Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2016 - 1 StR 629/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:210416U1STR629.15.0
bei uns veröffentlicht am21.04.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 629/15
vom
21. April 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:210416U1STR629.15.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 20. April 2016, in der Sitzung am 21. April 2016, an denen teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum und die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf, Prof. Dr. Jäger, Prof. Dr. Mosbacher, Dr. Bär,
Staatsanwalt – in der Verhandlung vom 20. April 2016 –, Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof – bei der Verkündung vom 21. April 2016 –, als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 20. April 2016 – als Verteidiger,
Justizangestellte – in der Verhandlung vom 20. April 2016 –, Justizobersekretärin – bei der Verkündung vom 21. April 2016 – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Weiden in der Oberpfalz vom 25. August 2015 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
1. Am 24. Dezember 2014 verbrachte der Angeklagte gegen 16.50 Uhr mehr als 10,9 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 1.483,22 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) aus der Tschechischen Republik in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Er transportierte das Marihuana mit einem auf seinen Neffen D. zugelassenen Pkw auf der Bundesautobahn 6 über den ehemaligen Grenzübergang W. nach Deutschland. Die Betäubungsmittel waren geruchsdicht in Vakuumiertüten verpackt, die sich zum Teil in einer anderen Tüte im Kofferraum und zum Teil im Reserveradfach unter dem Kofferraum befanden. Der Angeklagte beabsichtigte, das Marihuana gewinnbringend im Raum München weiterzuverkaufen.
4
Im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle wurden die Betäubungsmittel sichergestellt und der Angeklagte festgenommen. Bei der Kontrolle führte der Angeklagte weder ein Mobilfunkgerät noch andere Dokumente, welche Rückschlüsse auf seine Identität zuließen, mit sich. Er wies sich mit einem auf eine falsche Identität ausgestellten und vollständig gefälschten polnischen Führerschein aus.
5
2. Gleichzeitig bewahrte der Angeklagte in einer von ihm und seinem Neffen D. genutzten Wohnung in G. , welche von seiner Schwester angemietet worden war, knapp 1,7 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 216,82 Gramm THC auf. Auch diese Betäubungsmittel, die nicht aus der Einfuhr vom selben Tag stammten, waren zum gewinnbringenden Weiterverkauf durch den Angeklagten bestimmt. Sie wurden am Folgetag unter dem Bett des Angeklagten neben Utensilien zum Drogenhandel (wie Vakuumiertüten , einem Laminiergerät, mehreren Mobiltelefonen, die zum Teil farbig markiert und von denen mehrere noch originalverpackt waren, sowie einer Packung Einmalhandschuhe und einer Digitalwaage) sichergestellt.

II.


6
Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg; das angefochtene Urteil ist rechtsfehlerfrei.
7
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.
8
a) Die Feststellungen werden von der Beweiswürdigung getragen.
9
aa) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 11. Februar 2016 – 3 StR 436/15 und vom 14. Dezember 2011 – 1 StR 501/11, NStZ-RR 2012, 148; jeweils mwN).
10
bb) Derartige Rechtsfehler werden durch die Revision nicht aufgedeckt.
11
(1) Das Landgericht hat sich rechtsfehlerfrei auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller für die Beweiswürdigung bedeutsamen Umstände von den Taten und der Täterschaft des Angeklagten überzeugt.
12
Der Angeklagte hatte die Taten – nach einer Verständigung im Sinne von § 257c StPO – auf der Grundlage einer Verteidigererklärung eingeräumt. Seine ergänzende Einlassung, nach der er jeweils für eine nicht näher bezeichnete andere Person gehandelt habe, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei als nicht glaubhafte Schutzbehauptung gewertet. Die Würdigung des Landgerichts, dies sei der bloße Versuch, die Tathandlungen als Beihilfehandlungen zu den Taten eines anderen erscheinen zu lassen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt sowohl für die Einlassung des Angeklagten, er habe im Fall II.1 der Urteilsgründe von einer Person, die er nicht namentlich nennen wollte, für die Einfuhr der Drogen aus Tschechien 2.000 Euro in Aussicht gestellt bekommen, als auch für seine Einlassung, er habe im Fall II.2 der Urteilsgründe die unter seinem Bett aufgefundenen Drogen, Mobiltelefone und Utensilien von einer Person , die er ebenfalls nicht bezeichnen wollte, gegen ein nicht näher vereinbartes Entgelt zur Aufbewahrung erhalten.
13
Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Einlassung des Angeklagten, eine namentlich nicht bezeichnete Person habe ihm die in seiner Wohnung aufgefundenen und offensichtlich für einen Drogenverkauf genutzten Gegenstände mit Antragungen von THC, Kokain und Heroin gegen ein nicht näher vereinbartes Entgelt zur bloßen Verwahrung übergeben, als nicht glaubhaft gewertet hat. Das Landgericht durfte aus der Auffindesituation den Schluss ziehen, dass der Angeklagte selbst und auf eigene Rechnung mit Betäubungsmitteln handelte. Das Landgericht hat zudem seine Behauptung, der (konspirativ geführte) SMS-Verkehr über „2k“ bzw. „4k“ habe sich nicht auf Drogen, sondern auf Reifengeschäfte am Münchner Ostbahnhof bezogen, rechtsfehlerfrei als widerlegt angesehen. Es durfte im Rahmen der Gesamtwürdigung auch in den Blick nehmen, dass von den unter dem Bett des Angeklagten sichergestellten Mobiltelefonen jeweils lediglich mit einer Empfängernummer kommuniziert worden war und dass der Angeklagte bei der Haftbefehlseröffnung die aufgefundenen Drogen als ihm gehörend bezeichnet hatte. Dassel- be gilt für den Umstand, dass der Angeklagte bei der Einfuhr einen gefälschten und auf eine andere Identität lautenden polnischen Führerschein mit sich führte, während er auf das Mitführen eines Mobiltelefons verzichtete, und damit zur Verdeckung seiner wahren Identität einen erheblichen Aufwand betrieb.
14
(2) Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist auch nicht lückenhaft.
15
(a) Auf die Sachrüge hin prüft das Revisionsgericht, ob die tatrichterliche Beweiswürdigung so, wie sie sich aus den Urteilsgründen ergibt, den Beweisstoff lückenlos ausgeschöpft hat (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1986 – 3 StR 500/86; Ott in KK-StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 81). Lückenhaft ist eine Beweiswürdigung namentlich dann, wenn sie wesentliche Feststellungen nicht erörtert (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 387/15, Rn. 13, StraFo 2016, 110; Beschluss vom 12. November 2015 – 2 StR 197/15, Rn. 14; Urteile vom 22. Mai 2007 – 1 StR 582/06 und vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87).
16
Im Übrigen liegt ein Erörterungsmangel und damit eine Lücke nur dann vor, wenn sich das Tatgericht mit tatsächlich vorhandenen Anhaltspunkten für nahe liegende andere Möglichkeiten nicht auseinandergesetzt hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. November 2015 – 2 StR 197/15, Rn. 14 und vom 30. April 1987 – 4 StR 164/87, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung, unzureichende 6; Urteil vom 5. Dezember 1986 – 2 StR 566/86, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung , unzureichende 4). Es ist aber weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine konkreten Anhaltspunkte erbracht sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 27. April 2010 – 1 StR 454/09, wistra 2010, 310, 312mwN; Beschluss vom 23. August 2011 – 1 StR 153/11, Rn. 24, in BGHSt 57, 1 nicht abgedruckt; Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4). Deshalb braucht das tatrichterliche Urteil bloß theoretische Möglichkeiten auch nicht zu erörtern (BGH, Beschlüsse vom 12. November 2015 – 2 StR 197/15, Rn. 14; vom 23. Mai 2012 – 1 StR 208/12, Rn. 7, wistra 2012, 355 und vom 23. August 2011 – 1 StR 153/11, Rn. 24; Urteil vom 26. Mai 2011 – 1 StR 20/11, NStZ 2011, 688), sondern muss sich nur mit nach der Sachlage naheliegenden Möglichkeiten auseinandersetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. November 2015 – 2 StR 197/15, Rn. 14; Urteil vom 11. Januar 2005 – 1 StR 478/04, NStZ-RR 2005, 147; Beschluss vom 29. August 1974 – 4 StR 171/74, BGHSt 25, 365, 367; Ott in KK-StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 49 mwN). Wenn sich in der Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass an sich selbständige Betäubungsmittelgeschäfte dieselbe Betäubungsmittelmenge betreffen, stellt es daher auch keinen Rechtsfehler dar, wenn das Tatgericht im Urteil die Frage einer Tat im Rechtssinne nicht erörtert (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit

4).


17
Grundlage der materiell-rechtlichen Überprüfung durch das Revisionsgericht ist allein das tatrichterliche Urteil. Sollen daher Erörterungsmängel geltend gemacht werden, die sich nicht aus den Urteilsgründen selbst ergeben, sondern ihre Grundlage in Umständen außerhalb des Urteils finden, sind diese mit einer ausgeführten Verfahrensrüge geltend zu machen (vgl. Ott in KK-StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 82). Dies gilt in gleicher Weise für die Revision eines Angeklagten gegen seine Verurteilung (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2011 – 1 StR 153/11, Rn. 24) wie für die Revision der Staatsanwaltschaft oder eines Nebenklägers gegen einen Freispruch (vgl. dazu BGH, Urteile vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 387/15, Rn. 13, StraFo 2016, 110 und vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87).

18
(b) Ausgehend von diesen Grundsätzen enthält die Beweiswürdigung auch keine Erörterungsmängel und sonstigen Lücken.
19
Insbesondere ergibt sich allein aus der theoretischen Möglichkeit, der Angeklagte könnte das in der von ihm genutzten Wohnung aufgefundene Rauschgift einerseits und die am 24. Dezember 2014 aus der Tschechischen Republik eingeführten Betäubungsmittel andererseits aufgrund einer zuvor getroffenen Absprache, eine konkret bestimmte Gesamtmenge sukzessiv abzunehmen , im Rahmen mehrerer Beschaffungsfahrten eingeführt haben, keine Lücke in der Beweiswürdigung des Landgerichts. Die Möglichkeit eines solchen Geschehens hat weder der Angeklagte behauptet, noch ergeben sich dafür aus den Urteilsfeststellungen Anhaltspunkte. Vielmehr hat sich das Landgericht rechtsfehlerfrei sogar davon überzeugt, dass die von dem Angeklagten am 23. Dezember 2014, dem Tag vor der Einfuhr, geführte SMS-Kommunikation (UA S. 10) der Absprache eines neuen Drogengeschäfts und nicht bloß der Übergabe bereits bestellter Betäubungsmittel diente (UA S. 17).
20
Auch sonst sind Anhaltspunkte dafür, dass zwischen den beiden Betäubungsmittelmengen ein Zusammenhang – etwa die Bezahlung einer ersten Lieferung anlässlich einer zweiten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Januar 2016 – 4 StR 322/15 und vom 22. Januar 2010 – 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97) – bestehen könnte, nicht erkennbar. Eine solche – hier ebenfalls rein theoretische und deshalb im Urteil nicht zu erörternde – Möglichkeit wird im Übrigen auch von der Revision nicht behauptet.
21
b) Die Urteilsfeststellungen tragen den Schuldspruch.

22
aa) Das Landgericht hat im Fall II.1 der Urteilsgründe den festgestellten Sachverhalt als unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG) in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) gewertet. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.
23
(1) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252 und vom 3. September 2015 – 3 StR 236/15, StraFo 2016, 37; jeweils mwN). Dabei bilden verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 3. September 2015 – 3 StR 236/15, StraFo 2016, 37).
24
(2) Die aus Tschechien eigenhändig eingeführte Wirkstoffmenge von 1.483,22 Gramm THC überschritt den Grenzwert für die nicht geringe Menge von 7,5 Gramm THC (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 – 3 StR 245/95 und vom 1. August 2006 – 4 StR 261/06) um mehr als das 197-fache.
25
(3) Die Urteilsfeststellungen belegen sowohl für die Einfuhr als auch für das Handeltreiben täterschaftliches Handeln des Angeklagten.
26
Er führte das Marihuana eigenhändig aus Tschechien nach Deutschland ein und war dabei auch nicht lediglich als Kurierfahrer tätig (UA S. 22). Somit war er Täter der Einfuhr. Die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte habe mit den eingeführten und nicht für den Eigenverbrauch bestimmten Betäubungsmitteln selbst Handel getrieben und sei nicht nur für eine andere Person unterstützend tätig geworden, hält ebenfalls rechtlicher Nachprüfung stand.
27
bb) Auch im Fall II.2 der Urteilsgründe tragen die Feststellungen des Landgerichts den Schuldspruch wegen täterschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG). Die Wirkstoffmenge des in der Wohnung des Angeklagten aufgefundenen und nach rechtsfehlerfreier Würdigung des Landgerichts zum Verkauf bestimmten Marihuanas von 216,82 Gramm THC überschritt den Grenzwert zur nicht geringen Menge um das 28-fache.
28
cc) Die Annahme von Tatmehrheit (§ 53 StGB) zwischen Fall II.1 und Fall II.2 der Urteilsgründe wird ebenfalls von den Feststellungen getragen. Die festgestellten Tathandlungen des Angeklagten bildeten keine einheitliche Tat.
29
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine einheitliche Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dann anzunehmen , wenn ein und derselbe Güterumsatz Gegenstand der strafrechtlichen Bewertung ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4). Dies ist nach den Urteilsfeststellungen hier jedoch nicht der Fall.
30
(1) Die Feststellungen des Landgerichts belegen, dass das in der vom Angeklagten benutzten Wohnung aufgefundene Marihuana nicht aus der am 24. Dezember 2014 eingeführten Rauschgiftmenge stammte. Der Angeklagte erlangte die Betäubungsmittel somit aufgrund unterschiedlicher Beschaffungsvorgänge.

31
(2) Beide Taten wurden auch nicht aufgrund einer Bewertungseinheit zu einer einheitlichen Tat verbunden.
32
(a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werden mehrere Verkaufsvorgänge durch den Erwerb und Besitz der hierzu bestimmten Gesamtmenge zu einer Bewertungseinheit verbunden, wenn sie denselben Güterumsatz betreffen. Dabei setzt die Annahme einer Bewertungseinheit konkrete Anhaltspunkte dafür voraus, dass bestimmte Einzelverkäufe aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. April 2012 – 3 StR 81/12 und vom 5. März 2002 – 3 StR 491/01, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 21). Eine willkürliche Zusammenfassung kommt dagegen nicht in Betracht (BGH aaO).
33
(b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet der Besitz verschiedener und zu unterschiedlichem Handel bestimmter Betäubungsmittel , die zu keinem Zeitpunkt zu einem Depot verbunden waren, nicht bereits aufgrund einer zeitlichen Überschneidung eine Bewertungseinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2015 – 4 StR 440/14, Rn. 3, NStZ-RR 2015, 113 und vom 23. Oktober 1996 – 5 StR 505/96; BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 9). So verhält es sich auch hier.
34
Zwar verwirklicht der gleichzeitige Besitz unterschiedlicher Betäubungsmittelmengen den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 430/15, NStZ-RR 2016, 82 und vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14, Rn. 5, NStZ-RR 2015, 175; jeweils mwN). Dient aber der Besitz an den Betäubungsmitteln dem Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung, tritt die Strafbarkeit wegen Besitzes hinter das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zurück (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 430/15, NStZRR 2016, 82; vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14, Rn. 5, NStZ-RR 2015, 175 und vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13, NStZ 2014, 162; jeweils mwN). Der Besitz hat deshalb mangels Wertgleichheit nicht die Kraft, selbständige, die Voraussetzungen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllende Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge untereinander zur Tateinheit zu verbinden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 430/15, NStZ-RR 2016, 82; vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13, Rn. 9, NStZ 2014, 162 und vom 17. Mai 1996 – 3 StR 631/95, BGHSt 42, 162, 165 f.; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1380; jeweils mwN).
35
(c) Allerdings ist bei (teilweiser) Identität der tatbestandlichen Ausführungshandlungen – etwa einheitlicher Verkaufsfahrten – Tateinheit anzunehmen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2015 – 4 StR 440/14, Rn. 3, NStZRR 2015, 113 mwN und vom 27. Januar 2016 – 5 StR 497/15).
36
Lässt sich eine vorherige Absprache feststellen, so kommt eine Bewertungseinheit dann in Betracht, wenn sie sich auf die Lieferung einer Gesamtmenge bezieht; denn in solchen Fällen ist der Tatbestand des Handeltreibens mit der Gesamtmenge bereits mit der Absprache erfüllt (Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff., Rn. 577; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2015 – 4 StR 440/14, Rn. 3, NStZ-RR 2015, 113 und vom 16. September 2014 – 3 StR 413/14, StV 2015, 642; jeweils mwN). Bei der Absprache über eine sukzessive Lieferung von Teilmengen sind die aufeinanderfolgenden Teilakte jedoch nur dann zu einer Tat zusammenzufassen, wenn vereinbart wurde, eine konkret bestimmte Gesamtmenge in Teilmengen zu liefern (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4; Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff., Rn. 578).
37
Allein der Umstand, dass mehrere Beschaffungsfahrten der gewinnbringenden Weiterveräußerung der Betäubungsmittel dienen, verklammert diese indes nicht zu einer einheitlichen Tat des Handeltreibens (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 430/15, NStZ-RR 2016, 82). Dies gilt selbst dann, wenn das gesamte eingekaufte Rauschgift aus demselben Vorrat des Lieferanten stammt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 – 1 StR 587/09, NStZ-RR 2011, 25 mwN).
38
Ein einheitliches Handeltreiben könnte hier deshalb allenfalls dann vorliegen , wenn die vom Angeklagten am 24. Dezember 2014 eingeführte Menge an Marihuana und die bei ihm am Folgetag in der Wohnung sichergestellte Menge aufgrund einer vor der Beschaffung durch den Angeklagten getroffenen Vereinbarung über eine konkret bestimmte Gesamtmenge an denselben Abnehmer ausgeliefert werden sollten. Eine derartige Absprache hat das Landgericht jedoch nicht festgestellt. Vielmehr tätigte der Angeklagte noch am Abend des 23. Dezember 2014, dem Vorabend der Einfuhrfahrt, als er bereits im Besitz der in der von ihm genutzten Wohnung aufgefundenen Betäubungsmittel war, per SMS-Kommunikation Verhandlungen über ein Drogengeschäft (UA S. 10, 17). Daher lagen die Voraussetzungen für eine Zusammenfassung des Handeltreibens mit den beiden verfahrensgegenständlichen Betäubungsmittelmengen zu einer Bewertungseinheit nicht vor.
39
Auch der Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ gebietet es nicht, zugunsten des Angeklagten von der Verbindung mehrerer Betäubungsmittelgeschäfte zu einer Tat im Rechtssinne auszugehen. Grundsätzlich sind mehrere natürliche Handlungen auch mehrere Taten im Rechtssinne. Wenn sich – wie hier – in der Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass an sich selbständige Rauschgiftgeschäfte dieselbe Rauschgiftmenge betreffen, stellt es keinen Rechtsfehler dar, wenn das Tatgericht die Frage einer Tat im Rechtssinne nicht erörtert (BGH, Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4). Der Zweifelssatz bedeutet nämlich nicht, dass der Richter von der günstigsten Fallgestaltung auch dann ausgehen muss, wenn hierfür keine Anhaltspunkte bestehen. Nur wenn Umstände bekannt geworden sind, nach denen die mehreren natürlichen Handlungen zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefasst werden könnten, gebietet der Zweifelssatz die Annahme von Tateinheit statt Tatmehrheit (BGH aaO mwN). Dies ist hier nicht der Fall.
40
(3) Selbst eine andere rechtliche Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses würde aber den materiellen Unrechts- und Schuldgehalt der Taten insgesamt nicht beeinflussen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. März 2004 – 2 BvR 2251/03, BVerfGK 3, 20; BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2015 – 4 StR 440/14, Rn. 5, NStZ-RR 2015, 113 und vom 21. Januar 2014 – 2 StR 507/13; jeweils mwN).
41
2. Der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.
42
Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320; vom 7. Februar 2012 – 1 StR 525/11, Rn. 17, BGHSt 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016 – 1 StR 414/15, Rn. 12, BFH/NV 2016, 719; jeweils mwN). Nur in diesem Rahmen kann eine „Verletzung des Gesetzes“ (§ 337 Abs. 1 StPO) vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne ge- hende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (st. Rspr.; vgl. nur BGH GS, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; BGH, Urteile vom 12. Januar 2005 – 5 StR 301/04, wistra 2005, 144; vom 7. Februar2012 – 1 StR 525/11, Rn. 17, BGHSt 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016 – 1 StR 414/15, Rn. 12, BFH/NV 2016, 719).
43
Solche Rechtsfehler liegen hier nicht vor. Das Landgericht hat das Vorliegen minder schwerer Fälle der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 2 BtMG) bzw. des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 2 BtMG) mit tragfähigen Erwägungen verneint. Die Strafzumessung ist auch im Übrigen rechtsfehlerfrei.

III.


44
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
Raum Graf Jäger
Mosbacher Bär

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2016 - 1 StR 629/15

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2016 - 1 StR 629/15

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,
Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2016 - 1 StR 629/15 zitiert 10 §§.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Strafprozeßordnung - StPO | § 257c Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten


(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Gegenstand dieser Verstä

Strafprozeßordnung - StPO | § 337 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

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(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung s

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 231/16 vom 7. Februar 2017 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen zu 1. und 3.: unerlaubter bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. zu 2.: Anstiftung zur une

Referenzen

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 436/15
vom
11. Februar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen sexueller Nötigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:110216U3STR436.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. Februar 2016, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof Hubert, Mayer, Gericke, Dr. Tiemann als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Stade vom 8. Mai 2015 wird verworfen.
2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung und versuchter Nötigung zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und eine Kompensationsentscheidung getroffen. Im Übrigen hat es den Angeklagten vom Vorwurf der Vergewaltigung in vier Fällen und der vorsätzlichen Körperverletzung freigesprochen. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte - vom Generalbundesanwalt nicht vertretene - Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich gegen den Teilfreispruch sowie gegen die Verurteilung im Fall II. 3 a) der Urteilsgründe (allein) wegen versuchter Nötigung und rügt insoweit die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat zur Verurteilung des Angeklagten das Folgende festgestellt:
3
Der Angeklagte und die Nebenklägerin hatten ab Dezember 2010 eine Beziehung, die zunächst harmonisch verlief, in der es allerdings einige Wochen nach ihrem Beginn zu Spannungen und Streit kam.
4
1. Am Abend des 23. Mai 2011 kam es zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin (wieder einmal) zu Streitigkeiten. Auf dem gemeinsamen Weg zu ihren Wohnungen fasste der Angeklagte auf der Straße vor dem Krankenhaus B. die Nebenklägerin fest am Arm und forderte sie auf, mit in seine Wohnung zu kommen, obwohl er wusste, dass sie damit nicht einverstanden war. Dabei äußerte er: "Du kommst mit zu mir!". Als der Angeklagte wegen eines Telefonanrufes abgelenkt war, flüchtete die Nebenklägerin. Der Angeklagte versuchte noch, sie mit einem Fußtritt zu Fall zu bringen, was indes nicht gelang. Die Nebenklägerin hielt ein sich näherndes Auto an und stieg in dieses ein, bevor der ihr folgende Angeklagte sie erreichen konnte. Den Versuch des Angeklagten, ebenfalls in dieses Auto einzusteigen, verhinderte der Fahrer des Fahrzeugs.
5
2. Nachdem die Nebenklägerin die Beziehung telefonisch beendet hatte, wartete der Angeklagte am 12. Februar 2012 gegen 19:30 Uhr vor ihrer Wohnung , als sie mit ihrem Auto von einem Wochenendbesuch zurückkam. Für die Nebenklägerin unerwartet stieg der Angeklagte auf der Beifahrerseite ein, verriegelte die Fahrertür und forderte sie auf, mit ihm über die Trennung zu sprechen. Nachdem beide sich darauf verständigt hatten, dies bei der Mutter des Angeklagten in A. zu tun, fuhr die Nebenklägerin los. Unterwegs öffnete der Angeklagte seine Hose und forderte die Nebenklägerin auf, ihn mit der Hand zu befriedigen. Nachdem sie dies zunächst abgelehnt hatte und der Angeklagte daraufhin immer aggressiver geworden war, kam die Nebenklägerin seinem Verlangen nach; sie unterbrach ihre Tätigkeit indes mehrfach, worauf der Angeklagte sie an den Haaren zog, um sie zum Weitermachen anzuhalten. Deshalb setzte sie die Manipulationen am Penis des Angeklagten fort.

II.


6
Darüber hinaus lag dem Angeklagten nach der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage im Wesentlichen das Folgende zur Last:
7
1. Zwischen Februar und April 2011 kamen der Angeklagte und die Nebenklägerin nach einem Abend in der Diskothek "M. " in H. zurück in die Wohnung der Nebenklägerin in B. . Beide legten sich zunächst ins Bett. Als der Angeschuldigte sie zu berühren begann und ihr mitteilte, dass er mit ihr schlafen wolle, lehnte die Nebenklägerin dies ab. Daraufhin begann der Angeschuldigte zu onanieren und forderte die Nebenklägerin auf, weiterzumachen und ihn oral zu befriedigen. Als die Nebenklägerin dies ablehnte, fuhr sie der Angeklagte an und sagte: "Das machst Du jetzt". Die Nebenklägerin gab aus Angst nach. Als der Angeklagte ihr mitteilte, dass die orale Stimulation aus seiner Sicht nicht ausreichend war, entgegnete diese, dass sie hierauf keine Lust habe und er sie in Ruhe lasse solle. Daraufhin packte sie der Angeklagte am Oberkörper und warf sie mit dem Rücken auf das Bett; sein Versuch in die Nebenklägerin einzudringen, misslang aufgrund heftiger Gegenwehr zunächst. Daraufhin setzte sich der Angeklagte auf den Oberkörper der Nebenklägerin, sodass er ihre Arme mit seinen Knien nach unten drückte, hielt ihren Kopf fest und drängte sein Glied in ihren Mund, sodass sie Angst hatte zu ersticken. Zwar konnte sich die Nebenklägerin danach kurzzeitig befreien, der Angeklagte zog sie jedoch zurück und vollzog dann den Geschlechtsverkehr an der Nebenklägerin , die sich nicht mehr wehren konnte.
8
2. Im Frühjahr 2011 gingen der Angeschuldigte und die Nebenklägerin aus der Diskothek "G. " in die Wohnung des Angeklagten in B. . Erneut war es zu einem Streit gekommen, weshalb die Nebenklägerin ihre dort befindlichen Schlafsachen aus der Wohnung nehmen und nach Hause gehen wollte. Hierzu kam es jedoch nicht, da der Angeklagte die Wohnungstür verschloss und die Nebenklägerin dazu aufforderte, mit ihm zu schlafen, was diese jedoch ablehnte. Sie sollte den Angeklagten sodann oral befriedigen, wollte dem aber nicht nachkommen, worauf der Angeklagte ihr Schläge androhte und ihr den Mund zuhielt. Die Nebenklägerin wehrte sich während des gesamten Geschehens, dem Angeklagten gelang es jedoch, sie auf das Sofa zu befördern und dort gegen ihren Willen den Geschlechtsverkehr an ihr auszuüben.
9
3. Nach dem Vollzug des Geschlechtsverkehrs ließ der Angeklagte von der Nebenklägerin ab und öffnete die Wohnungstür, worauf sich die Nebenklägerin auf den Heimweg machte. Nach einiger Zeit folgte ihr der Angeklagte. Er teilte ihr mit, dass die Beziehung nun ja beendet sei und er nur noch seine Sachen abholen wolle. Die Nebenklägerin glaubte ihm. Allerdings verschloss der Angeschuldigte die Wohnung der Nebenklägerin nach der Ankunft und es kam zu einer erneuten Auseinandersetzung, in deren Verlauf der Angeklagte sinngemäß mitteilte, nun könne er alles mit der Nebenklägerin machen, es sei ihm egal, ob er ins Gefängnis müsse. Der Angeklagte wollte erneut Geschlechtsverkehr. Es kam zu einem Kampf in der Wohnung der Nebenklägerin, in dessen Verlauf der Angeklagte ihr ganze Haarbüschel ausriss. Letztlich vollzog der Angeschuldigte auch hier an der sich wehrenden, aber körperlich unterlegenen Nebenklägerin den Geschlechtsverkehr.
10
4. Anfang Dezember 2011 wollte die Nebenklägerin die Beziehung erneut beenden. Der Angeklagte packte sie daraufhin am Arm, worauf diese schrie. Sodann schubste er die Nebenklägerin in ein Gebüsch und trat sie.
11
5. Am 12. Dezember 2011 kam es zu einem Gespräch im Beisein der Zeugen Me. und Ma. R. , in dem sich der Angeklagte reuig zeigte. Die Nebenklägerin fuhr den Angeklagten zurück nach B. ; dort gab er vor, Bekleidung in ihre Wohnung tragen zu wollen. Dort bestand der Angeschuldigte allerdings auf Geschlechtsverkehr als "Abschlussgeschenk". Die Nebenklägerin lehnte dies ab, worauf der Angeklagte die sich wehrende Nebenklägerin zum Geschlechtsverkehr zwang.
12
Von diesen Tatvorwürfen hat das Landgericht den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Es hat sich allein aufgrund der Angaben der Nebenklägerin nicht davon überzeugen können, dass diese zutreffen.

III.


13
Die aufgrund der Revision der Staatsanwaltschaft vorzunehmende Überprüfung des Urteils ergibt im Ergebnis weder zum Vorteil noch - im Fall II. 3 a) der Urteilsgründe - zum Nachteil des Angeklagten (§ 301 StPO) einen durchgreifenden Rechtsfehler.
14
1. Soweit die Beschwerdeführerin beanstandet, das Landgericht habe den Angeklagten im Fall II. 3 a) der Urteilsgründe auf der Grundlage der Feststellung , dass er die Nebenklägerin durch einen Fußtritt zu Fall bringen wollte, nicht auch wegen - tateinheitlich zur versuchten Nötigung begangener - versuchter Körperverletzung verurteilt, zeigt sie einen durchgreifenden Rechtsfehler nicht auf.
15
Der Versuch einer Straftat ist die begonnene, aber nicht vollendeteTat, also die zwischen Vorbereitung und Vollendung einer vorsätzlichen Straftat liegende Handlung, die den subjektiven Tatbestand vollständig, den objektiven Tatbestand aber nur teilweise verwirklicht oder dazu unmittelbar ansetzt. Die Urteilsfeststellungen belegen dies nicht. Das Landgericht hat zwar festgestellt, dass der Angeklagte noch "versuchte, die Nebenklägerin mit einem Fußtritt zu Fall zu bringen", was ihm aber nicht gelang. Nicht festgestellt hat das Landgericht jedoch, ob der Angeklagte durch diese Handlung die Nebenklägerin im Sinne des § 223 Abs. 1 StGB verletzen wollte oder dies für möglich hielt und billigte.
16
2. Ein durchgreifender Verstoß gegen die sich aus § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO ergebenden Anforderungen an die Begründung eines freisprechenden Urteils ist im Ergebnis nicht gegeben.
17
Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen müssen nach Mitteilung des Anklagevorwurfs im Urteil zunächst grundsätzlich diejenigen Tatsachen festgestellt werden, die das Tatgericht für erwiesen erachtet. Erst auf dieser Grundlage ist in der Beweiswürdigung darzulegen, aus welchen Gründen die zur Verurteilung notwendigen Feststellungen nicht getroffen werden konnten. Nur hierdurch wird das Revisionsgericht in die Lage versetzt, nachprüfen zu können, ob der Freispruch auf rechtlich bedenkenfreien Erwägungen beruht (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - 1 StR 722/13, juris Rn. 6 mwN). Insoweit verbietet sich indes eine schematische Betrachtung; die Entscheidung , ob ein Verstoß gegen § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO vorliegt, ist aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalles zu treffen (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2015 - 3 StR 514/14, NStZ-RR 2015, 180).
18
Danach liegt hier ein durchgreifender Rechtsfehler nicht vor; denn jedenfalls aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich hinreichend, von welchen Feststellungen das Landgericht im Rahmen des Teilfreispruchs ausgegangen ist. Jedenfalls wird der Senat in die Lage versetzt, nachprüfen zu können, ob der Freispruch auf rechtlich bedenkenfreien Erwägungen beruht.
19
3. Auch die Beanstandungen der dem Teilfreispruch zugrunde liegenden Beweiswürdigung bleiben ohne Erfolg.

