verfahrens, da sie durch die Beklagte zurückgenommen worden sind (§ 44 Abs 3 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch - SGB X) .

14

Zwar eröffnet § 55 Abs 1 Nr 3 SGG dem Versicherten und ggf seinen Rechtsnachfolgern die Möglichkeit, Elemente eines Rechtsverhältnisses, hier bestimmte Folgen eines Versicherungsfalls, feststellen zu lassen. Allerdings ist eine solche gesetzlich zugelassene Elementenfeststellungsklage nur zulässig, wenn ein Beteiligter für die begehrte Feststellung ein Feststellungsinteresse hat (vgl Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG 9. Auflage 2008, § 55 RdNr 13b; Castendiek in Hk-SGG, 3. Auflage 2009, § 55 RdNr 62) .

15

b) An dem Feststellungsinteresse fehlt es, soweit die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin (§ 56 SGB I) des Versicherten die Feststellung weiterer BK-Folgen begehrt. Gemäß § 56 Abs 1 Satz 1 SGB I gehen fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen beim Tod des Berechtigten ua auf den Ehegatten über, wenn dieser mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat oder von ihm wesentlich unterhalten worden ist.Gemäß § 59 SGB I erlöschen Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen mit dem Tod des Berechtigten; Ansprüche auf Geldleistungen erlöschen nach Satz 2 der Vorschrift nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt sind noch über sie ein Verwaltungsverfahren anhängig ist.

16

Als Sonderrechtsnachfolgerin hat die Klägerin ein Feststellungsinteresse nur, wenn als Folge der Feststellung - hier weiterer BK-Folgen - ein Anspruch auf (weitere) Geldleistungen bestehen kann, die durch Sonderrechtsnachfolge auf sie übergegangen sein können. Ansprüche des Versicherten auf weitere Geldleistungen kommen vorliegend aber nicht in Betracht. Die Beklagte hat der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten bereits Verletztenvollrente (§ 56 Abs 3 SGB VII) gezahlt. Durch die Feststellung weiterer BK-Folgen kann sich weder ein (nach MdE oder JAV) höherer Anspruch noch eine längere Anspruchsdauer der Verletztenrente ergeben. Andere Geldleistungsansprüche der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

17

c) Das Feststellungsinteresse lässt sich nicht daraus herleiten, dass die begehrte Feststellung ihr bei der Durchsetzung des Anspruchs auf Hinterbliebenenrente nach Maßgabe des § 63 Abs 2 SGB VII einen rechtlichen Vorteil verschaffen könnte.

18

Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass der Anspruch auf Hinterbliebenenrente ein eigener Rechtsanspruch ist, der sich zwar vom Recht des Versicherten ableitet, aber hinsichtlich aller Voraussetzungen gesondert zu prüfen ist (BSG vom 7.2.2006 - B 2 U 31/04 R - SozR 4-2700 § 63 Nr 3 RdNr 18, 19; vgl auch BSG vom 25.7.2001 - B 8 KN 1/00 U R - BSGE 88, 226 = SozR 3-2700 § 63 Nr 1). Diese Trennung hat zur Folge, dass die Anspruchsvoraussetzungen nach § 63 SGB VII ohne Bindung an bestands- oder rechtskräftige Entscheidungen gegenüber dem Verstorbenen neu zu prüfen sind (vgl BSG aaO; Sacher in Lauterbach, Unfallversicherung, Sozialgesetzbuch VII, 4. Aufl., Stand Mai 2005 § 63 RdNr 10; Klieve in jurisPK-SGB VII § 63 RdNr 17) . Die bestandskräftige Feststellung einer BK-Folge gegenüber dem Versicherten kann diesem nur nach Maßgabe des § 45 SGB X entzogen werden, sie hat aber keine begünstigende Wirkung hinsichtlich des Anspruchs auf Hinterbliebenenrente. Deshalb ist weder die positive Feststellung von BK-Folgen noch die Ablehnung der Feststellung von BK-Folgen gegenüber dem Versicherten für die Entscheidung über den Anspruch auf Hinterbliebenenrente vorgreiflich. Verwaltungen und Gerichte haben vielmehr nach dem Tod eines Versicherten neu zu prüfen, ob bei diesem ein Versicherungsfall vorgelegen hat und er infolgedessen verstorben ist.

19

Dieser für den Anspruch auf Hinterbliebenenrente geltende Grundsatz findet auch auf die Vermutung nach § 63 Abs 2 Satz 1 SGB VII Anwendung. Zwar hat das BSG entschieden, beim Tod des Versicherten müsse eine der in der Vorschrift genannten BKen und eine entsprechende MdE nicht vorgelegen haben. Eine erst nach dem Tod der Versicherten erfolgte Anerkennung als BK und Feststellung der MdE von mindestens 50 vH reiche aus (BSG vom 7.2.2006 - B 2 U 31/04 R - SozR 4-2700 § 63 Nr 3 RdNr 18, 19; vgl auch BSG vom 25.7.2001 - B 8 KN 1/00 U R - BSGE 88, 226 = SozR 3-2700 § 63 Nr 1 ). Allerdings genügt auch insoweit, dass in einem Verwaltungsverfahren wegen Hinterbliebenenrente die Feststellung getroffen wird, dass die Voraussetzungen des § 63 Abs 2 Satz 1 SGB VII vorgelegen haben (vgl Holtstraeter in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 70 SGB VII § 63 RdNr 17) .

20

Da eine Feststellung weiterer BK-Folgen gegenüber dem Versicherten der Klägerin in Bezug auf die Vermutung des § 63 Abs 2 Satz 1 SGB VII keinen Vorteil verschaffen würde, hat sie kein schutzwürdiges Interesse daran, für diesen posthum Folgen einer BK feststellen zu lassen. Vielmehr haben auf einen Antrag, Hinterbliebenenrente zu zahlen, die Verwaltungen und ggf die Gerichte die Voraussetzungen des Anspruch ohne Bindung an eine gegenüber dem Versicherten getroffene Entscheidung neu zu prüfen.

21

2. Soweit die Klägerin mit der Revision den Anspruch auf Zahlung von Hinterbliebenenrente weiterverfolgt, ist die Revision unbegründet, da ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente nicht besteht.

22

Maßgeblich für die Beurteilung des geltend gemachten Rechts sind - entgegen der Rüge der Klägerin - die Bestimmungen des SGB VII. Nach der Übergangsregelung des § 214 Abs 3 SGB VII gelten die Vorschriften über Renten, Beihilfen, Abfindungen und Mehrleistungen im SGB VII auch für Versicherungsfälle, die vor dem Tag des Inkrafttretens des SGB VII (1.1.1997, Art 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7.8.1996 ) eingetreten sind, wenn diese Leistungen nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erstmals festzusetzen sind. Diese Regelung findet auch auf Hinterbliebenenrenten-Ansprüche Anwendung (BSG vom 25.7.2001 - B 8 KN 1/00 U R BSGE 88, 226, 227 = SozR 3-2700 § 63 Nr 1) . Der geltend gemachte Anspruch ist nach Inkrafttreten des SGB VII erstmals festzustellen gewesen, denn er entsteht - falls die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind - mit dem Tod des Versicherten, hier am 11.3.1997.

23

Gemäß § 63 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VII haben Hinterbliebene Anspruch auf Hinterbliebenenrenten. Nach § 63 Abs 1 Satz 2 SGB VII besteht der Anspruch auf Leistungen nach Satz 1 Nr 1 bis 3 nur, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalles eingetreten ist. Was unter dem Begriff des Versicherungsfalls iS des § 63 Abs 1 Satz 2 SGB VII zu verstehen ist, wird in § 7 Abs 1 SGB VII definiert. Danach sind Versicherungsfälle "Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten". § 9 SGB VII wiederum unterscheidet bei den Berufskrankheiten zwei Arten des Versicherungsfalls "Berufskrankheit". Zum einen den Versicherungsfall der sog Listen-BK nach § 9 Abs 1 SGB VII. Zum anderen haben die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, nach § 9 Abs 2 SGB VII wie eine Berufskrankheit (sog Wie-BK oder Quasi-BK) als Versicherungsfall festzustellen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Abs 1 Satz 2 erfüllt sind. Wenn eine der beiden Versicherungsfälle, also eine Listen- BK oder eine Wie-BK, den Tod des Versicherten herbeigeführt hat, ist ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente entstanden (zur Unterscheidung der Versicherungsfälle: BSG vom 25.7.2001 - B 8 KN 1/00 U R - BSGE 88, 226, 228 = SozR 3-2700 § 63 Nr 1; BSG vom 2.12.2008 - B 2 KN 2/07 U R - juris RdNr 15) .

24

Der Versicherte ist aber nicht infolge einer Listen-BK verstorben (a.), er ist auch nicht an den Folgen einer Wie-BK "Kehlkopfkrebs" verstorben (b.).

25

a) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach § 63 Abs 1 SGB VII, da der Versicherte nicht infolge einer Listen-BK verstorben ist. Der Versicherungsfall einer BK 4104 ist nicht eingetreten (aa), die Klägerin kann sich insoweit nicht auf die Vermutung des § 63 Abs 2 SGB VII berufen (bb).

26

aa) Zwar ist der Versicherte berufsbedingt schädigenden Einwirkungen durch Asbest ausgesetzt gewesen und die Klägerin ist als seine Witwe eine Hinterbliebene iS des § 65 Abs 1 Satz 1 SGB VII. Eine Listen-BK, von denen aufgrund der Einwirkung von Asbest und der Art der Erkrankung nur die BK 4104 (Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung oder in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura oder bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren) in Betracht kommt, liegt aber nicht vor.

27

Der Versicherungsfall einer BK 4104 scheitert daran, dass die Erkrankung "Kehlkopfkrebs" erst durch die BKV vom 31.10.1997 (BGBl I 2623) zum 1.12.1997 in den Tatbestand der BK 4104 aufgenommen worden ist. Die Feststellung des Versicherungsfalls BK 4104 (Kehlkopfkrebs) wird durch die Regelung des § 6 Abs 3 Satz 1 BKV begrenzt. Danach ist eine Krankheit nach Nummer 4104 (Kehlkopfkrebs) der Anlage zur BKV, an der ein Versicherter am 1.12.1997 leidet, auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 31.12.1992 eingetreten ist. Beim Kläger hat die Krebserkrankung aber bereits am 12.8.1992 vorgelegen und zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des erweiterten BK-Tatbestands war er bereits verstorben.

28

bb) Der Anspruch auf Hinterbliebenenrente lässt sich nicht über die Rechtsvermutung des § 63 Abs 2 Satz 1 SGB VII begründen.

29

Nach dieser Vorschrift steht dem Tod infolge eines Versicherungsfalls der Tod von Versicherten gleich, deren Erwerbsfähigkeit durch die Folgen einer BK nach Nr 4101 bis 4104 der Anlage 1 zur BKV in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der BKVO - 2. BKVOÄndV - vom 18.12.1992 (BGBl I 2343) um 50 vH oder mehr gemindert war.

