Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Jan. 2015 - 1 StR 359/13

bei uns veröffentlicht am29.01.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 3 5 9 / 1 3
vom
29. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges
hier: Anhörungsrüge des Verurteilten M. S.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Januar 2015 gemäß
§ 356a StPO beschlossen:
Die Anhörungsrüge des Verurteilten M. S. vom 13. November 2014 gegen das Urteil des Senats vom 8. Oktober 2014 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

1
Der Senat hat die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Passau vom 13. Dezember 2012 mit Urteil vom 8. Oktober 2014 verworfen. Die Revisionsentscheidung des Senats ist seinem Verteidiger am 7. November 2014 zugegangen. Mit dessen Schriftsatz vom 13. November 2014, der beim Senat am Folgetag eingegangen ist, hat der Verurteilte hiergegen die Anhörungsrüge erhoben. Er hat beantragt, das Urteil des Senats aufzuheben und das Verfahren in den Stand vor Erlass des Urteils zurückzuversetzen.
2
Der zulässige Rechtsbehelf ist unbegründet; es liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 356a StPO) vor.
3
1. Der Senat hat weder Verfahrensstoff noch Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Verurteilte zuvor nicht gehört worden wäre. Auch wurde zu berücksichtigendes Vorbringen nicht übergangen, noch in sonstiger Weise der Anspruch des Verurteilten auf rechtliches Gehör verletzt.
4
Der Umstand, dass der Senat die Rechtsansicht der Verteidigung des Verurteilten zwar zur Kenntnis genommen hat, ihr aber im Ergebnis nicht gefolgt ist, stellt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Es ist schon grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 30. Juni 2014 – 2 BvR 792/11 Rn. 16 mwN, wistra 2014, 434), zumal es nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht dazu verpflichtet ist, jedes Vorbringen eines Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2007 – 2 BvR 746/07; BGH, Senatsbeschluss vom 31. Juli 2006 – 1 StR 240/06 mwN). Jedenfalls wurden hier der gesamte schriftliche Vortrag des Verurteilten sowie die Ausführungen der Verteidigung in der Revisionshauptverhandlung bei der Entscheidungsfindung des Senats berücksichtigt.
5
2. Soweit der Verurteilte (wie schon sein Verteidiger in der Revisionshauptverhandlung ) geltend macht, er habe in seiner Revisionsbegründung ausführlich dargelegt, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts rechtsfehlerhaft sei, deckt er keinen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör auf.
6
Das Landgericht hat sich in dem angefochtenen Urteil im Rahmen der Beweiswürdigung ausführlich mit der Frage der Kenntnis des Angeklagten und der beiden Mitangeklagten von der Vorspiegelung falscher Tatsachen durch die Haupt- und Untervermittler auseinandergesetzt (LG-UA S. 64-71). Es hat sich dabei, gestützt auf Zeugenaussagen, u.a. davon überzeugt, dass allen Angeklagten aufgrund von Besprechungen bewusst war, dass gezielt nach Käufern gesucht wurde, die bereits Schulden hatten und nur über niedrige Einkommen verfügten (LG-UA S. 65), und dass dieser Käuferkreis mit falschen Versprechungen zum Kaufabschluss bewogen werden musste (LG-UA S. 66). Weiter- hin hat es in den Blick genommen, dass die „nicht zutreffenden Rechenbeispie- le“, die den Kunden vorgelegt wurden, (auch) im Büro der Angeklagten erstellt worden waren (LG-UA S. 68). Es hat sich, wiederum gestützt auf Zeugenaus- sagen, zudem davon überzeugt, dass die Angeklagten „ganz konkret“ mit Vor- würfen über nicht zutreffende Versprechungen der Haupt- und Untervermittler konfrontiert waren. Aufgrund einer Gesamtwürdigung einer Vielzahl von Indizien hat sich das Landgericht schließlich die Überzeugung gebildet, dass die Angeklagten spätestens Anfang 2007 wussten, dass die Vermittler die Käufer mit falschen Versprechungen zum Abschluss von Kaufverträgen bewegten und dass sich die Angeklagten diese falschen Versprechungen für ihre Verkaufsabschlüsse nutzbar machten (LG-UA S. 71). Im Rahmen seiner Ausführungen zur Beweiswürdigung hat das Landgericht zudem seine Überzeugung von der Mitwirkung des Angeklagten in jedem Einzelfall begründet; dabei hat es dargelegt, dass der Angeklagte in jedem Einzelfall wesentliche Entscheidungen traf, indem er u.a. die Objekte und die Kaufpreise festsetzte, entschied, ob ein Kunde „geeignet“ war, die Provisionen an die Vermittler freigab und teilweise auch Barbeträge persönlich an die Käufer auszahlte (UA S. 54, 56).
7
Seine Überzeugung vom Wissen der Angeklagten, dass diese die Verkäufe jeweils zu Preisen vorgenommen hatten, die nicht den Verkehrswerten entsprachen, hat das Landgericht auf LG-UA S. 72 ff., insbesondere UA S. 73, im Einzelnen begründet. Das Landgericht hat im Rahmen der Beweiswürdigung auch dargelegt, aus welchen Gründen es zu der Überzeugung gelangt ist, dass den Käufern über die Finanzierung des bevorstehenden Immobilienerwerbs unrichtige Tatsachenangaben gemacht wurden die nicht zutreffen konnten (LGUA S. 61 ff.).
8
Der Umstand, dass die Verteidigung die Beweise anders als das Landgericht würdigt, zeigt keine Verletzung des Anspruchs des Verurteilten auf rechtliches Gehör auf.
9
Dasselbe gilt für die Beanstandung, der Vorwurf mittäterschaftlichen und bandenmäßigen Handelns sei nicht belegt; die Beweiswürdigung des Landgerichts ist auch insoweit tragfähig (Senat UA S. 13, 21). Dass der Senat der Auffassung des Generalbundesanwalts nicht gefolgt ist, es liege ein uneigentliches Organisationsdelikt vor (Senat UA S. 21), offenbart keine Verletzung des Anspruchs des Verurteilten auf rechtliches Gehör.
10
3. Soweit der Verurteilte behauptet, zwischen der Täuschung der Käufer und dem angenommenen Vermögensschaden bestehe kein Ursachenzusammenhang , deckt er ebenfalls keinen Gehörsverstoß auf. Vielmehr besteht ein Ursachenzusammenhang, wie der Senat in den Urteilsgründen näher dargelegt hat. Soweit der Senat in diesem Zusammenhang ergänzend darauf hingewiesen hat, das Landgericht habe nicht festgestellt, die Käufer könnten bereit gewesen sein, Wohnungen zu einem über dem Verkehrswert liegenden Preis und somit überteuert zu erwerben und damit ihr Vermögen objektiv weiter zu vermindern bzw. ihre Überschuldung weiter zu erhöhen (UA S. 19 f.), trifft dies zu.
11
Die dem Urteil des 5. Strafsenats vom 20. März 2013 im Verfahren 5 StR 344/12 (BGHSt 58, 205) zugrunde liegende Rechtsauffassung zur Schadensfeststellung bei Betrug hat der Senat in den Blick genommen. Da der vorliegende Fall jedoch anders gelagert war als die dort zugrunde liegende Fallkonstellation , wie vom Senat dargelegt (UA S. 17), bedurfte es entgegen der Auffassung des Verurteilten keiner Anrufung des Großen Senats für Strafsachen gemäß § 132 Abs. 2 GVG.

