Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2011 - 3 StR 444/10

bei uns veröffentlicht am05.07.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 444/10
vom
5. Juli 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
hier: Revision der Nebenbeteiligten
P. Baugesellschaft mbH,
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 5. Juli 2011 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision der Nebenbeteiligten wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 2. Oktober 2009, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat gegen die Nebenbeteiligte eine Geldbuße wegen "gemeinschaftlichen Betruges in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue" (§ 30 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 OWiG i.V.m. § 263 Abs. 1, § 266 Abs. 1 2. Fall, § 25 Abs. 2, §§ 27, 52 StGB) ihres vormaligen Geschäftsführers, des Angeklagten D. , in Höhe von 100.000 € festgesetzt. Zugleich hat es als Entschädigung für die überlange Dauer des Verfahrens ausgesprochen, dass 25.000 € dieses Bußgeldes als vollstreckt gelten.
2
Das auf die Sachrüge gestützte Rechtsmittel der Nebenbeteiligten hat Erfolg.
3
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift dazu ausgeführt: " … Die Strafkammer hat zwar einen konkreten Nachteil in Höhe von 4.907.533,97 DM brutto (UA S. 194) konkret benannt. Das genügt den rechtlichen Anforderungen hier jedoch nicht. Es handelt sich dabei nämlich um den Vermögensabfluss wegen der Zahlung auf eine tatsächlich nicht erbrachte Leistung (Grundsanierung von Baustraßen im Spätherbst 1997), dem nach Auffassung der Kammer eine 'dem Grunde nach' berechtigte Forderung des Vertragspartners wegen einer erbrachten Leistung (Herstellung der Baustraßen im Frühjahr /Sommer 1997) gegenüber stand. Nach den Feststellungen ist nicht auszuschließen , dass die Geschädigte durch die Tat von der Gegenforderung befreit wurde, dass mithin eine Schadenskompensation eingetreten ist. Soweit sich dem Urteil eine Begründung für die Auffassung der Kammer, eine Schadenskompensation sei nicht erfolgt, entnehmen lässt (UA S. 185), ist sie rechtlich nicht tragfähig. Den wirtschaftlichen Wert der Gegenforderung hat die Kammer nicht festgestellt, entsprechende Beweisanträge auf Einholung von Sachverständigengutachten hat sie abgelehnt. Nach den lückenhaft in den Urteilsgründen enthaltenen Anhaltspunkten lässt sich nicht ausschließen, dass der Wert der Ge- genforderung die Höhe des Vermögensabflusses überstiegen hat. … 1. Den Urteilsgründen, die unter der Überschrift 'Tatgeschehen' (UA S. 51 - 108) eine Vielzahl von nicht auf den abstrakten Tatbestand bezogenen Tatsachen enthalten (vgl. dazu Meyer-Goßner StPO 53. Aufl. § 267 Rn. 5 m.w.N.) und die rechtliche Würdigung nur fragmentarisch an einzelnen Stellen der Beweiswürdigung (insbesondere S. 185 f.) und der Strafzumessung (UA S. 195 f.) aufscheinen lassen (vgl. Meyer-Goßner aaO § 267 Rn. 17 m.w.N.), sind im Kern folgende strafrechtlich relevante Umstände zu entnehmen: Der Angeklagte D. war als Geschäftsführer der Nebenbeteiligten, der P. Baugesellschaft mbH, die mit einem weiteren Unternehmen als 'Arbeitsgemeinschaft T. ' (UA S. 24; im Folgenden : Arge) zusammen arbeitete, an dem verfahrensgegenständlichen Geschehen beteiligt. Im Dezember 1996 vergab die Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit (PBDE) der Deutschen Bahn AG im Rahmen des Projekts 'Bahnstrecke Hannover/Berlin' (UA S. 31ff.) für eine Teilstrecke einen Bauauftrag mit Schwerpunkt Erdarbeiten an die Arge (UA S. 24). Bereits Anfang 1997 kam es zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zu einer Auseinandersetzung darüber, in welchem Umfang der Hauptvertrag die Erstellung von Baustraßen außerhalb der Bahntrasse abdeckte, die der Auftraggeber forderte (UA S. 28f.). Der Mitangeklagte R. erstellte insoweit für die Arge vor Durchführung der Arbeiten ein Nachtragsangebot (Z 19) vom 17. März 1997 mit Leistungsverzeichnis vom 14. Juli 1997 (UA S. 36 - 39), ergänzt durch einen 'Nachtrag' vom 27. März 1997 (UA S. 41 - 45). Der Auftraggeber lehnte eine Vergütung für die bis Juli 1997 auf seine Anordnung (UA S. 34) fertig gestellten Baustraßen mehrfach eindeutig ab, da diese Leistung von der Vergütung gemäß Hauptvertrag abgedeckt sei, zuletzt mit Schreiben vom 3. Februar 1998 (UA S. 41, 45, 50, 51). Das Landgericht ist zu Gunsten der Angeklagten davon ausgegangen, dass die Rechtsauffassung des Auftraggebers unzutreffend sei und ein Anspruch der Arge 'dem Grunde nach' bestand (UA S. 52, 159). Dies ist zwar rechtsfehlerhaft, denn das Gericht hat auf eine Auslegung des Vertrags verzichtet und stattdessen eine Unterstellung vorgenommen, der Sache nach also den Zweifelsgrundsatz angewendet, obwohl Auslegung und Anwendung des Rechts einschließlich vertraglicher Verhältnisse zu seinen Kernaufgaben zählt, denen es sich bei Entscheidungsrelevanz nicht entziehen darf und hinsichtlich der die Anwendung des Zweifelssatzes nicht zulässig ist (vgl. Schoreit in KK-StPO 6. Aufl. § 261 Rdnr. 61 m.w.N.). Da der Fehler sich aber zu Gunsten der Nebenbeteiligten auswirkt, ist er revisionsrechtlich hinzunehmen. Nach den Feststellungen 'überzeugte' der Angeklagte D. die für die PBDE tätigen Mitangeklagten Dr. S. und O. im Februar oder März 1998 von der Berechtigung der Ansprüche der Arge (UA S. 52). Der Mitangeklagte Dr. S. war als 'Realisierungsmanager' für die PBDE tätig (UA S. 31ff.), der Mitangeklagte O. war Leiter der Bauüberwachungszentrale (BÜZ) der PBDE (UA S. 14f., 25 - 28). Diese beiden Mitan- geklagten waren an der im Ergebnis ablehnenden Prüfung der Nachtragsforderungen der Arge beteiligt gewesen (UA S. 41, 45, 50, 51). Dennoch legt die Strafkammer nicht dar, welche Gründe der 'Überzeugungsbildung' zu Grunde lagen und warum die Angeklagten die übergeordneten und entscheidungsberechtigten Personen der PBDE für nicht gleichermaßen einsichtsfähig hielten (UA S. 53, 56), so dass sie auf den Plan verfielen, der aus ihrer Sicht berechtigten Forderung durch Fingierung eines Alternativsachverhalts (Grundsanierung der Baustraßen im Spätherbst 1997, die nicht stattgefunden hatte) zur Durchsetzung zu verhelfen (UA S. 56). Da dies die Angeklagten nicht beschwert, ist es im Revisionsverfahren ebenso hinzunehmen wie der Umstand, dass die Kammer jegliche Erörterung der Bedeutung der Zahlung der Nebenbeteiligten in Höhe von 395.063,29 DM an den Mitangeklagten Dr. S. für 'Ingenieurleistungen' im Dezember 1998 unterlässt. Die Angeklagten gingen davon aus, dass im Falle eines erfolgreichen Austauschs der 'wahren' (UA S. 57) durch die fiktive Anspruchsgrundlage der Punkt 'Vergütung der Leistungen im Zusammenhang mit denBaustraßen' erledigt sei (UA S. 57). Die Arge sollte nach dem Plan einen Betrag in der Größenordnung von 4,2 Millionen DM (netto) erhalten. Bei dieser „ver- gleichsweise“ (UA S. 53) bestimmten Summe spielte eine Rolle, dass eine Prüfung der Massen- und Einheitspreise nicht durchgeführt werden sollte, da sonst der fiktive Charakter des Sachverhalts 'Grundsanierung' aufgefallen wäre (UA S. 53, 56). Eine 'Überzahlung' der Arge nahmen die Angeklagten nach Auffassung der Strafkammer in Kauf (UA S. 57). Entsprechend der Vorgaben des Mitangeklagten O. wurde daraufhin von der BÜZ eine befürwortende Stellungnahme erarbeitet. Diese stellte den neuen Sachverhalt 'Grundsanierung' allerdings nicht isoliert, sondern in unauflösbarem Zusammenhang mit dem Nachtragsangebot Z 19 vom 17. März 1997 als 'Mehraufwand Baustraßenbau' dar und benutzte dessen Leistungsverzeichnis - unter Vornahme von Abschlägen - als Grundlage der Berechnung (UA S. 59 - 76, 97 - 101). Auf der Grundlage dieser Stellungnahme wurde während der Nachtragsverhandlung vom 22. Juni 1998 die Vertragsänderung (VÄ) 14 unter teilweiser Heraufsetzung einzelner Positionen empfohlen (UA S. 77 - 86). In der Folge wurde auch durch die mit der externen juristischen Plausibilitätsprüfung beauftragte Kanzlei Prof. Dr. H. mit ihrer Stellungnahme vom 9. Juli 1998 darauf abgestellt, die Nachtragsforderung der Arge sei berechtigt, weil entgegen dem Hauptvertrag die Baustraßen außerhalb der Trassen zu erbauen gewesen waren (UA S. 102). Die Vergabekommission der PBDE genehmigte die Vertragsänderung (VÄ) 14 'entsprechend dem Nachtragsangebot der Arge vom 14. März 1997' (UA S. 106). Der 'Auftrag' wurde von der Arge am 18. August 1998 bestätigt (UA S. 107), am 2. September wurde auf eine Abschlagsrechnung der Arge gezahlt (UA S. 107), im Januar 2000 auf die Schlussrechnung der Arge die endgültige Abrechnung vorgenommen (UA S. 108).

