Bundesfinanzhof Beschluss, 06. Mai 2011 - III B 130/10

bei uns veröffentlicht am06.05.2011

Gründe

1

Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

2

1. Die von dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aufgeworfene Frage, ob "die Versagung --hier sogar die Rückforderung-- von Kindergeld zu Lasten eines auf Dauer in Deutschland legal lebenden Ausländers, der künftige Einwohner Deutschlands betreut (hat) und erzieht (erzogen hat), verfassungswidrig" ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Diese setzt u.a. voraus, dass die Rechtsfrage klärungsbedürftig ist und in einem Revisionsverfahren auch geklärt werden kann. An der Klärungsfähigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung erforderlich machen (z.B. BFH-Beschluss vom 3. April 2008 I B 77/07, BFH/NV 2008, 1445). Danach kommt eine Zulassung hier nicht in Betracht.

3

Der Senat hat mit Urteilen vom 15. März 2007 III R 93/03 (BFHE 217, 443, BStBl II 2009, 905) sowie vom 22. November 2007 III R 54/02 (BFHE 220, 45, BStBl II 2009, 913) bereits entschieden, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung der Kindergeldberechtigung in § 62 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) n.F. im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums handelte, als er die Kindergeldberechtigung von Ausländern vom Besitz bestimmter Aufenthaltstitel nach dem Aufenthaltsgesetz abhängig machte und bei einzelnen Titeln, die einen schwächeren aufenthaltsrechtlichen Status vermitteln, darüber hinaus von einem mindestens dreijährigen rechtmäßigen, gestatteten oder geduldeten Aufenthalt im Bundesgebiet sowie von einer berechtigten Erwerbstätigkeit, vom Bezug laufender Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch oder von der Inanspruchnahme von Elternzeit (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c, Nr. 3 EStG n.F.). Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, dass geduldete Ausländer nicht kindergeldberechtigt sind (vgl. auch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 9. Dezember 2009  2 BvR 1957/08, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2010, 292). An dieser Rechtsansicht des Senats hat sich auch durch die Vorlagebeschlüsse des Bundessozialgerichts nach Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vom 3. Dezember 2009 B 10 EG 5/08 R, B 10 EG 6/08 R sowie B 10 EG 7/08 R (juris), die zur wortgleichen Regelung der Berechtigung von Ausländern zur Inanspruchnahme von Erziehungsgeld nach § 1 Abs. 6 des Gesetzes zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit ergangen sind, nichts geändert (s. Senatsurteil vom 28. April 2010 III R 1/08, BFHE 229, 262, BStBl II 2010, 980). Der Kläger hat nicht dargelegt, weshalb die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage trotz der bereits vorhandenen Rechtsprechung erneut klärungsbedürftig geworden sein sollte.

4

In der Rechtsprechung des BFH ist ferner geklärt, dass für die Kindergeldberechtigung der "Besitz" einer ausreichenden ausländerrechtlichen Aufenthaltsgenehmigung nach dem Ausländergesetz 1990 oder eines aufenthaltsrechtlichen Titels nach dem Aufenthaltsgesetz entscheidend ist und es nicht darauf ankommt, ob ein Anspruch auf eine entsprechende Genehmigung bzw. einen entsprechenden Titel besteht (z.B. Senatsbeschluss vom 31. Juli 2009 III B 152/08, BFH/NV 2009, 1811). Daher ist es für die Frage der Kindergeldberechtigung des Klägers im Streitzeitraum unerheblich, ob der Kläger gegenwärtig im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) verfügte er jedenfalls in dem insoweit maßgeblichen Streitzeitraum nicht über einen der erforderlichen Aufenthaltstitel i.S. des § 62 Abs. 2 EStG.

