Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Aug. 2011 - 3 StR 210/11

bei uns veröffentlicht am30.08.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 210/11
vom
30. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 30. August
2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 4. Januar 2011, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist,
b) im Gesamtstrafenausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit es sich gegen den Schuldspruch wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie die hierfür verhängte Einzelstrafe richtet. Dagegen kann die Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge keinen Bestand haben. Insoweit rügt der Beschwerdeführer zu Recht, dass sich das Landgericht bei seiner Überzeugungsbildung auf Beweise gestützt hat, die es nicht hätte verwerten dürfen, da sie bei Wohnungsdurchsuchungen gewonnen worden waren, die unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt der Art. 13 Abs. 2 GG und § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO durchgeführt worden und daher rechtswidrig waren.
2
1. Folgendes liegt zugrunde:
3
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte unter anderem vor dem 17. Februar 2010 insgesamt 1.938,95 Gramm Marihuana und 377,16 Gramm Haschisch, die er zum Teil in dem von ihm in der elterlichen Wohnung genutzten Zimmer deponierte. Dort bewahrte er außerdem für seinen Zugriff einen Schlagring auf, der zur Verletzung von Personen geeignet und vom Angeklagten dazu bestimmt war. Die restlichen Betäubungsmittel lagerte er mit Wissen seiner früheren Freundin in deren Zimmer, das sich in der von ihrem Vater gemieteten Wohnung befand und in dem sich der Angeklagte regelmäßig - gelegentlich auch über Nacht - aufhielt. Neun Zehntel der Betäubungsmittel waren zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt.
4
b) Das Landgericht hat seine Überzeugung von diesem Sachverhalt trotz des Widerspruchs des Angeklagten gegen die Beweisverwertung in der Haupt- verhandlung auf die bei den Durchsuchungen der genannten Räume in der Nacht vom 17. auf den 18. Februar 2010 erlangten Erkenntnisse und ergänzend - die im Zimmer der Freundin deponierten Betäubungsmittel betreffend - auf deren Zeugnis in der Hauptverhandlung gestützt. Zu diesen Durchsuchungen kam es wie folgt:
5
Die polizeilichen Ermittlungen gegen den Angeklagten wurden im November 2009 aufgrund eines anonymen telefonischen Hinweises aufgenommen. Im Januar 2010 folgten Erkenntnisse aus der Vernehmung einer Vertrauensperson. Auf richterliche Anordnung wurde ab Januar 2010 die Telekommunikation des Angeklagten überwacht. In der ersten Februarhälfte ergaben mitgeschnittene Telefonate Anhaltspunkte dafür, der Angeklagte sei am 11./12. Februar 2010 zwecks Beschaffung von Betäubungsmitteln in die Niederlande gefahren und habe dort eine Anzahlung geleistet, habe die ihm angebotenen Betäubungsmittel aber wegen ihrer schlechten Qualität nicht in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt. Am Mittag des 17. Februar 2010 ergab die Überwachung der Telekommunikation, dass der Angeklagte mit der Mitangeklagten A. K. sowie seiner früheren Freundin noch an diesem Tag erneut in die Niederlande mit dem Ziel der Beschaffung von Betäubungsmitteln fahren werde. Ab dem frühen Abend hielten sich Einsatzkräfte der Polizei für eine spätere Wohnungsdurchsuchung bereit und observierten den Angeklagten , der - wie die Mitangeklagte A. K. und seine frühere Freundin - nach der Wiedereinreise kurz nach 22.00 Uhr desselben Tages vorläufig festgenommen wurde. Der sachbearbeitende Polizeibeamte kontaktierte zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr die diensthabende Staatsanwältin, die Durchsuchungen in den Wohnungen der vorläufig Festgenommenen wegen Gefahr im Verzug anordnete. Die Anordnung wurde in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrem Erlass nicht schriftlich dokumentiert. Der sachbearbeitende Polizeibeam- te hatte sich vor dem Ende des richterlichen Bereitschaftsdienstes bei dem Amtsgericht Düsseldorf um 21.00 Uhr nicht um den Erlass von Durchsuchungsbeschlüssen durch den Ermittlungsrichter bemüht, weil er die bis zum Nachmittag des 17. Februar 2010 erlangten Erkenntnisse für zu vage hielt, im Verlauf des 17. Februar 2010 mit sonstigen Dingen befasst war und die Erfahrung gemacht hatte, Durchsuchungsbeschlüsse aufgrund von Erkenntnissen aus der Telekommunikationsüberwachung würden nicht "auf Halde produziert".
6
2. Vor diesem Hintergrund unterliegen die aus den Durchsuchungen erlangten Erkenntnisse - entgegen der Ansicht des Landgerichts - einem Beweisverwertungsverbot.
7
a) Die in der Nacht vom 17. auf den 18. Februar 2010 durchgeführten Durchsuchungen waren wegen Missachtung des Richtervorbehalts rechtswidrig. Eine gemäß Art. 13 Abs. 2 GG, § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO grundsätzlich erforderliche richterliche Durchsuchungsanordnung lag nicht vor. Die Anordnung der diensthabenden Staatsanwältin beruhte nicht auf einer rechtmäßigen Inanspruchnahme ihrer sich aus § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO ergebenden Eilkompetenz.
8
Zwar darf Gefahr im Verzug angenommen werden, falls die vorherige Einholung der richterlichen Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährdet (BVerfG, Urteil vom 20. Februar 2001 - 2 BvR 1444/00, BVerfGE 103, 142, 154; BGH, Urteil vom 18. April 2007 - 5 StR 546/06, BGHSt 51, 285, 288). Es steht aber nicht im Belieben der Strafverfolgungsbehörden, wann sie eine Antragstellung in Erwägung ziehen. Sie dürfen nicht so lange mit dem Antrag an den Ermittlungsrichter warten, bis die Gefahr eines Beweismittelverlusts tatsächlich eingetreten ist, und damit die von Verfassungs wegen vorgesehene Regelzuständigkeit des Richters unterlaufen (BVerfG, Urteil vom 20. Februar 2001 - 2 BvR 1444/00, BVerfGE 103, 142, 155; Beschluss vom 4. Februar 2005 - 2 BvR 308/04, NJW 2005, 1637, 1638 f.). Für die Frage, ob die Ermittlungsbehörden eine richterliche Entscheidung rechtzeitig erreichen können, kommt es auf den Zeitpunkt an, zu dem die Staatsanwaltschaft oder ihre Hilfsbeamten die Durchsuchung für erforderlich halten (BGH, Urteil vom 18. April 2007 - 5 StR 546/06, BGHSt 51, 285, 288 f.).
9
Dies war hier nach jeglicher kriminalistischer Erfahrung spätestens am Nachmittag des 17. Februar 2010 der Fall, als sich die für diesen Abend geplante Beschaffungsfahrt in die Niederlande konkret abzeichnete. Dass noch im Verlauf des 17. Februar 2010 vom Angeklagten und seiner früheren Freundin bewohnte Zimmer zu durchsuchen seien, drängte sich auf. Nur durch einen alsbaldigen Zugriff wäre auszuschließen gewesen, dass mögliche Mittäter in den Wohnungen befindliche Betäubungsmittel beseitigten. Dementsprechend hielten sich bereits ab dem frühen Abend des 17. Februar 2010 Polizeikräfte zur Durchführung der Durchsuchungen bereit. Schon daher konnte die erst nach 22.00 Uhr erlassene Durchsuchungsanordnung der Staatsanwaltschaft - jenseits jeder fehlenden Dokumentation - nicht mehr auf Gefahr im Verzug gestützt werden. Hinzu kommt, dass dem sachbearbeitenden Polizeibeamten bereits seit Januar 2010 Erkenntnisse vorlagen, die zu einer richterlichen Anordnung der Überwachung der Telekommunikation geführt hatten, so dass sich die Notwendigkeit einer alsbaldigen Wohnungsdurchsuchung evident ergab, mithin nicht einer überraschenden Verfahrenssituation entsprang.
10
b) Das Fehlen einer richterlichen Durchsuchungsanordnung führt hier zu einem Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der bei der Durchsuchung gewonnenen Beweismittel.
11
Die Annahme eines Beweisverwertungsverbots ist von Verfassungs wegen zumindest bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen , bei denen die grundrechtlichen Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden sind, geboten (BVerfG, Beschluss vom 12. April 2005 - 2 BvR 1027/02, BVerfGE 113, 29, 61; Beschluss vom 16. März 2006 - 2 BvR 954/02, NJW 2006, 2684, 2686; Beschluss vom 20. Mai 2011 - 2 BvR 2072/10, DAR 2011, 457, 459). Ein solcher schwerwiegender Verstoß liegt aufgrund der oben geschilderten Umstände vor. Die Feststellungen des Landgerichts, der sachbearbeitende Polizeibeamte sei am Nachmittag des 17. Februar 2010 stark beansprucht gewesen, habe seine Erkenntnisse zugleich noch für zu vage gehalten und schlechte Erfahrungen mit der Beschaffung von Anordnungen auf Vorrat gemacht, ändern an dieser Bewertung nichts. Wenn sich der sachbearbeitende Polizeibeamte Gedanken darum machte, ob ein Ersuchen um Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses erfolgversprechend sei, war er - von einem sonst möglicherweise bestehenden Organisationsmangel abgesehen - ersichtlich nicht durch eine Überlastung daran gehindert, die Gesetzmäßigkeit seines Vorgehens zu überprüfen. Seine Annahme, die von ihm gewonnenen Erkenntnisse hätten zwar im Januar 2010 für den Erlass einer Anordnung auf der Grundlage der §§ 100a, 100b StPO ausgereicht, eine Anordnung nach §§ 102, 105 StPO am Nachmittag des 17. Februar 2010 trotz der weiteren Verdichtung des Tatverdachts aber (noch) nicht getragen, ist nicht nachzuvollziehen. Da am Nachmittag des 17. Februar 2010 feststand, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit noch am selben Tag eine vorläufige Festnahme des Angeklagten erfolgen werde, die eine Durchsuchung nach sich ziehen werde, konnte auch ein "Erfahrungswert" des sachbearbeitenden Polizeibeamten zu Vorratsbeschlüssen des Ermittlungsrichters offensichtlich keine Verbindlichkeit beanspruchen.
12
c) Dem - für andere Fallgestaltungen zur Einschränkung der Annahme von Beweisverwertungsverboten entwickelten - Aspekt eines möglichen hypothetisch rechtmäßigen Ermittlungsverlaufs (BGH, Urteil vom 17. März 1983 - 4 StR 640/82, BGHSt 31, 304, 306; Urteil vom 15. Februar 1989 - 2 StR 402/88, NStZ 1989, 375, 376; Beschluss vom 18. November 2003 - 1 StR 455/03, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4) kann bei solcher Verkennung des Richtervorbehalts keine Bedeutung zukommen (BGH, Urteil vom 18. April 2007 - 5 StR 546/06, BGHSt 51, 285, 295 f.). Die Einhaltung der durch Art. 13 Abs. 2 GG und § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO festgelegten Kompetenzregelung könnte in diesen Fällen bei Anerkennung des hypothetisch rechtmäßigen Ersatzeingriffs als Abwägungskriterium bei der Prüfung des Vorliegens eines Beweisverwertungsverbots stets unterlaufen und der Richtervorbehalt sogar letztlich sinnlos werden. Bei Duldung grober Missachtungen des Richtervorbehalts entstünde gar ein Ansporn, die Ermittlungen ohne Einschaltung des Ermittlungsrichters einfacher und möglicherweise erfolgversprechender zu gestalten. Damit würde das wesentliche Erfordernis eines rechtstaatlichen Ermittlungsverfahrens aufgegeben, dass Beweise nicht unter bewusstem Rechtsbruch oder gleichgewichtiger Rechtsmissachtung erlangt werden dürfen (BGH, Urteil vom 18. April 2007 - 5 StR 546/06, BGHSt 51, 285, 296).
13
d) Ob vorliegend der Gesichtspunkt einer fehlenden Berührung des Rechtskreises des Angeklagten (BGH, Beschluss vom 21. Januar 1958 - GSSt 4/57, BGHSt 11, 213, 214 ff.; Beschluss vom 27. Februar 1992 - 5 StR 190/91, BGHSt 38, 214, 220; Urteil vom 21. Juli 1994 - 1 StR 83/94, BGHSt 40, 211, 217) der Anerkennung eines Verwertungsverbots entgegenstehen könnte, soweit Erkenntnisse anlässlich der Durchsuchung des Zimmers der früheren Freundin gewonnen wurden, bedarf keiner Vertiefung. Der Angeklagte war zur Zeit der Durchsuchung berechtigter Mitnutzer und damit in den Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 und 2 GG einbezogen (von Mangoldt/ Klein/Starck/Gornig, GG, Bd. 1, 5. Aufl., Art. 13 Rn. 28; Herdegen in Bonner Kommentar zum GG, Art. 13 Rn. 36 [Stand: Oktober 1993]).
14
e) Da ein Beweisverwertungsverbot schon aus anderen Gründen eingreift , kann der Senat weiter offen lassen, ob das Fehlen eines richterlichen Bereitschaftsdienstes während der Nachtzeit in einer Großstadt wie Düsseldorf als ein schwerwiegender Organisationsmangel anzusehen ist (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2010 - 3 StR 530/09, wistra 2010, 231, 232).
15
3. Die Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge kann danach keinen Bestand haben. Damit entfällt der Gesamtstrafenausspruch.
16
Eine eigene Sachentscheidung nach § 354 Abs. 1 StPO ist dem Senat nicht möglich. Er kann den Angeklagten nicht vom Vorwurf des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge freisprechen, denn es ist nicht völlig auszuschließen, dass in der neuenHauptverhandlung auch ohne Verwertung aller anlässlich der Durchsuchungen gewonnenen Erkenntnisse noch Feststellungen getroffen werden können, die einen Schuldspruch tragen.
Becker Pfister Schäfer RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Menges

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Aug. 2011 - 3 StR 210/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Aug. 2011 - 3 StR 210/11

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört
Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Aug. 2011 - 3 StR 210/11 zitiert 10 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 13


(1) Die Wohnung ist unverletzlich. (2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden. (3) Begrü

Strafprozeßordnung - StPO | § 100a Telekommunikationsüberwachung


(1) Auch ohne Wissen der Betroffenen darf die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden, wenn 1. bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in Absatz 2 bezeichnete schwere Straftat begangen, in F

Strafprozeßordnung - StPO | § 102 Durchsuchung bei Beschuldigten


Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowo

Strafprozeßordnung - StPO | § 105 Verfahren bei der Durchsuchung


(1) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Durchsuchungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 ordnet der Richter

Strafprozeßordnung - StPO | § 100b Online-Durchsuchung


(1) Auch ohne Wissen des Betroffenen darf mit technischen Mitteln in ein von dem Betroffenen genutztes informationstechnisches System eingegriffen und dürfen Daten daraus erhoben werden (Online-Durchsuchung), wenn 1. bestimmte Tatsachen den Verdacht

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Aug. 2011 - 3 StR 210/11 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Aug. 2011 - 3 StR 210/11 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Nov. 2003 - 1 StR 455/03

bei uns veröffentlicht am 18.11.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 455/03 vom 18. November 2003 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. November 2003 beschlossen :

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Jan. 2010 - 3 StR 530/09

bei uns veröffentlicht am 19.01.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 530/09 vom 19. Januar 2010 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung de

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2007 - 5 StR 546/06

bei uns veröffentlicht am 18.04.2007

Nachschlagewerk ja BGHSt ja Veröffentlichung ja Art. 13 Abs. 2 GG; § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO Eine bewusste Missachtung oder gleichgewichtig grobe Verkennung der Voraussetzungen des für Wohnungsdurchsuchungen bestehenden Richtervorbehalts kann
5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Aug. 2011 - 3 StR 210/11.

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Mai 2018 - 3 StR 390/17

bei uns veröffentlicht am 03.05.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 390/17 vom 3. Mai 2018 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ECLI:DE:BGH:2018:030518U3STR390.17.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Jan. 2018 - 2 StR 180/17

bei uns veröffentlicht am 17.01.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 180/17 vom 17. Januar 2018 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ECLI:DE:BGH:2018:170118U2STR180.17.0 Der 2. Strafsenat des Bu

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Okt. 2016 - 2 StR 46/15

bei uns veröffentlicht am 06.10.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 46/15 vom 6. Oktober 2016 in der Strafsache gegen wegen Betrugs BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ––––––––––––––––––––––––––- GG Art. 13 Abs. 1, StPO §§ 10

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Apr. 2016 - 2 StR 394/15

bei uns veröffentlicht am 21.04.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 394/15 vom 21. April 2016 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen zu 1.: gefährlicher Körperverletzung zu 2.: gefährlicher Körperverletzung u.a. ECLI:DE:BGH:2016:210416B2STR394.15.0 Der 2. Strafsenat des Bundesge

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Durchsuchungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 ordnet der Richter an; die Staatsanwaltschaft ist hierzu befugt, wenn Gefahr im Verzug ist.

(2) Wenn eine Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums ohne Beisein des Richters oder des Staatsanwalts stattfindet, so sind, wenn möglich, ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen. Die als Gemeindemitglieder zugezogenen Personen dürfen nicht Polizeibeamte oder Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sein.

(3) Wird eine Durchsuchung in einem Dienstgebäude oder einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr um ihre Durchführung ersucht. Die ersuchende Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. Des Ersuchens bedarf es nicht, wenn die Durchsuchung von Räumen vorzunehmen ist, die ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Durchsuchungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 ordnet der Richter an; die Staatsanwaltschaft ist hierzu befugt, wenn Gefahr im Verzug ist.

(2) Wenn eine Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums ohne Beisein des Richters oder des Staatsanwalts stattfindet, so sind, wenn möglich, ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen. Die als Gemeindemitglieder zugezogenen Personen dürfen nicht Polizeibeamte oder Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sein.

(3) Wird eine Durchsuchung in einem Dienstgebäude oder einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr um ihre Durchführung ersucht. Die ersuchende Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. Des Ersuchens bedarf es nicht, wenn die Durchsuchung von Räumen vorzunehmen ist, die ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.

