Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2013 - 2 StR 589/12

bei uns veröffentlicht am15.01.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 589/12
vom
15. Januar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 15. Januar 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 28. Juni 2012, soweit es ihn betrifft, aufgehoben
a) in den Fällen 14 bis 17 der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen und
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen, jeweils in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, und wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Außerdem hat es den Wertersatzverfall in Höhe von 20.315,30 Euroangeordnet. Die Revision des Angeklagten, die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützt ist, hat den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts führten der Angeklagte und seine Ehefrau, die nicht revidierende Mitangeklagte, in 17 Fällen Marihuana im Kilobereich aus den Niederlanden nach Deutschland ein und verkauften es hier jeweils gewinnbringend weiter. Das in den Fällen 14 bis 17 der Urteilsgründe eingeführte Marihuana lagerten sie zunächst in der gemeinsam genutzten 4-Zimmerwohnung, bevor sie es außerhalb der Wohnung weiterverkauften. Im Schlafzimmer der Wohnung verwahrte der Angeklagte, ein Jäger mit Waffenbesitzkarte , in einer unverschlossenen Schrankwand mehrere geladene Pistolen und Revolver auf. Auf dem Nachttisch lag eine Pistole. Der Angeklagte war sich im Gegensatz zu seiner Ehefrau der Verfügbarkeit der Waffen bewusst.
3
2. Die getroffenen Feststellungen tragen in den Fällen 14 bis 17 der Urteilsgründe die Verurteilung des Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) nicht.
4
a) Die im Schlafzimmer des Angeklagten in einer unverschlossenen Schrankwand deponierten geladenen Pistolen und Revolver hat das Landgericht zwar zu Recht als Schusswaffen im Sinne der genannten Vorschrift angesehen. Der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt aber weiter voraus, dass der Täter die Schusswaffe beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln mit sich führt. Ein Mitsichführen liegt nur dann vor, wenn er die Schusswaffe be- wusst gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, dass er sich ihrer jederzeit bedienen kann. Am eigenen Körper muss die Waffe dabei nicht getragen werden ; es genügt, wenn sie sich in Griffweite befindet. Auch ist es nicht erforderlich , dass der Täter gewillt ist, die Waffe gegebenenfalls einzusetzen. Setzt sich die Tat aus mehreren Einzelakten zusammen, reicht es zur Tatbestandserfüllung aus, wenn der qualifizierende Umstand nur bei einem Einzelakt verwirklicht ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 - 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 10; Beschluss vom 25. Juni 1999 - 3 StR 372/98).
5
b) Nach diesen Maßstäben belegen die Urteilsgründe nicht in ausreichender Weise, dass sich der Angeklagte in den genannten vier Fällen des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht hat. Die Strafkammer hat dazu, wo die Betäubungsmittel als Einzelakt des Handeltreibens gelagert wurden, überhaupt nur im Fall 17 der Urteilsgründe Feststellungen getroffen. In diesem Fall wurde das Marihuana in einem als Büro genutzten Raum sowie eine kleine Menge im Wohnzimmer verwahrt. Dass das Marihuana in den übrigen drei Fällen anderswo, etwa im Schlafzimmer aufbewahrt wurde, ist nicht ersichtlich. Damit kann aber selbst im Fall 17 nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte während der Lagerung der Betäubungsmittel in seiner Wohnung Schusswaffen mit sich führte. Befindet sich die Schusswaffe in einem Behältnis und in einem anderen Raum als die Betäubungsmittel, so ist dies in der Regel hierfür nicht ausreichend (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2000 - 1 StR 441/99, NStZ 2000, 433; Urteil vom 13. August 2009 - 3 StR 224/09; Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 StR 203/10, NStZ 2011, 99). Auch die allgemein gehaltene Wendung des Landgerichts, der Angeklagte habe "die Waffen offen in der Wohnung in unmittelbarer Nähe zu den Betäubungsmitteln aufbewahrt", belegt für sich genommen nicht das Merkmal des Mitsichführens. Es hätte vielmehr der konkreten Darlegung bedurft, wo die Betäubungsmittel gelagert wurden und wie die räum- lichen Verhältnisse im Einzelnen waren, die es dem Angeklagten nach Ansicht der Strafkammer ermöglichten, sich jederzeit der in einer Schrankwand im Schlafzimmer befindlichen Pistolen und Revolver zu bedienen.