5

2. Die Revision ist auch nicht zur Klärung der Frage zuzulassen, ob "die Ungleichbehandlung von Empfängern sozialrechtlichen Kindergeldes, denen Vertrauensschutz über die §§ 45, 48 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) zugebilligt wird, gegenüber den Empfängern von steuerrechtlichem Kindergeld, die keinen Vertrauensschutz reklamieren können, mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar" ist. Denn auch diese Rechtsfrage ist bereits geklärt. So geht der BFH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass auf das nach dem Einkommensteuergesetz zu gewährende Kindergeld die Vorschriften der Abgabenordnung (AO) anzuwenden sind und die diesen gegenüber günstigeren Bestimmungen der §§ 44 ff. SGB X auch nicht analog herangezogen werden können (z.B. Senatsurteil vom 19. November 2008 III R 108/06, BFH/NV 2009, 357, m.w.N.). Auch nach Ansicht des BVerfG (Beschluss vom 6. April 2011  1 BvR 1765/09, zu § 44 SGB X, juris) verstößt die verfahrensrechtliche Schlechterstellung bei der Gewährung von Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz gegenüber einer Kindergeldleistung nach dem Bundeskindergeldgesetz nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da sie durch Praktikabilitätserwägungen sachlich gerechtfertigt ist. Diese sprechen dafür, für das nach dem Einkommensteuergesetz festzusetzende Kindergeld die Anwendung des steuerlichen Verfahrensrechts der Abgabenordnung vorzuschreiben, denn die für die Streitigkeiten aus dem Einkommensteuergesetz zuständigen FG sind mit der Anwendung dieses Verfahrensrechts besonders vertraut.

6

Darüber hinaus hat der BFH bereits entschieden, dass ein Billigkeitserlass nach § 227 AO gerechtfertigt sein kann, wenn im Hinblick auf die Gewährung von Kindergeld Sozialleistungen des Empfängers gekürzt wurden, die bei einer später erfolgenden Rückforderung des Kindergeldes nicht mehr nachgezahlt werden können (vgl. Senatsurteile vom 15. März 2007 III R 54/05, BFH/NV 2007, 1298; in BFH/NV 2009, 357; vom 18. Dezember 2008 III R 93/06, BFH/NV 2009, 749, und vom 30. Juli 2009 III R 22/07, BFH/NV 2009, 1983). Ob hinsichtlich der Rückforderung des Kindergeldes ein Antrag auf Billigkeitserlass darauf gestützt werden kann, dass dieses bei der Ermittlung der entsprechenden Sozialleistung als Einkommen des Betroffenen berücksichtigt wurde, kann allerdings in einem die Rechtmäßigkeit der Rückforderung betreffenden Revisionsverfahren nicht geklärt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Juli 2008 III S 17/08 (PKH), juris).

Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Beschluss, 06. Mai 2011 - III B 130/10

Urteilsbesprechungen zu Bundesfinanzhof Beschluss, 06. Mai 2011 - III B 130/10

Referenzen - Gesetze

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni
Bundesfinanzhof Beschluss, 06. Mai 2011 - III B 130/10 zitiert 14 §§.

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 48 Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse


(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltun

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 45 Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen de

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

Abgabenordnung - AO 1977 | § 227 Erlass


Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder an

Einkommensteuergesetz - EStG | § 62 Anspruchsberechtigte


(1) 1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer 1. im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder2. ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland a) nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt ei

Referenzen - Urteile

Bundesfinanzhof Beschluss, 06. Mai 2011 - III B 130/10 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesfinanzhof Beschluss, 06. Mai 2011 - III B 130/10 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesfinanzhof Urteil, 28. Apr. 2010 - III R 1/08

bei uns veröffentlicht am 28.04.2010

Tatbestand 1 I. Die aus dem ehemaligen Jugoslawien stammende Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) reiste im November 2000 im Alter von 18 Jahren in die Bundesrepubl
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesfinanzhof Beschluss, 06. Mai 2011 - III B 130/10.

Finanzgericht Köln Urteil, 07. Mai 2014 - 14 K 2405/13

bei uns veröffentlicht am 07.05.2014

Tenor Unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Oktober 2012 und der Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 2013 wird die Beklagte verpflichtet, der Klägerin Kindergeld in gesetzlicher Höhe für ihre am .... August 2012 geborene Tochter für die Monate Augus

Bundesfinanzhof Beschluss, 27. Dez. 2011 - III B 35/11

bei uns veröffentlicht am 27.12.2011

Gründe 1 Die Beschwerde ist unzulässig und wird durch Beschluss verworfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Klägerin und Beschwerdeführerin (K

Bundesfinanzhof Beschluss, 02. Sept. 2011 - III B 163/10

bei uns veröffentlicht am 02.09.2011

Gründe 1 Die Beschwerde ist unzulässig und wird durch Beschluss verworfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Klägerin und Beschwerdeführerin (K

Referenzen

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1)1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer

1.
im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
2.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
a)
nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
b)
nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
2Voraussetzung für den Anspruch nach Satz 1 ist, dass der Berechtigte durch die an ihn vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) identifiziert wird.3Die nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen.