Nachschlagewerk ja
BGHSt ja
Veröffentlichung ja
Eine bewusste Missachtung oder gleichgewichtig grobe Verkennung
der Voraussetzungen des für Wohnungsdurchsuchungen
bestehenden Richtervorbehalts kann die Annahme
eines Verbots der Verwertung bei der Durchsuchung gewonnener
Beweismittel rechtfertigen.
BGH, Urteil vom 18. April 2007 – 5 StR 546/06
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 18. April 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. April 2007,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richter Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Sch.
alsVerteidigerfürdenAngeklagten R. ,
Rechtsanwalt H. ,
Rechtsanwalt Z.
alsVerteidigerfürdenA ngeklagten G. ,
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten R. gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. Februar 2006 werden verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die hierdurch den Angeklagten R. und G. entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Der Angeklagte R. trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen versuchten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen diesen Angeklagten hat die Strafkammer ferner den Verfall von 1.000 Euro angeordnet. Den Mitangeklagten G. hat das Landgericht von dem Vorwurf freigesprochen, in zwei Fällen ohne Erlaubnis mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben zu haben. Mit ihren vom Generalbundesanwalt vertretenen Revisionen wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen die Freisprechung des Angeklagten G. und beanstandet bezüglich des Angeklagten R. , dass dieser Angeklagte nicht wegen vollendeten unerlaubten Handeltreibens verurteilt worden ist. Der Ange- klagte R. wendet sich mit der allgemein erhobenen Sachrüge gegen seine Verurteilung. Sämtliche Rechtsmittel bleiben erfolglos.
2
1. Den Angeklagten liegt Folgendes zur Last:
3
a) Der Angeklagte G. erwarb über 50.000 Ecstasy Tabletten (Wirkstoffgehalt über 3 kg MDMA) und verwahrte sie zum gewinnbringenden Weiterverkauf in der vom Zeugen B. vermieteten Wohnung in der F. Straße in B . G. gab dem Angeklagten R. am 16. Februar 2004 1.000 Euro gegen das Versprechen, aus der Wohnung eine Tüte voller Betäubungsmittel zu holen und diese in den Kofferraum eines in der Nähe geparkten Pkw zu verbringen (Anklagevorwurf 1).
4
b) Der Angeklagte G. erwarb später 3,5 kg Marihuana (Wirkstoffgehalt 412 g THC) und verwahrte dieses zum beabsichtigten gewinnbringenden Weiterverkauf bis zum 18. Februar 2005 in einer Wohnung in der P. - straße in B. (Anklagevorwurf 2).
5
2. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
a) Zu Anklagevorwurf 1:
6
Der Angeklagte R. erhielt am 16. Februar 2004 von einem ihm nicht weiter bekannten „M. “ 1.000 Euro nebst einem Wohnungsschlüssel, um einen zugeschweißten gefüllten Beutel aus der Wohnung F. Straße zu einem Pkw zu verbringen. R. stellte sich vor, in dem Beutel würden sich mindestens 300 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von nicht mehr als 9 g THC befinden. Als R. am Morgen des 17. Februar 2004 im Begriff war, die Wohnung mit dem Schlüssel zu öffnen, wurde er festgenommen.
7
Das Landgericht hat aufgrund folgender Umstände darüber hinaus gehende Ermittlungsergebnisse wegen Missachtung des Gebots, einen richterlichen Beschluss zur Wohnungsdurchsuchung zu erlangen, als unverwertbar erachtet: Am 16. Februar 2004 öffnete der Vermieter wegen eines Wasserschadens gewaltsam die Wohnung. Er informierte die Polizei von seinem Verdacht , in der Wohnung Betäubungsmittel gefunden zu haben. Gegen 15.30 Uhr durchsuchten drei Polizeibeamte die Wohnung und informierten ihre Fachdienststelle von dem möglichen Rauschgiftfund. Deren Mitarbeiter trafen gegen 17.00 Uhr ein, stellten die aufgefundenen Betäubungsmittel sicher und brachten sie zur polizeitechnischen Untersuchungsstelle. Die Polizei „besetzte“ nun die Wohnung, um mögliche Drogenhändler dingfest zu machen. Am nächsten Morgen wurde der Angeklagte R. vorläufig festgenommen, als er versuchte , die Wohnungstür zu öffnen.
8
Das Landgericht hat mit weiteren beweiswürdigenden Erwägungen die Täterschaft des Angeklagten G. in Zweifel gezogen und dazu Folgendes ausgeführt: Das Auffinden einer türkischen Zeitung und DNA eines anderen Mannes – außer der des Angeklagten in aufgefundenen Zigarettenkippen – sowie die G. ausdrücklich entlastende Einlassung des R. sprächen gegen die Täterschaft des schweigenden Angeklagten G. . Ferner hätten die in die Hauptverhandlung eingeführten Telefongespräche des Angeklagten G. und die in seinem Pkw überwachten Gespräche keinen Bezug dieses Angeklagten zu Rauschgift in der F. Straße erbracht.
9
b) Zu Anklagevorwurf 2:
10
Der Angeklagte G. hielt sich während der letzten vier Wochen vor seiner Festnahme am 18. Februar 2005 in der Wohnung des Zeugen Zo. in der P. straße auf. Dies war der Polizei bekannt. Der die Ermittlungen gegen G. führende Zeuge Kriminalkommissar Si. war darüber hinaus am 18. Februar 2005 über den jeweiligen Aufenthaltsort des Tatverdächtigen informiert. Si. erfuhr gegen 15.47 Uhr, dass sich G. um ein Gerät bemühte , um in seinem Fahrzeug – tatsächlich angebrachte – polizeiliche Or- tungs- und Abhörgeräte aufzufinden. Si. erörterte eine deshalb aus polizeilicher Sicht gebotene Festnahme des G. mit dem zuständigen Staatsanwalt. G. wurde mit Zustimmung des Staatsanwalts schließlich um 17.30 Uhr festgenommen, worüber Si. um 20.00 Uhr den Staatsanwalt informierte ; dabei bat er ferner um die Genehmigung, die Wohnung des Zo. durchsuchen zu dürfen. Der Staatsanwalt ordnete die Wohnungsdurchsuchung auf Grund angenommener eigener Eilkompetenz an, ohne die Anrufung eines Ermittlungsrichters zu erwägen und eine Gefahr für den Verlust von Beweismitteln zu dokumentieren.
11
Das Landgericht hat auch die bei dieser Durchsuchung gewonnenen Beweismittel wegen Missachtung des Gebots, einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss herbeizuführen, mit einem Beweisverwertungsverbot belegt und ergänzend darauf hingewiesen, dass auf Grund weiterer Umstände das fehlende Bemühen um richterliche Durchsuchungsgenehmigungen nicht lediglich eine einzelne Nachlässigkeit der Ermittlungsbehörden dargestellt hat, sondern in eine Kette weiterer Ermittlungsmängel eingereiht gewesen ist: - Ermittlungsbeamte hatten eine DNA-Probe des Angeklagten G. vor dessen Festnahme durch eine fingierte Verkehrskontrolle erschlichen. Dabei wurde das bei dem Alkoholtest verwendete Mundstück einbehalten und dem Angeklagten auf seinen Rückgabewunsch hin stattdessen ein unbenutztes Austauschstück übergeben.
- Entgegen dem Inhalt eines Durchsuchungsberichts vom 28. Februar 2005 hatten Polizeibeamte gar nicht versucht, einen Durchsuchungsbeschluss für eine der Mutter des Angeklagten G. gehörende Garage zu erlangen.
- Eine dem Angeklagten gehörende wertvolle Werkzeugkiste war – einem polizeilichen Aktenvermerk widersprechend – nicht vernichtet
worden. Sie befand sich weiter im Besitz der Polizei und konnte während der Hauptverhandlung in Augenschein genommen werden.
- Während der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung des Zeugen Zo. wurde diesem mitgeteilt, ein anwaltlicher Beistand wäre nicht nötig, weil es sich „nur um eine Vernehmung“ handeln würde.
- Schließlich machte der Sitzungsstaatsanwalt während der Beweisaufnahme Vorhalte aus staatsanwaltschaftlichen Nachermittlungen, ohne diese zuvor dem erkennenden Gericht übergeben zu haben.
12
3. Die Freisprechung des Angeklagten G. hält den Revisionsangriffen stand.
13
a) Auf die von der Staatsanwaltschaft lediglich erhobene Sachrüge ist der Senat allenfalls befugt, auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen zu prüfen , ob die Subsumtion des Landgerichts dessen verfahrensrechtliche Folgerungen rechtfertigt (vgl. Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 261 Rdn. 38). Der weitergehende vom Generalstaatsanwalt bei dem Kammergericht formulierte Revisionsangriff , die im Zusammenhang mit der Annahme von Beweisverwertungsverboten getroffenen Feststellungen des Landgerichts seien lückenhaft – dem sich der Generalbundesanwalt angeschlossen hat –, entzieht sich der Betrachtung. Solches hätte die Erhebung einer Verfahrensrüge mit weitergehendem Sachvortrag (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) vorausgesetzt, die indes nicht vorliegt (vgl. BGHSt 19, 273, 275, 279; 48, 240, 250; Kuckein in KK 5. Aufl. § 337 Rdn. 30).
14
b) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob das Landgericht zu Anklagevorwurf 1 für die aus der Wohnung F. Straße stammenden Betäubungsmittel zu Unrecht ein Beweisverwertungsverbot angenommen hat. Die Freisprechung des Angeklagten G. beruht jedenfalls nicht auf einem etwaigen Rechtsfehler. Das Landgericht hat die erhobenen Beweise insgesamt hinreichend deutlich dahingehend gewürdigt, dass aus sachlichen Erwägungen nicht zu überwindende Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten G. bestanden haben. Solches hat das Revisionsgericht hinzunehmen (vgl. BGH NJW 2006, 925, 928 m.w.N., insoweit in BGHSt 50, 299 nicht abgedruckt).
15
c) Soweit das Landgericht hinsichtlich des in der Wohnung des Zeugen Zo. aufgefundenen Rauschgifts ein Beweisverwertungsverbot angenommen hat, hält diese Wertung der – hier, wie ausgeführt, von vornherein nur eingeschränkt möglichen – rechtlichen Prüfung stand.
16
aa) Die am 18. Februar 2005 um 20.05 Uhr aufgrund der um 20.00 Uhr getroffenen Anordnung des Staatsanwalts erfolgte Durchsuchung der Wohnung war wegen Missachtung des Richtervorbehalts rechtswidrig. Eine gemäß Art. 13 Abs. 2 GG, § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO grundsätzlich erforderliche richterliche Durchsuchungsanordnung lag nicht vor (vgl. BVerfGE 103, 142, 153; BGHR StPO § 105 Durchsuchung 4). Die Anordnung des Staatsanwalts beruhte nicht auf einer rechtmäßigen Inanspruchnahme seiner sich aus § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO ergebenden Eilkompetenz.
17
Bei der hier zu beurteilenden Durchsuchungsanordnung hätte Gefahr im Verzug angenommen werden können, falls die vorherige Einholung der richterlichen Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährdet hätte (vgl. BVerfGE 103, 142, 154; BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 6). Bei der Prüfung dieser Voraussetzung steht es aber nicht im Belieben der Strafverfolgungsbehörden , wann sie eine Antragstellung in Erwägung ziehen. Sie dürfen nicht so lange mit dem Antrag an den Ermittlungsrichter zuwarten, bis etwa die Gefahr eines Beweismittelverlusts tatsächlich eingetreten ist, und damit die von Verfassungs wegen vorgesehene Regelzuständigkeit des Richters unterlaufen (BVerfGE 103, 142, 155; BVerfG – Kammer – NJW 2005, 1637, 1638 f.). Für die Frage, ob die Ermittlungsbehörden eine richterliche Entscheidung rechtzeitig erreichen können, kommt es deshalb auf den Zeitpunkt an, zu dem die Staatsanwaltschaft oder ihre Hilfsbeamten die Durchsuchung für erforderlich hielten (Stellungnahme des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs in BVerfGE aaO S. 148).
18
Solches war hier nach jeglicher kriminalistischer Erfahrung spätestens zum Zeitpunkt des Entschlusses zur Festnahme des G. am Nachmittag des 18. Februar 2005 der Fall (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 1637, 1638 f.; AG Kiel StV 2002, 536, 537 jeweils zu ähnlichen Sachverhalten). Die sofortige Suche nach Sachbeweisen am gewöhnlichen Aufenthaltsort des G. drängte sich auf. Nur durch einen alsbaldigen Zugriff wäre auszuschließen gewesen, dass mögliche Mittäter in der Wohnung befindliches Rauschgift beseitigen. Schon daher konnte die erst um 20.00 Uhr erfolgte Durchsuchungsanordnung – jenseits jeder fehlenden Dokumentation (vgl. BVerfG – Kammer – aaO S. 1639; BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 5) – nicht mehr auf Gefahr im Verzug gestützt werden. Hinzu kommt, dass den Polizeibeamten durch G. s Beobachtung schon mindestens vier Wochen lang dessen Aufenthalt in Zo. s Wohnung bekannt war (UA S. 22) und dass sich die Notwendigkeit einer alsbaldigen Wohnungsdurchsuchung aufdrängte, mithin nicht einer überraschenden Verfahrenssituation entsprang.
19
bb) Die Rechtswidrigkeit der Wohnungsdurchsuchung rechtfertigt vorliegend die Annahme eines Verwertungsverbots hinsichtlich der bei der Durchsuchung sichergestellten Betäubungsmittel.
20
(1) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei Missachtung des sich aus Art. 13 Abs. 2 GG, § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO ergebenden Richtervorbehalts ein Verwertungsverbot hinsichtlich der aus der Wohnung zu Tage geförderten Beweismittel anzunehmen ist, hat der Gesetzgeber nicht entschieden (vgl. Gössel in Löwe-Rosenberg, StPO 26. Aufl. Einl. Abschn. L Rdn. 16). So ist – wie auch bei der Prüfung eines Verwertungsverbots bei Verstößen gegen andere Erhebungsvorschriften – davon auszugehen, dass dem Strafverfahrensrecht ein allgemein geltender Grundsatz, dass jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften ein strafprozessuales Verwertungsverbot nach sich zieht, fremd ist (BGHSt 44, 243, 249). Vielmehr ist diese Frage nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung jeweils nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden (BGHSt aaO m.w.N.). Dabei muss beachtet werden, dass die Annahme eines Verwertungsverbots, auch wenn die Strafprozessordnung nicht auf Wahrheitserforschung „um jeden Preis“ gerichtet ist, eines der wesentlichen Prinzipien des Strafverfahrensrechts einschränkt, nämlich den Grundsatz, dass das Gericht die Wahrheit zu erforschen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat, die von Bedeutung sind. Daran gemessen bedeutet ein Beweisverwertungsverbot eine Ausnahme, die nur nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist (BGHSt aaO m.w.N.). Maßgeblich mit beeinflusst wird das Ergebnis der demnach vorzunehmenden Abwägung vom Gewicht des infrage stehenden Verfahrensverstoßes (BGHSt aaO m.w.N.). Dieses wird seinerseits wesentlich von der Bedeutung der im Einzelfall betroffenen Rechtsgüter bestimmt (BGHSt aaO).
21
(2) Indes können einzelne Rechtsgüter durch Eingriffe fern jeder Rechtsgrundlage so massiv beeinträchtigt werden, dass dadurch das Ermittlungsverfahren als ein nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geordnetes Verfahren nachhaltig beschädigt wird. Dann wäre jede andere Lösung als die Annahme eines Verwertungsverbots – jenseits des in § 136a Abs. 3 Satz 2 StPO normierten – unerträglich (vgl. BGHSt 31, 304, 308; Eisenberg, Beweisrecht der StPO 5. Aufl. Rdn. 363; Gössel aaO Rdn. 33 und 178). Solches wurde in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beispielsweise angenommen bei der Durchführung von Abhörmaßnahmen unter Verstoß gegen völkerrechtliche Grundsätze (BGHSt 36, 396, 398 ff.) oder ohne richterliche Anordnung (BGHSt 31, 304, 306 f.; 35, 32, 34) oder zur gezielten Verleitung des Angeklagten zum unbewussten Schaffen von Anknüpfungstatsachen für ein Sachverständigengutachten (BGHSt 34, 39), ferner bei der Einbeziehung eines Raumgesprächs zwischen Eheleuten in die Telefonüberwachung (BGHSt 31, 296) und bei akusti- scher Wohnraumüberwachung in einem nicht allgemein zugänglichen, als Wohnung zu bewertenden Vereinsbüro (BGHSt 42, 372, 377 zu § 100c Abs. 1 StPO a.F.) und in einem Krankenzimmer (BGHSt 50, 206).
22
Solchen Fallgestaltungen ist der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt nicht ausreichend ähnlich. Die Durchsuchungsanordnung war dem Staatsanwalt nicht schlechthin verboten, sondern in Eilfällen gestattet. Gefahr im Verzug lag hier zwar nicht vor. Die Verletzung des Richtervorbehalts hat aber aus objektiver Sicht geringeres Gewicht, als wenn, wie etwa im Falle des § 100b Abs. 1 StPO, der Polizei die Anordnung von Eingriffen der betreffenden Art schlechthin untersagt ist (Roxin NStZ 1989, 376, 379). Zudem kommt bei der hier gebotenen objektiven Sicht dem Umstand Bedeutung zu, dass ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss höchstwahrscheinlich zu erlangen gewesen wäre (vgl. Roxin aaO; ders. Strafverfahrensrecht, 25. Aufl. S. 182 Rdn. 21). Daran bestehen hier kaum Zweifel, wenngleich eine umfassende Prüfung aufgrund einer nicht ausreichend ausgeführten Verfahrensrüge nicht erfolgen kann. Immerhin waren gegen G. bereits Maßnahmen nach § 100c Abs. 1 Nr. 1 lit. b und Nr. 2 StPO a.F. erlassen, deren Anordnung strengere Voraussetzungen zu erfüllen hatten, als es der Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses erfordert hätte.
23
(3) In Sonderfällen schwerwiegender Rechtsverletzungen, die durch das besondere Gewicht der jeweiligen Verletzungshandlung bei grober Verkennung der Rechtslage geprägt sind, sind Beweismittel darüber hinaus unverwertbar, weil der Staat – soweit nicht notstandsähnliche Gesichtspunkte Gegenteiliges ermöglichen sollten (vgl. BGHSt 31, 304, 307; 34, 39, 51 f.) – auch in solchen Fällen aus Eingriffen ohne Rechtsgrundlage keinen Nutzen ziehen darf (Roxin, Strafverfahrensrecht aaO S. 193 Rdn. 46; vgl. auch Gössel aaO Rdn. 175). Eine Verwertung würde hier gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens verstoßen (vgl. BGHSt 24, 125, 131; Roxin NStZ aaO).
24
So ist eine von dem Ermittlungsrichter oder dem Staatsanwalt angeordnete Telefonüberwachung rechtswidrig – mit der Folge eines Verwertungsverbots –, falls deren Entscheidung nach dem Maßstab (objektiver) Willkür oder grober Fehlbeurteilung nicht mehr vertretbar gewesen ist (BGHSt 41, 30, 34; vgl. auch BGHSt 32, 68, 70; 47, 362, 366; 48, 240, 248; einschränkend BGHSt 51, 1). Für Fälle fehlerhafter Wohnungsdurchsuchungen ist dies in der Rechtsprechung weitgehend anerkannt, falls der Richtervorbehalt bewusst umgangen worden ist (vgl. BVerfGE 113, 29, 61; BVerfG – Kammer – NJW 2006, 2684, 2686; BVerfG – Kammer – Beschluss vom 12. August 2005 – 2 BvR 1404/04; LG Osnabrück StV 1991, 152, 153; AG Offenbach StV 1993, 406, 407 f.; LG Darmstadt StV 1993, 573 f.; AG Kiel StV 2002, 536, 538; OLG Koblenz NStZ 2002, 660; AG Tiergarten in Berlin StV 2003, 663, 664; StraFo 2007, 73, 74; LG Heilbronn StV 2005, 380, 381; vgl. noch weitergehend AG Braunschweig StV 2001, 393 und LG Saarbrücken StV 2003, 434, 436). Diese Auffassung wird von Stimmen in der Literatur geteilt (Meyer-Goßner aaO § 98 Rdn. 7; Krekeler NStZ 1993, 263, 265). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird bei willkürlicher Annahme von Gefahr im Verzug oder bei Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Fehlers ein Verwertungsverbot für notwendig gehalten (BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4), was im Schrifttum ebenfalls vertreten wird (Schäfer in Löwe-Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 105 Rdn. 119; Pfeiffer, StPO 5. Aufl. § 105 Rdn. 7; grundsätzlich Roxin, Strafverfahrensrecht aaO S. 193 Rdn. 46; allgemein bei Willkür Nack in KK 5. Aufl. Vor § 94 Rdn. 11; Krekeler/Löffelmann in AnwK-StPO Einleitung Rdn. 141). Diesen Ansätzen folgt der Senat.
25
Die Notwendigkeit der Annahme eines Verwertungsverbots ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Beachtlichkeit des Richtervorbehalts und zu den inhaltlichen Anforderungen, denen die Durchsuchungsbeschlüsse genügen müssen, angelegt (vgl. allgemein Landau NStZ 2007, 121, 128). Richterliche Durchsuchungsanordnungen sind nach Wortlaut und Systematik des Art. 13 Abs. 2 GG die Regel und die nichtrichterlichen die Ausnahme (BVerfGE 103, 142, 153). Vor allem wegen der grund- rechtssichernden Schutzfunktion des Richtervorbehalts ist „Gefahr im Verzug“ eng auszulegen (BVerfGE aaO), weshalb die Pflicht, einen Durchsuchungsbeschluss zu beantragen, den Spielraum der Ermittlungsbeamten begrenzt, das Ermittlungsverfahren nach kriminalistischen und taktischen Erwägungen frei zu gestalten (BVerfG aaO S. 155). Der bloße abstrakte Hinweis, eine richterliche Entscheidung sei gewöhnlicherweise zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht zu erlangen, kann Gefahr im Verzug nicht begründen, weil dem korrespondierend die verfassungsrechtliche Verpflichtung der Gerichte besteht, die Erreichbarkeit eines Ermittlungsrichters, auch durch die Einrichtung eines Eil- oder Notdienstes , zu sichern (BVerfG aaO S. 156; BVerfG – Kammer – StV 2006, 676). Damit ist das Gebot, den Richtervorbehalt einzuhalten, für das durch rechtsstaatliche Grundsätze geprägte Ermittlungsverfahren so wesentlich, dass jedenfalls grobe Verstöße nicht sanktionslos gelassen werden dürfen (Schäfer aaO § 105 Rdn. 118; Krehl JR 2001, 491, 494). Genauso wie es nicht tragbar wäre, bei jeglichem Irrtum der Beamten über die tatsächlichen Voraussetzungen der Gefahr im Verzug oder bei sonstigen weniger gewichtigen Verstößen gegen irgendwelche die Art und Weise der Durchsuchung regelnden Vorschriften auch bei schwerwiegenden Straftaten ein Verwertungsverbot anzunehmen, wäre es für die Rechtsgemeinschaft und ihre Vorstellung vom Recht unerträglich, könnte der verfassungsrechtlich abgesicherte Schutz der Wohnung samt Richtervorbehalt stets folgenlos selbst willkürlich ausgehebelt werden (vgl. Schäfer aaO § 105 Rdn. 119).
26
Hier liegt schon die Annahme außerordentlich nahe, dass die Polizeibeamten den Richtervorbehalt bewusst ignoriert und die Inanspruchnahme der Eilkompetenz des Staatsanwalts provoziert haben. Das Unterlassen der Polizeibeamten , sich um einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung des Zo. zu bemühen, ist angesichts des Ganges der Ermittlungen unverständlich. Der Umstand, dass sich G. in der Wohnung des Zo. aufgehalten hat, war den ermittelnden Kriminalbeamten schon mindestens vier Wochen vor der Festnahme des G. bekannt (UA S. 22). Die Verdachtslage, wie sie ferner ersichtlich im Blick auf die nach § 100c Abs. 1 Nr. 1 lit. b und Nr. 2 StPO a.F.
angeordneten Maßnahmen angenommen wurde und sich zudem durch wenigstens im Allgemeinen auf Rauschgift bezogene Gespräche des G. im überwachten Pkw ergab, machte es immer dringlicher, spätestens zum Zeitpunkt der Festnahme des G. auch die Wohnung des Zo. zu durchsuchen. Vor dem Hintergrund der Vollstreckbarkeit eines Durchsuchungsbeschlusses über einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten (BVerfGE 96, 44) wäre mit einem gewissen zeitlichen Vorlauf der polizeiliche Zugriff für die Ermittlungen förderlich und der Rechtsordnung entsprechend mit Beantragung eines Durchsuchungsbeschlusses ohne Schwierigkeiten vorzubereiten gewesen. Spätestens mit der am 18. Februar 2005 um 15.47 Uhr von den Polizeibeamten gefassten Festnahmeabsicht erlangte die nach kriminalistischer Erfahrungsregel notwendige Wohnungsdurchsuchung und damit die Erlangung eines Durchsuchungsbeschlusses höchste Priorität, die indes gänzlich unbeachtet blieb. Erst zweieinhalb Stunden nach der Festnahme des G. erheischten die Kriminalbeamten – ohne dass ermittlungsbezogene Besonderheiten dies erklären konnten – eine Entscheidung des ebenfalls nur über eine Eilkompetenz verfügenden Staatsanwalts, ohne die mögliche Inanspruchnahme eines Ermittlungsrichters zuvor auch nur erwogen zu haben (vgl. auch AG Tiergarten in Berlin StraFo 2007, 73, 74 zu Existenz und Bekanntheit des jeweiligen Bereitschaftsrichters