20
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Diesem obliegt es, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung hat sich darauf zu beschränken, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind, was in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall ist, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überhöhte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 199/15, juris Rn. 16 mwN). Daran gemessen unterliegt die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils im Ergebnis keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
21
b) Ein durchgreifender Rechtsfehler ergibt sich nicht daraus, dass das Landgericht die Angaben der Nebenklägerin nur teilweise als überzeugend angesehen hat; denn der Tatrichter ist nicht gehindert, Aussagen eines Zeugen teilweise zu glauben und teilweise nicht. Eine derartige Beweiswürdigung bedarf aber einer besonders eingehenden Begründung (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juni 2003 - 3 StR 96/03, NStZ-RR 2003, 332). Diesen Anforderungen werden die umfangreichen Urteilsgründe zum Teilfreispruch noch gerecht. Es wird insbesondere deutlich, dass das Landgericht den Angaben der Nebenklägerin nicht gefolgt ist, soweit diese nicht durch andere Beweismittel bestätigt worden sind. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
22
c) Soweit die Revision im Einzelnen als rechtsfehlerhaft beanstandet, dass das Landgericht zur Begründung seiner Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin anführt, es seien im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung kaum Emotionen erkennbar gewesen und dies als ungewöhnlich einschätzt, zieht das Tatgericht mögliche Schlüsse, die das Revisionsgericht hinzunehmen hat. Gleiches gilt für den Umstand, dass das Landgericht das Zugeben von Erinnerungslücken durch die Nebenklägerin als (gewichtiges ) Glaubwürdigkeitskriterium ansieht. Die Revision zeigt in diesem Zusammenhang insbesondere keinen revisionsrechtlich erheblichen Widerspruch auf: Die Auffassung des Landgerichts, dass das offene Einräumen von Erinnerungslücken durch die Nebenklägerin ein Indiz für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage sei, widerspricht nicht der Feststellung im Rahmen der Konstanzanalyse, dass - bei im Übrigen wenigen Ansatzpunkten für eine zuverlässige Glaubhaftigkeitsbeurteilung - die Angabe einer konkreten Erinnerungslücke nicht mit früheren Angaben übereinstimmt. Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass das Landgericht bei den freigesprochenen Fällen an die zu einer Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt hat. Schäfer Hubert Mayer Gericke Tiemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 501/11
vom
14. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
14. Dezember 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Jäger,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt ,
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizangestellte – bei der Verhandlung –,
Justizangestellte – bei der Verkündung –
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 24. Mai 2011 wird verworfen. 2. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

2
1. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der verheiratete Angeklagte seit dem Jahr 2005 ein Verhältnis mit F. Ö. . Zu Beginn des Verhältnisses lebte er noch in seiner ehelichen Wohnung. Die Beziehung zum Angeklagten wurde von F. Ö. als gut empfunden. Dies änderte sich jedoch, als der Angeklagte im Jahr 2009 A. K. kennenlernte und mit ihr ein sexuelles Verhältnis einging. F. Ö. beauftragte einen Detektiv, der den Angeklag- ten überwachen sollte. Aufgrund von dessen Erkenntnissen gelang es F. Ö. , den Angeklagten im Bett mit A. K. zu überraschen.
3
Nach einer vorübergehenden Trennung versöhnten sich beide wieder. Sein Versprechen, sich nicht mehr mit A. K. zu treffen, hielt der Angeklagte allerdings nicht ein. Wegen der Vermutung F. Ö. s, dass das Verhältnis zur neuen Freundin andauere, kam es immer wieder zum Streit zwischen beiden. Dabei wurde der Angeklagte auch handgreiflich gegen F. Ö. . Auch diese ergriff bei einer solchen Gelegenheit einmal ein Messer und verletzte den Angeklagten an der Hüfte. Im Januar 2010 kam es dann zu einem Vorfall, bei dem der Angeklagte auf F. Ö. einschlug und dabei sagte, sie solle "verrecken". Um dies zu erreichen, werde er sie "bis morgen früh festhalten". F. Ö. gelang es jedoch zu flüchten und Strafanzeige zu erstatten. Ein behördliches Annäherungsverbot missachtete der Angeklagte mehrfach. Dabei führte er u.a., wenn sie ihm das Gesicht zuwandte, seinen Zeigefinger an seinem Hals vorbei, womit er zum Ausdruck bringen wollte, dass er ihr den Hals abschneiden wolle. Außerdem schlug er mit der Handkante mehrfach schnell auf seine Handfläche, um ihr zu verdeutlichen, dass er sie zerstückeln wolle. Nachdem F. Ö. ihn deswegen angezeigt hatte und er als Beschuldigter vernommen worden war, nahm sie ihn aber auf sein Drängen hin wieder in ihrer Wohnung auf. Den gestellten Strafantrag nahm sie mit der Begründung wieder zurück, sie sei mit dem Angeklagten verlobt.
4
2. Zum Tatgeschen hat das Landgericht Folgendes festgestellt: Der Angeklagte wurde zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 22. und 26. März 2010 auf F. Ö. in deren Wohnung wütend, weil sie verlangt hatte, dass er aus ihrer Wohnung ausziehe. Er vermutete, dass sie eine Beziehung zu einem anderen Mann habe. Dies wollte er sich nicht gefallen lassen. Er bezichtigte F. Ö. der Untreue und packte sie, als sie dies bestritt, mit beiden Händen am Hals. Dann drückte er sie der Länge nach auf das Sofa, so dass sie auf dem Rücken zum liegen kam, kniete sich über sie, fixierte ihre Arme, indem er seine Knie auf ihren Oberarmen aufstützte, und drückte mit beiden Händen mindestens dreimal ihren Hals zu. Dabei legte er die Handflächen seitlich an ihren Hals und die Daumen auf ihre Halsvorderseite an den Kehlkopf. Beim dritten Mal drückte er so heftig und so lange zu, nämlich mindestens 10 bis 15 Sekunden, dass F. Ö. das Bewusstsein verlor. Als sie entgegen seiner Erwartung wieder aus ihrer Bewusstlosigkeit erwachte, sagte er zu ihr: "Bist Du noch immer nicht verreckt", nahm aber von ihm möglichen , weiteren tätlichen Angriffen auf F. Ö. Abstand. Während sie seinem Würgegriff ausgesetzt war, erlebte F. Ö. Schmerzen und Todesangst. Nach dem Erwachen aus der Bewusstlosigkeit musste sie sich übergeben. Danach hatte sie am Hals Druckstellen sowie zwei Tage lang Hautrötungen und litt mehrere Tage unter Schluckbeschwerden. Seitdem kann sie aus Angst nicht mehr alleine schlafen.
5
Aus Angst vor dem Angeklagten wagte sie zunächst nicht, zum Arzt zu gehen, Anzeige zu erstatten oder jemandem von dem Vorfall zu berichten. Erst am 11. April 2010 vertraute sie sich ihrer Freundin C. an und erstattete dann Strafanzeige gegen den Angeklagten, weil er ihr in der Woche vom 22. bis 26. März 2010 im Streit die Kehle zugedrückt habe, bis sie ohnmächtig geworden sei. Am Tag nach der Strafanzeige flog F. Ö. mit ihren beiden Kindern in die Türkei und kehrte erst im Juni 2010 wieder nach Deutschland zurück.
6
Der Angeklagte nahm in der Folge mit A. K. eine gemeinsame Wohnung. Nach F. Ö. s Rückkehr aus der Türkei traf er auch mit dieser bei wenigen Gelegenheiten nochmals zusammen. U.a. besuchten sie gemeinsam ein Spielkasino. Dabei wusste der Angeklagte noch nicht, dass er von F. Ö. angezeigt worden war; sie ließ sich auch nichts anmerken. Erst am 12. Juli 2010 wurde der Angeklagte angesichts einer Vorladung bei der Polizei mit dem Tatvorwurf konfrontiert.
7
3. Nachdem der Angeklagte zunächst gegenüber den Ermittlungsbehörden keine Angaben zur Sache gemacht hatte, bestritt er in der Hauptverhandlung , seine damalige Freundin F. Ö. gewürgt zu haben. Er habe sich wegen A. K. von F. Ö. getrennt, sei aber dann mit ihr wieder zusammengekommen und habe sich mit ihr verlobt. Am 11. April 2010 habe er sich dann erneut von ihr getrennt, wobei sie geweint und ihn bedroht habe. Nach zwei bis drei Monaten habe er dann Anrufe von F. Ö. erhalten, die sich wieder mit ihm versöhnen wollte, was er aber abgelehnt habe. Dann sei er überraschend von der Polizei festgenommen worden. Die Anschuldigungen von F. Ö. träfen nicht zu. Sie habe diese nur erhoben, weil er eine viel hübschere und viel intelligentere neue Freundin habe.
8
4. Demgegenüber hat F. Ö. in der Hauptverhandlung den Sachverhalt wie vom Landgericht festgestellt geschildert. Als sie den Angeklagten aufgefordert habe, aus ihrer Wohnung auszuziehen, habe er "durchgedreht" und geschrien "Du hast mich betrogen!". Er habe sich dann mit seinenKnien auf ihre Arme gesetzt und sie dreimal gewürgt, bis sie bewusstlos geworden sei. Als sie wieder zu sich gekommen sei, habe er gesagt: "Bist Du noch immer nicht verreckt". Sie habe durch das Würgen rote Druckstellen am Hals gehabt, die zwei Tage sichtbar gewesen seien. Allerdings habe sie einen Schal um den Hals getragen; die Druckstellen habe sie niemandem gezeigt.
9
Nach der Tat habe sie weiter mit dem Angeklagten in der Wohnung gelebt. Sie habe ihn auch chauffiert, da er keinen Führerschein gehabt habe. Am Tag nach der Tat habe sie zwar zum Arzt gehen wollen, der Angeklagte habe ihr dies aber verboten. Aus Angst vor dem Angeklagten sei sie auch nicht zur Polizei gegangen. Erst am 11. April 2010 habe sie den Mut gefunden, den Angeklagten zu verlassen und habe sich drei Freundinnen offenbart. Ihre Freundin C. habe sie dabei aufgefordert Strafanzeige gegen den Angeklagten zu erstatten, was sie dann auch getan habe. Nach der Anzeigeerstattung bei der Polizei sei sie für mehrere Wochen in die Türkei geflogen.
10
5. Das Landgericht hält den Angeklagten aufgrund einer Gesamtwürdigung der erhobenen Beweise, insbesondere aufgrund der Angaben der Zeugin F. Ö. , für überführt. Es ist davon überzeugt, dass deren Angaben einem tatsächlichen Erleben entsprechen und glaubhaft sind, zumal sie schon in der Vergangenheit vom Angeklagten misshandelt worden war. Auch die Beobachtungen von Zeugen, welche F. Ö. am Tag der Anzeigenerstattung erlebt hatten, sprächen dafür, dass sie das Geschilderte tatsächlich erlebt habe.

II.

11
Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg; sie ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch und die Nachprüfung des Urteils aufgrund der näher ausgeführten Sachrüge hat keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
12
1. Die erhobenen Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. September 2011 genannten Gründen jedenfalls unbegründet. Einer Erörterung bedarf Folgendes:
13
Soweit die Revision im Rahmen einer Aufklärungsrüge die Behauptung aufstellt, das Landgericht habe die von der Zeugin F. Ö. im Ermitt- lungsverfahren gemachten Angaben in wesentlichen Teilen nicht zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht und dadurch gegen § 244 Abs. 2 StPO verstoßen (zu den Voraussetzungen einer solchen Rüge vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2002 - 1 StR 506/01), trifft dies nicht zu. Vielmehr hat das Landgericht in den Urteilsgründen nach der Schilderung der Angaben der Zeugin Ö. in der Hauptverhandlung (UA S. 19 - 23) die "Aussagequalität" einer eingehenden Untersuchung unterzogen. Dabei hat es auch die Aussagen der Zeugin in der Hauptverhandlung mit denen bei der Anzeigeerstattung am 11. April 2010 und mit denen bei einer weiteren polizeilichen Vernehmung am 29. Juni 2010 verglichen. Hierzu hat es ausweislich der Urteilsgründe die jeweiligen Vernehmungsbeamten als Zeugen vernommen und deren Angaben in den Urteilsgründen wiedergegeben (UA S. 23 - 25). Die auf der Basis des Vergleichs der Angaben der Zeugin F. Ö. vorgenommene Wertung des Landgerichts, deren Aussage sei "von Anfang an logisch, konsistent und detailliert gewesen, (habe) Einzelheiten und psychische Vorgänge enthalten und (sei) konstant gewesen", ist rechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Revision stellt es keinen "Wechsel in der Beschreibung, wie es zur Tat gekommen" ist, dar, wenn F. Ö. bei der ersten Vernehmung als Grund für die Tat lediglich angegeben hat, der Angeklagte habe ihr "im Streit" die Kehle zugedrückt, und die Eifersucht des Angeklagten als Tatmotiv erst bei späteren Vernehmungen erwähnt hat.
14
2. Auch die Sachrüge, mit der im Wesentlichen die Beweiswürdigung des Landgerichts beanstandet wird, deckt keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.
15
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen (BGHSt 21, 149, 151). Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es ge- nügt, dass sie möglich sind (BGHSt 29, 18, 20). Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 16; BGH, Urteil vom 27. Juli 1994 - 3 StR 225/94, StV 1994, 580). Derartige Rechtsfehler werden durch die Revision nicht aufgedeckt.
16
b) Das Landgericht hat im Rahmen der Beweiswürdigung auch in den Blick genommen, dass für das eigentliche Tatgeschehen außer der Belastungszeugin F. Ö. keine weiteren Tatzeugen vorhanden waren und die von ihr geschilderten (UA S. 20) Druckstellen am Hals von Dritten nicht wahrgenommen worden waren (UA S. 37).
17
In einem solchen Fall, in dem Aussage gegen Aussage steht, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, daß das Tatgericht alle Umstände, welche die Entscheidung zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten zu beeinflussen geeignet sind, erkannt, in seine Überlegungen einbezogen (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1, 13; StGB § 177 Abs. 1 Beweiswürdigung 15) und auch in einer Gesamtschau gewürdigt hat (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 14; BGH, Beschluss vom 12. November 1998 - 4 StR 511/98, NStZ-RR 1999, 139). Dies hat das Landgericht hier rechtsfehlerfrei getan.
18
aa) Das Landgericht hat die Aussage der Belastungszeugin F. Ö. "auf aussageimmanente Qualitätsmerkmale wie logische Konsistenz, quantitativen Detailreichtum, Schilderung ausgefallener Einzelheiten und psychischer Vorgänge, deliktsspezifische Aussageelemente, auf Konstanz und Motivation unter Berücksichtigung der Persönlichkeit" überprüft und hat dabei die Überzeugung gewonnen, dass ihre Angaben einem persönlichen Erleben entsprechen und deshalb glaubhaft sind.
19
Zur Überprüfung der Qualität der Aussage der F. Ö. hat das Landgericht deren Aussagen im Ermittlungsverfahren mit den Angaben in der Hauptverhandlung verglichen. Es hat dabei festgestellt, dass die Angaben von Anfang an detailreich und konstant gewesen waren. Zu keinem Zeitpunkt habe F. Ö. Angaben, die sie gegenüber dritten Personen oder gegenüber den Ermittlungsbehörden gemacht habe, korrigiert oder auch nur korrigieren wollen (UA S. 58). Den erkennbar fehlenden Belastungseifer von F. Ö. hat das Landgericht ebenso in die Gesamtwürdigung einbezogen wie die "rechtsmedizinische Plausibilität" der von ihr geschilderten Verletzungen und den Umstand, dass der Angeklagte F. Ö. bereits mehrfach verletzt und - unter Zeugen - auch mit Gesten bedroht hatte.
20
bb) Den bedeutsamen Umstand, dass objektive Spuren für das Würgen nicht gesichert werden konnten, hat das Landgericht eingehend erörtert. Es hat dabei berücksichtigt, dass F. Ö. angeben hatte, die durch das Würgen entstandenen Hautrötungen seien zwei Tage sichtbar gewesen. Um diese zu verbergen, habe sie ein Halstuch getragen. Die Tatsache, dass F. Ö. tatsächlich einen Schal getragen habe, hat deren Mutter als Zeugin bestätigt.
21
cc) Mit dem Umstand, dass F. Ö. auch anhand eines Kalenders den Zeitpunkt der Tatbegehung nicht genauer eingrenzen konnte als durch Angabe der Woche vom 22. bis 26. März 2010, hat das Landgericht ebenfalls eingehend erörtert (UA S. 43 ff.). Es hat dabei ebenso berücksichtigt, dass die Tage der F. Ö. als Hausfrau eintönig verlaufen waren, wie, dass die Vernehmungsbeamtin bei der Anzeigeerstattung nicht den Versuch unternommen hatte, sie zu einer näheren Festlegung zu veranlassen. Samstag und Sonntag konnte F. Ö. als Tattag ausschließen, weil ihre Kinder in der Schule gewesen seien.
22
dd) Die Möglichkeit einer Falschbelastung des Angeklagten durchF. Ö. hat das Landgericht ebenfalls erörtert und im Rahmen der Gesamtwürdigung rechtsfehlerfrei verneint. Es hat dabei nicht nur Eifersucht, sondern auch finanzielle Gründe als mögliches Falschbelastungsmotiv in den Blick genommen. Dabei hat das Landgericht auch berücksichtigt, dass F. Ö. den Angeklagten nicht nur be-, sondern auch entlastet habe, indem sie insbesondere darauf hingewiesen habe, dass der Angeklagte sie nicht habe umbringen wollen, weil er sie "doch so geliebt habe". Auch habe sie geschildert, dass der Angeklagte, "nachdem sie wieder zu sich gekommen sei, nicht mehr tätlich geworden sei, obwohl er ohne weiteres die Gelegenheit dazu gehabt hätte".
23
ee) Schließlich hat das Landgericht in die Gesamtwürdigung der für und gegen eine Tatbegehung des Angeklagten sprechenden Umstände auch einbezogen , dass der Angeklagte F. Ö. bereits im Januar 2010 geschlagen , getreten und später auch noch bedroht hatte und von F. Ö. wegen dieser Vorgänge zu Recht angezeigt worden war.
24
ff) Den Grund für den "auffälligen" (UA S. 45) Umstand, dass F. Ö. mit dem Angeklagten nach dessen "Würgeangriff" weiter in einer Wohnung zusammengelebt und ihn - weil er im Jahr 2009 seinen Führerschein verloren hatte - abends und nachts zu den Gaststätten gefahren hat, in denen der Angeklagte als Automatenaufsteller Geldspielautomaten aufgestellt hatte, hat das Landgericht ebenso wie den Grund für die späte Anzeigerstattung in ihrer Einschüchterung durch den Angeklagten gesehen (UA S. 45). Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal sich die Angabe der F. Ö. , sie habe erst am 11. April 2010 den Mut gefunden, den Angeklagten anzuzei- gen, weil ihr an diesem Tag die Hilfe und Unterstützung der Familie und ihrer Freundinnen zuteil geworden sei, mit den Wahrnehmungen der Zeuginnen C. sowie F. und Ka. K. deckte (UA S. 41).
25
c) Die von der Revision behaupteten Lücken in der Beweiswürdigung liegen nicht vor.
26
aa) Den Umstand, dass F. Ö. nach der Tat und auch noch nach ihrer im unmittelbaren Anschluss an die Anzeigeerstattung am 11. April 2010 angetretenen Reise in die Türkei Angst vor dem Angeklagten hatte, hat das Landgericht gesehen (UA S. 16) und auch mit Blick auf die Frage der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben erörtert. Es hat dabei insbesondere berücksichtigt, dass F. Ö. in den Tagen nach der Tat die Möglichkeit hatte, Zeiten der Abwesenheit des Angeklagten zum Arztbesuch auszunutzen oder um eine Strafanzeige zu erstatten. Das Landgericht hat sich dabei rechtsfehlerfrei die Überzeugung gebildet, dass das zögerliche Verhalten der Zeugin auf deren Angst vor dem Angeklagten zurückzuführen war (UA S. 45). Insbesondere angesichts der vom Landgericht in den Blick genommenen Erfahrungen der ZeuginF. Ö. nach der Strafanzeige gegen den Angeklagten wegen des Vorfalls im Januar 2010 (UA S. 46), ist diese Überzeugung rechtlich nicht zu beanstanden. Der Angeklagte hatte F. Ö. nach jener Strafanzeige bedroht und bedrängt , bis sie ihn schließlich wieder in ihre Wohnung aufnahm und den Strafantrag zurücknahm (UA S. 12).
27
bb) Das Landgericht hat auch erörtert, dass sich F. Ö. noch nach ihrer Rückkehr aus der Türkei mit dem Angeklagten traf, obwohl sie bereits Anzeige gegen ihn erstattet hatte (UA S. 15, 56). Es musste diese Treffen auch nicht als gegen die Glaubhaftigkeit der belastenden Angaben der Zeugin Ö. sprechenden Umstand werten. Denn nach den Feststellungen des Landgerichtswusste der Angeklagte bei diesen Treffen noch nicht, dass F. Ö. Anzeige gegen ihn erstattet hatte; sie hat ihn davon auch nicht unterrichtet. Dass die Initiative zu diesen Treffen von der Zeugin ausgegangen sei, hat das Landgericht nicht festgestellt. Vielmehr hat ihr das Landgericht geglaubt , dass sie keine Versuche unternommen hat, den Angeklagten wieder für sich zu gewinnen (UA S. 56). Diese - rechtsfehlerfreien - Erwägungen belegen auch, dass das Landgericht entgegen der Annahme der Revision bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben F. Ö. s im Blick hatte, dass diese auch nach ihrer Rückkehr aus der Türkei noch Angst vor dem Angeklagten hatte.
28
cc) Auch den Umstand, dass F. Ö. die von ihr beschriebenen und nur kurze Zeit sichtbaren (UA S. 28) Druckstellen am Hals niemandem - und damit auch nicht ihren Kindern - zeigte und im Übrigen ein Halstuch trug, hat das Landgericht ausdrücklich erörtert. Eine Aufklärungsrüge zu den Wahrnehmungen ihrer Kinder ist nicht erhoben. Mit den Angaben der Schwester der F. Ö. , sie habe keine Verletzungen am Hals ihrer Schwester gesehen, hat sich das Landgericht rechtsfehlerfrei auseinandergesetzt (UA S. 38).
Nack Rothfuß Hebenstreit Elf Jäger

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

13
Lückenhaft ist eine Beweiswürdigung namentlich dann, wenn sie wesentliche Feststellungen nicht erörtert (BGH, Urteile vom 22. Mai 2007 – 1 StR 582/06; vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13). Einen solchen Mangel des Urteils zeigen die Revisionsführer nicht auf, vielmehr erschöpfen sich ihre Angriffe im Wesentlichen in einer anderen Bewertung von Tatsachen, die das Landgericht in seine Würdigung einbezogen und ersichtlich bedacht hat. Ein zu einem Rechtsfehler führendes „Erörterungsdefizit“ liegt auch nicht darin, dass die Jugendkammer ein bewusstes Verkürzen der Klingenlänge sowie die „rationale Überlegung“ des Angeklagten, dem Opfer einen Denkzettelzu verpassen, bejaht hat, obwohl sie bei diesem von einer hochgradigen affektiven Erregung ausgegangen ist. Denn eine solche Erregung schließt ein bewusstes und ratio- nales Verhalten nicht von vorneherein aus. Auch zur „Hemmschwellentheorie“ bedurfte es keiner näheren Ausführungen (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, 189 ff.). Soweit die Revisionsführer Feststel- lungen zur verbliebenen Länge der in den Körper des Geschädigten eindringenden Klinge oder dazu vermissen, wie weit der Angeklagte die Klinge hätte verkürzen müssen, damit die Stiche nicht lebensgefährlich sind, hätte es der Erhebung einer zulässigen Verfahrensrüge bedurft (vgl. auch BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13 mwN).
14
aa) Eine einen Rechtsfehler im Sinne des § 337 Abs. 1 StPO darstellende Lücke liegt insbesondere vor, wenn die Beweiswürdigung wesentliche Feststellungen nicht erörtert oder nur eine von mehreren gleich naheliegenden Möglichkeiten prüft (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2005 - 1 StR 478/04, NStZ-RR 2005, 147; Urteil vom 14. Januar 2016 - 4 StR 84/15; Ott in KK-StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 49 mwN). Das Tatgericht muss sich dabei nicht mit allen theoretisch denkbaren, sondern nur mit naheliegenden Möglichkeiten auseinandersetzen, die nach der Sachlage mit der Beweistatsache nicht weniger gut zu vereinbaren sind als die von ihm angenommene Möglichkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 29. August 1974 - 4 StR 171/74, BGHSt 25, 365, 367; Ott, in: KK-StPO, aaO).

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 454/09
vom
27. April 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. April
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Richterin am Landgericht
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom 6. April 2009 aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in acht Fällen mit einem Verkürzungsumfang von insgesamt mehr als 180.000 Euro zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es ihn freigesprochen. Gegen diesen Teilfreispruch wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

2
In der Anklageschrift vom 22. Dezember 2008 wird dem Angeklagten zur Last gelegt, in 29 Fällen Umsatzsteuer und in 34 Fällen Lohnsteuer hinterzogen zu haben sowie in 35 Fällen im Sinne von § 266a StGB Arbeitsentgelt vorenthalten zu haben.
3
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, vom Jahr 2000 bis zum dritten Quartal des Jahres 2005 als Geschäftsführer der F. GmbH (im Folgenden: F. GmbH) fortlaufend Arbeitnehmer beschäftigt zu haben , die entweder überhaupt nicht zur Sozialversicherung gemeldet worden seien oder für die er den zuständigen Einzugsstellen niedrigere als tatsächlich gezahlte Löhne gemeldet habe. Die insoweit nicht gemeldeten Lohnaufwendungen habe er auch in den Lohnsteueranmeldungen der Gesellschaft nicht angegeben.
4
Um zu verschleiern, dass die von der F. GmbH gezahlten Löhne „schwarz“ ausgezahlt worden seien, habe der Angeklagte veranlasst, dass Scheinrechnungen (Abdeckrechnungen) der Firmen „D. “, „K. -Bau“, „I. GmbH“ sowie der Firma „G. “ in die Buchhaltung der F. GmbH aufgenommen worden seien. Die in den Rechnungen enthaltenen Umsatzsteuern habe der Angeklagte zu Unrecht in die Umsatzsteuervoranmeldungen der GmbH aufgenommen.
5
Schließlich habe der Angeklagte von der F. GmbH an die Kl. GmbH sowie die Firma E. erbrachte Umsätze nicht gegenüber den Finanzbehörden angemeldet und dadurch Umsatzsteuern hinterzogen.
6
Insgesamt habe der Angeklagte hierdurch mehr als 316.000 Euro an Umsatzsteuern und 327.000 Euro an Lohnsteuern verkürzt sowie Beitragsanteile zur Sozialversicherung von mehr als 304.000 Euro nicht an die Einzugsstellen abgeführt.

II.

7
1. Das Landgericht hat den Angeklagten aufgrund seines Geständnisses wegen Steuerhinterziehung in acht Fällen mit einer Gesamtverkürzungssumme von 180.000 Euro an Umsatzsteuern verurteilt. Die Verurteilung bezieht sich auf die Voranmeldungszeiträume November und Dezember 2003 und April bis Juli 2004 sowie auf das II. und III. Quartal 2005. Das Landgericht hat insoweit festgestellt , dass der Angeklagte in diesen Zeiträumen Ausgangsumsätze an die Kl. GmbH im Umfang von insgesamt mehr als 103.000 Euro und an die Firma E. in der Höhe von mehr als 1,2 Mio. Euro nicht in die für die F. GmbH beim Finanzamt einzureichenden Umsatzsteuervoranmeldungen aufgenommen hatte.
8
2. Hinsichtlich der Voranmeldungszeiträume August bis Dezember 2004 und I. Quartal 2005 hat das Landgericht das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt. Im Übrigen hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen.
9
3. Bezüglich des Teilfreispruchs hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
10
Der Angeklagte ist seit der Gründung der F. GmbH im Jahr 2000 einziger Gesellschafter und eingetragener Geschäftsführer dieser Gesellschaft. Die F. GmbH wurde in den Jahren 2000 bis 2005 im Bereich Trockenbau tätig und erbrachte hierbei im Wesentlichen Trockenbau- und Verputzarbeiten. Dabei setzte die Gesellschaft sowohl eigene Arbeitnehmer als auch Subunternehmer ein. Dass der Angeklagte hierbei zu Unrecht Vorsteuern aus Scheinrechnungen der Firmen „D. “, „K. -Bau“, I. GmbH“ sowie der Firma „G. “ geltend gemacht habe, konnte das Landgericht „nicht mit einer zur Verurteilung ausreichenden Sicherheit“ feststellen. Dasselbe gilt für den Vorwurf, der Angeklagte habe die in den Rechnungen ausgewiesenen Beträge als „Schwarzlöhne“ an Arbeitnehmer der F. GmbH ausbezahlt. Vielmehr hat das Landgericht ausdrücklich festgestellt, dass die genannten Firmen nicht ausschließbar als Subunternehmer der F. GmbH tätig gewesen und die Rechnungsbeträge an diese Firmen auch ausbezahlt worden sind.
11
Das Landgericht hat den Angeklagten insoweit aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Es ist der Ansicht, dass dem Angeklagten - abgesehen von der Umsatzsteuerhinterziehung hinsichtlich der nicht angemeldeten Ausgangsumsätze - die ihm vorgeworfenen Taten nicht mit der für eine Verurteilung ausreichenden Sicherheit nachgewiesen werden konnten.

III.