30

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind ebenfalls nicht erfüllt, denn die Vermutung des § 63 Abs 2 Satz 1 SGB VII erstreckt nicht auf die Erkrankung des Versicherten. In der maßgeblichen Fassung der BKVO ist in dem BK-Tatbestand der Nr 4104 nur die Erkrankung "Lungenkrebs", nicht aber die Erkrankung "Kehlkopfkrebs" als BK bezeichnet gewesen. Letztere ist erst durch die BKV vom 31.10.1997 (BGBl I 2623) zum 1.12.1997 in den BK-Tatbestand aufgenommen worden. Beim Versicherten hat weder eine Quarz-Staublungenerkrankung (BK 4101) noch eine Siliko-Tuberkulose (BK 4102) noch eine Erkrankung der Pleura (4103) noch Lungenkrebs (BK 4101 aF) vorgelegen. Falls beim Versicherten die Erkrankung Kehlkopfkrebs vorgelegen hätte, handelt es sich jedenfalls nicht um eine der in § 63 Abs 2 Satz 1 SGB VII abschließend (vgl Sacher in Lauterbach, Unfallversicherung, Sozialgesetzbuch VII, 4. Aufl., Stand Mai 2005 § 63 RdNr 10; Klieve in jurisPK-SGB VII § 63 RdNr 21) aufgeführten Erkrankungen.

31

b) Anspruch auf Hinterbliebenenrente besteht auch nicht, da der Versicherte nicht infolge des Versicherungsfalls einer Wie-BK "Kehlkopfkrebs" verstorben ist.

32

Der Versicherte ist nach den Feststellungen des LSG nicht an Kehlkopfkrebs, sondern an dem bei ihm ebenfalls bestehenden Karzinom der Mandeln (Tonsillen) verstorben. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Erkrankung eine Folge des beim Versicherten bestehenden Tumors des Schlundes (Hypopharynx) ist, der bis in die seitliche äußere Wand des Kehlkopfes vorgedrungen war. Denn diese Erkrankung ist weder "Kehlkopfkrebs" iS der heutigen BK 4104 noch iS einer Wie-BK. Für die Feststellung der aufgrund des Todeszeitpunkts des Versicherten allein in Betracht kommenden Wie-BK Kehlkopfkrebs liegen keine anderen wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, als diejenigen, die später zur Aufnahme der Erkrankung in den BK-Tatbestand der Nr 4104 geführt haben.

33

Kehlkopfkrebs iS der BK 4104 kann durch das Einatmen des Stoffes Asbest entstehen, denn Asbestfasern sind krebserregend. Die Fasern werden bei der Atmung ( Römer in Hauck/Noftz, SGB VII Kommentar, K Anhang zu § 9, Anl z BKV BK-Nrn 4103-4105; RdNr 7 ) mit dem Luftstrom durch die sog Atemstraße über den inneren Kehlkopf in die Lunge transportiert. Die Ablagerung von Asbestfasern im Kehlkopfbereich durch Verwirbelung des Luftstroms und durch Rücktransport von im tieferen Atemtrakt abgelagerten Fasern gilt als erwiesen (BR-Drucks 642/97 S 18) . Asbest wird demnach mit der Atemluft aufgenommen und kann sich in Lunge und Kehlkopf ablagern und dort eine Krebserkrankung verursachen. Bei der so beschriebenen Art der Aufnahme des Stoffs und seiner Einwirkung liegt eine Wie-BK jedenfalls dann nicht vor, wenn die Erkrankung - wie beim Versicherten - außerhalb des Kehlkopfes entsteht und sich von dort bis in den äußeren Bereich des Kehlkopfes ausbreitet. Nach ihrer Lokalisation (ähnlich allerdings bei Prüfung des Kausalzusammenhangs: BSG vom 30.1.2007 - B 2 U 15/05 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4104 Nr 2, RdNr 27) ist die Erkrankung des Versicherten nicht aufgrund des mit der Atemluft aufgenommenen und im inneren Bereich des Kehlkopf abgelagerten Asbests entstanden. Da keine Krebserkrankung in dem Bereich des Kehlkopfs vorgelegen hat, der mit dem krebserregenden Stoff in Berührung gekommen ist, liegt keine Wie-BK Kehlkopfkrebs vor. Das für den Tod des Versicherten ursächliche Tonsillenkarzinom kann deshalb auch keine Folge einer Wie-BK sein.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen stehen beim Tod des Berechtigten nacheinander

1.
dem Ehegatten,
1a.
dem Lebenspartner,
2.
den Kindern,
3.
den Eltern,
4.
dem Haushaltsführer
zu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben oder von ihm wesentlich unterhalten worden sind. Mehreren Personen einer Gruppe stehen die Ansprüche zu gleichen Teilen zu.

(2) Als Kinder im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 gelten auch

1.
Stiefkinder und Enkel, die in den Haushalt des Berechtigten aufgenommen sind,
2.
Pflegekinder (Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind),
3.
Geschwister des Berechtigten, die in seinen Haushalt aufgenommen worden sind.

(3) Als Eltern im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 gelten auch

1.
sonstige Verwandte der geraden aufsteigenden Linie,
2.
Stiefeltern,
3.
Pflegeeltern (Personen, die den Berechtigten als Pflegekind aufgenommen haben).

(4) Haushaltsführer im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 ist derjenige Verwandte oder Verschwägerte, der an Stelle des verstorbenen oder geschiedenen oder an der Führung des Haushalts aus gesundheitlichen Gründen dauernd gehinderten Ehegatten oder Lebenspartners den Haushalt des Berechtigten mindestens ein Jahr lang vor dessen Tod geführt hat und von diesem überwiegend unterhalten worden ist.

(1) Hinterbliebene haben Anspruch auf

1.
Sterbegeld,
2.
Erstattung der Kosten der Überführung an den Ort der Bestattung,
3.
Hinterbliebenenrenten,
4.
Beihilfe.
Der Anspruch auf Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 bis 3 besteht nur, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist.

(1a) Die Vorschriften dieses Unterabschnitts über Hinterbliebenenleistungen an Witwen und Witwer gelten auch für Hinterbliebenenleistungen an Lebenspartner.

(2) Dem Tod infolge eines Versicherungsfalls steht der Tod von Versicherten gleich, deren Erwerbsfähigkeit durch die Folgen einer Berufskrankheit nach den Nummern 4101 bis 4104 der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung vom 20. Juni 1968 (BGBl. I S. 721) in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2343) um 50 vom Hundert oder mehr gemindert war. Dies gilt nicht, wenn offenkundig ist, daß der Tod mit der Berufskrankheit nicht in ursächlichem Zusammenhang steht; eine Obduktion zum Zwecke einer solchen Feststellung darf nicht gefordert werden.

(3) Ist ein Versicherter getötet worden, so kann der Unfallversicherungsträger die Entnahme einer Blutprobe zur Feststellung von Tatsachen anordnen, die für die Entschädigungspflicht von Bedeutung sind.

(4) Sind Versicherte im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit verschollen, gelten sie als infolge eines Versicherungsfalls verstorben, wenn die Umstände ihren Tod wahrscheinlich machen und seit einem Jahr Nachrichten über ihr Leben nicht eingegangen sind. Der Unfallversicherungsträger kann von den Hinterbliebenen die Versicherung an Eides Statt verlangen, daß ihnen weitere als die angezeigten Nachrichten über die Verschollenen nicht bekannt sind. Der Unfallversicherungsträger ist berechtigt, für die Leistungen den nach den Umständen mutmaßlichen Todestag festzustellen. Bei Versicherten in der Seeschiffahrt wird spätestens der dem Ablauf des Heuerverhältnisses folgende Tag als Todestag festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der beklagten Berufsgenossenschaft die Zahlung von Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

2

Sie ist die Witwe des am 8.8.2000 an einem Bronchialkarzinom des rechten Lungenlappens verstorbenen Versicherten. Dieser war von August 1958 bis 31.12.1994 als Schweißer bei einem Werftunternehmer, der Mitglied der Beklagten ist, in Hamburg beschäftigt. Zur Arbeitsausrüstung gehörte ein Kniekissen, in das Asbesttuch eingenäht war. Er schweißte mit hochlegiertem Chrom-/Nickel-Stahl, unlegiertem Stahl und Aluminium. Als Schweißverfahren kamen mit jeweils zu einem Drittel das Wolfram-Inert-Gas-Schweißen, das Lichtbogenhandschweißen mittels Stabelektrode und das Metall-Aktiv-Gas-Schweißen mit Fülldraht-Elektrode zur Anwendung, eingesetzt wurden thoriumhaltige Zündelektroden und "Thermanit-X-Elektroden".

3

Der Versicherte teilte der Beklagten unter dem 23.12.1999 mit, bei ihm sei im Oktober 1999 ein Lungentumor festgestellt worden. Er habe zeitlebens nicht geraucht und bringe die Erkrankung mit seiner Arbeit als Schweißer in Verbindung. Die Beklagte forderte noch im Juli 2000 von dem behandelnden Hausarzt des Versicherten Dr. K. eine Benachrichtigung für den Fall der Verschlechterung des Gesundheitszustands des Versicherten an. Am 8.8.2000 ist der Versicherte an dem Lungentumor verstorben. Am 31.8.2000 erhielt die Beklagte die Nachricht, der Versicherte sei ohne vorherige Sektion eingeäschert worden. Die Beklagte lehnte die "Gewährung von Witwenrente" im Hinblick auf die Berufskrankheiten (BKen) 1103, 4104 und 4109 an die Klägerin ab (Bescheid vom 23.1.2001, Widerspruchsbescheid vom 1.6.2001).

4

Die Klägerin hat bei dem Sozialgericht (SG) Itzehoe Klage erhoben (S 1 U 71/01). Während des Verfahrens hat die Beklagte die Feststellung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenrente auch im Blick auf eine inzwischen geprüfte BK 2402 abgelehnt (Bescheid vom 7.12.2001, Widerspruchsbescheid vom 15.3.2002). Die auch hiergegen erhobene Klage (S 1 U 32/02) hat das SG mit dem schon anhängigen Klageverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und die Klagen abgewiesen (Urteil vom 24.2.2003).

5

Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG sowie die angefochtenen Ablehnungsentscheidungen aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin unter Anerkennung der Lungenkrebserkrankung des Versicherten als BK 1103, BK 4109 und BK 2402 ab 8.8.2000 Hinterbliebenenrente zu zahlen. Hingegen hat es die Berufung zurückgewiesen, soweit die Verurteilung zur Zahlung von Hinterbliebenenrente aufgrund einer BK 4104 begehrt wurde (Urteil vom 13.9.2007). Die Klägerin habe Anspruch auf Hinterbliebenenrente, da der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten sei. Zwar liege keine der genannten Listen-BKen monokausal vor, es sei aber anzunehmen, dass die Einwirkungen von Chromat, Nickeloxid, ionisierender Strahlung und Asbest im Sinne einer Synkanzerogenese mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das Bronchialkarzinom beim Versicherten verursacht hätten und er infolge der anerkannten BKen verstorben sei.

6

Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung von § 9 Abs 1 und 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Die schädigenden Einwirkungen durch Chromat, Nickeloxid, ionisierende Strahlen sowie Asbest stellten keine BK dar. Lediglich für das Zusammenwirken von Asbestfaserstaub und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) sei eine Dosis-Wirkungs-Beziehung festgelegt. Zwar gebe es Hinweise in der medizinischen Wissenschaft, dass auch das Zusammenwirken anderer Stoffe karzinogene Wirkung habe. Welche Stoffe im Einzelnen mit welcher Dosis eingewirkt haben müssten, damit sie im Zusammenwirken einen Lungenkrebs hervorrufen könnten, sei wissenschaftlich aber noch nicht geklärt. Auch wenn das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 27.6.2006 (B 2 U 9/05 R) die Einwirkungen der BKen 2108 und 2110 zusammengefasst habe, könne dies nicht auf den Fall des Zusammenwirkens von vier Arbeitsstoffen übertragen werden. Im Übrigen habe das LSG die Berufung hinsichtlich der BK 4104 zurückgewiesen, aber die Einwirkungen durch Asbest in die Berechnung des Risikos des Versicherten einbezogen.

