Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Sept. 2014 - 3 StR 413/14

bei uns veröffentlicht am16.09.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 4 1 3 / 1 4
vom
16. September 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
16. September 2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 12. März 2014
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 25 Fällen, davon einmal in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, verurteilt wird;
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten in dem einer Verständigung nachfolgenden Urteil wegen 26 Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 20.000 € ange- ordnet. Die dagegen gerichtete, auf die allgemeine Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten hat nur in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
2
1. Der Schuldspruch bedarf der Korrektur, da die Feststellungen lediglich 25 selbständige Taten des Angeklagten belegen. Danach kaufte der Angeklagte in insgesamt 26 Fällen Betäubungsmittel (von einem Lieferanten Amphetamin und von einem anderen Lieferanten Marihuana) jeweils im Kilobereich an und veräußerte sie sodann gewinnbringend an verschiedene Abnehmer weiter. Zutreffend hat das Landgericht die Verkäufe aus den einzelnen Ankäufen jeweils zu einer Bewertungseinheit zusammengefasst. Es hat indes übersehen, dass der Angeklagte in den Fällen 13 und 24 der Urteilsgründe dem K. am 20. August 2013 gleichzeitig aus den unterschiedlichen Vorräten von Amphetamin und Marihuana stammende Betäubungsmittel verkaufte, in deren Besitz K. sodann auf der Rückfahrt anlässlich einer Polizeikontrolle angetroffen wurde. Dies führt jedenfalls zu einer Teilidentität der jeweiligen tatbestandlichen Ausführungshandlungen und verknüpft so die beiden Fälle des Handeltreibens zur Tateinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 11; Urteil vom 22. Mai 2003 - 4 StR 130/03, juris Rn. 2; Beschluss vom 25. März 1998 - 1 StR 80/98; bei Winkler NStZ 1999, 233; Weber, BtMG, 4. Aufl., vor § 29 Rn. 597).
3
2. Der Strafausspruch hält - unabhängig von dem durch die Schuldspruchänderung bedingten Wegfall einer Einzelstrafe - rechtlicher Nachprüfung ebenfalls nicht stand. Nach den Feststellungen leistete der Angeklagte Aufklärungshilfe , indem er - bereits unmittelbar nach seiner Festnahme geständig - über seinen Tatbeitrag hinausgehend auch Angaben zu den Taten des gesondert verfolgten W. , eines seiner Hauptabnehmer, machte. Damit waren die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Nr. 1 BtMG gegeben.
4
Das Vorliegen dieses gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrunds hätte zum einen bei der Entscheidung über die Annahme minder schwerer Fälle nach § 29a Abs. 2 BtMG erwogen werden müssen. Dies kann den Urteilsgründen, in denen Geständnis, Reue, Aufklärungshilfe und bisherige Straffreiheit ohne Differenzierung nacheinander als zu Gunsten des Angeklagten sprechend benannt werden, § 31 BtMG indes keine Erwähnung findet, nicht mit Sicherheit entnommen werden.
5
Zum anderen wäre, nachdem das Landgericht das Vorliegen minder schwerer Fälle abgelehnt hatte, zu prüfen und zu erörtern gewesen, ob die Aufklärungshilfe Anlass zu einer Verschiebung des Strafrahmens nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB (drei Monate bis elf Jahre und drei Monate anstelle von einem Jahr bis 15 Jahren) hätte sein können. Dies hat das Landgericht unterlassen. Nachdem es die Einzelstrafen von einem Jahr und zwei Monaten bzw. einem Jahr und vier Monaten jeweils dem unteren Bereich des Normalstrafrahmens entnommen hat, kann der Senat nicht ausschließen, dass es von der Möglichkeit der Strafrahmenverschiebung Gebrauch gemacht und mildere Strafen verhängt hätte.
6
3. Ergänzend bemerkt der Senat:
7
Die Anordnung des Wertersatzverfalls lässt die hierfür vorgeschriebene Vorgehensweise (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, BGHR StGB § 73c Härte 14) außer Acht. Diese ist auch einzuhalten, wenn dem Urteil - wie hier - eine Verständigung vorausgegangen ist. Der Angeklagte ist indes dadurch nicht beschwert. Becker Pfister Schäfer RiBGH Mayer befindet sich Gericke im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Sept. 2014 - 3 StR 413/14

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Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,
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(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 31 Strafmilderung oder Absehen von Strafe


Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter1.durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich d

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 485/10
vom
28. Juni 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 3. auf dessen Antrag - am 28. Juni
2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 8. Juli 2010 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte verurteilt worden ist in den Fällen - II. 2. bis 7. der Urteilsgründe wegen sechs Fällen des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, - II. 17. bis 25. der Urteilsgründe wegen neun Fällen der Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge, - II. 26. der Urteilsgründe wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, - II. 30. der Urteilsgründe wegen Erwerbs einer Schusswaffe zum Zwecke der Überlassung an einen Nichtberechtigten in Tateinheit mit Erwerb und Besitz von halbautomatischen Kurzwaffen,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen - bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen (Fälle II. 2. bis 7. der Urteilsgründe), - bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II. 26. der Urteilsgründe), - Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln , jeweils in nicht geringer Menge, in zwölf Fällen (Fälle II. 14. bis 25. der Urteilsgründe), - Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge, in drei Fällen (Fälle II. 8. bis 10. der Urteilsgründe), - zweier Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln oder Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln , jeweils in nicht geringer Menge (Fälle II. 11. und 12. der Urteilsgründe), - Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge, in drei Fällen (Fälle II. 27. bis 29. der Urteilsgründe), - zweier Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fälle II. 1. und 13. der Urteilsgründe) sowie - Erwerbs einer Schusswaffe zum Zwecke der Überlassung an einen Nichtberechtigen in Tateinheit mit "Erwerb und Besitz von halbautomatischen Kurzwaffen" (Fall II. 30. der Urteilsgründe) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Ferner hat es zu seinen Lasten 10.000 € für verfallen erklärt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.

I.