6
Bei dieser Beurteilung kann auch nicht auf die auf dem Nachttisch gelagerte Pistole abgestellt werden, da Feststellungen dazu, ob diese Pistole geladen war bzw. überhaupt entsprechende Munition vorhanden war, fehlen und von daher nicht davon ausgegangen werden kann, dass es sich um eine, wie von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG vorausgesetzt, verwendungsfähige Schusswaffe handelte (vgl. Körner, BtMG, 7. Aufl., § 30a Rn. 64 mwN).
7
3. Dieser Mangel des Urteils führt zur Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen 14 bis 17 der Urteilsgründe nebst den zugehörigen Feststellungen. Der Wegfall der insoweit in Ansatz gebrachten Einzelstrafen entzieht dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage. Becker Appl Berger Eschelbach Ott

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2013 - 2 StR 589/12

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2013 - 2 StR 589/12

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han
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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han

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Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 441/99
vom
21. März 2000
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
21. März 2000, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Maul
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Granderath,
Dr. Boetticher,
Schomburg,
Schluckebier,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 22. April 1999 aufgehoben
a) in den Fällen 7 und 8 der Urteilsgründe (bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) mit den Feststellungen zum Mitsichführen einer Schußwaffe;
b) im Ausspruch über - die Gesamtstrafe, - den Vorwegvollzug der Maßregel (Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ) sowie - die Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in neun Fällen, wegen schwerer räuberischer Erpressung in fünf Fällen, wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung in einem Falle sowie wegen zweier Fälle
des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Überdies hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt sowie den Vorwegvollzug von sieben Jahren und sechs Monaten der erkannten Freiheitsstrafe angeordnet und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Die Revision des Angeklagten, die die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat teilweise Erfolg; sie führt zur Aufhebung der Verurteilung in den Fällen 7 und 8 der Urteilsgründe sowie des Ausspruchs über die Gesamtstrafe und eines Teils der Maßregelanordnungen. Im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der Erörterung bedarf folgendes: 1. Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen 7 und 8 der Urteilsgründe nicht (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG). Die im Schlafzimmer des Angeklagten deponierte durchgeladene und entsicherte Gaspistole hat das Landgericht zwar zu Recht als Schußwaffe im Sinne des Tatbestandes qualifiziert; denn bei ihr traten die Partikel der Patronenladung nach vorne aus (UA S. 23; vgl. BGHSt 24, 136 sowie BGHR StGB § 250 Abs. 1 Nr. 1 Schutzwaffe 1 und 3 zur früheren Fassung dieser Vorschrift, an die sich der Gesetzgeber bewußt angelehnt hat; vgl. BT-Drucks. 12/6853 S. 41). Der Tatbestand setzt darüber hinaus aber voraus, daß der Täter die Schußwaffe beim Handeltreiben mit sich führt. Ein Mitsichführen liegt dann vor, wenn er die Schußwaffe bewußt gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, daß er sich ihrer jederzeit bedienen kann. Am eigenen Körper muß die Waffe
nicht getragen werden; es genügt, wenn sie sich in Griffweite befindet. Der Wille des Täters, die Waffe gegebenenfalls einzusetzen, ist nicht erforderlich. Setzt sich die Tat aus mehreren Einzelakten zusammen, reicht es zur Tatbestandserfüllung aus, wenn der qualifizierende Umstand nur bei einem Einzelakt verwirklicht ist (vgl. nur BGHSt 42, 368; 43, 8, 10; BGH NJW 1999, 3206, 3207). Je ferner allerdings die Gefahr des Einsatzes der Waffe liegt, desto höhere Anforderungen sind an die Prüfung und Darlegung des subjektiven Merkmals des Bewußtseins der Verfügbarkeit der Waffe zu stellen (vgl. BGHSt 43, 8, 14). Die Übergabe von Heroin und Geld fand den Feststellungen zufolge "in der Wohnung" des Angeklagten statt. Dieser hatte "im Schlafzimmer neben dem Bett auf dem Boden und somit in unmittelbarer Nähe der Übergabe" die "griffbereite" durchgeladene