7

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 13. September 2007 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 24. Februar 2003 zurückzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung der Entscheidung des LSG und Zurückverweisung an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

10

Das Urteil des LSG verletzt Bundesrecht, soweit es das Urteil des SG und die ablehnenden Entscheidungen in den Bescheiden der Beklagten vom 23.1.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.6.2001 sowie vom 7.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.3.2002 aufgehoben und die Beklagte verurteilt hat, der Klägerin ab 8.8.2000 Hinterbliebenenrente aufgrund einer Gesamtbetrachtung der BKen 1103, 4109 und 2402 zu zahlen. Ob die Klägerin aufgrund einer der BKen 1103, 4109 oder 2402 oder mehrerer von diesen einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente hat, kann der Senat nicht abschließend entscheiden, da das LSG hierzu die erforderlichen Feststellungen nicht getroffen hat.

11

1. Nach § 63 Abs 1 SGB VII haben Hinterbliebene ua Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist. Nach § 7 Abs 1 SGB VII sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und BKen. Beim Versicherten konnten als Versicherungsfall nur BKen vorgelegen haben.

12

Bei BKen ist nach § 9 SGB VII zwischen "Listen-BKen" und "Wie-BKen" zu unterscheiden. Eine Listen-BK nach § 9 Abs 1 SGB VII setzt voraus, dass die Krankheit als BK in einem Tatbestand der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) erfasst ist und diesen erfüllt. Hingegen ist eine Wie-BK nach § 9 Abs 2 SGB VII als Versicherungsfall anzuerkennen, wenn die Krankheit nicht in der BKV bezeichnet ist oder die dort bestimmten Voraussetzungen nicht erfüllt, aber nach neuen Erkenntnissen der Wissenschaft die Voraussetzungen für ihre Bezeichnung als BK in der Anlage zur BKV durch den Verordnungsgeber gemäß § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII vorliegen. Das Gesetz definiert für die BK also zwei Arten von Versicherungsfällen (BSG vom 25.7.2001 - B 8 KN 1/00 U R - BSGE 88, 226 = SozR 3-2700 § 63 Nr 1 - juris RdNr 15; BSG vom 2.12.2008 - B 2 KN 2/07 U R - juris RdNr 15) . Jeder dieser Versicherungsfälle kann iS des § 63 Abs 1 Satz 2 SGB VII zum Tod des Versicherten führen und Leistungen an Hinterbliebene auslösen.

13

2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente wegen eines Todes des Versicherten infolge des Versicherungsfalls einer BK 4104, weil dieser nicht vorgelegen hat (a). Es hat auch nicht der Versicherungsfall einer Art "Gesamt-BK" aufgrund einer Gesamtbetrachtung oder Kombination von mehreren Listen-BKen (b) oder der Versicherungsfall einer Wie-BK vorgelegen (c). Ob der Versicherte an den Folgen des Versicherungsfalls einer Listen-BK 1103 oder 4109 oder 2402 (§ 9 Abs 1 SGB VII iVm der Anlage 1 zur BKV) verstorben ist (d), kann der Senat nicht abschließend entscheiden, weshalb das angegriffene Urteil aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen ist.

14

a) Aus § 9 Abs 1 SGB VII lassen sich für eine Listen-BK im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oä auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität; vgl BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 9/08 R - BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr 14) .

15

Von den in der Anlage zur BKV bezeichneten Listen-BKen kommt im Falle des Versicherten, der als Schweißer gearbeitet hat, berufsbedingt den Stoffen Chromat, Nickeloxid, ionisierender Strahlung und Asbest ausgesetzt war und an einem Lungentumor verstorben ist, ein Versicherungsfall nach folgenden BK-Tatbeständen in Betracht:

Nr 1103:

Erkrankungen durch Chrom oder seine Verbindungen

Nr 2402:

Erkrankungen durch ionisierende Strahlen

Nr 4104:

Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs
- in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder
- in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura oder
- bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren

Nr 4109:

Bösartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen durch Nickel oder seine Verbindungen

16

Die BK Nr 4104 scheidet schon deswegen aus, weil bei dem Versicherten weder das Bild einer Asbestose noch einer durch Asbeststaub verursachten Erkrankung der Pleura noch eine Einwirkung von 25 Asbestfaserjahren vorgelegen hat (zu den anderen Listen-BKen unten d).

17

b) Entgegen der Auffassung des LSG ist der Versicherte nicht infolge eines Versicherungsfalls einer Art "Gesamt-BK" aufgrund einer Gesamtbetrachtung oder Kombination der Listen-BKen 1103, 4109 und 2402 verstorben.

18

Zwar ist der Klägerin darin zu folgen, dass das LSG nicht nur die BKen 1103 und 4109, sondern - ausweislich des Tenors - auch die BK 2402 bejaht hat. Die Beklagte hat jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Art und Weise, wie das LSG die Verursachungswahrscheinlichkeit gemeinsam für die BKen 1103, 2402 und 4109 errechnet hat, zu beanstanden ist.

19

Es widerspricht dem Bundesrecht, wenn die Verwaltung oder die Gerichte Tatbestände mehrerer Listen-BKen zu einer neuen Gesamt-BK verbinden. Zur Bezeichnung einer neuen (Listen-)BK ist nur die Bundesregierung als Verordnungsgeberin - mit Zustimmung des Bundesrates - ermächtigt (§ 9 Abs 1 SGB VII) und neben diesem Listenprinzip gibt es nur die sog Öffnungsklausel unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 9 Abs 2 SGB VII.

20

Indem der Verordnungsgeber mit Wirkung zum 1.7.2009 durch Art 1 Nr 3 Buchst d der 2. Verordnung zur Änderung der BKV vom 11.6.2009 (BGBl I, 1273) einen BK-Tatbestand geschaffen hat, der nun eine Erkrankung nach schädigenden Einwirkungen zweier synkanzerogen wirkender Stoffe als Versicherungsfall bezeichnet (BK 4114: Lungenkrebs durch das Zusammenwirken von Asbestfaserstaub und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis, die eine Verursachungswahrscheinlichkeit von mindestens 50 vH nach Anlage 2 der BKV begründet), wird deutlich, dass er durchaus auch die berufsbedingte Verursachung einer Erkrankung durch das Zusammenwirken verschiedener gefährdender Stoffe als BK bezeichnen kann.

21

In dem Urteil vom 27.6.2006 (B 2 U 9/05 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 8) zum Verhältnis der BKen 2108 und 2110 hat der Senat "nicht eine aus den Tatbeständen der Nr 2108 und 2110 zusammengesetzte neue BK gebildet, sondern dem Umstand Rechnung getragen, dass in Bezug auf die Wirbelsäulenerkrankung die Tatbestandsvoraussetzungen beider BKen (nebeneinander) vorliegen" (RdNr 18). Soweit Mell in seiner Anmerkung zu dem Urteil (SGb 2007, 562 f) von einer "Verklammerung" des BK-Geschehens schreibt, ändert dies nichts an der getrennten Betrachtung beider BKen durch den Senat. Klarzustellen ist jedoch, dass bei einem Versicherten, der an einer Krankheit leidet, die Gegenstand mehrerer BKen ist, wenn er zudem Einwirkungen ausgesetzt war, die von jeder dieser BKen erfasst werden, schon nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu prüfen ist, ob die Einwirkungen die in der BK bezeichnete Erkrankung verursacht haben. Diese Einwirkungen können nicht isoliert gesehen werden, sondern sind sich wechselseitig beeinflussende konkurrierende Ursachen (vgl nur BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, jeweils RdNr 16) . Ob der Tod des Versicherten in diesem Sinne wesentlich durch die Einwirkungen nach einer der möglichen BKen Nr 1103, 2402, 4109 verursacht wurde, hat das LSG jedoch nicht geprüft (siehe nachfolgend d).

22

c) Der Versicherte ist auch nicht infolge des Versicherungsfalls einer Wie-BK (§ 9 Abs 2 SGB VII) verstorben.

23

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Senat nicht gehindert, über den Anspruch der Klägerin auf Hinterbliebenenrente wegen einer Wie-BK zu entscheiden (aa). Zum maßgeblichen Zeitpunkt (bb) hat beim Versicherten der Versicherungsfall einer Wie-BK nicht vorgelegen (cc), denn die Voraussetzungen für die Bezeichnung der Erkrankung Lungenkrebs infolge der gemeinsamen Einwirkungen von Chromat, Nickeloxid, ionisierender Strahlung und Asbeststaub in der Anlage zur BKV als BK waren nicht gegeben.

24

aa) Der von der Klägerin bestimmte Streitgegenstand umfasst das Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Witwenrente unter jedem rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkt. Diesen Anspruch hat die Beklagte mit den Ablehnungsentscheidungen in ihren Bescheiden verneint.

25

Die Beklagte verweist zu Unrecht auf die Rechtslage, die gilt, wenn ein Versicherter selbst die Feststellung eines Versicherungsfalls einer BK durch die Verwaltung begehrt oder Versicherungsansprüche gegen sie erhebt. Dabei bilden jede Listen- und jede Wie-BK jeweils einen eigenständigen Gegenstand des Verwaltungsverfahrens, über den der zuständige Träger einen feststellenden Verwaltungsakt (positiver oder negativer Art) zu erlassen hat. Die Feststellung des Versicherungsträgers, eine BK liege vor oder nicht vor, kann sich wegen der völlig verschiedenen Voraussetzungen der Listen-BKen in der Anlage zur BKV untereinander und den dazu und untereinander ebenfalls völlig unterschiedlichen Voraussetzungen der eventuell zu prüfenden Wie-BKen nach § 9 Abs 2 SGB VII immer nur auf einzelne Listen- oder Wie-BKen beziehen. Daher kann der Versicherte eine Anfechtungsklage nur gegen einen Verwaltungsakt erheben, mit dem der Versicherungsträger die Feststellung einer bestimmten BK oder Wie-BK (oder mehrerer solcher Versicherungsfälle) abgelehnt hat (vgl BSG vom 2.12.2008 - B 2 KN 3/07 U R - SozR 4-2700 § 9 Nr 13 RdNr 12; BSG vom 2.12.2008 - B 2 KN 2/07 U R - juris RdNr 15 f) .