Nach ständiger Rechtsprechung ist unter Nachteil bzw. Vermögensschaden jede durch die Tathandlung verursachte Vermögenseinbuße zu verstehen , die Vermögensminderung ist nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung auf Grund eines Vergleichs des Vermögensstandes vor und nach der Tat unter lebensnaher wirtschaftlicher Betrachtungsweise festzustellen (Fischer aaO [Fischer, StGB, 58. Aufl. § 266 Rdnr. 115] sowie § 263 Rdnrn. 110ff. m.w.N.). Ein Nachteil liegt deshalb nicht vor, wenn zugleich ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs begründet wird (vgl. BGHSt 15, 342, 343 f.; BGH NJW 1975, 1234, 1235; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 14, 55; BGH StraFo 2010, 301). Ein solcher Vermögenszuwachs tritt beispielsweise ein, soweit das Vermögen von einer Verbindlichkeit in Höhe des Verlusts befreit wird. Dies gilt selbst dann, wenn die Verbindlichkeit schwer zu beweisen wäre (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 46). Es ist daher grundsätzlich möglich, dass ein Gläubiger sich im Rahmen eines Rechtsgeschäfts, auf Grund dessen ihm kein Anspruch zusteht , einen Vermögensvorteil verschafft, um sich damit für einen aus ei-
nem anderen Rechtsgeschäft bestehenden Anspruch zu befriedigen (vgl. BGH wistra 1982, 68 f.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 46). Es muss aber durch die Tat unmittelbar eine Befreiung von dem bestehenden Anspruch eintreten. Hierfür ist es erforderlich, dass der Handelnde das durch rechtswidrige Mittel, etwa Täuschung, Erlangte zu seinem bestehenden Anspruch in Beziehung gebracht hat, um auszuschließen, dass der Schuldner sowohl auf den bestehenden als auch auf den fingierten Anspruch leistet (vgl. BGH wistra 1982, 68 f.; BGH NStZ-RR 1997, 298).
3. a) Vorliegend hat die Strafkammer keine Schadenskompensation im Hinblick auf die von ihr als 'dem Grunde nach' berechtigt angesehene Forderung der Arge wegen der Herstellung der Baustraßen angenommen. Sie hat dies damit begründet, ein entsprechender Vergütungsanspruch sei mangels Vorlage einer prüffähigen Rechnung noch nicht entstanden und habe auch nicht mehr entstehen können, da die Angeklagten eine Prüfung zwecks Verdeckung ihrer Täuschung verhinderten (UA S. 185). Diese Erwägung ist in zweifacher Hinsicht rechtsfehlerhaft. Zum einen war der Anspruch entstanden. Gemäß § 1 Nr. 3 der hier anwendbaren VOB/B war die Arge auf Verlangen des Auftraggebers verpflichtet, auch Mehrleistungen gegenüber dem Hauptvertrag auszuführen, wofür ihr nach § 2 Nr. 5 VOB/B eine Vergütung zustand. Die PBDE hatte die Ausführung der Baustraßen außerhalb der Trasse ausdrücklich verlangt (UA S. 34, 40, 71). Mit der Ausführung der angeordneten Leistung (UA S. 45) war der Vergütungsanspruch der Arge entstanden, die Vorlage einer prüffähigen Rechnung gemäß § 14 Nr. 1 VOB/B war nur Voraussetzung der Fälligkeit des Anspruchs , nicht aber seiner Entstehung (vgl. Kapellmann/Messerschmidt VOB 3. Aufl. § 2 VOB/B § 2 Rdnr. 177, § 14 Rdnr. 2; Kuß VOB 2. Aufl. § 14 VOB/B Rdnr. 7). Entsprechendes gilt, wenn die Straßenerstellung als zusätzliche Leistung im Sinne von §§ 1 Abs. 4, 2 Abs. 6 VOB/B anzusehen wäre. Dass zum anderen nach dem Tatplan eine prüffähige Rechnung für den 'wahren' (UA S. 57) Anspruch nicht mehr gestellt, dieser Anspruch somit
nicht mehr fällig und geltend gemacht werden sollte, schließt die Kompensationsfähigkeit nicht aus, sondern schafft hierfür gerade die Voraussetzung , nämlich das Sich-Begeben der Forderung seitens des von der Tat Begünstigten. Hätte die Arge auf die Geltendmachung des Anspruchs nicht verzichtet, hätte sie zur Tatzeit eine prüffähige Rechnung noch erstellen können. Durch ihre rechtsfehlerhaften Erwägungen hat die Strafkammer sich den Weg zur Erörterung der rechtlich maßgeblichen Kriterien für das Vorliegen einer Schadenskompensation versperrt.

b) Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Vermögensab- und -zufluss sowie ein 'In-Beziehung-Bringen' der fingierten und der - nach Auffassung des Landgerichts - 'dem Grunde nach' berechtigten Forderung, die eine Doppelbelastung des Auftraggebers ausschließt, wird durch die Feststellungen nahegelegt. Zum einen wäre eine Erörterung angebracht gewesen, ob bereits mit der Tatvereinbarung, wonach der Angeklagte D. bei Erlangung eines Bestellscheins für den fingierten Sachverhalt keine weiteren Schritte im Hinblick auf den 'wahren Anspruchsgrund' unternehmen würde (UA S. 57), ein Verzicht der Arge durch den für sie handelnden Angeklagten gelegen hat. Zum anderen hätte die Kammer sich vor allem damit auseinandersetzen müssen, ob nicht im Abschluss der Vertragsänderung (VÄ) 14 durch die Arge ein vertraglich vereinbarter Verzicht auf weitere Forderungen aus dem Komplex 'Baustraßen' lag. Indem mit der VÄ 14 ausdrücklich auf das Nachtragsangebot Z 19 vom 17. März 1997 Bezug genommen und die Gesamtentwicklung des Sachverhalts 'Baustraßenbau' zur Begründung der Nachtragszahlung herangezogen wurde, lag es nicht fern, hierin eine abschließende vertragliche Gesamtregelung dieses Sachverhalts zu sehen. Dass im Nachhinein eine erneute Geltendmachung der mit dem Änderungsangebot Z 19 erhobenen Forderung zusätzlich zu der gerade auch hierauf gestützten Forderung aus der Vertragsänderung (VÄ) 14 in Betracht hätte kommen können, erscheint fernliegend. Auch Formulierungen der Kammer wie 'wahrer Anspruchsgrund' (UA S. 57) deuten dahin, dass es bei der Tat nicht um die Begründung einer neuen For-
derung, sondern allein um die Durchsetzung der berechtigten Forderung unter Vortäuschung eines fiktiven Sachverhalts ging.