12
Im Hinblick auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts zum nicht vorhandenen Erfordernis einer „Stoffgleichheit“ zwischen Täuschung und Schaden in seinem schriftlichen Antrag auf Verwerfung der Revision des Verurteilten (dort S. 7), bestand für die Verteidigung in der Revisionshauptverhandlung Gelegenheit zur Klarstellung. Jedenfalls rechtfertigen auch die rechtlich zutreffenden Ausführungen im Urteil des Senats zur Frage des Erfordernisses einer Stoffgleichheit zwischen dem Gegenstand der Täuschung und dem entstandenen Vermögensschaden (UA S. 18) nicht die Besorgnis des Verurteilten, der Senat könnte das Revisionsvorbringen nicht zur Kenntnis genommen haben.
13
4. Der Vortrag des Verurteilten zur Begründung seiner Anhörungsrügen erschöpft sich letztlich in einer Wiederholung und Vertiefung des Revisionsvorbringens. Die Anhörungsrüge dient jedoch – zumal wenn wie hier im Rahmen einer Revisionshauptverhandlung rechtliches Gehör gewährt worden ist – nicht dazu, das Revisionsgericht dazu zu veranlassen, das Revisionsvorbringen nochmals zu überprüfen.
14
Im Kern enthalten die (neuerlichen) Ausführungen des Verurteilten den Vorwurf, der Senat habe in der Sache fehlerhaft entschieden. Mit diesem Vorbringen kann er aber im Rahmen des § 356a StPO nicht gehört werden (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 9. November 2006 – 1 StR 360/06 mwN). Der Senat hat die Entscheidung ausführlich begründet und die entscheidungserheblichen Punkte angesprochen; einer weitergehenden Begründung des Urteils bedurfte es nicht. Entgegen der Auffassung des Verurteilten hat der Senat seine Entscheidung auch nicht auf Ausführungen gestützt, mit denen der Verurteilte nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte.
15
5. Soweit der Verurteilte nun erstmals eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung im Revisionsverfahren beanstandet, deckt er einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2, Art. 2 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG nicht auf.
16
Zwar weist er zutreffend darauf hin, dass der Antrag des Generalbundesanwalts auf Revisionsverwerfung bereits am 23. August 2013 gefertigt worden ist (Eingang beim Senat am 29. August 2013), das Urteil aber erst am 8. Oktober 2014 verkündet worden ist. Gleichwohl wurde das Revisionsverfahren vom Senat nicht verzögert, sondern stets gefördert.
17
Ob die Verfahrensdauer angemessen ist, muss nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. Wie auch in den Ausführungen der Verteidigung in der vorliegenden Anhörungsrüge deutlich wird, hatte das Verfahren eine umfangreiche Wirtschaftsstrafsache mit schwierigen und grundlegenden Fragen zur Dogmatik des Straftatbestands des Betruges beim Verkauf von Immobilien , insbesondere zur Bestimmung des Vermögensschadens, zum Gegenstand. Hinzu kamen, wie schon aus Art, Zahl und Umfang der mit den Revisionen erhobenen materiell- und verfahrensrechtlichen Beanstandungen erkennbar wird, eine Vielzahl von weiteren Rechts- und Verfahrensfragen. Der Sachverhalt war komplex und wies im Hinblick auf die Einschaltung von Vermittlern und Untervermittlern sowie die Verknüpfung von Erwerbs- mit Finanzierungsgeschäften tatsächliche und rechtliche Besonderheiten auf. Bereits die tatrichterliche Hauptverhandlung hatte sich deshalb über 13 Monate erstreckt, in der 37 Sitzungstage stattfanden (zur Terminierung in komplexen und schwierigen Wirtschaftsstrafsachen vgl. BGH, Beschluss vom 20. März 2008 – 1 StR 488/07, BGHR StPO § 213 Terminierung 1).
18
Dies machte es für den Senat erforderlich, nach gründlicher Vorbereitung der ersten Senatsberatung einschließlich der Aufarbeitung vorhandener Rechtsprechung zu den einzelnen Fragenkomplexen ergänzende umfangreiche Beratungen durchzuführen, bei denen weitere Rechtsfragen zu klären waren. Diese ergaben sich aus der Verschränkung der einzelnen materiellen Rechtsfragen untereinander sowie mit den aufgeworfenen verfahrensrechtlichen Fragen erst aus dem Zwischenergebnis der ersten Senatsberatung. Auch diese Beratungen mussten wieder gründlich vorbereitet werden.
19
Schließlich ergab sich die Notwendigkeit, über die Revision des Verurteilten auch noch eine Revisionshauptverhandlung durchzuführen. In dieser Verhandlung vom 16. September 2014 hatte die Verteidigung die Gelegenheit, ihre rechtlichen Bedenken gegen das Urteil des Landgerichts Passau noch einmal darzulegen und mit dem Senat und dem Vertreter des Generalbundesanwalts zu erörtern.
20
Erst nach weiteren ausführlichen Beratungen, in denen auch das neue Vorbringen der Verteidigung eingehend gewürdigt worden ist, konnte der Senat am 8. Oktober 2014 das Urteil in dieser Sache fällen und verkünden.
21
Die Gesamtdauer des Revisionsverfahrens ist somit im Hinblick auf dessen Umfang und Schwierigkeit angemessen.
22
6. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 1 StR 82/14).
Raum Rothfuß Jäger Cirener Fischer

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Jan. 2015 - 1 StR 359/13

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Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 240/06
vom
31. Juli 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Juli 2006 beschlossen:
Der Antrag des Verurteilten, das Verfahren wegen Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör in die Lage vor Erlass der Senatsentscheidung vom 12. Juli 2006 zurückzuversetzen, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht München I hat gegen den Verurteilten wegen Mordes und zugleich wegen Raubes eine lebenslange Freiheitsstrafe festgesetzt und die besondere Schuldschwere festgestellt. Mit Beschluss vom 12. Juli 2006 hat der Senat die hiergegen eingelegte Revision des Verurteilten nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Gegen diesen Beschluss hat der Verurteilte mit einem am 25. Juli 2005 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers eine Anhörungsrüge nach § 356a StPO gestellt. Er trägt vor, mit dem Beschluss des Senats vom 12. Juli 2006 sei sein rechtliches Gehör verletzt worden, weil die durch seinen Verteidiger mit Schriftsatz vom 10. Juli 2006 gemachten Ausführungen zu den nicht widerspruchsfreien Darlegungen des Generalbundesanwalts in seiner Zuschrift vom 13. Juni 2006 vom Senat nicht berücksichtigt worden seien. Es sei davon auszugehen, dass der Schriftsatz vom 10. Juli 2006, der erst an diesem Tag um 18.48 Uhr beim Bundesgerichtshof eingegangen sei, an den zuständigen Senat erstim Laufe des Nachmittags des 11. Juli 2006 gelangt sei. Zwar sei in dem Beschluss des Senats vom 12. Juli 2006 vermerkt worden, "Der Schriftsatz der Verteidigung vom 10. Juli 2006 lag vor". Nicht erwähnt worden sei jedoch, dass der Schriftsatz auch Gegenstand einer Senatsberatung gewesen sei, zumal diese aufgrund der geschilderten zeitlichen Abläufe und aufgrund der "Usancen im Rahmen der üblichen Senatsberatungen nicht vor Erlass des Beschlusses stattgefunden haben kann". Somit bleibe festzuhalten, dass der Senat zum Nachteil des Angeklagten bei der Entscheidung das Vorbringen der Revision im Schriftsatz vom 10. Juli 2006 nicht berücksichtigt hat und somit das rechtliche Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt wurde.
2
Die Rüge ist unbegründet. Im Ausgangspunkt zutreffend geht die Verteidigung von der sich aus Art. 103 Abs. 1 GG ergebenden Verpflichtung des Gerichts aus, die Ausführungen der Prozessparteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 42, 364 <367 f.>; 58, 353 <356>; 69, 141 <143>; st. Rspr.). Nach dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist aber auch grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, zumal es nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs kann nur dann festgestellt werden, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. BVerfGE 54, 86 <91 f.>).
3
Das Vorbringen der Verteidigung zum Eingang des Schriftsatzes beim 1. Strafsenat - das Faxgerät befindet sich auf der Geschäftsstelle in unmittelbarer Nähe des Zimmers des Vorsitzenden und des Berichterstatters -, zu den "Usancen" der üblichen Senatsberatungen und zur Vorlage des Schriftsatzes zur Senatsberatung ist nicht nur spekulativ, sondern schlicht unzutreffend. Deshalb sind auch die in dem Vorbringen enthaltenen Unterstellungen zur Bedeutung des Vermerks in dem Verwerfungsbeschluss vom 12. Juli 2006, der nicht nur beim Bundesgerichtshof, sondern auch beim Bundesverfassungsgericht üblich ist (vgl. Beschl. der Dritten Kammer des Zweiten Senats vom 6. Juni 2006 - 2 BvR 1349/05 - Umdruck S. 9), abwegig.
4
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO (vgl. BGH, Beschl. vom 8. März 2006 - 2 StR 387/91; OLG Köln NStZ 2006, 181). Nack Wahl Boetticher Hebenstreit Elf
Nachschlagewerk:
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Täuscht der Empfänger einer Sachleistung bei einem Eingehungsbetrug
über seine Zahlungsbereitschaft, bedarf es für die
Bemessung des Schadens regelmäßig keiner von dem ohne
Wissens- und Willensmängel vereinbarten Preis abweichenden
Bestimmung des Werts der Gegenleistung.
BGH, Urteil vom 20. März 2013 – 5 StR 344/12
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 20. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
20. März 2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Prof. Dr. Sander,
Richter Dölp,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt S. ,
Rechtsanwalt F. ,
Rechtsanwalt Sc.
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. April 2011 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt, wobei es angeordnet hat, dass zwei Monate der verhängten Freiheitsstrafe wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat im Strafausspruch Erfolg. Im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet.

I.