).


27
Der Senat kann es letztlich dahingestellt sein lassen, ob gerade auch im Blick auf das vorhergegangene Erschleichen von DNA-Material des Angeklagten G. und nachfolgende Unkorrektheiten bei den weiteren polizeilichen Ermittlungen aus einer Gesamtschau aller Rechtsverstöße die Annahme einer grundlegenden Vernachlässigung von Richtervorbehalten durch die Polizeibeamten und – daraus abgeleitet – deren vorsätzlicher Missachtung in jedem Einzelfall zu rechtfertigen wäre. Da der Senat die Bewertung der Durchsuchung vom 16. Februar 2004 offen gelassen hat, stützt er sich nicht auf diese Gesamtschau , wie sie das Landgericht vorgenommen hat. Er kann den Feststellungen des Landgerichts jedoch entnehmen, dass jedenfalls der ermittelnde Staatsanwalt – mag er auch möglicherweise von der Polizei in gewisser Weise instrumentalisiert worden sein – objektiv willkürlich eine Wohnungsdurchsuchung ohne richterliche Anordnung gestattet und damit den Richtervorbehalt bewusst ignoriert oder gleichgewichtig gröblich missachtet hat. Solches ergibt die Gesamtschau folgender Umstände (UA S. 21):
28
Dem vom Landgericht als Zeugen vernommenen Staatsanwalt war – selbstverständlich – der Richtervorbehalt bekannt. Bei der Erörterung der Festnahme des G. hatte er an eine Durchsuchung aber „nicht gedacht“ und auf die zeitliche Diskrepanz zwischen Festnahme und Durchsuchung der Wohnung „nicht geachtet“. Selbst zum Zeitpunkt des Erlasses der Durchsuchungsanordnung – eine Stunde vor Beginn der Nachtzeit im Sinn des § 104 Abs. 3 StPO – war es nicht von vornherein aussichtslos, zumindest noch eine fernmündliche Genehmigung eines Ermittlungsrichters (vgl. BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 5) zu erreichen (vgl. BVerfG – Kammer – StV 2006, 676; AG Tiergarten in Berlin StraFo 2007, 73, 74; Meyer-Goßner aaO § 105 Rdn. 2). Eine solche einzuholen, hat der Staatsanwalt aber weder erwogen, noch hat er die Voraussetzungen der von ihm in Anspruch genommenen Eilkompetenz dokumentiert (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 1637, 1639; BGHSt 47, 362, 366; BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 5). Der Staatsanwalt hat ferner gegen die ihm obliegende Pflicht verstoßen, für die Rechtmäßigkeit des Ermittlungsverfahrens und damit für die Einhaltung des Richtervorbehalts durch die Polizei Sorge zu tragen (vgl. Meyer-Goßner aaO § 160 Rdn. 1 m.w.N.). Damit ist er seiner Funktion als Herr des Ermittlungsverfahrens nicht gerecht geworden , wie seiner Bekundung vor dem Landgericht zu entnehmen ist, die Polizei ermittele „autark“ (UA S. 21), so dass er sich mithin um Rechtsverstöße der in seinem Verfahren ermittelnden Hilfsbeamten nicht zu kümmern habe. Ein Staatsanwalt, der – wie hier – seine gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten bestehende Leitungsfunktion so weitgehend ignoriert, was zu einer Ausschaltung des Ermittlungsrichters über einen Zeitraum von zweieinhalb Stunden geführt hat, und der sich – ohne die Anrufung eines Ermittlungsrichters auch nur zu erwägen – sachlich unbegründet und ohne Dokumentation auf seine Eilkompetenz beruft, missachtet den Richtervorbehalt bewusst oder verkennt ihn in gleichgewichtiger Weise gröblich. Solches rechtfertigt – mangels besonderer ermittlungsbezogener Umstände (vgl. BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung
4) – das vom Landgericht angenommene Beweisverwertungsverbot.
29
(4) Dem – für andere Fallgestaltungen zur Einschränkung der Annahme von Beweisverwertungsverboten entwickelten – Aspekt eines möglichen hypothetischen rechtmäßigen Ermittlungsverlaufs (vgl. BGHSt 31, 304, 306; BGH NStZ 1989, 375, 376; BGHR StPO § 105 Durchsuchung 4; Roxin, Strafverfahrensrecht aaO S. 182 Rdn. 21) kann bei solcher Verkennung des Richtervorbehalts keine Bedeutung zukommen (vgl. schon BGHSt 31 aaO; Roxin aaO S. 182 f. Rdn. 21; Gössel aaO Rdn. 178). Die Einhaltung der durch Art. 13 Abs. 2 GG und § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO festgelegten Kompetenzregelung könnte bei Anerkennung des hypothetischen rechtmäßigen Ersatzeingriffs in diesen Fällen stets unterlaufen (vgl. Schäfer aaO § 105 Rdn. 117) und der Richtervorbehalt sogar letztlich sinnlos werden (Roxin, Strafverfahrensrecht aaO S. 183 Rdn. 21 m.w.N.). Bei Duldung grober Missachtungen des Richtervorbehalts entstünde gar ein Ansporn, die Ermittlungen ohne Ermittlungsrichter einfacher und möglicherweise erfolgversprechender zu gestalten (vgl. Roxin NStZ 1995, 465, 467 f.). Damit würde ein wesentliches Erfordernis eines rechtstaatlichen Ermittlungsverfahrens aufgegeben, dass Beweise nicht unter bewusstem Rechtsbruch oder gleichgewichtiger Rechtsmissachtung erlangt werden dürfen (vgl. Roxin NStZ 1989, 376, 379; ders. Strafverfahrensrecht aaO S. 193 Rdn. 46).
30
(5) Ob vorliegend der Gesichtspunkt einer fehlenden Berührung des Rechtskreises des Angeklagten (vgl. BGHSt[GS] 11, 213, 215 f.; BGHSt 22, 35, 38; 40, 211, 214 f.) der Anerkennung eines Verwertungsverbotes entgegenstehen könnte, bedarf keiner Vertiefung (vgl. dazu Gössel aaO Rdn. 38 ff.). Der Angeklagte war zur Zeit der Durchsuchung ersichtlich berechtigter Mitnutzer der Wohnung des Zo. (vgl. Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht 8. Aufl. § 540 Rdn. 32; Teichmann in Jauernig, BGB 11. Aufl. § 535 Rdn. 12; jeweils m.w.N.) und damit in den Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG einbezogen (vgl. BVerfGE 109, 279, 326).
31
(6) Der Senat kann ferner die Beantwortung der Frage dahingestellt sein lassen, ob das angenommene Verwertungsverbot einen Widerspruch des Verteidigers in der Hauptverhandlung vorausgesetzt hätte (vgl. Gössel aaO Rdn. 33 und 174) – was herrschender Tendenz der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspräche (vgl. BGHR StPO § 100a Verwertungsverbot 11; BGHSt 50, 206, 215 f.; 51, 1; Gössel aaO Rdn. 29 m.w.N.), die indes jenseits der Fälle von dem Rechtsverstoß berührter Verteidigungsrechte, deren effektive Verletzung der Betroffene selbst optimal beurteilen kann und die uneingeschränkt seiner Disponibilität unterliegen, zu hinterfragen wäre – oder ob sich solches im Blick auf die betroffenen, für den Angeklagten nicht zweifelsfrei umfassend disponiblen Rechtsgüter verbieten würde (vgl. BGHSt 51, 1, 3). Die Revision der Staatsanwaltschaft kann jedenfalls aus solchen Erwägungen nicht erfolgreich sein, weil zur Frage, ob und wie der Verwertung der Beweismittel, die sich zu dem Ergebnis der Durchsuchung der Wohnung des Zo. verhalten, widersprochen worden ist, nichts vorgetragen ist (vgl. BGHR StPO § 100a Verwertungsverbot

11).


32
cc) Gegen die gefundene Rechtsauffassung kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, der Schutz der Volksgesundheit – bei dem hier objektiv vorliegenden Verbrechen gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG – und die Pflicht des Rechtsstaats zur effektiven Strafverfolgung (vgl. hierzu BGHSt[GS] 42, 139, 157; Landau NStZ 2007, 121, 128 f.) werde so vernachlässigt. Das sichergestellte Rauschgift unterliegt gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 BtMG, § 76a Abs. 1 StGB der Einziehung. Es wird dem illegalen Rauschgiftmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Sorge um einen Effektivitätsverlust wird vorliegend – jenseits erhobener grundsätzlicher Einwendungen gegen diesen Aspekt (vgl. Roxin NStZ 1997, 18, 20) – schon deshalb relativiert, weil bei Duldung eines bewussten oder gleichgewichtig schweren Rechtsbruchs durch Ermittlungsbeamte ein Ansehensverlust des rechtsstaatlichen Ermittlungsverfahrens bei der rechtstreuen Bevölkerung zu befürchten wäre, den es zu verhindern gilt und der seinerseits etwa durch verändertes Anzeige- oder Aussageverhalten infolge schwindenden Vertrauens in die Lauterkeit der Ermittlungsorgane zu Effektivitätsverlusten führen könnte. Ferner wird die Bedeutung des Beweismittelverlustes durch Annahme eines Verwertungsverbots hier dadurch gemindert, dass zur Überführung des Angeklagten andere, im Allgemeinen erfolgversprechende Ermittlungsmethoden (Maßnahmen nach §§ 100a, 100c a.F. StPO) angewandt werden konnten, deren Ergebnisse indes nur im vorliegenden Einzelfall – ohne dass solches von der Revisionsführerin beanstandet worden wäre – zur Überzeugungsbildung des Landgerichts nicht ausgereicht haben.
33
dd) Der Senat ist nicht zu einer Anfrage gemäß § 132 Abs. 2 GVG genötigt. Die Erwägungen des 2. Strafsenats (NStZ 1989, 375, 376) zum hypothetischen Ersatzeingriff waren für die Entscheidung nicht tragend (vgl. Roxin NStZ 1989, 376, 378). Die gefundene Rechtsauffassung stimmt mit der vom 1. Strafsenat (BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4) vertretenen überein.
34
4. Die die Verurteilung des Angeklagten R. betreffenden Revisionen sind ebenfalls unbegründet. Das Landgericht hat sich auf Grund einer wertenden Betrachtung aller Tatumstände angesichts des Gewinnstrebens des R. , seiner Tatinitiative und seines vorgesehenen vorübergehenden Besitzes des Rauschgifts von einem mittäterschaftlichen Mitwirken des Angeklagten überzeugt. Die Annahme nur eines (untauglichen) Versuchs begegnet keinen Bedenken, weil der Angeklagte seine Kuriertätigkeit zu einem Zeitpunkt ausführen sollte, als das zu transportierende Rauschgift durch polizeilichen Aufgriff bereits aus der Bunkerwohnung entfernt und dadurch der Verfügungsmacht des Auftraggebers des Angeklagten entglitten war (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 1; BGHSt[GS] 50, 252, 263). Auch gegen den Rechtsfolgenausspruch können Bedenken nicht erhoben werden.
Basdorf Raum Brause Schaal Jäger

(1) Auch ohne Wissen der Betroffenen darf die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden, wenn

1.
bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in Absatz 2 bezeichnete schwere Straftat begangen, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht, oder durch eine Straftat vorbereitet hat,
2.
die Tat auch im Einzelfall schwer wiegt und
3.
die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre.
Die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation darf auch in der Weise erfolgen, dass mit technischen Mitteln in von dem Betroffenen genutzte informationstechnische Systeme eingegriffen wird, wenn dies notwendig ist, um die Überwachung und Aufzeichnung insbesondere in unverschlüsselter Form zu ermöglichen. Auf dem informationstechnischen System des Betroffenen gespeicherte Inhalte und Umstände der Kommunikation dürfen überwacht und aufgezeichnet werden, wenn sie auch während des laufenden Übertragungsvorgangs im öffentlichen Telekommunikationsnetz in verschlüsselter Form hätten überwacht und aufgezeichnet werden können.