2
1. Der Schuldspruch wegen sechs Fällen des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 1 BtMG) in den Fällen II. 2. bis 7. der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

3
a) Nach den Feststellungen betrieb der Angeklagte ab September 2008 zusammen mit seiner Ehefrau, seinem Sohn und zwei weiteren Personen insgesamt drei Indoor-Plantagen zur Erzeugung von Marihuana für den gewinnbringenden Verkauf. In der von Ende September 2008 bis Ende März 2009 bestehenden Plantage in H. fanden insgesamt drei Ernten statt, und zwar im Dezember 2008 sowie im Februar und im März 2009; der Gesamtertrag belief sich auf 5,1 kg. Die Pflanzen in der ab Dezember 2008 unterhaltenen Plantage in N. waren zum Zeitpunkt der Festnahme des Angeklagten am 28. April 2009 noch nicht erntereif. In der ab Januar 2009 betriebenen Plantage in Ha. fand bis 28. April 2009 eine Ernte statt, die 4,5 kg erbrachte; weitere 3 kg abgeerntete Pflanzenteile nebst einer Generation noch nicht abgeernteter Pflanzen wurden dort sichergestellt. Wie das Landgericht weiter feststellt, hat der Angeklagte aus dem Gesamtertrag - ca. 13 kg - 6 kg am 13. April 2009 an den Zeugen W. verkauft (vgl. Fall II. 30. der Urteilsgründe ); 7 kg hat er in mehreren Einzelmengen an den Zeugen We. veräußert.
4
b) Ungeachtet dessen, dass ein Verkauf der insgesamt geernteten ca. 13 kg Marihuana nicht mit einer Sicherstellung von 3 kg hiervon in Einklang gebracht werden kann, erschließt sich aus dem Gesamtzusammenhang, dass die dem Zeugen W. am 13. April 2009 verkaufte Menge aus mehreren Ernten herrührte.
5
Zwar geht das Landgericht im Ansatz zutreffend davon aus, dass gesonderte Anbauvorgänge, die auf gewinnbringende Veräußerung der dadurch erzeugten Betäubungsmittel abzielen, grundsätzlich als für sich selbständige, zueinander in Tatmehrheit stehende Taten des Handeltreibens zu bewerten sind (vgl. BGH, Beschluss vom 20. April 2005 - 3 StR 106/05, NStZ 2005, 650; Weber , BtMG, 3. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 516; § 29 Rn. 109). Anderes gilt indes, soweit der Täter - wie hier hinsichtlich des Verkaufs an den Zeugen W. festgestellt - mehrere der durch die einzelnen Anbauvorgänge erzielten Erträge in einem einheitlichen Umsatzgeschäft veräußert. Dies führt jedenfalls zu einer Teilidentität der jeweiligen tatbestandlichen Ausführungshandlungen und verknüpft so die einzelnen Fälle des Handeltreibens zur Tateinheit (vgl. BGH, Urteil vom 2. Mai 2003 - 4 StR 130/03; Weber aaO vor §§ 29 ff. Rn. 521, 563). Sammelt der Täter darüber hinaus mehrere Ernten zu einem Gesamtvorrat an, bevor er mit dem Verkauf beginnt, so verbindet dies alle hierauf bezogenen Einzelakte des Handeltreibens zu einer Bewertungseinheit mit der Folge einer materiellrechtlich einheitlichen, auch die zu Grunde liegenden Anbauvorgänge umfassenden Tat (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2002 - 4 StR 233/02, NJW 2003, 300; Beschluss vom 25. Juni 1998 - 1 StR 68/98, NStZ-RR 1999, 250; Weber aaO vor §§ 29 ff. Rn. 514 f.).
6
c) Eine Berichtigung des Schuldspruchs ist dem Senat schon wegen der aufgezeigten Widersprüche nicht möglich. Der neue Tatrichter wird deshalb insgesamt neue Feststellungen zu den jeweiligen Erntemengen und ihrer Verwendung zu treffen haben.
7
2. Auch der Schuldspruch wegen neun Fällen der Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 1 Nr. 4, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG), in den Fällen II. 17. bis 25. der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
8
a) Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte zwischen Ende Oktober 2008 und Ende April 2009 insgesamt 18 kg Marihuana an den Zeugen We. . Es stammte "aus Einfuhren", die der Angeklagte entweder selbst tätigte oder durch den Zeugen R. tätigen ließ. Die Veräußerung geschah "in Portionen" von 1 bis 2 kg, also in mindestens neun Fällen.
9
b) Die Zahl der Einfuhren lässt das Landgericht offen. Hierzu nähere Feststellungen zu treffen wäre es indes gehalten gewesen, denn allein der Umstand , dass der Angeklagte das eingeführte Marihuana in neun Einzelakten verkauft hat, trägt noch nicht die Annahme des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in neun Fällen. Beschafft sich der Täter eine einheitliche Rauschgiftmenge zur gewinnbringenden Weiterveräußerung, so verwirklicht er den Tatbestand des Handeltreibens vielmehr auch dann nur einmal, wenn er sie in mehreren Teilmengen absetzt, denn Akte des Handeltreibens, die sich auf dieselbe Rauschgiftmenge beziehen, bilden eine Bewertungseinheit (BGH, Beschluss vom 4. April 2006 - 3 StR 91/06, NStZ 2007, 102; Weber aaO vor §§ 29 ff. Rn. 487, 489, 492). Dass der Angeklagte die verkauften "Portionen" jeweils gesondert eingeführt hätte, legen die Feststellungen nicht nahe.
10
3. Im Fall II. 26. der Urteilsgründe tragen die Feststellungen nicht die Annahme der Qualifikation des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG).
11
a) Danach führte der Angeklagte am 3. November 2008 in seinem Pkw 995 g Marihuana zum gewinnbringenden Weiterverkauf und 336 Cannabispflanzen für seine Plantage in H. aus den Niederlanden nach Deutschland ein. Dabei führte er im leeren Airbag-Fach des Pkw einen ohne weiteres erreichbaren Schlagring mit.
12
b) Bewaffnetes Handeltreiben nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt voraus , dass der Täter die Schusswaffe oder den Gegenstand bewusst gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, dass er sich ihrer jederzeit bedienen kann (BGH, Urteil vom 15. November 2007 - 4 StR 435/07, BGHSt 52, 89; Urteil vom 28. Februar 1997 - 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8). Ausreichend, aber auch erforderlich ist das aktuelle Bewusstsein des Bewaffnetseins (BGH, Urteil vom 21. März 2000 - 1 StR 441/99, NStZ 2000, 433; Weber aaO § 30a Rn. 128). Zu dieser subjektiven Tatseite ist indes nichts festgestellt. Vielmehr lassen die weiteren Darlegungen darauf schließen, dass sich das Landgericht außerstande gesehen hat, die Einlassung des Angeklagten zu widerlegen, er habe den Schlagring als Geschenk für den Lieferanten in die Niederlande mitgenommen , ihn dann aber vergessen und auf der Rückfahrt nicht mehr an ihn gedacht.
13
c) Nicht tragfähig ist die Erwägung des Landgerichts, der Angeklagte sei sich jedenfalls bei seiner Anfahrt aus Deutschland zum Zwecke des Erwerbs der Betäubungsmittel der Zugriffsmöglichkeit auf den Schlagring bewusst gewesen. Handelt der Täter in mehreren Einzelakten, so reicht es zwar aus, wenn er die Tatbestandsmerkmale der Qualifikation nur bei einem Einzelakt verwirklicht (BGH, Urteil vom 21. März 2000 - 1 StR 441/99, NStZ 2000, 433; Urteil vom 28. Februar 1997 - 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8). Ein dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatz vorgelagertes Handeln des Täters ist Teilakt des Handeltreibens jedoch erst dann, wenn die Tat damit wenigstens in das Versuchsstadium eingetreten ist; die Bewaffnung nur während einer Vorbereitungshandlung genügt für § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nicht (Weber aaO § 30a Rn. 152). Allein mit dem Antritt einer Fahrt in der Absicht, am Zielort Betäubungsmittel zu erwerben , setzt der Täter aber grundsätzlich noch nicht zu einem konkretisierbaren Umsatzgeschäft an. Etwas anderes kann etwa dann gelten, wenn dem Täter dort ein zuverlässiger Händler bekannt ist (Weber aaO § 29 Rn. 351, 541; vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 1 StR 245/96, NStZ 1996, 507). Solche besonderen Umstände des Einzelfalles hat das Landgericht indes nicht festgestellt.
14
4. Auch der Schuldspruch wegen Erwerbs einer Schusswaffe zwecks Überlassung an einen Nichtberechtigen (§ 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG) in Tateinheit mit "Erwerb und Besitz von halbautomatischen Kurzwaffen" (§ 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG) im Fall II. 30. der Urteilsgründe wird von den Feststellungen nicht getragen.
15
a) Danach bat der Angeklagte Anfang April 2009 den Zeugen We. , ihm eine Schusswaffe zu besorgen. We. erwarb hierauf eine Pistole Walther P1, einen Revolver HS Kal. 22 Single Action und einen Revolver ME 33 Magnum und veräußerte diese Waffen an den Angeklagten. Die Pistole verkaufte der Angeklagte an den Zeugen W. weiter, als dieser am 13. April 2009 die erworbenen 6 kg Marihuana (Fälle II. 2. bis 7. der Urteilsgründe) mit der Bahn nach Hause bringen wollte. Die beiden Revolver verwahrte er in einem Hohlraum in der Decke seiner Wohnung.
16
b) Der Tatbestand des § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG setzt voraus, dass der Täter bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs der Waffe die Absicht hat, sie an einen Nichtberechtigten weiterzugeben (MünchKommStGB/Heinrich, § 52 WaffG Rn. 15). Dies ist hinsichtlich der Pistole Walther P1 nicht festgestellt und kann nach dem dargelegten Geschehensablauf auch nicht dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnommen werden. Danach käme insoweit - tateinheitlich zu Erwerb und Besitz gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG - lediglich Überlassen einer erlaubnispflichtigen Schusswaffe nach § 52 Abs. 3 Nr. 7 WaffG in Betracht (MünchKommStGB/Heinrich aaO Rn. 83 f.,