26

Anders ist die Rechtslage bei Hinterbliebenen, die ein abgeleitetes, aber eigenständiges Recht gegen den Träger geltend machen. Nach § 63 Abs 1 SGB VII ist Voraussetzung eines jeden Hinterbliebenenrechts(§§ 64 bis 71 SGB VII) , dass in der Person des Versicherten ein Versicherungsfall eingetreten war und er infolgedessen verstorben ist. Die Frage, ob ein Versicherungsfall vorgelegen hat und welcher es genau war, ist kein selbstständiger Gegenstand des Verwaltungsverfahrens, über den durch Verwaltungsakt entschieden werden dürfte, sondern nur eine Tatbestandsvoraussetzung des streitgegenständlichen Anspruchs. Wird dieser Anspruch durch negativ feststellenden Verwaltungsakt verneint, ist die Äußerung des Trägers, ein Versicherungsfall, zB eine bestimmte BK oder Wie-BK habe nicht vorgelegen, nur ein unselbstständiges Begründungselement des Verwaltungsakts. Der Hinterbliebene kann sich daher darauf beschränken vorzutragen, beim Versicherten habe irgendein Versicherungsfall (Arbeitsunfall, Listen-BK, Wie-BK) vorgelegen, der seinen Tod herbeigeführt habe. Der Träger muss dann allein darüber entscheiden, ob das vom Hinterbliebenen verfolgte Recht auf Hinterbliebenenleistungen besteht oder nicht besteht. Hingegen ist er schon mangels einer gesetzlichen Ermächtigung nicht befugt, einen feststellenden Verwaltungsakt darüber zu erlassen, ob der Versicherte einen Versicherungsfall erlitten hatte. Es gibt auch keine Anspruchsgrundlage für einen Anspruch des Hinterbliebenen auf eine isolierte Vorabentscheidung des Trägers über das frühere Vorliegen eines Versicherungsfalles beim Versicherten. Hierfür besteht im Übrigen auch kein Bedürfnis, weil nach dem Tod des Versicherten der Eintritt weiterer Versicherungsfälle, deren Folgen voneinander abzugrenzen sein könnten, ausgeschlossen ist. Auch hier hat die Beklagte zwar mehrfach im Blick auf verschiedene Sachverhalte, aber jeweils nur einheitlich festgestellt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Witwenrente habe.

27

bb) Für die Entscheidung, ob der Versicherte infolge eines Versicherungsfalls verstorben ist, ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem der Versicherte verstorben ist.

28

Der Senat hat zwar im Zusammenhang mit Ansprüchen von Versicherten entschieden, neue wissenschaftliche Erkenntnisse müssen sich im Zeitpunkt der Erkrankung des Versicherten noch nicht bis zur Aufnahme in die BK-Liste verdichtet haben. Es reiche aus, wenn dies im Zeitpunkt der Entscheidung über den Anspruch geschehen sei (BSG vom 14.11.1996 - 2 RU 9/96 - BSGE 79, 250, 253; BSG vom 4.6.2002 - B 2 U 16/01 R - juris RdNr 17) .

29

Dies ist aber auf die Rechte der Hinterbliebenen eines Versicherten nicht übertragbar, weil sie aus dessen letzter Rechtsstellung abgeleitet sind. Gemäß § 63 Abs 1 Satz 2 SGB VII muss der Tod des Versicherten "infolge eines Versicherungsfalls eingetreten" sein. Der Todestag des Versicherten ist der späteste Zeitpunkt, an dem er einen Versicherungsfall erlitten haben kann.

30

cc) Der Versicherte ist am 8.8.2000 nicht infolge des Versicherungsfalls einer Wie-BK verstorben.

31

Nach § 9 Abs 2 SGB VII haben die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit (Wie-BK) als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII erfüllt sind. Diese "Öffnungsklausel" des § 9 Abs 2 SGB VII soll nur die Regelungslücken in der BKV schließen, die sich aus den zeitlichen Abständen zwischen den Änderungen der BKV ergeben. Die Regelung ist aber keine allgemeine Härteklausel, für deren Anwendung es genügen würde, dass im Einzelfall berufsbedingte Einwirkungen die rechtlich wesentliche Ursache einer nicht in der BK-Liste bezeichneten Krankheit sind (vgl BSG vom 30.1.1986 - 2 RU 80/84 - BSGE 59, 295 = SozR 2200 § 551 Nr 27) . Vielmehr soll die Anerkennung einer Wie-BK nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme der betreffenden Einwirkungs-Krankheits-Kombination in die Liste der BKen (vgl § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII) erfüllt sind, der Verordnungsgeber aber noch nicht tätig geworden ist (vgl BT-Drucks 13/2204, 77 f) .

32

Der Versicherungsfall einer Wie-BK ist eingetreten, wenn neben den Voraussetzungen der schädigenden Einwirkungen aufgrund der versicherten Tätigkeit, der Erkrankung und der haftungsbegründenden Kausalität im Einzelfall auch die Voraussetzungen für die Aufnahme der betreffenden Einwirkungs-Krankheits-Kombination in die Liste der BKen nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen erfüllt sind. Der Versicherungsfall der Wie-BK lässt sich zwar nachträglich feststellen, er ist aber objektiv zu dem Zeitpunkt eingetreten, zu dem die Voraussetzungen des § 9 Abs 2 SGB VII gegeben sind(vgl noch zu § 551 Abs 1 Satz 2 RVO: BSG vom 2.12.2008 - B 2 KN 1/08 U R - SozR 4-2700 § 9 Nr 12 RdNr 23) . Im vorliegenden Fall kommt es also entscheidend darauf an, ob es spätestes am 8.8.2000 wissenschaftliche Erkenntnisse gab, nach denen die Erkrankung Lungenkrebs, wenn sie durch die Einwirkungen von Chromat, Nickeloxid, Asbest und ionisierender Strahlung gemeinsam verursacht worden ist, in die Liste der BKen aufzunehmen war. Dies ist indes nach den Feststellungen des LSG, das eine Auskunft des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften eingeholt hat, nicht der Fall (vgl im Übrigen: Schneider, ASUMed 2008, 326; Ergebnisse des Fachgesprächs "Synkanzerogenese" in der BG Akademie Hennef am 25./26.11.2005, BGFA-Info 01-06, S 17; Thomas Brüning, SYNERGIE - ein Beitrag zur Klärung der Synkanzerogenese - fordert vor der BGFA der DGUV am 27.1.2009 die Einrichtung epidemiologischer Datenbanken zur Beurteilung der synkanzerogenen Wirkung von Stoffen wie Asbest, PAK, Chrom und Nickel; http: www.igf-bbg.de/schlema6/tag2/Brüning_BGFA.pdf ; Pesch, Weiss, Westphal, Brüning, Berufliche Chrom- Exposition und Lungenkrebsrisiko, BGFA, August 2008, S 23) .

33

d) Ob der Tod des Versicherten infolge eines Versicherungsfalls nach § 9 Abs 1 SGB VII iVm Nr 1103, 2402 oder 4109 der Anlage zur BKV, der durch das Miteinwirken des Listenstoffes als wesentliche Teilursache für die Erkrankung des Versicherten verursacht wurde, eingetreten ist, kann der Senat nicht abschließend entscheiden.

34

Nach den Feststellungen des LSG ist der Versicherte berufsbedingt schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen. Allerdings hat das LSG für jeden der in den angeführten Listen-BKen bezeichneten Arbeitsstoffe monokausal die haftungsbegründende Kausalität verneint. Keiner der Stoffe hat allein die in der jeweiligen Listen-BK bezeichnete Erkrankung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit verursacht. Für die BK 1103 ist eine Einwirkung in der Größenordnung von 2000 µg/m³ x Jahre erforderlich, einer solchen Dosis ist der Versicherte bei weitem nicht ausgesetzt gewesen. Bei der Einwirkung durch ionisierende Strahlen (BK 2402) wird anhand der Einwirkungsdosen (Bql, mSv) die Verursachungswahrscheinlichkeit in Prozent ermittelt, die beim Versicherten maximal 23 vH erreicht hat. Bei der BK 4109 ist eine berufliche Einwirkung durch Nickel von 5000 µg/m³ x Jahre erforderlich, die ebenfalls nicht - auch nicht iS des Halbwerts - erreicht worden ist.

35

Eine dieser Listen-BKen liegt aber nicht nur dann vor, wenn die in ihrem Tatbestand genannten Einwirkungen durch einen bestimmten Stoff auf die Gesundheit schon monokausal die dort bestimmten Voraussetzungen erfüllen. Denn selbst wenn diese Einwirkungen bei isolierter Betrachtung nicht die Voraussetzungen an die Einwirkungsdauer, -intensität, -häufigkeit oder -weise erfüllen, können sie dennoch eine wesentliche Teilursache der als BK anerkannten Krankheit nach der Theorie der wesentlichen Bedingung sein (vgl zur Prüfung des Versicherungsfalls einer Listen-BK: BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 33/07 R - BSGE 103, 54 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 5; zur Theorie der wesentlichen Bedingung: BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, jeweils RdNr 13 ff) .

36

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht zunächst auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie, nach der jedes Ereignis Ursache eines Erfolges ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Erst wenn feststeht, dass ein bestimmtes Ereignis - hier Einwirkungen durch einen Arbeitsstoff - eine naturphilosophische Teilursache der Krankheit ist, stellt sich die Frage nach einer rechtlich wesentlichen Verursachung des Erfolgs durch das Ereignis. Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist in diesem zweiten Schritt zwischen Ursachen zu unterscheiden, denen der Erfolg zugerechnet wird und die für den Erfolg rechtlich unerheblich sind. Als kausal und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs abgeleitet werden (BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, jeweils RdNr 13 f mwN; BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - juris RdNr 12) .

37

Erfüllen die Einwirkungen eines bestimmten Arbeitsstoffs nicht die im BK-Tatbestand genannten Einwirkungsvoraussetzungen - so wie hier der Asbest die 25 Faserjahre nach der BK 4104 Alternative 3 (siehe oben a) -, können sie zwar die anerkannte Krankheit mitverursacht haben, eine Anerkennung dieser BK scheidet aber aus, weil die Mindestanforderungen des jeweiligen BK-Tatbestandes nicht gegeben sind.

38

Für die Arbeitsstoffe der hier in Betracht kommenden BKen 1103, 2402, 4109, deren Bezeichnung keine Dosis enthält, ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob der Stoff des jeweiligen BK-Tatbestands nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass das Entstehen der Erkrankung entfiele. Ist ein Listenstoff in diesem naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne ursächlich geworden, ist weiter zu prüfen, ob er eine wesentliche (Teil-)Ursache für den Eintritt der Erkrankung gesetzt hat. Denn die Theorie der wesentlichen Bedingung verlangt bei der Prüfung, ob eine Einwirkung einen wesentlichen Kausalbeitrag gesetzt hat, nicht abstrakt eine mindestens gleichwertige Bedeutung für den Erfolg. Vielmehr lässt sie es zu, ihre "Wesentlichkeit" für die festgestellte Erkrankung auch bei einem naturphilosophisch notwendigen Zusammenwirken mehrerer in der Anlage zur BKV bezeichneter schädigender Einwirkungen zu bejahen. Dem Zusammenwirken einzelner Mitbedingungen in einer Gruppe, die als Kollektiv für einen Erfolg wesentlich ist, kann so viel Eigenbedeutung zukommen, dass auch dem einzelnen Listenstoff des Einwirkungsgemischs wesentliche Bedeutung für den Erfolg iS eines BK-Tatbestands zukommt (vgl BSG vom 12.6.1990 - 2 RU 14/90 - juris RdNr 21; Becker in MedSach 2005, 115) .