(1a)1Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld.2Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inländische Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von Einkünften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt.3Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU erfüllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfüllt war.4Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld gemäß Satz 2 vorliegen oder gemäß Satz 3 nicht gegeben sind, führt die Familienkasse in eigener Zuständigkeit durch.5Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen.6Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht, hat die Familienkasse die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten.

(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.

Tatbestand

1

I. Die aus dem ehemaligen Jugoslawien stammende Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) reiste im November 2000 im Alter von 18 Jahren in die Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) ein, um zu ihrem 16 Jahre alten Verlobten A zu ziehen. Zunächst war sie ausländerrechtlich geduldet. In der Folgezeit brachte sie zwei Kinder zur Welt. Nachdem der mazedonische Einwanderer E, der im Besitz einer Niederlassungserlaubnis war, die Vaterschaft für ein drittes, im Juni 2005 geborenes Kind anerkannt hatte, erhielt dieses die deutsche Staatsbürgerschaft. Der Unterhalt der Klägerin und ihrer Kinder war durch Sozialleistungen der Stadt D sichergestellt. Die Ausländerbehörde erteilte der Klägerin im Dezember 2005 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Die Klägerin beantragte noch im gleichen Monat Kindergeld für ihre drei Kinder. Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) lehnte den Antrag ab. Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg.

2

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage durch Urteil vom 9. November 2007  18 K 1580/06 Kg (Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 388) ab. Es führte im Wesentlichen aus, die Beschränkung der Kindergeldberechtigung von Ausländern nach § 62 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Art. 2 des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss --AuslAnsprG-- vom 13. Dezember 2006 (BGBl I 2006, 2915, BStBl I 2007, 62) führe im Streitfall nicht zu einem verfassungswidrigen Ergebnis, da der Lebensunterhalt der Klägerin und ihrer Kinder durch Sozialleistungen gesichert gewesen sei.

3

Zur Begründung der Revision trägt die Klägerin vor, es verstoße gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), wenn Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG keinen Anspruch auf Kindergeld hätten, wohl aber solche mit einer Erlaubnis nach § 28 Abs. 1 AufenthG. Gleichheitswidrig sei auch, dass das Kindergeld für Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit vom Aufenthaltstitel der Mutter abhänge. Als Mutter eines deutschen Kindes habe sie, die Klägerin, Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG gehabt. Sie sei als Angehörige des Volkes der Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien geflohen, weil sie dort diskriminiert worden sei. Nur wegen einer Ausweisungsverfügung habe sie lediglich eine Erlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erhalten. Dies sei auf die fehlerhafte Beratung durch die Ausländerbehörde zurückzuführen, die ihr Begehren nicht als Asylantrag aufgefasst und deshalb eine Duldung ausgesprochen habe. Die Art der Aufenthaltserlaubnis sei kein geeignetes Kriterium für die Kindergeldberechtigung.

4

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil, den Ablehnungsbescheid vom 28. Dezember 2005 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 13. März 2006 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für drei Kinder ab Dezember 2005 zu gewähren.

5

Die Familienkasse beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision ist unbegründet und wird zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Kindergeld.

7

1. Die Neuregelung der Kindergeldberechtigung nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer in § 62 Abs. 2 EStG n.F. ist mit Wirkung vom 1. Januar 2006 in Kraft getreten und erfasst gemäß § 52 Abs. 61a Satz 2 EStG alle Sachverhalte, bei denen das Kindergeld noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist. Die Gesetzesänderung war eine Reaktion auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Juli 2004  1 BvL 4/97 (BVerfGE 111, 160, BFH/NV 2005, Beilage 2, 114), in dem dieses § 1 Abs. 3 des Bundeskindergeldgesetzes i.d.F. des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2353) als insoweit unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG ansah, als die Gewährung von Kindergeld allein von der Art der ausländerrechtlichen Aufenthaltsgenehmigung nach dem Ausländergesetz 1990 abhing. Das Gesetz stellt in § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG n.F. nunmehr auf die Integration nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer in den deutschen Arbeitsmarkt ab. Damit ist der Gesetzgeber den Vorgaben des BVerfG nachgekommen, das beanstandet hatte, dass die frühere Regelung nur ausländische Eltern benachteiligte, die legal in der Bundesrepublik lebten und bereits in den Arbeitsmarkt integriert waren (s. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 111, 160, BFH/NV 2005, Beilage 2, 114, unter B.III.4.).