145).


17
Desweiteren handelt es sich bei den Revolvern nicht um halbautomatische Kurzwaffen im Sinne von § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG, denn diese werden nach Abgabe eines Schusses nicht selbsttätig, sondern nur durch Einsatz körperlicher Kraft erneut schussbereit. Anlage 1 zum WaffG Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 2.2 stellt dies auch für den Typ Double Action wie den Revolver ME 33 Magnum klar. In Betracht kommt damit insoweit nur Erwerb einer Schusswaffe tateinheitlich in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit deren Besitz (§ 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a WaffG; vgl. MünchKommStGB/Heinrich aaO Rn. 147, 159 mwN).
18
c) In Anbetracht der ausgesprochenen - im Verhältnis zum Strafrahmen des § 52 Abs. 1 WaffG erheblichen - Einzelstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten kann das Urteil auf den Rechtsfehlern beruhen. Es ist nicht auszuschließen , dass das Landgericht zu einer milderen Strafe gelangt wäre, hätte es hinsichtlich der Pistole nur § 52 Abs. 1 Nr. 2b, Abs. 3 Nr. 7 WaffG und hinsichtlich der Revolver tateinheitlich hierzu nur § 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a WaffG angewandt.

II.


19
Im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Näherer Erörterung bedarf lediglich die Rüge des Beschwerdeführers, ihm sei entgegen § 258 Abs. 2 und 3 StPO weder das letzte Wort gewährt worden noch sei er befragt worden, ob er selbst noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe.
20
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
21
a) In der Hauptverhandlung am 8. Juli 2010 wurde die Beweisaufnahme zunächst im allseitigen Einverständnis geschlossen. Nach den Schlussanträgen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigerin hatte der Angeklagte das letzte Wort. Der Angeklagte wurde befragt, ob er selbst noch etwas zur Verteidigung anzuführen habe; "er erklärte sich". Nach Unterbrechung trat die Strafkammer nochmals in die Beweisaufnahme ein. Sie beschloss eine Teileinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO und gab einen rechtlichen Hinweis zu zwei der später abgeurteilten Taten. Im Anschluss daran wurde die Beweisaufnahme erneut geschlossen. Zum weiteren Verfahrensgang ist in dem am 24. August 2010 fertiggestellten - vom Beschwerdeführer zur Grundlage seiner Rüge genommenen - Hauptverhandlungsprotokoll vermerkt: "Die Staatsanwältin, die Verteidigerin und der Angeklagte wiederholten ihre Anträge." Nach Beratung verkündete die Strafkammer sodann das Urteil.
22
b) Nach Eingang der Revisionsbegründung gaben der Vorsitzende und die Urkundsbeamtin am 5. November 2010 zu der Rüge dienstliche Äußerungen dahingehend ab, der Angeklagte sei nach der erneuten Schließung der Beweisaufnahme ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass er nochmals das letzte Wort habe. Er habe jedoch ebenso wie die Staatsanwältin und die Verteidigerin keine weiteren Ausführungen gemacht, weshalb im Protokoll missverständlich festgehalten worden sei, dass alle Genannten ihre Anträge wiederholt hätten. Mit Beschluss vom gleichen Tag berichtigten der Vorsitzende und die Urkundsbeamtin das Protokoll ohne Anhörung des Beschwerdeführers insoweit wie folgt:
23
"Die Beweisaufnahme wurde wieder geschlossen. Die Staatsanwältin und die Verteidigerin wiederholten ihre Anträge. Der Angeklagte hatte erneut das letzte Wort. Er machte keine weiteren Ausführungen."
24
2. Die Rüge bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
25
a) Allerdings sieht sich der Senat anders als der Generalbundesanwalt nicht in der Lage, den Wortlaut des Protokolls in der am 24. August 2010 fertig gestellten Fassung dahin auszulegen, der Angeklagte habe nach der erneuten Schließung der Beweisaufnahme nochmals das letzte Wort gehabt. Zwar sind auch diesbezügliche Protokollvermerke auslegungsfähig, weshalb es nicht entscheidend darauf ankommt, ob der Verfasser dem Gesetzeswortlaut entsprechend den Begriff "letztes Wort" verwendet hat (BGH, Urteil vom 20. März 1959 - 4 StR 416/58, BGHSt 13, 53, 59 f.). Stets muss der Vermerk jedoch hinreichend deutlich machen, dass das Gericht den Angeklagten befragt und ihm Gelegenheit gegeben hat, sich als letzter der Beteiligten zu äußern. Aus der vom Landgericht hier gewählten Formulierung kann der Senat dies nicht ableiten.
26
b) Der Senat folgt auch nicht der Auffassung des Generalbundesanwalts , das Verfahrensgeschehen könne jedenfalls im Freibeweis anhand der dienstlichen Äußerungen ermittelt werden, weil das (unberichtigte) Protokoll insoweit widersprüchlich sei, als es einerseits festhalte, der Angeklagte habe "sich erklärt", andererseits bekunde, er habe seinen "Antrag" wiederholt. Dabei kann offen bleiben, ob hierin überhaupt eine die Frage der Erteilung des letzten Wortes berührende Widersprüchlichkeit des Protokolls zu sehen ist. Denn nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Beschluss vom 14. Juli 2010 - 2 StR 158/10, StV 2010, 675; Beschluss vom 28. Januar 2010 - 5 StR 169/09, NJW 2010, 2068), der sich der Senat anschließt, ist es dem Revisionsgericht grundsätzlich verwehrt, den tatgerichtlichen Verfahrensablauf anhand dienstlicher Erklärungen im Wege des Freibeweises darauf zu überprüfen, ob die für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen wesentlichen Förmlichkeiten beobachtet worden sind. Diese können nach § 274 Satz 1 StPO allein durch das Protokoll bewiesen werden; als Gegenbeweis lässt § 274 Satz 2 StPO nur den Nachweis der Fälschung zu. Insbesondere angesichts der nunmehr durch die Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen (Beschluss vom 23. April 2007 - GSSt 1/06, BGHSt 51, 298) bestätigten Möglichkeit, auch noch nach Erhebung einer ordnungsgemäßen Verfahrensrüge das Protokoll zu berichtigen , selbst wenn dieser dadurch die Tatsachengrundlage entzogen wird, besteht grundsätzlich kein Raum mehr dafür, zum Nachteil des Angeklagten freibeweislich über die Beobachtung der wesentlichen Förmlichkeiten zu befinden. Denn gegenüber einem den Maßstäben des Großen Senats (aaO Rn. 61 ff.) genügenden förmlichen Berichtigungsverfahren bietet das Freibeweisverfahren nur geringere verfahrensrechtliche Sicherungen für die Ermittlung des wahren Sachverhalts (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 2 StR 158/10, StV 2010,