c) Der grundsätzlichen Kompensationsgeeignetheit des Vergütungsanspruchs für die Herstellung der Baustraßen steht auch dessen mangelnde Fälligkeit nicht entgegen. Zwar scheint sich im Hinblick auf den Schuldspruch aus einer Entscheidung des 5. Strafsenats vom 27. August 2003 [gemeint: Beschluss vom 13. Juni 2001 - 5 StR 78/01] (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 51) anderes zu ergeben. In jenem Fall, in dem der Angeklagte in Höhe seiner noch nicht fälligen Honoraransprüche als Liquidator unter Missbrauch seiner Vertretungsbefugnis Entnahmen getätigt und das Landgericht zwar nicht das Honorar, aber den Nutzungsausfall in voller Höhe als Schaden gewertet hatte, hat der BGH nur den Strafausspruch aufgehoben. Den Schuldspruch hat er nicht beanstandet, da die Entnahme mangels Fälligkeit der Honorarforderungen nicht der materiellen Rechtsordnung entsprochen habe. In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs wurde allerdings ausdrücklich offen gelassen, ob anderes zu gelten hat, wenn die Forderung des Täters die Höhe der abgeflossenen liquiden Geldmittel beträchtlich übersteigt, was im vorliegenden Fall (wie noch zu erörtern) nicht auszuschließen ist. Darüber hinaus ist fraglich, ob an der seinerzeitigen Gewichtung der Fälligkeit nach der - mit Gesetzeskraft versehenen - Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts [Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08, BVerfGE 126, 170] noch festzuhalten ist. Die bereits früher in der Literatur vertretene Auffassung, dass die fehlende Fälligkeit einer vorzeitig erfüllten Verbindlichkeit nicht schon für sich allein zu einem Vermögensnachteil führe (vgl. Fischer StGB 56. Aufl. § 266 Rdnr. 59), bekommt vor dem Hintergrund der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Nachteilsermittlung anhand wirtschaftlicher Kriterien (BVerfG aaO Rdnrn. 113 f.) zusätzliches Gewicht. Angesichts der in den letzten Jahrzehnten festzustellenden Gegebenheiten des Wirtschaftslebens (Handel mit Optionen, 'Futures' etc.) erscheint die Auffassung, noch nicht fällige Forderungen hätten keinen wirtschaftlichen Wert, als nicht
(mehr) vertretbar. Eine geminderte Werthaltigkeit gegenüber dem Nominalbetrag kann nicht pauschal angenommen werden, sondern muss entsprechend den Umständen des Einzelfalls festgestellt werden. Bedarf es nur noch 'eines Federstriches' um die Fälligkeit herbeizuführen, dürfte der Nominalwert kaum unterschritten sein; anders ist es, wenn hierfür noch besonderer Aufwand zu betreiben ist. Vorliegend wäre zu berücksichtigen, dass das Nachtragsangebot vom 17./27. März 1997 sich lediglich als vorläufige Schätzung vor Durchführung der Baumaßnahme darstellte. In welchem Umfang der Arge prüffähige Unterlagen zur Fertigung einer Schlussrechnung zur Verfügung gestanden haben, hat die Kammer nicht festgestellt. Immerhin waren die Baustraßen zur Zeit der Tatvollendung (Vertragsschluss im August 1998 - UA S. 106f.; Zahlung im September 1998 - UA S. 107) noch nicht zurückgebaut (Rückbautermin: Oktober 1998 - UA S. 47). Allerdings führt der Umstand, dass die Forderung bestritten war, gemeinsame Feststellungen (§ 14 Nr. 2 VOB/B) nicht erstellt waren und die Arge die Beweislast für den Nachweis der Höhe ihrer Forderung zu tragen hatte (vgl. Kapellmann aaO § 2 VOB/B Rdnr. 228 m.w.N.) zu einer gewissen Minderung des wirtschaftlichen Werts ihrer Forderung, den näher zu bestimmen auf Grund der lückenhaften Urteilsgründe nicht möglich ist.

d) Auch die Frage, von welchem Nominalbetrag der Forderung der Arge auszugehen ist, lässt das Urteil mangels Aufklärung durch die Strafkammer offen. Nach den Zahlen aus dem Nachtragsangebot der Arge ist nicht auszuschließen , dass dieser - selbst bei erheblicher Reduktion nach Prüfung - die Höhe des von der Kammer festgestellten Vermögensverlustes nicht unerheblich überschritt. Die Arge hat nämlich - soweit hier relevant - einen Forderungsbetrag in Höhe von 6.788.382,48 DM netto (=7.874.523,66 DM brutto) angemeldet, während die Zahlung der DB AG - soweit hier relevant - nur die Höhe von 4.230.649,79 DM netto (=4.907.553,97 DM brutto) betrug (UA S. 194). (Die Summe des Nachtragsangebots ergibt sich aus den folgenden, in den Urteilsgründen genannten Zahlen: Aufstellung vom 14. März 1997: 7.154.113,07 DM netto (UA S. 39), zzgl. weiterer Positio-
nen gemäß Aufstellung vom 27. März 1997: 834.935,71 DM netto (UA S. 42 f.), abzgl. Position Geotextil statt Geogitter: 756.316,20 DM netto (UA S. 44) abzgl. der von der Kammer als strafrechtlich nicht relevant angesehenen Position Baustraßenunterhaltung: 444.350,03 DM netto; Summe: 6.788.382,48 DM netto = 7.874.523,66 DM brutto bei 16 % MWSt.).
Feststellungen dazu, in welcher Höhe Abschläge von diesen Zahlen vorzunehmen wären, enthält das Urteil nicht. Anhaltspunkte hierzu ergeben sich auch nicht daraus, dass nach den Feststellungen in einer internen Aufstellung der Arge über offene Forderungen vom 28. April 1997 die Position Baustraßen nur mit 3.448.489 DM netto beziffert ist (UA S. 46). Zum einen befinden sich an dieser Stelle die handschriftlichen Bemerkungen 'auch in Bauumstellung' und 'Betrachtung Hr. D. 6 Mio.' (UA S. 46), zum anderen zieht die Kammer hieraus keinerlei Schlussfolgerungen, so dass revisionsrechtlich eine Bewertung nicht möglich ist.
4. Auch die Darstellung eines weiteren, unter Umständen strafbaren Sachverhalts in den Urteilsgründen (Heraufsetzung des Entgelts für den Posten 'Oberbodenandeckung' laut Nachtragsangebot der Arge vom 25. Mai 1998 um mehr als 150.000 DM), steht der Aufhebung des Urteils nicht entgegen. Dieser Sachverhalt wird nämlich von Anklage und Eröffnungsbeschluss mit keinem Wort erwähnt und ist damit nicht Verfahrensgegenstand. Dementsprechend findet er in den Abschnitten 'subjektive Tatseite', 'rechtliche Würdigung' und 'Strafzumessung' keine Berücksichtigung, wenn er auch in den Urteilsabschnitten 'Tatgeschehen' (UA S. 87 - 93) und 'Beweiswürdigung' (UA S. 139 - 151) umfangreich dargestellt wird."
4
Dem schließt sich der Senat an.
Becker Pfister von Lienen RiBGH Dr. Schäfer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Menges