12
Die Staatsanwaltschaft hat die Revision wirksam auf den Teilfreispruch beschränkt. Damit sind auch die Strafaussprüche hinsichtlich der Verurteilung wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer in den Voranmeldungszeiträumen November und Dezember 2003 sowie April bis Juli 2004 und das II. und III. Quartal 2005 vom Revisionsangriff ausgenommen. Denn die Hinterziehung von Umsatzsteuer durch Nichtanmeldung von Ausgangsumsätzen einerseits und durch unberechtigte Geltendmachung von Vorsteuern andererseits stellt für jeden Voranmeldungszeitraum eine einheitliche Tat der Steuerhinterziehung im materiell -rechtlichen Sinn dar. Maßgeblich für den materiell-rechtlichen Tatbegriff sind die steuerlichen Erklärungspflichten (vgl. zur Hinterziehung von Einkommensteuer BGH wistra 2009, 465). Die Abgabe jeder einzelnen unrichtigen Steuererklärung ist deshalb grundsätzlich als einheitliche, selbständige Tat im Sinne des § 53 StGB zu werten; bei Steuerhinterziehung durch Unterlassen ist ebenfalls im Hinblick auf jede Steuerart, jeden Besteuerungszeitraum und jeden Steuerpflichtigen von einer selbständigen Tat auszugehen (vgl. BGH wistra 2005, 30 und wistra 2008, 266; Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 7. Aufl. § 370 AO Rdn. 305).
13
Die Strafaussprüche werden hier auch nicht etwa deswegen vom Revisionsangriff umfasst, weil die von der Staatsanwaltschaft gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts vorgebrachten Einwände die von der Verurteilung erfassten Voranmeldungszeiträume ebenfalls betreffen. Denn der Wortlaut der Beschränkung der Revision auf den „Teilfreispruch“ ist eindeutig; zudem können die vom Teilfreispruch erfassten Tatvorwürfe losgelöst von den vom Schuldspruch umfassten Taten beurteilt werden.
14
Auch bei einer Tatserie von Steuerhinterziehungen bleiben die Einzeltaten rechtlich und tatsächlich selbständig und sind einer isolierten Bewertung zugänglich. Ist dies aber der Fall, gebietet die den Rechtsmittelberechtigten eingeräumte Gestaltungsmacht über den Verfahrensgegenstand, den in den Rechtsmittelerklärungen zum Ausdruck kommenden Gestaltungswillen im Rahmen des rechtlich Möglichen zu respektieren. Das Revisionsgericht kann und darf diejenigen Entscheidungsteile nicht nachprüfen, deren Nachprüfung von keiner Seite begehrt wird, wenn und soweit der angegriffene Entscheidungsteil trennbar ist, also losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt geprüft und beurteilt werden kann (st. Rspr.; vgl. BGHSt 29, 359, 364). So verhält es sich auch hier.
15
Hätte die Staatsanwaltschaft neben den Teilfreisprüchen auch - soweit der Angeklagte verurteilt worden ist - die Strafaussprüche angreifen wollen, um im Hinblick auf ungerechtfertigte Vorsteueranmeldungen und damit einen größeren Schuldumfang höhere Einzelstrafen erreichen zu können (vgl. dazu BGHR StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 17), hätte sie dies bei der Revisionsbeschränkung klar zum Ausdruck bringen müssen.

IV.

16
Der Teilfreispruch hat keinen Bestand; er leidet an durchgreifenden Rechtsfehlern.
17
Es kann dahinstehen, ob - was nahe liegt - das Urteil bereits den formellen Anforderungen, die an eine Freispruchsbegründung zu stellen sind (vgl. dazu BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 5, 10) nicht genügt. Jedenfalls hält die Beweiswürdigung rechtlicher Überprüfung nicht stand.
18
1. Allerdings muss es das Revisionsgericht grundsätzlich hinnehmen, wenn das Tatgericht einen Angeklagten freispricht, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH wistra 2008, 22, 24; 2007, 18, 19; jew. m.w.N.). Rechtsfehlerhaft ist es auch, wenn sich das Tatgericht bei seiner Beweiswürdigung darauf beschränkt, die einzelnen Belastungsindizien gesondert zu erörtern und auf ihren jeweiligen Beweiswert zu prüfen, ohne eine Gesamtabwägung aller für und gegen die Täterschaft sprechenden Umstände vorzunehmen (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung , unzureichende 1; BGH NStZ 1983, 133; jew. m.w.N.). Der revisionsge- richtlichen Überprüfung unterliegt auch, ob überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt worden sind (st. Rspr.; BGH NStZ-RR 2005, 147; NStZ 2004, 35, 36; wistra 1999, 338, 339; jew. m.w.N.).
19
2. Gemessen an diesen Maßstäben kann die Beweiswürdigung keinen Bestand haben.
20
a) In der Beweiswürdigung muss sich das Tatgericht mit allen festgestellten Indizien auseinandersetzen, die geeignet sind, das Beweisergebnis zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen. Dabei muss sich aus den Urteilsgründen selbst ergeben, dass es die Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung einbezogen hat. Denn die Indizien können in ihrer Gesamtheit dem Gericht die entsprechende Überzeugung vermitteln, auch wenn eine Mehrzahl von Beweisanzeichen jeweils für sich allein nicht zum Nachweis der Täterschaft des Angeklagten ausreicht (BGH NStZ-RR 2003, 369 f. m.w.N.).
21
Hier hat sich das Landgericht mit den einzelnen den Angeklagten belastenden Indizien lediglich isoliert auseinandergesetzt und dabei jeweils die Wertung getroffen, dass hiermit der Beweis für einen den Angeklagten belastenden Geschehensablauf nicht zu führen sei. Diese Vorgehensweise lässt besorgen, dass das Landgericht den Zweifelsgrundsatz rechtsfehlerhaft schon auf einzelne Indiztatsachen angewandt und so den Blick dafür verloren hat, dass auch Indizien, die einzeln nebeneinander stehen, aber jeweils für sich einen Hinweis auf die Täterschaft des Angeklagten enthalten, in ihrer Gesamtheit die Überzeugung des Tatrichters von dessen Schuld begründen können (vgl. BGH NStZ-RR 2000, 45; BGH, Beschl. vom 16. Dezember 2009 - 1 StR 491/09).
22
b) Die Beweiswürdigung ist auch deswegen durchgreifend rechtsfehlerhaft , weil das Landgericht mehrere dem Angeklagten günstige Umstände als „nicht ausschließbar“ unterstellt hat, obwohl hierfür keine tatsächlichen Anhaltspunkte gegeben waren. Zudem hat es auch Einlassungen des Angeklagten als „nicht zu widerlegen“ angesehen, für deren Richtigkeit keine Anhaltspunkte ersichtlich waren.
23
So hielt das Landgericht etwa für nicht ausschließbar, dass die Arbeiter der verschiedenen Gewerke jeweils nacheinander auf der Baustelle ihre Tätigkeiten verrichteten und sich daher auch nicht kannten (UA S. 36). Zudem hielt es für nicht ausgeschlossen, dass eine Person namens „Ka. oder auch ein anderer“ die Firma Kö. ohne das Wissen der Inhaberin dieser Firma für eigene Zwecke benutzt habe (UA S. 37). Auch sonst könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Namen der als „Scheinfirmen“ bezeichneten Firmen von Nichtberechtigten für eigene Zwecke verwendet worden seien (UA S. 39). Der „Nachweis von Scheinrechnungen“ lasse sich auch nicht dadurch führen, dass auf dem Computer des Angeklagten Blankorechnungsformulare der Firma Kö. gefunden worden sind. Vielmehr sei die Einlassung des Angeklagten „nicht zu widerlegen“, er habe „aus Gefälligkeit“ Rechnungen für andere Firmen ausgedruckt (UA S. 27, 37). Ebenso sei dem Angeklagten „nicht zu widerlegen“, dass Mängelrügen bereits vor der Rechnungsstellung mit den Subunternehmern besprochen worden seien, so dass „ein Nachweis“ von Scheinrechnungen aufgrund unterlassener Korrekturen in diesen Rechnungen nicht zu führen sei (UA S. 38). Die Vermutung, die von der Staatsanwaltschaft als Scheinfirmen angesehenen Firmen hätten mit den bei den Sozialbehörden gemeldeten Arbeitnehmern die in der Buchhaltung der F. GmbH erfassten Umsätze nicht erwirtschaften können, könne „schon deshalb nicht bewiesen“ werden, weil „nicht ausgeschlossen“ sei, dass diese Firmen ihrerseits Subunternehmer oder Arbeitnehmer beschäftigten, die nicht bei den Sozialbehörden angemeldet ge- wesen seien (UA S. 38). Auch wenn sich bei Zugrundelegung tatsächlicher Fremdleistungen der Firmen Kö. und K. -Bau ein kalkulatorischer Verlust ergebe, sei dies „zum Nachweis“ der dem Angeklagten angelasteten Vorwürfe nicht geeignet; denn „unwiderlegt“ habe der Angeklagte sich eingelassen, es würden regelmäßig beim Arbeitsamt überhöhte Auftragssummen genannt, um ausländische Arbeitnehmer nicht nur bei den vom Arbeitsamt genehmigten, sondern auch an anderen Baustellen einsetzen zu können (UA S. 38).
24
Diese Ausführungen lassen besorgen, das Landgericht habe nicht beachtet , dass es weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten ist, zugunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine zureichenden Anhaltspunkte erbracht sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH NStZRR 2003, 371; BGH, Urt. vom 21. Juni 2007 - 5 StR 532/06). Jedenfalls stellt es einen Rechtsfehler dar, wenn eine nach den Feststellungen nicht nahe liegende Schlussfolgerung gezogen wurde, ohne dass konkrete Gründe angeführt sind, die dieses Ergebnis stützen können (BGH, Urt. vom 16. Dezember 2009 - 1 StR 491/09). So verhält es sich hier. Insbesondere für die fernliegende Annahme des Landgerichts, alle vier verfahrensgegenständlichen vom Angeklagten als Subunternehmer bezeichneten Firmen könnten von Nichtberechtigten für eigene Zwecke verwendet worden seien (UA S. 39), sind vom Landgericht keine tatsächlichen Anhaltspunkte dargelegt worden.
25
c) Unter diesen Umständen ist auch die sehr knapp gehaltene Gesamtwürdigung der festgestellten Umstände (UA S. 39) rechtsfehlerhaft.
26
Allein daraus, dass ein bestimmtes Ergebnis nicht fern oder sogar nahe liegt, folgt zwar nicht, dass das Tatgericht im Einzelfall nicht auch rechtsfehlerfrei zu einem anderen Ergebnis kommen kann. Verwirft es jedoch die nahe liegenden Deutungsmöglichkeiten und führt zur Begründung seiner Zweifel an der Täterschaft eines Angeklagten nur Schlussfolgerungen an, für die es nach der Beweisaufnahme keine tatsächlichen Anhaltspunkte gibt, oder die als eher fern liegend zu betrachten sind, so muss in der Gesamtwürdigung erkennbar werden , dass sich das Tatgericht dieser besonderen Konstellation bewusst ist. Andernfalls besteht nämlich die Besorgnis, dass das Tatgericht überspannte Anforderungen an seine Überzeugungsbildung gestellt hat (vgl. BGH NStZ-RR 2009, 248 f.). So verhält es sich hier. Die Sache bedarf daher neuer tatgerichtlicher Prüfung und Entscheidung, soweit das Landgericht den Angeklagten freigesprochen hat. Nack Wahl Hebenstreit Graf Jäger
24
(2) Weite Teile des sonstigen Vorbringens gegen die Feststellungen zum Tatgeschehen erschöpfen sich in Überlegungen zu alternativen Geschehensabläufen (der Angeklagte könne nach dem Flaschenwurf den Tatort alsbald verlassen oder dort nur zur Beobachtung des weiteren Geschehens „verweilt“ haben), die in den Urteilsgründen keine Anknüpfungspunkte finden. Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine konkreten Anhaltspunkte erbracht sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 27. April 2010 - 1 StR 454/09, wistra 2010, 310, 312 mwN). Dementsprechend braucht das Urteil bloß theoretische Möglichkeiten auch nicht zu erörtern (BGH, Urteil vom 26. Mai 2011 - 1 StR 20/11). Eine auf den Beleg der Richtigkeit ihrer Vermutungen gerichtete Aufklärungsrüge hat die Revision nicht erhoben.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

14
aa) Eine einen Rechtsfehler im Sinne des § 337 Abs. 1 StPO darstellende Lücke liegt insbesondere vor, wenn die Beweiswürdigung wesentliche Feststellungen nicht erörtert oder nur eine von mehreren gleich naheliegenden Möglichkeiten prüft (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2005 - 1 StR 478/04, NStZ-RR 2005, 147; Urteil vom 14. Januar 2016 - 4 StR 84/15; Ott in KK-StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 49 mwN). Das Tatgericht muss sich dabei nicht mit allen theoretisch denkbaren, sondern nur mit naheliegenden Möglichkeiten auseinandersetzen, die nach der Sachlage mit der Beweistatsache nicht weniger gut zu vereinbaren sind als die von ihm angenommene Möglichkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 29. August 1974 - 4 StR 171/74, BGHSt 25, 365, 367; Ott, in: KK-StPO, aaO).
7
Es gibt keine forensische Erfahrung, wonach bei einem Geständnis stets oder jedenfalls dann, wenn es im Rahmen einer Verständigung abgelegt wurde, ohne weiteres regelmäßig mit einer wahrheitswidrigen Selbstbelastung zu rechnen sei. Dies gilt auch dann, wenn - wie nach Auffassung der Revision möglicherweise hier - der Angeklagte durch ein unwahres Geständnis Sohn und/oder Lebensgefährtin vor einer Bestrafung schützen würde. Allein die gesetzlichen Wertungen in § 52 StPO, § 35 Abs. 1 Satz 1 StGB und § 258 Abs. 6 StGB können die für eine solche Annahme erforderlichen konkreten Anhaltspunkte nicht ersetzen. Derartige konkrete Anhaltspunkte sind hier weder vorgetragen noch ersichtlich. Allein die (theoretische) Denkbarkeit eines Geschehensablaufs führt nicht dazu, dass er zu erörtern wäre (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 20. September 2011 - 1 StR 120/11, NStZ-RR 2012, 72, 73 mwN).
24
(2) Weite Teile des sonstigen Vorbringens gegen die Feststellungen zum Tatgeschehen erschöpfen sich in Überlegungen zu alternativen Geschehensabläufen (der Angeklagte könne nach dem Flaschenwurf den Tatort alsbald verlassen oder dort nur zur Beobachtung des weiteren Geschehens „verweilt“ haben), die in den Urteilsgründen keine Anknüpfungspunkte finden. Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine konkreten Anhaltspunkte erbracht sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 27. April 2010 - 1 StR 454/09, wistra 2010, 310, 312 mwN). Dementsprechend braucht das Urteil bloß theoretische Möglichkeiten auch nicht zu erörtern (BGH, Urteil vom 26. Mai 2011 - 1 StR 20/11). Eine auf den Beleg der Richtigkeit ihrer Vermutungen gerichtete Aufklärungsrüge hat die Revision nicht erhoben.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 20/11
vom
26. Mai 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26. Mai 2011,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Rothfuß,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Sander,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwälte
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 24. August 2010 wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Der Angeklagte wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil seiner Frau zu Freiheitsstrafe verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft führt aus, es läge versuchter Totschlag vor. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel bleibt erfolglos.

I.


2
1. Die Strafkammer hat festgestellt:
3
Der angetrunkene Angeklagte hatte seine Frau mit (bedingtem) Tötungsvorsatz durch eine Machete schwer verletzt und meinte, er hätte sie getötet. Das sagte er auch einem Nachbarn, der dann ohne Wissen des Angeklag- ten telefonisch die Polizei informierte, die Beamte und Rettungskräfte schickte. Noch bevor sie eintrafen, rief auch der Angeklagte die Polizei an und sagte, er habe seine Frau getötet. Dies berichtigte er, als er während des Gesprächs merkte, dass sie noch lebte, und forderte, bald einen Arzt zu schicken, sonst verblute sie. Als Polizei und Rettungskräfte kamen, legte er „auf Zuruf nicht sofort alle Gegenstände aus den Händen“. Daher setzte die Polizei zur Eigensi- cherung Pfefferspray ein. Die Frau wurde gerettet.
4
2. Die Strafkammer nimmt einen Rücktritt vom Totschlagsversuch nach Korrektur des Rücktrittshorizonts an; der Angeklagte habe seine Frau nicht mit einem möglichen neuen Machetenangriff getötet, als er merkte, dass sie noch lebte (§ 24 Abs. 1 Satz 1 StGB). „Selbst wenn man … (einen) ... beendeten Versuch annehmen würde“, sei er „zudem“ wegen seiner Forderung nach ei- nem Arzt zurückgetreten. Weil dieser schon allein wegen des Anrufs des Nachbarn gekommen sei, habe er objektiv nichts zur Rettung beigetragen, sich aber freiwillig und ernsthaft um die Abwendung der „auch ohne weiteren Schlag“ wei- terhin „akut drohende(n) Gefahr der Vollendung“ bemüht (§ 24 Abs. 1 Satz 2 StGB).

II.


5
Die rechtsfehlerfreien Feststellungen (1.) begründen zwar keinen Rücktritt gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB (2.); wohl aber den (auch bejahten) Rücktritt gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB (3.). Im Übrigen ist das Urteil rechtsfehlerfrei (4.).
6
1. Die Feststellungen sind insgesamt rechtsfehlerfrei. Die Angriffe der Revision gegen die im Zusammenhang mit der Forderung nach einem Arzt getroffenen Feststellungen versagen.
7
a) Da der Angeklagte schon gesagt hatte, er habe seine Frau getötet, wäre, so die Revision, zu erörtern gewesen, ob er auch ohne konkrete Kenntnis vom Anruf des Nachbarn für möglich hielt, dass ohnehin ein Arzt käme.
8
Warum der angetrunkene Angeklagte dies in der konkreten Lage erwogen haben sollte, ist nicht erkennbar. Nur theoretische Möglichkeiten sind nicht zu behandeln.
9
b) Die Strafkammer, die hierzu insbesondere den Nachbarn und einen Polizeibeamten vernommen hat, konnte einen Versuch des Angeklagten zur Behinderung von Polizei und Rettungskräften nicht feststellen. Dies, so die Revision , sei rechtsfehlerhaft, er habe die Tür(en) nicht geöffnet (1) und (mit Pfef- ferspray) „überwältigt“ werden müssen (2).
10
(1) Die Urteilsgründe ergeben nicht, dass der Angeklagte die Tür(en) nicht geöffnet hätte. Die Revision trägt hierzu vielmehr die Abschrift des in der Hauptverhandlung abgehörten Mitschnitts vom - bei Eintreffen der Polizei noch nicht beendeten - Anruf des Angeklagten sowie einen dort angebrachten polizeilichen Vermerk vor. Urteilsfremder Vortrag kann die Sachrüge nicht begründen (BGH, Beschluss vom 17. März 1988 - 1 StR 361/87, BGHSt 35, 238, 241; Kuckein in KK 6. Aufl., § 337 Rn. 28 mwN). Im Übrigen wäre aber auch eine entsprechende Verfahrensrüge erfolglos. Über das Ergebnis eines Augenscheins - hierunter fällt auch das Abhören eines Tonbands (BGH, Beschluss vom 3. März 1977 - 2 StR 390/76, BGHSt 27, 135; Pfeiffer/Hannich in KK 6. Aufl., Einl. Rn. 113 mwN) - hat allein der Tatrichter zu befinden (BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979 - 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18). Ebenso wenig kann die Sach- oder eine Verfahrensrüge auf einen Abgleich von Urteilsgründen und Akteninhalt, etwa dem von der Revision vorgetragenen Vermerk, gestützt werden (vgl. zusammenfassend Wahl in NJW-SH f. G. Schäfer, 73 mwN).
11
(2) Die Annahme der Strafkammer, der sofortige Einsatz von Pfefferspray belege keine vom Angeklagten verursachte oder erstrebte nennenswerte Verzögerung des Einsatzes, ist rechtsfehlerfrei. Die Strafkammer musste dies auch nicht breiter als geschehen ausführen, da Gründe für einen entsprechenden Sinneswandel des Angeklagten weder aufgezeigt noch sonst erkennbar sind.
12
2. Die Strafkammer nimmt in erster Linie einen Rücktritt vom unbeendeten Versuch des Totschlags an, da der Angeklagte seine Frau nicht mittels eines erneuten Angriffs getötet hat, als er merkte, dass sie noch lebte.
13
Ob ein Versuch unbeendet oder beendet ist, hängt von der Vorstellung des Täters nach der letzten Ausführungshandlung (Rücktrittshorizont) ab. Hält er für den Taterfolg noch weitere Handlungen für (möglich und) nötig, ist der Versuch unbeendet, er kann durch Untätigkeit zurücktreten (§ 24 Abs. 1 Satz 1 StGB erste Alternative). Hält er dagegen den Eintritt des Taterfolgs für möglich, ist der Versuch beendet; ein Rücktritt erfordert eine Verhinderung des Erfolgs durch eigene Tätigkeit (§ 24 Abs. 1 Satz 1 StGB zweite Alternative) oder entsprechende Bemühungen (§ 24 Abs. 1 Satz 2 StGB), wenn der Erfolg ohne sein Zutun ausgeblieben ist (BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 - GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 229 mwN).
14
Hier liegt kein Rücktritt vom unbeendeten Versuch vor; wie der Hinweis des Angeklagten, ohne Arzt werde seine Frau verbluten, zeigt, hielt er ihren Tod für möglich. Dem entsprechend ist allein der Verzicht auf eine (gewisse) Beschleunigung ihres von ihm ohnehin erwarteten verletzungsbedingten Todes kein Rücktritt gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB erste Alternative. Darüber hinaus bemerkt der Senat, dass der Angeklagte nicht seinen Rücktrittshorizont korrigierte (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 19. Juli 1989 - 2 StR 270/89, BGHSt 36, 224; Lilie/Albrecht in LK 12. Aufl., § 24 Rn. 178 ff. mwN). Als er bemerkte, dass seine Frau doch noch lebte, entstand vielmehr erstmals ein Rücktrittshorizont , nachdem er sie zuvor für tot gehalten hatte und er daher zuvor noch keinen Rücktrittshorizont gehabt haben konnte.
15
3. Auf der Annahme eines Rücktritts vom unbeendeten Versuch beruht das Urteil aber nicht, da rechtsfehlerfrei (auch) ein Rücktritt gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB bejaht ist (vgl. I 2).
16
a) Zu Unrecht hält die Revision dem gegenüber das Verhalten des Angeklagten nicht für freiwillig, da die Tat, wie er wusste, schon entdeckt gewesen sei.
17
Freiwillig ist ein Rücktritt, wenn weder eine äußere Zwangslage noch seelischer Druck den Täter an der Vollendung der Tat hindert (st. Rspr., vgl. schon BGH, Beschluss vom 14. April 1955 - 4 StR 16/55, BGHSt 7, 296, 299; zusammenfassend Lilie/Albrecht aaO Rn. 222, 248 f., 319 mwN); eine vorherige Entdeckung der Tat kann gegen Freiwilligkeit sprechen (BGH, Beschluss vom 29. Januar 1982 - 3 StR 496/81, StV 1982, 219 mwN). Für die Freiwilligkeit von Rücktrittsbemühungen gilt all dies entsprechend (Lilie/Albrecht aaO Rn. 359).
18
Hier hatte der Angeklagte vor seiner Forderung nach einem Arzt gegenüber dem Nachbarn und (zu Beginn des Gespräches) der Polizei ein hinsichtlich einer Gewaltanwendung zum Nachteil seiner Frau zwar zutreffendes, hin- sichtlich ihres dadurch verursachten Todes aber objektiv falsches „Geständnis“ abgelegt. Nach Erkenntnis seines Irrtums hat er sich bemüht, diese zwar dro- hende, aber entgegen seinem bisherigen „Geständnis“ noch nicht eingetretene Folge seiner Tat zu verhindern. Es ist nicht zu erkennen, dass dies aus seiner Sicht auf äußerem oder innerem Druck beruht hätte und daher unfreiwillig wäre.
19
b) Auch die Bewertung der Bemühungen des Angeklagten als ernsthaft ist rechtsfehlerfrei. Die, wie dargelegt (II 1 b), rechtsfehlerfreien Urteilsfeststellungen ergeben entgegen der Auffassung der Revision insbesondere auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte sein Verhalten für die Verhinderung des Todes seiner Frau selbst für nicht erforderlich gehalten, sondern geglaubt hätte, sie würde auch ohne sein Zutun gerettet (vgl. hierzu BGH b. Holtz MDR 1978, 988; Lilie/Albrecht aaO Rn. 331, 332 mwN), oder dass er sogar die Rettung behindert (vgl. hierzu Lilie/Albrecht aaO Rn. 343) oder dies jedenfalls versucht hätte.
20
4. Im Übrigen hat die auf Grund der Sachrüge gebotene Überprüfung des Urteils weder im Schuldspruch noch im Strafausspruch einen Rechtsfehler zu Gunsten oder zu Lasten (§ 301 StPO) des Angeklagten ergeben.
Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Sander
14
aa) Eine einen Rechtsfehler im Sinne des § 337 Abs. 1 StPO darstellende Lücke liegt insbesondere vor, wenn die Beweiswürdigung wesentliche Feststellungen nicht erörtert oder nur eine von mehreren gleich naheliegenden Möglichkeiten prüft (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2005 - 1 StR 478/04, NStZ-RR 2005, 147; Urteil vom 14. Januar 2016 - 4 StR 84/15; Ott in KK-StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 49 mwN). Das Tatgericht muss sich dabei nicht mit allen theoretisch denkbaren, sondern nur mit naheliegenden Möglichkeiten auseinandersetzen, die nach der Sachlage mit der Beweistatsache nicht weniger gut zu vereinbaren sind als die von ihm angenommene Möglichkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 29. August 1974 - 4 StR 171/74, BGHSt 25, 365, 367; Ott, in: KK-StPO, aaO).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 478/04
vom
11. Januar 2005
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Mordes
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
11. Januar 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
und Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Verteidiger der Nebenkläger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger wird das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 21. Juni 2004 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts Würzburg zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


I.

Der Angeklagte wurde vom Vorwurf freigesprochen, am 28./29. September 2001 die 51 Jahrealte H. Habgier aus ermordet zu haben. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger haben mit der Sachrüge Erfolg; die Beweiswürdigung ist nicht rechtsfehlerfrei. 1. Am frühen Abend des 28. September 2001 suchte Frau H. am Grenzübergang Hegyeshalom - Nickelsdorf eine Mitfahrgelegenheit; sie hatte
ihre Reisegruppe verlassen, da sie wegen ihres abgelaufenen Passes nicht von Österreich nach Ungarn einreisen durfte. Sie konnte im Pkw des Angeklagten mitfahren, der auf dem Weg in seinen Wohnort Sch. (Kreis Hof) war. Unterwegs tankte er an der Tankstelle Suben (Österreich) und kaufte dort auch Coca-Cola und drei Isolierbänder der (verbreiteten) Marke "Coroplast" : er bezahlte mit Karte. 2. Am 6. Oktober 2001 wurde die Leiche von Frau H. mit durchschnittener Kehle und anderen massiven Schnittverletzungen etwa 40 Kilometer von Sch. entfernt bei T. (Kreis Kulmbach) im Gebüsch gefunden. Sie war vollständig bekleidet, Spermaspuren gab es nicht. Es fehlten 300 bis 400 DM Bargeld, ein Koffer und einige andere Gegenstände. Im weiteren Verlauf ergab sich anhand des Madenbefalls der Leiche, daß sie spätestens seit dem Nachmittag des 29. Septembers 2001 (Tag nach ihrer Fahrt mit dem Angeklagten) am Fundort gelegen hatte. Wesentlich genauer ließ sich auch der Todeszeitpunkt nicht bestimmen. Im weiteren Verlauf wurde an der Leiche eine kleine Schnittwunde "an der Kleinfingerseite des rechten Unterarms in Höhe des Handgelenks" festgestellt, in der Partikel von "Coroplast"Isolierband waren. 3. Der Angeklagte wurde am 23. November 2001 durch Videoaufnahmen von der Grenze ermittelt und machte am 23. und 30. November 2001 nähere Angaben zur Sache. Er legte auch Unterlagen vor (z. B. sein Notizbuch, Kontounterlagen und Nachweise über Telefongespräche), gab einen Hinweis zu einem Ermittlungsansatz und schickte der Polizei bis zum 1. Dezember 2001 insgesamt dreimal ein Fax mit ergänzenden Ausführungen. Danach machte er keine Angaben mehr. Bereits am 23. November 2001 berichtete er von sich aus
- der Polizei konnte dies noch nicht bekannt sein - er habe in Suben getankt, dort auch Getränke gekauft und möglicherweise mit Karte bezahlt. Vom Kauf von Isolierbändern sagte er dabei nichts. Solange er Angaben machte, wurde er zu dem erst später in den Blickpunkt der Ermittlungen geratenen Thema Isolierbänder auch nicht befragt.
4. Die Strafkammer hält die "Isolierband-Erkenntnisse" zwar für gewichtig , gleichwohl könnten diese letztlich weder für sich noch in einer Gesamtschau mit allen sonstigen Erkenntnissen einen Zusammenhang des Angeklagten mit der Tat hinreichend belegen. Sie hat dazu unter anderem erwogen: Das Verschweigen des Kaufs sei bedeutungslos, weil es "möglich (sei), daß sich der Angeklagte am 23. November 2001 nicht ... erinnerte, diese Bänder gekauft zu haben, gegebenenfalls weil dies für ihn ein alltäglicher ... Vorgang war. Immerhin hat der Angeklagte durch seine Aussage die Beamten erst darauf gebracht ... nachzuprüfen ... (und) ... zu entdecken, daß ... Isolierband gekauft wurde". Es sei auch "nicht ausgeschlossen, daß Frau H. von dem Angeklagten eines oder mehrere der in Suben erworbenen Bänder überlassen erhielt , eventuell um etwas zu reparieren". Es fiele zwar auf, daß er bei der Polizei davon nichts gesagt habe; Isolierband habe bei seinen Vernehmungen aber noch keine Rolle gespielt.

II.

Kann der Tatrichter nicht die erforderliche Gewißheit gewinnen und spricht den Angeklagten daher frei, so hat das Revisionsgericht dies regelmäßig hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Es kommt
nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Daran ändert sich nicht einmal dann etwas, wenn eine vom Tatrichter getroffene Feststellung "lebensfremd erscheinen" mag. Es gibt im Strafprozeß keinen Beweis des ersten Anscheins, der nicht auf der Gewißheit des Richters, sondern auf der Wahrscheinlichkeit eines Geschehensablaufs beruht. Demgegenüber ist eine Beweiswürdigung etwa dann rechtsfehlerhaft, wenn sie schon von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgeht, z. B. hinsichtlich der generellen Bewertung von Aussageverhalten oder hinsichtlich des Umfangs und der Bedeutung des Zweifelssatzes, wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht erörtert oder nur eine von mehreren gleich nahe liegenden Möglichkeiten erörtert, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewißheit überspannte Anforderungen gestellt sind. Dies ist auch dann der Fall, wenn eine nach den Feststellungen naheliegende Schlußfolgerung nicht gezogen ist, ohne daß konkrete Gründe angeführt sind, die dieses Ergebnis stützen können. Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine konkreten Anhaltspunkte erbracht sind (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteil vom 12. August 2003 - 1 StR 111/03 = NStZ-RR 2003, 371 ; BGH NStZ 2004, 35, 36 m. w. N.)

