Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juli 2018 - 3 StR 144/18

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:120718B3STR144.18.0
bei uns veröffentlicht am12.07.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 144/18
vom
12. Juli 2018
in der Strafsache
gegen
wegen erpresserischen Menschenraubs u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:120718B3STR144.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 12. Juli 2018 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 10. Oktober 2017 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubs in Tateinheit mit besonders schwerem Raub und mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt und die "Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 18.000 € als Wertersatz" angeordnet. Die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensbeanstandung Erfolg.
2
1. Die Rüge, mit welcher der Angeklagte nach dem Wortlaut seiner Revisionsbegründung die Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) wegen der unterbliebenen Vernehmung von zwei Auslandszeugen beanstandet , dringt durch.
3
a) Der Verfahrensrüge ist bei dem hier überschaubaren Verfahrensstand hinreichend deutlich zu entnehmen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), dass der Angeklagte sich gegen den Beschluss des Landgerichts vom 10. Oktober 2017 wendet ; mit diesem hat es den Antrag des Beschwerdeführers auf Vernehmung zweier Zeugen aus Polen zum Beweis der Tatsache, dass er sich zur Tatzeit am 11. Juni 2013 in B. (Polen) aufhielt, abgelehnt. Der Angeklagte hat die zur Beurteilung der Rüge maßgeblichen Verfahrenstatsachen, namentlich den Beweisantrag und den Ablehnungsbeschluss, mitgeteilt. Da sich der Ablehnungsgrund des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO nach der Aufklärungspflicht bestimmt (§ 244 Abs. 2 StPO), ist es unschädlich, dass der Angeklagte die Vorschrift des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO nicht zitiert hat (vgl. auch BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 - 2 StR 383/15, BGHR StPO § 244 Abs. 2 Zeugenvernehmung 19 Rn. 11 mwN zu einem außerhalb der Hauptverhandlung gestellten Antrag auf Vernehmung eines Auslandszeugen).
4
b) Der Ablehnungsbeschluss hält rechtlicher Überprüfung am Maßstab des § 244 Abs. 5 Satz 2, Abs. 6 StPO nicht stand.
5
aa) Nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO kann ein auf die Vernehmung eines Auslandszeugen gerichteter Beweisantrag abgelehnt werden, wenn die Beweiserhebung nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Mit dieser Vorschrift sind die Möglichkeiten zur Ablehnung eines solchen Beweisantrags nur um den schmalen Bereich erweitert, den die Ablehnungsgründe des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO nicht zulassen, obwohl die Amtsaufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) die Beweiserhebung nicht gebietet (BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, BGHR StPO § 244 Abs. 5 Satz 2 Auslandszeuge 12). Bei der Prüfung der Aufklärungspflicht hat das Tatgericht namentlich die Bedeutung und den Beweis- wert der Aussage des benannten Zeugen vor dem Hintergrund des bisherigen Beweisergebnisses zu würdigen. In diesem Rahmen ist es von dem sonst geltenden Verbot der Beweisantizipation befreit und darf es seine Entscheidung davon abhängig machen, welche Ergebnisse von der beantragten Beweisaufnahme zu erwarten sind und wie die zu erwartenden Ergebnisse zu würdigen wären. Kommt es unter Berücksichtigung sowohl des Vorbringens zur Begründung des Beweisantrags als auch der in der bisherigen Beweisaufnahme angefallenen Erkenntnisse zu dem Ergebnis, dass der Zeuge die Beweisbehauptung nicht bestätigen werde oder dass ein Einfluss auf seine Überzeugung auch dann sicher ausgeschlossen ist, wenn der benannte Zeuge die in sein Wissen gestellte Behauptung bestätigt, ist eine Ablehnung des Beweisantrags in aller Regel nicht zu beanstanden (st. Rspr.; siehe nur BGH, Urteil vom 13. März 2014 - 4 StR 445/13, BGHR StPO § 244 Abs. 5 Satz 2 Auslandszeuge 14 mwN; Beschluss vom 26. Oktober 2006 - 3 StR 374/06, BGHR StPO § 244 Abs. 5 Satz 2 Auslandszeuge 13).
6
In dem hierfür erforderlichen Gerichtsbeschluss (§ 244 Abs. 6 StPO) müssen die maßgeblichen Erwägungen so umfassend dargelegt werden, dass es dem Antragsteller möglich wird, seine Verteidigung auf die neue Verfahrenslage einzustellen, und dass das Revisionsgericht überprüfen kann, ob die Ablehnung auf einer rational nachvollziehbaren, die wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls erkennbar berücksichtigenden Argumentation beruht (siehe nur BGH, Urteil vom 13. März 2014 - 4 StR 445/13, BGHR StPO § 244 Abs. 5 Satz 2 Auslandszeuge 14 mwN).
7
Ob das Gebot des § 244 Abs. 2 StPO, die Beweisaufnahme zur Erforschung der Wahrheit auf alle entscheidungsrelevanten Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, es gebietet, dem Beweisantrag auf Vernehmung eines Auslandszeugen nachzukommen, kann nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls beurteilt werden. Allgemein gilt lediglich der Grundsatz, dass bei einem durch die bisherige Beweisaufnahme gesicherten Beweisergebnis auf breiter Beweisgrundlage eher von der Vernehmung des Auslandszeugen abgesehen werden kann, insbesondere wenn er nur zu Beweisthemen benannt ist, die lediglich indiziell relevant sind oder die Sachaufklärung sonst nur am Rand betreffen. Dagegen wird die Vernehmung des Auslandszeugen umso eher notwendig sein, je ungesicherter das bisherige Beweisergebnis erscheint, je größer die Unwägbarkeiten sind und je mehr Zweifel hinsichtlich des Werts der bisher erhobenen Beweise überwunden werden müssen; dies gilt insbesondere dann, wenn der Auslandszeuge Vorgänge bekunden soll, die für den Schuldvorwurf von zentraler Bedeutung sind (siehe nur BGH aaO; LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 357 mwN).
8
bb) An diesen Grundsätzen gemessen hat das Landgericht die Ablehnung nicht ausreichend begründet. Es hat die zu erwartenden Aussagen der Tante des zu den Tatvorwürfen schweigenden Angeklagten, der Zeugin L. , in deren Wohnung sich der Angeklagte nach dem Inhalt des Beweisantrags aufgehalten haben soll, und eines Bekannten, des Zeugen K. , der für den Angeklagten bei therapeutischen Behandlungen durch die vernommene Ärztin S. übersetzt haben soll, nicht in der erforderlichen Gesamtwürdigung den bisherigen Beweisergebnissen gegenübergestellt; es hat sich stattdessen auf die Begründung beschränkt, dass das Gegenteil der behaupteten Tatsache, nämlich die Anwesenheit des (maskierten) Angeklagten am Tatort in Ku. , bereits bewiesen sei. Dabei würde es auch bleiben, wenn die beiden Zeugen die Anwesenheit des Angeklagten in Polen zur Tatzeit bestätigen würden. Die für seine Überzeugungsbildung maßgeblichen Beweisergebnisse , namentlich die belastenden Zeugenaussagen der beiden Mittäter D.
und T. sowie die Aussage des geschädigten Wei. , dass sich die Statur des Täters mit der des Angeklagten vereinbaren lässt, hat das Landgericht für sich genommen rechtsfehlerfrei ausführlich gewürdigt; auch hat es nachvollziehbar dargelegt, warum es der Alibi-Zeugin S. nicht geglaubt hat.
9
Bei dieser Einzelbetrachtung hätte das Landgericht indes nicht stehenbleiben dürfen. Es hätte in einer - wie stets in einer Beweisaufnahme erforderlichen - Gesamtschau darlegen müssen, warum die - zulässigerweise zu prognostizierenden - Aussagen der beiden weiteren aufgebotenen Entlastungszeugen nichts an den bisherigen Beweisergebnissen, auch am Beweiswert der Aussage der bereits vernommenen Alibi-Zeugin ändern würden. Eine solche Gesamtwürdigung war hier unerlässlich, weil der Beschwerdeführer eine Haupttatsache in das Zeugnis der beiden Auslandszeugen gestellt hat: Das Gelingen dieses Alibibeweises hätte den Schuldvorwurf unmittelbar entfallen lassen. Die Beweislage ist in diesem Fall durch die Würdigung von Zeugenaussagen geprägt; außerhalb der Aussagen liegende objektive Umstände wie etwa Tatortspuren hat das Landgericht nicht festgestellt (dazu BGH, Urteil vom 13. März 2014 - 4 StR 445/13, BGHR StPO § 244 Abs. 5 Satz 2 Auslandszeuge 14). Dieser nicht einfachen, eher nicht gesichert erscheinenden Beweislage hat das Landgericht mit der gegebenen Begründung nicht im notwendigen Maße Rechnung getragen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 - 2 StR 383/15, NStZ 2017, 96, 97 f.). Nach alledem bleibt nach dem Inhalt des Ablehnungsbeschlusses letztendlich offen, warum es das Gericht für ausgeschlossen gehalten hat, dass die Aussagen der Zeugen L. und K. - auch unter nochmaliger Würdigung der Angaben der bereits vernommenen Zeugin S. - die Aussagen der beiden Mittäter entkräften konnten (vgl. nur BGH, Urteil vom 18. Januar 1994 - 1 StR 745/93, BGHSt 40, 60, 62 f.).
10
2. Die Sache bedarf daher der neuen Verhandlung und Entscheidung. Da die Revision der Staatsanwaltschaft, über welche der Senat mit Urteil vom heutigen Tag entschieden hat, wirksam auf die Einziehungsentscheidung beschränkt ist, wird das neue Tatgericht, sollte es sich von der Schuld des Angeklagten überzeugen, im Strafausspruch das Verbot der Schlechterstellung zu beachten haben (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Becker Gericke Tiemann
Hoch Leplow

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juli 2018 - 3 StR 144/18

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juli 2018 - 3 StR 144/18

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafprozeßordnung - StPO | § 358 Bindung des Tatgerichts; Verbot der Schlechterstellung


(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Das angefochtene Urte
Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juli 2018 - 3 StR 144/18 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafprozeßordnung - StPO | § 358 Bindung des Tatgerichts; Verbot der Schlechterstellung


(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Das angefochtene Urte

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juli 2018 - 3 StR 144/18 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juli 2018 - 3 StR 144/18 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 13. März 2014 - 4 StR 445/13

bei uns veröffentlicht am 13.03.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 445/13 vom 13. März 2014 in der Strafsache gegen wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. März 2014, an der teil

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Juli 2016 - 2 StR 383/15

bei uns veröffentlicht am 21.07.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 383/15 vom 21. Juli 2016 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen zu 1.: Hehlerei zu 2.: Wohnungseinbruchsdiebstahls u.a. zu 3.: Wohnungseinbruchsdiebstahls ECLI:DE:BGH:2016:210716U2STR383.15.0
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juli 2018 - 3 StR 144/18.

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2020 - 4 StR 677/19

bei uns veröffentlicht am 13.02.2020

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 677/19 vom 13. Februar 2020 in der Strafsache gegen wegen besonders schweren Raubes u.a. ECLI:DE:BGH:2020:130220B4STR677.19.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 383/15
vom
21. Juli 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1.: Hehlerei
zu 2.: Wohnungseinbruchsdiebstahls u.a.
zu 3.: Wohnungseinbruchsdiebstahls
ECLI:DE:BGH:2016:210716U2STR383.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 20. Juli 2016 in der Sitzung am 21. Juli 2016, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Prof. Dr. Krehl, Dr. Eschelbach, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin - in der Verhandlung vom 20. Juli 2016 - als Verteidigerin für den Angeklagten K. A. , Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom 20. Juli 2016 - als Verteidiger für den Angeklagten J. A. , Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom 20. Juli 2016 - als Verteidiger für die Angeklagte N. A. ,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 26. Mai 2015 mit den Feststellungen aufgehoben , soweit sie verurteilt worden sind. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: - den Angeklagten K. A. unter Freisprechung im Übrigen wegen Hehlerei unter Einbeziehung von zwei Einzelgeldstrafen aus früheren Verurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, - den Angeklagten J. A. unter Freisprechung im Übrigen wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in zwei Fällen und wegen Hehlerei zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten , - die Angeklagte N. A. unter Freisprechung im Übrigen wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls unter Einbeziehung von zwei Einzelfreiheitsstrafen aus früheren Verurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten.
2
Gegen ihre Verurteilungen richten sich die Revisionen der Angeklagten mit Verfahrensbeanstandungen und der Sachrüge. Die Rechtsmittel haben Erfolg.

I.

3
Nach den landgerichtlichen Feststellungen begingen die Angeklagten, die allesamt Geschwister sind, im Zeitraum von Dezember 2012 bis Februar 2013 in unterschiedlicher Zusammensetzung und Beteiligung Wohnungseinbruchsdiebstähle (Fälle 9, 12 und 16) sowie Hehlereitaten in Bezug auf Diebesgut , das aus Wohnungseinbrüchen stammte (Fälle 4, 5, 13 und 18).
4
Die Angeklagten haben zu den Vorwürfen geschwiegen. Das Landgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft der Angeklagten in den abgeurteilten Fällen zum einen auf Schuh- oder DNA-Spuren gestützt, die an einigen Tatorten sichergestellt wurden, sowie darauf, dass Diebesgut, im Wesentlichen Schmuck oder Wertgegenstände, in Wohnungen aufgefunden wurden, in denen die Angeklagten sowie weitere Familienmitglieder wohnten. Das Landgericht ist zu Verurteilungen in den Fällen gelangt, in denen den Angeklagten einzelne Taten entweder aufgrund von sichergestellten Spuren am Tatort der Wohnungseinbruchsdiebstähle (Fälle 9, 12 und 16) oder eindeutigen Besitzverhältnissen von Diebesgut (Fälle 4, 5, 13 und 18) zugeordnet werden konnten. In den übrigen Fällen hat es die Angeklagten freigesprochen.

II.