und entsicherte Gaspistole in einem Kästchen "deponiert". Diese Feststellungen sind lückenhaft. Es versteht sich nicht von selbst, daß die in Rede stehenden Einzelakte des Handeltreibens in der Wohnung des Angeklagten ebendort im Schlafzimmer stattgefunden haben. Bei der gegebenen Fallgestaltung wäre aber nur dann, wenn der Angeklagte ohne weiteres Zugriff auf die Pistole gehabt hätte, von einem Mitsichführen im Sinne des Tatbestandes auszugehen. Ein Vorhandensein der in einem Behältnis gelagerten Schußwaffe in einem anderen Raum erweist sich in der Regel dafür nicht als genügend (siehe zu einem ähnlichen Sachverhalt auch BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 1). Die allgemein gehaltene Wendung des Landgerichts, der Angeklagte habe "in unmittelbarer Nähe der Übergabe von Rauschgift und Geld" und "griffbereit" die Pistole "deponiert" gehabt, belegt für sich nicht das Merkmal des Mitsichführens. Es hätte vielmehr der konkreten Darlegung be-
durft, wie die räumlichen Verhältnisse im einzelnen waren, die es dem Angeklagten nach Ansicht der Strafkammer ermöglichten, sich jederzeit der Pistole zu bedienen. Auch die Begründung für das Bewußtsein des Angeklagten von der Verfügbarkeit der Waffe im Zusammenhang mit den Betäubungsmittelgeschäften genügt unter den gegebenen besonderen Umständen nicht den zu stellenden Anforderungen. Das Landgericht hat hierzu lediglich ausgeführt, der Angeklagte sei sich der Existenz der Waffe am Aufbewahrungsort bewußt gewesen. Das reicht hier jedoch nicht aus. Der ansonsten geständige Angeklagte hatte sich darauf berufen, die Waffe habe keinen Bezug zu den Drogengeschäften gehabt; sie sei vielmehr von den letzten Banküberfällen "übrig geblieben". Damit hätte sich die Strafkammer auseinandersetzen müssen. Es lag nicht fern, daß dem Angeklagten das aktuelle Bewußtsein des Bewaffnetseins bei seinen Verhandlungen mit dem Drogenkurier fehlte. Immerhin hatte sich der Angeklagte im übrigen mit seiner Einlassung zur guten Qualität des Heroins und zum Ladezustand der bei den Banküberfällen verwendeten Gaswaffe selbst in erheblichem Maße belastet. Um so mehr hätte seine Erklärung zur Waffe der Würdigung bedurft. Dieser Mangel des Urteils führt zur Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen 7 und 8. Der Aufhebung unterliegen auch die Feststellungen zum Mitsichführen der Waffe; im übrigen haben die Feststellungen zu diesen Fällen Bestand. Ergänzende Feststellungen sind zulässig. Danach entfallen die insoweit in Ansatz gebrachten Einzelstrafen. Schon das führt zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.
2. Der Gesamtstrafausspruch hält jedoch auch sonst rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Urteilsgründe verhalten sich nicht dazu, ob die mit Beschluß des Amtsgerichts München vom 29. Dezember 1993 gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, deren Rest bis zum 28. September 1998 zur Bewährung ausgesetzt war (UA S. 7 unter Ziffer 7), bereits erledigt war. Wäre das nicht der Fall, käme hier die Bildung zweier Gesamtstrafen in Betracht, weil der Angeklagte in den Fällen 1, 2, 3a und 3b der Urteilsgründe die Taten vor den Verurteilungen durch das Amtsgericht Wolfratshausen vom 12. Februar 1993 und das Amtsgericht München vom 17. Februar 1993 begangen hat (§ 55 Abs. 1 StGB). Die Strafen aus diesen Verurteilungen waren Gegenstand des genannten anderweitigen Gesamtstrafbeschlusses. War diese Strafe indessen erledigt, wäre ein Härteausgleich wegen nicht mehr möglicher Einbeziehung zu erwägen gewesen. 3. Die Anordnung des teilweisen Vorwegvollzuges der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt kann danach keinen Bestand haben. Auswirkungen der Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe sind insoweit nicht auszuschließen. Der Senat weist darauf hin, daß der neue Tatrichter - sollte er erneut den Vorwegvollzug eines Teils der Strafe bestimmen (§ 67 Abs. 2 StGB) - unter besonderer Beachtung des Rehabilitationsinteresses und im Blick auf die Höhe der Strafe auch die Dauer eines solchen Vorwegvollzuges sorgfältig zu begründen und gegebenenfalls zum Ausdruck zu bringen hätte, woraus sich die bei einer längeren Dauer des Vorwegvollzuges für den Angeklagten ergebende zusätzliche Belastung rechtfertigt (vgl. BGH NStZ 1999, 613; NStZ-RR 1999, 44). Die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt bleibt von der Aufhebung des Gesamtstrafausspruches indessen unberührt (vgl. BGH NStZ 1982, 483).