39

3. Auf die Revision der Beklagten ist die Entscheidung des LSG, die § 9 SGB VII verletzt, aufzuheben. Der Rechtsstreit ist an das LSG zurückzuverweisen, damit geklärt werden kann, ob die Einwirkungen durch Chromat, Nickeloxid oder ionisierende Strahlung unter Einbeziehung der Einwirkungen von Asbest zusammen oder - wenn nicht alle - ob möglicherweise mehrere dieser Listenstoffe gemeinsam den Lungenkrebs des Versicherten im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne verursacht haben. Ist dies anzunehmen, ist weiter zu prüfen, ob die Einwirkungen nach den genannten BKen Nr 1103, 2402, 4109 - jede für sich und nicht alle zusammen als Gesamt-BK betrachtet - eine rechtlich wesentliche Teilursache für den Eintritt der Lungenerkrankung waren. Ist auch dies zu bejahen, ist entweder ein Versicherungsfall nach BK 1103 oder BK 2402 oder BK 4109 oder aber mehrere Versicherungsfälle dieser Listen-BKen nebeneinander (nicht kumulativ) gegeben (vgl BSG aaO) . Schließlich ist zu prüfen, ob der Tod des Versicherten infolge dieses Versicherungsfalls oder eines dieser Versicherungsfälle eingetreten ist. Hierzu hat das Berufungsgericht keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, sodass der Senat nicht abschließend entscheiden konnte.

40

Dagegen steht für die abschließende Entscheidung des LSG bindend fest, dass bei dem Versicherten keine BK 4104, keine Gesamt-BK aus einer Kombination der BKen 1103, 2402, 4109 und keine entsprechende Wie-BK vorgelegen hat.

41

Das LSG hat auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden.

(1) Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.

(2) Verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Hinterbliebene haben Anspruch auf

1.
Sterbegeld,
2.
Erstattung der Kosten der Überführung an den Ort der Bestattung,
3.
Hinterbliebenenrenten,
4.
Beihilfe.
Der Anspruch auf Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 bis 3 besteht nur, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist.

(1a) Die Vorschriften dieses Unterabschnitts über Hinterbliebenenleistungen an Witwen und Witwer gelten auch für Hinterbliebenenleistungen an Lebenspartner.

(2) Dem Tod infolge eines Versicherungsfalls steht der Tod von Versicherten gleich, deren Erwerbsfähigkeit durch die Folgen einer Berufskrankheit nach den Nummern 4101 bis 4104 der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung vom 20. Juni 1968 (BGBl. I S. 721) in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2343) um 50 vom Hundert oder mehr gemindert war. Dies gilt nicht, wenn offenkundig ist, daß der Tod mit der Berufskrankheit nicht in ursächlichem Zusammenhang steht; eine Obduktion zum Zwecke einer solchen Feststellung darf nicht gefordert werden.

(3) Ist ein Versicherter getötet worden, so kann der Unfallversicherungsträger die Entnahme einer Blutprobe zur Feststellung von Tatsachen anordnen, die für die Entschädigungspflicht von Bedeutung sind.

(4) Sind Versicherte im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit verschollen, gelten sie als infolge eines Versicherungsfalls verstorben, wenn die Umstände ihren Tod wahrscheinlich machen und seit einem Jahr Nachrichten über ihr Leben nicht eingegangen sind. Der Unfallversicherungsträger kann von den Hinterbliebenen die Versicherung an Eides Statt verlangen, daß ihnen weitere als die angezeigten Nachrichten über die Verschollenen nicht bekannt sind. Der Unfallversicherungsträger ist berechtigt, für die Leistungen den nach den Umständen mutmaßlichen Todestag festzustellen. Bei Versicherten in der Seeschiffahrt wird spätestens der dem Ablauf des Heuerverhältnisses folgende Tag als Todestag festgesetzt.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.

(2) Verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Hinterbliebene haben Anspruch auf

1.
Sterbegeld,
2.
Erstattung der Kosten der Überführung an den Ort der Bestattung,
3.
Hinterbliebenenrenten,
4.
Beihilfe.
Der Anspruch auf Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 bis 3 besteht nur, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist.

(1a) Die Vorschriften dieses Unterabschnitts über Hinterbliebenenleistungen an Witwen und Witwer gelten auch für Hinterbliebenenleistungen an Lebenspartner.

(2) Dem Tod infolge eines Versicherungsfalls steht der Tod von Versicherten gleich, deren Erwerbsfähigkeit durch die Folgen einer Berufskrankheit nach den Nummern 4101 bis 4104 der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung vom 20. Juni 1968 (BGBl. I S. 721) in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2343) um 50 vom Hundert oder mehr gemindert war. Dies gilt nicht, wenn offenkundig ist, daß der Tod mit der Berufskrankheit nicht in ursächlichem Zusammenhang steht; eine Obduktion zum Zwecke einer solchen Feststellung darf nicht gefordert werden.

(3) Ist ein Versicherter getötet worden, so kann der Unfallversicherungsträger die Entnahme einer Blutprobe zur Feststellung von Tatsachen anordnen, die für die Entschädigungspflicht von Bedeutung sind.

(4) Sind Versicherte im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit verschollen, gelten sie als infolge eines Versicherungsfalls verstorben, wenn die Umstände ihren Tod wahrscheinlich machen und seit einem Jahr Nachrichten über ihr Leben nicht eingegangen sind. Der Unfallversicherungsträger kann von den Hinterbliebenen die Versicherung an Eides Statt verlangen, daß ihnen weitere als die angezeigten Nachrichten über die Verschollenen nicht bekannt sind. Der Unfallversicherungsträger ist berechtigt, für die Leistungen den nach den Umständen mutmaßlichen Todestag festzustellen. Bei Versicherten in der Seeschiffahrt wird spätestens der dem Ablauf des Heuerverhältnisses folgende Tag als Todestag festgesetzt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der beklagten Berufsgenossenschaft (BG) die Zahlung von 449,05 Euro als Erstattung für Zuzahlungen, die sie vom 11.8.2004 bis 27.3.2006 zu Arzneimitteln erbracht hat, die ihr von der gesetzlichen Krankenversicherung (der Beigeladenen) geleistet wurden.

2

Die Klägerin ist seit 1974 als mitarbeitende Ehefrau eines Landwirts in der Schweinezucht und im Getreideanbau tätig.

3

Die Beklagte stellte im Bescheid vom 21.11.2005 fest, dass noch keine Berufskrankheit (BK) nach Nr 4301/4302 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV), der so genannten Berufskrankheitenliste, vorliege. Zur Begründung führte sie aus, das im Dezember 2004 eingeleitete Verwaltungsverfahren habe ergeben, dass eine obstruktive Atemwegserkrankung vorliege, die durch die berufliche Tätigkeit als Landwirtin im Betrieb des Ehegatten verursacht worden sei. Die Erkrankung habe zu den Beeinträchtigungen "Allergische Rhinitis bei Sensibilisierung gegenüber Hafer und Vorratsmilben" geführt. Die beruflich verursachte Atemwegserkrankung sei aber noch keine BK Nr 4301/4302, weil erst bei Unterlassung aller atemwegsgefährdenden Tätigkeiten der Tatbestand einer solchen BK erfüllt sei. Ansprüche auf Leistungen bestünden daher derzeit nicht.

4

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie sei durch die beruflich verursachte Atemwegserkrankung gezwungen, ständig Medikamente zur Linderung ihrer Beschwerden einzunehmen. Sie beantrage daher die Übernahme der bereits angefallenen sowie der zukünftigen Kosten für diese Medikamente.

5

Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 28.12.2005, eine Kostenübernahme für Medikamente könne nicht erfolgen. Sie sei nur möglich, wenn die Erkrankung als BK anerkannt worden sei. Zwingende Voraussetzung für die Anerkennung einer Atemwegserkrankung nach Nr 4301/4302 der Anlage zur BKV sei die Aufgabe der schädigenden Tätigkeit. Die Klägerin habe aber die schädigende Tätigkeit nicht aufgegeben.

6

Die Klägerin teilte der Beklagten mit, sie halte bezüglich des Schreibens vom 28.12.2005 ihren Widerspruch aufrecht. Sie könne aus finanziellen Gründen nicht aufhören, in der Landwirtschaft zu arbeiten. Die Anerkennung einer möglichen obstruktiven Atemwegserkrankung als BK sei grundsätzlich nie ein Streitthema gewesen. Streitig sei allerdings weiterhin die Ablehnung der Kosten für die Medikamente ab 11.8.2004 für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ein Anspruch hierauf ergebe sich aus §§ 1 Satz 1 Nr 1, 14 SGB VII und insbesondere aus § 3 BKV. Die Einnahme der Medikamente sei für sie lebensnotwendig. Dem Widerspruch war eine Auflistung der Kosten für Medikamente für den Zeitraum vom 11.8.2004 bis 27.3.2006 in Höhe von 449,05 Euro beigefügt.

7

Die Beklagte wies den Widerspruch gegen den Bescheid über die Ablehnung einer BK nach Nr 4301/4302 und die damit verbundene Ablehnung der Übernahme der Behandlungs- und Medikamentenkosten vom 21.11.2005 durch Widerspruchsbescheid vom 6.7.2006 zurück. Zur Begründung führte sie aus, ein Entgegenwirken einer BK nach § 3 BKV setze voraus, dass noch kein Krankheitsbild im Sinne der BKV gegeben sei. Das sei hier nicht der Fall, weil die obstruktive Atemwegserkrankung bereits vorliege. Der Tatbestand einer Verhinderung der Verschlimmerung bzw des Wiederauflebens einer BK setze hingegen die Anerkennung als BK voraus. Dies sei hier nicht möglich, weil die Klägerin die schädigende Tätigkeit nicht aufgegeben habe. Kostenpflichtiger Leistungsträger sei daher die Krankenkasse.

8

Die Klägerin hat mit ihrer Klage beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 21.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.7.2006 zu verurteilen, sie mit den zur Verhütung einer Verschlimmerung ihrer Atemwegserkrankung erforderlichen Arzneimitteln zu versorgen und ihr die Kosten zu erstatten, die ihr dadurch entstanden seien, dass sie diese Arzneimittel als Leistung der beigeladenen Krankenkasse erhalten oder selbst beschafft habe. Das SG hat die Klage durch Urteil vom 27.8.2008 abgewiesen. Für die Versorgung mit Arzneimitteln sei ausschließlich die gesetzliche Krankenversicherung zuständig.

9

Ihr Berufungsbegehren hat die Klägerin nach einem Erörterungstermin darauf begrenzt, unter Aufhebung des Urteils des SG die "Bescheide vom 21.11.2005/6.7.2006" zu ändern und die Beklagte zur Erstattung von Kosten für Medikamente in Höhe von 449,05 Euro zu verurteilen.

10

Das LSG hat die Berufung durch Urteil vom 18.12.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, ein Leistungsanspruch nach § 27 SGB VII scheitere schon daran, dass der Versicherungsfall der BK nicht vorliege. Ein Anspruch nach § 3 BKV bestehe nicht. Die Gefahr des Wiederauflebens einer BK scheide aus, weil dieser Tatbestand die Wiedererkrankung an einer abgeheilten BK voraussetze. Auch ein Anspruch nach § 3 Abs 1 BKV wegen der Gefahr des Entstehens einer BK bestehe nicht, weil die Anspruchsvoraussetzungen dieser Norm nicht erfüllt seien.