5
Die Revision des Angeklagten K. A. , der wegen Hehlerei von Diebesgut (Fälle 4, 5 und 13, Ziff. II.2 der Urteilsgründe) verurteilt wurde, hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg. Mit dieser macht der Beschwerdeführer eine Verletzung des § 244 Abs. 2 StPO geltend, weil es das Landgericht abgelehnt hat, den Auslandszeugen Ja. A. zu vernehmen.
6
1. Der Rüge liegt folgendes Geschehen zugrunde:
7
a) Zwischen dem 5. und dem 6. Hauptverhandlungstag übersandte der Verteidiger des Angeklagten K. A. (ebenso wie der Angeklagte J. A. , vgl. unten III.1.) einen Schriftsatz an das Landgericht und beantragte darin, den in Frankreich in Haft befindlichen Zeugen Ja. A. , den Bruder der Angeklagten, als Zeugen dazu zu vernehmen, dass der Angeklagte an den ihm vorgeworfenen Hehlerei- und Einbruchsdiebstahlstaten nicht beteiligt gewesen sei. Der Zeuge habe die im Rahmen der Durchsuchung aufgefundenen Gegenstände dem Angeklagten geschenkt sowie auf Frage nach der Herkunft der Gegenstände mitgeteilt, dass er die Geschenke käuflich erworben habe (UA S. 38 f.). Zur Begründung des Antrags bezog sich die Verteidigung insbesondere auf die Übersetzung eines auf Serbisch verfassten, handschriftlichen Schreibens des Zeugen Ja. A. an das Landgericht, in dem er darum bat, zum Gericht nach Deutschland gebracht zu werden. Der Zeuge wolle sagen, „was insgesamt war 2012-2013“ und er sei „alleine schuldig für die Probleme“.
8
b) Die Strafkammer hat ausweislich ihres Beschlusses gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO die Vernehmung des Auslandszeugen wegen Bedeutungslosigkeit abgelehnt und dies damit begründet, dass die in sein Wissen gestellten Behauptungen für die Entscheidung ohne Bedeutung seien, weil dem Angeklagten „als am gleichen Ort wohnenden Bruder […] angesichts der Gesamt- umstände klar gewesen sein“ müsse, „dass Ja. A. dieGegenstände nicht legal erworben haben“ könne.
9
2. Die Rüge genügt den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.
10
Insbesondere schadet es nicht, dass aus der Revisionsbegründungsschrift nicht hervorgeht, ob der schriftliche Antrag auf Vernehmung des Auslandszeugen in der Hauptverhandlung mündlich gestellt worden ist. Denn dem Senat ist es in der vorliegenden Konstellation auch ohne genauere Kenntnis dieser Umstände möglich zu prüfen, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen wären.
11
Es ändert nichts am Prüfungsmaßstab des Revisionsgerichts, wenn man den Antrag der Verteidigung auf Vernehmung des Auslandszeugen nicht als Beweisantrag, sondern lediglich als Beweisanregung ansehen würde. Denn auch das Übergehen eines außerhalb der Hauptverhandlung gestellten, dort aber nicht wiederholten und daher nicht nach Maßgabe von § 244 Abs. 3 bis 6 StPO zu verbescheidenden Beweisantrags (vgl. KK-Krehl, StPO, 7. Aufl., § 244 Rn. 85 mwN) kann nach den Umständen des Einzelfalls eine Verletzung der Aufklärungspflicht darstellen (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2001 – 1 StR 557/00, NStZ-RR 2002, 65, 68; Beschluss vom 20. November 2001 – 1 StR 470/01, NStZ-RR 2002, 110, 111; vgl. BGH, Beschluss vom 30. August 1988, 1 StR 357/88, BGHR StPO § 244 Abs. 2 Aufdrängen 1). Insoweit ist die Entscheidung des Tatgerichts über einen lediglich außerhalb der Hauptverhandlung gestellten schriftlichen Antrag am gleichen Maßstab zu messen, wie die Entscheidung über einen Beweisantrag auf Vernehmung eines Auslandszeugen , die gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO nach Maßgabe der Amtsaufklärungspflicht erfolgt (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2014 – 1 StR 78/14; Urteil vom 18. Januar 1994 – 1 StR 745/93, BGHSt 40, 60, 62; KK-Krehl, StPO, 7. Aufl., § 244 Rn. 212 mwN).
12
3. Die Revision beanstandet zu Recht die Entscheidung des Landgerichts über die Nichtvernehmung des Ja. A. als Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO).

13
a) § 244 Abs. 2 StPO gebietet es, von Amts wegen Beweis zu erheben, wenn aus den Akten oder aus dem Stoff der Verhandlung Umstände und Möglichkeiten bekannt oder erkennbar sind, die bei verständiger Würdigung der Sachlage begründete Zweifel an der Richtigkeit der – auf Grund der bisherigen Beweisaufnahme erlangten – Überzeugung wecken müssen (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2014 – 4 StR 208/14, NStZ 2015, 36 mwN). Ob die vom Gericht auf Grund der verwendeten Beweismittel gewonnene Überzeugung ausreicht oder ob zu ihrer Absicherung oder Überprüfung weitere Beweismittel heranzuziehen sind, ist auf der Grundlage von Verfahrensablauf und Beweislage des Einzelfalls zu beurteilen. Je weniger gesichert ein Beweisergebnis erscheint, desto größer ist der Anlass für das Gericht, trotz der erlangten Überzeugung weitere erkennbare Beweismöglichkeiten zu benutzen (BGH, Beschluss vom 19. März 2013 – 5 StR 79/13, NStZ 2013, 725; Urteil vom 5. Dezember 1995 – 1 StR 580/95, StV 1996, 249, 250). Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Auslandszeuge – wie hier – Vorgänge bekunden soll, die für den Schuldvorwurf von zentraler Bedeutung sind (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2006 – 3 StR 374/06, NStZ 2007, 349, 351).
14
b) Die Strafkammer hat im Urteil festgestellt, dass die konkreten Umstände bei der Übernahme des Diebesguts durch K. A. von seinem Bruder Ja. A. (ohne dessen Vernehmung) gerade nicht aufgeklärt werden konnten (UA S. 19, 38 f.). Die in das Wissen des Zeugen gestellten Behauptungen zu den Umständen der Übergabe des Diebesguts an seine Geschwister waren aber von wesentlicher indizieller Bedeutung für die Feststellung des subjektiven Tatbestands der Hehlerei. Daher besorgt der Senat bereits aufgrund der Beschlussbegründung, in der das Landgericht lediglich pauschal auf die „Gesamtumstände“ verweist, ohne sie näher zu erläutern (zu deninsoweit an die Begründung zu stellenden Anforderungen vgl. Senat, Beschluss vom 20. Dezember 2006 – 2 StR 444/06, StV 2007, 176), dass die Strafkammer bei ihrer Entscheidung den genannten Maßstab der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) verkannt hat.
15
Dies gilt auch mit Blick darauf, dass das Landgericht im Urteil zur Begründung des (bedingten) Hehlereivorsatzes des Angeklagten letztlich auf die Aussage der Zeugin F. abgestellt hat (UA S. 35, 39). Zwar hat die Zeugin bekundet, dass die bei der Durchsuchung aufgefundenen Gegenstände Geschenke von Ja. A. gewesen seien. „Sie, also die gesamte Familie, hätten sich schon gewundert, woher dies alles stamme“. Die Zeugin F. habe „die Zweifel der Familie an dem rechtmäßigen Erwerb der vielen von ihrem Bruder Ja. A. verschenkten Gegenstände lebhaft und überzeugend schil- dern“ können. Dem lässt sich jedoch schon nicht entnehmen, inwiefern der An- geklagte K. A. überhaupt in die geschilderten Familiengespräche involviert war. Überdies berücksichtigt das Landgericht nicht, dass der Angeklagte K. A. nach den Urteilsfeststellungen zum Tatzeitraum nicht in dem Mehrfamilienhaus der Großfamilie, sondern mit seiner Ehefrau in einer eigenen Wohnung unter einer anderen Anschrift wohnte (UA S. 36, 38). Ein Großteil des Diebesguts wurde aber nicht in der Wohnung des Angeklagten K. A. , sondern in dem Mehrfamilienhaus, das von den anderen Familienmitgliedern bewohnt war, aufgefunden (UA S. 27 ff., 36 ff.). Stattdessen geht das Landgericht im Widerspruch dazu in dem die Vernehmung des Zeugen ablehnenden Beschluss gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO nicht zutreffend davon aus, dass K. A. „am gleichen Ort“ gewohnt habe.
16
c) Es lagen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass oder weshalb eine Überstellung des in Frankreich in Haft befindlichen Zeugen zum Zwecke seiner Vernehmung durch das Tatgericht (Art. 11 EuRhÜbk) nicht möglich gewesen wäre (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 6. November 1991 – 2 StR 342/91 –, NStZ 1992, 141; BGH, Urteil vom 29. Oktober 1981 – 4 StR 512/81). Aufgrund der Erklärung seiner Aussagebereitschaft war davon auszugehen, dass er weder von seinem Zeugnisverweigerungsrecht (§ 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO) noch von seinem Auskunftsverweigerungsrecht (§ 55 Abs. 1 StPO) Gebrauch machen wollte und einer Überstellung zur Zeugenvernehmung (Art. 11 Abs. 1 Satz 2 Ziff. a EuRhÜbk) zugestimmt hätte.
17
4. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht.

III.

18
Die Revision des Angeklagten J. A. hat ebenfalls mit einer Aufklärungsrüge Erfolg, mit der der Beschwerdeführer die Nichtvernehmung des Auslandszeugen Ja. A. beanstandet.
19
1. Der Angeklagte J. A. hat – wie der BeschwerdeführerK. A. – die Vernehmung des Auslandszeugen in einem Schriftsatz vom 6. Mai 2015 außerhalb der Hauptverhandlung beantragt und darin unter anderem unter Beweis gestellt, dass der Zeuge die Diebstahlstaten begangen habe und er daran nicht beteiligt gewesen sei. Außerdem seien ihm die bei ihm beschlagnahmten Gegenstände von Ja. A. , der ihm gegenüber angegeben habe, er habe sie aus Einnahmen aus seinem Gebrauchtwagenhandel bezahlt, geschenkt worden.
20
Das Landgericht hat durch Beschluss vom 19. Mai 2015 die Ladung des Zeugen gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine Zuordnung des Diebesguts nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme , soweit es sich nicht am Körper der Angeklagten befunden habe, ausschließlich aufgrund von am Tatort hinterlassenen Spuren denkbar sei, weswegen es nach pflichtgemäßem Ermessen einer Vernehmung des in Frankreich in Haft befindlichen Zeugen nicht bedürfe.
21
2. Als Aufklärungsrüge genügt die Verfahrensbeanstandung den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.
22
Dem Revisionsvorbringen ist nach dessen Sinn und Zweck (vgl. BGH, Beschluss vom 11. März 1993 – 4 StR 31/93 mwN) zu entnehmen, dass mit der Verfahrensrüge die Ablehnung der Vernehmung des Zeugen Ja. A. beanstandet und diese Beanstandung (auch) als Aufklärungsrüge geltend gemacht wird. Dabei schadet es – wie oben ausgeführt – auch nicht, dass aus der Revisionsbegründungsschrift nicht hervorgeht, ob der schriftliche Antrag in der Hauptverhandlung mündlich gestellt worden ist (vgl. oben II.2).
23
3. Die Rüge ist auch begründet.
24
a) Das Landgericht hat bei seiner ablehnenden Entscheidung zwar zutreffend als maßgebendes Kriterium angesehen, ob die Aufklärungspflicht die Erhebung der beantragten Beweise erfordere (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2010 – 3 StR 451/09 –, BGHR StPO § 244 Abs. 5 Satz 2 Auslandszeuge 15 mwN). Bei deren Prüfung hat das Tatgericht namentlich die Bedeutung und den Beweiswert der Aussage des benannten Zeugen vor dem Hintergrund des bisherigen Beweisergebnisses zu würdigen; es ist bei dieser Prüfung auch vom Verbot der Beweisantizipation befreit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2006 – 3 StR 374/06, BGHR StPO § 244 Abs. 5 Satz 2 Auslandszeuge 13; BGH, Urteil vom 18. Januar 1994 – 1 StR 745/93, BGHSt 40, 60). Die Strafkammer durfte daher den zu erwartenden Beweiswert der Aussage des Zeugen vor dem Hintergrund des bisherigen Beweisergebnisses würdigen.
25
b) Allerdings hat die Strafkammer bei ihrer Abwägung den besonderen Umständen des vorliegenden Sachverhalts und der Beweislage nicht im notwendigen Maße Rechnung getragen.
26
Das Landgericht hat bei seiner Entscheidung nicht ausreichend berücksichtigt , dass der Aussage des in Frankreich aufhältigen Zeugen eine herausgehobene Beweisbedeutung zukommt. Bei dem Zeugen Ja. A. , der sich in seinem Schreiben an das Tatgericht als „schuldig für die Probleme“ bekannt hat (offenkundig im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Taten), handelt es sich möglicherweise um den einzigen zur Verfügung stehenden unmittelbaren Tat- und Entlastungszeugen hinsichtlich der Diebstahlstaten. Die Beweislage im Übrigen war auch nicht derart gesichert, dass die Strafkammer sich zum Versuch weiterer Aufklärung durch die zeugenschaftliche Einvernahme von Ja. A. nicht hätte gedrängt sehen müssen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 – 3 StR 274/09, BGHSt 55, 11, 23). So kamen hinsichtlich der Verurteilung wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls (Fälle 12 und 16, Ziff. II.1.a, b der Urteilsgründe) nach dem verlesenen kriminaltechnischen Gutachten zu den am Tatort von zwei Wohnungseinbruchsdiebstählen sichergestellten Schuhabdruckspuren, welches das wesentliche Indiz für die Täterschaft des Angeklagten J. A. darstellt (UA S. 31 f.), die Schuhe des Angeklagten aufgrund von Profilübereinstimmungen und der Gleichartigkeit der Größenverhältnisse als Spurenverursacher zwar in Betracht. Allerdings konnte die Strafkammer keine sichere Übereinstimmung der Schuhspur mit den Schuhen des Angeklagten feststellen, weil es hierfür an besonderen Merkmalen fehlte, die die Spur einzigartig oder sonst individuell unterscheidbar machten. Die Aufklärungspflicht hätte es deshalb geboten, den Zeugen Ja. A. hinsichtlich der im Zusammenhang mit den Diebstahlstaten unter Beweis gestellten Umständen zu vernehmen.
27
Dies gilt im Übrigen auch mit Blick auf die in das Wissen des Zeugen gestellten Behauptungen zu den Umständen der Übergabe des Diebesguts an den Angeklagten. Das Landgericht, das hierauf in seinem ablehnenden Beschluss nicht eingegangen ist, musste sich auch diesbezüglich zur Vernehmung des Ja. A. gedrängt sehen (vgl. oben II.3).
28
4. Auf dem Rechtsfehler beruht das Urteil auch. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht zu einer anderen Würdigung der Beweise gelangt wäre, wenn der Zeuge Ja. A. die in sein Wissen gestellten Umstände bestätigt hätte.
29
5. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Vorgehensweise des Landgerichts, einzelne Beweisbehauptungen aus den Anträgen der Verteidiger der Beschwerdeführer auf Vernehmung des Zeugen Ja. A. – gleichsam wie eine Einlassung der Angeklagten – in seine Beweiswürdigung miteinzustellen (UA S. 34 f., 38 f.), rechtsfehlerhaft war. Beweisbehauptungen , die in einem von dem Verteidiger gestellten Beweisantrag enthalten sind, dürfen nicht in eine Einlassung des Angeklagten umgedeutet werden, sofern sich dieser hierzu nicht erklärt (BGH, Beschlüsse vom 7. August 2014 – 3 StR 105/14, NStZ 2015, 207, 208; vom 12. April 2000 -, 1 StR 623/99, NStZ 2000, 495; vom 29. Mai 1990 – 4 StR 118/90, NStZ 1990, 447, 448). Ob die Angeklagten entsprechende Erklärungen abgegeben haben, lässt sich dem Urteil vorliegend nicht entnehmen.