(2) Schwere Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 sind:

1.
aus dem Strafgesetzbuch:
a)
Straftaten des Friedensverrats, des Hochverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates sowie des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit nach den §§ 80a bis 82, 84 bis 86, 87 bis 89a, 89c Absatz 1 bis 4, 94 bis 100a,
b)
Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern nach § 108e,
c)
Straftaten gegen die Landesverteidigung nach den §§ 109d bis 109h,
d)
Straftaten gegen die öffentliche Ordnung nach § 127 Absatz 3 und 4 sowie den §§ 129 bis 130,
e)
Geld- und Wertzeichenfälschung nach den §§ 146 und 151, jeweils auch in Verbindung mit § 152, sowie nach § 152a Abs. 3 und § 152b Abs. 1 bis 4,
f)
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen der §§ 176, 176c, 176d und, unter den in § 177 Absatz 6 Satz 2 Nummer 2 genannten Voraussetzungen, des § 177,
g)
Verbreitung, Erwerb und Besitz kinder- und jugendpornographischer Inhalte nach § 184b, § 184c Absatz 2,
h)
Mord und Totschlag nach den §§ 211 und 212,
i)
Straftaten gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232, 232a Absatz 1 bis 5, den §§ 232b, 233 Absatz 2, den §§ 233a, 234, 234a, 239a und 239b,
j)
Bandendiebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 2, Wohnungseinbruchdiebstahl nach § 244 Absatz 4 und schwerer Bandendiebstahl nach § 244a,
k)
Straftaten des Raubes und der Erpressung nach den §§ 249 bis 255,
l)
gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei und gewerbsmäßige Bandenhehlerei nach den §§ 260 und 260a,
m)
Geldwäsche nach § 261, wenn die Vortat eine der in den Nummern 1 bis 11 genannten schweren Straftaten ist,
n)
Betrug und Computerbetrug unter den in § 263 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Falle des § 263 Abs. 5, jeweils auch in Verbindung mit § 263a Abs. 2,
o)
Subventionsbetrug unter den in § 264 Abs. 2 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Falle des § 264 Abs. 3 in Verbindung mit § 263 Abs. 5,
p)
Sportwettbetrug und Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben unter den in § 265e Satz 2 genannten Voraussetzungen,
q)
Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt unter den in § 266a Absatz 4 Satz 2 Nummer 4 genannten Voraussetzungen,
r)
Straftaten der Urkundenfälschung unter den in § 267 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Fall des § 267 Abs. 4, jeweils auch in Verbindung mit § 268 Abs. 5 oder § 269 Abs. 3, sowie nach § 275 Abs. 2 und § 276 Abs. 2,
s)
Bankrott unter den in § 283a Satz 2 genannten Voraussetzungen,
t)
Straftaten gegen den Wettbewerb nach § 298 und, unter den in § 300 Satz 2 genannten Voraussetzungen, nach § 299,
u)
gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c, 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 3, des § 309 Abs. 1 bis 4, des § 310 Abs. 1, der §§ 313, 314, 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3 sowie der §§ 316a und 316c,
v)
Bestechlichkeit und Bestechung nach den §§ 332 und 334,
2.
aus der Abgabenordnung:
a)
Steuerhinterziehung unter den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 genannten Voraussetzungen, sofern der Täter als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach § 370 Absatz 1 verbunden hat, handelt, oder unter den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 5 genannten Voraussetzungen,
b)
gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373,
c)
Steuerhehlerei im Falle des § 374 Abs. 2,
3.
aus dem Anti-Doping-Gesetz:

Straftaten nach § 4 Absatz 4 Nummer 2 Buchstabe b,
4.
aus dem Asylgesetz:
a)
Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Abs. 3,
b)
gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a,
5.
aus dem Aufenthaltsgesetz:
a)
Einschleusen von Ausländern nach § 96 Abs. 2,
b)
Einschleusen mit Todesfolge und gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,
5a.
aus dem Ausgangsstoffgesetz:

Straftaten nach § 13 Absatz 3,
6.
aus dem Außenwirtschaftsgesetz:

vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18 des Außenwirtschaftsgesetzes,
7.
aus dem Betäubungsmittelgesetz:
a)
Straftaten nach einer in § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
b)
Straftaten nach den §§ 29a, 30 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b,
8.
aus dem Grundstoffüberwachungsgesetz:

Straftaten nach § 19 Abs. 1 unter den in § 19 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen,
9.
aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:
a)
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3 und § 20 Abs. 1 und 2 sowie § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21,
b)
Straftaten nach § 22a Abs. 1 bis 3,
9a.
aus dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz:

Straftaten nach § 4 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe a,
10.
aus dem Völkerstrafgesetzbuch:
a)
Völkermord nach § 6,
b)
Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach § 7,
c)
Kriegsverbrechen nach den §§ 8 bis 12,
d)
Verbrechen der Aggression nach § 13,
11.
aus dem Waffengesetz:
a)
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3,
b)
Straftaten nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Abs. 5 und 6.

(3) Die Anordnung darf sich nur gegen den Beschuldigten oder gegen Personen richten, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Beschuldigten bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder dass der Beschuldigte ihren Anschluss oder ihr informationstechnisches System benutzt.

(4) Auf Grund der Anordnung einer Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation hat jeder, der Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und ihren im Polizeidienst tätigen Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) diese Maßnahmen zu ermöglichen und die erforderlichen Auskünfte unverzüglich zu erteilen. Ob und in welchem Umfang hierfür Vorkehrungen zu treffen sind, bestimmt sich nach dem Telekommunikationsgesetz und der Telekommunikations-Überwachungsverordnung. § 95 Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) Bei Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 und 3 ist technisch sicherzustellen, dass

1.
ausschließlich überwacht und aufgezeichnet werden können:
a)
die laufende Telekommunikation (Absatz 1 Satz 2), oder
b)
Inhalte und Umstände der Kommunikation, die ab dem Zeitpunkt der Anordnung nach § 100e Absatz 1 auch während des laufenden Übertragungsvorgangs im öffentlichen Telekommunikationsnetz hätten überwacht und aufgezeichnet werden können (Absatz 1 Satz 3),
2.
an dem informationstechnischen System nur Veränderungen vorgenommen werden, die für die Datenerhebung unerlässlich sind, und
3.
die vorgenommenen Veränderungen bei Beendigung der Maßnahme, soweit technisch möglich, automatisiert rückgängig gemacht werden.
Das eingesetzte Mittel ist nach dem Stand der Technik gegen unbefugte Nutzung zu schützen. Kopierte Daten sind nach dem Stand der Technik gegen Veränderung, unbefugte Löschung und unbefugte Kenntnisnahme zu schützen.

(6) Bei jedem Einsatz des technischen Mittels sind zu protokollieren

1.
die Bezeichnung des technischen Mittels und der Zeitpunkt seines Einsatzes,
2.
die Angaben zur Identifizierung des informationstechnischen Systems und die daran vorgenommenen nicht nur flüchtigen Veränderungen,
3.
die Angaben, die die Feststellung der erhobenen Daten ermöglichen, und
4.
die Organisationseinheit, die die Maßnahme durchführt.

(1) Auch ohne Wissen des Betroffenen darf mit technischen Mitteln in ein von dem Betroffenen genutztes informationstechnisches System eingegriffen und dürfen Daten daraus erhoben werden (Online-Durchsuchung), wenn

1.
bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in Absatz 2 bezeichnete besonders schwere Straftat begangen oder in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat,
2.
die Tat auch im Einzelfall besonders schwer wiegt und
3.
die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre.

(2) Besonders schwere Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 sind:

1.
aus dem Strafgesetzbuch:
a)
Straftaten des Hochverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates sowie des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit nach den §§ 81, 82, 89a, 89c Absatz 1 bis 4, nach den §§ 94, 95 Absatz 3 und § 96 Absatz 1, jeweils auch in Verbindung mit § 97b, sowie nach den §§ 97a, 98 Absatz 1 Satz 2, § 99 Absatz 2 und den §§ 100, 100a Absatz 4,
b)
Betreiben krimineller Handelsplattformen im Internet in den Fällen des § 127 Absatz 3 und 4, sofern der Zweck der Handelsplattform im Internet darauf ausgerichtet ist, in den Buchstaben a und c bis o sowie in den Nummern 2 bis 10 genannte besonders schwere Straftaten zu ermöglichen oder zu fördern,
c)
Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 5 Satz 3 und Bildung terroristischer Vereinigungen nach § 129a Absatz 1, 2, 4, 5 Satz 1 erste Alternative, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1,
d)
Geld- und Wertzeichenfälschung nach den §§ 146 und 151, jeweils auch in Verbindung mit § 152, sowie nach § 152a Absatz 3 und § 152b Absatz 1 bis 4,
e)
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen des § 176 Absatz 1 und der §§ 176c, 176d und, unter den in § 177 Absatz 6 Satz 2 Nummer 2 genannten Voraussetzungen, des § 177,
f)
Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte in den Fällen des § 184b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2,
g)
Mord und Totschlag nach den §§ 211, 212,
h)
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 232 Absatz 2 und 3, des § 232a Absatz 1, 3, 4 und 5 zweiter Halbsatz, des § 232b Absatz 1 und 3 sowie Absatz 4, dieser in Verbindung mit § 232a Absatz 4 und 5 zweiter Halbsatz, des § 233 Absatz 2, des § 233a Absatz 1, 3 und 4 zweiter Halbsatz, der §§ 234 und 234a Absatz 1 und 2 sowie der §§ 239a und 239b,
i)
Bandendiebstahl nach § 244 Absatz 1 Nummer 2 und schwerer Bandendiebstahl nach § 244a,
j)
schwerer Raub und Raub mit Todesfolge nach § 250 Absatz 1 oder Absatz 2, § 251,
k)
räuberische Erpressung nach § 255 und besonders schwerer Fall einer Erpressung nach § 253 unter den in § 253 Absatz 4 Satz 2 genannten Voraussetzungen,
l)
gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei und gewerbsmäßige Bandenhehlerei nach den §§ 260, 260a,
m)
besonders schwerer Fall der Geldwäsche nach § 261 unter den in § 261 Absatz 5 Satz 2 genannten Voraussetzungen, wenn die Vortat eine der in den Nummern 1 bis 7 genannten besonders schweren Straftaten ist,
n)
Computerbetrug in den Fällen des § 263a Absatz 2 in Verbindung mit § 263 Absatz 5,
o)
besonders schwerer Fall der Bestechlichkeit und Bestechung nach § 335 Absatz 1 unter den in § 335 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 genannten Voraussetzungen,
2.
aus dem Asylgesetz:
a)
Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Absatz 3,
b)
gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a Absatz 1,
3.
aus dem Aufenthaltsgesetz:
a)
Einschleusen von Ausländern nach § 96 Absatz 2,
b)
Einschleusen mit Todesfolge oder gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,
4.
aus dem Außenwirtschaftsgesetz:
a)
Straftaten nach § 17 Absatz 1, 2 und 3, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 6 oder 7,
b)
Straftaten nach § 18 Absatz 7 und 8, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 10,
5.
aus dem Betäubungsmittelgesetz:
a)
besonders schwerer Fall einer Straftat nach § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 5, 6, 10, 11 oder 13, Absatz 3 unter der in § 29 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 genannten Voraussetzung,
b)
eine Straftat nach den §§ 29a, 30 Absatz 1 Nummer 1, 2, 4, § 30a,
6.
aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:
a)
eine Straftat nach § 19 Absatz 2 oder § 20 Absatz 1, jeweils auch in Verbindung mit § 21,
b)
besonders schwerer Fall einer Straftat nach § 22a Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2,
7.
aus dem Grundstoffüberwachungsgesetz:Straftaten nach § 19 Absatz 3,
8.
aus dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz:Straftaten nach § 4 Absatz 3 Nummer 1,
9.
aus dem Völkerstrafgesetzbuch:
a)
Völkermord nach § 6,
b)
Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach § 7,
c)
Kriegsverbrechen nach den §§ 8 bis 12,
d)
Verbrechen der Aggression nach § 13,
10.
aus dem Waffengesetz:
a)
besonders schwerer Fall einer Straftat nach § 51 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2,
b)
besonders schwerer Fall einer Straftat nach § 52 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 5.

(3) Die Maßnahme darf sich nur gegen den Beschuldigten richten. Ein Eingriff in informationstechnische Systeme anderer Personen ist nur zulässig, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass

1.
der in der Anordnung nach § 100e Absatz 3 bezeichnete Beschuldigte informationstechnische Systeme der anderen Person benutzt, und
2.
die Durchführung des Eingriffs in informationstechnische Systeme des Beschuldigten allein nicht zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Mitbeschuldigten führen wird.
Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn andere Personen unvermeidbar betroffen werden.

(4) § 100a Absatz 5 und 6 gilt mit Ausnahme von Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 entsprechend.

Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.

(1) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Durchsuchungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 ordnet der Richter an; die Staatsanwaltschaft ist hierzu befugt, wenn Gefahr im Verzug ist.

(2) Wenn eine Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums ohne Beisein des Richters oder des Staatsanwalts stattfindet, so sind, wenn möglich, ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen. Die als Gemeindemitglieder zugezogenen Personen dürfen nicht Polizeibeamte oder Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sein.

(3) Wird eine Durchsuchung in einem Dienstgebäude oder einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr um ihre Durchführung ersucht. Die ersuchende Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. Des Ersuchens bedarf es nicht, wenn die Durchsuchung von Räumen vorzunehmen ist, die ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 455/03
vom
18. November 2003
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. November 2003 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 2. Juni 2003 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Zu der Verfahrensrüge, mit der ein Verwertungsverbot wegen Verletzung
des § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO geltend gemacht wird, bemerkt
der Senat:
Unbeschadet dessen, ob die Rüge zulässig erhoben wurde (§ 344
Abs. 2 Satz 2 StPO), ist sie jedenfalls unbegründet. Wenn aufgrund
der Verdachtslage geklärt ist, daß eine Wohnung durchsucht
werden soll, und nur der Zeitpunkt der Durchsuchung etwa
wegen anderer noch ausstehender Ermittlungsergebnisse oder
organisatorischer Vorkehrungen noch unklar ist, so müssen die
Strafverfolgungsbehörden gerade wegen des zeitlichen Aufschubs
- jedenfalls zur Tageszeit - den Versuch unternehmen, eine richterliche
Anordnung der Durchsuchung zu erlangen. Denn die richterliche
Durchsuchungsanordnung ist die Regel, die nichtrichterliche
die Ausnahme (BVerfG NJW 2001, 1121 und NJW 2002,
3161).
Es kann offenbleiben, ob die entsprechende Verdachtslage hier
bereits am Abend des 10. Oktober 2001 vorlag, als der Unbekannte
, nachdem er gegen 20 Uhr an den anderweitig verfolgten
M. Heroin in nicht geringer Menge übergeben hatte, die
Wohnung L. Allee , 3. Stock, Appartement aufsuchte
und nach wenigen Minuten wieder verließ (UA S. 5), oder
ob der Verdacht einer "Bunkerwohnung" für Rauschgift erst am
nächsten Morgen um 8.15 Uhr gegeben war. Die um 10.05 Uhr
am 11. Oktober 2001 durchgeführte Durchsuchung der vorbenannten
Wohnung auf Anordnung der Staatsanwaltschaft wegen
Gefahr im Verzug ohne den Versuch, einen Richter zu erreichen,
war zwar rechtsfehlerhaft, aber aufgrund der hier gegebenen Umstände
jedenfalls nicht willkürlich und auch nicht mit einem besonders
schwerwiegenden Fehler behaftet. Dann aber steht eine
rechtsfehlerhafte Durchsuchung der Beschlagnahme und Verwertung
der sichergestellten Beweismittel nicht entgegen (BVerfG
NJW 1999, 273; Meyer-Goßner StPO 46. Aufl. § 94 Rdn. 21).
Jedenfalls am Morgen des 11. Oktober 2001 zwischen 8 bis
10 Uhr wäre - anders als die Revision meint - eine richterliche
Durchsuchungsanordnung ergangen, weil durch die aufgelaufenen
Anrufversuche auf dem Handy des festgenommen M. in
Täterkreisen dessen Festnahme vermutet werden konnte und die
Durchsuchung der betreffenden Wohnung zum Auffinden von
Rauschgift keinen Aufschub mehr duldete. Dem Erlaß der richterlichen
Durchsuchungsanordnung standen keine rechtlichen Hindernisse
entgegen, und die sichergestellten Gegenstände waren
somit der Verwertung als Beweismittel rechtlich zugänglich (vgl.
zum hypothetischen Ersatzeingriff Nack in KK StPO 5. Aufl. § 105
Rdn. 21). Hinzu kommt, daß es hier nicht nur um die Sicherstellung
von Beweismitteln ging, sondern auch um die Beschlagnahme
von Betäubungsmitteln, die dadurch aus dem Verkehr gezogen
wurden (§§ 111b, 111c StPO, 33 Abs. 2 BtMG).
Nack Boetticher Schluckebier
Hebenstreit Elf

(1) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Durchsuchungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 ordnet der Richter an; die Staatsanwaltschaft ist hierzu befugt, wenn Gefahr im Verzug ist.

(2) Wenn eine Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums ohne Beisein des Richters oder des Staatsanwalts stattfindet, so sind, wenn möglich, ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen. Die als Gemeindemitglieder zugezogenen Personen dürfen nicht Polizeibeamte oder Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sein.

(3) Wird eine Durchsuchung in einem Dienstgebäude oder einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr um ihre Durchführung ersucht. Die ersuchende Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. Des Ersuchens bedarf es nicht, wenn die Durchsuchung von Räumen vorzunehmen ist, die ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.

