Bundesfinanzhof Beschluss, 22. Apr. 2015 - IV B 76/14

bei uns veröffentlicht am22.04.2015

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 11. Juli 2014  8 K 586/12 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

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1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zuzulassen. Dieser Zulassungsgrund ist nur gegeben, wenn die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Daran fehlt es.

3

Die vom Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt --FA--) für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage, "ob ... aus der steuerlichen Nichtanerkennung des Darlehensvertrages die Nichtbilanzierung des Darlehens" folgt bzw. "ob die steuerliche Nichtanerkennung einer Darlehensvereinbarung zwischen Angehörigen stets dazu führt, dass das vom Darlehensnehmer unstreitig zu betrieblichen Zwecken verwendete Darlehen bei ihm im Falle der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nicht zu bilanzieren ist", ist in einem etwaigen Revisionsverfahren schon nicht klärungsfähig. Denn die Frage, ob und ggf. wie ein steuerlich nicht anzuerkennendes Darlehen zu bilanzieren ist, wenn die Darlehensvaluta für betriebliche Zwecke verwendet wurde, stellt sich im Streitfall nicht, da nicht ersichtlich ist, dass die Beantwortung der Frage im Streitjahr zu Gewinnauswirkungen führen könnte.

4

Abgesehen davon ist die Frage auch nicht klärungsbedürftig. Das einem Betriebsinhaber von einem Angehörigen gewährte Darlehen, das zwar zivilrechtlich, aber unter Heranziehung des Fremdvergleichs steuerrechtlich nicht anzuerkennen ist, ist nicht dem Betriebsvermögen, sondern dem Privatvermögen des Betriebsinhabers zuzuordnen. Daraus folgt nicht nur, dass die Zinsen nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, sondern auch, dass die Darlehensvaluta selbst dem Privatvermögen des Betriebsinhabers zuzuordnen ist. Wenn und soweit die Darlehensvaluta, wie im Streitfall, dem betrieblichen Konto gutgeschrieben wird, ist diese in der Bilanz daher zwingend als Einlage zu erfassen. Der bilanzielle Ausweis eines zivilrechtlich wirksam vereinbarten, aber dem Privatvermögen des Betriebsinhabers zuzuordnenden Darlehens als (Fremd-)Verbindlichkeit ist demgegenüber ausgeschlossen.

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2. Die Revision ist auch nicht zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen.

6

a) Insoweit trägt das FA vor, in dem Beschluss vom 6. Oktober 2009 I R 4/08 (BFHE 226, 347, BStBl II 2010, 177) habe der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass eine Gleichstellung der Darlehensgewährung eines Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft mit der Zuführung von Eigenkapital nur in Betracht komme, wenn die Darlehensgewährung so ausgestaltet sei, dass sie sich nach den Grundsätzen des Zivilrechts als Zuführung von Eigenkapital darstelle. Wenn jedoch bei einer Kapitalgesellschaft eine unverzinsliche und deshalb als nicht fremdüblich anzusehende Darlehensgewährung der Gesellschafter dem Ausweis einer entsprechenden Verbindlichkeit in der Bilanz der Kapitalgesellschaft nicht entgegen stehe, stelle sich die Frage, ob nicht auch in Fällen der unverzinslichen Darlehensgewährung zwischen nahen Angehörigen korrespondierend dazu eine Bilanzierung des Darlehens beim Darlehensnehmer vorzunehmen sei.

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b) Dieser Vortrag genügt nicht den Darlegungsanforderungen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Denn die nach Ansicht des FA gegebene Vergleichbarkeit der beiden Sachverhalte ist nicht ausreichend dargelegt. Im Fall der Kapitalüberlassung eines Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft geht es um die Frage, ob der Gesellschafter der Gesellschaft ein Darlehen gewährt oder eine Einlage leistet. Demgegenüber gewährt der Darlehen gebende Angehörige in jedem Fall ein Darlehen. Es stellt sich lediglich die Frage, ob es sich um ein betrieblich veranlasstes Darlehen handelt mit der Folge, dass die Verbindlichkeit zum Betriebsvermögen des Darlehensnehmers gehört, oder ob es sich um ein privat veranlasstes Darlehen handelt mit der Folge, dass die Verbindlichkeit zum Privatvermögen des Darlehensnehmers gehört, er das überlassene Kapital aber in sein Betriebsvermögen einlegt. Anders als der Gesellschafter kann der Darlehen gebende Angehörige das zur Verfügung gestellte Kapital nicht in das Gesellschaftsvermögen einlegen. Das FA hat sich in seiner Beschwerdebegründung mit diesem entscheidenden Unterschied der beiden Sachverhalte nicht auseinandergesetzt.

8

3. Die Revision ist schließlich auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen (zu den Voraussetzungen dieses Zulassungsgrundes und ihrer Darlegung z.B. BFH-Beschluss vom 11. Januar 2012 IV B 142/10, BFH/NV 2012, 784). Anders als das FA meint, hat das Finanzgericht (FG) seinem Urteil schon nicht den Rechtssatz zugrunde gelegt, dass sich die betriebliche Veranlassung eines Darlehens nicht nach der Ursache und dem Anlass der Darlehensaufnahme beim Darlehensnehmer beurteile, sondern auf die Person des Darlehensgebers und dessen Motivation für die Darlehenshingabe abzustellen sei. Vielmehr hat das FG --insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH (z.B. Urteil vom 22. Oktober 2013 X R 26/11, BFHE 242, 516, BStBl II 2014, 374, Rz 34 f.)-- auf den Anlass als solchen abgestellt und ist danach zu der Überzeugung gelangt, dass die Darlehensvereinbarung einem Fremdvergleich nicht standhalte und daher privat und nicht betrieblich veranlasst sei.

9

Ohne Erfolg beruft sich das FA in diesem Zusammenhang auf das BFH-Urteil vom 11. Februar 1955 III 8/55 U (BFHE 60, 311, BStBl III 1955, 119), denn die darin vertretene Rechtsauffassung ist durch die nachfolgende Rechtsprechung (z.B. BFH-Urteile vom 7. Mai 1987 IV R 73/85, BFH/NV 1987, 765, und in BFHE 242, 516, BStBl II 2014, 374) ersichtlich überholt. Soweit sich das FA auf den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88 (BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817) und auf das BFH-Urteil vom 17. April 1985 I R 101/81 (BFHE 143, 563, BStBl II 1985, 510) beruft, liegt schon kein dem Streitfall vergleichbarer Sachverhalt vor. Denn jene Entscheidungen betrafen nicht die Frage, ob ein von einem Angehörigen gewährtes Darlehen schon deshalb nicht betrieblich veranlasst ist, weil es nicht den Grundsätzen des Fremdvergleichs entspricht, sondern die (insoweit nachgelagerte) Frage, ob es deshalb nicht betrieblich veranlasst ist, weil die Darlehensvaluta nicht zu betrieblichen Zwecken verwendet wurde.

10

4. Von einer weiteren Begründung und von der Darstellung des Sachverhalts sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

11

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

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Referenzen - Gesetze

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.