4. Die Anordnung einer Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis (§ 69a Abs. 1 StGB) unterliegt ebenfalls der Aufhebung, weil das Urteil hierzu keine Begründung enthält (§ 267 Abs. 6 StPO). 5. Die in den Fällen 1 bis 6 b verhängten Einzelstrafen sind von den Rechtsfehlern ersichtlich nicht beeinflußt; gegen sie ist auch sonst im Ergebnis von Rechts wegen nichts zu erinnern.
a) Das Landgericht hat für die Fälle 1, 2 und 3 b, in denen es minder schwere Fälle der schweren räuberischen Erpressung bzw. der versuchten schweren räuberischen Erpressung angenommen hat, irrig § 250 Abs. 3 StGB nF herangezogen, der mit dem 6. StrRG in Kraft getreten ist. Das ist fehlerhaft, weil das alte Recht insoweit milder ist (vgl. § 2 Abs. 3 StGB). § 250 Abs. 2 StGB aF sah Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren vor; nach § 250 Abs. 3 StGB nF reicht der Strafrahmen bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Im Ergebnis kann sich das indes nicht zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben, weil das Landgericht tatsächlich in diesen Fällen einen Strafrahmen von einem Jahr bis zu fünf Jahren zugrundegelegt hat. Überdies hat es in den Fällen 4 b, 5 b und 6 b die Untergrenze des Strafrahmens nach § 250 Abs. 2 StGB nF, die derjenigen nach § 250 Abs. 1 StGB aF entspricht, im Anschluß an die Milderung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 Nr. 3 StGB rechtsfehlerhaft mit sechs Monaten anstatt richtig mit zwei Jahren angegeben; auch das beschwert den Angeklagten jedoch nicht.
b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Verneinung minder schwerer Fälle der schweren räuberischen Erpressung in den Fällen 4 b, 5 b und 6 b. Die zugrundeliegenden Erwägungen des Landgerichts lassen einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Differenzierung zwischen den Fällen 1, 2 und 3 b einerseits (minder schwere Fälle) sowie den Fällen 4 b, 5 b und 6 b (keine
minder schweren Fälle) hat die Strafkammer mit der zwischen den Taten beider Fallgruppen verstrichenen Zeit und der zwischenzeitlich vom Angeklagten anderweit verbüßten Haft begründet. Das ist tragfähig.
c) Die in Ansatz gebrachten Einzelstrafen stehen auch noch in einem gerechten Verhältnis zu denjenigen Strafen, die dem Mittäter D. z ugemessen worden sind. Das Landgericht hat die Frage des Verhältnisses der Strafen der beiden Mittäter ausdrücklich erörtert. Es hat die sogenannte Lebensbeichte D. s hervorgehoben, ohne die die Taten und die Beteiligung des Angeklagten wohl unaufgeklärt geblieben wären. Überdies hat es ersichtlich nicht außer acht gelassen, daß es in den Fällen 1, 3 b, 4 b, 5 b und 6 b der Angeklagte war, der mit der Gaswaffe die Banken betrat und den eigentlichen Überfall verübte, während der Mittäter jeweils vor den Banken wartete. Bei dieser Sachlage erweist sich die Strafbemessung nicht als rechtsfehlerhaft ; sie ist vielmehr Ausdruck des dem Tatrichter bei der Straffindung eingeräumten Beurteilungsrahmens. Maul Granderath Boetticher Schomburg Schluckebier

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 224/09
vom
13. August 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. August
2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
der Richter am Bundesgerichtshof
von Lienen,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung,
Staatsanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 7. Januar 2009, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch im Fall II 3 der Urteilsgründe wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge;
b) im gesamten Strafausspruch und im Maßregelausspruch. 2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil, soweit es den Angeklagten K. betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch im Fall II 3 der Urteilsgründe wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge;
b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch. 3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel und die dem Angeklagten durch die Revision der Staatsanwaltschaft entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II 3 der Urteilsgründe) und wegen "gewerbsmäßigen" Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 30 Fällen (Fälle II 1 und 2 der Urteilsgründe) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet.
2
Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge. In Einzelausführungen beanstandet sie den Schuldspruch wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln.
3
Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich gegen den Schuldspruch zu Fall II 3 und - nach dem ausdrücklich formulierten Revisionsantrag - den Rechtsfolgenausspruch insgesamt. Sie ist der Auffassung, dass der Angeklagte im Fall II 3 wegen täterschaftlichen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu verurteilen gewesen wäre, beanstandet die dem Angeklagten zugebilligte Strafmilderung nach § 31 BtMG und rügt, dass das Landgericht nicht den Vorwegvollzug eines Teils der Freiheitsstrafe vor der Maßregel angeordnet sowie von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz abgesehen hat.