2
Das Landgericht hat in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht folgendes ausgeführt:
3
1. Nach den Feststellungen war der Angeklagte, ein vermögender Immobilienkaufmann, Geschäftsführer der B. GmbH (zukünftig: B. ). Die B. stand vor der bilanziellen Überschuldung. Dem Angeklagten war über den Zeugen W. zur Kenntnis gelangt, dass die L. GmbH (zukünftig: L. ) das ehemalige Rundfunkgelände der DDR verkaufen wollte. Dieses am Spreeufer in Berlin-Oberschöneweide gelegene Areal steht unter Denkmalschutz, Teile des Rundfunkgeländes sind mit Bodenkontaminationen belastet. Nach dem Einigungsvertrag – so die Urteilsgründe des Landgerichts – fiel das Eigentum an dem Rundfunkgelände den fünf neuen Bundesländern und dem Land Berlin zu, die eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit unterschiedlichen Anteilen bildeten.
4
Das Grundstück, das nach den Vorstellungen des Landes Berlin weiterhin als Medienstandort genutzt werden sollte, war teilvermietet. Es verur- sachte aber erhebliche monatliche Lasten, die sich auf zwischen 100.000 € und 150.000 € monatlich beliefen. Die von der L. vertreteneEigentü- mergemeinschaft drängte deshalb auf einen raschen Verkauf des Rundfunkgeländes.
5
Der Zeuge W. wusste um die Verkaufsbemühungen. Da er aber nicht über die erforderlichen Mittel verfügte, stellte ihm der Angeklagte die von der L. geforderten 350.000 € zur Verfügung, die W. nach einem privatschriftlichen Optionsvertrag hätte aufbringen müssen. Der Angeklagte erreichte, dass er an dessen Stelle für die B. das Rundfunkgelände erwerben konnte. Um den von der L. geforderten Bonitätsnachweis zu erbringen , überwies der Angeklagte kurzfristig auf die Konten der B. einen Be- trag von ca. 1 Mio. €, ließ sich über das Guthaben Bankbescheinigungen ausstellen und zog die Beträge sogleich wieder ab.
6
Im November 2005 kam es dann zum Abschluss des notariellen Kaufvertrages zwischen der B. und der Ländergemeinschaft. In dem Vertrag wurde neben dem bereits vorab gezahlten Kaufpreis von 350.000 €, der dann verrechnet wurde, als Gegenleistung vereinbart, dass der Erwerber schon ab dem 1. Dezember 2005 alle anfallenden Bewirtschaftungskosten und Lasten des Grundstücks tragen musste, auch wenn der Übergang von Nutzen und Lasten erst später erfolgen sollte. Die B. war bis zu diesem Zeitpunkt verpflichtet, die Ländergemeinschaft gegebenenfalls im Innenverhältnis freizustellen. Dieser Verpflichtung ist die B. – wie der Angeklagte von vornherein vorhatte – nie nachgekommen. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist der Ländergemeinschaft ein Schaden aus den nicht erstatteten Betriebskosten und Lasten in Höhe von mindestens 290.000 € entstanden. Die Ländergemeinschaft erwirkte zwar gegen die B. im zivilgerichtlichen Verfahren einen Titel, konnte diesen aber nicht vollstrecken, weil die B. zwischenzeitlich vermögenslos geworden war. Bereits vier Wochen nach dem Abschluss des Kaufvertrages wurden die Grundstücke an dieN. GmbH i. G. (kaufpreisfrei) übertragen. Etwa acht Monate später wurde ein Teil der Grundstücke für knapp 3,5 Mio. € veräußert.
7
2. Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten als Betrug gewertet. Der Angeklagte habe nie vorgehabt, dass die Betriebskosten und Lasten durch die B. getragen würden. Ihm sei bewusst gewesen, dass dies für die Ländergemeinschaft ein ganz wesentlicher Punkt in den Verhandlungen gewesen sei. Der Angeklagte habe deshalb bewusst den Ankauf über die vermögenslose B. gewählt, die auch die Grundstücke kurz danach weitergegeben habe, um spätere Vollstreckungen ins Leere laufen zu lassen. Die gegenüber der Ländergemeinschaft nicht ausgeglichenen Betriebskosten und Lasten, die in einer sehr restriktiven Berechnung ermittelt worden seien, bildeten den Schaden. Auf den objektiven Wert der Grundstücke könne es nicht ankommen. Das Rundfunkgelände stelle ein reines Spekulationsobjekt dar und entzöge sich einer Wertbestimmung im Sinne des § 194 BauGB. Wenn ein Marktpreis fehle, sei der Wert aus der Vereinbarung der Parteien zu entnehmen. Dass dieser Preis nicht zu hoch gegriffen sei, zeige im Übrigen die nachfolgende Entwicklung.

II.