III.

An alledem gemessen, sind die genannten Erwägungen der Strafkammer insgesamt nicht rechtsfehlerfrei.
1. Zu Recht ist sie davon ausgegangen, daß das Aussageverhalten des Angeklagten hinsichtlich der Isolierbänder einer Beweiswürdigung zugänglich ist. Zwar dürfen aus unterschiedlichem Einlassungsverhalten bei mehreren Vernehmungen oder in verschiedenen Verfahrensabschnitten als solchem keine Schlüsse zum Nachteil des Angeklagten gezogen werden (st. Rspr. vgl. BGH NStZ 1999, 47 m. w. N.). Soweit sich der Angeklagte aber grundsätzlich zur Sache geäußert hat und nur zu bestimmten Punkten eines einheitlichen Geschehens keine Angaben gemacht hat, kann dies zu seinem Nachteil berücksichtigt werden (BGH aaO; Schoreit in KK 5. Aufl. § 261 Rdn. 41 jew. m. w. N.). Dabei kommt es nicht darauf an, ob Fragen nicht beantwortet wurden oder ob der Vernommene, wie hier, von sich aus einen Vorgang schildert und dabei einen wesentlichen Punkt eines einheitlichen Geschehens nicht nennt (Schoreit aaO m. w. N.; vgl. auch BVerfG - Beschluß vom 29. November 2004 - 2 BvR 1034/02). 2. Die Frage, ob der Angeklagte den Kauf der Isolierbänder vergessen oder bewußt verschwiegen hat, betrifft eine "innere Tatsache", so daß im wesentlichen nur Rückschlüsse möglich sind (vgl. BGH NStZ 2003, 596 f. m. w. N.). Hiervon geht auch die Strafkammer aus, ihre Erwägungen sind aber unvollständig , weil sie möglicherweise bedeutsame Gesichtspunkte nicht erkennbar einbezieht:
a) Die Strafkammer stellt auf die Alltäglichkeit des Einkaufs von Isolierband in Verbindung mit dem Zeitablauf ab. Wenn ein Autofahrer auf einer längeren Fahrt beim Tanken auch Getränke kauft, ist dies aber nicht weniger alltäglich , als wenn er bei dieser Gelegenheit drei Rollen Isolierband kauft. Hinzu kommt, daß auch die übrigen Aussagen des Angeklagten sehr präzise und detailreich sind. So hat er etwa genau geschildert, wie ihm Frau H. berichtet
habe, daß sie sich an ihrem Koffer leicht verletzt ("geratscht") habe. Allerdings habe er selbst nicht bemerkt, daß sie geblutet habe, auch nicht als sie "Brot oder Brötchen" und "ein Stück Obst" aß und den Abfall in Papiertaschentücher wickelte. Ähnlich genau hat er am 23. November 2001 die Frage nach Körperkontakten mit FrauH. beantwortet. Sie habe ihm beim Aussteigen Geld für die Fahrt hingehalten, er habe dies aber abgelehnt und ihren Arm zurückgeschoben. In einem Fax an die Polizei vom 25. November 2001 hat er einen weiteren Körperkontakt - nicht ganz leicht verständlich - so geschildert: Er habe beim Aussteigen die Reisetasche von FrauH. mit aus dem Auto herausgereicht. Da die Tasche "verklemmt" gewesen sei, sei seine Hand abgerutscht und er habe sich deshalb an der Hand von Frau H. gekratzt. Die Strafkammer hätte daher das Schweigen hinsichtlich des Kaufs der Isolierbänder nicht mit Vergessen eines alltäglichen Vorgangs erklären dürfen, ohne sich damit auseinander zu setzen, daß der Angeklagte sowohl speziell zum Einkauf an der Tankstelle als auch sonst zur Fahrt eine Reihe - teilweise sehr alltäglicher - Details genau geschildert hat.
b) Unabhängig vom Aussageverhalten ist objektivierbar, ob für jemanden der Einkauf mehrerer Isolierbänder auf der Heimreise alltäglich ist. Die Urteilsgründe ergeben nicht, daß der Angeklagte häufig Isolierbänder brauchen oder kaufen würde. Der Hinweis, "gegebenenfalls" sei dies für ihn alltäglich, spricht vielmehr dagegen, daß sich diese Bewertung auf konkrete Anhaltspunkte stützt. Im übrigen bedeutet Schweigen des Angeklagten - unabhängig davon, ob daraus ansonsten Schlüsse gezogen werden dürfen (III 1) - nicht, daß zu seinen Gunsten von Annahmen auszugehen ist, für die es keine konkreten Anhaltspunkte gibt (vgl. Schoreit aaO Rdn. 40 m. w. N.).

c) Wieso Hypothesen zu Gang und Ergebnissen der Ermittlungen für den Fall, daß der Angeklagte seinen Aufenthalt in Suben nicht erwähnt hätte, den Schluß ermöglichen sollen, er hätte sich an den Kauf von Isolierband nicht erinnert, ist weder ausdrücklich dargelegt noch sonst klar erkennbar. Der Senat geht dem aber deshalb nicht näher nach, weil schon die Annahme, ohne den Angeklagten wäre der Kauf von Isolierband unbekannt geblieben, nicht rechtsfehlerfrei begründet ist. Der Angeklagte hatte als letzter das Opfer eines Kapitalverbrechens lebend gesehen und war mit ihm über Stunden Auto gefahren. Ermittlungen bei den Tankstellen an der Strecke liegen daher nicht fern. Sind bereits mehrere Wochen vergangen, ist die Überprüfung von Kartenzahlungen eine der wenigen Möglichkeiten, Hinweise dafür zu gewinnen, wer an der Tankstelle war. Es versteht sich nicht von selbst, daß die Polizei diese Ermittlungsansätze nicht ohnehin erkannt hätte. Daher hätte sich die Strafkammer mit beiden Möglichkeiten auseinandersetzen müssen, ehe sie von der ihrer Beweiswürdigung zugrundegelegten Auffassung ausgeht.
d) Auch für die Annahme, der Angeklagte, habe Frau H. möglicherweise Isolierband geschenkt, sind keine konkreten Anhaltspunkte erkennbar. Dies zeigt schon die Annahme, der Angeklagte habe ihr "eventuell" deshalb Isolierband geschenkt, damit sie "etwas" reparieren kann. Die Überlegungen der Strafkammer zu dem Grund, warum der Angeklagte davon nichts erzählt haben könnte, sind unvollständig. Ausführungen zu einer etwaigen Übergabe von Isolierband wären zwar nicht im Zusammenhang mit dem bis dahin nicht angesprochenen Thema "Isolierband" zu erwarten gewesen, wohl aber im Zusammenhang mit der Frage nach "Körperkontakten". Der Angeklagte hat sehr genaue Angaben zu - flüchtigen - Körperkontakten mit Frau H. gemacht , die er sogar noch mit einem Fax ergänzt hat (vgl. oben III 2 a). Einen
entsprechenden Körperkontakt bei der Übergabe von Isolierband hat er dagegen nicht erwähnt.
3. Im Kern sieht die Strafkammer nach alledem unter zum Teil auch lükkenhafter Würdigung des Aussageverhaltens des Angeklagten nicht unerhebliche konkrete Verdachtsmomente wegen nur denktheoretischer Möglichkeiten als entkräftet an. Dies führt zur Aufhebung des Urteils, ohne daß es auf weiteres noch ankäme.

IV.

Der Senat sieht jedoch Anlaß zu folgenden Hinweisen: 1. Die Strafkammer hat geprüft, ob der Angeklagte gegen Mitternacht zu Hause war, weil er vorher kaum Zeit gehabt hätte, Frau H. zu töten und nach T. zu bringen. Die Möglichkeit, daß er gegen Mitternacht zu Hause war, und dies erst anschließend getan hätte, sei praktisch ausgeschlossen. Es fehlten konkrete Anhaltspunkte dafür, daß er sie "über ... Regensburg hinaus transportierte". Es gibt jedoch außer den Angaben des Angeklagten auch keine Anhaltspunkte für ein Ende der Fahrt am Autohof Regensburg. Angaben des Angeklagten, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine Beweise gibt, können den Feststellungen nicht ohne weiteres als unwiderlegt zu Grunde gelegt werden, sondern ihre Richtigkeit muß erst anhand des übrigen Beweisergebnisses überprüft werden (vgl. Schoreit aaO Rdn. 28 m. w. N.).
2. Die danach bisher nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossene Möglichkeit, daß der Angeklagte der Täter war, obwohl er um gegen Mitternacht in Sch. wirkt war, sich auf die mögliche Bedeutung weiter Teile des Beweisergebnisses aus: Die Familie des Angeklagten - Frau und Kinder - war in dieser Nacht bei seiner Schwiegermutter in München. Hätte er dies zuvor gewußt, käme es weder darauf an, ob er um Mitternacht in Sch. war, noch darauf, ob die Ehefrau gegen Mitternacht in Sch. angerufen und mit ihm gesprochen hat (a). Hätte er vom Aufenthalt in München nichts gewußt, könnte es etwas bedeutsamer sein, ob er in der fraglichen Zeit zu Hause war. Hätte er nämlich erwartet, daß seine Frau zu Hause wäre, wäre es aus seiner Sicht möglicherweise schwieriger gewesen, sich wieder zu entfernen. Daher könnte es ihn mittelbar entlasten, wenn er gegen Mitternacht zu Hause gewesen wäre. Nur dann könnte das genannte Telefongespräch als Beleg für seine Anwesenheit in Sch. überhaupt Bedeutung gewinnen (b).
a) Die Strafkammer folgt ohne weiteres den Angaben der Schwiegermutter , der Angeklagte hätte nicht gewußt, daß seine Familie in München war. Dies ist rechtsfehlerhaft, weil die Strafkammer andere Angaben der Schwiegermutter für unstimmig und daher unglaubhaft hält. Wird einem Zeugen nur teilweise geglaubt, bedarf dies einer eingehenden Begründung (BGH NStZ-RR 2003, 332 f. m. w. N.), die bisher fehlt. Sonstige Erkenntnisse, die ohne nähere Begründung klar belegten, daß der Angeklagte von der Abwesenheit seiner Familie überrascht wurde, liegen ebenfalls nicht vor:
Bei seiner ersten Vernehmung hat er angegeben, er wisse nicht, ob seine Frau da war, als er nach Hause kam. Das spricht nicht dafür, daß ihre Abwesenheit für ihn überraschend (und daher einprägsam) war. Der Angeklagte hat in diesem Zusammenhang seinen Notizkalender vorgelegt, in dem unter dem 28. September 2001 "Ki-Mün" steht, ist, was "Kinder" oder "Kirsten" - Vorname der Ehefrau - "in München" heißen soll. Wäre der Eintrag vor dem 28. September 2001 erfolgt, belegte er, daß der Angeklagte an diesem Tag wußte, daß sie nicht zu Hause war. Ein nachträglicher Eintrag belegte zwar nicht, daß der Angeklagte am 28. September 2001 nicht Bescheid wußte, der Eintrag wäre mit dieser Annahme aber immerhin vereinbar. Ein Anruf der Ehefrau - über dessen Inhalt außer den Aussagen der Schwiegermutter nichts bekannt ist - würde über Kenntnis oder Unkenntnis des Angeklagten nichts aussagen. So überrascht von der Abwesenheit seiner Familie , daß er selbst auf dem Handy der Ehefrau angerufen hätte, war der Angeklagte jedenfalls nicht.
b) Es gibt nur folgende, vom Angeklagten am 1. Dezember 2001 vorgelegte objektive Belege für möglicherweise relevante Anrufe aus München: vom Festnetzanschluß der Schwiegermutter bestand zunächst um 23.24 Uhr für 28 Sekunden eine Verbindung mit dem Festnetzanschluß in Sch. , die zweite Verbindung bestand von dort 2 Minuten später für 8 Sekunden mit dem Handy des Angeklagten. Die Behauptung der Schwiegermutter, die Tochter habe vom Festnetz ein kurzes und kurz darauf von ihrem Handy aus ein langes Gespräch mit dem in Sch. aufenthältlichen Angeklagten geführt , ist damit unvereinbar. Die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte hätte zwar keine zwei Gespräche geführt, von einem Gespräch sei zu seinen
Gunsten aber auszugehen, hat jedenfalls in der Aussage der Schwiegermutter keine tragfähige Grundlage. Möglicherweise hängt diese Annahme auch mit einem polizeilichen Versäumnis zusammen, das die Strafkammer bei ohnehin schwieriger Beweislage noch in ihre Überlegungen einzubeziehen hatte: Der Angeklagte hatte in einem Fax vom 23. November 2001 eine Telefonnummer der Telefongesellschaft mitgeteilt, unter der das Telefongespräch vom Handy seiner Frau mit Sch. bestätigt werden könnte. Eine Bestätigung war jedoch nicht möglich. Unter der Nummer erhielt die Polizei die Auskunft, eine solche Verbindung könne weder bestätigt noch verneint werden; da die Ehefrau ein Handy mit einer prepaid Karte hätte, gäbe es keine Unterlagen. Damit hat sich die Polizei begnügt. Damals hätte aber vielleicht noch die - inzwischen wegen Zeitablaufs ausgeschlossene - Möglichkeit bestanden, die Behauptung über dieses Gespräch zu überprüfen, z. B. durch die "Beschlagnahme von elektronisch gespeicherten Aufzeichnungen". Dieses polizeiliche Versäumnis ändert jedoch nichts daran, daß der Zweifelssatz nicht isoliert auf ein einzelnes Indiz angewendet werden kann (vgl. BGHSt 35, 308, 316; Schoreit aaO Rdn. 65 jew. m. w. N.). Sollte es auf dieses Telefongespräch ankommen, wird jedoch zu erwägen sein, daß sich der Angeklagte mit dieser Angabe der Gefahr ausgesetzt haben kann, einer falschen Aussage überführt zu werden. Dies setzte aber voraus, daß er der Polizei eine Nummer gefaxt hätte, ohne zuvor zu überprüfen, was man dort für Auskünfte bekommt (die dort erteilte Auskunft hat seine Behauptung nicht widerlegt) und er außerdem die Möglichkeiten sonstiger polizeilicher Ermittlungen klarer als die Polizei selbst beurteilt hätte. Es kann auch eine Rolle spielen, daß der Angeklagte zwar zunächst am 23. November 2001 sich auf ein Gespräch vom Handy seiner Frau aus berufen hat, er am 1. Dezember 2001 dann aber ohne erkennbare Erläuterung und daher
zember 2001 dann aber ohne erkennbare Erläuterung und daher eher verwirrend Belege für Anrufe vom Festnetz aus vorgelegt hat. 3. Im Pkw des Angeklagten wurden eine Reihe von DNA-Spuren sichergestellt , mehrere stammen von Frau H. . So war etwa eine Spur, von der anzunehmen sei, daß es sich um ihr Blut handele, an der Innenseite der Fahrertür. Die Strafkammer erwägt, daß Frau H. , vom Angeklagten unbemerkt , (vgl. oben III 2 a), aus der Nase geblutet haben könnte, und dieses Blut dann mit einem feuchten Tuch an die Fahrertür gewischt worden sein kann. Es ist (auch hier) zumindest nicht klar erkennbar, warum es sich dabei um mehr als eine nur theoretische Erwägung handeln könnte. Im übrigen gehen zwar die jeweils sehr geringen Mengen von Blut von Frau H. die , dieser und den übrigen im Innenraum und an der Beifahrertür gesicherten Spuren zugrunde liegen und die darüber hinaus in Papiertaschentüchern in der Handtasche von Frau H. festgestellt worden sind, nicht auf die Tötung von Frau H. zurück, weil dabei sehr viel mehr Blut geflossen sein muß. Sie könnten aber immerhin darauf hinweisen, daß es in dem Pkw zu Geschehen gekommen ist, das mit der Schilderung des Angeklagten von einem insgesamt völlig harmlosen Vorgang - FrauH. ist eingestiegen, mitgefahren und wieder ausgestiegen - schwerlich vereinbar erscheint. 4. Weil Bargeld und einige sonstige Gegenstände von Frau H. - fehlten, geht die Strafkammer, ersichtlich am Anklagevorwurf orientiert, von Raubmord aus. Auch dies spräche angesichts der deutlich überdurchschnittlichen Vermögensverhältnisse des Angeklagten (er hatte zeitweise ein Jahreseinkommen von über 500.000 DM und betrieb zuletzt ein Call-Center in Ungarn ) gegen seine Täterschaft. Es sei angesichts der Gesamtumstände ohne weiteres erkennbar gewesen, daß sie nicht sehr viel Geld oder besondere
Wertgegenstände bei sich gehabt hätte. Auch gegen diese Erwägung bestehen Bedenken. Unabhängig davon, ob die kleine Schnittwunde im Bereich des Handgelenks, in der sich Isolierbandpartikel befanden, Rückschlüsse auf die Person des Täters zuläßt, spricht sie jedenfalls dagegen, daß es dem Täter allein um materielle Bereicherung ging. Es wäre daher die Möglichkeit zu erörtern gewesen, ob durch die Wegnahme des Geldes und der übrigen Gegenstände eine falsche Spur gelegt werden sollte.

V.

Der Senat hat entsprechend dem in der Hauptverhandlung gestellten Antrag des Generalbundesanwalts die Sache an ein anderes Landgericht zurückverwiesen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO, 2. Alternative). Nack Wahl Hebenstreit Elf Graf

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

24
(2) Weite Teile des sonstigen Vorbringens gegen die Feststellungen zum Tatgeschehen erschöpfen sich in Überlegungen zu alternativen Geschehensabläufen (der Angeklagte könne nach dem Flaschenwurf den Tatort alsbald verlassen oder dort nur zur Beobachtung des weiteren Geschehens „verweilt“ haben), die in den Urteilsgründen keine Anknüpfungspunkte finden. Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine konkreten Anhaltspunkte erbracht sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 27. April 2010 - 1 StR 454/09, wistra 2010, 310, 312 mwN). Dementsprechend braucht das Urteil bloß theoretische Möglichkeiten auch nicht zu erörtern (BGH, Urteil vom 26. Mai 2011 - 1 StR 20/11). Eine auf den Beleg der Richtigkeit ihrer Vermutungen gerichtete Aufklärungsrüge hat die Revision nicht erhoben.
13
Lückenhaft ist eine Beweiswürdigung namentlich dann, wenn sie wesentliche Feststellungen nicht erörtert (BGH, Urteile vom 22. Mai 2007 – 1 StR 582/06; vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13). Einen solchen Mangel des Urteils zeigen die Revisionsführer nicht auf, vielmehr erschöpfen sich ihre Angriffe im Wesentlichen in einer anderen Bewertung von Tatsachen, die das Landgericht in seine Würdigung einbezogen und ersichtlich bedacht hat. Ein zu einem Rechtsfehler führendes „Erörterungsdefizit“ liegt auch nicht darin, dass die Jugendkammer ein bewusstes Verkürzen der Klingenlänge sowie die „rationale Überlegung“ des Angeklagten, dem Opfer einen Denkzettelzu verpassen, bejaht hat, obwohl sie bei diesem von einer hochgradigen affektiven Erregung ausgegangen ist. Denn eine solche Erregung schließt ein bewusstes und ratio- nales Verhalten nicht von vorneherein aus. Auch zur „Hemmschwellentheorie“ bedurfte es keiner näheren Ausführungen (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, 189 ff.). Soweit die Revisionsführer Feststel- lungen zur verbliebenen Länge der in den Körper des Geschädigten eindringenden Klinge oder dazu vermissen, wie weit der Angeklagte die Klinge hätte verkürzen müssen, damit die Stiche nicht lebensgefährlich sind, hätte es der Erhebung einer zulässigen Verfahrensrüge bedurft (vgl. auch BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 371/13
vom
5. Dezember 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Verdachts des versuchten Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 5. Dezember
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als Vorsitzende,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Richterin am Landgericht
als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 24. April 2013 wird verworfen.
2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten durch dieses entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Die unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklageschrift legt dem Angeklagten fünf tateinheitlich zusammentreffende Fälle des versuchten Mordes, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, zur Last, wobei es in einem Fall der gefährlichen Körperverletzung beim Versuch geblieben sei. Von diesem Vorwurf hat das Landgericht den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen richtet sich die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge, die sich ausschließlich gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts wendet und insbesondere deren Lückenhaftigkeit und Widersprüchlichkeit geltend macht. Das Rechtsmittel hat jedoch keinen Erfolg.

I.


2
Der nicht vorbestrafte Angeklagte war als ausgebildeter Chemiker bei der Fa. F. GmbH in L. in der Qualitätssicherung angestellt. Am Morgen des 29. März 2010, einem Montag, tranken vier Mitarbeiter des Un- ternehmens Kaffee, den einer von ihnen nach 6.40 Uhr in einem Büro in einer von mehreren Angestellten genutzten Kaffeemaschine zubereitet hatte. Eine fünfte Mitarbeiterin hatte sich zwar von dem Kaffee eine Tasse eingeschenkt, kam aber nicht mehr dazu, davon zu trinken. Kurze Zeit nach dem Konsum des Kaffees litten die vier Mitarbeiter, die von dem Kaffee getrunken hatten, unter anderem an Schwindelanfällen, wurden bewusstlos und mussten notärztlich und anschließend in einem Krankenhaus versorgt werden.
3
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen wurde in dem in den Tassen der fünf Mitarbeiter verbliebenen Kaffee sowie im Filterrückstand der Giftstoff Scopolamin festgestellt; auch im Blut und Urin der vier Geschädigten wurde Scopolamin gefunden.
4
Die zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage legt dem Angeklagten zur Last, am Morgen des 29. März 2010 in den Wasserbehälter der Kaffeemaschine mindestens 193 mg Scopolamin geschüttet zu haben.
5
Zur Täterschaft hat das Schwurgericht im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen: - es ist "sehr wahrscheinlich", dass sich der Täter mit den Gegebenheiten in dem Unternehmen gut auskannte und deshalb aus dem Kreis dessen Mitarbeiter oder der dem Unternehmen nahe stehenden Personen kam; - der seit dem Jahr 2005 bei dem Unternehmen beschäftigte Angeklagte hatte ein Motiv dafür, den Mitarbeitern Schaden zuzufügen, denn er wurde unter anderem mit zwei Abmahnungen im Jahr 2009 massiv kritisiert und hegte einen "tiefen Groll" gegen den 2006 eingesetzten Geschäftsführer des Unternehmens; - der die Tatbegehung bestreitende Angeklagte hielt sich - was nicht ungewöhnlich war - am Tattag ab etwa 4.00 Uhr vorübergehend auf dem Betriebsgelände auf; zwei auf 5.50 und 5.53 Uhr dieses Tages datierte Messprotokolle aus dem Bereich der Qualitätssicherung, für die der Angeklagte zuständig ist, sind von ihm unterzeichnet; etwa ab 6.00 Uhr war er - anders als sonst - über mehrere Stunden hin telefonisch nicht mehr erreichbar; als sich eine Mitarbeiterin am späten Vormittag nach seinem Befinden erkundigte, benahm sich der Angeklagte aus deren Sicht ungewöhnlich (er habe "ironisch gelacht"); - in dem Büro, in dem die Kaffeemaschine stand, brannte etwa um 5.45 bzw. 5.50 Uhr Licht; kurze Zeit später war die Hoftür zu dem Büro abgeschlossen und es brannte in dem Büro kein Licht mehr; - der Angeklagte hatte Zugang zu dem Büro, in dem die Kaffeemaschine stand; - auf dem Wassertank an der Rückseite der Kaffeemaschine wurde ein Fingerabdruck des Angeklagten sichergestellt; - die Kaffeemaschine war von einer Reinigungskraft am Samstag, dem 27. März 2010, gereinigt worden, unter anderem hatte sie den Was- sertank feucht abgewischt; anschließend bereitete sich die Zeugin selbst Kaffee zu, ohne nach dessen Konsum zu erkranken; - auf der Festplatte des Computers eines in dem Unternehmen beschäftigten Praktikanten, den auch der Angeklagte benutzte, wurde ein am 18. September 2007 erstelltes "Browsercookie" aufgefunden, nach dem im Jahr 2007 unter dem Namen "k. " das Forum der Internetseite "www. .de" besucht wurde; in diesem Forum hatte ein (nicht ermittelter) Nutzer am 9. März 2007 nach der "Totalsynthese" , also der chemischen Zusammensetzung von Scopolamin gefragt; - an der Kaffeemaschine und der Kaffeekanne wurde DNA gesichert, die allerdings nicht für eine Typisierung ausreichte bzw. für die lediglich festgestellt werden konnte, dass sie von drei bzw. zwei Personen herrührt; - ein an einer anderen Stelle des Gehäuses der Kaffeemaschine gesicherter weiterer Fingerabdruck konnte keinem konkreten Verursacher zugeordnet werden; - in dem vom Angeklagten und seiner Ehefrau bewohnten Haus wurde eine Vielzahl chemischer Substanzen - aber kein Scopolamin - aufgefunden.
6
Aufgrund dieser Feststellungen vermochte sich das Landgericht nicht von der Täterschaft des Angeklagten zu überzeugen.

II.