4
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat in vollem Umfang Erfolg; die Revision des Angeklagten ist nur teilweise begründet.
5
I. Revision des Angeklagten
6
1. Der Schuldspruch im Fall II 3 der Urteilsgründe hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
7
a) Nach den Feststellungen konsumierte der drogenabhängige Angeklagte u. a. etwa 5 Gramm Kokain wöchentlich. Zur Finanzierung seines Bedarfs und zur Begleichung seiner Schulden bei den Lieferanten verkaufte er daneben Kokain in Einzelmengen von einer Konsumeinheit. Am 1. Mai 2008 übergaben ihm die zwei Händler, von denen er die Drogen bezog, 1.651,84 Gramm eines in mehrere Plastiktüten verpackten und zum Weiterverkauf bestimmten Kokaingemischs mit einem Wirkstoffgehalt von 38,2 %. Dieses sollte er kurzfristig auf seinem Gartengrundstück "bunkern"; nach 24 Stunden wollten es die Überbringer wieder abholen. Als Gegenleistung sollte der Angeklagte 25 Gramm des Gemischs erhalten. Noch vor der Abholung der Betäubungsmittel traf am Folgetag die Polizei auf dem Grundstück ein. Der Angeklagte beschäftigte sich zu diesem Zeitpunkt mit den auf der Terrasse liegenden Plastiktüten. In der Jackentasche trug er ein einhändig bedienbares Klappmesser mit ca. 8 Zentimeter Klingenlänge bei sich; in der Küche der Gartenlaube verwahrte er auf einem Schrank in einer Plastikschachtel einen mit 5 Kartuschen geladenen Schreckschussrevolver nebst weiterer Munition.
8
b) Diese Feststellungen tragen nicht den Schuldspruch wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG).
9
Das Sichverschaffen setzt wie der Erwerb voraus, dass der Täter die tatsächliche Verfügungsgewalt mit der Möglichkeit und dem Willen erlangt, über die Sache als eigene zu verfügen (Weber, BtMG 3. Aufl. § 29 Rdn. 1113, 1055 m. w. N.). Danach hat sich der Angeklagte das verwahrte Kokain nicht verschafft. Nach dem Willen der Überbringer hat es dem Angeklagten nicht freigestanden , in irgendeiner Weise über das Kokain zu verfügen. Ebenso wenig hat er sich die Verfügungsgewalt hierüber aus eigenem Willensentschluss angemaßt. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausführt , ändert hieran auch der Umstand nichts, dass der Angeklagte aus der zu verwahrenden Gesamtmenge 25 g als Entlohnung erhalten sollte. Der Angeklagte ist weder ermächtigt gewesen, diese Teilmenge während der Verwahrzeit selbst auszusondern, noch hat er dies aus eigenem Entschluss getan.
10
Mit der Aufhebung des Schuldspruchs in diesem Fall entfällt die entsprechende Einzelstrafe sowie die Gesamtstrafe.
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2. Auf die Revision des Angeklagten aufzuheben sind darüber hinaus auch die Einzelstrafen, die das Landgericht für die 30 Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln festgesetzt hat (Fälle II 1 und 2).
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a) Das Landgericht hat gewerbsmäßiges Handeln des Angeklagten festgestellt und ist daher von besonders schweren Fällen nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG ausgegangen. Dessen Strafrahmen hat es nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB ermäßigt, weil nicht auszuschließen sei, dass der Angeklagte zum Zeit- punkt der Begehung der Taten in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war. Anschließend hat es "den vertypten Strafmilderungsgrund des § 31 BtMG angewandt". Aufgrund weiterer Erwägungen zur "Strafzumessung" gelangt es zu Freiheitsstrafen von jeweils sechs Monaten.
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b) Danach ist zu besorgen, dass den Einzelstrafen eine fehlerhafte Strafrahmenwahl zugrunde liegt. Bejaht der Tatrichter einen besonders schweren Fall trotz des Vorliegens eines vertypten Strafmilderungsgrunds, so müssen seine Darlegungen dem Revisionsgericht grundsätzlich erkennbar machen, dass er sich bewusst ist, trotz Verwirklichung des Regelbeispieles wegen dieses Milderungsgrundes - allein oder in Zusammenhang mit anderen Umständen - entweder den besonders schweren Fall verneinen oder aber den Strafrahmen des besonders schweren Falls gemäß § 49 StGB mildern zu können (BGH NStZ 1990, 595; StV 1999, 490). Zureichende Erwägungen hierzu hat die Kammer nicht angestellt, obwohl dies angesichts zweier vertypter Milderungsgründe geboten war.