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


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Strafgesetzbuch - StGB | § 25 Täterschaft


(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

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(1) Hat jemand 1. als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,2. als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied eines solchen Vorstandes,3. als vertretungsberechtigter Gesellsch

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Hat jemand

1.
als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
2.
als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied eines solchen Vorstandes,
3.
als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft,
4.
als Generalbevollmächtigter oder in leitender Stellung als Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter einer juristischen Person oder einer in Nummer 2 oder 3 genannten Personenvereinigung oder
5.
als sonstige Person, die für die Leitung des Betriebs oder Unternehmens einer juristischen Person oder einer in Nummer 2 oder 3 genannten Personenvereinigung verantwortlich handelt, wozu auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung gehört,
eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen, durch die Pflichten, welche die juristische Person oder die Personenvereinigung treffen, verletzt worden sind oder die juristische Person oder die Personenvereinigung bereichert worden ist oder werden sollte, so kann gegen diese eine Geldbuße festgesetzt werden.

(2) Die Geldbuße beträgt

1.
im Falle einer vorsätzlichen Straftat bis zu zehn Millionen Euro,
2.
im Falle einer fahrlässigen Straftat bis zu fünf Millionen Euro.
Im Falle einer Ordnungswidrigkeit bestimmt sich das Höchstmaß der Geldbuße nach dem für die Ordnungswidrigkeit angedrohten Höchstmaß der Geldbuße. Verweist das Gesetz auf diese Vorschrift, so verzehnfacht sich das Höchstmaß der Geldbuße nach Satz 2 für die im Gesetz bezeichneten Tatbestände. Satz 2 gilt auch im Falle einer Tat, die gleichzeitig Straftat und Ordnungswidrigkeit ist, wenn das für die Ordnungswidrigkeit angedrohte Höchstmaß der Geldbuße das Höchstmaß nach Satz 1 übersteigt.

(2a) Im Falle einer Gesamtrechtsnachfolge oder einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge durch Aufspaltung (§ 123 Absatz 1 des Umwandlungsgesetzes) kann die Geldbuße nach Absatz 1 und 2 gegen den oder die Rechtsnachfolger festgesetzt werden. Die Geldbuße darf in diesen Fällen den Wert des übernommenen Vermögens sowie die Höhe der gegenüber dem Rechtsvorgänger angemessenen Geldbuße nicht übersteigen. Im Bußgeldverfahren tritt der Rechtsnachfolger oder treten die Rechtsnachfolger in die Verfahrensstellung ein, in der sich der Rechtsvorgänger zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Rechtsnachfolge befunden hat.

(3) § 17 Abs. 4 und § 18 gelten entsprechend.

(4) Wird wegen der Straftat oder Ordnungswidrigkeit ein Straf- oder Bußgeldverfahren nicht eingeleitet oder wird es eingestellt oder wird von Strafe abgesehen, so kann die Geldbuße selbständig festgesetzt werden. Durch Gesetz kann bestimmt werden, daß die Geldbuße auch in weiteren Fällen selbständig festgesetzt werden kann. Die selbständige Festsetzung einer Geldbuße gegen die juristische Person oder Personenvereinigung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die Straftat oder Ordnungswidrigkeit aus rechtlichen Gründen nicht verfolgt werden kann; § 33 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(5) Die Festsetzung einer Geldbuße gegen die juristische Person oder Personenvereinigung schließt es aus, gegen sie wegen derselben Tat die Einziehung nach den §§ 73 oder 73c des Strafgesetzbuches oder nach § 29a anzuordnen.

(6) Bei Erlass eines Bußgeldbescheids ist zur Sicherung der Geldbuße § 111e Absatz 2 der Strafprozessordnung mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Urteils der Bußgeldbescheid tritt.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

5 StR 78/01

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 13. Juni 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juni 2001

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. Mai 2000 nach § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in 47 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und s echs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat lediglich zum Strafausspruch Erfolg.