7
Dies begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
8
1. Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies vom Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Denn die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Ihm obliegt es, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Zudem muss das Urteil erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Dabei dürfen die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet werden, sondern müssen in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt worden sein (st. Rspr.; vgl. die Nachweise bei Brause, NStZ-RR 2010, 329, 330 f.; MeyerGoßner , StPO, 56. Aufl., § 337 Rn. 26 ff.).
9
Schließlich unterliegt der revisionsgerichtlichen Überprüfung auch, ob der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 4 StR 360/12, NStZ 2013, 180 mwN). Jedoch ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Bundesgerichtshof als Maßstab seiner revisionsrechtlichen Kontrolle darauf abstellt, ob die vom Tatgericht gezogenen Schlussfolgerungen möglich sind (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2008 - 2 BvR 2067/07, Rn. 43). Das Revisionsgericht hat die tatrichterliche Überzeugungsbildung sogar dann hinzunehmen, wenn eine abweichende Würdigung der Beweise näher liegend gewesen wäre (BGH, Urteil vom 20. September 2012 - 3 StR 158/12, NStZ-RR 2013, 89). Dies gilt unabhängig von der Bedeutung und dem Gewicht des strafrechtlichen Vorwurfs des jeweiligen Verfahrens; denn diese vermögen eine unterschiedliche Handhabung der Grundsätze revisionsgerichtlicher Rechtsprüfung nicht zu rechtfertigen (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2007 - 3 StR 342/07, NStZ-RR 2008, 146).
10
2. Daran gemessen ist die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden. Sie beruht auf einer ausreichenden Gesamtschau der maßgeblichen objektiven und subjektiven Tatumstände.
11
a) Die Beweiswürdigung ist insbesondere nicht lückenhaft.
12
aa) Auch im Fall eines Freispruchs muss der Tatrichter die wesentlichen Gründe seiner Entscheidung in den schriftlichen Urteilsgründen darlegen (BGH, Urteile vom 2. April 2008 - 2 StR 19/08; vom 24. Januar 2006 - 5 StR 410/05). Indes kann eine Beweiswürdigung ihrer Natur nach nicht erschöpfend in dem Sinne sein, dass alle irgendwie denkbaren Gesichtspunkte und Würdigungsvarianten in den Urteilsgründen ausdrücklich abgehandelt werden. Dies ist von Rechts wegen auch nicht zu verlangen. Aus einzelnen Lücken kann daher nicht ohne Weiteres abgeleitet werden, der Tatrichter habe nach den sonstigen Urteilsfeststellungen auf der Hand liegende Wertungsgesichtspunkte nicht bedacht (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 285/10, NStZ-RR 2011, 50; ähnlich Urteil vom 14. Dezember 2005 - 2 StR 375/05, NStZ-RR 2006, 82, 83).
13
Lückenhaft ist eine Beweiswürdigung vielmehr namentlich dann, wenn sie wesentliche Feststellungen nicht erörtert (BGH, Urteil vom 22. Mai 2007 - 1 StR 582/06). Bei der Prüfung, ob dies der Fall ist, ist es jedoch nicht Sache des Revisionsgerichts, Mutmaßungen darüber anzustellen, ob nicht naheliegend weitere Beweismittel zur Aufklärung der Tatvorwürfe zur Verfügung gestanden hätten oder weitere Beweise erhoben und im Urteil lediglich nicht gewürdigt worden sind. Schon gar nicht kann das Revisionsgericht aufgrund derartiger Mutmaßungen das Urteil auf die Sachrüge hin aufheben. Vielmehr ist es in solchen Fällen Sache der Staatsanwaltschaft, entweder durch Erhebung einer Aufklärungsrüge geltend zu machen, dass das Landgericht weitere mögliche Beweise zur Erforschung des Sachverhalts unter Verstoß gegen § 244 Abs. 2 StPO nicht erhoben hat, oder zu beanstanden, dass es hierzu erhobene Beweise nicht in seine Würdigung einbezogen und daher zu seiner Überzeugungsbildung den Inbegriff der Hauptverhandlung nicht ausgeschöpft hat (§ 261 StPO; vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 317/10, NStZ-RR 2011, 88 f.).
14
bb) Auf dieser Grundlage haben die Beanstandungen der Revisionsführerin und des Generalbundesanwalts zur Lückenhaftigkeit der tatrichterlichen Beweiswürdigung keinen Erfolg.
15
Sie erschöpfen sich zum einen in einer anderen Bewertung von Tatsachen , die das Landgericht in seine Würdigung einbezogen und ersichtlich bedacht hat, etwa dass der Angeklagte - insbesondere zeitlich und räumlich - Gelegenheit zur Tatbegehung hatte, er sich nach der Tat auffällig verhielt und keine konkreten Hinweise dafür vorliegen, welche andere Person Täter sein könnte. Es ist jedoch allein Sache des Tatrichters, die Bedeutung und das Gewicht der einzelnen Indizien zu bewerten; das Revisionsgericht kann nicht auf der Grundlage einer abweichenden Beurteilung der Bedeutung einer Indiztatsache in die Überzeugungsbildung des Tatrichters eingreifen (BGH, Urteile vom 20. September 2012 - 3 StR 158/12, NStZ-RR 2013, 89; vom 4. April 2013 - 3 StR 37/13; vom 16. Mai 2013 - 3 StR 45/13, StraFo 2013, 339).
16
Zum anderen sehen Revisionsführerin und Generalbundesanwalt Lücken in einer nicht hinreichenden Aufklärung etwa zu den finanziellen Verhältnissen des Angeklagten oder zu der Frage, ob andere Firmenangehörige mit chemischen Kenntnissen Zugang zu dem Büro und ein ebenso starkes Motiv für die Vergiftung hatten. Da Grundlage der materiell-rechtlichen Überprüfung durch das Revisionsgericht allein das tatrichterliche Urteil ist, liegt hierin angesichts der im Übrigen getroffenen Feststellungen kein auf die Sachrüge hin zu beachtender Rechtsfehler, sondern ein Mangel, der mit einer Aufklärungsrüge gerügt werden musste (vgl. BGH, Urteile vom 18. September 2008 - 5 StR 224/08, NStZ 2009, 401, 403; vom 8. August 2001 - 5 StR 252/01; zur Erforderlichkeit von Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen in einer anders gearteten Konstellation auch BGH, Urteil vom 21. November 2013 - 4 StR 242/13).
17
b) Die Beweiswürdigung in dem landgerichtlichen Urteil enthält auch keine einen Rechtsfehler darstellende Widersprüche.
18
Ein solcher die Sachrüge begründender Widerspruch kann nicht allein darin liegen, dass einzelne Beweismittel miteinander Unvereinbares ergeben haben. Ebenso wenig kann ein Widerspruch darin gesehen werden, dass das Gericht einer Zeugenaussage folgt (hier z.B. zur - gründlichen - Reinigung der Kaffeemaschine am 27. März), aber hieraus nicht die von der Staatsanwaltschaft gezogene Schlussfolgerung ziehen will (dass dann der Fingerabdruck des Angeklagten nicht am Tag zuvor an die Kaffeemaschine gelangt sein kann).
Vielmehr ist bei ambivalenten Beweisanzeichen, die dem Tatrichter im Einzelfall rechtlich zulässige Schlüsse sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Angeklagten ermöglichen, eine rechtlich vertretbare tatrichterliche Entscheidung darüber , welche indizielle Bedeutung ein solcher Umstand im konkreten Fall entfaltet , vom Revisionsgericht hinzunehmen (vgl. BGH, Urteile vom 16. Mai 2013 - 3 StR 45/13, StraFo 2013, 339; vom 4. April 2013 - 3 StR 37/13; vom 20. September 2012 - 3 StR 158/12, NStZ-RR 2013, 89).
19
c) Auch die Würdigung der Einlassung des Angeklagten lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
20
Zwar ist der Tatrichter nicht verpflichtet, einer Einlassung zu folgen, nur weil es für das Gegenteil keine unmittelbaren Beweise gibt, mittels derer die Behauptung sicher widerlegt werden kann. Denn es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten eines Angeklagten Sachverhalte zu unterstellen, für deren Vorliegen keine zureichenden Anhaltspunkte vorhanden sind (vgl. BGH, Urteile vom 2. September 2009 - 2 StR 229/09, NStZ 2010, 102; vom 18. September 2008 - 5 StR 224/08, NStZ 2009, 401, 402; ferner BVerfG, NStZ-RR 2007, 381, 382).
21
Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Dass - wie der Generalbundesanwalt anführt - das Schwurgericht nach der im letzten Wort erfolgten Einlassung des bis dahin schweigenden Angeklagten weder Vorhalte gemacht noch Nachfragen gestellt oder erneut in die Beweisaufnahme eingetreten ist, ist auf die allein erhobene Sachrüge hin unbeachtlich.
22
d) Schließlich hat das Landgericht weder die gebotene Gesamtwürdigung der für und gegen die Täterschaft des Angeklagten sprechenden Umstän- de unterlassen oder rechtsfehlerhaft vorgenommen, noch hat es überspannte Anforderungen an die entsprechende Überzeugungsbildung gestellt.
23
Eine Gesamtwürdigung hat das Schwurgericht vielmehr ausdrücklich vorgenommen. Der Beschwerdeführerin ist zwar zuzugeben, dass die Strafkammer dabei die für ihre Überzeugungsbildung maßgeblichen Beweisanzeichen weiter gehend oder noch detaillierter hätte erörtern können. Sie hat aber auch angesichts der von ihr nicht verkannten, den Angeklagten belastenden Umstände weder nahe liegende andere Deutungsmöglichkeiten außer Acht gelassen , noch bloße Schlussfolgerungen zur Begründung von Zweifeln an der Täterschaft des Angeklagten angeführt, für die es nach der Beweisaufnahme entweder keine tatsächlichen Anhaltspunkte gibt oder die als eher fernliegend zu betrachten sind. Auch die Gesamtwürdigung weist daher keinen Rechtsfehler auf.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 322/15
vom
13. Januar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
ECLI:DE:BGH:2016:130116B4STR322.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 13. Januar 2016 gemäß § 46 Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 14. April 2015 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil dahin geändert, dass der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt wird.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
4. Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in neun Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 29 Fällen zu der Ge- samtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der nicht näher ausgeführten Sachrüge.
2
Das nach Wiedereinsetzung in die versäumte Revisionsbegründungsfrist zulässige Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg ; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Die Annahme von 38 selbständigen, real konkurrierenden Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, teils in nicht geringer Menge, hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
4
Nach den Feststellungen bezog der Angeklagte im Zeitraum von 2009 bis 26. April 2013 in 38 Fällen Marihuana mit Wirkstoffgehalten von mindestens 12,6 % und 16,2 % in Mengen von 50 Gramm bis zu einem Kilogramm zur gewinnbringenden Weiterveräußerung. Sämtliche Geschäfte wurden dergestalt „auf Kommission“ abgewickelt, dass der Angeklagte mit dem Erlös aus dem vorangegangenen Abverkauf der von ihm erworbenen Betäubungsmittel jeweils den nächsten Ankauf bei seinem Lieferanten beglich. Die Überschneidung der tatbestandlichen Ausführungshandlungen, die sich daraus ergibt, dass das Aufsuchen des Lieferanten jeweils zugleich der Übermittlung des Entgelts für die vorangegangene und der Abholung der vereinbarten neuerlichen Betäubungsmittellieferung diente, führt nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 – 4 StR 418/12, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 14; Beschlüsse vom 2. Juli 2014 – 4 StR 188/14; vom 22. Mai 2014 – 4 StR 223/13; vom 7. September 2015 – 2 StR 47/15; vom 9. Dezember 2014 – 2 StR 381/14; vom 22. Januar 2010 – 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97; vom 15. Juli 2014 – 5 StR 169/14, insoweit in NStZ-RR 2014, 315 nicht abgedruckt; vgl. dagegen BGH, Beschluss vom 3. September 2015 – 3 StR 236/15) dazu, dass hinsichtlich der unmittelbar aufeinander folgenden Umsatzgeschäfte die auf die jeweiligen Handelsmengen bezogenen Bewertungseinheiten des Handeltreibens im Wege der gleichartigen Idealkonkurrenz tateinheitlich verknüpft sind. Das Tun des Angeklagten stellt sich daher als eine einheitliche Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG dar.
5
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der in vollem Umfang geständige Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der Einzelstrafen. Die von der Strafkammer festgesetzte Gesamtstrafe kann dagegen in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO als Strafe für die einheitliche Tat bestehen bleiben. Der Senat kann ausschließen, dass der Tatrichter bei zutreffender Bewertung des Konkurrenzverhältnisses, die den Unrechts- und Schuldgehalt des vom Angeklagten verwirklichten strafbaren Verhaltens unberührt lässt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 4. November 2010 – 4 StR 374/10, NStZ-RR 2011, 79, 80; vom 30. Juli 2013 – 4 StR 29/13, NStZ 2013, 641), auf eine niedrigere Freiheitsstrafe erkannt hätte.
6
Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Mutzbauer Bender

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 236/15
vom
3. September 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
zu 2.: Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3. September
2015, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung -,
Staatsanwalt - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Stade vom 24. Juli 2014 im Ausspruch über den Verfall mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten Ö. wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in zwei Fällen und wegen versuchten gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Den Angeklagten A. hat es wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen, wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in drei Fällen und wegen versuchten gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sieben Monaten verurteilt. Es hat außerdem eine Verfalls- und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die zum Nachteil der Angeklagten eingelegte, zulässig beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich lediglich gegen die Verfallsentscheidung. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
2
Das Landgericht hat in der Urteilsformel lediglich festgestellt, dass der Angeklagte A. aus den Taten insgesamt 25.900 € sowie der Angeklagte Ö. insgesamt 3.450 € erlangt haben und "dass Ansprüche Verletzter einer Verfallsanordnung - einschließlich Verfall von Wertersatz oder erweitertem Verfall - nicht entgegenstehen". Den Urteilsgründen (UA S. 46 f.) ist sodann zu entnehmen, dass es gemeint hat, damit hinsichtlich dieser Beträge den Verfall bzw. den Verfall von Wertersatz angeordnet zu haben.
3
Die Entscheidung bezüglich des Verfalls hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Es fehlt an einer vollstreckbaren, in die Entscheidungsformel aufzunehmenden Anordnung (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 260 Rn. 39).
4
Der Senat kann die Anordnung nicht nachholen, weil die bisherigen Urteilsgründe einen solchen Ausspruch nicht zu tragen vermögen. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift im Einzelnen zutreffend dargelegt hat, fehlt es hinsichtlich der Fälle 9 und 11 der Anklage an Feststellungen dazu, dass die Angeklagten den vereinbarten Schleuserlohn auch erlangten. Dies hätte hier angesichts der Aufgriffe der geschleusten Personen durch die Polizei ausdrücklicher Darlegung bedurft. Zudem fehlt die nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB vorrangig zu treffende Feststellung, ob der Wert des Erlangten noch im Vermögen der Angeklagten vorhanden ist (zur Prüfungsreihenfolge vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, BGHR StGB § 73c Härte 14 mwN; Beschluss vom 20. August 2013 - 3 StR 128/13, NStZ-RR 2013, 340 mwN).
Gleiches gilt für die Grundlagen, aufgrund derer das Landgericht den Wert des vom Angeklagten Ö. für die Tat zu Fall 13 der Anklage Erlangten geschätzt hat.
5
Über die Anordnung des Verfalls muss deshalb erneut verhandelt und entschieden werden. Im Hinblick auf die Darlegungen zu § 73d StGB im angefochtenen Urteil bemerkt der Senat ergänzend, dass es bislang an tatsächlichen Darlegungen fehlt, die die Anordnung des erweiterten Verfalls rechtfertigen könnten.
Schäfer Pfister RiBGH Hubert befindet sich im Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben. Schäfer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 236/15
vom
3. September 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 3. September 2015 beschlossen:
1. Der Senat beabsichtigt zu entscheiden: Weder das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für die erste als auch der Übernahme der weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten noch die Bezahlung einer zuvor auf "Kommission" erhaltenen Betäubungsmittelmenge bei Gelegenheit der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge verbindet die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im materiellrechtlichen Sinn.
2. Der Senat fragt bei den anderen Strafsenaten an, ob an (ggf.) entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten wird.

Gründe:

1
I. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen sowie wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in drei Fällen und versuchten gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sieben Monaten verurteilt sowie Einziehungsentscheidungen getroffen. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit Verfahrensrügen und sachlichrechtlichen Beanstandungen.
2
Gegenstand des Anfrageverfahrens ist allein die Verurteilung des Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen unter B. I. der Urteilsgründe (Anklagepunkte 3 bis 8).
3
Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte in sechs Fällen von dem C. jeweils mindestens 100 g Kokain mit einem Reinheitsgehalt von mindestens 30%, um dieses gewinnbringend weiter zu veräußern und sich ein nicht unerhebliches Einkommen von gewisser Regelmäßigkeit zu verschaffen. Er fuhr deswegen zwischen Mitte August 2011 und Mitte Mai 2012 insgesamt sechs Mal nach vorheriger telefonischer Absprache mit C. mit seinem Auto nach B. und erwarb dort das Rauschgift auf "Kommission", welches er jeweils nach gewinnbringendem Verkauf bei der Abholung der neuen Menge, die er zuvor stets telefonisch bestellt hatte, bezahlte. Auf welche Weise das Entgelt für die sechste Betäubungsmittelmenge entrichtet wurde, hat die Strafkammer nicht festgestellt.
4
Das Landgericht hat dieses Geschehen ohne weitere Erörterungen als sechs rechtlich selbstständige Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge abgeurteilt.
5
II. Der Senat beabsichtigt, die Revision des Angeklagten in diesen sechs Fällen zu verwerfen, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wendet. Die insoweit erhobenen Revisionsangriffe versagen: Die Aufklärungsrüge, mit der die vollständige Einführung des Inhalts dreier Akten in die Hauptverhandlung vermisst wird, betrifft nur den Strafausspruch, den der Senat bereits aufgrund des Antrags des Generalbundesanwalts wegen unterlassener Berücksichtigung eines eingezogenen Kraftfahrzeugs bei der Strafzumessung aufheben wird. Die Aufklärungsrüge betreffend die Anhörung des Sachverständigen zur Erläuterung des Wirkstoffgutachtens ist nicht zulässig erhoben. Die sachlichrechtliche Beanstandung der Beweiswürdigung zum Wirkstoffgehalt des Betäubungsmittels zeigt - wie der Generalbundesanwalt näher ausgeführt hat - keinen Fehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
6
Der Senat ist in Übereinstimmung mit dem Landgericht der Ansicht, dass sechs in Tatmehrheit zueinander stehende Verbrechen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gegeben sind. Sie werden weder durch das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für die erste als auch der Übernahme der weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten (dazu nachstehend 1.) noch durch die Bezahlung der zuvor auf "Kommission" erhaltenen Betäubungsmittelmenge bei Gelegenheit der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge (dazu nachstehend 2.) zu einer einheitlichen Tat im materiellrechtlichen Sinn verbunden.
7
Nach § 52 Abs. 1 StGB liegt materiellrechtlich Tateinheit vor, wenn dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrfach verletzt. Eine solche mehrfache Gesetzesverletzung durch eine Handlung ist zunächst bei einer Handlung im natürlichen Sinne gegeben, also dann, wenn sich ein Willensentschluss in einem Ausführungsakt erschöpft (LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., vor § 52 Rn. 9, § 52 Rn. 6; jeweils mwN). Darüber hinaus kann auch dann von einer Tat im Rechtssinne auszugehen sein, wenn mehrere Handlungen im natürlichen Sinne zu einer Handlungseinheit zusammengefasst werden. Dies ist der Fall, wenn zwischen mehreren menschlichen, strafrechtlich erheblichen Verhaltensweisen ein solcher unmittelbarer Zusammenhang besteht, dass sich das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise (objektiv) auch für einen Dritten als ein einheitlich zusammengefasstes Tun darstellt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 29. März 2012 - 3 StR 422/11, StV 2013, 382, 383 mwN). Über eine enge tatbestandliche Handlungseinheit hinausgehend kann auch eine Mehrheit natürlicher Handlungen, die tatbestandlich zusammengefasst sind und sich als Verwirklichung eines einheitlichen Täterwillens darstellen, als sog. Bewertungseinheit eine Tat im Rechtssinne bilden (LK/Rissing-van Saan aaO, vor § 52 Rn. 40 mwN).
8
Vorliegend kommt die Annahme von Tateinheit unter keinem der genannten Gesichtspunkte in Betracht. Im Einzelnen:
9
1. Aufeinanderfolgende Umsatzgeschäfte eines Betäubungsmittelhändlers werden nicht dadurch zu einer Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln , dass sich der Täter zu seinem Lieferanten begibt, um einerseits die vorangegangene Lieferung zu bezahlen und dabei zugleich eine neue, zuvor bestellte Lieferung abzuholen, also das Aufsuchen des Lieferanten gleichermaßen beiden Umsatzgeschäften dient.
10
Die Besonderheiten des weiten Tatbegriffs beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gebieten es bei angemessener Beachtung von Sinn und Zweck der Konkurrenzvorschriften, nicht bei jeder teilweisen Identität von auf unterschiedliche Betäubungsmittelmengen bezogenen Ausführungshandlungen von Tateinheit auszugehen (a). Die Annahme von Tateinheit ist zur sachgerechten Erfassung des verwirklichten Unrechts und der Schuld nicht unumgänglich , vielmehr kann sie den Wertungen und Zielsetzungen gesetzlicher Regelungen des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts zum Vorteil, aber auch zum Nachteil des Täters zuwiderlaufen (b).
11
a) In Fällen wie dem vorliegenden führt die teilweise Identität von Ausführungshandlungen beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nicht zur Tatidentität. Dabei hält der Senat an dem nach der Rechtsprechung des Bundes- gerichtshofs weit auszulegenden Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 258 ff.) fest. Danach gilt:
12
aa) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256 mwN), wobei verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit bilden (BGH, Beschluss vom 31. Juli 2013 - 4 StR 223/13, NStZ-RR 2014, 144, 145). Sie umfasst deshalb von der Anbahnung des Geschäfts bis zur finanziellen Abwicklung nach Art und Bedeutung höchst unterschiedliche, zudem zeitlich und örtlich vielfach weit auseinanderfallende Betätigungen, die in rechtlicher Bewertung allein durch das subjektive Element des Handlungszwecks, nämlich der auf Güterumsatz gerichteten Zielsetzung, zusammengehalten werden (BGH, Urteil vom 1. Oktober 1997 - 2 StR 520/96, BGHSt 43, 252, 256 f.). Dem - auch aus kriminalpolitischen Erwägungen weit auszulegenden - Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unterfallen sowohl Handlungen, die unmittelbar der Beschaffung und der Überlassung von Betäubungsmitteln an Abnehmer dienen, als auch dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatz nachfolgende Zahlungsvorgänge, ohne dass danach differenziert wird, ob der Handelnde als Abnehmer oder als Lieferant tätig wird (vgl. etwa BGH, Urteile vom 17. Juli 1997 - 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, 162; vom 7. Februar 2008 - 5 StR 242/07, NStZ 2008, 465; Beschlüsse vom 27. Juni 2008 - 3 StR 212/08, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 7; vom 5. August 2014 - 3 StR 340/14, juris Rn. 5). Das Aufsuchen des Lieferanten zum Zweck der Abholung von zuvor bestelltem Betäubungsmittel ist damit eine den Tatbestand des Handeltrei- bens erfüllende Tätigkeit (BGH, Urteil vom 20. August 1991 - 1 StR 273/91, NStZ 1992, 38, 39). Gleiches gilt für die Übermittlung des für eine erfolgte Betäubungsmittellieferung zu entrichtenden Kaufgelds (BGH, Urteil vom 11. Juli 1995 - 1 StR 189/95, StV 1995, 641).
13
bb) Dieser weite Begriff des Handeltreibens bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Frage, unter welchen Bedingungen auf verschiedene Betäubungsmittelmengen bezogene Geschäfte im Rechtssinne in Tateinheit zueinander stehen, deren Ausführungshandlungen teilweise zusammenfallen, so dass eine Handlung im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB vorliegt. Auszugehen ist von dem in der Rechtsprechung anerkannten Grundsatz, wonach Tateinheit dann anzunehmen ist, wenn mehrere Tatbestandsverwirklichungen dergestalt objektiv zusammentreffen, dass die Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind. Dagegen reichen ein einheitliches Motiv, die Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen , die Verfolgung eines Endzwecks, eine Mittel-ZweckVerknüpfung oder eine Grund-Folge-Beziehung nicht aus, um eine Handlungsund in deren Folge eine Tateinheit zu begründen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 1997 - 5 StR 526/96, BGHSt 43, 317, 319; Urteil vom 16. Juli 2009 - 3 StR 148/09, NStZ 2011, 97; vgl. auch LK/Rissing-van Saan aaO, § 52 Rn. 20 mwN).
14
Maßgeblich ist mithin die Identität der Ausführungshandlung in einem für beide Tatbestandsverwirklichungen in der konkreten Form notwendigen Teil; die konkrete, den einen Tatbestand erfüllende Handlung muss zugleich auch zu dem anderen Delikt einen tatbestandserheblichen Beitrag abgeben (BGH, Beschluss vom 11. November 1976 - 4 StR 266/76, BGHSt 27, 66, 67). Mit Blick auf die Weite des Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und die daraus resultierende Vielgestaltigkeit denkbarer Tathandlungen kann die teilidentische Ausführungshandlung nur dann zu einer tateinheitlichen Verbindung zweier an sich unabhängiger, sich auf unterschiedliche Betäubungsmittelmengen beziehender Handelsgeschäfte führen, wenn sie für jedes dieser Geschäfte einen nicht unerheblichen eigenen Unrechts- und Schuldgehalt aufweist und dadurch deren Unwert und die jeweilige Schuld des Täters zumindest mitprägt. Dies liegt beim bloßen Aufsuchen des Lieferanten durch einen Drogenhändler nicht vor.
15
(1) Ein eigener Unrechts- und Schuldgehalt kommt der Fahrt des Täters zu seinem Lieferanten kaum zu. Dies beruht auf der Besonderheit des weiten Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Einigt sich der Täter mit seinem Lieferanten auf den Ankauf von Drogen, die er seinerseits in Gewinnerzielungsabsicht weiterverkaufen will, so ist die Tat des Handeltreibens schon mit dieser Einigung vollendet. Die sich daran anschließende Fahrt zum Lieferanten ist für die Verwirklichung des Tatbestands ohne wesentliche selbstständige Bedeutung, sondern nur eine von vielen nachfolgenden Tätigkeiten, die - zur Bewertungseinheit zusammengefasst - Teile ein und derselben Tat des Handeltreibens sind. Erst recht gilt dies für die Fahrt zum Zweck der Bezahlung eines Handelsgeschäfts, das hinsichtlich der Übergabe der Betäubungsmittel schon abgewickelt ist. In beiden Konstellationen liegt in der Fahrt lediglich ein untergeordneter Teilakt des verabredeten bzw. schon durchgeführten Geschäfts, das sein wesentliches Gepräge vielmehr durch die Verabredung hierzu und durch die Entgegennahme und Weitergabe des Rauschgifts erhält. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zu Fallkonstellationen, in denen erst unter Zugrundelegung eines zugleich einer anderen Tatbestandsverwirklichung dienenden Teilaktes von einer vollständigen Tatbestandsverwirklichung auszugehen ist (so zum Beispiel die Gewaltanwendung im Rahmen des Raubes und die Körperverletzung, BGH, Urteil vom 18. März 1969 - 1 StR 544/68, BGHSt 22, 362, oder die Drohung bei der Vergewaltigung und die dadurch fahrlässig herbeigeführte Tötung, BGH, Urteil vom 21. September 1965 - 1 StR 269/65, BGHSt 20, 269). Die mindere Bedeutung der Fahrt des Täters zu seinem Lieferanten ändert zwar nichts daran, dass auch dadurch der Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllt wird, sie hindert nach den oben genannten Maßgaben indes, dass zwischen zwei nur auf diese Weise "verbundenen" Handelsgeschäften Tateinheit anzunehmen ist.
16
(2) Die geringe Bedeutung, welche der Fahrt des Täters zum Lieferanten für das Unrecht des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zukommt, erhellt auch folgende - geringfügig abweichende - Sachverhaltsvariante: Hat der Täter noch kein Erwerbsgeschäft mit seinem Betäubungsmittellieferanten vereinbart, sondern fährt mit dem Gedanken, bei sich bietender Gelegenheit weitere Drogen zu kaufen, so stellt die Anfahrt zu dem Ort, an dem der Täter ggf. Betäubungsmittel für den gewinnbringenden Weiterverkauf erwerben will, nur eine straflose Vorbereitungshandlung des in Aussicht genommenen Betäubungsmittelhandels dar (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 1 StR 245/96, NStZ 1996, 507, 508; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 55). Ist danach die Fahrt keine Ausführungshandlung für ein neuerliches Drogengeschäft , so kann sie auch keine Verbindung von zwei Taten des Betäubungsmittelhandels bewirken.
17
b) Zur sachgerechten Erfassung des verwirklichten Unrechts und der Schuld ist es nicht unumgänglich, die Mehrzahl von Handelsgeschäften zu einer einheitlichen Tat zusammenzufassen (vgl. zur Frage der Rechtfertigung der fortgesetzten Handlung BGH, Beschluss vom 3. Mai 1994 - GSSt 2 und 3/93, BGHSt 40, 138, 158 ff.). Mit dieser Zusammenfassung sind vielmehr eine Rei- he von Vorteilen und Nachteilen für den Täter verbunden, die letztlich auch zur Aufgabe der Rechtsfigur der fortgesetzten Handlung geführt haben (vgl. BGH aaO S.146 ff.).
18
aa) Die Annahme nur einer Tat im Rechtssinn kann sich wegen der Rechtskraftwirkung als ein Hindernis für eine effektive, zu gerechter Ahndung führende Bekämpfung der Serienkriminalität erweisen, die bei Aburteilung einzelner Teile der Tatserie eintritt. Um zu vermeiden, dass die Verurteilung wegen des Weiterverkaufs einer geringen Menge den Verbrauch der Strafklage für ein größeres Gesamtgeschehen nach sich zieht, müsste der Tatrichter sorgfältig das gesamte Lebensumfeld des Angeklagten untersuchen. Eine derartige Ausdehnung der Kognitionspflicht wäre in der Praxis nicht zu leisten.
19
bb) Anwendungsschwierigkeiten könnten auch bei der Sicherungsverwahrung entstehen, sofern es darauf ankommt, dass der Täter eine Mehrzahl von erheblichen Straftaten begangen hat (§ 66 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 StGB). Da - wie der Fall zeigt - Einzeltaten zu einer Tat zusammengefasst werden würden, die für sich bereits mit erheblichen Einzelstrafen geahndet werden, würde eine Verknüpfung zu einer Tat den Angeklagten begünstigen.
20
cc) Die bandenmäßige Begehung setzt nach der Rechtsprechung einen Zusammenschluss mit dem Willen voraus, mehrere selbstständige, noch unbestimmte Taten zu begehen (BGH, Beschluss vom 22. März 2001 - GSSt 1/00, BGHSt 46, 321). Die Verfolgung wäre erschwert, wenn sich der Tatrichter mit der (dann rechtlich erheblichen) Einlassung auseinandersetzen muss, die Tätergruppierung habe darauf geachtet, jeweils Fahrten sowohl zur Restzahlung für alte Lieferungen als auch zur Abholung neu bestellter Betäubungsmittel zu nutzen. Ähnliche Probleme könnten bei der Feststellung entstehen, ob der Täter gewerbsmäßig (§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG) gehandelt hat, da auch die- se Begehungsweise die Absicht zur mehrfachen Tatbestandsverwirklichung verlangt.
21
dd) Die Zusammenfassung mehrerer Handelsgeschäfte kann sich - im Bereich der kleineren Betäubungsmittelkriminalität - aber auch zum Nachteil des Täters auswirken, wenn die einzelnen Mengen zusammengefasst die Grenze zur nicht geringen Menge im Sinne von § 29 Abs. 1 Nr. 2 BtMG überschreiten und sich damit der Deliktscharakter vom Vergehen zum Verbrechen ändert (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Mai 1994 - GSSt 2 und 3/93, BGHSt 40, 138, 151 zur entsprechenden Rechtslage bei der fortgesetzten Handlung). Gleiches gilt, wenn der Täter lediglich bei einem Handelsgeschäft, das keine nicht geringe Menge von Rauschgift zum Gegenstand hat, im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG bewaffnet ist.
22
2. Die Entgegennahme weiterer Betäubungsmittel anlässlich der Bezahlung zuvor gelieferter Betäubungsmittel verbindet die beiden Handelsgeschäfte ebenfalls nicht zu einer Tat im Rechtssinn. Insofern gilt: Allein ein Handeln am selben Ort und zur selben Zeit begründet im Allgemeinen keine Tateinheit im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit; erforderlich ist grundsätzlich vielmehr die (Teil-)Identität der objektiven Ausführungshandlungen (vgl. LK/Rissing-van Saan aaO, § 52 Rn. 20 mwN). Hierzu reichen, wie bereits dargelegt, ein einheitliches Motiv, die Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen, die Verfolgung eines Endzwecks, eine Mittel-Zweck-Verknüpfung oder eine Grund-FolgeBeziehung nicht aus (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 25. November1997 - 5 StR 526/96, BGHSt 43, 317, 319; Urteil vom 16. Juli 2009 - 3 StR 148/09, NStZ 2011, 97).
23
So liegt es hier: Die Bezahlung der Erstlieferung und die Entgegennahme der Zweitlieferung sind gesonderte Handlungen, die jeweils nur für die ein- zelne Lieferung das Tatbestandsmerkmal des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllen (vgl. für die Bestellung neuer Betäubungsmittel aus Anlass der Bezahlung einer früheren Lieferung BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - 3 StR 148/09, NStZ 2011, 97; für die Abholung neuer Betäubungsmittel aus Anlass der Bezahlung einer früheren Lieferung BGH, Beschluss vom 15. Februar 2011 - 3 StR 3/11, juris ). Darin unterscheidet sich der Sachverhalt von Konstellationen, in denen in der Rechtsprechung Tateinheit infolge eines Zusammenfallens von Zahlungsvorgängen für mehrere Betäubungsmittelkäufe angenommen worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 1993 - 2 StR 47/93, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 3 Konkurrenzen 5; vom 13. März 1996 - 2 StR 514/95, BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 29; vom 17. Oktober 2007 - 2 StR 376/07, juris; vom 9. Januar 2008 - 2 StR 527/07, juris; zu den Bedenken hiergegen vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. April 1999 - 4 StR 42/99, NStZ 1999, 411; vom 27. Juni 2008 - 3 StR 212/08, NStZ 2009, 392).
24
III. Der Ansicht des Senats stehen Entscheidungen anderer Strafsenate entgegen.
25
1. Zur Fahrt des Täters, die sowohl der Ablieferung des Kaufpreises für die frühere Lieferung als auch der Entgegennahme einer neueren Lieferung dient:
26
a) Der 4. Strafsenat hat in dem Aufsuchen des Lieferanten zur Abholung einer bereits zuvor verabredeten Lieferung zur Weiterveräußerung vorgesehener Betäubungsmittel eine Tathandlung des Handeltreibens gesehen, die mit der Tathandlung des dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatzes nachfolgenden Zahlungsvorgangs bezüglich einer vorangegangenen Lieferung zusammentrifft und deshalb Tateinheit zwischen den beiden Betäubungsmittelgeschäften wegen sich überschneidender objektiver Ausführungshandlungen an- genommen (BGH, Urteil vom 25. April 2013 - 4 StR 418/12, NStZ 2014, 162; Anfragebeschluss vom 31. Juli 2013 - 4 StR 223/13, NStZ-RR 2014, 144; Vorlegungsbeschluss vom 22. Mai 2014 - 4 StR 223/13, juris Rn. 4 ff.; Beschluss vom 2. Juli 2014 - 4 StR 188/14, juris Rn. 4).
27
b) Der 2. Strafsenat hat in einer Stellungnahme zum Anfragebeschluss des 4. Strafsenats vom 31. Juli 2013 mitgeteilt, er neige zu der Ansicht, dass vor dem Hintergrund der in ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorgenommenen weiten Auslegung des Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln die Annahme von Tateinheit nicht noch weiter auf die der Anfrage zu Grunde liegende Fallkonstellation ausgedehnt werden sollte. Der Begriff der Handlungseinheit werde damit noch über die aufgegebene Rechtsfigur der fortgesetzten Handlung hinaus erweitert, wofür weder eine rechtliche Grundlage noch ein praktisches Bedürfnis bestehe (Beschluss vom 24. Oktober 2013 - 2 ARs 319/13, NStZ-RR 2014, 81).
28
2. Zur Bezahlung einer früheren Betäubungsmittellieferung im Zusammenhang mit der Entgegennahme oder Bestellung einer weiteren Lieferung:
29
a) Der 2. Strafsenat hat im Fall der Zahlung des Kaufpreises für eine frühere Lieferung (ebenso wie in der Rückgabe von wegen Qualitätsmängeln beanstandeten Rauschgifts aus dieser Lieferung) bei der Übernahme einer weiteren Lieferung Tateinheit angenommen (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2010 - 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97). Er hat in einer späteren Entscheidung unter Hinweis auf diesen Beschluss offen gelassen, ob an der Rechtsprechung festzuhalten ist, wonach die Abwicklung von Zahlungsvorgängen zurückliegende und neue Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu rechtlichen oder tatsächlichen Handlungseinheiten verbinden kann (BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - 2 StR 572/11, juris Rn. 4), jüngst indes unter Bezugnahme auf denselben Beschluss wieder Tateinheit wegen Zusammentreffens beider Rauschgiftgeschäfte in einem Handlungsteil angenommen (BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2014 - 2 StR 381/14, juris Rn. 6).
30
b) Der 4. Strafsenat hat im Fall der Teilzahlung einer früheren Lieferung, bei der zugleich "das weitere Rauschgiftgeschäft eingeleitet" worden war, Bedenken geäußert, ob der bloße Zahlungsvorgang die Kraft habe, mehrere an sich selbstständige Rauschgiftgeschäfte zu einer Tat im Rechtssinne zu verbinden , zur Begründung auf die weitreichenden Folgen beim Strafklageverbrauch verwiesen, in der Sache aber von einer Anfrage nach § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG abgesehen und das Verfahren teilweise nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt (BGH, Beschluss vom 13. April 1999 - 4 StR 42/99, NStZ 1999,

411).