IV.

30
Hinsichtlich der Angeklagten N. A. hat die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge einen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil ergeben, der zur Urteilsaufhebung führt.
31
1. Nach den Feststellungen brach die Angeklagte unter Mitwirkung weiterer unbekannter Täter am Morgen des 28. Januar 2013 in ein Wohnhaus der Geschädigten L. in T. ein, indem die Täter das Zugangsfenster zur Küche mittels eines Pflastersteins einschlugen. Auf diesem Weg gelangten die Angeklagte und ihre Mittäter in das Wohnhaus, suchten dort nach stehlens- werten Gegenständen und entwendeten gemeinsam Bargeld, Schmuck und andere Wertgegenstände im Gesamtwert von etwa 45.000 Euro (Fall 9).
32
2. Die Beweiswürdigung des Landgerichts im Fall 9 hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
33
a) Die Strafkammer hat die Angeklagte N. A. im Wesentlichen deshalb als überführt angesehen, weil innerhalb des Wohnhauses der Geschädigten L. der Angeklagten zuzuordnende DNA-Spuren aufgefunden wurden (UA S. 40). Diese von ihr hinterlassenen Spuren seien nicht anders zu erklären als mit dem Eindringen der Angeklagten in das Wohnhaus und dem damit verbundenen Entwenden der dort befindlichen Wertgegenstände, zumal keine Anhaltspunkte gegeben seien, die den Aufenthalt der Angeklagten dort anderweitig erklären könnten (UA S. 42). Hinzu trete, dass beim Wohnungseinbruch entwendete Gegenstände im näheren Umfeld der Angeklagten, nämlich in den von ihr und ihren Familienmitgliedern bewohnten Wohnungen, aufgefunden wurden (UA S. 42).
34
Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, dass im Rahmen der Spurensicherung am Tatort des Wohnungseinbruchs an dem Griff eines Schlüssels für eine Öffnungsblende am Doppelbett im Schlafzimmer ein Abrieb genommen wurde, an dem eine DNA-Spur festgestellt worden sei, die mit dem DNAIdentifizierungsmuster der Angeklagten N. A. übereinstimme. Zudem gehe aus einem verlesenen Gutachten der Firma E. GmbH hervor, dass der Abrieb von der genannten Schlüsselreide unter- sucht und dabei „eine Mischung von Merkmalen von mehr als einer Person festgestellt worden sei; bei einem direkten Abgleich mit Tatverdächtigen oder Tatortberechtigten sei eine Bewertung möglich“, (UA S. 41). Weiter seien in der Hauptverhandlung die „zweite Ergänzung zum Behördengutachten des LKA vom 24.04.2013 (Bl. 81-83 SB Spuren)“, „die Treffermitteilung des Thüringer LKA vom 18.03.2014 (Bl. 89 SB Spuren)“ verlesen sowie die „hierzu gehörige tabellarische Übersicht (Bl. 90 SB Spuren)“ im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Aus der Ergänzung zum Behördengutachten gehe hervor, dass unter anderem ein Mundhöhlenabstrich der Angeklagten mit Blick auf „Spurmaterial von Schnürsenkeln von sichergestellten Schuhen“ untersucht wurde. Aus der Treffermitteilung gehe eine Übereinstim- mung des DNA-Identifizierungsmusters der Angeklagten N. A. mit dem Abrieb der Schlüsselreide hervor (UA S. 41). Nähere Erläuterungen zu dem DNA-Identifizierungsmuster der Angeklagten, der sichergestellten Mischspur und der molekluargenetischen Vergleichsuntersuchung enthalten die Urteilsgründe nicht.
35
b) Dies genügt den Anforderungen nicht, die an eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung zu stellen sind. In Fällen, in denen das Tatgericht dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, sind die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212, 217 mwN). Für die Darstellung des Ergebnisses einer auf einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung ist jedenfalls erforderlich, dass der Tatrichter mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination zu erwarten ist (BGH, Beschluss vom 12. April 2016 – 4 StR 18/16; Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 1 StR 364/14, NStZ-RR 2015, 87, 88; Urteil vom 5. Juni 2014 – 4 StR 439/13, NJW 2014, 2454; Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212,

217).


36
c) Daran gemessen leidet das Urteil des Landgerichts an durchgreifenden Darlegungsmängeln. Den Ausführungen der Strafkammer zur DNAVergleichsuntersuchung lässt sich weder entnehmen, wie viele Systeme bei der Tatort(misch)spur und dem DNA-Identifizierungsmuster der Angeklagten detektiert und untersucht wurden, noch mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination zu erwarten ist. Nähere Darlegungen hierzu waren schon deswegen nicht entbehrlich, weil im vorliegenden Fall die Besonderheit gegeben ist, dass mehr als eine Person als Spurenleger angenommen werden kann (Mischspur) und eine Verwandtschaft zwischen möglichen spurenbeteiligten Personen in Betracht kommt (vgl. Senat, Urteil vom 24. März 2016 – 2 StR 112/14; BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 – 4 StR 439/13, NJW 2014, 2454).
37
d) Da das Landgericht seine Überzeugung von der Täterschaft der Angeklagten N. A. im Wesentlichen auf ihre Spurenlegerschaft und damit auf das Ergebnis der DNA-Vergleichsuntersuchungen gestützt hat, kann der Senat ein Beruhen des Urteils auf diesem Darstellungsmangel nicht ausschließen.

V.

38
1. Da das Urteil bereits auf die Verfahrensrügen der Angeklagten K. A. (vgl. oben unter II.) und J. A. (vgl. oben unter III.) sowie auf die Sachrüge der Angeklagten N. A. (vgl. oben unter IV.) vollständig aufzuheben ist, braucht der Senat auf die darüber hinaus erhobenen Rügen im Einzelnen nicht einzugehen.
39
2. Für die neu zu treffende Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
40
Sollte die neue Hauptverhandlung wiederum zu einer Verurteilung der Angeklagten führen, wird die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer im Rahmen der Gesamtstrafenbildung insbesondere Folgendes zu berücksichtigen haben:
41
a) Das Landgericht hat den Vollstreckungsstand hinsichtlich der am 7. Mai 2013 durch das Amtsgericht W. gegen den Angeklagten J. A. verhängten Geldstrafe (9 Cs 613 Js 203697/13) wegen der Tat vom 21. Februar 2013, die an sich gesamtstrafenfähig ist, nicht mitgeteilt. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die verhängte Geldstrafe im Zeitpunkt der Verkündung des angefochtenen Urteils noch nicht erledigt war. Sollte sie erledigt sein und deshalb eine Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 StGB ausscheiden , wäre ein Härteausgleich möglich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. März 2016 – 4 StR 7/16 – und vom 2. Dezember 2015 – 4 StR 423/15).
42
b) Die vom Amtsgericht W. mit Urteil vom 11. März 2014 (9 Ds 711 Js 209920/13) gegen die Angeklagte N. A. ausgesprochene, nicht vollständig erledigte Freiheitsstrafe von sechs Monaten wegen der Tat vom 19. September 2013 wäre mit einer Strafe wegen der Tat vom 28. Januar 2013 des angefochtenen Urteils und der Strafe aus dem rechtskräftigen Strafbefehl vom 28. Februar 2013 (8 Ds 538 Js 203310/10) nicht gesamtstrafenfähig. Wenn die neu abzuurteilende Tat – wie hier – vor zwei rechtskräftigen, unerledigten Vorverurteilungen begangen wurde, ist mit der Strafe aus der ersten Verurteilung eine nachträgliche Gesamtstrafe zu bilden; diese erste Vorverurteilung bildet eine Zäsur, so dass die zweite Vorverurteilung selbständig bestehen bleibt (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Mai 2004 – 2 StR 24/04; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 55 Rn. 9, 11 mwN). Nach diesen Grundsätzen entfaltet die (offenbar) noch nicht erledigte Bewährungsstrafe aus dem Strafbefehl vom 28. Februar 2013 Zäsurwirkung, so dass im Fall einer erneuten Verurteilung der Angeklagten N. A. wegen der Tat vom 28. Januar 2013 eine Gesamtstrafenbildung lediglich mit dieser zäsurbildenden Freiheitsstrafe in Betracht kommt, nicht aber mit der durch Urteil des Amtsgericht Weißenfeld vom 11. März 2014 (9 Ds 711 Js 209920/13) verhängten Freiheitsstrafe. Da das Landgericht die letztgenannte Strafe rechtsfehlerhaft in die Gesamtstrafe einbezogen hat, wird das neue Tatgericht im Fall einer Verurteilung bei der Strafzumessung mit Blick auf das Gesamtstrafübel das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) in den Blick zu nehmen haben. Fischer Appl Krehl Eschelbach RinBGHDr. Ott ist aus tatsächlichen Gründen an der Unterschrift gehindert. Fischer

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 445/13
vom
13. März 2014
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. März
2014, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer
als Vorsitzender,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 27. Juni 2013 wird verworfen.
2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem anderen rechtskräftigen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist für deren Wiedererteilung von zwei Jahren festgesetzt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte eine Verletzung des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO und macht mit der Sachrüge Rechtsfehler im Rahmen der Beweiswürdigung geltend. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I.


2
Soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, hat das Landgericht im Wesentlichen die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
Am 24. November 2010 um 14:25 Uhr durchfuhr der Angeklagte mit seinem Pkw Marke Ford Mondeo die Straße in B. , um dort den Nebenkläger abzupassen und durch seine drei unbekannt gebliebenen Mitfahrer zusammenschlagen zu lassen. Als ihm der Nebenkläger auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig mit seinem Fahrrad entgegenkam, lenkte der Angeklagte seinen Pkw absichtlich auf den Gehweg und fuhr direkt auf ihn zu. Dabei war ihm bewusst, dass er den Nebenkläger konkret gefährdete. Mögliche Verletzungen , die durch ein Stürzen oder Anfahren des Nebenklägers entstehen konnten, nahm er billigend in Kauf. Tatsächlich touchierte der vordere Bereich seines Pkw das Vorderrad des Fahrrades des Nebenklägers, der neben einem geparkten Pkw der Marke Alfa Romeo zu Fall kam. Danach setzte der Angeklagte sein Fahrzeug ein kurzes Stück zurück. Der Nebenkläger, der den Angeklagten sofort erkannt hatte, rappelte sich auf und wollte mit seinem Fahrrad weiterfahren. In diesem Moment sprangen die drei Mitfahrer des Angeklagten – wievon vorneherein abgesprochen – aus dem Wagen. Einer von ihnen traktierte den Nebenkläger von hinten mit einem Baseballschläger oder einem ähnlichen Gegenstand. Anschließend traten und schlugen die drei Männer dem gemeinsamen Tatplan entsprechend auf den zu Boden gegangenen Nebenkläger ein, der sich erfolglos zu schützen versuchte. Schließlich zogen sie den Nebenkläger hoch, warfen ihn auf die Motorhaube des Alfa Romeo und schlugen weiter auf ihn ein. Dabei trafen mindestens zwei Schläge den linken Kotflügel des Fahrzeugs und verursachten tiefe Beulen. Als ein Nachbar, der auf das Geschehen aufmerksam geworden war, laut schrie, zogen sich die drei Männer in den in der Nähe haltenden Pkw des Angeklagten zurück, der nicht selbst ausgestiegen war. Sodann flohen alle vier gemeinsam vom Tatort.
4
Der Nebenkläger erlitt drei Kopfplatzwunden, eine Gesichtsprellung, eine Schürfwunde am linken Schienbein und eine Prellung am Übergang von Brust- und Lendenwirbel. Eine Kopfverletzung musste mit mehreren Stichen genäht werden. Das Vorderrad seines Fahrrades war eingeklemmt und ließ sich nicht mehr drehen. An dem geparkten Pkw Alfa Romeo entstand ein Schaden in Höhe von 2.500 Euro.
5
Das Landgericht hat das Anfahren des Nebenklägers als gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB gewertet und den Qualifikationstatbestand des § 315b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1b StGB für erfüllt angesehen. Hinsichtlich der in der Misshandlung des Nebenklägers liegenden gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB) ist es von einem mittäterschaftlichen Handeln des Angeklagten und seiner drei Mitfahrer ausgegangen.

II.