8

2. Der Senat hat mit Urteilen vom 15. März 2007 III R 93/03 (BFHE 217, 443, BStBl II 2009, 905) sowie vom 22. November 2007 III R 54/02 (BFHE 220, 45, BStBl II 2009, 913) entschieden, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung der Kindergeldberechtigung in § 62 Abs. 2 EStG n.F. im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums handelte, als er die Kindergeldberechtigung von Ausländern vom Besitz bestimmter Aufenthaltstitel nach dem AufenthG abhängig machte und bei einzelnen Titeln, die einen schwächeren aufenthaltsrechtlichen Status vermitteln, darüber hinaus von einem mindestens dreijährigen rechtmäßigen, gestatteten oder geduldeten Aufenthalt im Bundesgebiet sowie von einer berechtigten Erwerbstätigkeit, vom Bezug laufender Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) oder von der Inanspruchnahme von Elternzeit (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c, Nr. 3 EStG n.F.). An den Grundsätzen dieser Urteile hält der Senat fest.

9

3. Die Vorlagebeschlüsse des Bundessozialgerichts (BSG) nach Art. 100 Abs. 1 GG vom 3. Dezember 2009  B 10 EG 5/08 R, B 10 EG 6/08 R sowie B 10 EG 7/08 R (juris), die zur wortgleichen Regelung der Berechtigung von Ausländern zur Inanspruchnahme von Erziehungsgeld nach § 1 Abs. 6 des Gesetzes zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit (BErzGG) i.d.F. des AuslAnsprG ergangen sind, begründen keine Zweifel an der Verfassungskonformität des § 62 Abs. 2 EStG n.F.

10

a) Das BSG hat verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich des Ausschlusses der Anspruchsberechtigung von Ausländern sowohl in Fällen, in denen die aktuelle Einbindung in den Arbeitsmarkt während der für das Erziehungsgeld in Betracht kommenden Bezugszeit wegfällt oder schon vorher weggefallen ist, als auch dann, wenn nur der Ehepartner des Ausländers nach Maßgabe der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen aktuell in den Arbeitsmarkt integriert ist. Darüber hinaus ist nach Meinung des BSG die "Voraussetzung des aktuellen Bezugs des Ausländers zum Arbeitsmarkt auch nicht als verfassungsrechtlich zulässige Typisierung gerechtfertigt". Der Gesetzgeber habe nicht typischerweise all jene Ausländer erfasst, denen trotz eines ursprünglich nur als vorübergehend vorgesehenen Aufenthalts eine "günstige" Daueraufenthaltsprognose gestellt werden könne. Der "aktuelle Bezug zum Arbeitsmarkt" sei zwar ein möglicher, jedoch "ein zu eng begrenzter Faktor".

11

b) Die vom BSG vorgebrachten Bedenken gegen § 1 Abs. 6 BErzGG kommen im steuerrechtlichen Kindergeld nicht zum Tragen, da das Kindergeld, anders als das Erziehungsgeld (s. § 8 Abs. 1 Satz 1 BErzGG), als Einkommen auf Sozialleistungen angerechnet wird. Die Anrechnung des Kindergeldes ist verfassungsgemäß (vgl. BVerfG-Beschluss vom 11. März 2010  1 BvR 3163/09, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2010, 800, zu Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch --SGB II--). Nicht in den Arbeitsmarkt integrierte Ausländer, die nach § 62 Abs. 2 EStG n.F. keinen Anspruch auf Kindergeld haben, erhalten typischerweise Sozialleistungen, deren Höhe sich u.a. nach der Anzahl der im gemeinsamen Haushalt lebenden Kinder richtet. Solchen Ausländern entsteht durch die Beschränkung der Kindergeldberechtigung in § 62 Abs. 2 EStG n.F. typischerweise kein finanzieller Nachteil, der zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG führen könnte. Ausländern, die Anspruch auf Kindergeld haben und die darüber hinaus Sozialleistungen beziehen, wird das Kindergeld entweder als Einkommen des anspruchsberechtigten Elternteils oder als Einkommen des minderjährigen Kindes (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II, § 82 Abs. 1 Satz 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch) auf die Sozialleistungen angerechnet oder auf Antrag nach § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch an den Sozialleistungsträger erstattet oder nach § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG an ihn abgezweigt. Eine Ausweitung der Kindergeldberechtigung nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer, die ihren Unterhalt mit Sozialleistungen bestreiten, brächte für diese somit in der Regel keine finanziellen Vorteile. Selbst wenn das BVerfG auf die Vorlagebeschlüsse des BSG hin § 1 Abs. 6 BErzGG als verfassungswidrig ansehen und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung für die Vergangenheit gezwungen sein sollte, hätte dieser keinen Anlass, die Voraussetzungen für die Kindergeldberechtigung nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer nach § 62 Abs. 2 EStG zu ändern. Es besteht somit auch kein Grund, das vorliegende Verfahren entsprechend § 74 FGO auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG über die Vorlagebeschlüsse des BSG abzuwarten.