11

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision. Sie rügt eine Verletzung der §§ 1 Nr 1, 14 Abs 1 Satz 1 SGB VII iVm § 3 BKV und des Art 3 Grundgesetz (GG). § 3 BKV diene grundsätzlich der Vermeidung von Gesundheitsschäden vor dem Eintritt des Versicherungsfalls und setze nicht bereits das Vorliegen einer BK voraus. Die Regelung habe eine präventive Zielrichtung und sei als Maßnahme der Vorbeugung und Krankheitsverhütung von den sonstigen Entschädigungsleistungen der Unfallversicherung zu unterscheiden. Es werde ein lückenloser Schutz der Versicherten angestrebt. Dass sie - die Klägerin - ihre Tätigkeit weiter ausübe, stehe einer Anwendung des § 3 BKV nicht entgegen. Die von ihr eingenommenen Medikamente dienten nachweislich dazu, ihren Gesundheitszustand zu stabilisieren und seien damit zusammen mit dem von der Beklagten teilweise zur Verfügung gestellten Atemschutzgerät ein geeignetes Mittel, der Gefahr einer Verschlimmerung entgegenzuwirken. Auch seien die Kosten unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art 3 Abs 1 GG) zu gewähren, weil es keinen Unterschied machen könne, ob ein Versicherter an einer BK nach Nr 4301/4302 der Anlage 1 der BKV leide oder an einer so genannten Farmerlunge (Nr 4201 der Anlage 1 der BKV). Es bestehe kein sachlicher Grund, wieso beim Krankheitsbild der Farmerlunge Präventionsleistungen ohne Aufgabe der schädigenden Tätigkeit gewährt würden.

12

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Dezember 2009 und das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27. August 2008 sowie die Ablehnungsentscheidung im Bescheid der Beklagten vom 21. November 2005 in der Fassung des Bescheids vom 28. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin einen Anspruch auf Zahlung von 449,05 Euro zu bewilligen.

13

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

14

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs 1 Satz 1 BKV (idF der Norm vom 31.10.1997, BGBl I 2623, in Kraft ab 1.12.1997, idF der BKV-ÄndV vom 5.9.2002, BGBl I 3541) liegen bei ihr nicht vor. Für sie bestand und besteht nicht die Gefahr, dass eine BK entsteht, wiederauflebt oder sich verschlimmert (s hierzu unter 3.), sodass sie keinen Anspruch gegen die Beklagte hatte, ihr Auswahlermessen auszuüben und den Zahlungsanspruch zu bewilligen (zu § 3 Abs 1 BKV als eigenständigem "kleinen Versicherungsfall" vgl BSG Urteil vom 7.9.2004 - B 2 U 1/03 R - BSGE 93, 164, 167 = SozR 4-5671 § 3 Nr 1 RdNr 12). Höherrangige Rechte der Klägerin sind hierdurch nicht verletzt (s hierzu unter 4.).

16

1. Die Berufung war im Zeitpunkt ihrer Einlegung durch die Klägerin zulässig, weil sie eine unbegrenzte Verurteilung der Beklagten zur Leistung im Sinne einer "Kostentragung für alle Medikamente in Vergangenheit und Zukunft" begehrte. Das Rechtsmittel ist nicht dadurch unzulässig geworden, dass die Klägerin ihr Begehren während des Berufungsverfahrens auf Erstattung bisher angefallener Medikamentenkosten in Höhe von 449,05 Euro, also auf einen Betrag unter dem Wert des Beschwerdegegenstandes des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG von 750 Euro, begrenzt hat. Denn eine nachträgliche Begrenzung des Berufungsbegehrens berührt die Zulässigkeit einer zulässig eingelegten Berufung nicht.

17

2. Die Klagen sind als Anfechtungs- und als Verpflichtungsklage jeweils gemäß § 54 Abs 1 SGG statthaft. Denn die Klägerin begehrt die Aufhebung eines ihren geltend gemachten Anspruch verneinenden Verwaltungsakts und die Verpflichtung der Beklagten zum Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts, nämlich zur Bewilligung eines Zahlungsanspruchs in Höhe von 449,05 Euro. Der Erlass dieses Verwaltungsakts steht im Ermessen der Beklagten. Ein Versicherter hat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Abs 1 Satz 1 BKV gemäß § 39 Abs 1 SGB I gegen seinen Unfallversicherungsträger einen ("Rechts"-)Anspruch auf fehlerfreien Ermessensgebrauch(vgl bereits BSG Urteil vom 12.1.2010 - B 2 U 33/08 R -; Mehrtens/ Brandenburg, BKV, G § 3, Stand 10/07, Anm 3.2. zu § 3 BKV; Koch in Lauterbach, UV Anh III zu § 9 SGB VII, § 3 BKV, RdNr 63 ff, 36. Lfg, Stand Februar 2008). Dieser muss ggf mit allen geeigneten Mitteln der Gefahr iS des § 3 Abs 1 Satz 1 BKV entgegenwirken, wobei ihm ein Auswahlermessen zusteht.

18

Beide Klagen sind auch zulässig. Alle besonderen Sachentscheidungsvoraussetzungen liegen vor. Keine Bedenken bestehen jeweils hinsichtlich der Einhaltung der Klagefrist und dem Vorliegen der Klagebefugnis. Auch das erforderliche Widerspruchsverfahren wurde durchgeführt. Bezüglich der Aufhebung der negativen Feststellung im Bescheid der Beklagten vom 21.11.2005 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 28.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.7.2006, sie habe ua keinen Anspruch auf Leistungen, hatte die Klägerin Widerspruch eingelegt und von der Beklagten (nur) umfassende Kostentragung für die Medikamente begehrt. Die Beklagte hat diesen Anspruch im Bescheid vom 28.12.2005 abgelehnt. Dieser Verwaltungsakt wurde gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchverfahrens. Hiergegen hat die Klägerin gleichwohl einen weiteren Widerspruch erhoben und ihr Begehren ausdrücklich auf die "Kostentragung für Medikamente" begrenzt. Darüber ist im Widerspruchsbescheid vom 6.7.2006 entschieden worden. Schließlich ist auch die objektive Klagehäufung nach § 56 SGG zulässig.

19

Hingegen ist eine Kombination der Anfechtungsklage mit einer (sog unechten) Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG, wie von der Klägerin und den Vorinstanzen angenommen, nicht zulässig, weil die Leistungsklage nicht statthaft ist. Denn auf Leistungen nach § 3 Abs 1 Satz 1 BKV besteht kein Rechtsanspruch, weil die Bewilligung von Ansprüchen auf solche Leistungen, wie gesagt, im Ermessen der Beklagten steht. Die Klägerin konnte ihr Begehren auf die Verpflichtungsklage umstellen, weil die von ihr bisher neben der Anfechtungsklage erhobene unechte Leistungsklage die Verpflichtungsklage, die auf die Bewilligung eines Anspruchs auf die begehrte Leistung gerichtet ist, konsumiert (vgl BSG vom 14.3.2006 - B 4 RA 55/04 R - BSGE 96, 83 = SozR 4-2600 § 166 Nr 2).

20

3. Die Anfechtungsklage und die Verpflichtungsklage sind unbegründet, weil die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung über die Bewilligung eines Zahlungsanspruchs in Höhe von 449,05 Euro hat.

21

Dies haben die Beklagte und die Vorinstanzen zu Recht erkannt.

22

Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist ausschließlich § 3 Abs 1 Satz 1 BKV, dessen Tatbestandsvoraussetzungen, worauf sogleich einzugehen ist, nicht erfüllt sind.

23

Hingegen scheidet ein Anspruch nach §§ 26 Abs 5, 27 Abs 1 Nr 4, 29 SGB VII schon deshalb aus, weil diese Vorschriften einen Versicherungsfall iS der §§ 7 ff SGB VII voraussetzen, der hier aber nicht vorliegt. Die allein in Betracht kommenden Versicherungsfälle einer BK 4301 oder 4302 setzen jeweils tatbestandlich die erfolgte Unterlassung aller Tätigkeiten voraus, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Die Klägerin hat jedoch ihre gesundheitsgefährdende Tätigkeit nicht aufgegeben. Allein das Vorliegen der obstruktiven Atemwegserkrankung reicht zur Erfüllung des Tatbestandes dieser Versicherungsfälle nicht aus.

24

Die Vorschrift über die Unfallverhütung (§ 14 SGB VII), auf welche die Klägerin sich ebenfalls beruft, enthält nur eine Aufgabenzuweisung an die Unfallversicherungsträger, aber keine Anspruchsgrundlage für ein Recht des Versicherten auf Leistungen.

25

Der Klägerin steht der gegen die Beklagte erhobene Anspruch aber auch nicht auf der Grundlage des § 3 Abs 1 Satz 1 BKV zu, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt sind. Sie bestimmt: "Besteht für Versicherte die Gefahr, dass eine BK entsteht, wiederauflebt oder sich verschlimmert, haben die Unfallversicherungsträger dieser Gefahr mit allen geeigneten Mitteln entgegenzuwirken".

26

a) Eine Gefahr der Entstehung einer BK 4301 oder 4302, der die Beklagte mit geeigneten Mitteln entgegenwirken könnte, liegt bei der Klägerin liegt nicht vor. Beide Versicherungsfälle würden eintreten, sobald die Klägerin die ihre Atemwegserkrankung verursachenden Tätigkeiten aufgibt. Da die Erkrankung mit anderen Mitteln nicht zu beseitigen ist, muss die Beklagte gemäß § 3 Abs 1 Satz 2 BKV darauf hinwirken, dass die Klägerin die gefährdende Tätigkeit unterlässt.

27

Der Ausdruck "Gefahr der Entstehung einer BK" bedeutet, dass ohne Anwendung geeigneter Mittel nach dem Stand der medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnis voraussichtlich eine Krankheit entsteht, die in einem BK-Tatbestand umschrieben ist und bei der auch die übrigen Voraussetzungen dieses Tatbestandes erfüllt sein werden. Eine solche Gefahr besteht mithin, wenn das tatbestandlich vorausgesetzte Krankheitsbild einer BK, anders als hier, noch nicht (dauerhaft) erfüllt ist. Es müssen aber bereits erste Krankheitssymptome vorliegen (vgl Becker in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, § 9 SGB VII, RdNr 387, 157. Lfg, Stand September 2006; Koch in Lauterbach, UV Anh III zu § 9 SGB VII, § 3 BKV, RdNr 59, 36. Lfg, Stand Februar 2008; Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, Anhang zu K § 9, § 3 BKV, RdNr 9, 30. Lfg, V/06; Mehrtens/Brandenburg, BKV, G § 3, Stand 10/07, Anm 2.2. zu § 3 BKV). Bei der Klägerin ist das in der BK 4301/4302 umschriebene Krankheitsbild bereits in vollem Umfang dauerhaft ausgeprägt. Die Entstehung dieser Krankheit droht nicht mehr, sondern sie ist eingetreten. Auch die übrigen "arbeitstechnischen" Voraussetzungen sind erfüllt. Zum Entstehen einer BK 4301 oder 4302 fehlt es bei ihr lediglich am (arbeitsmedizinisch notwendigen) Unterlassen der gefährdenden Tätigkeit.

28

Die Gefahr der Entstehung einer BK kann bei BK-Tatbeständen, die eine arbeitsmedizinische Unterlassungsnotwendigkeit ("Unterlassungszwang") voraussetzen, aber auch vorliegen, wenn die Krankheit zwar bereits ausgeprägt ist, dies jedoch noch nicht dauerhaft, weil es noch geeignete Maßnahmen medizinischer und/oder arbeitsfördernder Natur gibt, sie zu heilen oder die gefährdenden Elemente der Tätigkeit so umfassend auszuschließen (neutralisieren), dass sie keinerlei gefährdende Auswirkungen mehr zeitigen. Dann besteht noch keine arbeitsmedizinische Notwendigkeit, die gefährdende Tätigkeit zu unterlassen, also kein faktischer "Unterlassungszwang", der keine Rechtspflicht oder Obliegenheit bedeutet, sondern als arbeitsmedizinische Unterlassungsnotwendigkeit eine Tatbestandsvoraussetzung solcher BK-Tatbestände ist.