8
Die Revision des Angeklagten ist hinsichtlich des Schuldspruchs unbegründet , hinsichtlich des Strafausspruchs führt sie zum Erfolg.
9
1. Das Landgericht hat das Vorliegen eines Betrugs rechtsfehlerfrei bejaht.
10
a) Entgegen der Auffassung der Revision ist es für die strafrechtliche Würdigung unerheblich, ob das Rundfunkgelände im Gesamthands- oder im Bruchteilseigentum stand. Jedenfalls konnte an der Vollmacht der ungeachtet ihrer gesellschaftsrechtlichen Struktur für die Ländergemeinschaft Handelnden kein Zweifel bestehen. Anhaltspunkte, die hier den Tatrichter zu einer vertieften Auseinandersetzung mit der Vollmacht hätten veranlassen können, sind nicht ersichtlich. Zudem ist – und nur hierauf kommt es bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung an (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 263 Rn. 89 f.) – das Geschäft abgewickelt und vollzogen worden.
11
b) Ohne Rechtsverstoß ist das Landgericht von einem Vermögensschaden ausgegangen. Einer besonderen Verkehrswertermittlung (§ 194 BauGB), die unter sachverständiger Hilfe hätte erfolgen müssen, bedurfte es nicht.
12
aa) Das Landgericht nimmt hier zutreffend einen Betrug in Form eines Eingehungsbetruges an. In seiner rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung kommt es zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte, indem er den Kauf über eine vermögenslose GmbH abwickelte, die er zum Schein kurzfristig mit erheblichen Finanzmitteln ausstattete, von Anfang an vorhatte, die zweite Komponente des Kaufpreises, nämlich die Zahlung der erheblichen Betriebskosten und Lasten schon vor Gefahrübergang, nicht erbringen zu wollen. Um die B. wieder vermögenslos zu stellen, hat er das Rundfunkgelände kurze Zeit später weiterübertragen.
13
bb) Liegt ein Eingehungsbetrug vor, gilt für die Schadensbestimmung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass eine Gesamtsaldierung vorzunehmen ist. Dabei sind der Geldwert des gegen den Täuschenden erworbenen Anspruchs und der Geldwert der eingegangenen Verpflichtung miteinander zu vergleichen. Der Getäuschte ist geschädigt, wenn sich ein Negativsaldo zu seinem Nachteil ergibt (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 4 StR 55/12 Rn. 35, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen; BGH, Beschluss vom 14. April 2011 – 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639).
14
cc) Ein solcher Vergleich ergibt hier, dass der täuschungsbedingte Nachteil der Verkäuferseite darin besteht, dass sie die zweite Kaufpreiskomponente nicht erhalten hat. Da es für die Ermittlung des Schadens beim Eingehungsbetrug auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommt, stellt letztlich der Betrag den Schaden dar, der an Betriebskosten und Lasten bei gewöhnlichem Verlauf bis zum Zeitpunkt des Übergangs von Nutzungen und Lasten angefallen wäre. Diese Summe stellt das täuschungsbedingte Minus im Vermögen der Verkäufer dar. Dieser sicher zu erwartende Fehlbetrag war im Vertrag mit dem insoweit nicht erfüllungswilligen Angeklagten angelegt; Umstände, die diesen Verlust auf der Verkäuferseite hätten ausgleichen können, sind nicht ersichtlich.
15
Entgegen der Auffassung der Verteidigung und des Generalbundesanwalts , die dieser seinem umfassenden Aufhebungsantrag gemäß § 349 Abs. 4 StPO zugrunde gelegt hat, kommt es nicht auf eine Bestimmung des objektiven Werts des Grundstücks an. Dieser ist in einem Fall der hier vorliegenden Art bei der erforderlichen Gesamtsaldierung der Vermögenslage keine anzusetzende Position. Das Landgericht hat deshalb im Ergebnis zu Recht keine Feststellungen zum objektiven Wert der Grundstücke getroffen und keine Sachverständigenbegutachtung hierzu in Auftrag gegeben. Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts anderes.
16
(1) Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 7. Dezember 2011 (NStZ 2012, 496, 504 f.) ausgeführt, dass der Vermögensschaden – abgesehen von einfach gelagerten und eindeutigen Fällen – der Höhe nach zu beziffern und in den Urteilsgründen nachvollziehbar darzulegen ist. Dabei können normative Gesichtspunkte bei der Bewertung von Schäden eine Rolle spielen; sie dürfen die wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen. Mit dieser Entscheidung knüpft das Bundesverfassungsgericht an seine grundlegende Entscheidung zur Nachteilsbestimmung bei der Untreue (§ 266 StGB) an (BVerfGE 126, 177), in der näher dargelegt ist, wie – dort allerdings für den Fall einer pflichtwidrigen Kreditvergabe – die Schadensbewertung vorzunehmen ist.
17
(2) Die Anforderungen an die Schadensfeststellung sind (jedenfalls was die Frage der Wertfeststellung anbelangt) gewahrt. Es liegt schon nahe, dass der hier zu beurteilende Sachverhalt ein hinsichtlich der Schadensfeststellung einfach gelagerter und eindeutiger Fall im Sinne der vorgenannten Entscheidung ist.
18
Der Angeklagte hat nämlich eine Leistung versprochen, die er von vornherein nicht zu erbringen beabsichtigte, wenngleich er sie im Blick auf sein Vermögen – wie sich aus den Urteilsgründen ergibt – ohne weiteres hätte erbringen können. Stattdessen hat er den Erwerb und gewinnbringenden Weiterverkauf über eine vermögenslose GmbH initiiert. Bei einer derartigen Konstellation bedarf es keiner Schätzung des objektiven Grundstückswertes, die ohne sachverständige Hilfe nicht sachgerecht zu treffen wäre.
19
(3) Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nach Auffassung des Senats nicht entnehmen, dass grundsätzlich bei betrügerischen Handlungen im Zusammenhang mit dem Abschluss von Aus- tauschverträgen es der Bestimmung des „objektiven Werts“ des Vertragsge- genstands bedürfte. Abgesehen davon, dass dies mit einem nicht hinzunehmenden Aufwand verbunden und für Fälle der gängigen Betrugskriminalität auch kriminalpolitisch fragwürdig wäre, ist eine solche verobjektivierte Feststellung auch im Regelfall nicht veranlasst, zumal solche Wertbestimmungen häufig nur scheingenau sind, weil sie ihrerseits auf Rückschlüssen aus den Marktgegebenheiten beruhen. Grundsätzlich legen in einem von Angebot und Nachfrage bestimmten marktwirtschaftlichen System die Vertragsparteien den Wert des Gegenstandes fest. Diese intersubjektive Wertsetzung muss nicht deshalb in Frage gestellt werden, weil – wie hier – eine Partei sich bei Vertragsschluss bereits vorgenommen hat, die vertraglich übernommene Verpflichtung ganz oder teilweise nicht zu erfüllen. Deswegen hat dieser von den Parteien selbst – auf der Grundlage übereinstimmender, von Willens- und Wissensmängeln nicht beeinflusster Vorstellungen über Art und Güte des Vertragsgegenstandes – bestimmte Wert grundsätzlich auch die Basis der Schadensfeststellung im Rahmen des Betruges zu sein. Dies wird sämtliche Fallgestaltungen betreffen, in denen Leistung und Gegenleistung in keinem augenfälligen Missverhältnis zueinander stehen (vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 18. Juli 1961 – 1 StR 606/60, BGHSt 16, 220, 224).
20
Ein betrugsbedingter Schaden liegt danach vor, wenn täuschungsbedingt die getäuschte Vertragspartei einen geringerwertigen Anspruch erhält, als sie nach den vertraglich vorausgesetzten Synallagma hätte beanspruchen können. Dies wird sich freilich regelmäßig durch einen Vergleich der vertraglich vorausgesetzten mit der täuschungsbedingt erlangten Leistung feststellen lassen. Der sich daraus ergebende Minderwert ist – gegebenen- falls mit sachverständiger Hilfe – zu beziffern (Saliger in: Matt/Renzikowski, StGB, 2013, § 263 Rn. 243). Insoweit besteht zwar nicht beim Schadensbegriff , wohl aber bei der Schadensbestimmung ein Unterschied zwischen den Straftatbeständen des Betruges (§ 263 StGB) und der Untreue (§ 266 StGB). Bei der Untreue muss bewertet werden, ob und inwieweit die pflichtwidrige Einzelhandlung zu einem Nachteil für das betreute Vermögen geführt hat. Dies kann nur in der Form eines auf objektiven Kriterien beruhenden Gesamtvermögensvergleichs erfolgen. Dagegen liegt beim Eingehungsbetrug regelmäßig eine Bewertung des Vertragsgegenstandes durch die Vertragsparteien vor. Hieran kann die Schadensbestimmung grundsätzlich anknüpfen , indem nur noch bewertet wird, inwieweit infolge der Täuschung das vertragliche Synallagma verschoben worden ist. Die Feststellung eines vom vereinbarten Preis abweichenden „objektiven Werts“ des Vertragsgegenstands ist hiermit nicht verbunden.
21
Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergibt sich nichts Abweichendes. Die vom Landgericht und sämtlichen Prozessbeteiligten in Bezug genommene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14. Juli 2010 (1 StR 245/09, NStZ 2010, 700) betrifft einen anderen Sachverhalt. Dort ging es um ein betrügerisch verkauftes Unternehmen, dessen Erwerb wirtschaftlich sinnlos war. Entsprechendes gilt auch für das Urteil vom 13. November 2007 (3 StR 462/06, NStZ 2008, 96) und für den Beschluss vom 18. Juli 1961 (1 StR 606/60, BGHSt 16, 220), denen eine objektive wertlose Leistung und das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft zugrunde lagen. Die Täuschungshandlung bezog sich dort jeweils auf den Kaufgegenstand, nicht auf die in einer Geldzahlung bestehende Gegenleistung. Ähnliches gilt für Geschäfte, die eine Risikobewertung beinhalten. Eine solche Fallkonstellation lag der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde (BVerfG, NStZ 2012, 496 – Lebensversicherung). Gleiches gilt für das Urteil des 4. Strafsenats vom 20. Dezember 2012 (4 StR 55/12 – Sportwetten) und den Senatsbeschluss vom 13. April 2012 (5 StR 442/11, NJW 2012, 2370 – Kreditbetrug ). All diesen Fallgestaltungen ist gemeinsam, dass es dort um die Bewertung und Bezifferung des täuschungsbedingten Risikoungleichgewichts ging. Aber auch dies setzt nicht voraus, dass die vertragliche Preisgestaltung an sich einer Überprüfung nach objektiven Wertmaßstäben unterzogen werden müsste. Der Schaden bestimmt sich in diesen Fällen immer aus der Verschiebung des synallagmatischen Zusammenhangs zu Lasten des Getäuschten. Eine solche betragsmäßige Bestimmung wird dann in Abhängigkeit zu dem konkreten in Frage stehenden Risiko regelmäßig unter sachverständiger Mithilfe vorgenommen werden (vgl. zur Berechnung des Wettbetrugsschadens 4 StR 55/12, Rn. 40).
22
Ein derartiges Risikogeschäft liegt hier nicht vor: Ein Schaden ist bei Vertragsschluss eingetreten, weil der Angeklagte – worüber er getäuscht hat – innerlich entschlossen war, die zweite Komponente des Kaufpreises nicht zu erbringen. Für die Schadensbestimmung, die beim Eingehungsbetrug bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu erfolgen hat, ist deshalb allein der Betrag relevant, den der Angeklagte von vornherein nicht erbringen wollte, bis zum Gefahrübergang an Betriebskosten und Lasten indes vertragsgemäß hätte aufbringen müssen. Dies lässt sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge ohne weiteres anhand der monatlich zu tätigenden Aufwendungen schätzen. Dass hiernach ein Schaden entstanden ist, versteht sich angesichts der angefallenen Kosten und Lasten von selbst.
23
2. Die Verfahrensrügen, die gleichfalls den Themenkreis des Betrugsschadens betreffen, bleiben ohne Erfolg. Die Verteidigung hat Hilfsbeweisanträge zum Ausmaß der Bodenkontamination und zu deren Einfluss auf den Preis beim späteren Weiterverkauf gestellt, deren Ablehnung in den Urteilsgründen sie beanstandet. Zu der Begründung, die unter Beweis gestellten Tatsachen seien bereits erwiesen, setzt sich das Landgericht in den Urteilsgründen nicht in Widerspruch. Wie sich aus den obigen Darlegungen ergibt, kommt es auf die Frage nicht an, wie sich die den Vertragsparteien bekannten Altlasten auf den Grundstückswert ausgewirkt haben können.
24
3. Dagegen kann der Strafausspruch keinen Bestand haben.
25
a) Die Schadensbestimmung des Landgerichts weicht in ihrem Grundansatz von den obigen Ausführungen insoweit ab, als sie nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abstellt, sondern den entstandenen Schaden aufgrund der nachträglich eingetretenen Entwicklung ermittelt. In der praktischen Auswirkung wird sich freilich die bereits im Vertragsschluss angelegte Schädigung regelmäßig in der weiteren Entwicklung tatsächlich konkretisieren. Deshalb begegnet es auch keinen Bedenken, wenn der Tatrichter – soweit keine Besonderheiten in der Schadensentwicklung bestehen – auf den konkret eingetretenen Schaden abstellt.
26
Hier mag sogar eine Besonderheit insoweit bestanden haben, als der Schaden durch die verzögerte Löschung der Auflassungsvormerkung weiter vertieft wurde. Allerdings ist die Schadensaufstellung (UA S. 28) – worauf die Verteidigung zu Recht hinweist – hier defizitär. Sie ist aus sich heraus nicht ohne weiteres verständlich und auch rechnerisch nicht nachvollziehbar. Freilich bewegen sich die Unklarheiten in einem Bereich von höchstens 5 % der vom Landgericht angenommenen Schadenssumme. Ob sich diese Mängel im Ergebnis ausgewirkt haben können – was eher fernliegt –, kann der Senat offenlassen, weil die Strafzumessung in einem weiteren Punkt fehlerbehaftet ist, der zur Aufhebung des Strafausspruchs führt.
27
b) Die Strafkammer wertet es als strafschärfend, dass der Angeklagte seine Mitarbeiterin, die Zeugin Wa. , zu einem Meineid verleitet hat. Diese Wertung wird von den Feststellungen jedoch nicht getragen. Zwar schildert das Landgericht die Aussage und das Aussageverhalten der Zeugin eingehend und plausibel. Dies belegt aber nicht ausreichend eine Anstiftungshandlung des Angeklagten. Denn trotz Kontakten zwischen dem Angeklagten und der Zeugin vor ihrer Aussage in der Hauptverhandlung kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Zeugin letztlich, um ihren Arbeitsplatz zu retten , von sich aus die den Angeklagten entlastenden, falschen Angaben ge- macht hat. Das bloße Dulden einer Falschaussage kann aber nicht strafschärfend gewürdigt werden (BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2003 – 4 StR 439/03, StV 2004, 480).
28
c) Dieser Fehler führt zur Aufhebung des Strafausspruchs einschließlich der zugehörigen Feststellungen. Dies ermöglicht dem neuen Tatrichter, eine geordnete und nachvollziehbare Schadensberechnung vorzunehmen. Der Ausspruch über die Kompensation der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung bleibt bestehen (BGH, Beschluss vom 8. Januar 2013 – 1 StR 641/12 mwN). Der neue Tatrichter wird aber zu prüfen haben, ob die Kompensation im Hinblick auf die nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils verstrichene Zeit zu erhöhen sein wird.
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(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 360/06
vom
9. November 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Geiselnahme u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. November 2006 beschlossen
:
Der Antrag des Angeklagten vom 17. Oktober 2006 auf Nachholung
rechtlichen Gehörs gegen den Beschluss des Senats vom 28.
September 2006 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