675).


27
c) Indes ergibt sich aus dem nunmehr berichtigten Protokoll, dass der vom Beschwerdeführer behauptete Verfahrensverstoß nicht vorgelegen hat.
28
Unbeachtlich ist allerdings der Berichtigungsbeschluss des Landgerichts vom 5. November 2010, denn mangels Anhörung des Beschwerdeführers ist er nicht in einem Verfahren ergangen, das den im Beschluss des Großen Senats (aaO) niedergelegten Grundsätzen genügt. Dasselbe gilt für die vom Landgericht am 21. März 2011 - nach Rückgabe der Sache durch den Senat - beschlossene gleichlautende Protokollberichtigung, die unberücksichtigt ließ, dass der Beschwerdeführer der Maßnahme am 15. März 2011 widersprochen hatte. Indes hat das Landgericht schließlich am 17. Mai 2011, wiederum mit demselben Wortlaut, einen weiteren Berichtigungsbeschluss gefasst, der nach Überprüfung durch den Senat auf einem den genannten Vorgaben entsprechenden Verfahren beruht.
29
Angesichts der sich aus den dienstlichen Äußerungen vom 5. November 2010 ergebenden sicheren Erinnerung der Urkundspersonen bedurfte es der vom Beschwerdeführer vermissten Erklärungen des beisitzenden Richters und des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft nicht mehr. Insbesondere hat der Beschwerdeführer auch in seinem erneuten Widerspruch vom 11. Mai 2011 nicht substantiiert dargelegt, aus welchen Gründen er sich im Gegensatz zu den Urkundspersonen der Richtigkeit des zunächst gefertigten Protokolls sicher ist (vgl. BGH - GSSt - aaO Rn. 63). Hierzu hätte er den ihm erinnerlichen Verfahrensablauf näher schildern und sich auch dazu erklären müssen, auf welchen tatsächlichen Vorgängen der von ihm für richtig gehaltene Vermerk, er sei bei seinem Antrag geblieben, beruht.
30
d) Die Bedenken des Beschwerdeführers gegen die Zulässigkeit der Wiederholung eines zunächst wegen eines Verfahrensfehlers ohne Wirkung gebliebenen Berichtigungsverfahrens teilt der Senat nicht. Der von der Rechtsprechung und der Literatur vereinzelt vertretenen, aber nicht näher begründeten Auffassung, eine solche Vorgehensweise verstoße gegen das Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren (OLG Hamm, Beschluss vom 10. März 2009 - 5 Ss 506/08, StV 2009, 349; Beschluss vom 12. Oktober 2010 - 3 RVs 49/10, StV 2011, 272; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 271 Rn. 26a), kann sich der Senat jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht anschließen. Rechtsfehlerhaft und damit nach den Maßstäben der genannten Entscheidung des Großen Senats unbeachtlich waren die Berichtigungsbeschlüsse des Landgerichts vom 5. November 2010 und vom 21. März 2011 wegen eines Verstoßes gegen das Verfahrensgrundrecht des Beschwerdeführers auf Gewährung des rechtlichen Gehörs. Die ordnungsgemäße Neuvornahme einer an einem solchen Mangel leidenden, aber im Übrigen statthaften strafprozessualen Maßnahme führt für sich allein weder zu einer unangemessenen Benachteiligung des Beschuldigten noch zu einer unzumutbaren Erschwerung seiner Möglichkeiten , zur Wahrung seiner Rechte auf den Gang und das Ergebnis des Strafverfahrens Einfluss zu nehmen. Die allgemeine Zulässigkeit einer solchen Verfahrensweise ergibt sich nicht zuletzt aus der gesetzlichen Regelung der Anhörungsrüge. Dafür, dass das Tatgericht bei einer Protokollberichtigung, die einer Verfahrensrüge nachträglich die tatsächliche Grundlage entzieht, abweichend auf insgesamt nur einen "Versuch" beschränkt bleiben sollte, findet sich keine überzeugende Begründung. Die Schranken für eine erfolgreiche revisionsrechtliche Verfahrensrüge erhöhen sich nicht dadurch, dass nicht schon das erste, sondern erst ein weiteres Protokollberichtigungsverfahren zur Rügeverkümmerung führt.
31
Zwar hat auch der Bundesgerichtshof in einem Einzelfall von der Rücksendung der Akten an das Tatgericht zum Zwecke der Einleitung eines Protokollberichtigungsverfahrens mit der Begründung abgesehen, dies käme einer Verletzung des Rechts des Angeklagten auf ein faires Verfahren gleich (Beschluss vom 14. Juli 2010 - 2 StR 158/10, StV 2010, 675). Dies betraf jedoch nicht wie hier die Wiederholung eines wegen Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs wirkungslosen Berichtigungsverfahrens, sondern die abweichende Fallgestaltung , dass das Tatgericht bereits von der Staatsanwaltschaft die Gelegenheit zur Protokollberichtigung erhalten, hiervon aber abgesehen hatte. In einer solchen Situation liegt es nahe, dass der Angeklagte die nochmalige Rückgabe der Sache als unzulässigen Druck auf die allein verantwortlichen Urkundspersonen missverstehen könnte, das Protokoll doch noch zu seinem Nachteil zu ändern.