29

Nach den das BSG bindenden Tatsachenfeststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat sich bei der Klägerin das Krankheitsbild aber bereits voll und dauerhaft entwickelt. Die Klägerin begehrt die Medikamente lediglich zu dem Zweck, entgegen dem für die Erfüllung des Tatbestandes einer BK 4301 erforderlichen Unterlassungszwang ihre Berufstätigkeit weiter auszuüben. Heilende Medikamente oder Mittel, die die Gefährdung durch die Tätigkeit ausschließen könnten, gibt es nicht. Daher besteht keine Gefahr der Entstehung dieser Krankheit mehr, sondern sie ist dauerhaft entstanden.

30

b) Auch ein Wiederaufleben oder eine Verschlimmerung einer BK iS des § 3 Abs 1 Satz 1 BKV kommen bei der Klägerin nicht in Betracht, weil noch keine BK (4301 oder 4302) eingetreten ist.

31

Der Ausdruck "Berufskrankheit" hat in § 3 Abs 1 Satz 1 BKV dieselbe Bedeutung wie grundsätzlich auch sonst in dieser Verordnung, in deren Anlage und wie in § 9 Abs 1 SGB VII(vgl Koch in Lauterbach, UV Anh III zu § 9 SGB VII, § 3 BKV RdNr 12, 36. Lfg, Stand Februar 2008; Mehrtens/Brandenburg, BKV, G § 3, Stand 10/07, Anm 2.1. zu § 3 BKV).

32

Die Klägerin hat den Tatbestand einer BK 4301 oder 4302 nicht erfüllt. Nur diese BK`en kommen bei ihr als Versicherungsfälle in Betracht.

33

Zwar liegt bei ihr eine obstruktive Atemwegserkrankung als dauerhaft entstandene Krankheit infolge von beruflichen Einwirkungen vor, die in den Tatbeständen der BK 4301 oder 4302 umschrieben sind. Auch besteht nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG für sie die arbeitsmedizinische Notwendigkeit, die für ihre Erkrankung ursächlichen Tätigkeiten zu unterlassen (sog Unterlassungszwang). Denn es gibt keine Medikamente, welche diese Krankheit heilen, solange die gefährdende Tätigkeit fortgesetzt wird. Die von der Krankenkasse geleisteten Medikamente und das Atemschutzgerät ermöglichen ihr nur, die krankheitsverursachende Tätigkeit fortzusetzen. Andere Mittel, die die Krankheit beseitigen oder die gefährdenden Wirkungen ihrer Tätigkeit neutralisieren und ihr zugleich die Fortsetzung ihrer gefährdenden Tätigkeit ermöglichen könnten, gibt es nach den Feststellungen des LSG nicht. Jedoch hat die Klägerin die gefährdende Tätigkeit trotz der arbeitsmedizinischen Notwendigkeit hierfür nicht aufgegeben.

34

Wiederaufleben kann aber nur eine BK, die früher einmal vorgelegen hat und zwischenzeitlich ausgeheilt war (vgl Becker in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, § 9 SGB VII, RdNr 388, 157. Lfg, Stand September 2006; Koch in Lauterbach, UV Anh III zu § 9 SGB VII, § 3 BKV, RdNr 60, 36. Lfg, Stand Februar 2008; Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, Anhang zu K § 9, § 3 BKV, RdNr 10, 30. Lfg, V/06; Mehrtens/Brandenburg, BKV, G § 3, Stand 10/07 Anm 2.2. zu § 3 BKV). Dies scheidet bei der Klägerin aus, weil eine BK nie vorgelegen hat.

35

Dies gilt auch für die Gefahr der Verschlimmerung einer BK. Sie kommt nur bei einer bereits eingetretenen BK infrage, sofern bei Fortsetzung der gefährdenden Tätigkeiten weitere Gesundheitsschäden drohen (vgl Becker in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, § 9 SGB VII, RdNr 390, 157. Lfg, Stand September 2006; Koch in Lauterbach, UV Anh III zu § 9 SGB VII, § 3 BKV RdNr 62, 36. Lfg, Stand Februar 2008; Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, Anhang zu K § 9, § 3 BKV RdNr 10, 30. Lfg, V/06; Mehrtens/Brandenburg, BKV, G § 3, Stand 10/07, Anm 2.2. zu § 3 BKV). Bei der Klägerin ist eine BK noch nicht eingetreten.

36

Da mithin schon begrifflich das Entstehen, das Wiederaufleben oder das Verschlimmern einer BK iS des § 3 Abs 1 Satz 1 BKV ausscheidet, ist hier nicht weiter auf die Kritik einzugehen, die gegen den Gefahrbegriff der Rechtsprechung des BSG ("individuell erhöhtes Risiko") im Schrifttum geäußert wurde(vgl zur Kritik an dem Gefahrbegriff des BSG - etwa in BSG vom 22.3.1983 - 2 RU 22/81 -; BSG vom 25.10.1989 - 2 RU 57/88 = HV-Info 1990, 260 und BSG vom 5.8.1993 - 2 RU 46/92 = HV-Info 1993, 2314; Becker in Becker/Burchardt/ Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, § 9 SGB VII, RdNr 391 ff, 157. Lfg, Stand September 2006; Koch in Lauterbach, UV Anh III zu § 9 SGB VII, § 3 BKV, RdNr 21 ff, 36. Lfg, Stand Februar 2008; im Einzelnen Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, Anhang zu K § 9, § 3 BKV, RdNr 17 ff, 30. Lfg, V/06).

37

4. § 3 Abs 1 Satz 1 BKV (iVm dem "Unterlassungszwang" der BK 4301/02) ist gesetz- und verfassungsgemäß.

38

Die Tatbestandsvoraussetzung der arbeitsmedizinischen Unterlassungsnotwendigkeit für das Vorliegen des Versicherungsfalls einer BK wird von der Verordnungsermächtigung in § 9 Abs 1 Satz 2 letzter Halbsatz SGB VII getragen. Diese Norm ermächtigt den Verordnungsgeber ausdrücklich dazu, zu bestimmen, dass bestimmte Krankheiten nur dann BK'en sind, wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für Entstehung, Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Diese gesetzliche Ermächtigung findet ihren Sachgrund darin, dass Bagatellerkrankungen, die eine Aufgabe der schädigenden Tätigkeit nicht rechtfertigen und zu deren Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung kein Erfordernis gesehen wird, vom Verordnungsgeber nicht in die Berufskrankheitenliste aufgenommen werden sollen (vgl zu den Motiven des "Unterlassungszwangs" vgl Becker, Der Unterlassungszwang bei Berufskrankheiten, Dissertation 2003, S 79 ff; Koch in Lauterbach, UV § 9 SGB VII, RdNr 202 ff, 39. Lfg, Stand März 2009). Ferner soll der Verordnungsgeber aus Gründen der Prävention verhindern dürfen, dass der Versicherte seine Gesundheit durch ein Verbleiben am Arbeitsplatz weiter schädigt. Dadurch soll einer Verschlimmerung der Krankheit und nach Eintritt einer BK ggf. auch einer erhöhten Entschädigungspflicht des Versicherungsträgers entgegengewirkt werden (vgl Urteil des Senats vom 30.10.2007 - B 2 U 12/06 R = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4302 Nr 2). Der Verordnungsgeber hat sich bei Ausformung der Tatbestände der BK 4301 und 4302 im Blick auf die obstruktiven Atemwegserkrankungen ersichtlich an diesen Sachgründen orientiert.

39

Die gesetzliche Ermächtigung ist verfassungsgemäß.

40

Durchgreifende Bedenken unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage (Art 80 Abs 1 Satz 2 GG) bestehen nicht (vgl hierzu Becker, Der Unterlassungszwang bei Berufskrankheiten, aaO, S 194 ff).

41

Es liegt auch keine Verletzung der durch Art 12 Abs 1 GG geschützten Berufsfreiheit der Klägerin vor. Zwar berührt die Tatbestandsvoraussetzung der arbeitsmedizinischen Unterlassungsnotwendigkeit den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG, obwohl weder eine Rechtspflicht noch eine Obliegenheit zum Unterlassen der gefährdenden Tätigkeit vorliegt. Denn es wird ein Versicherungsfall und damit die Begründung eines Leistungsrechtsverhältnisses an die tatbestandliche "Bedingung" der Aufgabe der gefährdenden Tätigkeiten (nicht notwendig des Arbeitsplatzes oder des Berufs) geknüpft. Auf die Rechtsform der hoheitlichen Einwirkung kommt es für den Grundrechtsschutz nicht an. Jedoch wird diese subjektive Berufszugangsregelung von den überragenden Gemeinschaftsgütern der Gesundheit der Versicherten, der Verhinderung der versicherungsrechtlichen Förderung von Krankheiten, deren Entstehung, Verschlimmerung oder Wiederaufleben nur durch Unterlassung der diese verursachenden Tätigkeiten erreicht werden kann, und des Schutzes der Beitragszahler vor Belastung mit Bagatellerkrankungen und der Kosten einer dem Versicherungszweck widersprechenden Krankheitsförderung gerechtfertigt. Zweck, Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit ergeben sich vor allem daraus, dass die arbeitsmedizinische Unterlassungsnotwendigkeit nur besteht, wenn alle anderen geeigneten Mittel erschöpft oder solche nicht vorhanden sind, um Entstehung, Verschlimmerung oder Wiederaufleben der BK zu verhindern.

42

Es liegt auch kein Verstoß der Verordnungsermächtigung oder der Verordnung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG vor (vgl insbesondere Urteil vom 26.1.1978 - 2 RU 27/77 = SozR 2200 § 551 Nr 10). Der Unterlassungszwang bei der BK 4301/4302 rechtfertigt sich gerade auch aus dem Bagatellcharakter der zugrunde liegenden Erkrankung (hierzu im Einzelnen Becker, aaO, S 225 ff). Gerade bei den obstruktiven Atemwegserkrankungen, die typisch eher als Bagatellerkrankung auftreten, kann das Vorliegen eines Versicherungsfalls einer BK mit nachfolgenden Versicherungsansprüchen nur sachlich begründet werden, wenn im Einzelfall die Schwere der Erkrankung und das Fehlen von zur Heilung oder Gefahrenneutralisierung geeigneten Mitteln es arbeitsmedizinisch zum Gesundheitsschutz unabweisbar notwendig machen, die gefährdenden Tätigkeiten zu unterlassen. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zur so genannten Farmerlunge (BK Nr 4201; auch Dreschfieber oder Drescherkrankheit genannt, ICD-10-J 67.0), die in ihrer (für die BK ohnehin nur erheblichen) dauerhaften (chronischen) Form zu schweren Lungen- und Herzerkrankungen führen kann. Dieser Unterschied ist von solcher Art und solchem Gewicht iS des Art 3 Abs 1 GG (hierzu BVerfGE 84, 133, 157; 84, 197, 199; 85, 238, 244; 87, 1, 36; 95, 39, 45), dass eine Ungleichbehandlung gerade auch im Hinblick auf die arbeitsmedizinische Unterlassungsnotwendigkeit bzw die Behandlung der Erkrankung im Rahmen des § 3 Abs 1 BKV sachlich begründet ist.