6
Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
7
1. Die Rüge, das Landgericht habe bei der auf § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO gestützten Zurückweisung eines Beweisantrages auf Einvernahme der Zeugin B. gegen Verfahrensrecht verstoßen, ist jedenfalls unbegründet.
8
a) Nach dem Revisionsvorbringen stellte der Verteidiger des Angeklagten am 14. Verhandlungstag den Antrag, die in C. /Tschechien zu ladende Zeugin B. zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass sich der Angeklagte am 24. November 2010 um 14.30 Uhr in C. befunden habe. Die Zeugin werde bestätigen, dass sich der Angeklagte am angegebenen Tag, also auch zum Tatzeitpunkt, bei ihr aufgehalten habe. Mit Beschluss vom selben Tag lehnte das Landgericht die beantragte Beweiserhebung gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO ab und führte zur Begründung aus, dass es aufgrund des bisherigen Ergebnisses der Beweisaufnahme davon überzeugt sei, dass der Angeklagte am Tattag in B. vor Ort und an dem Geschehen beteiligt war. Im Anschluss daran stellte das Landgericht das bisherige Beweisergebnis dar und führte abschließend aus, dass nach einer Gesamtwürdigung dieser Beweismittel keine Veranlassung bestehe, die erst jetzt benannte Auslandszeugin zu laden und zu hören, da ihre Vernehmung keinen Einfluss auf die Überzeugungsbildung haben könne.
9
b) Diese Verfahrensweise hält rechtlicher Überprüfung stand.
10
aa) Nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO kann ein auf die Vernehmung eines Auslandszeugen gerichteter Beweisantrag abgelehnt werden, wenn die Beweiserhebung nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist (§ 244 Abs. 2 StPO). Dabei ist das Gericht von dem Verbot der Beweisantizipation befreit und darf seine Entscheidung davon abhängig machen, welche Ergebnisse von der beantragten Beweisaufnahme zu erwarten sind und wie diese zu erwartenden Ergebnissezu würdigen wären. Kommt es unter Berücksichtigung sowohl des Vorbringens zur Begründung des Beweisantrags, als auch der in der bisherigen Beweisaufnahme angefallenen Erkenntnisse zu dem Ergebnis, dass ein Einfluss auf seine Überzeugung auch dann sicher ausgeschlossen ist, wenn der benannte Zeuge die in sein Wissen gestellte Behauptung bestätigen werde, ist eine Ablehnung des Beweisantrags rechtlich nicht zu beanstanden (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2010 – 3 StR 401/10, NStZ-RR 2011, 116, 117; Beschluss vom 26. Oktober 2006 – 3 StR 374/06, NStZ 2007, 349, 350; Urteil vom 18. Januar 1994 – 1 StR 745/93, BGHSt 40, 60, 62; weitere Nachweise bei Becker in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 356). In dem hierfür erforderlichen Gerichtsbeschluss (§ 244 Abs. 6 StPO) müssen die maßgeblichen Erwägungen so umfassend dargelegt werden, dass es dem Antragsteller möglich wird, seine Verteidigung auf die neue Verfahrenslage einzustellen und das Revisionsgericht überprüfen kann, ob die Antragsablehnung auf einer rational nachvollziehbaren, die wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalles erkennbar berücksichtigenden Argumentation beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2010 – 1 StR 644/09, wistra 2010, 410, 411; Urteil vom 18. Januar 1994 – 1 StR 745/93, BGHSt 40, 60, 63; Becker in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 359).
11
bb) Diesen Anforderungen wird der angegriffene Ablehnungsbeschluss gerecht.
12
(1) Ob das Gebot des § 244 Abs. 2 StPO, die Beweisaufnahme zur Erforschung der Wahrheit auf alle entscheidungsrelevanten Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, es gebietet, dem Beweisantrag auf Vernehmung eines Auslandszeugen nachzukommen, kann nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalles beurteilt werden. Allgemein gilt lediglich der Grundsatz, dass bei einem durch die bisherige Beweisaufnahme gesicherten Beweisergebnis auf breiter Beweisgrundlage eher von der Vernehmung des Auslandszeugen abgesehen werden kann. Dagegen wird die Vernehmung des Auslandszeugen umso eher notwendig sein, je ungesicherter das bisherige Beweisergebnis erscheint, je größer die Unwägbarkeiten sind und je mehr Zweifel hinsichtlich des Werts der bisher erhobenen Beweise überwunden werden müssen; dies gilt insbesondere dann, wenn der Auslandszeuge Vorgänge bekunden soll, die für den Schuldvorwurf von zentraler Bedeutung sind (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2006 – 3 StR 374/06, NStZ 2007, 349, 351; Becker in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 357 mwN).
13
(2) Daran gemessen hat das Landgericht hier die Grenzen zulässiger antizipatorischer Beurteilung nicht überschritten.
14
Das Landgericht, das ersichtlich davon ausgegangen ist, dass die Zeugin B. die in ihr Wissen gestellte Beweisbehauptung bestätigen werde, hat in den Beschlussgründen die von ihm bisher erhobenen Beweise im Einzelnen dargestellt, deren Aussagekraft ausführlich erörtert und auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung verdeutlicht, warum seine Überzeugung von der Anwesenheit des Angeklagten am Tatort soweit gesichert ist, dass sie durch eine gegenteilige – auf einen Alibibeweis abzielende – Zeugenaussage nicht mehr ernsthaft in Frage gestellt werden kann. Dabei hat es nicht nur auf die Aussage des Nebenklägers abgestellt, sondern weitere Indizien von Gewicht (aufgezeichnetes Gespräch des Angeklagten mit dem Zeugen S. , spontane Angaben des Nebenklägers gegenüber der Polizei am Tatort, Verwendung des Pkw des Angeklagten zur Tatbegehung) herangezogen. Die dazu angestellten Erwägungen sind tragfähig und nachvollziehbar. Zwingend brauchen sie nicht zu sein (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 – 3 StR 269/04, NStZ 2005, 701 Rn. 12).
15
Eine besondere Beweissituation, der durch die Anlegung eines strengeren Maßstabes an die Ablehnung des Beweisantrages Rechnung zu tragen gewesen wäre, lag nicht vor. Der den Angeklagten durch seine Angaben belastende Nebenkläger stand in der Hauptverhandlung für eine konfrontative Befragung (Art. 6 Abs. 3d MRK) zur Verfügung (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2013 – 5 StR 401/13, NStZ 2014, 51). Weder die verfahrensgegen- ständliche Tat noch die Beweisführung weisen einen die Verteidigung erschwerenden besonderen Auslandsbezug auf (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 – 3 StR 274/09, BGHSt 55, 11 Rn. 37). Schließlich ist auch nicht von einer typischen Aussage-gegen-Aussage-Konstellation auszugehen, bei der ein seine Schuld im Kern bestreitender Angeklagter allein durch die Aussage eines einzelnen Zeugen belastet wird und objektive Beweisumstände fehlen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 24. April 2003 – 3 StR 181/02, NStZ 2003, 498, 499; Beschluss vom 18. Juni 1997 – 2 StR 140/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 14; Beschluss vom 22. April 1987 – 3 StR 141/87, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1).
16
(3) Soweit das Landgericht in seinem Ablehnungsbeschluss berücksichtigt hat, dass der Beweisantrag zu einem späten Zeitpunkt („erst jetzt benannte Auslandszeugin“) gestellt worden ist, macht dies seine Entscheidung nicht rechtsfehlerhaft. Zwar hatte sich der Angeklagte – wie sich aus den auf die Sachrüge hin zu beachtenden Urteilsgründen ergibt – bis zur Antragstellung noch nicht zum Tatvorwurf geäußert, sodass aus dem Umstand, dass die dem Beweisbegehren zugrunde liegende Alibibehauptung nicht früher aufgestellt worden ist, keine Schlüsse zu seinem Nachteil gezogen werden durften (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2009 – 3 StR 80/09, NStZ 2009, 705; Beschluss vom 23. Oktober 2001 – 1 StR 415/01, NStZ 2002, 161, 162; Urteil vom 25. April 1989 – 1 StR 97/89, BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 10; KK-StPO/Krehl, 7. Aufl., § 244 Rn. 213; Rose, NStZ 2012, 18, 24), doch vermag der Senat auszuschließen, dass es sich bei dieser Erwägung um einen die Ablehnungsentscheidung tragenden Gedanken handelt.
17
(4) Da das Landgericht zu der Überzeugung gelangt ist, dass eine Einvernahme der Zeugin für die Sachaufklärung nicht notwendig ist, war es – ent- gegen der Auffassung des Revisionsführers – nicht gehalten, eine Ladung der Zeugin zu versuchen oder Vernehmungsalternativen zu prüfen. Denn mit der Ablehnung nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO entfällt die Pflicht, sich um den Zeugen weiter zu bemühen. Der Tatrichter hat auch nicht mehr zu prüfen, ob eine Vernehmung im Wege der Rechtshilfe möglich ist. Es entfällt auch die Entscheidung , ob im Rahmen des erweiterten Erreichbarkeitsbegriffs (vgl. Becker in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 259 mwN) eine Vernehmung in der Hauptverhandlung durch eine Vernehmung im Ausland im Wege der Videokonferenz nach § 247a StPO ersetzt werden kann (BGH, Beschluss vom 5. September 2000 – 1 StR 325/00, BGHR StPO § 244 Abs. 5 Satz 2 Auslandszeuge 9; Beschluss vom 21. August 2007 – 3 StR 238/07, NStZ 2009, 168, 169).
18
2. Soweit sich der Beschwerdeführer mit der ausgeführten Sachrüge gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts wendet, vermag er keine Rechtsfehler aufzuzeigen.
19
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Die revisionsgerichtliche Überprüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 – 4 StR 33/12, Rn. 10, wistra 2013, 195, 196; Beschluss vom 23. August 2012 – 4 StR 305/12, NStZ-RR 2012, 383, 384; Urteil vom 6. November 1998 – 2 StR 636/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16 mwN).
20
b) Daran gemessen ist die Beweiswürdigung des Landgerichts nichtzu beanstanden.
21
aa) Die Wertung, es spreche gegen eine Falschbelastungsabsicht auf Seiten des Nebenklägers, dass er dem Angeklagten keine eigene Beteiligung an den eigentlichen Verletzungshandlungen zugeschrieben habe, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es entspricht gesichertem Erfahrungswissen, dass der Verzicht auf eine naheliegende Mehrbelastung ein Hinweis auf die Erlebnisbasis der Aussage sein kann (vgl. Jansen, Zeuge und Aussagepsychologie , 2012, Rn. 725 mwN).
22
bb) Der von der Revision behauptete Zirkelschluss bei der Bewertung der Angaben des Nebenklägers zu dem von den Tätern benutzten Pkw liegt nicht vor. Das Landgericht hat der zutreffenden Beschreibung des Pkw des Angeklagten durch den Nebenkläger unmittelbar nach dem Vorfall eine besondere Bedeutung beigemessen, weil es sich dabei um eine „spontane Erstbekundung“ gehandelt habe und nicht zu erwarten sei, dass ein soeben überfallener und noch unter dem Eindruck der Ereignisse stehender Zeuge die Geistesgegenwart besitze, diese Gelegenheit dazu auszunutzen, einen langjährigen Widersacher seines Sohnes mit stimmigen Angaben zu Unrecht zu belasten. Das Landgericht hat damit nicht aus der Aussage selbst auf ihre Glaubhaftigkeit geschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2004 – 2 StR 441/04, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 32; Urteil vom 9. März 1993 – 1 StR 870/92 [insoweit in BGHSt 39, 159 nicht abgedruckt]), sondern die besonderen äußeren Umstände bei der Entstehung der Erstaussage als Anzeichen für deren Erlebnisbezug gewertet.
23
cc) Soweit die Revision die Erörterung von Widersprüchen vermisst, die sich aus den Angaben des Nebenklägers zur Fahrtrichtung in früheren Vernehmungen ergeben sollen und dazu auch auf eine Karte Bezug nimmt, ist ihr Vorbringen urteilsfremd und deshalb im Rahmen der Prüfung auf eine Sachrüge hin unbeachtlich. Im Übrigen erschöpfen sich die Einwände der Revision in dem unzulässigen Versuch, die Wertungen des Landgerichts durch eigene zu ersetzen.
Mutzbauer Cierniak Franke
Bender Quentin

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 445/13
vom
13. März 2014
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. März
2014, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer
als Vorsitzender,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 27. Juni 2013 wird verworfen.
2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem anderen rechtskräftigen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist für deren Wiedererteilung von zwei Jahren festgesetzt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte eine Verletzung des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO und macht mit der Sachrüge Rechtsfehler im Rahmen der Beweiswürdigung geltend. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I.


2
Soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, hat das Landgericht im Wesentlichen die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
Am 24. November 2010 um 14:25 Uhr durchfuhr der Angeklagte mit seinem Pkw Marke Ford Mondeo die Straße in B. , um dort den Nebenkläger abzupassen und durch seine drei unbekannt gebliebenen Mitfahrer zusammenschlagen zu lassen. Als ihm der Nebenkläger auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig mit seinem Fahrrad entgegenkam, lenkte der Angeklagte seinen Pkw absichtlich auf den Gehweg und fuhr direkt auf ihn zu. Dabei war ihm bewusst, dass er den Nebenkläger konkret gefährdete. Mögliche Verletzungen , die durch ein Stürzen oder Anfahren des Nebenklägers entstehen konnten, nahm er billigend in Kauf. Tatsächlich touchierte der vordere Bereich seines Pkw das Vorderrad des Fahrrades des Nebenklägers, der neben einem geparkten Pkw der Marke Alfa Romeo zu Fall kam. Danach setzte der Angeklagte sein Fahrzeug ein kurzes Stück zurück. Der Nebenkläger, der den Angeklagten sofort erkannt hatte, rappelte sich auf und wollte mit seinem Fahrrad weiterfahren. In diesem Moment sprangen die drei Mitfahrer des Angeklagten – wievon vorneherein abgesprochen – aus dem Wagen. Einer von ihnen traktierte den Nebenkläger von hinten mit einem Baseballschläger oder einem ähnlichen Gegenstand. Anschließend traten und schlugen die drei Männer dem gemeinsamen Tatplan entsprechend auf den zu Boden gegangenen Nebenkläger ein, der sich erfolglos zu schützen versuchte. Schließlich zogen sie den Nebenkläger hoch, warfen ihn auf die Motorhaube des Alfa Romeo und schlugen weiter auf ihn ein. Dabei trafen mindestens zwei Schläge den linken Kotflügel des Fahrzeugs und verursachten tiefe Beulen. Als ein Nachbar, der auf das Geschehen aufmerksam geworden war, laut schrie, zogen sich die drei Männer in den in der Nähe haltenden Pkw des Angeklagten zurück, der nicht selbst ausgestiegen war. Sodann flohen alle vier gemeinsam vom Tatort.
4
Der Nebenkläger erlitt drei Kopfplatzwunden, eine Gesichtsprellung, eine Schürfwunde am linken Schienbein und eine Prellung am Übergang von Brust- und Lendenwirbel. Eine Kopfverletzung musste mit mehreren Stichen genäht werden. Das Vorderrad seines Fahrrades war eingeklemmt und ließ sich nicht mehr drehen. An dem geparkten Pkw Alfa Romeo entstand ein Schaden in Höhe von 2.500 Euro.
5
Das Landgericht hat das Anfahren des Nebenklägers als gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB gewertet und den Qualifikationstatbestand des § 315b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1b StGB für erfüllt angesehen. Hinsichtlich der in der Misshandlung des Nebenklägers liegenden gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB) ist es von einem mittäterschaftlichen Handeln des Angeklagten und seiner drei Mitfahrer ausgegangen.