III.


32
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
33
Bei der Bemessung der Einzelstrafen hat das Landgericht die festgestellte Aufklärungshilfe des Angeklagten in der Weise strafmildernd berücksichtigt, dass es die Untergrenze des Strafrahmens nach § 31 Nr. 1 BtMG aF, § 49 Abs. 2 StGB und dessen Obergrenze nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG in der ab 1. September 2009 geltenden Fassung in Verbindung mit § 49 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 StGB bestimmt hat. Damit hat es gegen § 2 Abs. 3 StGB verstoßen, denn diese Vorschrift gestattet es nicht, dem Täter günstige Elemente aus Gesetzen verschiedener Gültigkeit zu kombinieren, sondern verlangt einen Gesamtvergleich der jeweiligen Fassungen anhand des konkreten Falles (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 2 Rn. 9). Das Landgericht hätte deshalb im Einzelfall entscheiden müssen, ob die neue oder die alte Regelung der Rechtsfolgen einer Aufklärungs- bzw. Präventionshilfe in ihrer Gesamtheit die für den Angeklagten günstigere Gesetzeslage darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 2010 - 3 StR 65/10, NStZ 2010, 523).
34
Soweit die Einzelstrafen nicht ohnehin in Wegfall kommen, schließt der Senat allerdings aus, dass das angefochtene Urteil zum Nachteil des Angeklagten auf diesem Rechtsfehler beruht.
Becker Pfister Schäfer
Mayer Menges

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 130/03
vom
22. Mai 2003
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Mai 2003,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Dr. Kuckein,
Athing,
Dr. Ernemann
als beisitzende Richter,
Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird
a) das Verfahren in den Fällen 17 und 19 der Anklage (Verkaufsfälle vom 27. Oktober 1999 und 15. Dezember 1999) eingestellt. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angekagten entstandenen notwendigen Auslagen;
b) das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 20. September 2002 im Schuld- und Rechtsfolgenausspruch geändert und wie folgt neu gefaßt: Der Angeklagte wird wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 4. Oktober 2001 und unter Auflösung der dort verhängten Gesamtfreiheitsstrafe sowie unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Demmin – Zweigstelle Malchin – vom 10. Juli 2000 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sieben Monaten verurteilt.
Der Verfall eines Wertersatzes in Höhe von 36.240,37 EURO wird angeordnet.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsmittels.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Amtsgericht Demmin – Zweigstelle Malchin – hatte den Angeklagten durch Urteil vom 10. Juli 2000 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und „die sichergestellten Betäubungsmittel“ eingezogen. Unter Einbeziehung der Strafe aus dem amtsgerichtlichen Urteil verurteilte das Landgericht Neubrandenburg den Angeklagten nach Abtrennung des Verfahrens hinsichtlich vier der angeklagten Taten am 4. Oktober 2001 wegen weiterer Betäubungsmittelstraftaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten. Ferner ordnete das Landgericht in diesem Urteil den Wertersatzverfall in Höhe von 70.380,- DM an. Eine Entscheidung über die im amtsgerichtlichen Urteil angeordnete Einziehung traf das Landgericht nicht. Nunmehr hat das Landgericht den Angeklagten im abgetrennten Verfahrensteil des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen schuldig befunden und ihn unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus den beiden genannten früheren Urteilen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es den Verfall eines Wertersatzes in Höhe von 562,42 EURO angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Mit ihrem beschränkten
Rechtsmittel erstrebt sie die Ergänzung der Urteilsformel um den Ausspruch über die Aufrechterhaltung der neben den einbezogenen Strafen in den früheren Urteilen angeordneten Maßnahmen. Das - vom Generalbundesanwalt vertretene - Rechtsmittel führt zur Teileinstellung des Verfahrens und hat im übrigen den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg.
1. Das Verfahren wird hinsichtlich der Fälle 17 und 19 der Anklage (Verkaufsfälle vom 27. Oktober 1999 und 15. Dezember 1999) eingestellt. Der Verfolgung dieser als selbständige Fälle des unerlaubten Handeltreibens angeklagten und abgeurteilten Taten steht das Verfahrenshindernis des Verbrauchs der Strafklage entgegen. Wie das angefochtene Urteil selbst feststellt (UA 15), hat der Angeklagte in diesen beiden Fällen an seinen Abnehmer M. jeweils 100 Ecstasy-Tabletten sowie einmal zehn und das zweite Mal 20 Briefchen Amphetamin verkauft. Die Ecstasy-Tabletten stammen jeweils aus Einkäufen des Angeklagten, die das Landgericht in dem in diesem Verfahren nach Abtrennung ergangenen Urteil vom 4. Oktober 2001, deren Einzelstrafen in das angefochtene Urteil einbezogen worden sind, bereits rechtskräftig abgeurteilt hat. Der Verkauf des Amphetamins an M. bildete in diesen beiden Fällen zusammen mit dem gleichzeitigen Verkauf der EcstasyTabletten jeweils eine natürliche Handlung und deshalb jeweils sowohl materiell- als auch prozeßrechtlich eine Tat des unerlaubten Handeltreibens nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, und zwar unabhängig davon, ob das Amphetamin von dem Angeklagten jeweils zusammen mit den Ecstasy-Tabletten erworben worden war. Dies folgt daraus, daß die im früheren Urteil als selbständige Fälle des unerlaubten Handeltreibens abgeurteilten Einkäufe der Ecstasy-Tabletten in Bezug auf die jeweilige Gesamtmenge sämtliche Teilakte bis zur Veräußerung zu jeweils einer einzigen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit verbinden (BGHSt 30, 28, 31), mit der die Verkäufe des Amphetamins jeweils
zumindest in einem Teilakt zusammentreffen. Die rechtskräftige Aburteilung des Handeltreibens mit den Ecstasy-Tabletten – und damit der Strafklageverbrauch – erfaßt deshalb hier entgegen der Auffassung des Landgerichts (UA 18) nicht nur den Verkauf der jeweils 100 Ecstasy-Tabletten, sondern auch die beiden Verkaufsfälle von Amphetamin (vgl. BGHR BtMG § 29 Strafklageverbrauch 1).
Das Verfahrenshindernis des Strafklageverbrauchs hat der Senat von Amts wegen zu prüfen. Dem steht hier die Teilrechtskraft des angefochtenen Urteils infolge der Beschränkung des Rechtsmittels auf den Maßnahmenausspruch nicht entgegen (BGHSt 6, 304, 305 f.; 13, 128 f.; MeyerGoßner StPO 46. Aufl. Einl. Rdn. 151 m.w.N.). Denn die von der Beschwerdeführerin mit der Revision beanstandete Wertersatzverfallanordnung ist eine einheitliche Maßnahme mit Bezug zu allen dem angefochtenen Urteil zugrundeliegenden Taten, deren Verfolgung deshalb auch insgesamt hinsichtlich eines Verfahrenshindernisses der Prüfung durch das Revisionsgericht unterliegt.
Die Einstellung in den Fällen 17 und 19 der Anklage führt zur Änderung des Schuldspruchs und zum Wegfall der insoweit erkannten Einzelstrafen von fünf und sechs Monaten Freiheitsstrafe. Dies zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Der Senat braucht die Sache jedoch nicht an das Landgericht zurückzuverweisen, sondern kann in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst entscheiden. Ausgehend von der durch das Urteil vom 4. Oktober 2001 rechtskräftig verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten, die nicht unterschritten werden darf (h.A.; BGHSt 7, 180, 183; BGH, Beschluß vom 4. Oktober 2001 – 4 StR 329/01; Lackner/Kühl StGB 24. Aufl. § 55 Rdn. 6; Rissing – van Saan in LK StGB 11. Aufl. § 55 Rdn. 28; a.A. Bringewat Die Bildung der Gesamtstrafe
Rdn. 273 ff.), setzt er die neue Gesamtstrafe auf vier Jahre und sieben Monate Freiheitsstrafe fest. Der Angeklagte ist dadurch nicht beschwert, denn der Senat kann angesichts der verbleibenden zwei Einzelfreiheitsstrafen von jeweils sechs Monaten ausschließen, daß der Tatrichter ohne Berücksichtigung der von der Einstellung betroffenen beiden Einzelstrafen es bei der durch die im früheren Urteil erkannte Gesamtstrafe als Untergrenze belassen hätte.
2. Der Ausspruch über den Wertersatzverfall hat keinen Bestand.