31
IV. Der Senat fragt deshalb beim 2. Strafsenat und beim 4. Strafsenat an, ob an dieser Rechtsprechung festgehalten wird, und bei den beiden anderen Strafsenaten, ob ggf. an entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten wird, § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG.
Schäfer Pfister Hubert Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 261/06
vom
1. August 2006
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 1. August 2006 gemäß §§ 349
Abs. 2 und 4, 206 a Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 3. April 2006 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) in den Fällen II. 3. bis 7. und 22. der Urteilsgründe (Verkaufsmengen: jeweils 100 g Haschisch), in den Fällen II. 8. bis 11. (Verkaufsmengen: jeweils 125 g Haschisch) und im Fall II. 35. der Urteilsgründe (Verkaufsmenge: 10 g Kokain),
b) im Fall II. 36. der Urteilsgründe (= Fall 37 der Anklage ); insoweit wird das Verfahren eingestellt und trägt die Staatskasse die Kosten des Revisionsverfahrens sowie die dem Angeklagten entstandenen ausscheidbaren notwendigen Auslagen,
c) im Ausspruch über die in den übrigen Fällen (Fälle II. 1., 2., 12. bis 21. und 23. bis 34. der Urteilsgründe ) verhängten Einzelfreiheitsstrafen,
d) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die übrigen Kos- ten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „gewerbsmäßigen“ unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (zu ergänzen ist: in 36 Fällen) unter Einbeziehung einer Strafe aus einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Das Urteil hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit der Angeklagte in den Fällen II. 3. bis 11., 22. und 35. der Urteilsgründe wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist. Nach den getroffenen Feststellungen lieferte der Angeklagte in den Fällen II. 3. bis 11. und 22. 100 g bzw. 125 g Haschisch „jeweils mittlerer Qualität“ an verschiedene Abnehmer. Im Fall II. 35. verkaufte er 10 g Kokain an Mustafa M. . Zu dem Wirkstoffgehalt der veräußerten Betäubungsmittel verhält sich das Urteil nicht. Der Senat kann daher nicht überprüfen, ob in den genannten Fällen die Grenzwerte der nicht geringen Menge von 7,5 g THC (vgl. BGHSt 33, 8; 42, 1) für Cannabisprodukte und 5,0 g Kokainhydrochlorid (vgl. BGHSt 33, 133) für Kokain erreicht worden sind. Dies versteht sich auch bei den Haschischverkäufen nicht von selbst. Bei mittlerer (= durchschnittlicher) Qualität von Haschisch wird zwar regelmäßig von einem THC-Gehalt von 5 bis zu 8 % ausgegangen werden können (vgl. BGHSt 42, 1, 14; Weber BtMG 2. Aufl. An- hang H). Bei Zugrundelegung des danach gegebenen unteren Wertes von 5 % THC wäre jedoch in keinem der betroffenen Fälle der Grenzwert von 7,5 g THC erreicht.
3
2. Keinen Bestand hat auch die Verurteilung des Angeklagten im Fall II. 36. der Urteilsgründe (= Fall 37 der Anklage). Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 3. April 2006 ist das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft insoweit gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Der gerichtliche Einstellungsbeschluss nach § 154 Abs. 2 StPO begründet ein Verfahrenshindernis (vgl. Meyer/Goßner StPO 49. Aufl. § 154 Rdn. 17). Das Verfahren ist daher in diesem Punkt einzustellen (§ 206 a Abs. 1 StPO).
4
3. Schließlich können auch die von der Urteilsaufhebung nicht betroffenen Einzelstrafen nicht bestehen bleiben. Zwar kann insoweit aufgrund der festgestellten Verkaufsmengen ausgeschlossen werden, dass der Grenzwert der nicht geringen Menge im Sinne des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nicht erreicht worden ist. Jedoch stellt die Gesamtmenge des Wirkstoffs einen wesentlichen Umstand für die Beurteilung des Unrechts- und Schuldgehalts der Tat dar (vgl. BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 8; BGH NStZ-RR 2002, 52, 53 m.w.N.). Der Senat kann daher nicht ausschließen, dass die unterbliebene Feststellung des Wirkstoffgehalts der veräußerten Drogen sich bei der Bemessung der verhängten Strafen zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat, zumal das Landgericht bei der Strafzumessung allgemein zu seinen Ungunsten berücksichtigt hat, er habe „bei seinen Geschäften die nicht geringe Menge in einem erheblichen Umfang überschritten“.
5
4. Die Sache bedarf daher in dem aufgezeigten Umfang der erneuten Verhandlung und Entscheidung. Der neue Tatrichter wird - was dem Senat mangels Feststellungen zum Vollstreckungsstand nicht möglich war – zu prüfen haben, ob eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit den Strafen aus den weiteren Vorverurteilungen aus dem Jahr 2004 (vgl. UA 4 Ziff. 5. bis 7.) in Betracht kommt.
Maatz Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 81/12
vom
11. April 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Veräußerns von Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 1. b) dd) und 2. auf dessen Antrag
- am 11. April 2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Verden vom 22. November 2011

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der
Veräußerung von Betäubungsmitteln in 46 Fällen (elf Fälle
unter III. 2. der Urteilsgründe und 35 Fälle unter III. 3. der
Urteilsgründe) schuldig ist,

b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
aa) im übrigen Schuldspruch,
bb) im Ausspruch über die Einzelstrafen mit Ausnahme der
in den Fällen III. 3. der Urteilsgründe verhängten,
cc) im Ausspruch über die Gesamtstrafe,
dd) soweit das Landgericht von der Unterbringung des Angeklagten
in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Veräußerns von Betäubungsmitteln in 223 Fällen, Abgabe von Betäubungsmitteln in sechs Fällen und Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. In weiteren zwölf Fällen hat es ihn vom Vorwurf der Veräußerung von Betäubungsmitteln freigesprochen. Von einer Unterbringung des betäubungsmittelabhängigen Angeklagten in einer Entziehungsanstalt hat es ohne Begründung abgesehen. Dagegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Soweit das Landgericht den Angeklagten in einem Teil der Fälle unter III. 2. der Urteilsgründe, in denen er Haschisch im Gegenwert des Einkaufspreises gegen Diazepam-Tabletten eintauschte, wegen Abgabe von Betäubungsmitten verurteilt hat, ändert der Senat den Schuldspruch in eine Verurteilung wegen Veräußerung von Betäubungsmitteln (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 2000 - 2 StR 431/00, NStZ-RR 2001, 118; Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 928). § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegen diesen Vorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
3
2. Der Schuldspruch unterliegt der Aufhebung, soweit das Landgericht den Angeklagten in den Fällen III. 1., in einem Fall unter III. 2. und in den Fällen III. 4. der Urteilsgründe verurteilt hat.
4
a) Das Landgericht hat in diesen Fällen die Veräußerung von Haschisch, die der Angeklagte über einen längeren Zeitraum jeweils mehrmals im Monat vornahm, bzw. dessen Besitz im Mai 2011 als eigenständige Taten im Sinne des § 53 StGB gewertet. Zugleich hat es festgestellt, der Angeklagte habe sich mit dem Haschisch, das er auch für seinen Eigenkonsum bezogen habe, "regelmäßig nach Erhalt der Sozialleistungen am Monatsende sogleich für den folgenden Monat" versorgt und es in seiner Wohnung aufbewahrt. Andererseits habe er, um Betäubungsmittel veräußern zu können, "gelegentlich erst zum Beschaffen von Haschisch" fahren müssen.
5
b) Diese Feststellungen tragen eine Verurteilung durchgängig wegen einer tatmehrheitlichen Begehungsweise nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werden mehrere Verkaufsvorgänge durch den Erwerb und Besitz der hierzu bestimmten Gesamtmenge zu einer Bewertungseinheit verbunden, sofern sie denselben Güterumsatz betreffen. Dabei setzt die Annahme einer Bewertungseinheit konkrete Anhaltspunkte dafür voraus, dass bestimmte Einzelverkäufe aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren (BGH, Beschluss vom 5. März 2002 - 3 StR 491/01, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 21 mwN). Solche Anhaltspunkte bestehen, weil das Landgericht die Beschaffung eines Vorrats für den Folgemonat jeweils zum Monatsende festgestellt hat. Damit kommt sowohl eine Zusammenfassung einzelner Veräußerungen in den Fällen III. 1. der Urteilsgründe zu einer Tat als auch Tateinheit zwischen der letzten Veräußerung in den Fällen III. 2. der Urteilsgründe (Ende April 2011) und dem Besitz einer Teilmenge zum Eigenverbrauch im Fall III. 4. der Urteilsgründe (erste Maihälfte 2011) in Betracht (vgl. Körner/Patzak, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 13 Rn. 100, 108).
6
c) Eine Änderung des Schuldspruchs in dieser Hinsicht ist dem Senat nicht möglich, weil das Landgericht - der monatlichen Bevorratung widersprechend - eine gelegentliche Beschaffung von Haschisch in unmittelbarem Zu- sammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft festgestellt hat. Das neue Tatgericht wird deshalb unter dem Aspekt einer Zusammenfassung einzelner Fälle zu einer Tat insgesamt neue Feststellungen zu den jeweils beschafften Betäubungsmitteln zu treffen haben (§ 353 Abs. 2 StPO).
7
3. Mit der Aufhebung des Schuldspruchs entfallen die in diesen Fällen verhängten Einzelstrafen. Weiter unterliegen die Einzelstrafen auch in den übrigen Fällen unter III. 2. der Urteilsgründe der Aufhebung, weil das Landgericht - wie im Übrigen in den Fällen III. 1. der Urteilsgründe - keine Feststellungen zur Wirkstoffmenge der veräußerten Betäubungsmittel getroffen und damit einen für die Bestimmung des Schuldumfangs wesentlichen Umstand offen gelassen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 2010 - 3 StR 559/09, juris Rn. 5). Entsprechend ist die Gesamtstrafe erneut zuzumessen.
8
4. Das Urteil kann schließlich insoweit nicht bestehen bleiben, als das Landgericht von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Zuschrift ausgeführt: "Keinen Bestand haben kann das Urteil …, soweit das Landgericht nicht die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB geprüft hat. Dies musste sich vorliegend aufdrängen. Ausweislich der Urteilsgründe ist der Angeklagte betäubungsmittelabhängig und konsumiert unter anderem auch Heroin (UA S. 4). Eine in den Jahren 2008/2009 vorgenommene stationäre Entgiftung führte nicht zu einem Erfolg; vielmehr führte der Angeklagte auch danach sowie nach Teilnahme an einem Substitutionsprogramm seinen Betäubungsmittelkonsum fort (UA S. 4). Auch wenn die ausgeurteilten Taten nach den Feststellungen nicht in Gewinnerzielungsabsicht vorgenommen wurden und damit auch nicht der Finanzierung des Eigenkonsums dienten, ist ein symptomatischer Zusammenhang zwischen ihnen und dem bestehenden Hang zum übermäßigen Rauschmittelkonsum nicht fernliegend. Genügende Anhaltspunkte dafür, dass die Maßregel keine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht hat, bestehen nach den Urteilsfeststellungen nicht. Das Fehlen von Therapiewilligkeit steht einer Anordnung grundsätzlich nicht entgegen (BGH NStZRR 2010, 42[, 43])."
9
Dem schließt sich der Senat an. Der Angeklagte hat das Unterbleiben einer Anordnung des § 64 StGB nicht wirksam vom Revisionsangriff ausgenommen (vgl. auch Fischer, StGB, 59. Aufl., § 64 Rn. 29 a.E.). Das neue Tatgericht wird die Voraussetzungen der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) zu prüfen haben.
Schäfer Pfister Hubert Mayer Menges

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

3
a) Zwar vermag der Besitz verschiedener von vornherein zu unterschiedlichem Handel bestimmter Betäubungsmittel, die niemals zu einem Depot verbunden worden sind, nicht bereits auf Grund zeitlicher Überschneidung eine Bewertungseinheit zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Oktober 1996 – 5 StR 505/96, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 9). Das Landgericht hat aber bei der Bewertung der Konkurrenzverhältnisse nicht bedacht, dass nach den Feststellungen der Angeklagte M. , der beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln arbeitsteilig mit dem Angeklagten H. zusammenwirkte, am 26. September 2013 24 Druckverschlusstüten mit bereits vorbereiteten Portionen aus den (drei) vorherigen Einkaufsmengen an sich nahm, um sie zu Abnehmern zu bringen. Wegen der damit gegebenen Identität der tatbestandlichen Ausführungshandlungen beim Verkauf der Betäubungsmittel bestand somit zwischen den ersten drei Taten aus Juni, Juli und August 2013 richtigerweise Tateinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2014 – 3 StR 413/14 Rn. 2; Beschluss vom 18. Februar 2010 – 4 StR 633/09, StraFo 2010, 348; Beschluss vom 25. März 1998 – 1 StR 80/98).

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 430/15
vom
3. Dezember 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 3. Dezember 2015 gemäß § 46
Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Hagen vom 9. Juni 2015 von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen schuldig ist. Die Einzelstrafe für die Tat II.1. der Urteilsgründe entfällt. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 4. Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Des Weiteren hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und auf Verfall von Wertersatz in Höhe von 1.660 € erkannt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.
2
Hinsichtlich der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist dem Angeklagten gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 StPO von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil den Angeklagten an der unvollständigen Übermittlung des die Revisionsbegründungenthaltenen Telefaxschreibens seines Verteidigers an das Landgericht am letzten Tag der Begründungsfrist kein Verschulden trifft.
3
Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


4
Nach den Feststellungen bezog der Angeklagte im Januar 2015 in zwei Fällen 30 und 33 Gramm Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils mindestens 40 % Heroinbase. Während jeweils 10 Gramm der beschafften Mengen dem Eigenkonsum dienten, streckte der Angeklagte das übrige Heroingemisch auf das Doppelte und verkaufte es gewinnbringend an verschiedene Abnehmer weiter (Taten II.2. und 3. der Urteilsgründe). Bei einer weiteren Beschaffungsfahrt am 23. Januar 2015 erwarb der Angeklagte von seinem Lieferanten 68,35 Gramm Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von 48 % Heroinbase , von welchem wiederum 10 Gramm für den Eigenkonsum und 58,35 Gramm zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmt waren (Tat II.4. der Urteilsgründe). Nach der Festnahme des Angeklagten wurden bei einer Durchsuchung am Arbeitsplatz des Angeklagten zum Eigenkonsum be- stimmte 14,87 Gramm Heroinzubereitung mit einer Wirkstoffkonzentration von 44,8 % Heroinbase sichergestellt. Dieses Heroingemisch hatte der Angeklagte an einem nicht näher bestimmbaren Tag im Jahr 2014 erworben und in seinem Spind bereit gehalten, um etwaig auftretenden Entzugserscheinungen während der Arbeit entgegenwirken zu können und sich auf diese Weise arbeitsfähig zu halten (Tat II.1. der Urteilsgründe).

II.


5
Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils kann nicht bestehen bleiben , weil sich die rechtliche Würdigung des Landgerichts hinsichtlich des Konkurrenzverhältnisses als unzutreffend erweist.
6
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwirklicht der gleichzeitige Besitz unterschiedlicher Betäubungsmittelmengen den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14, NStZ-RR 2015, 174 f.; vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13, NStZ 2014, 163; vom 17. März 2010 – 2 StR 67/10 Rn. 2; vom 12. Oktober 2004 – 4 StR 358/04, NStZ 2005, 228 f.; Urteil vom 1. August 1978 – 1 StR 173/78). Dient der Besitz an den Betäubungsmitteln dem Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung, tritt die Strafbarkeit wegen Besitzes hinter das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zurück (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14 aaO; vom 2. Oktober 2008 – 3 StR 352/08, NStZ-RR 2009, 58; vom 17. Mai 1996 – 3 StR 631/95, BGHSt 42, 162, 165 f.). Der Besitz hat deshalb mangels Wertgleichheit nicht die Kraft, selbständige, die Voraussetzungen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllende Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge untereinander zur Tateinheit zu verbinden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13 aaO; vom 17. Mai 1996 – 3 StR 631/95 aaO; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1380). Besitzt der Täter Betäubungsmittel teils zum Eigenkonsum und teils zu Handelszwecken, geht lediglich der Besitz an der zum Handel bestimmten Betäubungsmittelmenge im Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf, während es für die Eigenbedarfsmenge bei der Strafbarkeit wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln verbleibt. Zwischen dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und dem gleichzeitigen Besitz der davon nicht betroffenen Betäubungsmittelmenge besteht Tateinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14 aaO; vom 30. Juni 1998 – 1 StR 293/98, StV 1998, 593; vom 30. November 1995 – 1 StR 578/95; vom 12. Oktober 1990 – 1 StR 539/90; vom 29. August 1984 – 2 StR 173/84, bei Schoreit, NStZ 1985, 58; Patzak in Körner/Patzak/ Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Rn. 108; Kotz in MükoStGB, 2. Aufl., § 29 BtMG Rn. 1209).
7
Danach hat das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass der Besitz an den bei den drei Beschaffungsfahrten jeweils zum Eigenkonsum erworbenen nicht geringen Heroinmengen in dem bereits durch die Aufbewahrung des im Jahr 2014 beschafften Heroinvorrats verwirklichten unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aufgeht und daher nur eine einheitliche Tat des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gegeben ist. Die Strafkammer hat aber übersehen, dass der Besitz an dem zum Eigenkonsum dienenden Heroin zu den Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Idealkonkurrenz steht. Da eine Verklammerung der Handelstaten ausscheidet, hat sich der Angeklagte somit des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen schuldig gemacht.
8
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der in vollem Umfang geständige Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung führt zum Entfallen der für die Tat II.1. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Die Einzelstrafen für die Taten II.2. bis 4. der Urteilsgründe können bestehen bleiben. Die Gesamtstrafe wird durch die Änderung des Schuldspruchs ebenfalls nicht berührt. Der Senat kann angesichts der verbleibenden Einzelstrafen von zwei Jahren und neun Monaten und zweimal einem Jahr und sechs Monaten ausschließen, dass der Tatrichter bei zutreffender Bestimmung des Konkurrenzverhältnisses auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
9
Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender
5
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwirklicht der gleichzeitige Besitz unterschiedlicher Betäubungsmittelmengen den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13, NStZ 2014, 163; vom 17. März 2010 – 2 StR 67/10 Rn. 2; vom 12. Oktober 2004 – 4 StR 358/04, NStZ 2005, 228; Urteile vom 11. Dezember 2003 – 3 StR 375/02, NStZ-RR 2004, 146, 148; vom 1. August 1978 – 1 StR 173/78). Dient der Besitz an den Betäubungsmitteln dem Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung, tritt die Strafbarkeit wegen Besitzes hinter das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zurück (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Oktober 2008 – 3 StR 352/08, NStZ-RR 2009, 58; vom 17. Mai 1996 – 3 StR 631/95, BGHSt 42, 162, 165 f.). Besitzt der Täter Betäubungsmittel teils zum Eigenkonsum und teils zu Handelszwecken , geht lediglich der Besitz an der zum Handel bestimmten Betäubungsmittelmenge im Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf, während es für die Eigenbedarfsmenge bei der Strafbarkeit wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln verbleibt. Zwischen dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und dem gleichzeitigen Besitz der davon nicht betroffenen Betäubungsmittelmenge besteht Tateinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 1998 – 1 StR 293/98, StV 1998, 593; vom 30. November 1995 – 1 StR 578/95; vom 12. Oktober 1990 – 1 StR 539/90; vom 29. August 1984 – 2 StR 173/84, bei Schoreit, NStZ 1985, 58; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Rn. 108; Kotz in MüKoStGB, 2. Aufl., § 29 BtMG Rn. 1209). Danach hat sich der Angeklagte im vorliegenden Fall durch den gleichzeitigen Besitz des im Pkw aufbewahrten, zum Eigenkonsum dienenden Marihuanas und der in H. zu Handelszwecken erworbenen Betäubungsmittel des unerlaubten Handeltrei- bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 430/15
vom
3. Dezember 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 3. Dezember 2015 gemäß § 46
Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Hagen vom 9. Juni 2015 von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen schuldig ist. Die Einzelstrafe für die Tat II.1. der Urteilsgründe entfällt. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 4. Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Des Weiteren hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und auf Verfall von Wertersatz in Höhe von 1.660 € erkannt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.
2
Hinsichtlich der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist dem Angeklagten gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 StPO von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil den Angeklagten an der unvollständigen Übermittlung des die Revisionsbegründungenthaltenen Telefaxschreibens seines Verteidigers an das Landgericht am letzten Tag der Begründungsfrist kein Verschulden trifft.
3
Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


4
Nach den Feststellungen bezog der Angeklagte im Januar 2015 in zwei Fällen 30 und 33 Gramm Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils mindestens 40 % Heroinbase. Während jeweils 10 Gramm der beschafften Mengen dem Eigenkonsum dienten, streckte der Angeklagte das übrige Heroingemisch auf das Doppelte und verkaufte es gewinnbringend an verschiedene Abnehmer weiter (Taten II.2. und 3. der Urteilsgründe). Bei einer weiteren Beschaffungsfahrt am 23. Januar 2015 erwarb der Angeklagte von seinem Lieferanten 68,35 Gramm Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von 48 % Heroinbase , von welchem wiederum 10 Gramm für den Eigenkonsum und 58,35 Gramm zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmt waren (Tat II.4. der Urteilsgründe). Nach der Festnahme des Angeklagten wurden bei einer Durchsuchung am Arbeitsplatz des Angeklagten zum Eigenkonsum be- stimmte 14,87 Gramm Heroinzubereitung mit einer Wirkstoffkonzentration von 44,8 % Heroinbase sichergestellt. Dieses Heroingemisch hatte der Angeklagte an einem nicht näher bestimmbaren Tag im Jahr 2014 erworben und in seinem Spind bereit gehalten, um etwaig auftretenden Entzugserscheinungen während der Arbeit entgegenwirken zu können und sich auf diese Weise arbeitsfähig zu halten (Tat II.1. der Urteilsgründe).

II.


5
Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils kann nicht bestehen bleiben , weil sich die rechtliche Würdigung des Landgerichts hinsichtlich des Konkurrenzverhältnisses als unzutreffend erweist.
6
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwirklicht der gleichzeitige Besitz unterschiedlicher Betäubungsmittelmengen den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14, NStZ-RR 2015, 174 f.; vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13, NStZ 2014, 163; vom 17. März 2010 – 2 StR 67/10 Rn. 2; vom 12. Oktober 2004 – 4 StR 358/04, NStZ 2005, 228 f.; Urteil vom 1. August 1978 – 1 StR 173/78). Dient der Besitz an den Betäubungsmitteln dem Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung, tritt die Strafbarkeit wegen Besitzes hinter das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zurück (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14 aaO; vom 2. Oktober 2008 – 3 StR 352/08, NStZ-RR 2009, 58; vom 17. Mai 1996 – 3 StR 631/95, BGHSt 42, 162, 165 f.). Der Besitz hat deshalb mangels Wertgleichheit nicht die Kraft, selbständige, die Voraussetzungen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllende Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge untereinander zur Tateinheit zu verbinden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13 aaO; vom 17. Mai 1996 – 3 StR 631/95 aaO; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1380). Besitzt der Täter Betäubungsmittel teils zum Eigenkonsum und teils zu Handelszwecken, geht lediglich der Besitz an der zum Handel bestimmten Betäubungsmittelmenge im Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf, während es für die Eigenbedarfsmenge bei der Strafbarkeit wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln verbleibt. Zwischen dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und dem gleichzeitigen Besitz der davon nicht betroffenen Betäubungsmittelmenge besteht Tateinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14 aaO; vom 30. Juni 1998 – 1 StR 293/98, StV 1998, 593; vom 30. November 1995 – 1 StR 578/95; vom 12. Oktober 1990 – 1 StR 539/90; vom 29. August 1984 – 2 StR 173/84, bei Schoreit, NStZ 1985, 58; Patzak in Körner/Patzak/ Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Rn. 108; Kotz in MükoStGB, 2. Aufl., § 29 BtMG Rn. 1209).
7
Danach hat das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass der Besitz an den bei den drei Beschaffungsfahrten jeweils zum Eigenkonsum erworbenen nicht geringen Heroinmengen in dem bereits durch die Aufbewahrung des im Jahr 2014 beschafften Heroinvorrats verwirklichten unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aufgeht und daher nur eine einheitliche Tat des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gegeben ist. Die Strafkammer hat aber übersehen, dass der Besitz an dem zum Eigenkonsum dienenden Heroin zu den Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Idealkonkurrenz steht. Da eine Verklammerung der Handelstaten ausscheidet, hat sich der Angeklagte somit des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen schuldig gemacht.
8
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der in vollem Umfang geständige Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung führt zum Entfallen der für die Tat II.1. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Die Einzelstrafen für die Taten II.2. bis 4. der Urteilsgründe können bestehen bleiben. Die Gesamtstrafe wird durch die Änderung des Schuldspruchs ebenfalls nicht berührt. Der Senat kann angesichts der verbleibenden Einzelstrafen von zwei Jahren und neun Monaten und zweimal einem Jahr und sechs Monaten ausschließen, dass der Tatrichter bei zutreffender Bestimmung des Konkurrenzverhältnisses auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
9
Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender
5
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwirklicht der gleichzeitige Besitz unterschiedlicher Betäubungsmittelmengen den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13, NStZ 2014, 163; vom 17. März 2010 – 2 StR 67/10 Rn. 2; vom 12. Oktober 2004 – 4 StR 358/04, NStZ 2005, 228; Urteile vom 11. Dezember 2003 – 3 StR 375/02, NStZ-RR 2004, 146, 148; vom 1. August 1978 – 1 StR 173/78). Dient der Besitz an den Betäubungsmitteln dem Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung, tritt die Strafbarkeit wegen Besitzes hinter das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zurück (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Oktober 2008 – 3 StR 352/08, NStZ-RR 2009, 58; vom 17. Mai 1996 – 3 StR 631/95, BGHSt 42, 162, 165 f.). Besitzt der Täter Betäubungsmittel teils zum Eigenkonsum und teils zu Handelszwecken , geht lediglich der Besitz an der zum Handel bestimmten Betäubungsmittelmenge im Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf, während es für die Eigenbedarfsmenge bei der Strafbarkeit wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln verbleibt. Zwischen dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und dem gleichzeitigen Besitz der davon nicht betroffenen Betäubungsmittelmenge besteht Tateinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 1998 – 1 StR 293/98, StV 1998, 593; vom 30. November 1995 – 1 StR 578/95; vom 12. Oktober 1990 – 1 StR 539/90; vom 29. August 1984 – 2 StR 173/84, bei Schoreit, NStZ 1985, 58; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Rn. 108; Kotz in MüKoStGB, 2. Aufl., § 29 BtMG Rn. 1209). Danach hat sich der Angeklagte im vorliegenden Fall durch den gleichzeitigen Besitz des im Pkw aufbewahrten, zum Eigenkonsum dienenden Marihuanas und der in H. zu Handelszwecken erworbenen Betäubungsmittel des unerlaubten Handeltrei- bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 144/13
vom
16. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 16. Juli 2013 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Die Revisionen der Angeklagten Ö. und P. gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 20. August 2012 werden mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass
a) der Tenor des angefochtenen Urteils dahin klargestellt wird, dass aa) der Angeklagte P. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen und wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt ist, bb) der Angeklagte Ö. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt ist,
b) das Urteil im Ausspruch über den Wertersatzverfall dahin geändert wird, dass gegen die Angeklagten der Verfall von Wertersatz in Höhe von 2.500 € als Gesamtschuldner angeordnet wird.
2. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen (P. ) bzw. zwei Fällen (Ö. ) und wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (Ö. ) bzw. einem Fall (P. ) zu „Freiheitsstrafen“ von vier Jahren und neun Monaten (P. ) bzw. vier Jahren und drei Monaten (Ö. ) verurteilt und den Verfall von Wertersatz angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg; im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Gegen die Wirksamkeit des Berichtigungsbeschlusses des Landgerichts vom 22. Oktober 2012 bestehen im vorliegenden Fall keine Bedenken. Die nachträgliche Berichtigung eines schriftlichen Urteils ist allerdings nur ganz ausnahmsweise bei offenbaren Versehen möglich. Es muss zweifelsfrei feststehen , dass sich hinter der Berichtigung nicht etwa eine nachträgliche sachliche Änderung verbirgt. Daraus folgt, dass eine Berichtigung dann zulässig ist, wenn sie sich zwanglos aus Tatsachen ergibt, die für alle Verfahrensbeteiligten klar zu Tage liegen und jeden Verdacht einer späteren sachlichen Änderung ausschließen, wo also das Versehen schon ohne die Berichtigung offensichtlich ist (BGH, Urteile vom 3. Februar 1959 – 1 StR 644/58, BGHSt 12, 374, 377; vom 22. November 1960 – 1 StR 426/60 S. 2 f.; vom 29. Januar 1975 – 3 StR 165/74 S. 3 f.; vom 22. Januar 1981 – 4 StR 97/80 S. 4 f.; Beschluss vom 23. November 2004 – 4 StR 362/04 S. 3 f.).
3
So liegt der Fall hier. Wie im Berichtigungsbeschluss überzeugend dargelegt wird, war die Verurteilung wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall 8 der Urteilsgründe von der Strafkammer beraten und beschlossen worden. Unmittelbar vor der Urteilsverkündung ist die Strafkammer erneut in die Beweisaufnahme eingetreten und hat einen Hinweis zur möglichen rechtlichen Würdigung bezüglich dieses Falles gegeben. Die mündliche Mitteilung des wesentlichen Inhalts der Urteilsgründe verhielt sich ausdrücklich zu den tatsächlichen Feststellungen, den Strafzumessungsgesichtspunkten und der Einzelstrafe in diesem Fall. Durch die Berichtigung hat die Strafkammer lediglich die äußere Übereinstimmung zwischen dem Urteilsspruch und den Urteilsgründen im Sinne des wirklich Beschlossenen wieder hergestellt.
4
Die aus dem Tenor ersichtliche Klarstellung war gleichwohl geboten, da das Landgericht die Angeklagten nur zu „Freiheitsstrafen“ verurteilt hat.