II.


6
Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
7
1. Die Rüge, das Landgericht habe bei der auf § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO gestützten Zurückweisung eines Beweisantrages auf Einvernahme der Zeugin B. gegen Verfahrensrecht verstoßen, ist jedenfalls unbegründet.
8
a) Nach dem Revisionsvorbringen stellte der Verteidiger des Angeklagten am 14. Verhandlungstag den Antrag, die in C. /Tschechien zu ladende Zeugin B. zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass sich der Angeklagte am 24. November 2010 um 14.30 Uhr in C. befunden habe. Die Zeugin werde bestätigen, dass sich der Angeklagte am angegebenen Tag, also auch zum Tatzeitpunkt, bei ihr aufgehalten habe. Mit Beschluss vom selben Tag lehnte das Landgericht die beantragte Beweiserhebung gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO ab und führte zur Begründung aus, dass es aufgrund des bisherigen Ergebnisses der Beweisaufnahme davon überzeugt sei, dass der Angeklagte am Tattag in B. vor Ort und an dem Geschehen beteiligt war. Im Anschluss daran stellte das Landgericht das bisherige Beweisergebnis dar und führte abschließend aus, dass nach einer Gesamtwürdigung dieser Beweismittel keine Veranlassung bestehe, die erst jetzt benannte Auslandszeugin zu laden und zu hören, da ihre Vernehmung keinen Einfluss auf die Überzeugungsbildung haben könne.
9
b) Diese Verfahrensweise hält rechtlicher Überprüfung stand.
10
aa) Nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO kann ein auf die Vernehmung eines Auslandszeugen gerichteter Beweisantrag abgelehnt werden, wenn die Beweiserhebung nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist (§ 244 Abs. 2 StPO). Dabei ist das Gericht von dem Verbot der Beweisantizipation befreit und darf seine Entscheidung davon abhängig machen, welche Ergebnisse von der beantragten Beweisaufnahme zu erwarten sind und wie diese zu erwartenden Ergebnissezu würdigen wären. Kommt es unter Berücksichtigung sowohl des Vorbringens zur Begründung des Beweisantrags, als auch der in der bisherigen Beweisaufnahme angefallenen Erkenntnisse zu dem Ergebnis, dass ein Einfluss auf seine Überzeugung auch dann sicher ausgeschlossen ist, wenn der benannte Zeuge die in sein Wissen gestellte Behauptung bestätigen werde, ist eine Ablehnung des Beweisantrags rechtlich nicht zu beanstanden (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2010 – 3 StR 401/10, NStZ-RR 2011, 116, 117; Beschluss vom 26. Oktober 2006 – 3 StR 374/06, NStZ 2007, 349, 350; Urteil vom 18. Januar 1994 – 1 StR 745/93, BGHSt 40, 60, 62; weitere Nachweise bei Becker in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 356). In dem hierfür erforderlichen Gerichtsbeschluss (§ 244 Abs. 6 StPO) müssen die maßgeblichen Erwägungen so umfassend dargelegt werden, dass es dem Antragsteller möglich wird, seine Verteidigung auf die neue Verfahrenslage einzustellen und das Revisionsgericht überprüfen kann, ob die Antragsablehnung auf einer rational nachvollziehbaren, die wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalles erkennbar berücksichtigenden Argumentation beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2010 – 1 StR 644/09, wistra 2010, 410, 411; Urteil vom 18. Januar 1994 – 1 StR 745/93, BGHSt 40, 60, 63; Becker in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 359).
11
bb) Diesen Anforderungen wird der angegriffene Ablehnungsbeschluss gerecht.
12
(1) Ob das Gebot des § 244 Abs. 2 StPO, die Beweisaufnahme zur Erforschung der Wahrheit auf alle entscheidungsrelevanten Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, es gebietet, dem Beweisantrag auf Vernehmung eines Auslandszeugen nachzukommen, kann nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalles beurteilt werden. Allgemein gilt lediglich der Grundsatz, dass bei einem durch die bisherige Beweisaufnahme gesicherten Beweisergebnis auf breiter Beweisgrundlage eher von der Vernehmung des Auslandszeugen abgesehen werden kann. Dagegen wird die Vernehmung des Auslandszeugen umso eher notwendig sein, je ungesicherter das bisherige Beweisergebnis erscheint, je größer die Unwägbarkeiten sind und je mehr Zweifel hinsichtlich des Werts der bisher erhobenen Beweise überwunden werden müssen; dies gilt insbesondere dann, wenn der Auslandszeuge Vorgänge bekunden soll, die für den Schuldvorwurf von zentraler Bedeutung sind (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2006 – 3 StR 374/06, NStZ 2007, 349, 351; Becker in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 357 mwN).
13
(2) Daran gemessen hat das Landgericht hier die Grenzen zulässiger antizipatorischer Beurteilung nicht überschritten.
14
Das Landgericht, das ersichtlich davon ausgegangen ist, dass die Zeugin B. die in ihr Wissen gestellte Beweisbehauptung bestätigen werde, hat in den Beschlussgründen die von ihm bisher erhobenen Beweise im Einzelnen dargestellt, deren Aussagekraft ausführlich erörtert und auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung verdeutlicht, warum seine Überzeugung von der Anwesenheit des Angeklagten am Tatort soweit gesichert ist, dass sie durch eine gegenteilige – auf einen Alibibeweis abzielende – Zeugenaussage nicht mehr ernsthaft in Frage gestellt werden kann. Dabei hat es nicht nur auf die Aussage des Nebenklägers abgestellt, sondern weitere Indizien von Gewicht (aufgezeichnetes Gespräch des Angeklagten mit dem Zeugen S. , spontane Angaben des Nebenklägers gegenüber der Polizei am Tatort, Verwendung des Pkw des Angeklagten zur Tatbegehung) herangezogen. Die dazu angestellten Erwägungen sind tragfähig und nachvollziehbar. Zwingend brauchen sie nicht zu sein (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 – 3 StR 269/04, NStZ 2005, 701 Rn. 12).
15
Eine besondere Beweissituation, der durch die Anlegung eines strengeren Maßstabes an die Ablehnung des Beweisantrages Rechnung zu tragen gewesen wäre, lag nicht vor. Der den Angeklagten durch seine Angaben belastende Nebenkläger stand in der Hauptverhandlung für eine konfrontative Befragung (Art. 6 Abs. 3d MRK) zur Verfügung (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2013 – 5 StR 401/13, NStZ 2014, 51). Weder die verfahrensgegen- ständliche Tat noch die Beweisführung weisen einen die Verteidigung erschwerenden besonderen Auslandsbezug auf (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 – 3 StR 274/09, BGHSt 55, 11 Rn. 37). Schließlich ist auch nicht von einer typischen Aussage-gegen-Aussage-Konstellation auszugehen, bei der ein seine Schuld im Kern bestreitender Angeklagter allein durch die Aussage eines einzelnen Zeugen belastet wird und objektive Beweisumstände fehlen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 24. April 2003 – 3 StR 181/02, NStZ 2003, 498, 499; Beschluss vom 18. Juni 1997 – 2 StR 140/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 14; Beschluss vom 22. April 1987 – 3 StR 141/87, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1).
16
(3) Soweit das Landgericht in seinem Ablehnungsbeschluss berücksichtigt hat, dass der Beweisantrag zu einem späten Zeitpunkt („erst jetzt benannte Auslandszeugin“) gestellt worden ist, macht dies seine Entscheidung nicht rechtsfehlerhaft. Zwar hatte sich der Angeklagte – wie sich aus den auf die Sachrüge hin zu beachtenden Urteilsgründen ergibt – bis zur Antragstellung noch nicht zum Tatvorwurf geäußert, sodass aus dem Umstand, dass die dem Beweisbegehren zugrunde liegende Alibibehauptung nicht früher aufgestellt worden ist, keine Schlüsse zu seinem Nachteil gezogen werden durften (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2009 – 3 StR 80/09, NStZ 2009, 705; Beschluss vom 23. Oktober 2001 – 1 StR 415/01, NStZ 2002, 161, 162; Urteil vom 25. April 1989 – 1 StR 97/89, BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 10; KK-StPO/Krehl, 7. Aufl., § 244 Rn. 213; Rose, NStZ 2012, 18, 24), doch vermag der Senat auszuschließen, dass es sich bei dieser Erwägung um einen die Ablehnungsentscheidung tragenden Gedanken handelt.
17
(4) Da das Landgericht zu der Überzeugung gelangt ist, dass eine Einvernahme der Zeugin für die Sachaufklärung nicht notwendig ist, war es – ent- gegen der Auffassung des Revisionsführers – nicht gehalten, eine Ladung der Zeugin zu versuchen oder Vernehmungsalternativen zu prüfen. Denn mit der Ablehnung nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO entfällt die Pflicht, sich um den Zeugen weiter zu bemühen. Der Tatrichter hat auch nicht mehr zu prüfen, ob eine Vernehmung im Wege der Rechtshilfe möglich ist. Es entfällt auch die Entscheidung , ob im Rahmen des erweiterten Erreichbarkeitsbegriffs (vgl. Becker in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 259 mwN) eine Vernehmung in der Hauptverhandlung durch eine Vernehmung im Ausland im Wege der Videokonferenz nach § 247a StPO ersetzt werden kann (BGH, Beschluss vom 5. September 2000 – 1 StR 325/00, BGHR StPO § 244 Abs. 5 Satz 2 Auslandszeuge 9; Beschluss vom 21. August 2007 – 3 StR 238/07, NStZ 2009, 168, 169).
18
2. Soweit sich der Beschwerdeführer mit der ausgeführten Sachrüge gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts wendet, vermag er keine Rechtsfehler aufzuzeigen.
19
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Die revisionsgerichtliche Überprüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 – 4 StR 33/12, Rn. 10, wistra 2013, 195, 196; Beschluss vom 23. August 2012 – 4 StR 305/12, NStZ-RR 2012, 383, 384; Urteil vom 6. November 1998 – 2 StR 636/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16 mwN).
20
b) Daran gemessen ist die Beweiswürdigung des Landgerichts nichtzu beanstanden.
21
aa) Die Wertung, es spreche gegen eine Falschbelastungsabsicht auf Seiten des Nebenklägers, dass er dem Angeklagten keine eigene Beteiligung an den eigentlichen Verletzungshandlungen zugeschrieben habe, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es entspricht gesichertem Erfahrungswissen, dass der Verzicht auf eine naheliegende Mehrbelastung ein Hinweis auf die Erlebnisbasis der Aussage sein kann (vgl. Jansen, Zeuge und Aussagepsychologie , 2012, Rn. 725 mwN).
22
bb) Der von der Revision behauptete Zirkelschluss bei der Bewertung der Angaben des Nebenklägers zu dem von den Tätern benutzten Pkw liegt nicht vor. Das Landgericht hat der zutreffenden Beschreibung des Pkw des Angeklagten durch den Nebenkläger unmittelbar nach dem Vorfall eine besondere Bedeutung beigemessen, weil es sich dabei um eine „spontane Erstbekundung“ gehandelt habe und nicht zu erwarten sei, dass ein soeben überfallener und noch unter dem Eindruck der Ereignisse stehender Zeuge die Geistesgegenwart besitze, diese Gelegenheit dazu auszunutzen, einen langjährigen Widersacher seines Sohnes mit stimmigen Angaben zu Unrecht zu belasten. Das Landgericht hat damit nicht aus der Aussage selbst auf ihre Glaubhaftigkeit geschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2004 – 2 StR 441/04, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 32; Urteil vom 9. März 1993 – 1 StR 870/92 [insoweit in BGHSt 39, 159 nicht abgedruckt]), sondern die besonderen äußeren Umstände bei der Entstehung der Erstaussage als Anzeichen für deren Erlebnisbezug gewertet.
23
cc) Soweit die Revision die Erörterung von Widersprüchen vermisst, die sich aus den Angaben des Nebenklägers zur Fahrtrichtung in früheren Vernehmungen ergeben sollen und dazu auch auf eine Karte Bezug nimmt, ist ihr Vorbringen urteilsfremd und deshalb im Rahmen der Prüfung auf eine Sachrüge hin unbeachtlich. Im Übrigen erschöpfen sich die Einwände der Revision in dem unzulässigen Versuch, die Wertungen des Landgerichts durch eigene zu ersetzen.
Mutzbauer Cierniak Franke
Bender Quentin

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 445/13
vom
13. März 2014
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. März
2014, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer
als Vorsitzender,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 27. Juni 2013 wird verworfen.
2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem anderen rechtskräftigen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist für deren Wiedererteilung von zwei Jahren festgesetzt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte eine Verletzung des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO und macht mit der Sachrüge Rechtsfehler im Rahmen der Beweiswürdigung geltend. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I.