Nachschlagewerk ja
BGHSt ja
Veröffentlichung ja
Eine bewusste Missachtung oder gleichgewichtig grobe Verkennung
der Voraussetzungen des für Wohnungsdurchsuchungen
bestehenden Richtervorbehalts kann die Annahme
eines Verbots der Verwertung bei der Durchsuchung gewonnener
Beweismittel rechtfertigen.
BGH, Urteil vom 18. April 2007 – 5 StR 546/06
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 18. April 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. April 2007,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richter Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Sch.
alsVerteidigerfürdenAngeklagten R. ,
Rechtsanwalt H. ,
Rechtsanwalt Z.
alsVerteidigerfürdenA ngeklagten G. ,
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten R. gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. Februar 2006 werden verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die hierdurch den Angeklagten R. und G. entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Der Angeklagte R. trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen versuchten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen diesen Angeklagten hat die Strafkammer ferner den Verfall von 1.000 Euro angeordnet. Den Mitangeklagten G. hat das Landgericht von dem Vorwurf freigesprochen, in zwei Fällen ohne Erlaubnis mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben zu haben. Mit ihren vom Generalbundesanwalt vertretenen Revisionen wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen die Freisprechung des Angeklagten G. und beanstandet bezüglich des Angeklagten R. , dass dieser Angeklagte nicht wegen vollendeten unerlaubten Handeltreibens verurteilt worden ist. Der Ange- klagte R. wendet sich mit der allgemein erhobenen Sachrüge gegen seine Verurteilung. Sämtliche Rechtsmittel bleiben erfolglos.
2
1. Den Angeklagten liegt Folgendes zur Last:
3
a) Der Angeklagte G. erwarb über 50.000 Ecstasy Tabletten (Wirkstoffgehalt über 3 kg MDMA) und verwahrte sie zum gewinnbringenden Weiterverkauf in der vom Zeugen B. vermieteten Wohnung in der F. Straße in B . G. gab dem Angeklagten R. am 16. Februar 2004 1.000 Euro gegen das Versprechen, aus der Wohnung eine Tüte voller Betäubungsmittel zu holen und diese in den Kofferraum eines in der Nähe geparkten Pkw zu verbringen (Anklagevorwurf 1).
4
b) Der Angeklagte G. erwarb später 3,5 kg Marihuana (Wirkstoffgehalt 412 g THC) und verwahrte dieses zum beabsichtigten gewinnbringenden Weiterverkauf bis zum 18. Februar 2005 in einer Wohnung in der P. - straße in B. (Anklagevorwurf 2).
5
2. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
a) Zu Anklagevorwurf 1:
6
Der Angeklagte R. erhielt am 16. Februar 2004 von einem ihm nicht weiter bekannten „M. “ 1.000 Euro nebst einem Wohnungsschlüssel, um einen zugeschweißten gefüllten Beutel aus der Wohnung F. Straße zu einem Pkw zu verbringen. R. stellte sich vor, in dem Beutel würden sich mindestens 300 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von nicht mehr als 9 g THC befinden. Als R. am Morgen des 17. Februar 2004 im Begriff war, die Wohnung mit dem Schlüssel zu öffnen, wurde er festgenommen.
7
Das Landgericht hat aufgrund folgender Umstände darüber hinaus gehende Ermittlungsergebnisse wegen Missachtung des Gebots, einen richterlichen Beschluss zur Wohnungsdurchsuchung zu erlangen, als unverwertbar erachtet: Am 16. Februar 2004 öffnete der Vermieter wegen eines Wasserschadens gewaltsam die Wohnung. Er informierte die Polizei von seinem Verdacht , in der Wohnung Betäubungsmittel gefunden zu haben. Gegen 15.30 Uhr durchsuchten drei Polizeibeamte die Wohnung und informierten ihre Fachdienststelle von dem möglichen Rauschgiftfund. Deren Mitarbeiter trafen gegen 17.00 Uhr ein, stellten die aufgefundenen Betäubungsmittel sicher und brachten sie zur polizeitechnischen Untersuchungsstelle. Die Polizei „besetzte“ nun die Wohnung, um mögliche Drogenhändler dingfest zu machen. Am nächsten Morgen wurde der Angeklagte R. vorläufig festgenommen, als er versuchte , die Wohnungstür zu öffnen.
8
Das Landgericht hat mit weiteren beweiswürdigenden Erwägungen die Täterschaft des Angeklagten G. in Zweifel gezogen und dazu Folgendes ausgeführt: Das Auffinden einer türkischen Zeitung und DNA eines anderen Mannes – außer der des Angeklagten in aufgefundenen Zigarettenkippen – sowie die G. ausdrücklich entlastende Einlassung des R. sprächen gegen die Täterschaft des schweigenden Angeklagten G. . Ferner hätten die in die Hauptverhandlung eingeführten Telefongespräche des Angeklagten G. und die in seinem Pkw überwachten Gespräche keinen Bezug dieses Angeklagten zu Rauschgift in der F. Straße erbracht.
9
b) Zu Anklagevorwurf 2:
10
Der Angeklagte G. hielt sich während der letzten vier Wochen vor seiner Festnahme am 18. Februar 2005 in der Wohnung des Zeugen Zo. in der P. straße auf. Dies war der Polizei bekannt. Der die Ermittlungen gegen G. führende Zeuge Kriminalkommissar Si. war darüber hinaus am 18. Februar 2005 über den jeweiligen Aufenthaltsort des Tatverdächtigen informiert. Si. erfuhr gegen 15.47 Uhr, dass sich G. um ein Gerät bemühte , um in seinem Fahrzeug – tatsächlich angebrachte – polizeiliche Or- tungs- und Abhörgeräte aufzufinden. Si. erörterte eine deshalb aus polizeilicher Sicht gebotene Festnahme des G. mit dem zuständigen Staatsanwalt. G. wurde mit Zustimmung des Staatsanwalts schließlich um 17.30 Uhr festgenommen, worüber Si. um 20.00 Uhr den Staatsanwalt informierte ; dabei bat er ferner um die Genehmigung, die Wohnung des Zo. durchsuchen zu dürfen. Der Staatsanwalt ordnete die Wohnungsdurchsuchung auf Grund angenommener eigener Eilkompetenz an, ohne die Anrufung eines Ermittlungsrichters zu erwägen und eine Gefahr für den Verlust von Beweismitteln zu dokumentieren.
11
Das Landgericht hat auch die bei dieser Durchsuchung gewonnenen Beweismittel wegen Missachtung des Gebots, einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss herbeizuführen, mit einem Beweisverwertungsverbot belegt und ergänzend darauf hingewiesen, dass auf Grund weiterer Umstände das fehlende Bemühen um richterliche Durchsuchungsgenehmigungen nicht lediglich eine einzelne Nachlässigkeit der Ermittlungsbehörden dargestellt hat, sondern in eine Kette weiterer Ermittlungsmängel eingereiht gewesen ist: - Ermittlungsbeamte hatten eine DNA-Probe des Angeklagten G. vor dessen Festnahme durch eine fingierte Verkehrskontrolle erschlichen. Dabei wurde das bei dem Alkoholtest verwendete Mundstück einbehalten und dem Angeklagten auf seinen Rückgabewunsch hin stattdessen ein unbenutztes Austauschstück übergeben.
- Entgegen dem Inhalt eines Durchsuchungsberichts vom 28. Februar 2005 hatten Polizeibeamte gar nicht versucht, einen Durchsuchungsbeschluss für eine der Mutter des Angeklagten G. gehörende Garage zu erlangen.
- Eine dem Angeklagten gehörende wertvolle Werkzeugkiste war – einem polizeilichen Aktenvermerk widersprechend – nicht vernichtet
worden. Sie befand sich weiter im Besitz der Polizei und konnte während der Hauptverhandlung in Augenschein genommen werden.
- Während der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung des Zeugen Zo. wurde diesem mitgeteilt, ein anwaltlicher Beistand wäre nicht nötig, weil es sich „nur um eine Vernehmung“ handeln würde.
- Schließlich machte der Sitzungsstaatsanwalt während der Beweisaufnahme Vorhalte aus staatsanwaltschaftlichen Nachermittlungen, ohne diese zuvor dem erkennenden Gericht übergeben zu haben.
12
3. Die Freisprechung des Angeklagten G. hält den Revisionsangriffen stand.
13
a) Auf die von der Staatsanwaltschaft lediglich erhobene Sachrüge ist der Senat allenfalls befugt, auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen zu prüfen , ob die Subsumtion des Landgerichts dessen verfahrensrechtliche Folgerungen rechtfertigt (vgl. Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 261 Rdn. 38). Der weitergehende vom Generalstaatsanwalt bei dem Kammergericht formulierte Revisionsangriff , die im Zusammenhang mit der Annahme von Beweisverwertungsverboten getroffenen Feststellungen des Landgerichts seien lückenhaft – dem sich der Generalbundesanwalt angeschlossen hat –, entzieht sich der Betrachtung. Solches hätte die Erhebung einer Verfahrensrüge mit weitergehendem Sachvortrag (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) vorausgesetzt, die indes nicht vorliegt (vgl. BGHSt 19, 273, 275, 279; 48, 240, 250; Kuckein in KK 5. Aufl. § 337 Rdn. 30).
14
b) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob das Landgericht zu Anklagevorwurf 1 für die aus der Wohnung F. Straße stammenden Betäubungsmittel zu Unrecht ein Beweisverwertungsverbot angenommen hat. Die Freisprechung des Angeklagten G. beruht jedenfalls nicht auf einem etwaigen Rechtsfehler. Das Landgericht hat die erhobenen Beweise insgesamt hinreichend deutlich dahingehend gewürdigt, dass aus sachlichen Erwägungen nicht zu überwindende Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten G. bestanden haben. Solches hat das Revisionsgericht hinzunehmen (vgl. BGH NJW 2006, 925, 928 m.w.N., insoweit in BGHSt 50, 299 nicht abgedruckt).
15
c) Soweit das Landgericht hinsichtlich des in der Wohnung des Zeugen Zo. aufgefundenen Rauschgifts ein Beweisverwertungsverbot angenommen hat, hält diese Wertung der – hier, wie ausgeführt, von vornherein nur eingeschränkt möglichen – rechtlichen Prüfung stand.
16
aa) Die am 18. Februar 2005 um 20.05 Uhr aufgrund der um 20.00 Uhr getroffenen Anordnung des Staatsanwalts erfolgte Durchsuchung der Wohnung war wegen Missachtung des Richtervorbehalts rechtswidrig. Eine gemäß Art. 13 Abs. 2 GG, § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO grundsätzlich erforderliche richterliche Durchsuchungsanordnung lag nicht vor (vgl. BVerfGE 103, 142, 153; BGHR StPO § 105 Durchsuchung 4). Die Anordnung des Staatsanwalts beruhte nicht auf einer rechtmäßigen Inanspruchnahme seiner sich aus § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO ergebenden Eilkompetenz.
17
Bei der hier zu beurteilenden Durchsuchungsanordnung hätte Gefahr im Verzug angenommen werden können, falls die vorherige Einholung der richterlichen Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährdet hätte (vgl. BVerfGE 103, 142, 154; BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 6). Bei der Prüfung dieser Voraussetzung steht es aber nicht im Belieben der Strafverfolgungsbehörden , wann sie eine Antragstellung in Erwägung ziehen. Sie dürfen nicht so lange mit dem Antrag an den Ermittlungsrichter zuwarten, bis etwa die Gefahr eines Beweismittelverlusts tatsächlich eingetreten ist, und damit die von Verfassungs wegen vorgesehene Regelzuständigkeit des Richters unterlaufen (BVerfGE 103, 142, 155; BVerfG – Kammer – NJW 2005, 1637, 1638 f.). Für die Frage, ob die Ermittlungsbehörden eine richterliche Entscheidung rechtzeitig erreichen können, kommt es deshalb auf den Zeitpunkt an, zu dem die Staatsanwaltschaft oder ihre Hilfsbeamten die Durchsuchung für erforderlich hielten (Stellungnahme des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs in BVerfGE aaO S. 148).
18
Solches war hier nach jeglicher kriminalistischer Erfahrung spätestens zum Zeitpunkt des Entschlusses zur Festnahme des G. am Nachmittag des 18. Februar 2005 der Fall (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 1637, 1638 f.; AG Kiel StV 2002, 536, 537 jeweils zu ähnlichen Sachverhalten). Die sofortige Suche nach Sachbeweisen am gewöhnlichen Aufenthaltsort des G. drängte sich auf. Nur durch einen alsbaldigen Zugriff wäre auszuschließen gewesen, dass mögliche Mittäter in der Wohnung befindliches Rauschgift beseitigen. Schon daher konnte die erst um 20.00 Uhr erfolgte Durchsuchungsanordnung – jenseits jeder fehlenden Dokumentation (vgl. BVerfG – Kammer – aaO S. 1639; BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 5) – nicht mehr auf Gefahr im Verzug gestützt werden. Hinzu kommt, dass den Polizeibeamten durch G. s Beobachtung schon mindestens vier Wochen lang dessen Aufenthalt in Zo. s Wohnung bekannt war (UA S. 22) und dass sich die Notwendigkeit einer alsbaldigen Wohnungsdurchsuchung aufdrängte, mithin nicht einer überraschenden Verfahrenssituation entsprang.
19
bb) Die Rechtswidrigkeit der Wohnungsdurchsuchung rechtfertigt vorliegend die Annahme eines Verwertungsverbots hinsichtlich der bei der Durchsuchung sichergestellten Betäubungsmittel.
20
(1) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei Missachtung des sich aus Art. 13 Abs. 2 GG, § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO ergebenden Richtervorbehalts ein Verwertungsverbot hinsichtlich der aus der Wohnung zu Tage geförderten Beweismittel anzunehmen ist, hat der Gesetzgeber nicht entschieden (vgl. Gössel in Löwe-Rosenberg, StPO 26. Aufl. Einl. Abschn. L Rdn. 16). So ist – wie auch bei der Prüfung eines Verwertungsverbots bei Verstößen gegen andere Erhebungsvorschriften – davon auszugehen, dass dem Strafverfahrensrecht ein allgemein geltender Grundsatz, dass jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften ein strafprozessuales Verwertungsverbot nach sich zieht, fremd ist (BGHSt 44, 243, 249). Vielmehr ist diese Frage nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung jeweils nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden (BGHSt aaO m.w.N.). Dabei muss beachtet werden, dass die Annahme eines Verwertungsverbots, auch wenn die Strafprozessordnung nicht auf Wahrheitserforschung „um jeden Preis“ gerichtet ist, eines der wesentlichen Prinzipien des Strafverfahrensrechts einschränkt, nämlich den Grundsatz, dass das Gericht die Wahrheit zu erforschen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat, die von Bedeutung sind. Daran gemessen bedeutet ein Beweisverwertungsverbot eine Ausnahme, die nur nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist (BGHSt aaO m.w.N.). Maßgeblich mit beeinflusst wird das Ergebnis der demnach vorzunehmenden Abwägung vom Gewicht des infrage stehenden Verfahrensverstoßes (BGHSt aaO m.w.N.). Dieses wird seinerseits wesentlich von der Bedeutung der im Einzelfall betroffenen Rechtsgüter bestimmt (BGHSt aaO).
21
(2) Indes können einzelne Rechtsgüter durch Eingriffe fern jeder Rechtsgrundlage so massiv beeinträchtigt werden, dass dadurch das Ermittlungsverfahren als ein nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geordnetes Verfahren nachhaltig beschädigt wird. Dann wäre jede andere Lösung als die Annahme eines Verwertungsverbots – jenseits des in § 136a Abs. 3 Satz 2 StPO normierten – unerträglich (vgl. BGHSt 31, 304, 308; Eisenberg, Beweisrecht der StPO 5. Aufl. Rdn. 363; Gössel aaO Rdn. 33 und 178). Solches wurde in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beispielsweise angenommen bei der Durchführung von Abhörmaßnahmen unter Verstoß gegen völkerrechtliche Grundsätze (BGHSt 36, 396, 398 ff.) oder ohne richterliche Anordnung (BGHSt 31, 304, 306 f.; 35, 32, 34) oder zur gezielten Verleitung des Angeklagten zum unbewussten Schaffen von Anknüpfungstatsachen für ein Sachverständigengutachten (BGHSt 34, 39), ferner bei der Einbeziehung eines Raumgesprächs zwischen Eheleuten in die Telefonüberwachung (BGHSt 31, 296) und bei akusti- scher Wohnraumüberwachung in einem nicht allgemein zugänglichen, als Wohnung zu bewertenden Vereinsbüro (BGHSt 42, 372, 377 zu § 100c Abs. 1 StPO a.F.) und in einem Krankenzimmer (BGHSt 50, 206).
22
Solchen Fallgestaltungen ist der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt nicht ausreichend ähnlich. Die Durchsuchungsanordnung war dem Staatsanwalt nicht schlechthin verboten, sondern in Eilfällen gestattet. Gefahr im Verzug lag hier zwar nicht vor. Die Verletzung des Richtervorbehalts hat aber aus objektiver Sicht geringeres Gewicht, als wenn, wie etwa im Falle des § 100b Abs. 1 StPO, der Polizei die Anordnung von Eingriffen der betreffenden Art schlechthin untersagt ist (Roxin NStZ 1989, 376, 379). Zudem kommt bei der hier gebotenen objektiven Sicht dem Umstand Bedeutung zu, dass ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss höchstwahrscheinlich zu erlangen gewesen wäre (vgl. Roxin aaO; ders. Strafverfahrensrecht, 25. Aufl. S. 182 Rdn. 21). Daran bestehen hier kaum Zweifel, wenngleich eine umfassende Prüfung aufgrund einer nicht ausreichend ausgeführten Verfahrensrüge nicht erfolgen kann. Immerhin waren gegen G. bereits Maßnahmen nach § 100c Abs. 1 Nr. 1 lit. b und Nr. 2 StPO a.F. erlassen, deren Anordnung strengere Voraussetzungen zu erfüllen hatten, als es der Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses erfordert hätte.
23
(3) In Sonderfällen schwerwiegender Rechtsverletzungen, die durch das besondere Gewicht der jeweiligen Verletzungshandlung bei grober Verkennung der Rechtslage geprägt sind, sind Beweismittel darüber hinaus unverwertbar, weil der Staat – soweit nicht notstandsähnliche Gesichtspunkte Gegenteiliges ermöglichen sollten (vgl. BGHSt 31, 304, 307; 34, 39, 51 f.) – auch in solchen Fällen aus Eingriffen ohne Rechtsgrundlage keinen Nutzen ziehen darf (Roxin, Strafverfahrensrecht aaO S. 193 Rdn. 46; vgl. auch Gössel aaO Rdn. 175). Eine Verwertung würde hier gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens verstoßen (vgl. BGHSt 24, 125, 131; Roxin NStZ aaO).
24
So ist eine von dem Ermittlungsrichter oder dem Staatsanwalt angeordnete Telefonüberwachung rechtswidrig – mit der Folge eines Verwertungsverbots –, falls deren Entscheidung nach dem Maßstab (objektiver) Willkür oder grober Fehlbeurteilung nicht mehr vertretbar gewesen ist (BGHSt 41, 30, 34; vgl. auch BGHSt 32, 68, 70; 47, 362, 366; 48, 240, 248; einschränkend BGHSt 51, 1). Für Fälle fehlerhafter Wohnungsdurchsuchungen ist dies in der Rechtsprechung weitgehend anerkannt, falls der Richtervorbehalt bewusst umgangen worden ist (vgl. BVerfGE 113, 29, 61; BVerfG – Kammer – NJW 2006, 2684, 2686; BVerfG – Kammer – Beschluss vom 12. August 2005 – 2 BvR 1404/04; LG Osnabrück StV 1991, 152, 153; AG Offenbach StV 1993, 406, 407 f.; LG Darmstadt StV 1993, 573 f.; AG Kiel StV 2002, 536, 538; OLG Koblenz NStZ 2002, 660; AG Tiergarten in Berlin StV 2003, 663, 664; StraFo 2007, 73, 74; LG Heilbronn StV 2005, 380, 381; vgl. noch weitergehend AG Braunschweig StV 2001, 393 und LG Saarbrücken StV 2003, 434, 436). Diese Auffassung wird von Stimmen in der Literatur geteilt (Meyer-Goßner aaO § 98 Rdn. 7; Krekeler NStZ 1993, 263, 265). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird bei willkürlicher Annahme von Gefahr im Verzug oder bei Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Fehlers ein Verwertungsverbot für notwendig gehalten (BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4), was im Schrifttum ebenfalls vertreten wird (Schäfer in Löwe-Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 105 Rdn. 119; Pfeiffer, StPO 5. Aufl. § 105 Rdn. 7; grundsätzlich Roxin, Strafverfahrensrecht aaO S. 193 Rdn. 46; allgemein bei Willkür Nack in KK 5. Aufl. Vor § 94 Rdn. 11; Krekeler/Löffelmann in AnwK-StPO Einleitung Rdn. 141). Diesen Ansätzen folgt der Senat.
25
Die Notwendigkeit der Annahme eines Verwertungsverbots ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Beachtlichkeit des Richtervorbehalts und zu den inhaltlichen Anforderungen, denen die Durchsuchungsbeschlüsse genügen müssen, angelegt (vgl. allgemein Landau NStZ 2007, 121, 128). Richterliche Durchsuchungsanordnungen sind nach Wortlaut und Systematik des Art. 13 Abs. 2 GG die Regel und die nichtrichterlichen die Ausnahme (BVerfGE 103, 142, 153). Vor allem wegen der grund- rechtssichernden Schutzfunktion des Richtervorbehalts ist „Gefahr im Verzug“ eng auszulegen (BVerfGE aaO), weshalb die Pflicht, einen Durchsuchungsbeschluss zu beantragen, den Spielraum der Ermittlungsbeamten begrenzt, das Ermittlungsverfahren nach kriminalistischen und taktischen Erwägungen frei zu gestalten (BVerfG aaO S. 155). Der bloße abstrakte Hinweis, eine richterliche Entscheidung sei gewöhnlicherweise zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht zu erlangen, kann Gefahr im Verzug nicht begründen, weil dem korrespondierend die verfassungsrechtliche Verpflichtung der Gerichte besteht, die Erreichbarkeit eines Ermittlungsrichters, auch durch die Einrichtung eines Eil- oder Notdienstes , zu sichern (BVerfG aaO S. 156; BVerfG – Kammer – StV 2006, 676). Damit ist das Gebot, den Richtervorbehalt einzuhalten, für das durch rechtsstaatliche Grundsätze geprägte Ermittlungsverfahren so wesentlich, dass jedenfalls grobe Verstöße nicht sanktionslos gelassen werden dürfen (Schäfer aaO § 105 Rdn. 118; Krehl JR 2001, 491, 494). Genauso wie es nicht tragbar wäre, bei jeglichem Irrtum der Beamten über die tatsächlichen Voraussetzungen der Gefahr im Verzug oder bei sonstigen weniger gewichtigen Verstößen gegen irgendwelche die Art und Weise der Durchsuchung regelnden Vorschriften auch bei schwerwiegenden Straftaten ein Verwertungsverbot anzunehmen, wäre es für die Rechtsgemeinschaft und ihre Vorstellung vom Recht unerträglich, könnte der verfassungsrechtlich abgesicherte Schutz der Wohnung samt Richtervorbehalt stets folgenlos selbst willkürlich ausgehebelt werden (vgl. Schäfer aaO § 105 Rdn. 119).
26
Hier liegt schon die Annahme außerordentlich nahe, dass die Polizeibeamten den Richtervorbehalt bewusst ignoriert und die Inanspruchnahme der Eilkompetenz des Staatsanwalts provoziert haben. Das Unterlassen der Polizeibeamten , sich um einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung des Zo. zu bemühen, ist angesichts des Ganges der Ermittlungen unverständlich. Der Umstand, dass sich G. in der Wohnung des Zo. aufgehalten hat, war den ermittelnden Kriminalbeamten schon mindestens vier Wochen vor der Festnahme des G. bekannt (UA S. 22). Die Verdachtslage, wie sie ferner ersichtlich im Blick auf die nach § 100c Abs. 1 Nr. 1 lit. b und Nr. 2 StPO a.F.
angeordneten Maßnahmen angenommen wurde und sich zudem durch wenigstens im Allgemeinen auf Rauschgift bezogene Gespräche des G. im überwachten Pkw ergab, machte es immer dringlicher, spätestens zum Zeitpunkt der Festnahme des G. auch die Wohnung des Zo. zu durchsuchen. Vor dem Hintergrund der Vollstreckbarkeit eines Durchsuchungsbeschlusses über einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten (BVerfGE 96, 44) wäre mit einem gewissen zeitlichen Vorlauf der polizeiliche Zugriff für die Ermittlungen förderlich und der Rechtsordnung entsprechend mit Beantragung eines Durchsuchungsbeschlusses ohne Schwierigkeiten vorzubereiten gewesen. Spätestens mit der am 18. Februar 2005 um 15.47 Uhr von den Polizeibeamten gefassten Festnahmeabsicht erlangte die nach kriminalistischer Erfahrungsregel notwendige Wohnungsdurchsuchung und damit die Erlangung eines Durchsuchungsbeschlusses höchste Priorität, die indes gänzlich unbeachtet blieb. Erst zweieinhalb Stunden nach der Festnahme des G. erheischten die Kriminalbeamten – ohne dass ermittlungsbezogene Besonderheiten dies erklären konnten – eine Entscheidung des ebenfalls nur über eine Eilkompetenz verfügenden Staatsanwalts, ohne die mögliche Inanspruchnahme eines Ermittlungsrichters zuvor auch nur erwogen zu haben (vgl. auch AG Tiergarten in Berlin StraFo 2007, 73, 74 zu Existenz und Bekanntheit des jeweiligen Bereitschaftsrichters