II.


5
Die gegenüber den Angeklagten getroffene Anordnung des Verfalls von Wertersatz war im Sinne einer gesamtschuldnerischen Haftung zu ändern.
6
1. Nach den Feststellungen wurden die Angeklagten P. und Ö. von dem gesondert verfolgten S. angeworben, Drogen aus den Niederlanden nach Deutschland zu transportieren. S. versprach ihnen 1.300 bis 1.400 € pro Fahrt. Die Fahrten liefen so ab, dass der Angeklagte P. die Drogen in seinem Fahrzeug über die Grenze transportierte, wobei ihn eine Frau B. zur Tarnung begleitete, während der Angeklagte Ö. die Fahrt jeweils in seinem eigenen Fahrzeug absicherte. Für die Fahrt am 10. November 2010 (Fall 3 der Urteilsgründe) zahlte S. zunächst 400 € und später 800 € an P. , der jeweils den halben Betrag an Ö. abgab. Für die Fahrt am 23. November 2010 (Fall 4 der Urteilsgründe) erhielt der Angeklagte P. über einen Mittelsmann 2.200 €; er gab davon 600 € an den Angeklagten Ö. und 100 € an Frau B. , 900 € zahlte er zurück an S. . Der Angeklagte P. selbst behielt 600 €. Für die Fahrt am 7. Dezember 2010 (Fall 6 der Urteilsgründe ) erhielt zunächst der Angeklagte P. 400 € von S. , von denen er 200 € an den Angeklagten Ö. weitergab. Beide Angeklagte erhielten später von S. weitere 800 €, von denen sie 100 € an Frau B. gaben; den Rest teilten sie sich hälftig. Für die Fahrt am 13. Dezember 2010 (Fall 7 der Urteilsgründe) erhielten beide Angeklagte 1.300 € von S. , von denen sie wiederum 100 € an Frau B. gaben und1.200 € untereinander teilten. Das Landgericht hat gegen beide Angeklagte jeweils den Verfall von Wertersatz in Höhe von 2.500 € angeordnet, weil sie insgesamt 5.000 € erhalten und hälftig unter sich geteilt hätten; die Zahlungen an Frau B. seien als „Aufwendun- gen“ unter dem Gesichtspunkt des Bruttoprinzips nicht zu berücksichtigen.
7
Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Angeklagte P. hatte Mitverfügungsmacht an dem Gesamtbetrag von 5.000 €, der Angeklagte Ö. zumindest Mitverfügungsmacht in Höhe eines Betrages von 3.500 €, soweit er nicht, was nahe liegt, nach der Absprache der Angeklagten mit S. (UA S. 13) von vornherein auch Mitverfügungsmacht an dem allein dem Angeklagten P. übergebenen Geld hatte. In einem solchen Fall haften die Angeklagten beim Verfall bzw. Verfall von Wertersatz als Gesamtschuldner (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2011 – 4 StR 516/11, NStZ 2012, 382, 383; Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 52). Zwar hat das Landgericht lediglich den Verfall eines Betrages von jeweils 2.500 € angeordnet , der dem jeweiligen Angeklagten im Ergebnis zugeflossen ist. Da aber auch insoweit der jeweils andere Mitangeklagte an diesem Geld zunächst Mitverfügungsmacht hatte, sind die Angeklagten durch die Nichtberücksichtigung der Gesamtschuldnerschaft beschwert. Eine Erhöhung der Verfallsanordnung auf den Gesamtbetrag scheidet wegen des Verbots der reformatio in peius (§ 358 Abs. 2 StPO) aus.

III.


8
Weil das Rechtsmittel nur einen geringen Teilerfolg hat, ist es nicht unbillig , die Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und ihren eigenen Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Mutzbauer Roggenbuck RiBGH Dr. Franke ist infolge Urlaubs ortsabwesend und daher an der Unterschriftsleistung gehindert. Mutzbauer
Bender Quentin

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 430/15
vom
3. Dezember 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 3. Dezember 2015 gemäß § 46
Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Hagen vom 9. Juni 2015 von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen schuldig ist. Die Einzelstrafe für die Tat II.1. der Urteilsgründe entfällt. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 4. Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Des Weiteren hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und auf Verfall von Wertersatz in Höhe von 1.660 € erkannt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.
2
Hinsichtlich der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist dem Angeklagten gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 StPO von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil den Angeklagten an der unvollständigen Übermittlung des die Revisionsbegründungenthaltenen Telefaxschreibens seines Verteidigers an das Landgericht am letzten Tag der Begründungsfrist kein Verschulden trifft.
3
Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


4
Nach den Feststellungen bezog der Angeklagte im Januar 2015 in zwei Fällen 30 und 33 Gramm Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils mindestens 40 % Heroinbase. Während jeweils 10 Gramm der beschafften Mengen dem Eigenkonsum dienten, streckte der Angeklagte das übrige Heroingemisch auf das Doppelte und verkaufte es gewinnbringend an verschiedene Abnehmer weiter (Taten II.2. und 3. der Urteilsgründe). Bei einer weiteren Beschaffungsfahrt am 23. Januar 2015 erwarb der Angeklagte von seinem Lieferanten 68,35 Gramm Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von 48 % Heroinbase , von welchem wiederum 10 Gramm für den Eigenkonsum und 58,35 Gramm zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmt waren (Tat II.4. der Urteilsgründe). Nach der Festnahme des Angeklagten wurden bei einer Durchsuchung am Arbeitsplatz des Angeklagten zum Eigenkonsum be- stimmte 14,87 Gramm Heroinzubereitung mit einer Wirkstoffkonzentration von 44,8 % Heroinbase sichergestellt. Dieses Heroingemisch hatte der Angeklagte an einem nicht näher bestimmbaren Tag im Jahr 2014 erworben und in seinem Spind bereit gehalten, um etwaig auftretenden Entzugserscheinungen während der Arbeit entgegenwirken zu können und sich auf diese Weise arbeitsfähig zu halten (Tat II.1. der Urteilsgründe).

II.


5
Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils kann nicht bestehen bleiben , weil sich die rechtliche Würdigung des Landgerichts hinsichtlich des Konkurrenzverhältnisses als unzutreffend erweist.
6
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwirklicht der gleichzeitige Besitz unterschiedlicher Betäubungsmittelmengen den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14, NStZ-RR 2015, 174 f.; vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13, NStZ 2014, 163; vom 17. März 2010 – 2 StR 67/10 Rn. 2; vom 12. Oktober 2004 – 4 StR 358/04, NStZ 2005, 228 f.; Urteil vom 1. August 1978 – 1 StR 173/78). Dient der Besitz an den Betäubungsmitteln dem Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung, tritt die Strafbarkeit wegen Besitzes hinter das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zurück (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14 aaO; vom 2. Oktober 2008 – 3 StR 352/08, NStZ-RR 2009, 58; vom 17. Mai 1996 – 3 StR 631/95, BGHSt 42, 162, 165 f.). Der Besitz hat deshalb mangels Wertgleichheit nicht die Kraft, selbständige, die Voraussetzungen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllende Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge untereinander zur Tateinheit zu verbinden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13 aaO; vom 17. Mai 1996 – 3 StR 631/95 aaO; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1380). Besitzt der Täter Betäubungsmittel teils zum Eigenkonsum und teils zu Handelszwecken, geht lediglich der Besitz an der zum Handel bestimmten Betäubungsmittelmenge im Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf, während es für die Eigenbedarfsmenge bei der Strafbarkeit wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln verbleibt. Zwischen dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und dem gleichzeitigen Besitz der davon nicht betroffenen Betäubungsmittelmenge besteht Tateinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14 aaO; vom 30. Juni 1998 – 1 StR 293/98, StV 1998, 593; vom 30. November 1995 – 1 StR 578/95; vom 12. Oktober 1990 – 1 StR 539/90; vom 29. August 1984 – 2 StR 173/84, bei Schoreit, NStZ 1985, 58; Patzak in Körner/Patzak/ Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Rn. 108; Kotz in MükoStGB, 2. Aufl., § 29 BtMG Rn. 1209).
7
Danach hat das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass der Besitz an den bei den drei Beschaffungsfahrten jeweils zum Eigenkonsum erworbenen nicht geringen Heroinmengen in dem bereits durch die Aufbewahrung des im Jahr 2014 beschafften Heroinvorrats verwirklichten unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aufgeht und daher nur eine einheitliche Tat des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gegeben ist. Die Strafkammer hat aber übersehen, dass der Besitz an dem zum Eigenkonsum dienenden Heroin zu den Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Idealkonkurrenz steht. Da eine Verklammerung der Handelstaten ausscheidet, hat sich der Angeklagte somit des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen schuldig gemacht.
8
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der in vollem Umfang geständige Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung führt zum Entfallen der für die Tat II.1. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Die Einzelstrafen für die Taten II.2. bis 4. der Urteilsgründe können bestehen bleiben. Die Gesamtstrafe wird durch die Änderung des Schuldspruchs ebenfalls nicht berührt. Der Senat kann angesichts der verbleibenden Einzelstrafen von zwei Jahren und neun Monaten und zweimal einem Jahr und sechs Monaten ausschließen, dass der Tatrichter bei zutreffender Bestimmung des Konkurrenzverhältnisses auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
9
Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 144/13
vom
16. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 16. Juli 2013 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Die Revisionen der Angeklagten Ö. und P. gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 20. August 2012 werden mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass
a) der Tenor des angefochtenen Urteils dahin klargestellt wird, dass aa) der Angeklagte P. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen und wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt ist, bb) der Angeklagte Ö. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt ist,
b) das Urteil im Ausspruch über den Wertersatzverfall dahin geändert wird, dass gegen die Angeklagten der Verfall von Wertersatz in Höhe von 2.500 € als Gesamtschuldner angeordnet wird.
2. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen (P. ) bzw. zwei Fällen (Ö. ) und wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (Ö. ) bzw. einem Fall (P. ) zu „Freiheitsstrafen“ von vier Jahren und neun Monaten (P. ) bzw. vier Jahren und drei Monaten (Ö. ) verurteilt und den Verfall von Wertersatz angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg; im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Gegen die Wirksamkeit des Berichtigungsbeschlusses des Landgerichts vom 22. Oktober 2012 bestehen im vorliegenden Fall keine Bedenken. Die nachträgliche Berichtigung eines schriftlichen Urteils ist allerdings nur ganz ausnahmsweise bei offenbaren Versehen möglich. Es muss zweifelsfrei feststehen , dass sich hinter der Berichtigung nicht etwa eine nachträgliche sachliche Änderung verbirgt. Daraus folgt, dass eine Berichtigung dann zulässig ist, wenn sie sich zwanglos aus Tatsachen ergibt, die für alle Verfahrensbeteiligten klar zu Tage liegen und jeden Verdacht einer späteren sachlichen Änderung ausschließen, wo also das Versehen schon ohne die Berichtigung offensichtlich ist (BGH, Urteile vom 3. Februar 1959 – 1 StR 644/58, BGHSt 12, 374, 377; vom 22. November 1960 – 1 StR 426/60 S. 2 f.; vom 29. Januar 1975 – 3 StR 165/74 S. 3 f.; vom 22. Januar 1981 – 4 StR 97/80 S. 4 f.; Beschluss vom 23. November 2004 – 4 StR 362/04 S. 3 f.).
3
So liegt der Fall hier. Wie im Berichtigungsbeschluss überzeugend dargelegt wird, war die Verurteilung wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall 8 der Urteilsgründe von der Strafkammer beraten und beschlossen worden. Unmittelbar vor der Urteilsverkündung ist die Strafkammer erneut in die Beweisaufnahme eingetreten und hat einen Hinweis zur möglichen rechtlichen Würdigung bezüglich dieses Falles gegeben. Die mündliche Mitteilung des wesentlichen Inhalts der Urteilsgründe verhielt sich ausdrücklich zu den tatsächlichen Feststellungen, den Strafzumessungsgesichtspunkten und der Einzelstrafe in diesem Fall. Durch die Berichtigung hat die Strafkammer lediglich die äußere Übereinstimmung zwischen dem Urteilsspruch und den Urteilsgründen im Sinne des wirklich Beschlossenen wieder hergestellt.
4
Die aus dem Tenor ersichtliche Klarstellung war gleichwohl geboten, da das Landgericht die Angeklagten nur zu „Freiheitsstrafen“ verurteilt hat.

II.


5
Die gegenüber den Angeklagten getroffene Anordnung des Verfalls von Wertersatz war im Sinne einer gesamtschuldnerischen Haftung zu ändern.
6
1. Nach den Feststellungen wurden die Angeklagten P. und Ö. von dem gesondert verfolgten S. angeworben, Drogen aus den Niederlanden nach Deutschland zu transportieren. S. versprach ihnen 1.300 bis 1.400 € pro Fahrt. Die Fahrten liefen so ab, dass der Angeklagte P. die Drogen in seinem Fahrzeug über die Grenze transportierte, wobei ihn eine Frau B. zur Tarnung begleitete, während der Angeklagte Ö. die Fahrt jeweils in seinem eigenen Fahrzeug absicherte. Für die Fahrt am 10. November 2010 (Fall 3 der Urteilsgründe) zahlte S. zunächst 400 € und später 800 € an P. , der jeweils den halben Betrag an Ö. abgab. Für die Fahrt am 23. November 2010 (Fall 4 der Urteilsgründe) erhielt der Angeklagte P. über einen Mittelsmann 2.200 €; er gab davon 600 € an den Angeklagten Ö. und 100 € an Frau B. , 900 € zahlte er zurück an S. . Der Angeklagte P. selbst behielt 600 €. Für die Fahrt am 7. Dezember 2010 (Fall 6 der Urteilsgründe ) erhielt zunächst der Angeklagte P. 400 € von S. , von denen er 200 € an den Angeklagten Ö. weitergab. Beide Angeklagte erhielten später von S. weitere 800 €, von denen sie 100 € an Frau B. gaben; den Rest teilten sie sich hälftig. Für die Fahrt am 13. Dezember 2010 (Fall 7 der Urteilsgründe) erhielten beide Angeklagte 1.300 € von S. , von denen sie wiederum 100 € an Frau B. gaben und1.200 € untereinander teilten. Das Landgericht hat gegen beide Angeklagte jeweils den Verfall von Wertersatz in Höhe von 2.500 € angeordnet, weil sie insgesamt 5.000 € erhalten und hälftig unter sich geteilt hätten; die Zahlungen an Frau B. seien als „Aufwendun- gen“ unter dem Gesichtspunkt des Bruttoprinzips nicht zu berücksichtigen.
7
Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Angeklagte P. hatte Mitverfügungsmacht an dem Gesamtbetrag von 5.000 €, der Angeklagte Ö. zumindest Mitverfügungsmacht in Höhe eines Betrages von 3.500 €, soweit er nicht, was nahe liegt, nach der Absprache der Angeklagten mit S. (UA S. 13) von vornherein auch Mitverfügungsmacht an dem allein dem Angeklagten P. übergebenen Geld hatte. In einem solchen Fall haften die Angeklagten beim Verfall bzw. Verfall von Wertersatz als Gesamtschuldner (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2011 – 4 StR 516/11, NStZ 2012, 382, 383; Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 52). Zwar hat das Landgericht lediglich den Verfall eines Betrages von jeweils 2.500 € angeordnet , der dem jeweiligen Angeklagten im Ergebnis zugeflossen ist. Da aber auch insoweit der jeweils andere Mitangeklagte an diesem Geld zunächst Mitverfügungsmacht hatte, sind die Angeklagten durch die Nichtberücksichtigung der Gesamtschuldnerschaft beschwert. Eine Erhöhung der Verfallsanordnung auf den Gesamtbetrag scheidet wegen des Verbots der reformatio in peius (§ 358 Abs. 2 StPO) aus.

III.


8
Weil das Rechtsmittel nur einen geringen Teilerfolg hat, ist es nicht unbillig , die Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und ihren eigenen Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Mutzbauer Roggenbuck RiBGH Dr. Franke ist infolge Urlaubs ortsabwesend und daher an der Unterschriftsleistung gehindert. Mutzbauer
Bender Quentin
3
a) Zwar vermag der Besitz verschiedener von vornherein zu unterschiedlichem Handel bestimmter Betäubungsmittel, die niemals zu einem Depot verbunden worden sind, nicht bereits auf Grund zeitlicher Überschneidung eine Bewertungseinheit zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Oktober 1996 – 5 StR 505/96, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 9). Das Landgericht hat aber bei der Bewertung der Konkurrenzverhältnisse nicht bedacht, dass nach den Feststellungen der Angeklagte M. , der beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln arbeitsteilig mit dem Angeklagten H. zusammenwirkte, am 26. September 2013 24 Druckverschlusstüten mit bereits vorbereiteten Portionen aus den (drei) vorherigen Einkaufsmengen an sich nahm, um sie zu Abnehmern zu bringen. Wegen der damit gegebenen Identität der tatbestandlichen Ausführungshandlungen beim Verkauf der Betäubungsmittel bestand somit zwischen den ersten drei Taten aus Juni, Juli und August 2013 richtigerweise Tateinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2014 – 3 StR 413/14 Rn. 2; Beschluss vom 18. Februar 2010 – 4 StR 633/09, StraFo 2010, 348; Beschluss vom 25. März 1998 – 1 StR 80/98).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 497/15
vom
27. Januar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:270116B5STR497.15.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Januar 2016 beschlossen :
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 13. August 2015 nach § 349 Abs. 4 StPO

a) im Schuldspruch dahingehend gefasst, dass der Angeklagte wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe sowie mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt ist,

b) im Strafausspruch dahin geändert, dass unter Wegfall der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe und der dieser zugrundeliegenden beiden Einzelstrafen eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten festgesetzt wird.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltrei- bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit „vorsätzlichem unerlaubtem Besitz einer Schreckschusswaffe“ und wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt (Einzelstrafen: drei Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe , 60 Tagessätze Geldstrafe) und eine Maßregelentscheidung getroffen. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts stellen das bewaffnete Handeltreiben mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) und das Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1 StVG) keine eigenständigen Taten dar. Vielmehr ist Tateinheit gegeben, weil sie in der Ausführungshandlung zusammentreffen. Die vom Landgericht als selbständige Tat ausgeurteilte Fahrt diente nach den Feststellungen dem Verkauf von Teilmengen aus dem Heroinvorrat des Angeklagten, den dieser in seiner Wohnung bereithielt. Damit war die Verkaufsfahrt Teil des Handeltreibens (vgl. auch BGH, Beschluss vom 21. Januar 2014 – 2 StR 507/13 mwN).
3
2. Die durch den Senat vorgenommene Schuldspruchänderung entzieht der Gesamtfreiheitsstrafe und den beiden Einzelfreiheitsstrafen die Grundlage. Da die zutreffende rechtliche Bewertung des Konkurrenzverhältnisses den materiellen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat hier insgesamt aber nicht beeinflusst , setzt der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Freiheitsstrafe auf drei Jahre und vier Monate fest.
4
3. Ansonsten hat die rechtliche Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Festsetzung einer sogenannten isolierten Sperrfrist ist vorliegend noch hinreichend begründet (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2014 – 3 StR 487/14, NZV 2015, 252 [L]; Urteil vom 5. September 2006 – 1 StR 107/06, NStZ-RR 2007, 40; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 69 StGB Rn. 13, 13a).
Sander Dölp König
Berger Bellay
3
a) Zwar vermag der Besitz verschiedener von vornherein zu unterschiedlichem Handel bestimmter Betäubungsmittel, die niemals zu einem Depot verbunden worden sind, nicht bereits auf Grund zeitlicher Überschneidung eine Bewertungseinheit zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Oktober 1996 – 5 StR 505/96, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 9). Das Landgericht hat aber bei der Bewertung der Konkurrenzverhältnisse nicht bedacht, dass nach den Feststellungen der Angeklagte M. , der beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln arbeitsteilig mit dem Angeklagten H. zusammenwirkte, am 26. September 2013 24 Druckverschlusstüten mit bereits vorbereiteten Portionen aus den (drei) vorherigen Einkaufsmengen an sich nahm, um sie zu Abnehmern zu bringen. Wegen der damit gegebenen Identität der tatbestandlichen Ausführungshandlungen beim Verkauf der Betäubungsmittel bestand somit zwischen den ersten drei Taten aus Juni, Juli und August 2013 richtigerweise Tateinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2014 – 3 StR 413/14 Rn. 2; Beschluss vom 18. Februar 2010 – 4 StR 633/09, StraFo 2010, 348; Beschluss vom 25. März 1998 – 1 StR 80/98).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 4 1 3 / 1 4
vom
16. September 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
16. September 2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 12. März 2014
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 25 Fällen, davon einmal in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, verurteilt wird;
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten in dem einer Verständigung nachfolgenden Urteil wegen 26 Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 20.000 € ange- ordnet. Die dagegen gerichtete, auf die allgemeine Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten hat nur in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
2
1. Der Schuldspruch bedarf der Korrektur, da die Feststellungen lediglich 25 selbständige Taten des Angeklagten belegen. Danach kaufte der Angeklagte in insgesamt 26 Fällen Betäubungsmittel (von einem Lieferanten Amphetamin und von einem anderen Lieferanten Marihuana) jeweils im Kilobereich an und veräußerte sie sodann gewinnbringend an verschiedene Abnehmer weiter. Zutreffend hat das Landgericht die Verkäufe aus den einzelnen Ankäufen jeweils zu einer Bewertungseinheit zusammengefasst. Es hat indes übersehen, dass der Angeklagte in den Fällen 13 und 24 der Urteilsgründe dem K. am 20. August 2013 gleichzeitig aus den unterschiedlichen Vorräten von Amphetamin und Marihuana stammende Betäubungsmittel verkaufte, in deren Besitz K. sodann auf der Rückfahrt anlässlich einer Polizeikontrolle angetroffen wurde. Dies führt jedenfalls zu einer Teilidentität der jeweiligen tatbestandlichen Ausführungshandlungen und verknüpft so die beiden Fälle des Handeltreibens zur Tateinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 11; Urteil vom 22. Mai 2003 - 4 StR 130/03, juris Rn. 2; Beschluss vom 25. März 1998 - 1 StR 80/98; bei Winkler NStZ 1999, 233; Weber, BtMG, 4. Aufl., vor § 29 Rn. 597).
3
2. Der Strafausspruch hält - unabhängig von dem durch die Schuldspruchänderung bedingten Wegfall einer Einzelstrafe - rechtlicher Nachprüfung ebenfalls nicht stand. Nach den Feststellungen leistete der Angeklagte Aufklärungshilfe , indem er - bereits unmittelbar nach seiner Festnahme geständig - über seinen Tatbeitrag hinausgehend auch Angaben zu den Taten des gesondert verfolgten W. , eines seiner Hauptabnehmer, machte. Damit waren die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Nr. 1 BtMG gegeben.
4
Das Vorliegen dieses gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrunds hätte zum einen bei der Entscheidung über die Annahme minder schwerer Fälle nach § 29a Abs. 2 BtMG erwogen werden müssen. Dies kann den Urteilsgründen, in denen Geständnis, Reue, Aufklärungshilfe und bisherige Straffreiheit ohne Differenzierung nacheinander als zu Gunsten des Angeklagten sprechend benannt werden, § 31 BtMG indes keine Erwähnung findet, nicht mit Sicherheit entnommen werden.
5
Zum anderen wäre, nachdem das Landgericht das Vorliegen minder schwerer Fälle abgelehnt hatte, zu prüfen und zu erörtern gewesen, ob die Aufklärungshilfe Anlass zu einer Verschiebung des Strafrahmens nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB (drei Monate bis elf Jahre und drei Monate anstelle von einem Jahr bis 15 Jahren) hätte sein können. Dies hat das Landgericht unterlassen. Nachdem es die Einzelstrafen von einem Jahr und zwei Monaten bzw. einem Jahr und vier Monaten jeweils dem unteren Bereich des Normalstrafrahmens entnommen hat, kann der Senat nicht ausschließen, dass es von der Möglichkeit der Strafrahmenverschiebung Gebrauch gemacht und mildere Strafen verhängt hätte.
6
3. Ergänzend bemerkt der Senat:
7
Die Anordnung des Wertersatzverfalls lässt die hierfür vorgeschriebene Vorgehensweise (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, BGHR StGB § 73c Härte 14) außer Acht. Diese ist auch einzuhalten, wenn dem Urteil - wie hier - eine Verständigung vorausgegangen ist. Der Angeklagte ist indes dadurch nicht beschwert. Becker Pfister Schäfer RiBGH Mayer befindet sich Gericke im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 430/15
vom
3. Dezember 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 3. Dezember 2015 gemäß § 46
Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Hagen vom 9. Juni 2015 von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen schuldig ist. Die Einzelstrafe für die Tat II.1. der Urteilsgründe entfällt. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 4. Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Des Weiteren hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und auf Verfall von Wertersatz in Höhe von 1.660 € erkannt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.
2
Hinsichtlich der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist dem Angeklagten gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 StPO von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil den Angeklagten an der unvollständigen Übermittlung des die Revisionsbegründungenthaltenen Telefaxschreibens seines Verteidigers an das Landgericht am letzten Tag der Begründungsfrist kein Verschulden trifft.
3
Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


4
Nach den Feststellungen bezog der Angeklagte im Januar 2015 in zwei Fällen 30 und 33 Gramm Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils mindestens 40 % Heroinbase. Während jeweils 10 Gramm der beschafften Mengen dem Eigenkonsum dienten, streckte der Angeklagte das übrige Heroingemisch auf das Doppelte und verkaufte es gewinnbringend an verschiedene Abnehmer weiter (Taten II.2. und 3. der Urteilsgründe). Bei einer weiteren Beschaffungsfahrt am 23. Januar 2015 erwarb der Angeklagte von seinem Lieferanten 68,35 Gramm Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von 48 % Heroinbase , von welchem wiederum 10 Gramm für den Eigenkonsum und 58,35 Gramm zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmt waren (Tat II.4. der Urteilsgründe). Nach der Festnahme des Angeklagten wurden bei einer Durchsuchung am Arbeitsplatz des Angeklagten zum Eigenkonsum be- stimmte 14,87 Gramm Heroinzubereitung mit einer Wirkstoffkonzentration von 44,8 % Heroinbase sichergestellt. Dieses Heroingemisch hatte der Angeklagte an einem nicht näher bestimmbaren Tag im Jahr 2014 erworben und in seinem Spind bereit gehalten, um etwaig auftretenden Entzugserscheinungen während der Arbeit entgegenwirken zu können und sich auf diese Weise arbeitsfähig zu halten (Tat II.1. der Urteilsgründe).

II.