1
Für eine Entscheidung gemäß § 33a bzw. § 356a StPO ist kein Raum. Der Senat hat bei seiner auf den eingehend begründeten Antrag des Generalbundesanwalts ergangenen Entscheidung weder Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Angeklagte zuvor nicht gehört worden war noch sonst dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
2
Im Kern enthalten die (neuerlichen) Ausführungen des Antragstellers den Vorwurf, der Senat habe in der Sache fehlerhaft entschieden. Mit diesem Vorbringen kann er aber im Rahmen der §§ 33a, 356a StPO nicht gehört werden (vgl. BFH NJW 2005, 2639, 2640). Nack Wahl Hebenstreit Elf Graf

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 488/07
vom
20. März 2008
BGHR: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
___________________________
EMRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1
1. Zum Vorsatz und zum Vermögensnachteil bei Untreuehandlungen durch pflichtwidriges
Eingehen von Risiken für fremdes Vermögen.
2. Zur Terminierung in Wirtschaftsstrafsachen.
BGH, Beschl. vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07 - LG Mannheim
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. März 2008 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 16. März 2007 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Der Verurteilung liegt zugrunde:
2
- zum einen in den Jahren 1996 bis 1998 die zweckwidrige Verwendung von Geldern, die der WTS-GmbH, deren faktischer Geschäftsführer der Angeklagte war, von Anlegern als Kaufpreis für ihren Anteil an einem geschlossenen Immobilienfonds überwiesen und anvertraut worden waren zur ausschließlichen Verwendung für den jeweiligen Fonds,
3
- zum anderen die noch nicht fällige - inkongruente - Zahlung von 700.000,-- DM im September 1998 nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der SFV-GmbH, die der Angeklagte ebenfalls faktisch führte, zur teilweisen Rückführung eines der SFV-GmbH von der H. Bank in L. in Höhe von 1 Million DM gewährten Darlehens. Er erreichte so die Freigabe einer von seinen Eltern der Bank gegenüber abgegebenen selbstschuldnerischen Bürgschaft bis zu 700.000,-- DM.
4
Das Landgericht Mannheim hat den Angeklagten deshalb mit Urteil vom 16. März 2007 wegen Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) in 176 Fällen und wegen Gläubigerbegünstigung (§ 283c StGB) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ohne die von der Strafkammer für die Dauer des gerichtlichen Verfahrens angenommene konventionswidrige Verfahrensverzögerung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK) wäre die Strafe - so das Landgericht - doppelt so hoch ausgefallen.
5
Die Revision des Angeklagten gegen das oben genannte landgerichtliche Urteil ist unbegründet. Dessen Nachprüfung hat auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Zur Begründung wird auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 17. Dezember 2007 verwiesen. Ergänzend hierzu bemerkt der Senat:
6
1. Aufgrund der rechtsfehlerfrei festgestellten Tatumstände verwirklichte der Angeklagte den Tatbestand der Untreue mit direktem Vorsatz hinsichtlich eines zum Zeitpunkt der Tatbegehung unmittelbar und insoweit endgültig eingetretenen Schadens. Dass die Strafkammer bei der Bewertung der Tat gleichwohl lediglich vom Vorliegen eines Gefährdungsschadens sowie vom Handeln mit bedingtem Vorsatz ausging, belastet den Angeklagten nicht.
7
Der Angeklagte - Steuerberater und Wirtschaftsprüfer - hatte sich seit Ende der achtziger Jahre gedanklich und schließlich auch tatsächlich mit dem Angebot von Kapitalanlagen in geschlossenen Immobilienfonds befasst, zunächst nur als Steuersparmodell für seine Mandanten. Erste Erfolge bewogen den Angeklagten, sich an ein breiteres Publikum zu wenden. Dazu bediente er sich verschiedener von ihm gegründeter oder übernommener Unternehmen, zunächst auch der Gesellschaft, in der er steuerberatend tätig war. Steuerberatung und gewerbliche Tätigkeit wurden im Jahre 1996 getrennt. Die steuerberatende Tätigkeit betrieb der Angeklagte nunmehr im Rahmen der „K. , J. und A. GdbR“. Das für das weitere Geschäftsfeld des Angeklagten entwickelte Firmengeflecht stellte sich von da an wie folgt dar:
8
Herausgeberin und Gesellschafterin der geschlossenen Immobilienfonds , die jeweils als Gesellschaften bürgerlichen Rechts ausgestaltet waren, war die „S. -F. -V. GmbH“ (kurz: SFVGmbH ). Den Vertrieb der Fondsanteile als Kapitalanlage übernahm die „S. F. A. gesellschaft mbH“ (kurz: SFA-GmbH). Als Treuhänderin für einbezahlte Anlagegelder (dem Kaufpreis für Fondsanteile) fungierte die „W. -T. S. ge-sellschaft mbH“ (kurz: WTS-GmbH).
9
Alle diese Gesellschaften wurden vom Angeklagten faktisch beherrscht und geführt. Allerdings vermied es der Angeklagte, selbst eine formelle Funktion, insbesondere als Geschäftsführer, auszuüben. Er bediente sich seiner Strohleute, insbesondere der Mitangeklagten, des Steuerberaters A. und des Steuerfachgehilfen Kl. .
10
Die Kapitalanleger bezahlten den Kaufpreis für ihren Anteil an der jeweiligen Grundstücksgesellschaft (geschlossener Immobilienfonds in Form einer GdbR) auf ein Treuhandkonto der WTS-GmbH. Entsprechend dem zwischen den Anlegern und der WTS-GmbH geschlossenen Treuhandvertrag durfte die WTS-GmbH die einbezahlten Beträge nur für den jeweiligen Fonds verwenden. Die Verantwortlichen der WTS-GmbH waren nach dem Inhalt des Treuhandvertrags verpflichtet, die auf das Treuhandkonto einbezahlten Anlagegelder dort zu sammeln und erst dann auf das Konto der jeweiligen Fondsgesellschaft zu überweisen, sobald das gesamte Gesellschaftskapital gezeichnet war. Vom Konto der Fondsgesellschaft aus sollten dann unter Mittelverwendungskontrolle durch einen neutralen Treuhänder ausschließlich die diese Gesellschaft betreffenden Forderungen bedient werden, weitgehend Forderungen der SF-Gruppe, deren Gesellschaften den Zwischenerwerb und die Entwicklung der jeweiligen Objekte der geschlossenen Immobilienfonds getätigt hatten. So geschah das auch bis Mitte des Jahres 1996 (Fonds Nr. 8).
11
Im Jahre 1996 war der Angeklagte mit seiner Unternehmensgruppe in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Das Interesse an den Fonds hatte abgenommen. Die Vorfinanzierungsfristen wurden deshalb länger. Zudem waren die Kosten der Sanierung alter Objekte unterschätzt worden. Die Einplanung unrealistisch hoher Mieten, die den Anlegern garantiert wurden, aber nicht immer erzielbar waren, führte ebenfalls zu Finanzierungslücken. Dies hatte Verzögerungen bei der Fertigstellung der Bauvorhaben zur Folge, was die Finanzsituation zusätzlich belastete. Im Frühjahr 1996 waren - voran in der SF-Gruppe, die das operative Geschäft durchführte - erste ernsthafte Liquiditätsschwierigkeiten aufgetreten, die sich zunehmend verschärften. Spätestens im Juli 1998 waren die Unternehmen des Angeklagten nicht mehr in der Lage, die sofort zu erfüllenden Verbindlichkeiten im Wesentlichen zu befriedigen ; sie waren zahlungsunfähig. Am 12. Oktober 1998 stellten die formellen Geschäftsführer A. und Kl. für die WTS-GmbH, die SF AG und die SFV-GmbH Konkursanträge.
12
Um trotz der zunehmenden Finanzprobleme handlungsfähig zu bleiben, hatte sich der Angeklagte Mitte des Jahres 1996 entschlossen, die Treuhandvereinbarung mit den Anlegern, den Zeichnern der Fondsanteile , nicht mehr einzuhalten. Statt die auf dem Treuhandkonto bei der WTS-GmbH eingegangenen Gelder dort zu sammeln und nach Zeichnung aller Anteile auf das Konto der jeweiligen Fondsgesellschaft zu überweisen - um dann von dort aus über diese Beträge ausschließlich im Interesse des jeweiligen Fonds zu verfügen -, wies der Angeklagte das Personal der WTS-GmbH an, die auf dem Treuhandkonto eingegangenen Beträge sofort bzw. entsprechend dem aktuellen Finanzbedarf unmittelbar auf Konten der SF-Gruppe zu überweisen, um sie dort zur Ab- deckung der jeweils dringendsten Forderungen der gesamten Unternehmensgruppe zu verwenden. Dazu listete der Angeklagte die akuten Verbindlichkeiten nach Dringlichkeit in einer Excel-Tabelle auf, die er täglich aktualisierte. Mit diesem Management, das sich letztlich als Schneeballsystem darstellte, gelang es dem Angeklagten, den Zusammenbruch seiner Unternehmensgruppe hinauszuzögern.
13
Bei diesem Sachverhalt erlitten die Zeichner der Immobilienfonds schon mit der treuepflichtwidrigen Entnahme der Gelder vom Treuhandkonto zur allgemeinen Tilgung von Schulden der Unternehmensgruppe einen endgültigen Vermögensnachteil im Sinne von § 266 StGB in voller Höhe des zweckwidrigen verwendeten Betrags. Ein im Ausnahmefall den Nachteil kompensierender deliktischer oder vertraglicher Schadensersatzanspruch gegen einen zahlungswilligen und mit ausreichenden liquiden Mitteln versehenen Täter - oder gegen eine seiner Gesellschaften - lag ersichtlich nicht vor. Da der Schaden mit der zweckwidrigen Verfügung endgültig eingetreten ist, gefährdete der Angeklagte die der WTSGmbH anvertrauten Vermögenswerte der Anleger nicht nur.
14
Der Angeklagte handelte mit direktem Vorsatz. Er kannte und wollte die treuwidrige Verwendung der Anlagebeträge. Er setze sie gegen die Bedenken des formellen Geschäftsführers durch. Er wusste um seine Verpflichtung als faktischer Geschäftsführer der WTS-GmbH, die vertraglich übernommenen Treuepflichten gegenüber den Anlegern zu wahren.
15
Auf die vom Beschwerdeführer zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs in BGHSt 51, 100, (= NJW 2007, 1760) kommt es hier in mehrfacher Hinsicht nicht an. Nach dieser Entscheidung „ist der Tatbe- stand der Untreue in Fällen der vorliegenden Art im subjektiven Bereich dahingehend zu begrenzen, dass der bedingte Vorsatz eines Gefährdungsschadens nicht nur Kenntnis des Täters von der konkreten Möglichkeit eines Schadenseintritts und das Inkaufnehmen dieser konkreten Gefahr voraussetzt, sondern darüber hinaus eine Billigung der Realisierung dieser Gefahr, sei es auch nur in der Form, dass der Täter sich mit dem Eintritt des ihm unerwünschten Erfolges abfindet“ (BGHSt 51, 100, 121 Rdn. 63).