43

Ferner ist mit dem Anspruch auf fehlerfreien Ermessensgebrauch über die Bewilligung eines Rechts/Anspruchs auf Übergangsleistungen in § 3 Abs 2 BKV ein weiterer Schutz vorhanden, der gerade dazu dienen soll, wirtschaftliche Nachteile, die bei Aufgabe einer gefährdenden Tätigkeit entstehen können, (teilweise) auszugleichen.

44

Im Übrigen wird ein Versicherter rechtlich nicht gezwungen, seinen Beruf aufzugeben. Der durch seinen Entschluss, trotz der Krankheit weiter zu arbeiten, begründete wirtschaftliche Nachteil besteht für ihn zumeist lediglich darin, Zuzahlungen zu den von der (gesetzlichen) Krankenkasse geleisteten Medikamenten erbringen zu müssen, die er nicht zu tragen hätte, wenn er die Tätigkeit unterließe und dennoch solche Medikamente benötigte.

45

Auch die Anwendung des § 3 Abs 1 Satz 1 BKV im Fall der Klägerin ist nicht nur, wie gezeigt, verordnungsgemäß, sondern auch gesetzes- und verfassungsgemäß.

46

Die Klägerin wird nicht unverhältnismäßig betroffen. Es kann offen bleiben, ob ihre Behauptung zutrifft, ihre Mitarbeit auf dem Hof umfasse notwendig die gefährdenden Tätigkeiten und ohne ihre Mitarbeit müsse der von ihr und ihrem Ehemann geführte landwirtschaftliche Betrieb aufgegeben werden, es drohe sogar ein Existenzverlust. Jedenfalls ist die Entscheidung der Beklagten, angesichts der entstandenen Krankheit und des Fehlens der arbeitsmedizinisch notwendigen Aufgabe aller gefährdenden Tätigkeiten durch die Klägerin die Voraussetzungen einer Ermessensentscheidung nach § 3 Abs 1 Satz 1 BKV zu verneinen und pflichtgemäß nach § 3 Abs 1 Satz 2 BKV auf die Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit hinzuwirken, nicht unverhältnismäßig. Die Maßnahme dient den genannten verfassungsgemäßen Zwecken des § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII und ist geeignet, diese zu fördern. Sie ist auch erforderlich, weil es bei Vorliegen der arbeitsmedizinischen Unterlassungsnotwendigkeit voraussetzungsgemäß kein für die Klägerin weniger belastendes Mittel gibt, die Krankheit zu heilen oder die gefährdende Tätigkeit zu neutralisieren.

47

Die Ablehnung eines Anspruchs auf fehlerfreien Ermessensgebrauch (mit dem Ziel der Bewilligung eines Zahlungsanspruchs) ist auch angemessen, insbesondere der Klägerin zumutbar. Sie kann frei entscheiden, ob sie trotz ihrer Erkrankung unter Gefährdung ihrer Gesundheit weiter arbeiten oder die gefährdenden Tätigkeiten aufgeben und daraus ggf entstehende wirtschaftliche Nachteile durch eine Übergangsleistung iS von § 3 Abs 2 BKV teilweise ausgleichen will, über deren Gewährung, Art und Höhe ihr die Beklagte ggf vorab durch Zusicherung(§ 34 SGB X) Klarheit verschaffen könnte. Außerdem kann die Beklagte gemäß § 9 Abs 4 SGB VII schon vor der Unterlassung der noch verrichteten gefährdenden Tätigkeit verbindlich feststellen, dass alle anderen Voraussetzungen des Versicherungsfalls (mit Ausnahme der Unterlassung) erfüllt sind, so dass rechtlich verbindlich geklärt ist, dass mit der Tätigkeitsaufgabe der Versicherungsfall vorliegt.

48

Entscheidet die Klägerin sich aber für die Fortsetzung der gefährdenden Tätigkeit, kann sie hierfür keine Unterstützung durch die gesetzliche Unfallversicherung erwarten, die den spezifischen Zwecken der Verhütung und Heilung von berufsbedingten, nicht auf vorsätzlicher Selbstschädigung beruhenden (vgl § 101 Abs 1 SGB VII) Gesundheitsbeeinträchtigungen dient. Es widerspräche dem präventiven Grundauftrag der gesetzlichen Unfallversicherung, zur Behandlung von Krankheiten beizutragen, die arbeitsmedizinisch notwendig die Aufgabe der sie verursachenden Tätigkeit erfordern. Ein Recht auf eine aufgabenwidrige Krankheitsförderung durch den Unfallversicherungsträger ist nicht begründbar. Vielmehr würde der spezifische präventive Zweck des § 3 BKV(hierzu auch die "amtliche Begründung" zu § 3 BKV vom 31.10.1997, BR-Drucks 642/97; vgl hierzu Becker in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, § 9 SGB VII RdNr 379, 157. Lfg, Stand September 2006) konterkariert, würde die Klägerin einzig zur Abwehr der Krankheitssymptome Medikamente von der Beklagten erhalten, obwohl der Versicherungsfall einer BK durch diese Medikamente weder verhindert noch abgewendet werden kann. Auch die wirtschaftliche Belastung der Klägerin infolge ihrer Entscheidung gegen die medizinisch gebotene Unterlassung der gefährdenden Tätigkeiten ist nicht unzumutbar, insbesondere nicht existenzbedrohend. Sie beziffert ihre Zuzahlungen für Medikamente im Zeitraum von über 20 Monaten (August 2004 bis März 2006) auf 449,05 Euro. Im Übrigen werden ihre Medikamente von dem beruflich unspezifischen System der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt (vgl § 11 Abs 5 SGB V).

49

Es kann offen bleiben, ob eine Durchbrechung der Vorgaben des § 3 Abs 1 Satz 1 BKV und der Tatbestände der BK‘en mit arbeitsmedizinischer Unterlassungsnotwendigkeit in einem "Härtefall" erlaubt sein kann, wenn dadurch ein Anspruch auf eine Ermessensentscheidung nach § 3 Abs 1 Satz 1 BKV sogar dann gegeben wird, wenn der erkrankte Versicherte die notwendige Tätigkeitsaufgabe aus in seiner Privatsphäre liegenden, von ihm als besonders wichtig empfundenen Gründen nicht vornimmt(vgl stellv zu einer entsprechenden "Erweiterung" im Rahmen des § 551 RVO: BSG Urteil vom 25.2.1976 - 8 RU 70/75 = BSGE 41, 211 = SozR 5677 Anl 1 Nr 41 Nr 1). Das wäre unter dem SGB VII nur schwerlich mit dem Vorrang des (hier verfassungsgemäßen) Verordnungs- und Gesetzesrechts (Art 20 Abs 3 Regelung 2 GG) vereinbar. Denn ein durch § 9 SGB VII oder durch die BKV nicht mitbedachter "Härtefall" ist nicht auszumachen. Er liegt hier schon angesichts der geringen wirtschaftlichen Belastung der Klägerin nicht vor.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.

(1) Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Ein Forderungsübergang nach § 116 des Zehnten Buches findet nicht statt.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Personen, die als Leibesfrucht durch einen Versicherungsfall im Sinne des § 12 geschädigt worden sind.

(3) Die nach Absatz 1 oder 2 verbleibenden Ersatzansprüche vermindern sich um die Leistungen, die Berechtigte nach Gesetz oder Satzung infolge des Versicherungsfalls erhalten.

(1) Hinterbliebene haben Anspruch auf

1.
Sterbegeld,
2.
Erstattung der Kosten der Überführung an den Ort der Bestattung,
3.
Hinterbliebenenrenten,
4.
Beihilfe.
Der Anspruch auf Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 bis 3 besteht nur, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist.

(1a) Die Vorschriften dieses Unterabschnitts über Hinterbliebenenleistungen an Witwen und Witwer gelten auch für Hinterbliebenenleistungen an Lebenspartner.

(2) Dem Tod infolge eines Versicherungsfalls steht der Tod von Versicherten gleich, deren Erwerbsfähigkeit durch die Folgen einer Berufskrankheit nach den Nummern 4101 bis 4104 der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung vom 20. Juni 1968 (BGBl. I S. 721) in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2343) um 50 vom Hundert oder mehr gemindert war. Dies gilt nicht, wenn offenkundig ist, daß der Tod mit der Berufskrankheit nicht in ursächlichem Zusammenhang steht; eine Obduktion zum Zwecke einer solchen Feststellung darf nicht gefordert werden.

(3) Ist ein Versicherter getötet worden, so kann der Unfallversicherungsträger die Entnahme einer Blutprobe zur Feststellung von Tatsachen anordnen, die für die Entschädigungspflicht von Bedeutung sind.

(4) Sind Versicherte im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit verschollen, gelten sie als infolge eines Versicherungsfalls verstorben, wenn die Umstände ihren Tod wahrscheinlich machen und seit einem Jahr Nachrichten über ihr Leben nicht eingegangen sind. Der Unfallversicherungsträger kann von den Hinterbliebenen die Versicherung an Eides Statt verlangen, daß ihnen weitere als die angezeigten Nachrichten über die Verschollenen nicht bekannt sind. Der Unfallversicherungsträger ist berechtigt, für die Leistungen den nach den Umständen mutmaßlichen Todestag festzustellen. Bei Versicherten in der Seeschiffahrt wird spätestens der dem Ablauf des Heuerverhältnisses folgende Tag als Todestag festgesetzt.

(1) Witwen oder Witwer von Versicherten erhalten eine einmalige Beihilfe von 40 vom Hundert des Jahresarbeitsverdienstes, wenn

1.
ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente nicht besteht, weil der Tod der Versicherten nicht Folge eines Versicherungsfalls war, und
2.
die Versicherten zur Zeit ihres Todes Anspruch auf eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 vom Hundert oder mehr oder auf mehrere Renten hatten, deren Vomhundertsätze zusammen mindestens die Zahl 50 erreichen; soweit Renten abgefunden wurden, wird von dem Vomhundertsatz der abgefundenen Rente ausgegangen.
§ 65 Abs. 6 gilt entsprechend.

(2) Beim Zusammentreffen mehrerer Renten oder Abfindungen wird die Beihilfe nach dem höchsten Jahresarbeitsverdienst berechnet, der den Renten oder Abfindungen zugrunde lag. Die Beihilfe zahlt der Unfallversicherungsträger, der die danach berechnete Leistung erbracht hat, bei gleich hohen Jahresarbeitsverdiensten derjenige, der für den frühesten Versicherungsfall zuständig ist.

(3) Für Vollwaisen, die bei Tod der Versicherten infolge eines Versicherungsfalls Anspruch auf Waisenrente hätten, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend, wenn sie zur Zeit des Todes der Versicherten mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben und von ihnen überwiegend unterhalten worden sind. Sind mehrere Waisen vorhanden, wird die Waisenbeihilfe gleichmäßig verteilt.

(4) Haben Versicherte länger als zehn Jahre eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 80 vom Hundert oder mehr bezogen und sind sie nicht an den Folgen eines Versicherungsfalls gestorben, kann anstelle der Beihilfe nach Absatz 1 oder 3 den Berechtigten eine laufende Beihilfe bis zur Höhe einer Hinterbliebenenrente gezahlt werden, wenn die Versicherten infolge des Versicherungsfalls gehindert waren, eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben, und wenn dadurch die Versorgung der Hinterbliebenen um mindestens 10 vom Hundert gemindert ist. Auf die laufende Beihilfe finden im übrigen die Vorschriften für Hinterbliebenenrenten Anwendung.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.