).


27
Der Senat kann es letztlich dahingestellt sein lassen, ob gerade auch im Blick auf das vorhergegangene Erschleichen von DNA-Material des Angeklagten G. und nachfolgende Unkorrektheiten bei den weiteren polizeilichen Ermittlungen aus einer Gesamtschau aller Rechtsverstöße die Annahme einer grundlegenden Vernachlässigung von Richtervorbehalten durch die Polizeibeamten und – daraus abgeleitet – deren vorsätzlicher Missachtung in jedem Einzelfall zu rechtfertigen wäre. Da der Senat die Bewertung der Durchsuchung vom 16. Februar 2004 offen gelassen hat, stützt er sich nicht auf diese Gesamtschau , wie sie das Landgericht vorgenommen hat. Er kann den Feststellungen des Landgerichts jedoch entnehmen, dass jedenfalls der ermittelnde Staatsanwalt – mag er auch möglicherweise von der Polizei in gewisser Weise instrumentalisiert worden sein – objektiv willkürlich eine Wohnungsdurchsuchung ohne richterliche Anordnung gestattet und damit den Richtervorbehalt bewusst ignoriert oder gleichgewichtig gröblich missachtet hat. Solches ergibt die Gesamtschau folgender Umstände (UA S. 21):
28
Dem vom Landgericht als Zeugen vernommenen Staatsanwalt war – selbstverständlich – der Richtervorbehalt bekannt. Bei der Erörterung der Festnahme des G. hatte er an eine Durchsuchung aber „nicht gedacht“ und auf die zeitliche Diskrepanz zwischen Festnahme und Durchsuchung der Wohnung „nicht geachtet“. Selbst zum Zeitpunkt des Erlasses der Durchsuchungsanordnung – eine Stunde vor Beginn der Nachtzeit im Sinn des § 104 Abs. 3 StPO – war es nicht von vornherein aussichtslos, zumindest noch eine fernmündliche Genehmigung eines Ermittlungsrichters (vgl. BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 5) zu erreichen (vgl. BVerfG – Kammer – StV 2006, 676; AG Tiergarten in Berlin StraFo 2007, 73, 74; Meyer-Goßner aaO § 105 Rdn. 2). Eine solche einzuholen, hat der Staatsanwalt aber weder erwogen, noch hat er die Voraussetzungen der von ihm in Anspruch genommenen Eilkompetenz dokumentiert (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 1637, 1639; BGHSt 47, 362, 366; BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 5). Der Staatsanwalt hat ferner gegen die ihm obliegende Pflicht verstoßen, für die Rechtmäßigkeit des Ermittlungsverfahrens und damit für die Einhaltung des Richtervorbehalts durch die Polizei Sorge zu tragen (vgl. Meyer-Goßner aaO § 160 Rdn. 1 m.w.N.). Damit ist er seiner Funktion als Herr des Ermittlungsverfahrens nicht gerecht geworden , wie seiner Bekundung vor dem Landgericht zu entnehmen ist, die Polizei ermittele „autark“ (UA S. 21), so dass er sich mithin um Rechtsverstöße der in seinem Verfahren ermittelnden Hilfsbeamten nicht zu kümmern habe. Ein Staatsanwalt, der – wie hier – seine gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten bestehende Leitungsfunktion so weitgehend ignoriert, was zu einer Ausschaltung des Ermittlungsrichters über einen Zeitraum von zweieinhalb Stunden geführt hat, und der sich – ohne die Anrufung eines Ermittlungsrichters auch nur zu erwägen – sachlich unbegründet und ohne Dokumentation auf seine Eilkompetenz beruft, missachtet den Richtervorbehalt bewusst oder verkennt ihn in gleichgewichtiger Weise gröblich. Solches rechtfertigt – mangels besonderer ermittlungsbezogener Umstände (vgl. BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung
4) – das vom Landgericht angenommene Beweisverwertungsverbot.
29
(4) Dem – für andere Fallgestaltungen zur Einschränkung der Annahme von Beweisverwertungsverboten entwickelten – Aspekt eines möglichen hypothetischen rechtmäßigen Ermittlungsverlaufs (vgl. BGHSt 31, 304, 306; BGH NStZ 1989, 375, 376; BGHR StPO § 105 Durchsuchung 4; Roxin, Strafverfahrensrecht aaO S. 182 Rdn. 21) kann bei solcher Verkennung des Richtervorbehalts keine Bedeutung zukommen (vgl. schon BGHSt 31 aaO; Roxin aaO S. 182 f. Rdn. 21; Gössel aaO Rdn. 178). Die Einhaltung der durch Art. 13 Abs. 2 GG und § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO festgelegten Kompetenzregelung könnte bei Anerkennung des hypothetischen rechtmäßigen Ersatzeingriffs in diesen Fällen stets unterlaufen (vgl. Schäfer aaO § 105 Rdn. 117) und der Richtervorbehalt sogar letztlich sinnlos werden (Roxin, Strafverfahrensrecht aaO S. 183 Rdn. 21 m.w.N.). Bei Duldung grober Missachtungen des Richtervorbehalts entstünde gar ein Ansporn, die Ermittlungen ohne Ermittlungsrichter einfacher und möglicherweise erfolgversprechender zu gestalten (vgl. Roxin NStZ 1995, 465, 467 f.). Damit würde ein wesentliches Erfordernis eines rechtstaatlichen Ermittlungsverfahrens aufgegeben, dass Beweise nicht unter bewusstem Rechtsbruch oder gleichgewichtiger Rechtsmissachtung erlangt werden dürfen (vgl. Roxin NStZ 1989, 376, 379; ders. Strafverfahrensrecht aaO S. 193 Rdn. 46).
30
(5) Ob vorliegend der Gesichtspunkt einer fehlenden Berührung des Rechtskreises des Angeklagten (vgl. BGHSt[GS] 11, 213, 215 f.; BGHSt 22, 35, 38; 40, 211, 214 f.) der Anerkennung eines Verwertungsverbotes entgegenstehen könnte, bedarf keiner Vertiefung (vgl. dazu Gössel aaO Rdn. 38 ff.). Der Angeklagte war zur Zeit der Durchsuchung ersichtlich berechtigter Mitnutzer der Wohnung des Zo. (vgl. Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht 8. Aufl. § 540 Rdn. 32; Teichmann in Jauernig, BGB 11. Aufl. § 535 Rdn. 12; jeweils m.w.N.) und damit in den Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG einbezogen (vgl. BVerfGE 109, 279, 326).
31
(6) Der Senat kann ferner die Beantwortung der Frage dahingestellt sein lassen, ob das angenommene Verwertungsverbot einen Widerspruch des Verteidigers in der Hauptverhandlung vorausgesetzt hätte (vgl. Gössel aaO Rdn. 33 und 174) – was herrschender Tendenz der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspräche (vgl. BGHR StPO § 100a Verwertungsverbot 11; BGHSt 50, 206, 215 f.; 51, 1; Gössel aaO Rdn. 29 m.w.N.), die indes jenseits der Fälle von dem Rechtsverstoß berührter Verteidigungsrechte, deren effektive Verletzung der Betroffene selbst optimal beurteilen kann und die uneingeschränkt seiner Disponibilität unterliegen, zu hinterfragen wäre – oder ob sich solches im Blick auf die betroffenen, für den Angeklagten nicht zweifelsfrei umfassend disponiblen Rechtsgüter verbieten würde (vgl. BGHSt 51, 1, 3). Die Revision der Staatsanwaltschaft kann jedenfalls aus solchen Erwägungen nicht erfolgreich sein, weil zur Frage, ob und wie der Verwertung der Beweismittel, die sich zu dem Ergebnis der Durchsuchung der Wohnung des Zo. verhalten, widersprochen worden ist, nichts vorgetragen ist (vgl. BGHR StPO § 100a Verwertungsverbot

11).


32
cc) Gegen die gefundene Rechtsauffassung kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, der Schutz der Volksgesundheit – bei dem hier objektiv vorliegenden Verbrechen gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG – und die Pflicht des Rechtsstaats zur effektiven Strafverfolgung (vgl. hierzu BGHSt[GS] 42, 139, 157; Landau NStZ 2007, 121, 128 f.) werde so vernachlässigt. Das sichergestellte Rauschgift unterliegt gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 BtMG, § 76a Abs. 1 StGB der Einziehung. Es wird dem illegalen Rauschgiftmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Sorge um einen Effektivitätsverlust wird vorliegend – jenseits erhobener grundsätzlicher Einwendungen gegen diesen Aspekt (vgl. Roxin NStZ 1997, 18, 20) – schon deshalb relativiert, weil bei Duldung eines bewussten oder gleichgewichtig schweren Rechtsbruchs durch Ermittlungsbeamte ein Ansehensverlust des rechtsstaatlichen Ermittlungsverfahrens bei der rechtstreuen Bevölkerung zu befürchten wäre, den es zu verhindern gilt und der seinerseits etwa durch verändertes Anzeige- oder Aussageverhalten infolge schwindenden Vertrauens in die Lauterkeit der Ermittlungsorgane zu Effektivitätsverlusten führen könnte. Ferner wird die Bedeutung des Beweismittelverlustes durch Annahme eines Verwertungsverbots hier dadurch gemindert, dass zur Überführung des Angeklagten andere, im Allgemeinen erfolgversprechende Ermittlungsmethoden (Maßnahmen nach §§ 100a, 100c a.F. StPO) angewandt werden konnten, deren Ergebnisse indes nur im vorliegenden Einzelfall – ohne dass solches von der Revisionsführerin beanstandet worden wäre – zur Überzeugungsbildung des Landgerichts nicht ausgereicht haben.
33
dd) Der Senat ist nicht zu einer Anfrage gemäß § 132 Abs. 2 GVG genötigt. Die Erwägungen des 2. Strafsenats (NStZ 1989, 375, 376) zum hypothetischen Ersatzeingriff waren für die Entscheidung nicht tragend (vgl. Roxin NStZ 1989, 376, 378). Die gefundene Rechtsauffassung stimmt mit der vom 1. Strafsenat (BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4) vertretenen überein.
34
4. Die die Verurteilung des Angeklagten R. betreffenden Revisionen sind ebenfalls unbegründet. Das Landgericht hat sich auf Grund einer wertenden Betrachtung aller Tatumstände angesichts des Gewinnstrebens des R. , seiner Tatinitiative und seines vorgesehenen vorübergehenden Besitzes des Rauschgifts von einem mittäterschaftlichen Mitwirken des Angeklagten überzeugt. Die Annahme nur eines (untauglichen) Versuchs begegnet keinen Bedenken, weil der Angeklagte seine Kuriertätigkeit zu einem Zeitpunkt ausführen sollte, als das zu transportierende Rauschgift durch polizeilichen Aufgriff bereits aus der Bunkerwohnung entfernt und dadurch der Verfügungsmacht des Auftraggebers des Angeklagten entglitten war (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 1; BGHSt[GS] 50, 252, 263). Auch gegen den Rechtsfolgenausspruch können Bedenken nicht erhoben werden.
Basdorf Raum Brause Schaal Jäger

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Durchsuchungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 ordnet der Richter an; die Staatsanwaltschaft ist hierzu befugt, wenn Gefahr im Verzug ist.

(2) Wenn eine Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums ohne Beisein des Richters oder des Staatsanwalts stattfindet, so sind, wenn möglich, ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen. Die als Gemeindemitglieder zugezogenen Personen dürfen nicht Polizeibeamte oder Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sein.

(3) Wird eine Durchsuchung in einem Dienstgebäude oder einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr um ihre Durchführung ersucht. Die ersuchende Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. Des Ersuchens bedarf es nicht, wenn die Durchsuchung von Räumen vorzunehmen ist, die ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.