a) Die Einstellung des Verfahrens in den Fällen 17 und 19 der Anklage entzieht auch dem auf diese Fälle entfallenden Teil der Anordnung des Wertersatzverfalls im angefochtenen Urteil die Grundlage. Ausgehend von der Berechnung des Landgerichts (UA 23) sind deshalb von dem Verfallsbetrag von 1.100,- DM die Verkaufserlöse von insgesamt 30 Amphetaminbriefchen zu je 20,- DM in Abzug zu bringen. Daraus errechnet sich ein verbleibender isolierter Verfallsbetrag in Höhe von 500 ,- DM bzw. umgerechnet 255,65 EURO.

b) Der Senat kann jedoch nicht auf eine Wertersatzverfallsanordnung in dieser Höhe erkennen, weil das Landgericht – wie auch die Urteilsgründe ausweisen (UA 23) – im Zusammenhang mit der nachträglichen Gesamtstrafenbildung die Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe von 70.380 DM aus dem Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 4. Oktober 2001 entgegen § 55 Abs. 2 StGB unberücksichtigt gelassen hat. Dies beanstandet die Beschwerdeführerin im Ergebnis zu Recht.
Liegen die Voraussetzungen des § 55 StGB vor, so sind – wie bei gleichzeitiger Aburteilung aller Taten – Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen gleicher Art durch das spätere Urteil einheitlich anzuordnen. Über
sie ist deshalb, sofern ihre Voraussetzungen auch in Bezug auf die Taten bestehen, die dem späteren Urteil zugrunde liegen, grundsätzlich durch den neuen Gesamtstrafenrichter neu zu entscheiden (Bringewat aaO. Rdn. 135, 142 ff.; Lackner/Kühl aaO. § 55 Rdn. 17; Stree in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 55 Rdn. 53, 54, jew. m.w.N.). Dieser hat sich dabei auf den Standpunkt des früheren Tatrichters zu stellen. Denn der Angeklagte soll durch die Entscheidung nach § 55 StGB so gestellt werden, als wenn über alle einzubeziehenden Straftaten gleichzeitig befunden worden wäre; er darf deshalb dadurch, daß seine Taten in verschiedenen Verfahren abgeurteilt werden, nicht benachteiligt, soll dadurch aber auch nicht bervorzugt werden (st. Rspr.; BGHSt 7, 180, 182; 43, 79, 80 m.w.N.). Dies wird regelmäßig dazu führen, daß der aufgrund einheitlicher Anordnung im neuen Urteil festzusetzende Verfallsbetrag nicht niedriger ausfallen darf als in der früheren Entscheidung.