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c) Auch ausgehend von einem besonders schweren Fall nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG ist die Bemessung der Einzelstrafen nicht ohne Rechtsfehler. §§ 31 BtMG, 49 Abs. 2 StGB erlauben es dem Gericht, ein erhöhtes Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe auf das gesetzliche Mindestmaß zurückzuführen. Dies gilt auch dann, wenn es den Strafrahmen bereits aus anderem Grund gemildert hat, etwa auf Grund des vorrangig zu prüfenden § 49 Abs. 1 StGB (Fischer, StGB 56. Aufl. § 49 Rdn. 5; § 50 Rdn. 7 m. w. N.). Von der Milderungsmöglichkeit des § 49 Abs. 2 StGB Gebrauch zu machen steht im Ermessen des Gerichts; es kann den vertypten Grund stattdessen auch als allgemeinen Strafmilderungsgrund berücksichtigen. In welcher Weise die Kammer ihr Ermessen ausgeübt hat, teilen die Urteilsgründe indes nicht mit. Es bleibt offen, ob sie das nach § 29 Abs. 3 BtMG, §§ 21, 49 Abs. 1 Nr. 3 StGB errechnete (erhöhte) Mindestmaß nochmals abgesenkt oder dieses beibehalten hat. Hierdurch ist der Angeklagte beschwert, denn es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht von einer erhöhten Strafrahmengrenze ausgegangen ist, ohne deren Absenken auf das gesetzliche Mindestmaß gemäß §§ 31 BtMG, 49 Abs. 2 StGB zu erwägen. Dies kann sich auf die Bemessung der Einzelstrafen ausgewirkt haben.
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3. Schließlich hat auch der Maßregelausspruch keinen Bestand.
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a) Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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Das Landgericht hat zwar bei der Erörterung des Maßregelausspruchs festgestellt, der Angeklagte sei drogenabhängig; seine Sucht und der hiervon ausgehende Beschaffungsdruck seien ursächlich für die abzuurteilenden Taten gewesen. Dies steht jedoch im Widerspruch zu den Darlegungen zu § 21 StGB. Danach konnte das Landgericht eine verminderte Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Taten wegen verbliebener Zweifel an einer Abhängigkeit und am Bestehen eines Beschaffungsdrucks lediglich nicht ausschließen.
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Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 Satz 1 StGB setzt indes die sichere Feststellung eines Hangs voraus, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Kann dieser Hang lediglich nicht ausgeschlossen werden, so ist für eine Unterbringung kein Raum (BGH NStZ-RR 2003, 106, 107). Die widersprüchlichen Feststellungen hierzu vermögen somit die Maßregelanordnung nicht zu tragen.
19
Wird die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu Unrecht angeordnet , ist der Angeklagte hierdurch auch beschwert.
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b) Überdies hat das Landgericht § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB nicht beachtet. Nach dieser Vorschrift soll das Gericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist; dabei ist dieser Teil der Strafe so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung über die Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung nach § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB möglich ist. Auch durch die Nichtanwendung von § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB ist der Angeklagte beschwert , weil die von § 67 Abs. 1 StGB abweichende Vollstreckungsreihenfolge auch der Sicherung des Therapieerfolges dient und bei dessen Eintritt die Möglichkeit besteht, dass der Angeklagte unter Anrechnung der Unterbringungsdauer schon zum Halbstrafenzeitpunkt entlassen wird (BGH, Beschl. vom 21. August 2007 - 3 StR 263/07; vgl. Fischer aaO § 67 Rdn. 10).
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4. Im Übrigen hat die revisionsrechtliche Prüfung des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dessen weitergehendes Rechtsmittel erweist sich daher als unbegründet.
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II. Revision der Staatsanwaltschaft
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1. Auch das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II 3, der zugehörigen Einzelstrafe und der Gesamtstrafe.
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a) Rechtsfehlerfrei ist zwar die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte habe sich durch die Verwahrung des Teils des Kokaingemischs, den seine Auftraggeber nach Abholung der Betäubungsmittel selbst gewinnbringend veräußern wollten, lediglich der Beihilfe zu deren Betäubungsmittelhandel in nicht geringer Menge schuldig gemacht.