Nachschlagewerk ja
BGHSt ja
Veröffentlichung ja
Eine bewusste Missachtung oder gleichgewichtig grobe Verkennung
der Voraussetzungen des für Wohnungsdurchsuchungen
bestehenden Richtervorbehalts kann die Annahme
eines Verbots der Verwertung bei der Durchsuchung gewonnener
Beweismittel rechtfertigen.
BGH, Urteil vom 18. April 2007 – 5 StR 546/06
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 18. April 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. April 2007,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richter Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Sch.
alsVerteidigerfürdenAngeklagten R. ,
Rechtsanwalt H. ,
Rechtsanwalt Z.
alsVerteidigerfürdenA ngeklagten G. ,
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten R. gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. Februar 2006 werden verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die hierdurch den Angeklagten R. und G. entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Der Angeklagte R. trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen versuchten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen diesen Angeklagten hat die Strafkammer ferner den Verfall von 1.000 Euro angeordnet. Den Mitangeklagten G. hat das Landgericht von dem Vorwurf freigesprochen, in zwei Fällen ohne Erlaubnis mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben zu haben. Mit ihren vom Generalbundesanwalt vertretenen Revisionen wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen die Freisprechung des Angeklagten G. und beanstandet bezüglich des Angeklagten R. , dass dieser Angeklagte nicht wegen vollendeten unerlaubten Handeltreibens verurteilt worden ist. Der Ange- klagte R. wendet sich mit der allgemein erhobenen Sachrüge gegen seine Verurteilung. Sämtliche Rechtsmittel bleiben erfolglos.
2
1. Den Angeklagten liegt Folgendes zur Last:
3
a) Der Angeklagte G. erwarb über 50.000 Ecstasy Tabletten (Wirkstoffgehalt über 3 kg MDMA) und verwahrte sie zum gewinnbringenden Weiterverkauf in der vom Zeugen B. vermieteten Wohnung in der F. Straße in B . G. gab dem Angeklagten R. am 16. Februar 2004 1.000 Euro gegen das Versprechen, aus der Wohnung eine Tüte voller Betäubungsmittel zu holen und diese in den Kofferraum eines in der Nähe geparkten Pkw zu verbringen (Anklagevorwurf 1).
4
b) Der Angeklagte G. erwarb später 3,5 kg Marihuana (Wirkstoffgehalt 412 g THC) und verwahrte dieses zum beabsichtigten gewinnbringenden Weiterverkauf bis zum 18. Februar 2005 in einer Wohnung in der P. - straße in B. (Anklagevorwurf 2).
5
2. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
a) Zu Anklagevorwurf 1:
6
Der Angeklagte R. erhielt am 16. Februar 2004 von einem ihm nicht weiter bekannten „M. “ 1.000 Euro nebst einem Wohnungsschlüssel, um einen zugeschweißten gefüllten Beutel aus der Wohnung F. Straße zu einem Pkw zu verbringen. R. stellte sich vor, in dem Beutel würden sich mindestens 300 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von nicht mehr als 9 g THC befinden. Als R. am Morgen des 17. Februar 2004 im Begriff war, die Wohnung mit dem Schlüssel zu öffnen, wurde er festgenommen.
7
Das Landgericht hat aufgrund folgender Umstände darüber hinaus gehende Ermittlungsergebnisse wegen Missachtung des Gebots, einen richterlichen Beschluss zur Wohnungsdurchsuchung zu erlangen, als unverwertbar erachtet: Am 16. Februar 2004 öffnete der Vermieter wegen eines Wasserschadens gewaltsam die Wohnung. Er informierte die Polizei von seinem Verdacht , in der Wohnung Betäubungsmittel gefunden zu haben. Gegen 15.30 Uhr durchsuchten drei Polizeibeamte die Wohnung und informierten ihre Fachdienststelle von dem möglichen Rauschgiftfund. Deren Mitarbeiter trafen gegen 17.00 Uhr ein, stellten die aufgefundenen Betäubungsmittel sicher und brachten sie zur polizeitechnischen Untersuchungsstelle. Die Polizei „besetzte“ nun die Wohnung, um mögliche Drogenhändler dingfest zu machen. Am nächsten Morgen wurde der Angeklagte R. vorläufig festgenommen, als er versuchte , die Wohnungstür zu öffnen.
8
Das Landgericht hat mit weiteren beweiswürdigenden Erwägungen die Täterschaft des Angeklagten G. in Zweifel gezogen und dazu Folgendes ausgeführt: Das Auffinden einer türkischen Zeitung und DNA eines anderen Mannes – außer der des Angeklagten in aufgefundenen Zigarettenkippen – sowie die G. ausdrücklich entlastende Einlassung des R. sprächen gegen die Täterschaft des schweigenden Angeklagten G. . Ferner hätten die in die Hauptverhandlung eingeführten Telefongespräche des Angeklagten G. und die in seinem Pkw überwachten Gespräche keinen Bezug dieses Angeklagten zu Rauschgift in der F. Straße erbracht.
9
b) Zu Anklagevorwurf 2:
10
Der Angeklagte G. hielt sich während der letzten vier Wochen vor seiner Festnahme am 18. Februar 2005 in der Wohnung des Zeugen Zo. in der P. straße auf. Dies war der Polizei bekannt. Der die Ermittlungen gegen G. führende Zeuge Kriminalkommissar Si. war darüber hinaus am 18. Februar 2005 über den jeweiligen Aufenthaltsort des Tatverdächtigen informiert. Si. erfuhr gegen 15.47 Uhr, dass sich G. um ein Gerät bemühte , um in seinem Fahrzeug – tatsächlich angebrachte – polizeiliche Or- tungs- und Abhörgeräte aufzufinden. Si. erörterte eine deshalb aus polizeilicher Sicht gebotene Festnahme des G. mit dem zuständigen Staatsanwalt. G. wurde mit Zustimmung des Staatsanwalts schließlich um 17.30 Uhr festgenommen, worüber Si. um 20.00 Uhr den Staatsanwalt informierte ; dabei bat er ferner um die Genehmigung, die Wohnung des Zo. durchsuchen zu dürfen. Der Staatsanwalt ordnete die Wohnungsdurchsuchung auf Grund angenommener eigener Eilkompetenz an, ohne die Anrufung eines Ermittlungsrichters zu erwägen und eine Gefahr für den Verlust von Beweismitteln zu dokumentieren.
11
Das Landgericht hat auch die bei dieser Durchsuchung gewonnenen Beweismittel wegen Missachtung des Gebots, einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss herbeizuführen, mit einem Beweisverwertungsverbot belegt und ergänzend darauf hingewiesen, dass auf Grund weiterer Umstände das fehlende Bemühen um richterliche Durchsuchungsgenehmigungen nicht lediglich eine einzelne Nachlässigkeit der Ermittlungsbehörden dargestellt hat, sondern in eine Kette weiterer Ermittlungsmängel eingereiht gewesen ist: - Ermittlungsbeamte hatten eine DNA-Probe des Angeklagten G. vor dessen Festnahme durch eine fingierte Verkehrskontrolle erschlichen. Dabei wurde das bei dem Alkoholtest verwendete Mundstück einbehalten und dem Angeklagten auf seinen Rückgabewunsch hin stattdessen ein unbenutztes Austauschstück übergeben.
- Entgegen dem Inhalt eines Durchsuchungsberichts vom 28. Februar 2005 hatten Polizeibeamte gar nicht versucht, einen Durchsuchungsbeschluss für eine der Mutter des Angeklagten G. gehörende Garage zu erlangen.
- Eine dem Angeklagten gehörende wertvolle Werkzeugkiste war – einem polizeilichen Aktenvermerk widersprechend – nicht vernichtet
worden. Sie befand sich weiter im Besitz der Polizei und konnte während der Hauptverhandlung in Augenschein genommen werden.
- Während der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung des Zeugen Zo. wurde diesem mitgeteilt, ein anwaltlicher Beistand wäre nicht nötig, weil es sich „nur um eine Vernehmung“ handeln würde.
- Schließlich machte der Sitzungsstaatsanwalt während der Beweisaufnahme Vorhalte aus staatsanwaltschaftlichen Nachermittlungen, ohne diese zuvor dem erkennenden Gericht übergeben zu haben.
12
3. Die Freisprechung des Angeklagten G. hält den Revisionsangriffen stand.
13
a) Auf die von der Staatsanwaltschaft lediglich erhobene Sachrüge ist der Senat allenfalls befugt, auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen zu prüfen , ob die Subsumtion des Landgerichts dessen verfahrensrechtliche Folgerungen rechtfertigt (vgl. Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 261 Rdn. 38). Der weitergehende vom Generalstaatsanwalt bei dem Kammergericht formulierte Revisionsangriff , die im Zusammenhang mit der Annahme von Beweisverwertungsverboten getroffenen Feststellungen des Landgerichts seien lückenhaft – dem sich der Generalbundesanwalt angeschlossen hat –, entzieht sich der Betrachtung. Solches hätte die Erhebung einer Verfahrensrüge mit weitergehendem Sachvortrag (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) vorausgesetzt, die indes nicht vorliegt (vgl. BGHSt 19, 273, 275, 279; 48, 240, 250; Kuckein in KK 5. Aufl. § 337 Rdn. 30).
14
b) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob das Landgericht zu Anklagevorwurf 1 für die aus der Wohnung F. Straße stammenden Betäubungsmittel zu Unrecht ein Beweisverwertungsverbot angenommen hat. Die Freisprechung des Angeklagten G. beruht jedenfalls nicht auf einem etwaigen Rechtsfehler. Das Landgericht hat die erhobenen Beweise insgesamt hinreichend deutlich dahingehend gewürdigt, dass aus sachlichen Erwägungen nicht zu überwindende Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten G. bestanden haben. Solches hat das Revisionsgericht hinzunehmen (vgl. BGH NJW 2006, 925, 928 m.w.N., insoweit in BGHSt 50, 299 nicht abgedruckt).
15
c) Soweit das Landgericht hinsichtlich des in der Wohnung des Zeugen Zo. aufgefundenen Rauschgifts ein Beweisverwertungsverbot angenommen hat, hält diese Wertung der – hier, wie ausgeführt, von vornherein nur eingeschränkt möglichen – rechtlichen Prüfung stand.
16
aa) Die am 18. Februar 2005 um 20.05 Uhr aufgrund der um 20.00 Uhr getroffenen Anordnung des Staatsanwalts erfolgte Durchsuchung der Wohnung war wegen Missachtung des Richtervorbehalts rechtswidrig. Eine gemäß Art. 13 Abs. 2 GG, § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO grundsätzlich erforderliche richterliche Durchsuchungsanordnung lag nicht vor (vgl. BVerfGE 103, 142, 153; BGHR StPO § 105 Durchsuchung 4). Die Anordnung des Staatsanwalts beruhte nicht auf einer rechtmäßigen Inanspruchnahme seiner sich aus § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO ergebenden Eilkompetenz.
17
Bei der hier zu beurteilenden Durchsuchungsanordnung hätte Gefahr im Verzug angenommen werden können, falls die vorherige Einholung der richterlichen Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährdet hätte (vgl. BVerfGE 103, 142, 154; BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 6). Bei der Prüfung dieser Voraussetzung steht es aber nicht im Belieben der Strafverfolgungsbehörden , wann sie eine Antragstellung in Erwägung ziehen. Sie dürfen nicht so lange mit dem Antrag an den Ermittlungsrichter zuwarten, bis etwa die Gefahr eines Beweismittelverlusts tatsächlich eingetreten ist, und damit die von Verfassungs wegen vorgesehene Regelzuständigkeit des Richters unterlaufen (BVerfGE 103, 142, 155; BVerfG – Kammer – NJW 2005, 1637, 1638 f.). Für die Frage, ob die Ermittlungsbehörden eine richterliche Entscheidung rechtzeitig erreichen können, kommt es deshalb auf den Zeitpunkt an, zu dem die Staatsanwaltschaft oder ihre Hilfsbeamten die Durchsuchung für erforderlich hielten (Stellungnahme des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs in BVerfGE aaO S. 148).
18
Solches war hier nach jeglicher kriminalistischer Erfahrung spätestens zum Zeitpunkt des Entschlusses zur Festnahme des G. am Nachmittag des 18. Februar 2005 der Fall (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 1637, 1638 f.; AG Kiel StV 2002, 536, 537 jeweils zu ähnlichen Sachverhalten). Die sofortige Suche nach Sachbeweisen am gewöhnlichen Aufenthaltsort des G. drängte sich auf. Nur durch einen alsbaldigen Zugriff wäre auszuschließen gewesen, dass mögliche Mittäter in der Wohnung befindliches Rauschgift beseitigen. Schon daher konnte die erst um 20.00 Uhr erfolgte Durchsuchungsanordnung – jenseits jeder fehlenden Dokumentation (vgl. BVerfG – Kammer – aaO S. 1639; BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 5) – nicht mehr auf Gefahr im Verzug gestützt werden. Hinzu kommt, dass den Polizeibeamten durch G. s Beobachtung schon mindestens vier Wochen lang dessen Aufenthalt in Zo. s Wohnung bekannt war (UA S. 22) und dass sich die Notwendigkeit einer alsbaldigen Wohnungsdurchsuchung aufdrängte, mithin nicht einer überraschenden Verfahrenssituation entsprang.
19
bb) Die Rechtswidrigkeit der Wohnungsdurchsuchung rechtfertigt vorliegend die Annahme eines Verwertungsverbots hinsichtlich der bei der Durchsuchung sichergestellten Betäubungsmittel.
20
(1) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei Missachtung des sich aus Art. 13 Abs. 2 GG, § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO ergebenden Richtervorbehalts ein Verwertungsverbot hinsichtlich der aus der Wohnung zu Tage geförderten Beweismittel anzunehmen ist, hat der Gesetzgeber nicht entschieden (vgl. Gössel in Löwe-Rosenberg, StPO 26. Aufl. Einl. Abschn. L Rdn. 16). So ist – wie auch bei der Prüfung eines Verwertungsverbots bei Verstößen gegen andere Erhebungsvorschriften – davon auszugehen, dass dem Strafverfahrensrecht ein allgemein geltender Grundsatz, dass jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften ein strafprozessuales Verwertungsverbot nach sich zieht, fremd ist (BGHSt 44, 243, 249). Vielmehr ist diese Frage nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung jeweils nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden (BGHSt aaO m.w.N.). Dabei muss beachtet werden, dass die Annahme eines Verwertungsverbots, auch wenn die Strafprozessordnung nicht auf Wahrheitserforschung „um jeden Preis“ gerichtet ist, eines der wesentlichen Prinzipien des Strafverfahrensrechts einschränkt, nämlich den Grundsatz, dass das Gericht die Wahrheit zu erforschen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat, die von Bedeutung sind. Daran gemessen bedeutet ein Beweisverwertungsverbot eine Ausnahme, die nur nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist (BGHSt aaO m.w.N.). Maßgeblich mit beeinflusst wird das Ergebnis der demnach vorzunehmenden Abwägung vom Gewicht des infrage stehenden Verfahrensverstoßes (BGHSt aaO m.w.N.). Dieses wird seinerseits wesentlich von der Bedeutung der im Einzelfall betroffenen Rechtsgüter bestimmt (BGHSt aaO).
21
(2) Indes können einzelne Rechtsgüter durch Eingriffe fern jeder Rechtsgrundlage so massiv beeinträchtigt werden, dass dadurch das Ermittlungsverfahren als ein nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geordnetes Verfahren nachhaltig beschädigt wird. Dann wäre jede andere Lösung als die Annahme eines Verwertungsverbots – jenseits des in § 136a Abs. 3 Satz 2 StPO normierten – unerträglich (vgl. BGHSt 31, 304, 308; Eisenberg, Beweisrecht der StPO 5. Aufl. Rdn. 363; Gössel aaO Rdn. 33 und 178). Solches wurde in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beispielsweise angenommen bei der Durchführung von Abhörmaßnahmen unter Verstoß gegen völkerrechtliche Grundsätze (BGHSt 36, 396, 398 ff.) oder ohne richterliche Anordnung (BGHSt 31, 304, 306 f.; 35, 32, 34) oder zur gezielten Verleitung des Angeklagten zum unbewussten Schaffen von Anknüpfungstatsachen für ein Sachverständigengutachten (BGHSt 34, 39), ferner bei der Einbeziehung eines Raumgesprächs zwischen Eheleuten in die Telefonüberwachung (BGHSt 31, 296) und bei akusti- scher Wohnraumüberwachung in einem nicht allgemein zugänglichen, als Wohnung zu bewertenden Vereinsbüro (BGHSt 42, 372, 377 zu § 100c Abs. 1 StPO a.F.) und in einem Krankenzimmer (BGHSt 50, 206).
22
Solchen Fallgestaltungen ist der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt nicht ausreichend ähnlich. Die Durchsuchungsanordnung war dem Staatsanwalt nicht schlechthin verboten, sondern in Eilfällen gestattet. Gefahr im Verzug lag hier zwar nicht vor. Die Verletzung des Richtervorbehalts hat aber aus objektiver Sicht geringeres Gewicht, als wenn, wie etwa im Falle des § 100b Abs. 1 StPO, der Polizei die Anordnung von Eingriffen der betreffenden Art schlechthin untersagt ist (Roxin NStZ 1989, 376, 379). Zudem kommt bei der hier gebotenen objektiven Sicht dem Umstand Bedeutung zu, dass ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss höchstwahrscheinlich zu erlangen gewesen wäre (vgl. Roxin aaO; ders. Strafverfahrensrecht, 25. Aufl. S. 182 Rdn. 21). Daran bestehen hier kaum Zweifel, wenngleich eine umfassende Prüfung aufgrund einer nicht ausreichend ausgeführten Verfahrensrüge nicht erfolgen kann. Immerhin waren gegen G. bereits Maßnahmen nach § 100c Abs. 1 Nr. 1 lit. b und Nr. 2 StPO a.F. erlassen, deren Anordnung strengere Voraussetzungen zu erfüllen hatten, als es der Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses erfordert hätte.
23
(3) In Sonderfällen schwerwiegender Rechtsverletzungen, die durch das besondere Gewicht der jeweiligen Verletzungshandlung bei grober Verkennung der Rechtslage geprägt sind, sind Beweismittel darüber hinaus unverwertbar, weil der Staat – soweit nicht notstandsähnliche Gesichtspunkte Gegenteiliges ermöglichen sollten (vgl. BGHSt 31, 304, 307; 34, 39, 51 f.) – auch in solchen Fällen aus Eingriffen ohne Rechtsgrundlage keinen Nutzen ziehen darf (Roxin, Strafverfahrensrecht aaO S. 193 Rdn. 46; vgl. auch Gössel aaO Rdn. 175). Eine Verwertung würde hier gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens verstoßen (vgl. BGHSt 24, 125, 131; Roxin NStZ aaO).
24
So ist eine von dem Ermittlungsrichter oder dem Staatsanwalt angeordnete Telefonüberwachung rechtswidrig – mit der Folge eines Verwertungsverbots –, falls deren Entscheidung nach dem Maßstab (objektiver) Willkür oder grober Fehlbeurteilung nicht mehr vertretbar gewesen ist (BGHSt 41, 30, 34; vgl. auch BGHSt 32, 68, 70; 47, 362, 366; 48, 240, 248; einschränkend BGHSt 51, 1). Für Fälle fehlerhafter Wohnungsdurchsuchungen ist dies in der Rechtsprechung weitgehend anerkannt, falls der Richtervorbehalt bewusst umgangen worden ist (vgl. BVerfGE 113, 29, 61; BVerfG – Kammer – NJW 2006, 2684, 2686; BVerfG – Kammer – Beschluss vom 12. August 2005 – 2 BvR 1404/04; LG Osnabrück StV 1991, 152, 153; AG Offenbach StV 1993, 406, 407 f.; LG Darmstadt StV 1993, 573 f.; AG Kiel StV 2002, 536, 538; OLG Koblenz NStZ 2002, 660; AG Tiergarten in Berlin StV 2003, 663, 664; StraFo 2007, 73, 74; LG Heilbronn StV 2005, 380, 381; vgl. noch weitergehend AG Braunschweig StV 2001, 393 und LG Saarbrücken StV 2003, 434, 436). Diese Auffassung wird von Stimmen in der Literatur geteilt (Meyer-Goßner aaO § 98 Rdn. 7; Krekeler NStZ 1993, 263, 265). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird bei willkürlicher Annahme von Gefahr im Verzug oder bei Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Fehlers ein Verwertungsverbot für notwendig gehalten (BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4), was im Schrifttum ebenfalls vertreten wird (Schäfer in Löwe-Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 105 Rdn. 119; Pfeiffer, StPO 5. Aufl. § 105 Rdn. 7; grundsätzlich Roxin, Strafverfahrensrecht aaO S. 193 Rdn. 46; allgemein bei Willkür Nack in KK 5. Aufl. Vor § 94 Rdn. 11; Krekeler/Löffelmann in AnwK-StPO Einleitung Rdn. 141). Diesen Ansätzen folgt der Senat.
25
Die Notwendigkeit der Annahme eines Verwertungsverbots ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Beachtlichkeit des Richtervorbehalts und zu den inhaltlichen Anforderungen, denen die Durchsuchungsbeschlüsse genügen müssen, angelegt (vgl. allgemein Landau NStZ 2007, 121, 128). Richterliche Durchsuchungsanordnungen sind nach Wortlaut und Systematik des Art. 13 Abs. 2 GG die Regel und die nichtrichterlichen die Ausnahme (BVerfGE 103, 142, 153). Vor allem wegen der grund- rechtssichernden Schutzfunktion des Richtervorbehalts ist „Gefahr im Verzug“ eng auszulegen (BVerfGE aaO), weshalb die Pflicht, einen Durchsuchungsbeschluss zu beantragen, den Spielraum der Ermittlungsbeamten begrenzt, das Ermittlungsverfahren nach kriminalistischen und taktischen Erwägungen frei zu gestalten (BVerfG aaO S. 155). Der bloße abstrakte Hinweis, eine richterliche Entscheidung sei gewöhnlicherweise zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht zu erlangen, kann Gefahr im Verzug nicht begründen, weil dem korrespondierend die verfassungsrechtliche Verpflichtung der Gerichte besteht, die Erreichbarkeit eines Ermittlungsrichters, auch durch die Einrichtung eines Eil- oder Notdienstes , zu sichern (BVerfG aaO S. 156; BVerfG – Kammer – StV 2006, 676). Damit ist das Gebot, den Richtervorbehalt einzuhalten, für das durch rechtsstaatliche Grundsätze geprägte Ermittlungsverfahren so wesentlich, dass jedenfalls grobe Verstöße nicht sanktionslos gelassen werden dürfen (Schäfer aaO § 105 Rdn. 118; Krehl JR 2001, 491, 494). Genauso wie es nicht tragbar wäre, bei jeglichem Irrtum der Beamten über die tatsächlichen Voraussetzungen der Gefahr im Verzug oder bei sonstigen weniger gewichtigen Verstößen gegen irgendwelche die Art und Weise der Durchsuchung regelnden Vorschriften auch bei schwerwiegenden Straftaten ein Verwertungsverbot anzunehmen, wäre es für die Rechtsgemeinschaft und ihre Vorstellung vom Recht unerträglich, könnte der verfassungsrechtlich abgesicherte Schutz der Wohnung samt Richtervorbehalt stets folgenlos selbst willkürlich ausgehebelt werden (vgl. Schäfer aaO § 105 Rdn. 119).
26
Hier liegt schon die Annahme außerordentlich nahe, dass die Polizeibeamten den Richtervorbehalt bewusst ignoriert und die Inanspruchnahme der Eilkompetenz des Staatsanwalts provoziert haben. Das Unterlassen der Polizeibeamten , sich um einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung des Zo. zu bemühen, ist angesichts des Ganges der Ermittlungen unverständlich. Der Umstand, dass sich G. in der Wohnung des Zo. aufgehalten hat, war den ermittelnden Kriminalbeamten schon mindestens vier Wochen vor der Festnahme des G. bekannt (UA S. 22). Die Verdachtslage, wie sie ferner ersichtlich im Blick auf die nach § 100c Abs. 1 Nr. 1 lit. b und Nr. 2 StPO a.F.
angeordneten Maßnahmen angenommen wurde und sich zudem durch wenigstens im Allgemeinen auf Rauschgift bezogene Gespräche des G. im überwachten Pkw ergab, machte es immer dringlicher, spätestens zum Zeitpunkt der Festnahme des G. auch die Wohnung des Zo. zu durchsuchen. Vor dem Hintergrund der Vollstreckbarkeit eines Durchsuchungsbeschlusses über einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten (BVerfGE 96, 44) wäre mit einem gewissen zeitlichen Vorlauf der polizeiliche Zugriff für die Ermittlungen förderlich und der Rechtsordnung entsprechend mit Beantragung eines Durchsuchungsbeschlusses ohne Schwierigkeiten vorzubereiten gewesen. Spätestens mit der am 18. Februar 2005 um 15.47 Uhr von den Polizeibeamten gefassten Festnahmeabsicht erlangte die nach kriminalistischer Erfahrungsregel notwendige Wohnungsdurchsuchung und damit die Erlangung eines Durchsuchungsbeschlusses höchste Priorität, die indes gänzlich unbeachtet blieb. Erst zweieinhalb Stunden nach der Festnahme des G. erheischten die Kriminalbeamten – ohne dass ermittlungsbezogene Besonderheiten dies erklären konnten – eine Entscheidung des ebenfalls nur über eine Eilkompetenz verfügenden Staatsanwalts, ohne die mögliche Inanspruchnahme eines Ermittlungsrichters zuvor auch nur erwogen zu haben (vgl. auch AG Tiergarten in Berlin StraFo 2007, 73, 74 zu Existenz und Bekanntheit des jeweiligen Bereitschaftsrichters

).