c) Der Senat kann auch insoweit in der Sache selbst entscheiden und auf einen einheitlichen Wertersatzverfall in Höhe der Summe aus dem Verfallsbetrag des früheren Urteils (70.380 DM = 35.984,72 EURO) und des nach der Teileinstellung verbleibenden Verfallsbetrages des angefochtenen Urteils (500 DM = 255,65 EURO) erkennen, d.h. auf 70.880 DM = 36.240,37 EURO. Denn das angefochtene Urteil weist aus, daß das Landgericht, hätte es die Vorschrift des § 55 Abs. 2 StGB zutreffend angewendet, keinen niedrigeren Verfallsbetrag festgesetzt hätte. Mit dieser neuen Entscheidung ist die Verfallsanordnung im früheren Urteil des Landgerichts Neubrandenburg gegenstandslos im Sinne des § 55 Abs. 2 Satz 1 StGB, weil sie von der neuen Entscheidung in ihrer Wirkung mit umfaßt ist.
3. Die Revision bleibt erfolglos, soweit sich das Rechtsmittel gegen die unterbliebene Aufrechterhaltung der im Urteil des Amtsgerichts Demmin – Zweigstelle Malchin – vom 10. Juli 2000 angeordneten Einziehung der „sichergestellten Betäubungsmittel“ richtet.
Eines Ausspruchs über die Aufrechterhaltung der Einziehung bedurfte es im angefochtenen Urteil nicht, weil die Einziehung erledigt war. Diese Rechtsfolge ergibt sich zwar nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Satz 1 StGB, der eher dafür sprechen könnte, daß ein Ausspruch über die Aufrechterhaltung im früheren Urteil angeordneter Maßnahmen stets zu erfolgen hat, soweit diese nicht ausnahmsweise „durch die neue Entscheidung“ gegenstandslos werden. Eine solche am bloßen Wortlaut orientierte Auslegung verfehlt jedoch ihren Sinn in den Fällen, in denen die Maßnahme zwar nicht „durch die neue Entscheidung“, aber auf andere Weise ihre Erledigung gefunden hat. Deshalb ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß in einem früheren Urteil verhängte Maßnahmen nicht nur durch spätere Anordnung weiterer, sie in ihrer Wirkung mitumfassenden Maßnahmen im Sinne des § 55 Abs. 2 Satz 1 StGB „gegenstandslos“ werden, sondern auch dann, wenn die tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen für ihre (weitere) Vollstreckung entfallen sind, wie dies bei tatsächlicher Erledigung durch Zeitablauf, etwa einer nach § 69 a StGB bestimmten Sperrfrist, angenommen wird (vgl. BGHSt 42, 306, 308 m.w.N.).
Die Regelung des § 55 Abs. 2 StGB trägt dem Umstand Rechnung, daß mit der nachträglichen Gesamtstrafenentscheidung diese die alleinige Vollstreckungsgrundlage bildet. Ist aber eine im früheren Urteil angeordnete Maßnahme – aus welchen Gründen auch immer – erledigt, so fehlt es an der Notwendigkeit, gleichwohl über ihre Aufrechterhaltung zu befinden, wenn dies
auch regelmäßig unschädlich, in Zweifelsfällen sogar sinnvoll sein wird. Eine solche Notwendigkeit bestand hinsichtlich der im früheren Urteil des Amtsgerichts Demmin angeordneten Einziehung nicht, weil nicht nur das Eigentum an den betreffenden Gegenständen mit der Rechtskraft jenes Urteils nach § 33 Abs. 2 Satz 1 BtMG i.V.m. § 74 e StGB auf den Staat übergegangen war (vgl. dazu BGH NJW 1979, 2113; OLG Köln NJW 1953, 1564; Stree in Schönke/Schröder StGB aaO. Rdn. 59), sondern hier die Betäubungsmittel auch bereits sichergestellt waren und es deshalb insoweit keiner weiteren Vollstreckung mehr bedurfte.
Bei dieser Sachlage brauchte der Senat nicht zu entscheiden, welche Folgen sich unter dem Gesichtspunkt des „Verschlechterungsverbots“ im Rahmen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung (vgl. dazu Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl. § 55 Rdn. 19; Rissing – van Saan in LK aaO. Rdn. 45, jew. m.N.) ergeben können, wenn der frühere Gesamtstrafenrichter in die von ihm gebildete Gesamtstrafe eine Strafe aus einem weiteren Urteil einbezieht, aber rechtsirrig versäumt auszusprechen, daß die daneben verhängte Maßnahme aufrechterhalten bleibt.
Tepperwien Maatz Kuckein Athing Ernemann

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nummer 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. § 46b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nummer 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. § 46b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 579/08
vom
26. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26. März
2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 7. Mai 2007 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz abgesehen worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