A


Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb der Angeklagte von 1992 bis 1998 die “stille Liquidation“ mehrerer ehemaliger DDR-Betriebe, die am 1. Juli 1990 in Kapitalgesellschaften umgewandelt worden waren und deren alleinige Gesellschafterin die Treuhandanstalt bzw. deren Rechtsnachfolgerin , die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben
(BvS) war. Das Anstellungsverhältnis zwischen dem Angeklagten und den jeweiligen Abwicklungsgesellschaften war in Formularverträgen geregelt, die von der Treuhand einheitlich für alle Liquidatoren von “Treuhandgesellschaften i.L.“ entwickelt worden waren. Als Vergütung war jeweils ein Pauschalhonorar vorgesehen, das dem zweifachen Regelsatz gemäß § 2 und § 3 der Verordnung über die Vergütung des Konkursverwalters... vom 25. Mai 1960 (VergütVO) entsprechen und auf der Basis der Teilungsmasse, die sich nach Abschluß des Liquidationsverfahrens ergab, errechnet werden sollte. Bei vorzeitiger Vertragsbeendigung, gleichviel aus welchen Gründen, sollte dem Liquidator ein Honorar nur für die bis zu seiner Kündigung erbrachten Leistungen zustehen. Zudem enthielten die Verträge die folgende “Öffnungsklausel“:
“Die Vergütung kann durch Ansatz eines Multiplikators erhöht werden. Die Höhe des Multiplikators wird im Einzelfall abhängig von der Höhe der Teilungsmasse sowie vom Umfang und Schwierigkeitsgrad des Abwicklungsverfahrens einvernehmlich mit der Treuhand bestimmt. Ergeben sich während oder nach der Beendigung des Liquidations-/Abwicklungsverfahrens Umstände , die den Ansatz eines anderen Mulitplikators rechtfertigen , so wird der Auftragnehmer einer angemessenen Anpassung der Vergütung zustimmen. Eine sich ergebende Überzahlung ist innerhalb von 14 Tagen nach Feststellung und Zahlungsaufforderung auszugleichen.“ Die Fälligkeit der Vergütung war wie folgt geregelt:
“Die Vergütung wird mit Abschluß des Liquidationsverfahrens ... zur Zahlung fällig. Der Auftragnehmer kann Abschlagszahlungen aufgrund eines vom Auftraggeber nach Vertragsschluß aufzustellenden Zahlungsplans verlangen. Der Zahlungsplan und die Abschlagszahlungen werden an die vom Auftragnehmer aktualisierten Werte der Teilungsmasse angepaßt.“ Ausgehend von einer von beiden Vertragspartnern zunächst veranschlagten durchschnittlichen Abwicklungsdauer von zwei Jahren sahen die in Bezug genommenen Zahlungspläne Abschlagszahlungen von 40 % nach drei Monaten und jeweils weiteren 20 % nach 12 bzw. 18 Monaten vor.
In der Folgezeit stellte sich jedoch heraus, daß die Abwicklungen zum einen sehr viel länger dauerten, zum anderen die Liquidatoren in qualitativer Hinsicht deutlich mehr beanspruchten als ursprünglich erwartet. Nachdem zahlreiche Liquidatoren auf ein zunehmendes Mißverhältnis zwischen Leistung und Vergütung hingewiesen hatten, schlug der Abwicklungsbeirat der Treuhand, der den Vorstand in allen Grundsatzfragen beriet, 1993 eine Erhöhung der Liquidatorengrundvergütung auf den vierfachen Regelsatz vor. Eine entsprechende Beschlußfassung des Vorstandes der Treuhand erreichte er jedoch angesichts der massiven Kritik der Öffentlichkeit an der generell als überzogen empfundenen Honorarpraxis der Treuhand nicht.
Auch der Angeklagte vertrat die Auffassung, daß die von ihm erbrachten Leistungen nicht angemessen honoriert würden, insbesondere daß ein gegenüber dem zweifachen Regelsatz deutlich höherer Multiplikator anzuwenden sei. Eine Einigung über eine Anhebung der ihm zustehenden Honorare und damit auch der Abschlagszahlungen mit den zuständigen Organen der von ihm abzuwickelnden Gesellschaften kam jedoch trotz grundsätzlich vorhandener Gesprächsbereitschaft sowohl bei der Treuhand/BvS als Alleingesellschafterin der jeweiligen Gesellschaften als auch beim Angeklagten nicht zustande. Aus Verärgerung hierüber entnahm der Angeklagte im Zeitraum von Oktober 1994 bis zu seiner Abberufung als Liquidator auch der letzten von ihm vertretenen Gesellschaft im März 1998 dem jeweiligen Gesellschaftsvermögen in 47 Fällen über die in den Zahlungsplänen festgelegten Abschlagszahlungen hinaus Beträge zwischen 5.000 DM und ca. 6 Mio. DM, insgesamt ca. 33 Mio. DM. Obwohl der Angeklagte die entnommenen Beträge jeweils als in der Buchführung der Gesellschaften als Liquidatorenhonorar verbuchte, bemerkte die Treuhand/BvS die Entnahmen erst später, weil der Angeklagte ein in den Richtlinien der Treuhand vorgesehenes Freigabeverfahren nicht einhielt, das allerdings nicht ausdrücklich zum Gegenstand der zwischen dem Angeklagten und den abzuwickelnden Gesellschaften geschlossenen Liquidatorenverträge gemacht worden war.
Gerichtlich machte der Angeklagte, der die Entnahmen einräumt, einen Teil der nach ihm seiner Auffassung zustehenden erhöhten Honorare erstmals im August 1997 geltend. Das zivilgerichtliche Verfahren endete jedoch mit einem Prozeßurteil; eine Entscheidung in der Sache ist bis zum Abschluß des erstinstanzlichen Strafverfahrens nicht ergangen. Rückzahlungsverlangen der BvS ist der Angeklagte bislang nicht nachgekommen.
Auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens hat das Landgericht zugunsten des Angeklagten angenommen, daß dieser Honoraransprüche in Höhe der Entnahmen geltend machen könne. Gleichwohl hat es das jeweilige Verhalten des Angeklagten als Untreue gemäß § 266 StGB in der Form des Mißbrauchstatbestandes gewertet, weil der Angeklagte die ihm durch Rechtsgeschäfte eingeräumte Befugnis, als Liquidator über das Vermögen der abzuwickelnden Gesellschaften zu verfügen, dazu mißbraucht habe, Honorarverpflichtungen der Gesellschaften zu erfüllen , obwohl diese noch gar nicht entstanden, jedenfalls aber im Zeitpunkt ihrer Erfüllung noch nicht fällig gewesen seien. Ein Schaden sei den Abwicklungsgesellschaften daher in Höhe eines Nutzungsausfalls der ihnen vorzeitig entzogenen Gelder entstanden. Bezogen auf die Zeit von der pflichtwidrigen Entnahme der Honorare bis zur Beendigung des mit der jeweiligen Gesellschaft geschlossenen Liquidatorvertrages betrage dieser Schaden unter Zugrundelegung eines jährlichen Zinssatzes von 4 % insgesamt ca. 1,7 Mio. DM.