16
Zum einen liegt der vorliegenden Verurteilung nach den getroffenen Feststellungen - anders als die Strafkammer meinte - weder Handeln mit nur bedingtem Vorsatz noch ein bloßer Gefährdungsschaden zugrunde. Vor allem aber liegt hier kein Fall der Bildung „schwarzer Kassen“ vor. Darum ging es in der oben genannten Entscheidung (BGHSt 51, 100), die sich in der zitierten Aussage ausdrücklich auf Fälle der - damals - vorliegenden Art beschränkte.
17
Sofern aus jener Entscheidung (BGHSt aaO) jedoch weitergehend gefolgert werden sollte, dass sich als Voraussetzung für den Tatbestand der Unreue beim vorsätzlichen pflichtwidrigen Eingehen von Vermögensrisiken der Vorsatz immer auch auf die Billigung des endgültigen Vermögensnachteils erstrecken muss, könnte der Senat dem nicht folgen.
18
Sicherlich könnten bei einer Verurteilung wegen Untreue mit doppelter „Vorverlagung“ der Strafbarkeit, also bei Handeln mit nur bedingtem Vorsatz im Hinblick auf eine bloße Vermögensgefährdung Bedenken hinsichtlich einer Überdehnung des Tatbestandes des § 266 StGB aufkommen. Ehe dem jedoch mit der der bisherigen Dogmatik widerspre- chenden Erstreckung des - bedingten - Vorsatzes auf einen in der Zukunft zu erwartenden endgültigen Vermögensnachteil begegnet wird (bei unklarer Auswirkung auch auf § 263 StGB), ist zunächst zu prüfen, ob sich das Problem bei einer präzisen Begriffsverwendung unter exakter Betrachtung des tatsächlichen wirtschaftlichen Nachteils zum Zeitpunkt einer pflichtwidrigen Handlung bei genauer Feststellung dessen, worauf sich das Wissen und Wollen des Täters insoweit tatsächlich erstreckt, nicht weitgehend erledigt, beziehungsweise sich als Scheinproblematik herausstellt.
19
Und diese genaue Betrachtung ergibt, dass sich die bei pflichtwidrigen Risikogeschäften so genannte konkrete Vermögensgefährdung in Wirklichkeit als ein bereits unmittelbar mit der Tathandlung eingetretener Vermögensnachteil darstellt. So ist beispielsweise der mit der Vergabe (Auszahlung) eines ungesicherten Kredits an ein zahlungsunfähiges Unternehmen - etwa um den drohenden Ausfall des Gesamtengagements intern oder gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht weiterhin zu verschleiern - erlangte Rückzahlungsanspruch sofort weit über das bei jeder Kreditvergabe mögliche und zulässige Maß (zur Pflichtwidrigkeit vgl. BGHSt 46, 30; 47, 148, 149 ff.) hinaus minderwertig. Aus der Saldierung der ausbezahlten Darlehenssumme mit dem verbleibenden Wert der Rückzahlungsforderung folgt der unmittelbar und realiter eingetretene Vermögensnachteil (so ist auch BGHSt 47, 148, 156 f. zu verstehen). Der Wert des Rückzahlungsanspruchs muss dabei bewertet , letztlich geschätzt werden. Insoweit stellt sich die Situation nicht anders dar als beim Verkauf dieser Forderung an ein Inkassounternehmen oder bei der an sich sofort gebotenen Wertberichtigung, wenn auch im strafrechtlichen Bereich verbleibende Unwägbarkeiten zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden müssen.
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Der Tatbestand der Untreue entfällt auch nicht wieder, wenn die Darlehensrückzahlungsforderung später tatsächlich doch bedient wird, sei es freiwillig oder mit dem Nachdruck eines Inkassounternehmens. Die fehlende Werthaltigkeit zum Zeitpunkt der Valutierung des Darlehens wird dadurch nicht beeinflusst (dies wäre bei der Feststellung einer „Billigung“ des endgültigen Schadens im Sinne eines bedingten Vorsatzes zum Zeitpunkt der Tathandlung im Übrigen nicht anders). Bei der Eingehung von pflichtwidrigen Serienrisikogeschäften, etwa der fortlaufenden Belieferung eines erkannt zahlungsunfähigen Unternehmens auf Kredit, ist die Begleichung einzelner der so erlangten minderwertigen Forderungen geradezu typisch. Dass die dann doch noch - meist mit schon betrügerisch erlangten Mitteln (Schneeballsystem) - bezahlten Lieferungen regelmäßig sinnvoller Weise von der strafrechtlichen Verfolgung ausgenommen werden (§§ 153, 154, 154a StPO), ändert nichts an der Tatbestandsmäßigkeit zum Zeitpunkt der Verfügung.
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Bezogen auf diesen tatbestandlichen Vermögensnachteil handelt ein Täter, der die die Pflichtwidrigkeit und den Minderwert des Rückzahlungsanspruchs begründenden Umstände kennt, bei der Tathandlung dann auch mit direktem Vorsatz.
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Bei abweichenden Formulierungen in tatrichterlichen Urteilen handelt es sich in Fällen dieser Art in aller Regel um eine zu Gunsten des Angeklagten wohlwollende, aber unzutreffende Umschreibung des tatsächlich Festgestellten, wie auch der vorliegende Fall zeigt. Dies sollte vermieden werden. Das tatsächlich nicht gegebene Problem der Überdehnung des Untreuetatbestands stellt sich dann auch nicht scheinbar.
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2. Zur konventionswidrigen Verfahrensverzögerung:
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Die Strafkammer ging „zugunsten der Angeklagten“ von einer konventionswidrigen Verfahrensverzögerung von zwei Jahren während des gerichtlichen Verfahrens aus, und zwar vom Eingang der Anklage beim Landgericht im Januar 2005 bis zum Beginn der Hauptverhandlung im Januar 2007. Eine konventionswidrige Verzögerung während des Ermittlungsverfahrens sah die Strafkammer dagegen nicht. Das Maß der Kompensation für die Verzögerung bei Gericht hat die Strafkammer auf 50 % festgesetzt.
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a) Der Beschwerdeführer beanstandet mit einer Verfahrensrüge die fehlende Feststellung einer „mehr als dreijährigen“ konventionswidrigen Verfahrensverzögerung während des Ermittlungsverfahrens. Die Revisionsbegründung genügt, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 17. Dezember 2007 im Einzelnen dargelegt hat, nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Rüge ist damit unzulässig.
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Die Anforderungen an den Umfang der Darstellung der den Mangel enthaltenden Tatsachen dürfen bei der Beanstandung einer konventionswidrigen Verzögerung während eines jahrelang währenden Verfahrens sicher nicht überzogen werden. Die Mitteilung jedes Ermittlungsschrittes ist weder möglich noch erforderlich. Die Darstellung darf den tatsächlichen Ablauf aber nicht - etwa durch wesentliche Auslassungen - verzerrt darstellen. Einen realistischen Überblick entsprechend der Darstellung in der Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft vom 17. August 2007 hätte - ohne auf Einzelheiten abzustellen - im vorliegenden Fall auch vom Beschwerdeführer erwartet werden dürfen.
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Beispielhaft sei auf seine Behauptung verwiesen, im Jahre 1999 habe als einzige verfahrensfördernde Maßnahme am 11. November 1999 die Vernehmung von zwei Zeuginnen stattgefunden. Elf Monate seit Einleitung des Verfahrens gegen den Angeklagten J. habe es keine Ermittlungen gegeben. Dies ist unzutreffend, wie den chronologisch geordneten Ermittlungsakten, einem Aktenvermerk des Ermittlungsbeamten Hu. und dem polizeilichen Ermittlungsbericht zu den strafprozessualen Maßnahmen zu entnehmen ist. Die umfangreichen Ermittlungshandlungen der Polizeibeamten unter Heranziehung des Buchprüfers Li. im Jahre 1999 hat die Staatsanwaltschaft in ihrer Gegenerklärung - noch nicht einmal erschöpfend - auf etwa eineinhalb Seiten dargestellt. In seiner Gegenerklärung vom 16. Januar 2008 räumte der Beschwerdeführer inzident auch ein, dass das ursprüngliche Beschwerdevorbringen - nunmehr selbst aus seiner Sicht - jedenfalls unvollständig war, wenn er zu dem Schluss kommt, dass „sich dann insgesamt immer noch eine Verfahrensverzögerung im Ermittlungsverfahren von zweieinhalb Jahren“ ergäbe.
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b) Die Strafkammer hat im Hinblick auf Verzögerungen während des gerichtlichen Verfahrens die gesamte Zeit vom Eingang der Anklageschrift bis zum Beginn der Hauptverhandlung als konventionswidrige Verfahrensverzögerung bewertet. Dies belastet den Angeklagten zwar nicht. Dennoch sei der - dem Beschwerdeführer bekannte - Verfahrensgang , soweit er den Angeklagten J. betrifft, skizziert:
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Die gegen drei Angeschuldigte gerichtete und 164 Seiten umfassende Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Mannheim vom 25. Januar 2005 ging am 27. Januar 2005 beim Landgericht Mannheim ein. Am 28. Januar 2005 verfügte der Vorsitzende der Strafkammer die Zustellung der Anklage unter Bestimmung einer Erklärungsfrist von einem Monat. Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2005 erbat die Verteidigerin des Angeschuldigten J. „wegen der Komplexität der Angelegenheit“ eine Verlängerung der Schriftsatzfrist um drei Wochen. Mit 78-seitigem Schriftsatz vom 31. März 2005 - Eingang 4. April 2005 - beantragte sie, die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen, insbesondere da die Taten verjährt seien und die Anklage teilweise nicht ausreichend substantiiert sei, sowie mangels hinreichenden Tatverdachts, da - hinsichtlich des Vorwurfs der Untreue - kein den Angeschuldigten J. betreffendes Treueverhältnis bestanden habe und er - hinsichtlich des Vorwurfs der Gläubigerbegünstigung - keine Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit gehabt habe. Mit Beschluss vom 9. November 2006 entschied die Strafkammer in einem mehrseitigen Beschluss über die Eröffnung des Hauptverfahrens , die sie teilweise ablehnte. Mit Verfügung vom 6. Dezember 2006 bestimmte der Vorsitzende Termin zur Hauptverhandlung auf acht Verhandlungstage vom 12. Januar 2007 bis zum 23. März 2007 unter Ladung der drei Angeklagten, von fünf Verteidigern und zahlreichen Zeugen. Die Hauptverhandlung endete dann nach nur sieben Verhandlungstagen bereits am 16. März 2007.