2
Soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, hat das Landgericht im Wesentlichen die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
Am 24. November 2010 um 14:25 Uhr durchfuhr der Angeklagte mit seinem Pkw Marke Ford Mondeo die Straße in B. , um dort den Nebenkläger abzupassen und durch seine drei unbekannt gebliebenen Mitfahrer zusammenschlagen zu lassen. Als ihm der Nebenkläger auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig mit seinem Fahrrad entgegenkam, lenkte der Angeklagte seinen Pkw absichtlich auf den Gehweg und fuhr direkt auf ihn zu. Dabei war ihm bewusst, dass er den Nebenkläger konkret gefährdete. Mögliche Verletzungen , die durch ein Stürzen oder Anfahren des Nebenklägers entstehen konnten, nahm er billigend in Kauf. Tatsächlich touchierte der vordere Bereich seines Pkw das Vorderrad des Fahrrades des Nebenklägers, der neben einem geparkten Pkw der Marke Alfa Romeo zu Fall kam. Danach setzte der Angeklagte sein Fahrzeug ein kurzes Stück zurück. Der Nebenkläger, der den Angeklagten sofort erkannt hatte, rappelte sich auf und wollte mit seinem Fahrrad weiterfahren. In diesem Moment sprangen die drei Mitfahrer des Angeklagten – wievon vorneherein abgesprochen – aus dem Wagen. Einer von ihnen traktierte den Nebenkläger von hinten mit einem Baseballschläger oder einem ähnlichen Gegenstand. Anschließend traten und schlugen die drei Männer dem gemeinsamen Tatplan entsprechend auf den zu Boden gegangenen Nebenkläger ein, der sich erfolglos zu schützen versuchte. Schließlich zogen sie den Nebenkläger hoch, warfen ihn auf die Motorhaube des Alfa Romeo und schlugen weiter auf ihn ein. Dabei trafen mindestens zwei Schläge den linken Kotflügel des Fahrzeugs und verursachten tiefe Beulen. Als ein Nachbar, der auf das Geschehen aufmerksam geworden war, laut schrie, zogen sich die drei Männer in den in der Nähe haltenden Pkw des Angeklagten zurück, der nicht selbst ausgestiegen war. Sodann flohen alle vier gemeinsam vom Tatort.
4
Der Nebenkläger erlitt drei Kopfplatzwunden, eine Gesichtsprellung, eine Schürfwunde am linken Schienbein und eine Prellung am Übergang von Brust- und Lendenwirbel. Eine Kopfverletzung musste mit mehreren Stichen genäht werden. Das Vorderrad seines Fahrrades war eingeklemmt und ließ sich nicht mehr drehen. An dem geparkten Pkw Alfa Romeo entstand ein Schaden in Höhe von 2.500 Euro.
5
Das Landgericht hat das Anfahren des Nebenklägers als gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB gewertet und den Qualifikationstatbestand des § 315b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1b StGB für erfüllt angesehen. Hinsichtlich der in der Misshandlung des Nebenklägers liegenden gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB) ist es von einem mittäterschaftlichen Handeln des Angeklagten und seiner drei Mitfahrer ausgegangen.

II.


6
Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
7
1. Die Rüge, das Landgericht habe bei der auf § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO gestützten Zurückweisung eines Beweisantrages auf Einvernahme der Zeugin B. gegen Verfahrensrecht verstoßen, ist jedenfalls unbegründet.
8
a) Nach dem Revisionsvorbringen stellte der Verteidiger des Angeklagten am 14. Verhandlungstag den Antrag, die in C. /Tschechien zu ladende Zeugin B. zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass sich der Angeklagte am 24. November 2010 um 14.30 Uhr in C. befunden habe. Die Zeugin werde bestätigen, dass sich der Angeklagte am angegebenen Tag, also auch zum Tatzeitpunkt, bei ihr aufgehalten habe. Mit Beschluss vom selben Tag lehnte das Landgericht die beantragte Beweiserhebung gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO ab und führte zur Begründung aus, dass es aufgrund des bisherigen Ergebnisses der Beweisaufnahme davon überzeugt sei, dass der Angeklagte am Tattag in B. vor Ort und an dem Geschehen beteiligt war. Im Anschluss daran stellte das Landgericht das bisherige Beweisergebnis dar und führte abschließend aus, dass nach einer Gesamtwürdigung dieser Beweismittel keine Veranlassung bestehe, die erst jetzt benannte Auslandszeugin zu laden und zu hören, da ihre Vernehmung keinen Einfluss auf die Überzeugungsbildung haben könne.
9
b) Diese Verfahrensweise hält rechtlicher Überprüfung stand.
10
aa) Nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO kann ein auf die Vernehmung eines Auslandszeugen gerichteter Beweisantrag abgelehnt werden, wenn die Beweiserhebung nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist (§ 244 Abs. 2 StPO). Dabei ist das Gericht von dem Verbot der Beweisantizipation befreit und darf seine Entscheidung davon abhängig machen, welche Ergebnisse von der beantragten Beweisaufnahme zu erwarten sind und wie diese zu erwartenden Ergebnissezu würdigen wären. Kommt es unter Berücksichtigung sowohl des Vorbringens zur Begründung des Beweisantrags, als auch der in der bisherigen Beweisaufnahme angefallenen Erkenntnisse zu dem Ergebnis, dass ein Einfluss auf seine Überzeugung auch dann sicher ausgeschlossen ist, wenn der benannte Zeuge die in sein Wissen gestellte Behauptung bestätigen werde, ist eine Ablehnung des Beweisantrags rechtlich nicht zu beanstanden (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2010 – 3 StR 401/10, NStZ-RR 2011, 116, 117; Beschluss vom 26. Oktober 2006 – 3 StR 374/06, NStZ 2007, 349, 350; Urteil vom 18. Januar 1994 – 1 StR 745/93, BGHSt 40, 60, 62; weitere Nachweise bei Becker in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 356). In dem hierfür erforderlichen Gerichtsbeschluss (§ 244 Abs. 6 StPO) müssen die maßgeblichen Erwägungen so umfassend dargelegt werden, dass es dem Antragsteller möglich wird, seine Verteidigung auf die neue Verfahrenslage einzustellen und das Revisionsgericht überprüfen kann, ob die Antragsablehnung auf einer rational nachvollziehbaren, die wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalles erkennbar berücksichtigenden Argumentation beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2010 – 1 StR 644/09, wistra 2010, 410, 411; Urteil vom 18. Januar 1994 – 1 StR 745/93, BGHSt 40, 60, 63; Becker in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 359).
11
bb) Diesen Anforderungen wird der angegriffene Ablehnungsbeschluss gerecht.
12
(1) Ob das Gebot des § 244 Abs. 2 StPO, die Beweisaufnahme zur Erforschung der Wahrheit auf alle entscheidungsrelevanten Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, es gebietet, dem Beweisantrag auf Vernehmung eines Auslandszeugen nachzukommen, kann nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalles beurteilt werden. Allgemein gilt lediglich der Grundsatz, dass bei einem durch die bisherige Beweisaufnahme gesicherten Beweisergebnis auf breiter Beweisgrundlage eher von der Vernehmung des Auslandszeugen abgesehen werden kann. Dagegen wird die Vernehmung des Auslandszeugen umso eher notwendig sein, je ungesicherter das bisherige Beweisergebnis erscheint, je größer die Unwägbarkeiten sind und je mehr Zweifel hinsichtlich des Werts der bisher erhobenen Beweise überwunden werden müssen; dies gilt insbesondere dann, wenn der Auslandszeuge Vorgänge bekunden soll, die für den Schuldvorwurf von zentraler Bedeutung sind (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2006 – 3 StR 374/06, NStZ 2007, 349, 351; Becker in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 357 mwN).
13
(2) Daran gemessen hat das Landgericht hier die Grenzen zulässiger antizipatorischer Beurteilung nicht überschritten.
14
Das Landgericht, das ersichtlich davon ausgegangen ist, dass die Zeugin B. die in ihr Wissen gestellte Beweisbehauptung bestätigen werde, hat in den Beschlussgründen die von ihm bisher erhobenen Beweise im Einzelnen dargestellt, deren Aussagekraft ausführlich erörtert und auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung verdeutlicht, warum seine Überzeugung von der Anwesenheit des Angeklagten am Tatort soweit gesichert ist, dass sie durch eine gegenteilige – auf einen Alibibeweis abzielende – Zeugenaussage nicht mehr ernsthaft in Frage gestellt werden kann. Dabei hat es nicht nur auf die Aussage des Nebenklägers abgestellt, sondern weitere Indizien von Gewicht (aufgezeichnetes Gespräch des Angeklagten mit dem Zeugen S. , spontane Angaben des Nebenklägers gegenüber der Polizei am Tatort, Verwendung des Pkw des Angeklagten zur Tatbegehung) herangezogen. Die dazu angestellten Erwägungen sind tragfähig und nachvollziehbar. Zwingend brauchen sie nicht zu sein (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 – 3 StR 269/04, NStZ 2005, 701 Rn. 12).
15
Eine besondere Beweissituation, der durch die Anlegung eines strengeren Maßstabes an die Ablehnung des Beweisantrages Rechnung zu tragen gewesen wäre, lag nicht vor. Der den Angeklagten durch seine Angaben belastende Nebenkläger stand in der Hauptverhandlung für eine konfrontative Befragung (Art. 6 Abs. 3d MRK) zur Verfügung (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2013 – 5 StR 401/13, NStZ 2014, 51). Weder die verfahrensgegen- ständliche Tat noch die Beweisführung weisen einen die Verteidigung erschwerenden besonderen Auslandsbezug auf (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 – 3 StR 274/09, BGHSt 55, 11 Rn. 37). Schließlich ist auch nicht von einer typischen Aussage-gegen-Aussage-Konstellation auszugehen, bei der ein seine Schuld im Kern bestreitender Angeklagter allein durch die Aussage eines einzelnen Zeugen belastet wird und objektive Beweisumstände fehlen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 24. April 2003 – 3 StR 181/02, NStZ 2003, 498, 499; Beschluss vom 18. Juni 1997 – 2 StR 140/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 14; Beschluss vom 22. April 1987 – 3 StR 141/87, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1).
16
(3) Soweit das Landgericht in seinem Ablehnungsbeschluss berücksichtigt hat, dass der Beweisantrag zu einem späten Zeitpunkt („erst jetzt benannte Auslandszeugin“) gestellt worden ist, macht dies seine Entscheidung nicht rechtsfehlerhaft. Zwar hatte sich der Angeklagte – wie sich aus den auf die Sachrüge hin zu beachtenden Urteilsgründen ergibt – bis zur Antragstellung noch nicht zum Tatvorwurf geäußert, sodass aus dem Umstand, dass die dem Beweisbegehren zugrunde liegende Alibibehauptung nicht früher aufgestellt worden ist, keine Schlüsse zu seinem Nachteil gezogen werden durften (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2009 – 3 StR 80/09, NStZ 2009, 705; Beschluss vom 23. Oktober 2001 – 1 StR 415/01, NStZ 2002, 161, 162; Urteil vom 25. April 1989 – 1 StR 97/89, BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 10; KK-StPO/Krehl, 7. Aufl., § 244 Rn. 213; Rose, NStZ 2012, 18, 24), doch vermag der Senat auszuschließen, dass es sich bei dieser Erwägung um einen die Ablehnungsentscheidung tragenden Gedanken handelt.
17
(4) Da das Landgericht zu der Überzeugung gelangt ist, dass eine Einvernahme der Zeugin für die Sachaufklärung nicht notwendig ist, war es – ent- gegen der Auffassung des Revisionsführers – nicht gehalten, eine Ladung der Zeugin zu versuchen oder Vernehmungsalternativen zu prüfen. Denn mit der Ablehnung nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO entfällt die Pflicht, sich um den Zeugen weiter zu bemühen. Der Tatrichter hat auch nicht mehr zu prüfen, ob eine Vernehmung im Wege der Rechtshilfe möglich ist. Es entfällt auch die Entscheidung , ob im Rahmen des erweiterten Erreichbarkeitsbegriffs (vgl. Becker in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 259 mwN) eine Vernehmung in der Hauptverhandlung durch eine Vernehmung im Ausland im Wege der Videokonferenz nach § 247a StPO ersetzt werden kann (BGH, Beschluss vom 5. September 2000 – 1 StR 325/00, BGHR StPO § 244 Abs. 5 Satz 2 Auslandszeuge 9; Beschluss vom 21. August 2007 – 3 StR 238/07, NStZ 2009, 168, 169).
18
2. Soweit sich der Beschwerdeführer mit der ausgeführten Sachrüge gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts wendet, vermag er keine Rechtsfehler aufzuzeigen.
19
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Die revisionsgerichtliche Überprüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 – 4 StR 33/12, Rn. 10, wistra 2013, 195, 196; Beschluss vom 23. August 2012 – 4 StR 305/12, NStZ-RR 2012, 383, 384; Urteil vom 6. November 1998 – 2 StR 636/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16 mwN).
20
b) Daran gemessen ist die Beweiswürdigung des Landgerichts nichtzu beanstanden.
21
aa) Die Wertung, es spreche gegen eine Falschbelastungsabsicht auf Seiten des Nebenklägers, dass er dem Angeklagten keine eigene Beteiligung an den eigentlichen Verletzungshandlungen zugeschrieben habe, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es entspricht gesichertem Erfahrungswissen, dass der Verzicht auf eine naheliegende Mehrbelastung ein Hinweis auf die Erlebnisbasis der Aussage sein kann (vgl. Jansen, Zeuge und Aussagepsychologie , 2012, Rn. 725 mwN).
22
bb) Der von der Revision behauptete Zirkelschluss bei der Bewertung der Angaben des Nebenklägers zu dem von den Tätern benutzten Pkw liegt nicht vor. Das Landgericht hat der zutreffenden Beschreibung des Pkw des Angeklagten durch den Nebenkläger unmittelbar nach dem Vorfall eine besondere Bedeutung beigemessen, weil es sich dabei um eine „spontane Erstbekundung“ gehandelt habe und nicht zu erwarten sei, dass ein soeben überfallener und noch unter dem Eindruck der Ereignisse stehender Zeuge die Geistesgegenwart besitze, diese Gelegenheit dazu auszunutzen, einen langjährigen Widersacher seines Sohnes mit stimmigen Angaben zu Unrecht zu belasten. Das Landgericht hat damit nicht aus der Aussage selbst auf ihre Glaubhaftigkeit geschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2004 – 2 StR 441/04, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 32; Urteil vom 9. März 1993 – 1 StR 870/92 [insoweit in BGHSt 39, 159 nicht abgedruckt]), sondern die besonderen äußeren Umstände bei der Entstehung der Erstaussage als Anzeichen für deren Erlebnisbezug gewertet.
23
cc) Soweit die Revision die Erörterung von Widersprüchen vermisst, die sich aus den Angaben des Nebenklägers zur Fahrtrichtung in früheren Vernehmungen ergeben sollen und dazu auch auf eine Karte Bezug nimmt, ist ihr Vorbringen urteilsfremd und deshalb im Rahmen der Prüfung auf eine Sachrüge hin unbeachtlich. Im Übrigen erschöpfen sich die Einwände der Revision in dem unzulässigen Versuch, die Wertungen des Landgerichts durch eigene zu ersetzen.
Mutzbauer Cierniak Franke
Bender Quentin

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 383/15
vom
21. Juli 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1.: Hehlerei
zu 2.: Wohnungseinbruchsdiebstahls u.a.
zu 3.: Wohnungseinbruchsdiebstahls
ECLI:DE:BGH:2016:210716U2STR383.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 20. Juli 2016 in der Sitzung am 21. Juli 2016, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Prof. Dr. Krehl, Dr. Eschelbach, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin - in der Verhandlung vom 20. Juli 2016 - als Verteidigerin für den Angeklagten K. A. , Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom 20. Juli 2016 - als Verteidiger für den Angeklagten J. A. , Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom 20. Juli 2016 - als Verteidiger für die Angeklagte N. A. ,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 26. Mai 2015 mit den Feststellungen aufgehoben , soweit sie verurteilt worden sind. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: - den Angeklagten K. A. unter Freisprechung im Übrigen wegen Hehlerei unter Einbeziehung von zwei Einzelgeldstrafen aus früheren Verurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, - den Angeklagten J. A. unter Freisprechung im Übrigen wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in zwei Fällen und wegen Hehlerei zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten , - die Angeklagte N. A. unter Freisprechung im Übrigen wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls unter Einbeziehung von zwei Einzelfreiheitsstrafen aus früheren Verurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten.
2
Gegen ihre Verurteilungen richten sich die Revisionen der Angeklagten mit Verfahrensbeanstandungen und der Sachrüge. Die Rechtsmittel haben Erfolg.