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Für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme gelten auch im Betäubungsmittelrecht die Grundsätze des allgemeinen Strafrechts (BGHSt 51, 219, 221). Es bedarf einer wertenden Betrachtung aller von der Vorstellung der Beteiligten umfassten Umstände; wesentliche Kriterien können das eigene Interesse am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein (Fischer aaO vor § 25 Rdn. 4 m. w. N.). Bei der Einbindung in Umsatzgeschäfte kommt es darauf an, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt (BGH aaO S. 222 f.). Nicht ausschlaggebend ist die Frage der Entlohnung. Kann der Beteiligte, wie etwa ein reiner Kurier, auf das eigentliche Umsatzgeschäft keinen Einfluss nehmen, so ist er Gehilfe, auch wenn er für seine Tätigkeit entlohnt wird (BGH aaO S. 223).
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Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht die Tathandlung des Angeklagten insoweit zutreffend nur als Beihilfe bewertet. Die dem Angeklagten obliegende kurzfristige Verwahrung war im Rahmen des von seinen Auftraggebern geplanten Verkaufs der Kokainmenge erkennbar von untergeordneter Bedeutung. In die Verkäufe selbst sollte der Angeklagte nicht eingebunden sein, Lieferanten und Abnehmer blieben ihm unbekannt. Auch ein eigenes Interesse des Angeklagten an der Veräußerung des Kokains bestand nicht, da die ihm zugesagte Entlohnung nicht von einem Verkaufserfolg abhängen sollte. Seine Stellung kam der eines reinen Kuriers gleich.

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b) Indes hat das Landgericht nicht bedacht, dass für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln schon deren absatzorientierte Beschaffung genügt. Der Tatbestand ist bereits dann erfüllt, wenn der Täter einen Dritten ernsthaft verpflichtet hat, ihm die zur Veräußerung bestimmten Betäubungsmittel zu liefern (Weber aaO Rdn. 343, 331). Dies kann hier hinsichtlich der dem Angeklagten versprochenen 25 Gramm des Kokaingemischs der Fall sein. Dass sich der Angeklagte diese versprechen ließ, um sie ganz oder teilweise zu veräußern, liegt nach den Feststellungen nahe. Hiermit hätte sich das Landgericht auseinandersetzen müssen.
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2. Ebenfalls auf die Revision der Staatsanwaltschaft aufzuheben ist der Strafausspruch im Übrigen. Die Zubilligung der Strafmilderung nach § 31 Nr. 1 BtMG ist nicht frei von Rechtsfehlern, die den Angeklagten begünstigen.
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Das Landgericht stellt fest, dass der Angeklagte die Zeugen H. und R. als Lieferanten des in den Fällen II 1 und 2 veräußerten und als Überbringer des im Fall II 3 verwahrten Kokains bezeichnet hat. Es hält diese Aussage insbesondere deshalb für glaubwürdig, weil beim Angeklagten kein Motiv erkennbar sei, die Zeugen zu Unrecht zu belasten. Selbst wenn Zweifel an der vollumfänglichen Richtigkeit der Darstellung des Angeklagten bestünden, ließen sich diese nicht zur sicheren Gewissheit der Strafkammer widerlegen.
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Dies lässt besorgen, dass das Landgericht die rechtlichen Anforderungen an die Feststellung eines Aufklärungserfolgs im Sinne von § 31 Nr. 1 BtMG verkannt hat. Ein Aufklärungserfolg setzt voraus, dass die Strafverfolgungsbehörden auf Grund der Angaben des Angeklagten abgesicherte Erkenntnisse zu Tatgenossen und deren Tatbeiträgen gewonnen haben. Für die Frage, ob ein Aufklärungserfolg vorliegt, kommt es entscheidend auf die Überzeugung des Tatrichters in der Hauptverhandlung an; der Zweifelssatz ist nicht anzuwenden (BGH NStZ 2003, 162 m. w. N.). Bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der belastenden Aussage ist es regelmäßig ein wesentlicher Gesichtspunkt, ob sich der Angeklagte hierdurch in seinem Verfahren im Hinblick auf § 31 BtMG entlasten wollte (vgl. Weber, BtMG 3. Aufl. § 31 Rdn. 142 m. w. N.).