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Der Zeitraum zwischen Eingang der Einlassungsschrift Anfang April 2005 und dem Eröffnungsbeschluss vom 9. November 2006 - etwa 19 Monate - war objektiv sicher zu lange und stellt sich teilweise als konventionswidrige Verzögerung dar, zumal im Hinblick auf das lange Ermittlungsverfahren eine beschleunigte Bearbeitung geboten gewesen wäre. Wenn die Strafkammer nach angemessener Zeit zur Vorbereitung des Verfahrens (vgl. dazu unten) wegen genereller Überlastung nicht alsbald verhandeln konnte, ist dies der Justiz zuzurechen (vgl. BVerfG - Kammer -Beschlüsse vom 8. August 2007 - 2 BvR 1609/07 - und vom 19. September 2007 - 2 BvR 1847/07 -).
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Zum Ablauf des gerichtlichen Verfahrens sei im Hinblick auf Wirtschaftsstrafsachen in diesem Zusammenhang Folgendes bemerkt:
32
Der Eingang einer Anklageschrift ist auch bei Wirtschaftstrafkammern nicht vorhersehbar. Denn die Zuteilung an die einzelnen Strafkammern muss so erfolgen, dass auch nur der Eindruck der Möglichkeit einer Manipulation des gesetzlichen Richters ausgeschlossen ist. Jede Strafkammer ist dann - und sollte dies auch sein - zunächst mit anderen Sachen ausgelastet. Bei komplexen und umfangreichen Strafsachen ist es unter diesen Umständen nicht möglich, dass sich der Vorsitzende und der Berichterstatter sofort mit der neu eingegangenen Anklageschrift intensiv befassen. Dies kann erst - ohne schuldhafte Verzögerung (unverzüglich ) - zu gegebener Zeit erfolgen. In aller Regel ist das dann nur parallel zu bereits laufenden - oder anstehenden - Verhandlungen möglich, die im Hinblick auf das Beschleunigungsgebot bei vorausschauender, auch größere Zeiträume umfassender Hauptverhandlungsplanung (vgl. BVerfG - Kammer-Beschlüsse vom 19. September 2007 - 2 BvR 1847/07 - und vom 23. Januar 2008 - 2 BvR 2652/07) langfristig im Voraus zu terminieren waren. In diesem frühen Stadium des gerichtlichen Verfahrens ist ein Ausblenden anderweitiger Belastungen der Strafkammer bei der Prüfung, ob der Pflicht zur Erledigung des Verfahrens in angemessener Frist (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK) genügt wurde, nicht möglich und deshalb auch nicht geboten.
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Dem Zwischenverfahren kommt im Hinblick auf den Schutz des Angeklagten große Bedeutung zu (vgl. G. Schäfer, Die Praxis des Strafverfahrens 6. Aufl. Rdn. 768). Zur Vorbereitung der Eröffnungsberatung bedarf es schon deshalb einer intensiven Einarbeitung des Vorsitzenden und des Berichterstatters in die Sache - parallel zur Förderung und Verhandlung laufender anderer Verfahren.
34
Diese Vorarbeit schlägt sich hinsichtlich des Umfangs naturgemäß nicht als verfahrensfördernd in den Akten nieder, wie auch andere Vorgänge der meist gedanklichen Auseinandersetzung mit dem Verfahrensstoff in der Regel nicht, wie z.B. Überlegungen und Beratungen über den weiteren Gang der Ermittlungen, Vor- und Nacharbeit hinsichtlich einzelner Ermittlungshandlungen, Vorbereitung von Anträgen an den Ermittlungsrichter , von Zwischenberichten, des Schlussberichts und der Anklageschrift. Am Ende einer intensiven Vorbereitung und der Eröffnungsberatung steht häufig nur ein Eröffnungsbeschluss, der aus einem Satz besteht.
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Eine intensive und dann auch zeitaufwändige Vorbereitung der Sache seitens des Gerichts ist gerade in großen Wirtschaftsstrafsachen zudem Voraussetzung für eine konzentrierte Hauptverhandlung, aber auch für Gespräche über Möglichkeiten zur Verfahrensabkürzung. Das wird allerdings erschwert durch die Personalausstattung von Wirtschaftsstrafkammern mit nur zwei Beisitzern neben dem Vorsitzenden allein mit Blick auf die Möglichkeit, eine Hauptverhandlung mit nur zwei Berufsrichtern durchführen zu können (§ 76 Abs. 2 GVG). Dies kann eine ausreichende Vorbereitung von Hauptverhandlungen in angemessener Zeit in Frage stellen und damit dazu beitragen, dass dem Beschleunigungsgebot (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 ERMK) in Wirtschaftsstrafsachen, zumal in Nichthaftsachen, nicht immer genügt wird. Dies führt dann auch - nicht zuletzt in Steuerstrafsachen - nicht selten zu unangemessen niedrigen Strafen.
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In komplexen Verfahren kann eine sinnvolle Terminierung, bei der etwa die Zeugen nicht anhand der Beweismittelliste der Anklageschrift ins Blaue hinein geladen werden, erst nach der Eröffnungsberatung angegangen werden. Dies bedingt insbesondere bei mehreren Angeklagten einen weiteren Vorlauf bis zum Beginn der Hauptverhandlung. Denn verschiedene Aspekte sind in Einklang zu bringen. Zwar steht die Verfahrenserledigung in angemessener Zeit im Vordergrund. Was angemessen ist, bestimmt sich aber auch nach den jeweiligen Rahmenbedingungen. Dem Recht des Angeklagten, sich durch den Verteidiger seiner - ersten - Wahl vertreten zu lassen, ist trotz des ebenso hochrangigen (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 81; NStZ-RR 2007, 149; BVerfG - Kammer - NStZ-RR 2007, 311) Beschleunigungsgebots bei der Terminierung möglichst Rechnung zu tragen. Dies dient meist auch der Effektivität der Hauptverhandlung. Denn in Wirtschaftsstrafsachen war dieser Verteidiger in der Regel mit der Sache schon während des Ermittlungsverfahrens befasst und ist mit ihr vertraut. Entsprechendes gilt für den Vertreter der Staats- anwaltschaft. Auch hier liegt es im Interesse einer effektiven und dadurch beschleunigten Durchführung der Hauptverhandlung, dass in komplexen Wirtschaftsstrafsachen derjenige Staatsanwalt daran teilnimmt, der auch die Ermittlungen führte. Zwar wird er dann häufig auch in anderen Hauptverhandlungen gebunden sein, ohne dass dies vorausschauend hätte vermieden werden können. Dann darauf zu verweisen, dass auch jeder andere Staatsanwalt die Sitzungsvertretung übernehmen könne, mindert die Effizienz der Strafverfolgung in Wirtschaftstrafsachen nicht nur in der jeweiligen Sache, sondern darüber hinaus. Der neue Staatsanwalt muss sich zeitaufwändig einarbeiten, ohne dennoch je den Wissensstand desjenigen zu erreichen, der die Ermittlungen führte. Wenn der Staatsanwalt, der die Ermittlungen geleitet hat, grundsätzlich für die Hauptverhandlung noch zur Verfügung steht, sollte er in die Terminplanung mit einbezogen werden.
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Insbesondere bei mehreren Angeklagten kann dies dazu führen, dass die an sich insbesondere in Haftsachen wünschenswerte Verhandlungsdichte (vgl. BVerfG - Kammer - StV 2006, 645) nicht zu erreichen ist. Wie lange mit dem Beginn der Hauptverhandlung zugewartet werden darf und an wie vielen Tagen in der Woche oder im Monat zu verhandeln ist, hängt immer vom Einzelfall ab (vgl. BVerfG - Kammer - NJW 2003, 2225). Verhinderungen müssen substantiiert dargetan und belegt werden , damit der Vorsitzende der Strafkammer darüber befinden kann, ob diesen trotz des Beschleunigungsgebots bei der Terminierung Rechnung getragen werden kann. Den Termin der Hauptverhandlung bestimmt am Ende allein der Vorsitzende (§ 213 StPO).
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c) Die Strafkammer hat den Strafabschlag im Hinblick auf die von ihr angenommene konventionswidrige Verfahrensverzögerung mit 50 % konkret bemessen. Dem Beschwerdeführer ist zuzugeben, dass dabei auch allgemeine Strafzumessungserwägungen eingeflossen sind. Allein dies erklärt den selbst bei der von der Strafkammer auf das gesamte gerichtliche Verfahren bezogenen konventionswidrigen Verfahrensverzögerung unangemessen hohen Strafabschlag. Dies beschwert den Angeklagten jedoch nicht.
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d) Einer Aufhebung des Strafausspruchs und insoweit der Zurückverweisung der Sache an das Landgericht bedarf es im Hinblick auf die neue Rechtsprechung zur Kompensation von konventionswidrigen Verfahrenverzögerungen , dem Übergang von der Strafzumessungs- zur Vollstreckungslösung (BGH - GSSt - NJW 2008, 860), nicht. Dies folgt für dieses Verfahren auch nicht aus der einen Einzelfall betreffenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. Februar 2008 (3 StR 563/07). Dem Ausspruch einer höheren Strafe nach Zurückverweisung allein aufgrund der Revision des Angeklagten steht das Verschlechterungsverbot nach Meinung des Senats auch dann entgegen, wenn der den bisherigen Strafausspruch überschießende Teil der neu erkannten Strafe für verbüßt erklärt wird. Allein der höhere Strafausspruch stellt einen gesteigerten Makel dar. Hinzu kommen mögliche Folgewirkungen, etwa bei der Strafzumessung bei weiteren Verurteilungen wegen nachfolgender Straftaten oder bei späteren anstehenden Entscheidungen, wie z.B. zur Sicherungsverwahrung. Bei Übergangsfällen stellt es sich daher grundsätzlich als die mildere Lösung dar, es bei der von der Strafkammer vorgenommenen Milderung schon bei der Strafzumessung zu belassen. Sollten sich beim Ablauf der Vollstreckung, die sich ohnehin nicht mit der erforderlichen Sicherheit zum Zeitpunkt des Urteilsspruchs prognostizieren lässt, nicht hinnehmbare Härten beim Vergleich mit einer hypothetischen Kompensation nach der Strafvollstreckungslösung herausstellen, muss dem im Strafvollstreckungsverfahren, notfalls im Gnadenweg begegnet werden.
Nack Richter am Bundesgerichtshof Kolz Dr. Wahl ist in Urlaub und deshalb an der Unterschrift gehindert. Nack Hebenstreit Graf