I.

3
Nach den landgerichtlichen Feststellungen begingen die Angeklagten, die allesamt Geschwister sind, im Zeitraum von Dezember 2012 bis Februar 2013 in unterschiedlicher Zusammensetzung und Beteiligung Wohnungseinbruchsdiebstähle (Fälle 9, 12 und 16) sowie Hehlereitaten in Bezug auf Diebesgut , das aus Wohnungseinbrüchen stammte (Fälle 4, 5, 13 und 18).
4
Die Angeklagten haben zu den Vorwürfen geschwiegen. Das Landgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft der Angeklagten in den abgeurteilten Fällen zum einen auf Schuh- oder DNA-Spuren gestützt, die an einigen Tatorten sichergestellt wurden, sowie darauf, dass Diebesgut, im Wesentlichen Schmuck oder Wertgegenstände, in Wohnungen aufgefunden wurden, in denen die Angeklagten sowie weitere Familienmitglieder wohnten. Das Landgericht ist zu Verurteilungen in den Fällen gelangt, in denen den Angeklagten einzelne Taten entweder aufgrund von sichergestellten Spuren am Tatort der Wohnungseinbruchsdiebstähle (Fälle 9, 12 und 16) oder eindeutigen Besitzverhältnissen von Diebesgut (Fälle 4, 5, 13 und 18) zugeordnet werden konnten. In den übrigen Fällen hat es die Angeklagten freigesprochen.

II.

5
Die Revision des Angeklagten K. A. , der wegen Hehlerei von Diebesgut (Fälle 4, 5 und 13, Ziff. II.2 der Urteilsgründe) verurteilt wurde, hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg. Mit dieser macht der Beschwerdeführer eine Verletzung des § 244 Abs. 2 StPO geltend, weil es das Landgericht abgelehnt hat, den Auslandszeugen Ja. A. zu vernehmen.
6
1. Der Rüge liegt folgendes Geschehen zugrunde:
7
a) Zwischen dem 5. und dem 6. Hauptverhandlungstag übersandte der Verteidiger des Angeklagten K. A. (ebenso wie der Angeklagte J. A. , vgl. unten III.1.) einen Schriftsatz an das Landgericht und beantragte darin, den in Frankreich in Haft befindlichen Zeugen Ja. A. , den Bruder der Angeklagten, als Zeugen dazu zu vernehmen, dass der Angeklagte an den ihm vorgeworfenen Hehlerei- und Einbruchsdiebstahlstaten nicht beteiligt gewesen sei. Der Zeuge habe die im Rahmen der Durchsuchung aufgefundenen Gegenstände dem Angeklagten geschenkt sowie auf Frage nach der Herkunft der Gegenstände mitgeteilt, dass er die Geschenke käuflich erworben habe (UA S. 38 f.). Zur Begründung des Antrags bezog sich die Verteidigung insbesondere auf die Übersetzung eines auf Serbisch verfassten, handschriftlichen Schreibens des Zeugen Ja. A. an das Landgericht, in dem er darum bat, zum Gericht nach Deutschland gebracht zu werden. Der Zeuge wolle sagen, „was insgesamt war 2012-2013“ und er sei „alleine schuldig für die Probleme“.
8
b) Die Strafkammer hat ausweislich ihres Beschlusses gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO die Vernehmung des Auslandszeugen wegen Bedeutungslosigkeit abgelehnt und dies damit begründet, dass die in sein Wissen gestellten Behauptungen für die Entscheidung ohne Bedeutung seien, weil dem Angeklagten „als am gleichen Ort wohnenden Bruder […] angesichts der Gesamt- umstände klar gewesen sein“ müsse, „dass Ja. A. dieGegenstände nicht legal erworben haben“ könne.
9
2. Die Rüge genügt den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.
10
Insbesondere schadet es nicht, dass aus der Revisionsbegründungsschrift nicht hervorgeht, ob der schriftliche Antrag auf Vernehmung des Auslandszeugen in der Hauptverhandlung mündlich gestellt worden ist. Denn dem Senat ist es in der vorliegenden Konstellation auch ohne genauere Kenntnis dieser Umstände möglich zu prüfen, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen wären.
11
Es ändert nichts am Prüfungsmaßstab des Revisionsgerichts, wenn man den Antrag der Verteidigung auf Vernehmung des Auslandszeugen nicht als Beweisantrag, sondern lediglich als Beweisanregung ansehen würde. Denn auch das Übergehen eines außerhalb der Hauptverhandlung gestellten, dort aber nicht wiederholten und daher nicht nach Maßgabe von § 244 Abs. 3 bis 6 StPO zu verbescheidenden Beweisantrags (vgl. KK-Krehl, StPO, 7. Aufl., § 244 Rn. 85 mwN) kann nach den Umständen des Einzelfalls eine Verletzung der Aufklärungspflicht darstellen (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2001 – 1 StR 557/00, NStZ-RR 2002, 65, 68; Beschluss vom 20. November 2001 – 1 StR 470/01, NStZ-RR 2002, 110, 111; vgl. BGH, Beschluss vom 30. August 1988, 1 StR 357/88, BGHR StPO § 244 Abs. 2 Aufdrängen 1). Insoweit ist die Entscheidung des Tatgerichts über einen lediglich außerhalb der Hauptverhandlung gestellten schriftlichen Antrag am gleichen Maßstab zu messen, wie die Entscheidung über einen Beweisantrag auf Vernehmung eines Auslandszeugen , die gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO nach Maßgabe der Amtsaufklärungspflicht erfolgt (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2014 – 1 StR 78/14; Urteil vom 18. Januar 1994 – 1 StR 745/93, BGHSt 40, 60, 62; KK-Krehl, StPO, 7. Aufl., § 244 Rn. 212 mwN).
12
3. Die Revision beanstandet zu Recht die Entscheidung des Landgerichts über die Nichtvernehmung des Ja. A. als Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO).

13
a) § 244 Abs. 2 StPO gebietet es, von Amts wegen Beweis zu erheben, wenn aus den Akten oder aus dem Stoff der Verhandlung Umstände und Möglichkeiten bekannt oder erkennbar sind, die bei verständiger Würdigung der Sachlage begründete Zweifel an der Richtigkeit der – auf Grund der bisherigen Beweisaufnahme erlangten – Überzeugung wecken müssen (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2014 – 4 StR 208/14, NStZ 2015, 36 mwN). Ob die vom Gericht auf Grund der verwendeten Beweismittel gewonnene Überzeugung ausreicht oder ob zu ihrer Absicherung oder Überprüfung weitere Beweismittel heranzuziehen sind, ist auf der Grundlage von Verfahrensablauf und Beweislage des Einzelfalls zu beurteilen. Je weniger gesichert ein Beweisergebnis erscheint, desto größer ist der Anlass für das Gericht, trotz der erlangten Überzeugung weitere erkennbare Beweismöglichkeiten zu benutzen (BGH, Beschluss vom 19. März 2013 – 5 StR 79/13, NStZ 2013, 725; Urteil vom 5. Dezember 1995 – 1 StR 580/95, StV 1996, 249, 250). Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Auslandszeuge – wie hier – Vorgänge bekunden soll, die für den Schuldvorwurf von zentraler Bedeutung sind (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2006 – 3 StR 374/06, NStZ 2007, 349, 351).
14
b) Die Strafkammer hat im Urteil festgestellt, dass die konkreten Umstände bei der Übernahme des Diebesguts durch K. A. von seinem Bruder Ja. A. (ohne dessen Vernehmung) gerade nicht aufgeklärt werden konnten (UA S. 19, 38 f.). Die in das Wissen des Zeugen gestellten Behauptungen zu den Umständen der Übergabe des Diebesguts an seine Geschwister waren aber von wesentlicher indizieller Bedeutung für die Feststellung des subjektiven Tatbestands der Hehlerei. Daher besorgt der Senat bereits aufgrund der Beschlussbegründung, in der das Landgericht lediglich pauschal auf die „Gesamtumstände“ verweist, ohne sie näher zu erläutern (zu deninsoweit an die Begründung zu stellenden Anforderungen vgl. Senat, Beschluss vom 20. Dezember 2006 – 2 StR 444/06, StV 2007, 176), dass die Strafkammer bei ihrer Entscheidung den genannten Maßstab der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) verkannt hat.
15
Dies gilt auch mit Blick darauf, dass das Landgericht im Urteil zur Begründung des (bedingten) Hehlereivorsatzes des Angeklagten letztlich auf die Aussage der Zeugin F. abgestellt hat (UA S. 35, 39). Zwar hat die Zeugin bekundet, dass die bei der Durchsuchung aufgefundenen Gegenstände Geschenke von Ja. A. gewesen seien. „Sie, also die gesamte Familie, hätten sich schon gewundert, woher dies alles stamme“. Die Zeugin F. habe „die Zweifel der Familie an dem rechtmäßigen Erwerb der vielen von ihrem Bruder Ja. A. verschenkten Gegenstände lebhaft und überzeugend schil- dern“ können. Dem lässt sich jedoch schon nicht entnehmen, inwiefern der An- geklagte K. A. überhaupt in die geschilderten Familiengespräche involviert war. Überdies berücksichtigt das Landgericht nicht, dass der Angeklagte K. A. nach den Urteilsfeststellungen zum Tatzeitraum nicht in dem Mehrfamilienhaus der Großfamilie, sondern mit seiner Ehefrau in einer eigenen Wohnung unter einer anderen Anschrift wohnte (UA S. 36, 38). Ein Großteil des Diebesguts wurde aber nicht in der Wohnung des Angeklagten K. A. , sondern in dem Mehrfamilienhaus, das von den anderen Familienmitgliedern bewohnt war, aufgefunden (UA S. 27 ff., 36 ff.). Stattdessen geht das Landgericht im Widerspruch dazu in dem die Vernehmung des Zeugen ablehnenden Beschluss gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO nicht zutreffend davon aus, dass K. A. „am gleichen Ort“ gewohnt habe.
16
c) Es lagen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass oder weshalb eine Überstellung des in Frankreich in Haft befindlichen Zeugen zum Zwecke seiner Vernehmung durch das Tatgericht (Art. 11 EuRhÜbk) nicht möglich gewesen wäre (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 6. November 1991 – 2 StR 342/91 –, NStZ 1992, 141; BGH, Urteil vom 29. Oktober 1981 – 4 StR 512/81). Aufgrund der Erklärung seiner Aussagebereitschaft war davon auszugehen, dass er weder von seinem Zeugnisverweigerungsrecht (§ 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO) noch von seinem Auskunftsverweigerungsrecht (§ 55 Abs. 1 StPO) Gebrauch machen wollte und einer Überstellung zur Zeugenvernehmung (Art. 11 Abs. 1 Satz 2 Ziff. a EuRhÜbk) zugestimmt hätte.
17
4. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht.

III.