5
Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils kann nicht bestehen bleiben , weil sich die rechtliche Würdigung des Landgerichts hinsichtlich des Konkurrenzverhältnisses als unzutreffend erweist.
6
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwirklicht der gleichzeitige Besitz unterschiedlicher Betäubungsmittelmengen den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14, NStZ-RR 2015, 174 f.; vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13, NStZ 2014, 163; vom 17. März 2010 – 2 StR 67/10 Rn. 2; vom 12. Oktober 2004 – 4 StR 358/04, NStZ 2005, 228 f.; Urteil vom 1. August 1978 – 1 StR 173/78). Dient der Besitz an den Betäubungsmitteln dem Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung, tritt die Strafbarkeit wegen Besitzes hinter das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zurück (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14 aaO; vom 2. Oktober 2008 – 3 StR 352/08, NStZ-RR 2009, 58; vom 17. Mai 1996 – 3 StR 631/95, BGHSt 42, 162, 165 f.). Der Besitz hat deshalb mangels Wertgleichheit nicht die Kraft, selbständige, die Voraussetzungen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllende Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge untereinander zur Tateinheit zu verbinden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13 aaO; vom 17. Mai 1996 – 3 StR 631/95 aaO; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1380). Besitzt der Täter Betäubungsmittel teils zum Eigenkonsum und teils zu Handelszwecken, geht lediglich der Besitz an der zum Handel bestimmten Betäubungsmittelmenge im Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf, während es für die Eigenbedarfsmenge bei der Strafbarkeit wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln verbleibt. Zwischen dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und dem gleichzeitigen Besitz der davon nicht betroffenen Betäubungsmittelmenge besteht Tateinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14 aaO; vom 30. Juni 1998 – 1 StR 293/98, StV 1998, 593; vom 30. November 1995 – 1 StR 578/95; vom 12. Oktober 1990 – 1 StR 539/90; vom 29. August 1984 – 2 StR 173/84, bei Schoreit, NStZ 1985, 58; Patzak in Körner/Patzak/ Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Rn. 108; Kotz in MükoStGB, 2. Aufl., § 29 BtMG Rn. 1209).
7
Danach hat das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass der Besitz an den bei den drei Beschaffungsfahrten jeweils zum Eigenkonsum erworbenen nicht geringen Heroinmengen in dem bereits durch die Aufbewahrung des im Jahr 2014 beschafften Heroinvorrats verwirklichten unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aufgeht und daher nur eine einheitliche Tat des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gegeben ist. Die Strafkammer hat aber übersehen, dass der Besitz an dem zum Eigenkonsum dienenden Heroin zu den Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Idealkonkurrenz steht. Da eine Verklammerung der Handelstaten ausscheidet, hat sich der Angeklagte somit des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen schuldig gemacht.
8
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der in vollem Umfang geständige Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung führt zum Entfallen der für die Tat II.1. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Die Einzelstrafen für die Taten II.2. bis 4. der Urteilsgründe können bestehen bleiben. Die Gesamtstrafe wird durch die Änderung des Schuldspruchs ebenfalls nicht berührt. Der Senat kann angesichts der verbleibenden Einzelstrafen von zwei Jahren und neun Monaten und zweimal einem Jahr und sechs Monaten ausschließen, dass der Tatrichter bei zutreffender Bestimmung des Konkurrenzverhältnisses auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
9
Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 587/09
vom
14. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2010 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Ravensburg vom 12. August 2009 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte wurde im Rahmen einer Verfahrensabsprache wegen einer Reihe in der ersten Jahreshälfte 2008 begangener Verstöße gegen das BtMG unter Einbeziehung der Einzelstrafen eines Urteils des Amtsgerichts Ravensburg vom 24. November 2008, dessen Feststellungen im Einzelnen mitgeteilt sind, zu einer (nachträglichen) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt , wie dies auch die Verfahrensbeteiligten übereinstimmend beantragt hatten.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich die auf die Rüge der Verletzung sachlichen und förmlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten.
3
Näher ist ausgeführt, wie dies auch schon wiederholt gegenüber der Strafkammer geltend gemacht worden war, dass im Blick auf den in dem einbezogenen Urteil abgeurteilten Sachverhalt ein Verfahrenshindernis wegen Strafklageverbrauchs bestehe. Sie macht weiter geltend, wegen unzulänglicher Hinweise gemäß § 265 StPO seien Verteidigungsmöglichkeiten eingeschränkt worden, und ist nunmehr der Auffassung, die Strafkammer hätte die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) anordnen müssen.
4
Die Revision bleibt erfolglos.
5
1. Gegenstand der hier abgeurteilten Taten waren insgesamt (jeweils mindestens ) 55 g Kokaingemisch, 1,2 kg Amphetamin und 1.200 Ecstasy-Tabletten. Das Rauschgift stammte - an einer Stelle der Urteilsgründe heißt es „überwiegend“ , an einer anderen Stelle, die sich allerdings nur auf Kokain und Amphetamin bezieht, ist diese Einschränkung nicht gemacht - von R. .
6
Hinsichtlich des Strafklageverbrauchs bezieht sich der Kern des Vorbringens auf die im Urteil des Amtsgerichts getroffene Feststellung, dass der Angeklagte in der Diskothek "D. " in Ra. am 11. Mai 2008 61 EcstasyTabletten und 1,7 g Amphetamin gewinnbringend weiterverkaufen wollte. Während das Amtsgericht hinsichtlich sämtlicher sonstiger von ihm abgeurteilter Taten R. als (möglichen) Lieferanten nennt, ist dies hinsichtlich des am 11. Mai 2008 sichergestellten Rauschgifts nicht der Fall.
7
Die Strafkammer erörtert im Anschluss an die Prüfung der Konkurrenzverhältnisse auch die Frage, ob die hier abgeurteilten Taten mit den vom Amtsgericht abgeurteilten Taten eine Bewertungseinheit mit der Folge des Strafklageverbrauchs (vgl. hierzu zusammenfassend Körner BtMG 6. Aufl. § 29 Rdn. 887 m.w.N.) bilden könnten. Die Strafkammer verneint dies. Der Angeklagte sei in vollem Umfang geständig, habe jedoch keine Angaben zur Herkunft des am 11. Mai 2008 im "D. " bei ihm sichergestellten Rauschgifts gemacht. Der Angeklagte habe nach seiner eigenen Einlassung im Tatzeitraum Rauschgift nicht allein von R. bezogen. Bei seiner polizeilichen Vernehmung habe er sogar noch ausgesagt, er habe sein Rauschgift meist nicht direkt von R. , sondern von irgendwelchen anderen Leuten bekommen. Abschließend führt die Strafkammer aus und belegt, dass auch der Zweifelssatz nicht gebiete, ohne hinreichende konkrete Anhaltspunkte dafür, dass mehrere Fälle des unerlaubten Er- werbs, Besitzes und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dieselbe Rauschgiftmenge betreffen, eine Bewertungseinheit anzunehmen.
8
Die Revision meint, die Strafkammer habe die polizeiliche Aussage des Angeklagten falsch ausgelegt. Er habe lediglich darauf hingewiesen, dass das Rauschgift, das Gegenstand der vom Amtsgericht abgeurteilten Tat gewesen sei, direkt von R. stamme, in anderen Fällen habe er nicht direkt von R. bezogen, sondern von Dritten, die als Boten bzw. Überbringer für R. tätig geworden seien. Auch im Übrigen sei die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe nicht sein ganzes Rauschgift von R. bezogen, wie die Revision im Einzelnen darlegt, rechtsfehlerhaft. Daher hätte die Strafkammer von einer Bewertungseinheit ausgehen müssen.
9
Dies ist nicht der Fall.
10
Bei wiederholtem Rauschgifterwerb sind die Handlungen des Käufers selbst dann nicht als eine Tat im Sinne einer Bewertungseinheit anzusehen, wenn das gesamte eingekaufte Rauschgift aus demselben Vorrat stammt (vgl. BGH NStZ 1997, 243; Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. vor § 52 Rdn. 43 jew. m.w.N.). Mehrere Rauschgiftgeschäfte sind dann im Sinne von Tateinheit in einer Bewertungseinheit verbunden, wenn sie in ein und demselben Güterumsatz in einem Handlungsteil, etwa beim Erwerb, bei der Lieferung oder bei der Bezahlung des Kaufpreises in einer Gesamtmenge oder in einem Geldbetrag zusammentreffen (Körner aaO Rdn. 846 f. m.w.N.). Selbst wenn, etwa im Blick auf einen einheitlichen Vorgang des Erwerbs durch den Verkäufer zum Zwecke gewinnbringenden Weiterverkaufs, die von diesem aus dem Vorrat vorgenommenen späteren Verkaufshandlungen in Bewertungseinheit verbunden sind, führte dies nicht dazu, dass diese Vorgänge auch auf Seiten des - immer identischen - Käufers als in Bewertungseinheit verbunden anzusehen wären.
11
Ein (jedenfalls teilweiser) Strafklageverbrauch hinsichtlich des Angeklagten käme allenfalls in Betracht, wenn davon auszugehen wäre, dass er im Rahmen desselben Erwerbsvorgangs - eine nach und nach erfolgte Aufstockung eines Vorrats würde nicht ausreichen ("Silotheorie"; vgl. hierzu Körner aaO Rdn. 857 m.w.N.) - sowohl die am 11. Mai 2008 sichergestellten und dem entsprechend vom Amtsgericht abgeurteilten Mengen als auch eine hier abgeurteilte Menge erworben hätte.
12
Der Senat hat dies nicht im Wege des Freibeweises zu überprüfen, also etwa durch Rekonstruktion des Ergebnisses der Beweisaufnahme und (oder) durch Abgleich der Urteilsgründe mit dem Akteninhalt, sondern nach revisionsrechtlichen Grundsätzen (vgl. BGHSt 46, 349, 352, 353; BGH, Beschl. vom 16. November 2000 - 3 StR 457/00; in vergleichbarem Sinne BGHSt 22, 307, 309; BGH NStZ 2000, 388). Insoweit sind hier nur die Urteilsgründe maßgebend, da eine zulässige Verfahrensrüge in diesem Zusammenhang nicht erhoben ist.
13
Es ist nicht ersichtlich, dass der Strafkammer ein Rechtsfehler unterlaufen wäre.
14
Aus den dargelegten Gründen kommt es schon nicht darauf an, ob der Angeklagte sein Rauschgift ausschließlich von R. bezogen hat (hiergegen können die in den Urteilsgründen dokumentierten Angaben des Angeklagten sprechen) oder gar aus einem einheitlichen Vorrat von R. (hiervon ist bei einer Mehrzahl festgestellter Einzelverkäufe nicht ohne Weiteres auszugehen, vgl. BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 12). Jedenfalls sind keine konkreten Anhaltspunkte für die dargelegte Möglichkeit eines einheitlichen Kaufs des am 11. Mai 2008 sichergestellten Rauschgifts und hier verfahrensgegenständlichen Rauschgifts ersichtlich. Der Angeklagte hat offenbar häufig Rauschgift bezogen, wobei ihm dies von unterschiedlichen Personen ausgehändigt wurde. Unter die- sen Umständen könnte, wenn überhaupt, allenfalls der Zweifelssatz zu der Annahme führen, dass mehrere unterschiedliche Mengen Teile einer einheitlichen Gesamtmenge waren. Wie auch die Strafkammer jedoch zutreffend dargelegt hat, ist der Zweifelssatz aber keine tragfähige Grundlage für die Annahme einer Bewertungseinheit (st. Rspr., vgl. zusammenfassend Körner aaO Rdn. 855 m.w.N.).
15
2. Die Strafkammer gab im Laufe der Hauptverhandlung zwei rechtliche Hinweise gemäß § 265 StPO. Soweit hier von Interesse, lautete der erste Hinweis :
16
"Es wird darauf hingewiesen, dass bei den Taten 1, 13 u. 14 auch unerlaubter Besitz von Btm in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vors. unerlaubtem Handeltreiben mit Btm in Betracht kommt (§§ 29a Abs. 1 Nr. 2, 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG, 52 StGB)".
17
Es folgen in demselben Hinweis Ausführungen zu weiteren Taten. Diesem Teil des Hinweises braucht der Senat nicht weiter nachzugehen, weil er von der Revision nicht angegriffen ist.
18
Der zweite Hinweis lautete:
19
"Es wird darauf hingewiesen, dass bei der Tat Ziff. 1 auch unerl. Besitz von Btm in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerl. Handeltreiben von Btm in nicht geringer Menge in Betracht kommt".
20
Die Revision führt aus, dass "dieser Hinweis" in zweifacher Hinsicht fehlerhaft sei, wobei sie zur Begründung sowohl auf Elemente des ersten Hinweises als auch auf Elemente des zweiten Hinweises verweist. Der erste Hinweis verdeutliche nicht, welche neuen Tatsachen der veränderten rechtlichen Würdigung zu Grunde lägen. Darüber hinaus lasse der zweite Hinweis im Gegensatz zum ersten Hinweis die Schuldform des Handeltreibens "nach der nunmehr veränderten Sachlage" offen. Während zunächst noch von "vorsätzlichem" Handeltreiben die Rede gewesen sei, sei dies in dem zweiten Hinweis nicht mehr der Fall gewesen. Auch fehlte in dem zweiten Hinweis die Angabe der einschlägigen Paragraphen , sodass auch insoweit nicht zu erkennen gewesen wäre, ob die Strafkammer von vorsätzlichem oder fahrlässigem Handeltreiben ausgegangen sei.
21
a) Die Rüge, es werde die veränderte Tatsachengrundlage des Hinweises nicht deutlich, geht schon im Ansatz fehl. Die Annahme, ein Hinweis gemäß § 265 StPO müsse aus Rechtsgründen stets auf neuen tatsächlichen Erkenntnissen beruhen, trifft so nicht zu. Freilich ist dies nach forensischer Erfahrung vielfach der Fall, jedoch ist ein Hinweis gemäß § 265 StPO auch dann geboten, wenn sich der Sachverhalt zwar nicht geändert hat, er aber nach Auffassung des Gerichts dennoch rechtlich anders als noch in der zugelassenen Anklage zu bewerten ist (vgl. Engelhardt in KK 6. Aufl. § 265 Rdn. 17). Allein mit der Behauptung , die geänderten tatsächlichen Grundlagen eines Hinweises gemäß § 265 StPO seien nicht mitgeteilt, ist daher ein Verfahrensverstoß nicht schlüssig dargetan.
22
Im Übrigen könnte eine auf unzulängliche tatsächliche Erläuterung eines Hinweises gemäß § 265 StPO gestützte Rüge schon im Ansatz nur dann Erfolg haben, wenn Urteil und zugelassene Anklage in tatsächlicher Hinsicht wesentlich voneinander abweichen würden. Derartige Differenzen sind von der Revision nicht einmal abstrakt behauptet (zur Maßgeblichkeit der "Angriffsrichtung" einer Verfahrensrüge vgl. BGH NStZ 2008, 229, 230; Sander/Cirener JR 2006, 300 jew. m.w.N.), erst recht nicht konkret ausgeführt (vgl. Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 265 Rdn. 47 m.w.N.).
23
b) Dem Angeklagten lag im Fall 1 der Urteilsgründe vorsätzliches Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Last, und er wurde wegen vorsätzlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Die für Fahrlässigkeit maßgebliche Bestimmung, § 29 Abs. 4 BtMG, ist weder in der Anklage oder in den Hinweisen noch im Urteil genannt.
24
Auch wenn es im Übrigen grundsätzlich untunlich ist, identisches Geschehen in unterschiedlichen formalen Prozessvorgängen unterschiedlich (im ersten Hinweis als vorsätzliches Handeltreiben, im zweiten Hinweis als Handeltreiben) zu bezeichnen (vgl. BGH, Beschl. vom 27. Juli 2006 - 1 StR 147/06), kommt schon deshalb ein Verstoß gegen § 265 StPO nicht in Betracht.
25
Das Vorbringen der Revision, das Unterbleiben des von ihr vermissten Hinweises habe (auch) deshalb besonders Gewicht, weil die Strafkammer von einer geänderten Sachlage ausgegangen sei, kann, wie dargelegt, schon im Ansatz der Prüfung des Revisionsvorbringens nicht zu Grunde gelegt werden.
26
Im Übrigen liegt es nahe, mehrere rechtliche Hinweise, die sich auf die nämliche Tat beziehen, nicht isoliert, sondern in einer Gesamtschau zu bewerten ; selbst die Revision spricht (teilweise) nur von einem Hinweis. Dann aber wird im Abgleich der beiden Teile dieses Hinweises mit noch hinlänglicher Klarheit deutlich, dass mit dem zweiten Hinweis lediglich die Unzulänglichkeit des ersten Hinweises insoweit beseitigt werden sollte, als dort hinsichtlich des Besitzes nicht auf die geringe Menge hingewiesen war, im Übrigen dessen Inhalt aber fortgelten sollte.
27
c) Ohne dass es darauf ankäme, dass hier eine Verfahrensabsprache vorliegt , könnte der Senat aber auch keine, nicht einmal eine entfernte, Möglichkeit erkennen, dass das gesamte in Rede stehende Verfahrensgeschehen irgend einen nachteiligen Einfluss auf Verteidigungsmöglichkeiten des Angeklagten ge- habt haben könnte. Auch die Revision legt in ihren Ausführungen zum Beruhen des Urteils auf den geltend gemachten Mängeln nur - zutreffend, aber nur abstrakt - dar, dass eine andere Verteidigungsmöglichkeit nicht notwendigerweise nahe liegen muss.
28
In diesem Zusammenhang bemerkt der Senat: Von hier nicht einschlägigen Besonderheiten abgesehen, braucht eine Revisionsbegründung den ursächlichen Zusammenhang zwischen (behauptetem) Rechtsfehler und dem angefochtenen Urteil nicht ausdrücklich darzulegen. Es ist vielmehr grundsätzlich Sache des Revisionsgerichts, die Beruhensfrage von sich aus zu prüfen. Dies sollte jedoch gerade in Fällen, in denen die Möglichkeit eines Beruhens nicht leicht zu erkennen ist, den Beschwerdeführer nicht davon abhalten, konkret darzulegen, warum aus seiner Sicht hier ein Beruhen möglich erscheinen kann (vgl. zusammenfassend Kuckein in KK 6. Aufl. § 344 Rdn. 65 m.w.N.). Andernfalls ist nicht auszuschließen, dass das Revisionsgericht trotz seiner umfassenden Überprüfung der Beruhensfrage eine in diesem Zusammenhang (doch) in Betracht zu ziehende Möglichkeit nicht erkennt und daher auch nicht in seine Erwägungen einbezieht (BGH, Beschl. vom 14. Januar 2010 - 1 StR 620/09). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof gerade auch im Zusammenhang mit Rügen der Verletzung von § 265 StPO wiederholt darauf hingewiesen, dass auch dem Revisionsvorbringen nichts zu entnehmen ist, was das (negative) Ergebnis seiner Beruhensprüfung in Frage stellen könne (vgl. z.B. BGHR StPO § 265 Abs.1 Hinweispflicht 9, 12; BGH, Beschl. vom 19. Oktober 1994 - 2 StR 336/94; Beschl. vom 13. Juni 2007 - 2 StR 127/07).
29
3. Die auf Grund der Sachrüge gebotene Überprüfung des Urteils hat, auch über die im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Verfahrenshindernis vorgenommene Überprüfung hinaus, keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Ebenso wenig stellt es den Bestand des Urteils in Frage, dass die Strafkammer davon abgesehen hat, den Angeklagten gemäß § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beschwert es den Angeklagten grundsätzlich nicht, wenn keine Maßregel gemäß § 64 StGB gegen ihn verhängt wird (vgl. BGH NStZ 2009, 261 m.w.N.). Eine Fallgestaltung, bei der trotz fehlender Beschwer des Angeklagten auf seine Revision eine Aufhebung des Urteils wegen einer zu Unrecht unterlassenen Unterbringung gemäß § 64 StGB in Betracht kommen kann (BGHSt 37, 5, 9 f.), liegt nicht vor. Ebenso wie schon der hierzu gehörte Sachverständige hat auch die Strafkammer bei der Prüfung und Verneinung der Notwendigkeit einer Unterbringung keine unzutreffenden Maßstäbe zu Grunde gelegt , wie dies auch der Generalbundesanwalt im Einzelnen näher ausgeführt hat, ohne dass dies von der Erwiderung der Revision entkräftet wäre. Nack Wahl Graf Jäger Sander

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

3
a) Zwar vermag der Besitz verschiedener von vornherein zu unterschiedlichem Handel bestimmter Betäubungsmittel, die niemals zu einem Depot verbunden worden sind, nicht bereits auf Grund zeitlicher Überschneidung eine Bewertungseinheit zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Oktober 1996 – 5 StR 505/96, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 9). Das Landgericht hat aber bei der Bewertung der Konkurrenzverhältnisse nicht bedacht, dass nach den Feststellungen der Angeklagte M. , der beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln arbeitsteilig mit dem Angeklagten H. zusammenwirkte, am 26. September 2013 24 Druckverschlusstüten mit bereits vorbereiteten Portionen aus den (drei) vorherigen Einkaufsmengen an sich nahm, um sie zu Abnehmern zu bringen. Wegen der damit gegebenen Identität der tatbestandlichen Ausführungshandlungen beim Verkauf der Betäubungsmittel bestand somit zwischen den ersten drei Taten aus Juni, Juli und August 2013 richtigerweise Tateinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2014 – 3 StR 413/14 Rn. 2; Beschluss vom 18. Februar 2010 – 4 StR 633/09, StraFo 2010, 348; Beschluss vom 25. März 1998 – 1 StR 80/98).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 507/13
vom
21. Januar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 21. Januar 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 28. Juni 2013
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,
b) im Strafausspruch dahin geändert, dass unter Wegfall der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe und der dieser zugrundeliegenden beiden Einzelstrafen eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten festgesetzt wird. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten (Einzelstrafen ein Jahr zehn Monate und ein Jahr drei Monate ) verurteilt. Seine dagegen gerichtete Revision hat mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Soweit das Landgericht seinem Schuldspruch wegen der Bedrohung mit einem Fleischermesser die Vorschrift des § 250 Abs. 2 Satz 1 StGB zugrunde gelegt hat, hat es lediglich versäumt, diesen Umstand im Urteilstenor durch die Kennzeichnung als versuchte besonders schwere räuberische Erpressung zum Ausdruck zu bringen.
3
2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts handelt es sich bei dem Versuch der besonders schweren räuberischen Erpressung und dem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht um jeweils eigenständige, in Realkonkurrenz stehende Taten. Vielmehr stehen beide Delikte in Tateinheit, weil sie in der Ausführungshandlung zusammentreffen. Sämtliche Handlungen des Verkäufers, die der Beitreibung des Kaufpreises für die Betäubungsmittel dienten - hier die Bedrohung mit dem Fleischermesser - waren Teil des Handeltreibens (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - 5 StR 242/07, NStZ 2008, 465).
4
3. Die insoweit erforderlich gewordene Berichtigung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe und der dieser zugrundeliegenden beiden Einzelstrafen.
5
Da aber die andere rechtliche Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses den materiellen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat hier insgesamt nicht beeinflusst (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. März 2004 - 2 BvR 2251/03 juris Rn 5; BGH, Beschluss vom 7. Januar 2011 - 4 StR 409/10, NJW 2011, 2149, 2151 mwN), schließt der Senat aus, dass das Landgericht bei zutreffender Bewertung des Konkurrenzverhältnisses eine geringere als die gebildete Gesamtstrafe als Einzelstrafe verhängt hätte und setzt in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Einzelfreiheitsstrafe auf zwei Jahre und vier Monate fest.
Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng
17
Allerdings ist die Strafzumessung grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich , wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320 mwN). Nur in diesem Rahmen kann eine „Verlet- zung des Gesetzes“ (§ 337 Abs. 1StPO) vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (BGH, GS, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; BGH, Urteil vom 12. Januar 2005 – 5 StR 301/04).
12
Es ist Aufgabe des Tatgerichts, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. BGH, Urteile vom 17. September 1980 - 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320; vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, 127 Rn. 17 mwN). Nur in diesem Rahmen kann eine „Verletzung des Gesetzes“ (§ 337 Abs. 1 StPO) vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (BGH, GS, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; BGH, Urteile vom 12. Januar 2005 - 5 StR 301/04; vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, 127 Rn. 17 mwN).

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

5 StR 301/04

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 12. Januar 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Januar
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt P
als Verteidiger für den Angeklagten Ö ,
Rechtsanwalt B
als Verteidiger für den Angeklagten Y ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 27. Oktober 2003 werden verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Steuerhint erziehung in jeweils 22 Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von je zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die zuungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten werden, wenden sich im wesentlichen gegen die Berechnung der hinterzogenen Einkommensteuer, bemängeln die Nichtanwendung des erhöhten Strafrahmens aus § 370 Abs. 3 AO und beanstanden die Höhe der Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe. Sie haben im Ergebnis keinen Erfolg.

I.


1. Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieben die Angeklagten ab 1993 einen Gastronomiebetrieb in der Rechtsform einer GmbH, deren Geschäftsführer die Angeklagten waren. Ab 1995 manipulierten die Ange-
klagten die EDV-gestützte Buchführung des Betriebes im wesentlichen dadurch , daß sie einzelne Verkäufe nachträglich aus der Buchhaltung stornierten. Zur weiteren Verschleierung kauften sie von ihren Warenlieferanten teilweise unter anderem Namen, teilweise im Ausland und teilweise unter Aufspaltung der Rechnung in einen buchmäßig erfaßten Teil und einen anonymen Barzahlungsteil.
Den für das jeweilige Steuerjahr gemeinsam abgegebenen Umsatzsteuer -, Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärungen der GmbH legten die Angeklagten stets die niedrigeren, aus der manipulierten Buchhaltung herrührenden Umsätze zugrunde. Auf diese Weise bewirkten sie, daß die von der GmbH zu zahlenden Steuern in den Jahren 1995 bis 1999 zu niedrig festgesetzt wurden (Fälle 1 bis 5). Ferner gaben sie zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen für die Monate Januar bis Dezember 2000 namens der GmbH Umsatzsteuervoranmeldungen ab, welche ebenfalls auf dem manipulierten Zahlenwerk beruhten (Fälle 6 bis 17). In ihren persönlichen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1995 bis 1999 verschwiegen die Angeklagten jeweils die aus der GmbH entnommenen und ihnen persönlich zugeflossenen zusätzlichen Gewinne, die hälftig geteilt wurden (Fälle 18 bis 22 bzw. 23 bis 27).
Insgesamt bewirkten die Angeklagten nach den Feststellungen des Landgerichts für die GmbH, daß Umsatz-, Gewerbe- und Körperschaftsteuern in einer Gesamtgrößenordnung von rund 2,2 Mio. DM verkürzt wurden. Hinsichtlich ihrer persönlichen Einkommensteuer hinterzogen die Angeklagten rund 285.000 DM bzw. rund 370.000 DM.
2. Das Landgericht hat bei der Berechnung der hinter zogenen Einkommensteuer den Einkünften der Angeklagten gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG a.F. jeweils die Hälfte der verdeckten Gewinnausschüttung (nachfolgend : vGA) sowie die darauf entfallende Körperschaftsteuer hinzugerechnet (entsprechend § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG a.F. jeweils 3/7 von 1/2 der vGA) und
auf die sich daraus ergebende Einkommensteuer wiederum die Körperschaftsteuer gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG a.F. angerechnet. Bei der Strafzumessung hat der Tatrichter in allen Fällen den Regelstrafrahmen des § 370 Abs. 1 AO zugrunde gelegt.

II.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind im Ergebnis unbegründet. Das Urteil weist keinen durchgreifenden, die Angeklagten begünstigenden oder beschwerenden (§ 301 StPO) Rechtsfehler auf.
1. Im Ansatz zutreffend wendet sich die Beschwerdeführe rin aber gegen die Berechnung der hinterzogenen Einkommensteuer. Zu Recht beanstandet die Staatsanwaltschaft insoweit, daß das Landgericht bei der Ermittlung des tatbestandlichen Steuerschadens die Voraussetzungen für eine Anrechnung der Körperschaftsteuer nach dem zur Tatzeit geltenden Anrechnungsverfahren bejaht hat.

a) Tatsächlich hätte der Tatrichter bei der Bestimmung des tatbestandlichen Steuerschadens die Anrechnung der Körperschaftsteuer gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) und b) EStG a.F. nicht vornehmen dürfen, weil weder die nach § 44 KStG a.F. notwendige Bescheinigung vorgelegt wurde noch die bei den als beherrschende Anteilseigner anzusehenden Angeklagten angerechnete Körperschaftsteuer durch die ihr entsprechende gezahlte Körperschaftsteuer gedeckt war (§ 36a Abs. 1 EStG a.F.). Bei zutreffender steuerrechtlicher Bewertung hätte das Landgericht daher die Nettodividende (= vGA) ohne Berücksichtigung der auf die Gewinnausschüttung entfallenden Körperschaftsteuer als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG a.F. bei der Berechnung der Einkommensteuer ansetzen müssen. Daneben hätte der Tatrichter – spiegelbildlich – keine Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer vornehmen dürfen (vgl. Heinicke in Schmidt, EStG 23. Aufl. § 20 Rdn. 127). Dieser steuerrechtliche Be-
wertungsfehler führt zu einer zu geringen Bemessung des tatbestandlichen Hinterziehungsschadens.

b) Dieser Rechtsfehler führt indes im Ergebnis nicht zu einem Erfolg der Revisionen.
Verurteilt der Tatrichter einen Angeklagten wegen einer als geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH begangenen Körperschaftsteuerhinterziehung , so muß der Angeklagte bei der Ausurteilung der korrespondierenden Einkommensteuerhinterziehung – wegen der hier gebotenen Gesamtbetrachtung der begangenen Steuerhinterziehungen – strafzumessungsrechtlich so behandelt werden, als ob für die Gesellschaft steuerehrlich gehandelt wurde. Mithin ist bei der Bemessung des dem Angeklagten bei seiner Einkommensteuer strafrechtlich vorzuwerfenden Hinterziehungsbetrages einerseits zwar die Brutto-vGA (unter Einschluß der bei der Gesellschaft anfallenden Körperschaftsteuer) in Ansatz zu bringen, andererseits aber – fiktiv – der bei steuerehrlichem Verhalten der Gesellschaft beim Gesellschafter abzuziehende Körperschaftsteuerbetrag anzurechnen. Anderenfalls würde es zu einer steuerstrafrechtlich nicht hinnehmbaren Doppelbelastung des Angeklagten kommen (vgl. bereits BGH wistra 1990, 193, 194).
Das Landgericht hat diesen Gesichtspunkt bei der Findu ng der Einzelstrafen für die ausgeurteilten Einkommensteuerhinterziehungen im Ergebnis zu Recht berücksichtigt.
2. Das Landgericht hat bei der Bestimmung des steuerstr afrechtlich relevanten Hinterziehungsschadens bei der Umsatzsteuerhinterziehung zum Nachteil der Angeklagten (§ 301 StPO) nicht berücksichtigt, daß der GmbH aus den Schwarzeinkäufen – jedenfalls soweit ihnen keine umsatzsteuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen im Sinne des § 6a UStG zugrunde lagen – Vorsteuererstattungsansprüche zustanden, welche die Angeklagten – zur Verheimlichung der Schwarzeinkäufe – in den Umsatzsteuervor-
anmeldungen und -erklärungen nicht geltend gemacht hatten. Zwar berühren diese Vorsteuererstattungsansprüche wegen des in § 370 Abs. 4 Satz 3 AO normierten Kompensationsverbotes nicht den tatbestandlichen Hinterziehungsschaden (vgl. BGH wistra 1991, 107); bei der Gewichtung der Tat im Rahmen der Strafzumessung sind sie aber in der Regel – im Wege der Schätzung – zu beachten (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 Strafzumessung 6).
Dieser Rechtsfehler führt indes nicht zu einer auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft zugunsten der Angeklagten vorzunehmenden Teilaufhebung. Der Senat schließt angesichts des nur geringen Gewichts der Umsatzsteuer innerhalb der jeweils für die GmbH begangenen Steuerhinterziehungstaten (tateinheitlich jeweils Körperschaft-, Umsatz- und Gewerbesteuer ) und der steuerrechtlichen Interdependenzen zwischen Umsatz- und Körperschaftsteuer aus, daß dieser Rechtsfehler Einfluß auf die Bestimmung der Einzelstrafen in den Fällen 1 bis 5 gehabt hat. Die steuerrechtlichen Besonderheiten des Körperschaftsteuerrechts bewirken nämlich, daß eine Ermäßigung der Umsatzsteuer zugleich zu einer Erhöhung des Körperschaftsteuerbetrages führt. Angesichts der sehr maßvollen Einzelstrafen von jeweils vier Monaten gilt dies auch für die Fälle 6 bis 17, welche allein Umsatzsteuerhinterziehungen durch falsche Voranmeldungen für die Voranmeldungszeiträume Januar bis Dezember 2000 betreffen.
3. Der Rechtsfolgenausspruch begegnet – wie der Genera lbundesanwalt zutreffend hervorgehoben hat – auch im übrigen keinen durchgreifenden Bedenken.

a) Die Nichtanwendung des Strafrahmens aus § 370 Abs. 3 AO ist rechtsfehlerfrei begründet worden.
Soweit die Staatsanwaltschaft geltend macht, „aus einer Addition der Verkürzungsbeträge“ würde sich unschwer ergeben, daß die Steuerhinterziehungen ein großes Ausmaß im Sinne des § 370 Abs. 3 Nr. 1 AO erreich-
ten, wird nicht hinreichend bedacht, daß der Blick nur auf den Gesamtschaden einer Serie von Steuerstraftaten nicht genügt. Vielmehr müßte dann für jeden Einzelfall das „große Ausmaß“ zu bejahen sein (BGH wistra 2004, 185); diese Voraussetzungen liegen indes nicht vor.
Ein Fall des § 370 Abs. 3 Nr. 4 AO liegt ebenfalls ni cht vor. Die Erstellung falscher Belege durch Manipulationen des Kassensystems erfüllt die Voraussetzungen des besonders schweren Falls nicht. Dieser wäre erst dann erfüllt, wenn die gefälschten Belege gegenüber der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren vorgelegt worden wären (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 3 Nr. 4 Belege 1 m.w.N.); dies war hier nicht der Fall.

b) Die gegen die konkrete Strafzumessung vorgebrachten E inzelbeanstandungen führen nicht zum Erfolg.
Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (BGHSt 34, 345, 349; 29, 319, 320; jeweils m.w.N.). Nur in diesem Rahmen kann eine „Verletzung des Gesetzes“ (§ 337 Abs. 1 StPO) vorliegen. Dagegen ist eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (BGH aaO). Gemessen hieran, ist die Strafzumessung des Landgerichts – trotz der sehr milden Einzel- und Gesamtstrafen – noch nicht zu beanstanden.
Soweit die Revisionen zur Begründung der aus ihrer Sicht fehlerhaften Strafzumessung auf urteilsfremde Erkenntnisse zurückgreifen, sind zulässige Verfahrensrügen nicht erhoben worden.
Harms Häger Basdorf Gerhardt Schaal
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Es ist Aufgabe des Tatgerichts, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. BGH, Urteile vom 17. September 1980 - 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320; vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, 127 Rn. 17 mwN). Nur in diesem Rahmen kann eine „Verletzung des Gesetzes“ (§ 337 Abs. 1 StPO) vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (BGH, GS, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; BGH, Urteile vom 12. Januar 2005 - 5 StR 301/04; vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, 127 Rn. 17 mwN).

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.