(1) Der Termin zur Hauptverhandlung wird von dem Vorsitzenden des Gerichts anberaumt.

(2) In besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, soll der Vorsitzende den äußeren Ablauf der Hauptverhandlung vor der Terminbestimmung mit dem Verteidiger, der Staatsanwaltschaft und dem Nebenklägervertreter abstimmen.

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 8 2 / 1 4
vom
5. Mai 2014
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge u.a.
hier: Anhörungsrüge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Mai 2014 beschlossen:
Die Anhörungsrüge des Verurteilten gegen den Beschluss des Senats vom 25. März 2014 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

1
Der Senat hat die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15. Juli 2013 mit Beschluss vom 25. März 2014 als unbegründet verworfen. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 7. April 2014 hat der Verurteilte sich gegen diese Entscheidung gewandt. Das Schreiben ist inhaltlich als Gehörsrüge nach § 356a StPO zu werten.
2
Es kann dahinstehen, ob der Rechtsbehelf im Hinblick darauf unzulässig ist, dass der Zeitpunkt der Kenntniserlangung im Sinne des § 356a Satz 2 StPO nicht mitgeteilt und glaubhaft gemacht (§ 356a Satz 3 StPO) wurde, so dass die Einhaltung der Wochenfrist nicht ohne Weiteres nachprüfbar ist.
3
Der Rechtsbehelf ist jedenfalls unbegründet; es liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 356a StPO) vor. Der Senat hat weder zum Nachteil des Verurteilten Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen dieser nicht gehört worden wäre, noch hat er zu berücksichtigendes entscheidungserhebliches Vorbringen des Verurteilten übergangen oder in sonstiger Weise dessen Ausspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
4
Der Senat hat bei seiner Entscheidung das Revisionsvorbringen des Verurteilten in vollem Umfang bedacht und gewürdigt, es aber nicht für durchgreifend erachtet.
5
Aus dem Umstand, dass der Senat die Verwerfung der Revision nicht ausführlich begründet hat, kann nicht auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs geschlossen werden. § 349 Abs. 2 StPO sieht keine Begründung des die Revision verwerfenden Beschlusses vor.
6
Bei diesem Verfahrensgang ergeben sich die für die Zurückweisung des Rechtsmittels maßgeblichen Gründe mit ausreichender Klarheit aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und dem Inhalt der Antragsschrift des Generalbundesanwalts (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2013 - 1 StR 521/13 mwN).
7
Eine weitere Begründungspflicht für letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidungen besteht nicht (vgl. BVerfG NJW 2006, 136; StraFo 2007, 463).
8
Das gilt auch dann, wenn in der Gegenerklärung die Sachrüge weiter ausgeführt worden ist (BGH NStZ-RR 05, 14; BGH NStZ 03, 103). Auch eine Mitteilung des Gerichts, warum es die nachgeschobene Beanstandung für unbegründet erachtet, ist nicht erforderlich (BGH NStZ 09, 52; NStZ-RR 08, 385; 09, 119).
9
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 5. Juni 2013 - 1 StR 81/13 mwN).
Raum Rothfuß Jäger
Cirener Mosbacher