B


I. Die vom Beschwerdeführer auf einen Verstoß gegen § 261 StPO gestützte Verfahrensrüge ist aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen unbegründet. Soweit das Landgericht aus den vom Beschwerdeführer angeführten Urkunden nicht die von ihm gewünschten Schlüsse zieht, berührt dies nicht das Verfahren.
II. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der erhobenen Sachrüge hat zum Schuldspruch ebenfalls keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler aufgedeckt. Das Landgericht hat einen Nachteil im Sinne von § 266 StGB im Ergebnis mit Recht bejaht.
1. Bei den zwischen dem Angeklagten und den abzuwickelnden Gesellschaften geschlossenen Anstellungsverträgen als Liquidator handelt es sich um Dienstverträge, die die Besonderheit aufweisen, daß die vom Angeklagten zu erbringende Leistung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses weder nach ihrem qualitativen Umfang noch nach ihrer zeitlichen Dauer zuverlässig einzuschätzen war. Diesem Umstand trägt die sogenannte Öffnungsklausel Rechnung, die eine einvernehmliche spätere Anpassung der Vergütung zuläßt. Da es sich bei den Bestimmungen der Öffnungsklausel um allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handelt, die die Treuhand als Alleingesellschafterin der abzuwickelnden Gesellschaften – neben weiteren vorformulierten Vertragsmustern – für den Abschluß von Liquidatorenvereinbarungen in den neuen Bundesländern verwendete (vgl. BGHZ 139, 309, 315), findet auf sie das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG) Anwendung. Aus den Vorschriften dieses Gesetzes ergeben sich gegen die Wirksamkeit der Klausel jedoch keine Bedenken.
Zwar kann – unbeschadet der rechtlichen Möglichkeiten der §§ 315 ff. BGB – schon die Begründung eines Leistungsbestimmungsrechts des Verwenders oder eines Dritten den Vertragspartner unangemessen i. S. von § 9 Abs. 1 AGBG benachteiligen, da die Transparenz des Vertragsinhalts beeinträchtigt ist, der Vertragspartner bis zur Bestimmung der Leistung über deren Umfang im Ungewissen bleibt und im Falle unbilliger oder verzögerter Bestimmung eine gerichtliche Entscheidung herbeiführen muß. Vorbehaltene Leistungsbestimmungsrechte sind jedoch dann hinzunehmen, wenn nur auf diese Weise einer unsicheren Entwicklung der Verhältnisse Rechnung getragen werden kann und die Ä nderung der Verhältnisse nicht zu den Risiken gehört, die der Verwender der AGB nach Sinn und Zweck des Vertrages zu
tragen hat (Brandner in Ulmer-Brandner-Hensen, AGBG, 9. Aufl., Anhang §§ 9 – 11 Rdn. 470).
So liegt es hier. Angesichts der Einzigartigkeit der historischen Situation nach der wirtschaftlichen Vereinigung von DDR und Bundesrepublik Deutschland mit ihren unterschiedlichen Wirtschaftsordnungen und der daraus herrührenden Vielzahl im voraus kaum kalkulierbarer Faktoren, die die vom Angeklagten bis zur Liquidation der jeweiligen Gesellschaft zu erbringende Leistung beeinflussen konnten, war die Öffnungsklausel sachgerecht und geboten. Dies gilt umso mehr als eine Taxe oder übliche Vergütung i. S. von § 612 Abs. 2 BGB, die für die Vergütung zusätzlicher oder höherwertiger Dienstleistungen gesondert herangezogen werden könnte, für Fälle der vorliegenden Art nicht in Betracht kam. Den Angeklagten nicht unbillig benachteiligend ist die Öffnungsklausel insbesondere auch deshalb, weil darin weder der jeweiligen Gesellschaft, vertreten durch die für den Abschluß und die Ä nderung der Liquidatorenverträge zuständigen Organe, noch der Treuhand /BvS als einer den Abwicklungsgesellschaften als Alleingesellschafterin wirtschaftlich aufs engste verbundenen Dritten (vgl. dazu Brandner aaO Rdn. 620) ein alleiniges Leistungsbestimmungsrecht zugestanden wird. Vielmehr sollte die Leistungsbestimmung nach dem vom Landgericht festgestellten Willen der Vertragsparteien durch beide Vertragspartner “im Einvernehmen“ mit der Treuhand erfolgen.
2. Ist die Bestimmung des Leistungsinhalts – wie hier – nachträglicher Einigung durch die Vertragspartner, gegebenenfalls unter Mitwirkung eines Dritten, vorbehalten, ist bei fehlender Einigung § 315 Abs. 3 BGB analog anzuwenden (Battes in Erman, BGB, 10. Aufl., § 315 Rdn. 2). Da im vorliegenden Fall die jeweiligen Gesellschaften, insbesondere aber die Treuhand/BvS als mitwirkungspflichtige Dritte eine vom Angeklagten beanspruchte Anhebung seiner Honorare ablehnten, mußte der Angeklagte daher zur Durchsetzung seiner Rechte auf eine nach billigem Ermessen zu bemessende Leistung klagen und so eine gerichtliche Leistungsbestimmung herbeiführen
(vgl. Gottwald in Münchener Kommentar zum BGB, 3. Aufl. § 315 Rdn. 30 ff.).
Obwohl es an entsprechenden Gestaltungsurteilen (vgl. dazu Gottwald aaO) bislang fehlt und ein vom Langericht eingeholtes Sachverständigengutachten lediglich auf den ungeprüften Angaben des Angeklagten beruht, hat das Landgericht aus prozeßökonomischen Gründen insoweit auf eine weitere Aufklärung verzichtet und zugunsten des Angeklagten unterstellt, daß ihm Honoraransprüche (mindestens) in Höhe seiner Entnahmen zustehen. Ob diese Verfahrensweise rechtlich zulässig war, kann offenbleiben, weil sie den Angeklagten nicht beschwert. Die zugunsten des Angeklagten erfolgte Unterstellung ist so zu verstehen, daß dem Angeklagten nach Erhebung entsprechender Leistungsklagen gegen die jeweiligen Gesellschaften Ansprüche in Höhe der entnommenen Geldbeträge rechtskräftig zugesprochen werden. Weiter ist davon auszugehen, daß den jeweiligen Gestaltungsurteilen nach dem Inhalt der Öffnungsklausel und deren Auslegung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben rückwirkende Kraft zukommt (vgl. dazu BGH NJW 1996, 1748; 1978, 154; Staudinger/Rieble (2001) § 315 Rdn. 220).
3. Ein durch die Entnahmen den Abwicklungsgesellschaften zugefügter Vermögensschaden wird dadurch jedoch nicht vollständig ausgeschlossen. Ob ein solcher Schaden eintritt, hängt davon ab, ob die durch die Vermögensverfügung herbeigeführte Rechtslage im Einklang mit der materiellen Rechtsordnung steht (BGHR StGB § 266 Abs. 1 – Nachteil 46). Dies trifft hier insoweit zu, als die Abwicklungsgesellschaften – auf der Grundlage der vom Landgericht vorgenommenen Unterstellung – z ur Erfüllung der dem Angeklagten rückwirkend zustehenden Honoraransprüche grundsätzlich verpflichtet und durch die vom Angeklagten vorgenommenen Entnahmen von dieser Verpflichtung befreit worden sind. Dem Vermögensnachteil steht ein Vermögenszuwachs in gleicher Höhe gegenüber. Dementsprechend hat das
Landgericht mit Recht einen Vermögensschaden nicht in Höhe der vom Angeklagten an sich selbst ausgezahlten Honorare angenommen.
4. Das Verhalten des Angeklagten entsprach jedoch insofern nicht der materiellen Rechtsordnung, als die von ihm beanspruchten Honorarforderungen im Zeitpunkt der Entnahmen noch nicht fällig waren.