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Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat davon abgesehen, den Verfall von Wertersatz anzuordnen. Hiergegen richtet sich die vom Generalbundesanwalt vertretene, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft. Das wirksam beschränkte Rechtsmittel hat Erfolg.
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Nach den Feststellungen war der zum Zeitpunkt der Verkündung des landgerichtlichen Urteils 63 Jahre alte Angeklagte Mitglied einer Bande, die Haschisch - und Marihuanatransporte erheblichen Umfangs von den Niederlanden nach England und in andere europäische Länder organisierte und durchführte.
In dem Zeitraum von Ende 2004 bis Anfang 2005 wurden mit drei Fahrten insgesamt 135 kg zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmte Betäubungsmittel nach England verbracht und an unbekannt gebliebene Abnehmer übergeben. Mit einer vierten Fahrt wurden im Februar 2005 weitere 241,80 kg Haschisch aus den Niederlanden über Oldenburg und Bremen nach Dänemark transportiert. Das Rauschgift wurde vor der Auslieferung von der dänischen Polizei sichergestellt.
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1. Das Landgericht hat den Verfall von Wertersatz (§§ 73, 73 a StGB) nicht angeordnet und dies mit dem Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB begründet. Zwar sei davon auszugehen, dass aus den Drogengeschäften nach dem Bruttoprinzip ein Umsatz von mindestens 135.000 € erzielt worden sei. Es müsse jedoch berücksichtigt werden, dass der Angeklagte über einen sichergestellten und gepfändeten Bargeldbetrag in Höhe von 2.250 € hinaus über kein nennenswertes Vermögen mehr verfüge. Er habe infolge des fehlgeschlagenen Haschischtransportes nach Dänemark selbst 60.000 € als "Entschädigung" gezahlt, so dass er durch die Drogentransporte insgesamt einen beträchtlichen Verlust erlitten habe. In Anbetracht seines fortgeschrittenen Alters sei nicht zu erwarten, dass er nach seiner Haftentlassung noch Erwerbsaussichten habe; er werde entweder von einer Rente oder von Sozialleistungen leben müssen. Daher werde durch die Vollziehung einer Verfallsanordnung seine Resozialisierung wesentlich erschwert.
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2. Diese Erwägungen vermögen die Ablehnung der Anordnung des Wertersatzverfalls nicht zu rechtfertigen.
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a) Die Voraussetzungen des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB sind bereits deshalb nicht rechtsfehlerfrei dargetan, weil das Landgericht unter Verkennung des systematischen Zusammenhangs zwischen den verschiedenen Alternativen des § 73 c Abs. 1 StGB das Vorliegen einer unbilligen Härte unzureichend begründet hat.
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aa) Zwar ist die Anwendung der Härtevorschrift des § 73 c StGB Sache des Tatrichters. Die Gewichtung der für das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB maßgeblichen Umstände ist daher der inhaltlichen revisionsrechtlichen Überprüfung nicht zugänglich. Mit der Revision kann jedoch eine rechtsfehlerhafte Auslegung des Tatbestandsmerkmals "unbillige Härte" beanstandet werden. Eine solche ist etwa gegeben, wenn die Bejahung dieses Merkmals auf Umstände gestützt wird, die bei seiner Prüfung nicht zum Tragen kommen können (vgl. BGH wistra 2003, 424, 425; 2009, 23, 24).
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bb) So liegt der Fall hier. Das Landgericht hat die Annahme einer unbilligen Härte wesentlich darauf gestützt, dass der Wert des vom Angeklagten aus den Straftaten Erlangten mittlerweile nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden sei. Diese Begründung wird dem systematischen Verhältnis nicht gerecht, in welchem die Regelungen des § 73 c Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 1. Alt. StGB zueinander stehen. Nach § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB ist der Verfall beim Vorliegen einer unbilligen Härte zwingend ausgeschlossen, während § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB für den Fall, dass der Wert des Erlangten im Vermögen des Betroffenen ganz oder teilweise nicht mehr vorhanden ist, die Möglichkeit eröffnet , insoweit nach pflichtgemäßen Ermessen von einer Verfallsanordnung abzusehen. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen, welche nach Satz 2 der Vorschrift ein Absehen vom Verfall nach pflichtgemäßem Ermessen ermöglichen , nicht zugleich einen zwingenden Ausschlussgrund nach § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB bilden können, folgt aus der Systematik der Norm, dass das Nichtmehrvorhandensein des Wertes des Erlangten im Vermögen des Betroffenen jedenfalls für sich genommen keine unbillige Härte darstellen kann, son- dern dem Anwendungsbereich des § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB unterfällt (vgl. BGH NStZ 2000, 589, 590; Schmidt in LK 12. Aufl. § 73 c Rdn. 7).
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Für das Vorliegen einer unbilligen Härte bedarf es daher zusätzlicher Umstände, welche die hohen Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals belegen. Eine unbillige Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB kommt nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa BGHR StGB § 73 c Härte 7, 11) nur dann in Betracht, wenn die Anordnung des Verfalls schlechthin ungerecht wäre und das Übermaßverbot verletzen würde. Die Auswirkungen des Verfalls müssen mithin im konkreten Einzelfall außer Verhältnis zu dem vom Gesetzgeber mit der Maßnahme angestrebten Zweck stehen. Es müssen besondere Umstände vorliegen, aufgrund derer mit der Vollstreckung des Verfalls eine außerhalb des Verfallszwecks liegende zusätzliche Härte verbunden wäre, die dem Betroffenen auch unter Berücksichtigung des Zwecks des Verfalls nicht zugemutet werden kann. Eine unbillige Härte liegt demnach nicht schon dann vor, wenn der Verfallsbetrag nicht beigetrieben werden kann oder der Betroffene vermögenslos geworden und unfähig ist, die Mittel für seinen Unterhalt und den seiner Familie aufzubringen (vgl. Schmidt aaO Rdn. 7). Nach diesen Maßstäben ausreichend gravierende Umstände lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Allein die vagen Erwägungen, der Angeklagte verfüge über kein "nennenswertes" Vermögen und müsse nach seiner Entlassung von einer Rente oder Sozialleistungen leben, genügen auch unter Berücksichtigung des Resozialisierungsgedankens hierfür nicht.
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b) Auch auf § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB kann das Absehen von der Anordnung des Wertersatzverfalls nach den bisherigen Feststellungen nicht gestützt werden. Die Ausübung des dem Tatrichter durch diese Vorschrift eingeräumten Ermessens erfordert zunächst die Feststellung des Wertes des aus der Straftat Erlangten, um diesem sodann den Wert des noch vorhandenen Vermögens gegenüber stellen zu können (vgl. BGH NStZ-RR 2005, 104, 105; Fischer, StGB 56. Aufl. § 73 c Rdn. 5; Schmidt aaO Rdn. 10). Hieran fehlt es.
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aa) Die Urteilsgründe lassen bereits ausreichende Feststellungen dazu vermissen, in welcher Höhe der Angeklagte aus den Rauschgiftgeschäften etwas erlangt hat. "Erlangt" im Sinne der § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73 a Satz 1 StGB ist ein Vermögensvorteil nur dann, wenn der Tatbeteiligte die faktische Verfügungsgewalt über den Gegenstand erworben hat (vgl. BGH NStZ 2003, 198 f.). Mit der pauschalen Angabe, aus den Betäubungsmittelgeschäften sei ein Umsatz von mindestens 135.000 € erzielt worden, wird dieser Umstand nicht belegt. Die bloße Annahme mittäterschaftlichen Handelns vermag die fehlenden Darlegungen des tatsächlichen Geschehens hierzu nicht zu ersetzen; denn eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung kommt nur dann in Betracht , wenn sich die Beteiligten darüber einig waren, dass dem Angeklagten zumindest Mitverfügungsgewalt über die jeweiligen Erlöse habe zukommen sollen (vgl. BVerfG StV 2004, 409, 411; BGH NStZ 2003, 198 f.) und er diese auch tatsächlich hatte (BGH NStZ-RR 2007, 121). Feststellungen hierzu hat das Landgericht nicht getroffen.
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bb) Den Gründen des landgerichtlichen Urteils lässt sich ebenfalls nicht entnehmen, dass zum Zeitpunkt des tatrichterlichen Urteils der Wert des aus den Straftaten Erlangten in dem Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden war. Dies setzt konkrete tatrichterliche Feststellungen dazu voraus, in welchem Umfang und zu welchem Zweck das Erlangte ausgegeben wurde (vgl. BGH wistra 2009, 23, 25; Schmidt aaO Rdn. 12). Die in diesem Zusammenhang vom Landgericht angestellte Erwägung, der Angeklagte habe anlässlich des fehlgeschlagenen Rauschgiftgeschäfts "60.000 € als Entschädigung der Lieferanten oder Abnehmer gezahlt" und dadurch insgesamt bei den Drogenge- schäften einen beträchtlichen Verlust erlitten, entbehrt einer tragfähigen tatsächlichen Grundlage. Die Feststellungen des Urteils belegen eine solche Zahlung , deren nähere Umstände auch die betreffende mehrdeutige Passage der Urteilsgründe offen lässt, nicht.
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Den Urteilsgründen kann auch im Übrigen nicht entnommen werden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dem Angeklagten die aus den Drogengeschäften erzielten Erlöse ohne Zufluss eines Gegenwertes oder einer sonstigen Gegenleistung abhanden kamen. Die für die Eröffnung der Markthalle in Bremen erforderlichen finanziellen Mittel brachte der Angeklagte nach den Feststellungen jedenfalls nicht aus dem aus dem Betäubungsmittelhandel Erlangten , sondern aus dem Erlös für den Verkauf seines Lokals auf. Bei der Bewertung des Vermögens des Angeklagten hat das Landgericht zudem die ausdrücklich getroffene Feststellung nicht berücksichtigt, der Zeuge E. habe an "J. " und den Angeklagten auf deren nachdrückliches Verlangen 8.000 € als "Strafsumme" für das fehlgeschlagene Geschäft übergeben. Schließlich hat die Strafkammer nicht in die Betrachtung einbezogen, dass bei dem Angeklagten 2.250 € sichergestellt worden sind. Die Strafkammer durfte jedoch nicht allein deshalb von einer Verfallsanordnung absehen, um dem Verurteilten - sei es auch für Zwecke der Resozialisierung - vorhandene Vermögenswerte zu erhalten ; denn dies wäre mit dem Sinn und Zweck des Verfalls nicht zu vereinbaren (vgl. BGH NStZ 1995, 495).
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Über den Wertersatzverfall ist nach alldem insgesamt neu zu verhandeln und zu entscheiden. Der Senat weist abschließend auf die Möglichkeit hin, den Umfang und Wert des Erlangten gemäß § 73 b StGB zu schätzen, sowie darauf , dass nach § 73 c Abs. 1 StGB die Anordnung des Verfalls auf einen Teil des Erlangten beschränkt werden kann (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 75; BGH, Beschl. vom 12. Dezember 2008 - 2 StR 479/08). Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.