18
Die Revision des Angeklagten J. A. hat ebenfalls mit einer Aufklärungsrüge Erfolg, mit der der Beschwerdeführer die Nichtvernehmung des Auslandszeugen Ja. A. beanstandet.
19
1. Der Angeklagte J. A. hat – wie der BeschwerdeführerK. A. – die Vernehmung des Auslandszeugen in einem Schriftsatz vom 6. Mai 2015 außerhalb der Hauptverhandlung beantragt und darin unter anderem unter Beweis gestellt, dass der Zeuge die Diebstahlstaten begangen habe und er daran nicht beteiligt gewesen sei. Außerdem seien ihm die bei ihm beschlagnahmten Gegenstände von Ja. A. , der ihm gegenüber angegeben habe, er habe sie aus Einnahmen aus seinem Gebrauchtwagenhandel bezahlt, geschenkt worden.
20
Das Landgericht hat durch Beschluss vom 19. Mai 2015 die Ladung des Zeugen gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine Zuordnung des Diebesguts nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme , soweit es sich nicht am Körper der Angeklagten befunden habe, ausschließlich aufgrund von am Tatort hinterlassenen Spuren denkbar sei, weswegen es nach pflichtgemäßem Ermessen einer Vernehmung des in Frankreich in Haft befindlichen Zeugen nicht bedürfe.
21
2. Als Aufklärungsrüge genügt die Verfahrensbeanstandung den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.
22
Dem Revisionsvorbringen ist nach dessen Sinn und Zweck (vgl. BGH, Beschluss vom 11. März 1993 – 4 StR 31/93 mwN) zu entnehmen, dass mit der Verfahrensrüge die Ablehnung der Vernehmung des Zeugen Ja. A. beanstandet und diese Beanstandung (auch) als Aufklärungsrüge geltend gemacht wird. Dabei schadet es – wie oben ausgeführt – auch nicht, dass aus der Revisionsbegründungsschrift nicht hervorgeht, ob der schriftliche Antrag in der Hauptverhandlung mündlich gestellt worden ist (vgl. oben II.2).
23
3. Die Rüge ist auch begründet.
24
a) Das Landgericht hat bei seiner ablehnenden Entscheidung zwar zutreffend als maßgebendes Kriterium angesehen, ob die Aufklärungspflicht die Erhebung der beantragten Beweise erfordere (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2010 – 3 StR 451/09 –, BGHR StPO § 244 Abs. 5 Satz 2 Auslandszeuge 15 mwN). Bei deren Prüfung hat das Tatgericht namentlich die Bedeutung und den Beweiswert der Aussage des benannten Zeugen vor dem Hintergrund des bisherigen Beweisergebnisses zu würdigen; es ist bei dieser Prüfung auch vom Verbot der Beweisantizipation befreit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2006 – 3 StR 374/06, BGHR StPO § 244 Abs. 5 Satz 2 Auslandszeuge 13; BGH, Urteil vom 18. Januar 1994 – 1 StR 745/93, BGHSt 40, 60). Die Strafkammer durfte daher den zu erwartenden Beweiswert der Aussage des Zeugen vor dem Hintergrund des bisherigen Beweisergebnisses würdigen.
25
b) Allerdings hat die Strafkammer bei ihrer Abwägung den besonderen Umständen des vorliegenden Sachverhalts und der Beweislage nicht im notwendigen Maße Rechnung getragen.
26
Das Landgericht hat bei seiner Entscheidung nicht ausreichend berücksichtigt , dass der Aussage des in Frankreich aufhältigen Zeugen eine herausgehobene Beweisbedeutung zukommt. Bei dem Zeugen Ja. A. , der sich in seinem Schreiben an das Tatgericht als „schuldig für die Probleme“ bekannt hat (offenkundig im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Taten), handelt es sich möglicherweise um den einzigen zur Verfügung stehenden unmittelbaren Tat- und Entlastungszeugen hinsichtlich der Diebstahlstaten. Die Beweislage im Übrigen war auch nicht derart gesichert, dass die Strafkammer sich zum Versuch weiterer Aufklärung durch die zeugenschaftliche Einvernahme von Ja. A. nicht hätte gedrängt sehen müssen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 – 3 StR 274/09, BGHSt 55, 11, 23). So kamen hinsichtlich der Verurteilung wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls (Fälle 12 und 16, Ziff. II.1.a, b der Urteilsgründe) nach dem verlesenen kriminaltechnischen Gutachten zu den am Tatort von zwei Wohnungseinbruchsdiebstählen sichergestellten Schuhabdruckspuren, welches das wesentliche Indiz für die Täterschaft des Angeklagten J. A. darstellt (UA S. 31 f.), die Schuhe des Angeklagten aufgrund von Profilübereinstimmungen und der Gleichartigkeit der Größenverhältnisse als Spurenverursacher zwar in Betracht. Allerdings konnte die Strafkammer keine sichere Übereinstimmung der Schuhspur mit den Schuhen des Angeklagten feststellen, weil es hierfür an besonderen Merkmalen fehlte, die die Spur einzigartig oder sonst individuell unterscheidbar machten. Die Aufklärungspflicht hätte es deshalb geboten, den Zeugen Ja. A. hinsichtlich der im Zusammenhang mit den Diebstahlstaten unter Beweis gestellten Umständen zu vernehmen.
27
Dies gilt im Übrigen auch mit Blick auf die in das Wissen des Zeugen gestellten Behauptungen zu den Umständen der Übergabe des Diebesguts an den Angeklagten. Das Landgericht, das hierauf in seinem ablehnenden Beschluss nicht eingegangen ist, musste sich auch diesbezüglich zur Vernehmung des Ja. A. gedrängt sehen (vgl. oben II.3).
28
4. Auf dem Rechtsfehler beruht das Urteil auch. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht zu einer anderen Würdigung der Beweise gelangt wäre, wenn der Zeuge Ja. A. die in sein Wissen gestellten Umstände bestätigt hätte.
29
5. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Vorgehensweise des Landgerichts, einzelne Beweisbehauptungen aus den Anträgen der Verteidiger der Beschwerdeführer auf Vernehmung des Zeugen Ja. A. – gleichsam wie eine Einlassung der Angeklagten – in seine Beweiswürdigung miteinzustellen (UA S. 34 f., 38 f.), rechtsfehlerhaft war. Beweisbehauptungen , die in einem von dem Verteidiger gestellten Beweisantrag enthalten sind, dürfen nicht in eine Einlassung des Angeklagten umgedeutet werden, sofern sich dieser hierzu nicht erklärt (BGH, Beschlüsse vom 7. August 2014 – 3 StR 105/14, NStZ 2015, 207, 208; vom 12. April 2000 -, 1 StR 623/99, NStZ 2000, 495; vom 29. Mai 1990 – 4 StR 118/90, NStZ 1990, 447, 448). Ob die Angeklagten entsprechende Erklärungen abgegeben haben, lässt sich dem Urteil vorliegend nicht entnehmen.

IV.

30
Hinsichtlich der Angeklagten N. A. hat die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge einen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil ergeben, der zur Urteilsaufhebung führt.
31
1. Nach den Feststellungen brach die Angeklagte unter Mitwirkung weiterer unbekannter Täter am Morgen des 28. Januar 2013 in ein Wohnhaus der Geschädigten L. in T. ein, indem die Täter das Zugangsfenster zur Küche mittels eines Pflastersteins einschlugen. Auf diesem Weg gelangten die Angeklagte und ihre Mittäter in das Wohnhaus, suchten dort nach stehlens- werten Gegenständen und entwendeten gemeinsam Bargeld, Schmuck und andere Wertgegenstände im Gesamtwert von etwa 45.000 Euro (Fall 9).
32
2. Die Beweiswürdigung des Landgerichts im Fall 9 hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
33
a) Die Strafkammer hat die Angeklagte N. A. im Wesentlichen deshalb als überführt angesehen, weil innerhalb des Wohnhauses der Geschädigten L. der Angeklagten zuzuordnende DNA-Spuren aufgefunden wurden (UA S. 40). Diese von ihr hinterlassenen Spuren seien nicht anders zu erklären als mit dem Eindringen der Angeklagten in das Wohnhaus und dem damit verbundenen Entwenden der dort befindlichen Wertgegenstände, zumal keine Anhaltspunkte gegeben seien, die den Aufenthalt der Angeklagten dort anderweitig erklären könnten (UA S. 42). Hinzu trete, dass beim Wohnungseinbruch entwendete Gegenstände im näheren Umfeld der Angeklagten, nämlich in den von ihr und ihren Familienmitgliedern bewohnten Wohnungen, aufgefunden wurden (UA S. 42).
34
Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, dass im Rahmen der Spurensicherung am Tatort des Wohnungseinbruchs an dem Griff eines Schlüssels für eine Öffnungsblende am Doppelbett im Schlafzimmer ein Abrieb genommen wurde, an dem eine DNA-Spur festgestellt worden sei, die mit dem DNAIdentifizierungsmuster der Angeklagten N. A. übereinstimme. Zudem gehe aus einem verlesenen Gutachten der Firma E. GmbH hervor, dass der Abrieb von der genannten Schlüsselreide unter- sucht und dabei „eine Mischung von Merkmalen von mehr als einer Person festgestellt worden sei; bei einem direkten Abgleich mit Tatverdächtigen oder Tatortberechtigten sei eine Bewertung möglich“, (UA S. 41). Weiter seien in der Hauptverhandlung die „zweite Ergänzung zum Behördengutachten des LKA vom 24.04.2013 (Bl. 81-83 SB Spuren)“, „die Treffermitteilung des Thüringer LKA vom 18.03.2014 (Bl. 89 SB Spuren)“ verlesen sowie die „hierzu gehörige tabellarische Übersicht (Bl. 90 SB Spuren)“ im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Aus der Ergänzung zum Behördengutachten gehe hervor, dass unter anderem ein Mundhöhlenabstrich der Angeklagten mit Blick auf „Spurmaterial von Schnürsenkeln von sichergestellten Schuhen“ untersucht wurde. Aus der Treffermitteilung gehe eine Übereinstim- mung des DNA-Identifizierungsmusters der Angeklagten N. A. mit dem Abrieb der Schlüsselreide hervor (UA S. 41). Nähere Erläuterungen zu dem DNA-Identifizierungsmuster der Angeklagten, der sichergestellten Mischspur und der molekluargenetischen Vergleichsuntersuchung enthalten die Urteilsgründe nicht.
35
b) Dies genügt den Anforderungen nicht, die an eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung zu stellen sind. In Fällen, in denen das Tatgericht dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, sind die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212, 217 mwN). Für die Darstellung des Ergebnisses einer auf einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung ist jedenfalls erforderlich, dass der Tatrichter mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination zu erwarten ist (BGH, Beschluss vom 12. April 2016 – 4 StR 18/16; Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 1 StR 364/14, NStZ-RR 2015, 87, 88; Urteil vom 5. Juni 2014 – 4 StR 439/13, NJW 2014, 2454; Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212,

217).


36
c) Daran gemessen leidet das Urteil des Landgerichts an durchgreifenden Darlegungsmängeln. Den Ausführungen der Strafkammer zur DNAVergleichsuntersuchung lässt sich weder entnehmen, wie viele Systeme bei der Tatort(misch)spur und dem DNA-Identifizierungsmuster der Angeklagten detektiert und untersucht wurden, noch mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination zu erwarten ist. Nähere Darlegungen hierzu waren schon deswegen nicht entbehrlich, weil im vorliegenden Fall die Besonderheit gegeben ist, dass mehr als eine Person als Spurenleger angenommen werden kann (Mischspur) und eine Verwandtschaft zwischen möglichen spurenbeteiligten Personen in Betracht kommt (vgl. Senat, Urteil vom 24. März 2016 – 2 StR 112/14; BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 – 4 StR 439/13, NJW 2014, 2454).
37
d) Da das Landgericht seine Überzeugung von der Täterschaft der Angeklagten N. A. im Wesentlichen auf ihre Spurenlegerschaft und damit auf das Ergebnis der DNA-Vergleichsuntersuchungen gestützt hat, kann der Senat ein Beruhen des Urteils auf diesem Darstellungsmangel nicht ausschließen.

V.

38
1. Da das Urteil bereits auf die Verfahrensrügen der Angeklagten K. A. (vgl. oben unter II.) und J. A. (vgl. oben unter III.) sowie auf die Sachrüge der Angeklagten N. A. (vgl. oben unter IV.) vollständig aufzuheben ist, braucht der Senat auf die darüber hinaus erhobenen Rügen im Einzelnen nicht einzugehen.
39
2. Für die neu zu treffende Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
40
Sollte die neue Hauptverhandlung wiederum zu einer Verurteilung der Angeklagten führen, wird die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer im Rahmen der Gesamtstrafenbildung insbesondere Folgendes zu berücksichtigen haben:
41
a) Das Landgericht hat den Vollstreckungsstand hinsichtlich der am 7. Mai 2013 durch das Amtsgericht W. gegen den Angeklagten J. A. verhängten Geldstrafe (9 Cs 613 Js 203697/13) wegen der Tat vom 21. Februar 2013, die an sich gesamtstrafenfähig ist, nicht mitgeteilt. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die verhängte Geldstrafe im Zeitpunkt der Verkündung des angefochtenen Urteils noch nicht erledigt war. Sollte sie erledigt sein und deshalb eine Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 StGB ausscheiden , wäre ein Härteausgleich möglich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. März 2016 – 4 StR 7/16 – und vom 2. Dezember 2015 – 4 StR 423/15).
42
b) Die vom Amtsgericht W. mit Urteil vom 11. März 2014 (9 Ds 711 Js 209920/13) gegen die Angeklagte N. A. ausgesprochene, nicht vollständig erledigte Freiheitsstrafe von sechs Monaten wegen der Tat vom 19. September 2013 wäre mit einer Strafe wegen der Tat vom 28. Januar 2013 des angefochtenen Urteils und der Strafe aus dem rechtskräftigen Strafbefehl vom 28. Februar 2013 (8 Ds 538 Js 203310/10) nicht gesamtstrafenfähig. Wenn die neu abzuurteilende Tat – wie hier – vor zwei rechtskräftigen, unerledigten Vorverurteilungen begangen wurde, ist mit der Strafe aus der ersten Verurteilung eine nachträgliche Gesamtstrafe zu bilden; diese erste Vorverurteilung bildet eine Zäsur, so dass die zweite Vorverurteilung selbständig bestehen bleibt (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Mai 2004 – 2 StR 24/04; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 55 Rn. 9, 11 mwN). Nach diesen Grundsätzen entfaltet die (offenbar) noch nicht erledigte Bewährungsstrafe aus dem Strafbefehl vom 28. Februar 2013 Zäsurwirkung, so dass im Fall einer erneuten Verurteilung der Angeklagten N. A. wegen der Tat vom 28. Januar 2013 eine Gesamtstrafenbildung lediglich mit dieser zäsurbildenden Freiheitsstrafe in Betracht kommt, nicht aber mit der durch Urteil des Amtsgericht Weißenfeld vom 11. März 2014 (9 Ds 711 Js 209920/13) verhängten Freiheitsstrafe. Da das Landgericht die letztgenannte Strafe rechtsfehlerhaft in die Gesamtstrafe einbezogen hat, wird das neue Tatgericht im Fall einer Verurteilung bei der Strafzumessung mit Blick auf das Gesamtstrafübel das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) in den Blick zu nehmen haben. Fischer Appl Krehl Eschelbach RinBGHDr. Ott ist aus tatsächlichen Gründen an der Unterschrift gehindert. Fischer

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.