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Damit, dass ein Bemühen um Strafmilderung Beweggrund des Angeklagten für die Belastung der Zeugen gewesen sein könnte, hat sich das Landgericht indes nicht auseinandergesetzt. Naheliegend wäre dies auch deshalb gewesen , weil die weiteren Darlegungen ohnehin auf Zweifel des Landgerichts an der Glaubhaftigkeit der Aussage schließen lassen. Solche Zweifel hätten auch schon für sich die Feststellung eines Aufklärungserfolgs ausgeschlossen.
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3. Die Revision der Staatsanwaltschaft führt gemäß § 301 StPO weiter zur Aufhebung des Urteils im Ausspruch über die Maßregel, da die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt rechtsfehlerhaft ist (oben I. 3.).
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Ihr Rechtsmittel erfasst - auch wenn es, wie der Vertreter der Bundesanwaltschaft in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt hat, auf das Fehlen einer Entscheidung zur Vollstreckungsreihenfolge beschränkt sein sollte - die Anordnung der Maßregel insgesamt; die Beschränkung auf die unterbliebene Entscheidung über die Reihenfolge der Vollstreckung gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB wäre nicht wirksam, da nach den tatrichterlichen Feststellungen schon Zweifel blieben, ob beim Angeklagten der Hang besteht, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen (vgl. BGH NStZ-RR 2009, 48).
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4. Schließlich hat die Revision der Staatsanwaltschaft Erfolg, soweit das Landgericht von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz abgesehen hat.
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Das Landgericht hat dies damit begründet, dass der Wert des Erlangten im Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist (§ 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB). Im Gegensatz dazu hat es an anderer Stelle im Urteil ausdrücklich festgestellt , dass beim Angeklagten eine erhebliche Summe Bargeld in szenetypischer Stückelung sichergestellt worden sei.
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III. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
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1. Hinsichtlich der dem Angeklagten versprochenen Teilmenge aus dem verwahrten Kokaingemisch (oben II. 1. b) sind mehrere Fallgestaltungen denkbar.
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a) Schiede insoweit nach den neuen Feststellungen ein Handeltreiben des Angeklagten aus, bliebe Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG; die Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge stünde hiermit in Tateinheit. Eine Verurteilung allein wegen Beihilfe zum Handeltreiben würde den Unrechtsgehalt der Tat nicht erschöpfen, weil darin nicht zum Ausdruck käme, dass der Angeklagte die Verfügungsmacht über das Betäubungsmittel innehatte (Weber aaO § 29 Rdn. 1244 m. w. N.).
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b) Hätte der Angeklagte mit einer Menge Handel getrieben, welche die Qualifikation des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nicht erreicht, träte zum Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nebst Beihilfe zum Betäubungsmittelhandel in nicht geringer Menge tateinheitlich ein Handeltreiben mit Betäu- bungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 (i. V. m. Abs. 3 Satz 2 Nr. 1) BtMG hinzu. Hinter andere, nicht zum Verbrechen aufgestufte Begehungsformen tritt der Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nicht zurück (Weber aaO § 29 a Rdn. 170 m. w. N.).
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c) Hätte der Angeklagte dagegen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben, bestünde zwar Tateinheit mit einer Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, da jeweils ein anderer Teil der Gesamtmenge betroffen wäre. Indes träte der Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zurück; im Verhältnis zu anderen Begehungsformen , die ihrerseits Verbrechen sind, bleibt der Besitz Auffangtatbestand , weil er gegenüber den anderen Alternativen des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG geringeren Unrechtsgehalt aufweist (Weber aaO § 29 Rdn. 1249 f.; § 29 a Rdn. 172 jew. m. w. N.).
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2. Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt ein Mitsichführen des Gegenstands , also dessen Griffnähe voraus. Wird der Gegenstand, wie hier der Schreckschussrevolver, in einem anderen Raum in einem Behältnis verwahrt, ist Griffnähe nicht ohne weiteres gegeben; es bedarf einer konkreten Darlegung der räumlichen Verhältnisse (BGH NStZ 2000, 433). Einen mitgeführten Gegenstand , der keine Schusswaffe ist, muss der Täter zur Verletzung von Per- sonen bestimmt haben. Dies ist hinsichtlich des Klappmessers nicht festgestellt; bei einem Messer der beschriebenen Art liegt dies auch nicht so nahe, dass auf Ausführungen dazu verzichtet werden könnte (vgl. BGHSt 43, 266, 267 f.).
VRiBGH Becker Sost-Scheible und RiBGH von Lienen befinden sich im Urlaub und sind daher gehindert zu unterschreiben. Sost-Scheible Schäfer Mayer

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.