27
Der Senat kann es letztlich dahingestellt sein lassen, ob gerade auch im Blick auf das vorhergegangene Erschleichen von DNA-Material des Angeklagten G. und nachfolgende Unkorrektheiten bei den weiteren polizeilichen Ermittlungen aus einer Gesamtschau aller Rechtsverstöße die Annahme einer grundlegenden Vernachlässigung von Richtervorbehalten durch die Polizeibeamten und – daraus abgeleitet – deren vorsätzlicher Missachtung in jedem Einzelfall zu rechtfertigen wäre. Da der Senat die Bewertung der Durchsuchung vom 16. Februar 2004 offen gelassen hat, stützt er sich nicht auf diese Gesamtschau , wie sie das Landgericht vorgenommen hat. Er kann den Feststellungen des Landgerichts jedoch entnehmen, dass jedenfalls der ermittelnde Staatsanwalt – mag er auch möglicherweise von der Polizei in gewisser Weise instrumentalisiert worden sein – objektiv willkürlich eine Wohnungsdurchsuchung ohne richterliche Anordnung gestattet und damit den Richtervorbehalt bewusst ignoriert oder gleichgewichtig gröblich missachtet hat. Solches ergibt die Gesamtschau folgender Umstände (UA S. 21):
28
Dem vom Landgericht als Zeugen vernommenen Staatsanwalt war – selbstverständlich – der Richtervorbehalt bekannt. Bei der Erörterung der Festnahme des G. hatte er an eine Durchsuchung aber „nicht gedacht“ und auf die zeitliche Diskrepanz zwischen Festnahme und Durchsuchung der Wohnung „nicht geachtet“. Selbst zum Zeitpunkt des Erlasses der Durchsuchungsanordnung – eine Stunde vor Beginn der Nachtzeit im Sinn des § 104 Abs. 3 StPO – war es nicht von vornherein aussichtslos, zumindest noch eine fernmündliche Genehmigung eines Ermittlungsrichters (vgl. BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 5) zu erreichen (vgl. BVerfG – Kammer – StV 2006, 676; AG Tiergarten in Berlin StraFo 2007, 73, 74; Meyer-Goßner aaO § 105 Rdn. 2). Eine solche einzuholen, hat der Staatsanwalt aber weder erwogen, noch hat er die Voraussetzungen der von ihm in Anspruch genommenen Eilkompetenz dokumentiert (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 1637, 1639; BGHSt 47, 362, 366; BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 5). Der Staatsanwalt hat ferner gegen die ihm obliegende Pflicht verstoßen, für die Rechtmäßigkeit des Ermittlungsverfahrens und damit für die Einhaltung des Richtervorbehalts durch die Polizei Sorge zu tragen (vgl. Meyer-Goßner aaO § 160 Rdn. 1 m.w.N.). Damit ist er seiner Funktion als Herr des Ermittlungsverfahrens nicht gerecht geworden , wie seiner Bekundung vor dem Landgericht zu entnehmen ist, die Polizei ermittele „autark“ (UA S. 21), so dass er sich mithin um Rechtsverstöße der in seinem Verfahren ermittelnden Hilfsbeamten nicht zu kümmern habe. Ein Staatsanwalt, der – wie hier – seine gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten bestehende Leitungsfunktion so weitgehend ignoriert, was zu einer Ausschaltung des Ermittlungsrichters über einen Zeitraum von zweieinhalb Stunden geführt hat, und der sich – ohne die Anrufung eines Ermittlungsrichters auch nur zu erwägen – sachlich unbegründet und ohne Dokumentation auf seine Eilkompetenz beruft, missachtet den Richtervorbehalt bewusst oder verkennt ihn in gleichgewichtiger Weise gröblich. Solches rechtfertigt – mangels besonderer ermittlungsbezogener Umstände (vgl. BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung
4) – das vom Landgericht angenommene Beweisverwertungsverbot.
29
(4) Dem – für andere Fallgestaltungen zur Einschränkung der Annahme von Beweisverwertungsverboten entwickelten – Aspekt eines möglichen hypothetischen rechtmäßigen Ermittlungsverlaufs (vgl. BGHSt 31, 304, 306; BGH NStZ 1989, 375, 376; BGHR StPO § 105 Durchsuchung 4; Roxin, Strafverfahrensrecht aaO S. 182 Rdn. 21) kann bei solcher Verkennung des Richtervorbehalts keine Bedeutung zukommen (vgl. schon BGHSt 31 aaO; Roxin aaO S. 182 f. Rdn. 21; Gössel aaO Rdn. 178). Die Einhaltung der durch Art. 13 Abs. 2 GG und § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO festgelegten Kompetenzregelung könnte bei Anerkennung des hypothetischen rechtmäßigen Ersatzeingriffs in diesen Fällen stets unterlaufen (vgl. Schäfer aaO § 105 Rdn. 117) und der Richtervorbehalt sogar letztlich sinnlos werden (Roxin, Strafverfahrensrecht aaO S. 183 Rdn. 21 m.w.N.). Bei Duldung grober Missachtungen des Richtervorbehalts entstünde gar ein Ansporn, die Ermittlungen ohne Ermittlungsrichter einfacher und möglicherweise erfolgversprechender zu gestalten (vgl. Roxin NStZ 1995, 465, 467 f.). Damit würde ein wesentliches Erfordernis eines rechtstaatlichen Ermittlungsverfahrens aufgegeben, dass Beweise nicht unter bewusstem Rechtsbruch oder gleichgewichtiger Rechtsmissachtung erlangt werden dürfen (vgl. Roxin NStZ 1989, 376, 379; ders. Strafverfahrensrecht aaO S. 193 Rdn. 46).
30
(5) Ob vorliegend der Gesichtspunkt einer fehlenden Berührung des Rechtskreises des Angeklagten (vgl. BGHSt[GS] 11, 213, 215 f.; BGHSt 22, 35, 38; 40, 211, 214 f.) der Anerkennung eines Verwertungsverbotes entgegenstehen könnte, bedarf keiner Vertiefung (vgl. dazu Gössel aaO Rdn. 38 ff.). Der Angeklagte war zur Zeit der Durchsuchung ersichtlich berechtigter Mitnutzer der Wohnung des Zo. (vgl. Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht 8. Aufl. § 540 Rdn. 32; Teichmann in Jauernig, BGB 11. Aufl. § 535 Rdn. 12; jeweils m.w.N.) und damit in den Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG einbezogen (vgl. BVerfGE 109, 279, 326).
31
(6) Der Senat kann ferner die Beantwortung der Frage dahingestellt sein lassen, ob das angenommene Verwertungsverbot einen Widerspruch des Verteidigers in der Hauptverhandlung vorausgesetzt hätte (vgl. Gössel aaO Rdn. 33 und 174) – was herrschender Tendenz der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspräche (vgl. BGHR StPO § 100a Verwertungsverbot 11; BGHSt 50, 206, 215 f.; 51, 1; Gössel aaO Rdn. 29 m.w.N.), die indes jenseits der Fälle von dem Rechtsverstoß berührter Verteidigungsrechte, deren effektive Verletzung der Betroffene selbst optimal beurteilen kann und die uneingeschränkt seiner Disponibilität unterliegen, zu hinterfragen wäre – oder ob sich solches im Blick auf die betroffenen, für den Angeklagten nicht zweifelsfrei umfassend disponiblen Rechtsgüter verbieten würde (vgl. BGHSt 51, 1, 3). Die Revision der Staatsanwaltschaft kann jedenfalls aus solchen Erwägungen nicht erfolgreich sein, weil zur Frage, ob und wie der Verwertung der Beweismittel, die sich zu dem Ergebnis der Durchsuchung der Wohnung des Zo. verhalten, widersprochen worden ist, nichts vorgetragen ist (vgl. BGHR StPO § 100a Verwertungsverbot

11).


32
cc) Gegen die gefundene Rechtsauffassung kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, der Schutz der Volksgesundheit – bei dem hier objektiv vorliegenden Verbrechen gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG – und die Pflicht des Rechtsstaats zur effektiven Strafverfolgung (vgl. hierzu BGHSt[GS] 42, 139, 157; Landau NStZ 2007, 121, 128 f.) werde so vernachlässigt. Das sichergestellte Rauschgift unterliegt gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 BtMG, § 76a Abs. 1 StGB der Einziehung. Es wird dem illegalen Rauschgiftmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Sorge um einen Effektivitätsverlust wird vorliegend – jenseits erhobener grundsätzlicher Einwendungen gegen diesen Aspekt (vgl. Roxin NStZ 1997, 18, 20) – schon deshalb relativiert, weil bei Duldung eines bewussten oder gleichgewichtig schweren Rechtsbruchs durch Ermittlungsbeamte ein Ansehensverlust des rechtsstaatlichen Ermittlungsverfahrens bei der rechtstreuen Bevölkerung zu befürchten wäre, den es zu verhindern gilt und der seinerseits etwa durch verändertes Anzeige- oder Aussageverhalten infolge schwindenden Vertrauens in die Lauterkeit der Ermittlungsorgane zu Effektivitätsverlusten führen könnte. Ferner wird die Bedeutung des Beweismittelverlustes durch Annahme eines Verwertungsverbots hier dadurch gemindert, dass zur Überführung des Angeklagten andere, im Allgemeinen erfolgversprechende Ermittlungsmethoden (Maßnahmen nach §§ 100a, 100c a.F. StPO) angewandt werden konnten, deren Ergebnisse indes nur im vorliegenden Einzelfall – ohne dass solches von der Revisionsführerin beanstandet worden wäre – zur Überzeugungsbildung des Landgerichts nicht ausgereicht haben.
33
dd) Der Senat ist nicht zu einer Anfrage gemäß § 132 Abs. 2 GVG genötigt. Die Erwägungen des 2. Strafsenats (NStZ 1989, 375, 376) zum hypothetischen Ersatzeingriff waren für die Entscheidung nicht tragend (vgl. Roxin NStZ 1989, 376, 378). Die gefundene Rechtsauffassung stimmt mit der vom 1. Strafsenat (BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4) vertretenen überein.
34
4. Die die Verurteilung des Angeklagten R. betreffenden Revisionen sind ebenfalls unbegründet. Das Landgericht hat sich auf Grund einer wertenden Betrachtung aller Tatumstände angesichts des Gewinnstrebens des R. , seiner Tatinitiative und seines vorgesehenen vorübergehenden Besitzes des Rauschgifts von einem mittäterschaftlichen Mitwirken des Angeklagten überzeugt. Die Annahme nur eines (untauglichen) Versuchs begegnet keinen Bedenken, weil der Angeklagte seine Kuriertätigkeit zu einem Zeitpunkt ausführen sollte, als das zu transportierende Rauschgift durch polizeilichen Aufgriff bereits aus der Bunkerwohnung entfernt und dadurch der Verfügungsmacht des Auftraggebers des Angeklagten entglitten war (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 1; BGHSt[GS] 50, 252, 263). Auch gegen den Rechtsfolgenausspruch können Bedenken nicht erhoben werden.
Basdorf Raum Brause Schaal Jäger

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 530/09
vom
19. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. Januar 2010 einstimmig

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 9. Juli 2009 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat zur Rüge der Verletzung des § 261 i. V. m. § 98 Abs. 1 Satz 1, § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO: Die ermittelnden Polizeibeamten haben im Vorfeld der Wohnungsdurchsuchung , die sie am 23. Januar 2009 gegen 4.00 Uhr wegen "Gefahr im Verzug" anordneten, keinen so schwerwiegenden Fehler begangen, dass bei der erforderlichen Abwägung der widerstreitenden Interessen, insbesondere dem Gewicht der begangenen Nachlässigkeiten und der Verpflichtung des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit (vgl. BGHSt 44, 243, 248 f.; BGHSt 51, 285, 289 f.), von einem Verwertungsverbot für die bei der Durchsuchung und Beschlagnahme gewonnenen Erkenntnisse auszugehen ist. Nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme ist auszuschließen, dass sie den für die Durchsuchung einer Wohnung regelmäßig bestehenden Richtervorbehalt bewusst missachtet haben.

Dass die Ermittlungsbeamten nicht schon am 21. oder 22. Januar 2009 eine richterliche Durchsuchungsanordnung für das Durchsuchungsobjekt beantragt haben, stellt sich allenfalls als geringfügiges Versäumnis dar, das kein Beweisverwertungsverbot zur Folge hat. Sie erhielten erst am 20. Januar 2009 durch die ihnen von der Polizei in Bochum übermittelten Aussage der Zeugin M. vom gleichen Tag brauchbare Hinweise auf das vom Angeklagten als Aufbewahrungsort für Kokain und zwei Schusswaffen mit Munition genutzte Zimmer. Allein aufgrund der schriftlichen Zeugenaussage waren weder die Wohnung noch das Zimmer genau zu lokalisieren. Dies wäre indes erforderlich gewesen, um einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss sofort erlangen zu können. Bevor ein richterlicher Beschluss beantragt werden konnte, war es daher notwendig, zunächst mit der Zeugin Kontakt aufzunehmen und einen Termin vor Ort zu vereinbaren, um die genaue Belegenheit des Zimmers zu ermitteln. Dass dies wegen der anderen durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen, insbesondere der Observation des Angeklagten, nicht bereits am nächsten oder übernächsten Tag nach der Zeugenaussage geschah, weil zunächst die Observation weiter durchgeführt werden sollte, stellt - wenn überhaupt - jedenfalls keine derartig gravierende Nachlässigkeit im Ermittlungsablauf dar, dass allein hieraus die Unverwertbarkeit der Erkenntnisse aus der am 23. Januar 2009 ohne richterliche Anordnung vollzogenen Durchsuchung des Zimmers abgeleitet werden könnte. Erst nachdem der Angeklagte die Observation bemerkt hatte, deshalb am 22. Januar 2009 gegen 22.00 Uhr festgenommen worden war und eine Wohnung, die der Angeklagte zusammen mit seiner Lebensgefährtin nutzte, aufgrund einer bereits vorliegenden richterlichen Anordnung erfolglos nach Betäubungsmitteln durchsucht worden war, bestand für die Polizeibeamten zwingend akuter Handlungsbedarf für die sofortige Durchsuchung des von der Zeugin M. beschriebenen Zimmers. Unter diesen Umständen kann es den Polizeibeamten nicht als grobes Versäumnis vorgeworfen werden, dass sie die Zeugin erst jetzt zur Lokalisierung des Zimmers herbeischafften, statt dies schon am 21. oder 22. Januar 2009 getan und auf dieser Grundlage einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss erwirkt zu haben.
Als die herbeigerufene Zeugin M. die Wohnung, in der sich das als Bunker für Betäubungsmittel genutzte Zimmer des Angeklagten befand, identifiziert hatte, durften die Polizeibeamten ohne die Anordnung eines Richters oder nachrangig eines Staatsanwalts die Durchsuchung jedenfalls dann durchführen , als die in der Wohnung befindlichen Personen durch die Ungeschicklichkeit einer Polizeibeamtin sogleich aufmerksam geworden waren und sich nach Öffnen der Wohnungstür teils unkooperativ verhielten oder zu fliehen versuchten. Denn spätestens zu diesem Zeitpunkt lagen die engen Voraussetzungen der "Gefahr im Verzug" vor, weil bis zur Einholung einer Entscheidung durch den Richter oder zumindest den Staatsanwalt der Zweck der Durchsuchung gefährdet gewesen wäre (BVerfG NJW 2001, 1121, 1123; MeyerGoßner , StPO 52. Aufl. § 98 Rdn. 6). Es bestand die nahe liegende Gefahr, dass ohne eine sofortige Durchsuchung Beweismittel vernichtet werden könnten , zumal bereits nach der Durchsuchung der ersten Wohnung die Ermittlungen gegen den Angeklagten bekannt geworden waren. Dass diese Situation durch die Ungeschicklichkeit der Polizeibeamtin ausgelöst worden war, begründet ebenfalls kein Verwertungsverbot; denn dieser Umstand ist nicht annähernd solchen Fallgestaltungen vergleichbar, in denen durch bewusst gesteuertes oder grob nachlässiges polizeiliches Ermittlungsverhalten die "Gefahr im Verzug" gleichsam heraufbeschworen und damit der Richtervorbehalt gezielt oder leichtfertig umgangen wird.
Da die Polizeibeamten wegen der dargestellten "Gefahr im Verzug" ausnahmsweise selbst die Durchsuchung anordnen durften, hat sich der Umstand, dass in Düsseldorf in der Zeit zwischen 21.00 Uhr und 6.00 Uhr kein richterlicher Bereitschaftsdienst für Eilanordnungen zur Verfügung steht, nicht ausgewirkt. Vor dem Eintritt der "Gefahr im Verzug" hätte auch beim Bestehen eines Bereitschaftsdienstes eine richterliche Entscheidung über die Durchsuchung nicht eingeholt werden können, weil bis dahin weder die Wohnung noch das vom Angeklagten benutzte Zimmer identifiziert waren. Aus diesem Grunde muss der Senat nicht entscheiden, ob das Fehlen eines richterlichen Bereitschaftsdienstes während der Nachtzeit in einer Großstadt wie Düsseldorf als ein schwerwiegender Organisationsmangel anzusehen ist (vgl. BVerfG NJW 2004, 1442; BGH NStZ-RR 2007, 242), der im Einzelfall zu einem Beweisverwertungsverbot führen kann.
Becker von Lienen Sost-Scheible Schäfer Mayer

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.