12

4. Auch der vom BVerfG im Beschluss in BVerfGE 111, 160, BFH/NV 2005, Beilage 2, 114 angeführte Gesichtspunkt, dass der Wegfall von Kindergeld und die Inanspruchnahme (ergänzender) Sozialhilfe die Chancen von Ausländern verringern könnte, ihren Aufenthaltsstatus zu verbessern, begründet keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 62 Abs. 2 EStG n.F. Nach dem ab 2005 geltenden Aufenthaltsrecht setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG). Dabei ist auch zu prüfen, ob ein Ausländer nach Erteilung eines bestimmten Titels Kindergeld erhält (s. § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Der bisherige Bezug von Sozialhilfe ist somit kein Grund, die Erteilung eines Aufenthaltstitels abzulehnen, wenn ein Ausländer mit Hilfe des Kindergeldes sowie seines Erwerbseinkommens den Unterhalt für seine Familie bestreiten kann. Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) entspricht diese Vorgehensweise bei der Prüfung der Erteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG der Praxis der Ausländerbehörden.

13

5. Die Klägerin hatte im streitigen Zeitraum lediglich eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Dieser Aufenthaltstitel berechtigt nach § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c i.V.m. Nr. 3 Buchst. a und b EStG n.F. nur dann zum Bezug von Kindergeld, wenn sich der Ausländer seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und darüber hinaus im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem SGB III bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt. Diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin nicht. Der Umstand, dass sie nach ihrem Vortrag Kindergeld hätte beanspruchen können, wenn die Ausländerbehörde sie anders beraten hätte, muss hierbei außer Betracht bleiben, da es für den Bezug von Kindergeld allein auf den tatsächlichen "Besitz" aufenthaltsrechtlicher Titel ankommt und nicht darauf, ob ein Ausländer einen Anspruch auf einen Titel hat, der zum Bezug von Kindergeld berechtigt (s. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 18. Dezember 1998 VI B 221/98, BFHE 187, 562, BStBl II 1999, 140, und vom 18. Februar 2009 III B 132/08, BFH/NV 2009, 922).

14

6. Schließlich kann die Klägerin auch aus dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12. Oktober 1968 (BGBl II 1969, 1438) i.d.F. des Änderungsabkommens vom 30. September 1974 (BGBl II 1975, 390) keinen Anspruch auf Kindergeld herleiten. Nach Art. 28 Abs. 1 dieses Abkommens können Personen Kindergeld beanspruchen, die in der Bundesrepublik beschäftigt sind und den in der Bundesrepublik geltenden Rechtsvorschriften unterliegen oder nach Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses Geldleistungen aus der Krankenversicherung wegen vorübergehender Arbeitsunfähigkeit oder Leistungen der Arbeitslosenversicherung beziehen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Beschäftigte Personen im Sinne dieses Abkommens sind nur Arbeitnehmer (Senatsurteil in BFHE 217, 443, BStBl II 2009, 905), nicht aber Personen, die --wie die Klägerin-- ihren Unterhalt mit Sozialleistungen bestreiten.

(1)1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer

1.
im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
2.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
a)
nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
b)
nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
2Voraussetzung für den Anspruch nach Satz 1 ist, dass der Berechtigte durch die an ihn vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) identifiziert wird.3Die nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen.

(1a)1Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld.2Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inländische Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von Einkünften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt.3Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU erfüllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfüllt war.4Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld gemäß Satz 2 vorliegen oder gemäß Satz 3 nicht gegeben sind, führt die Familienkasse in eigener Zuständigkeit durch.5Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen.6Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht, hat die Familienkasse die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten.

(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.