a) Soweit der Angeklagte vor Abschluß seiner Tätigkeit im Rahmen der Anstellungsverträge Abschlagszahlungen auf die Regelvergütung entnommen hat, die über 80 % des Pauschalhonorars hinausgingen, liegt dies angesichts der eindeutigen vertraglichen Regelungen auf der Hand.

b) Zum Zeitpunkt der Entnahmen standen ihm jedoch auch keine Abschlagszahlungen zu, die sich aus der sogenannten Öffnungsklausel durch den Ansatz eines höheren Multiplikators und eines sich daraus ergebenden höheren Pauschalhonorars rechtfertigen könnten.
Unabhängig von der Frage, ob die gerichtliche Leistungsbestimmung gemäß § 315 Abs. 3 BGB im Einzelfall Rückwirkung entfaltet, wird die vom Schuldner zu erbringende Leistung erst mit der Rechtskraft des Gestaltungsurteils fällig (BGHZ 122, 32, 45 f.; BGH NJW 1996, 1054, 1056; Battes in Erman, BGB, 10. Aufl., § 315 Rdn. 13; Heinrichs in Palandt, BGB, 60. Aufl. § 284 Rdn. 13; § 315 Rdn. 13). Vorher gerät der Schuldner grundsätzlich nicht in Verzug (Staudinger/Rieble (2001) § 315 Rdn. 219, 221; Gottwald in Münchener Kommentar, BGB, 3. Aufl., § 315 Rdn. 27; Heinrichs aaO). Da solche Gestaltungsurteile bislang nicht ergangen, geschweige denn rechtskräftig geworden sind, konnte für die erhöhten Honorarforderungen des Angeklagten keine Fälligkeit eintreten.
Gleiches gilt für Abschlagszahlungen im Vorgriff auf künftig fällig werdende Honorarforderungen. Zwar waren derartige Abschlagszahlungen durch die jeweiligen Anstellungsverträge nicht grundsätzlich ausgeschlossen
(insoweit mißverständlich UA 68 oben). Vielmehr ergibt sich – wie das Landgericht im Ergebnis auch nicht verkannt hat – aus der Öffnungsklausel in Verbindung mit der vertraglichen Regelung über Abschlagszahlungen, daß auch der Zahlungsplan und die Höhe der jeweiligen Abschlagszahlungen einer nachträglichen Anpassung zugänglich sein sollten. Nach Sinn und Zweck der Öffnungsklausel sollte eine Anpassung von Abschlagszahlungen (soweit es sich nicht lediglich um eine Anpassung entsprechend der vom Angeklagten aktualisierten Werte der Teilungsmasse handelte) aber ersichtlich in gleicher Weise erfolgen wie eine Anpassung des Pauschalhonorars insgesamt , d. h. entweder durch eine Einigung der Vertragsparteien im Einvernehmen mit der Treuhand/BvS oder durch gerichtliche Bestimmung. Solange über die Berechtigung eines erhöhten Pauschalhonorars nicht einmal ein Mindestkonsens der nach der Öffnungsklausel zu Nachverhandlungen verpflichteten Beteiligten erreicht war, fehlte es für zusätzliche Abschlagszahlungen über den ursprünglichen Zahlungsplan hinaus an jeglichen Anknüpfungskriterien für deren zeitliche und betragsmäßige Festsetzung. Auch insoweit hätte es daher hier mangels Einigung der Vertragsparteien und der Treuhand/BvS aus Gründen der Rechtsklarheit der gerichtlichen Bestimmung bedurft, wie sie im übrigen § 7 VergütVO für den Konkursverwalter in vergleichbarer Situation vorsieht. Bis zum Sommer 1997 hatte sich der Angeklagte jedoch bereits in 44 der insgesamt 47 abgeurteilten Fälle eigenmächtig Abschlagszahlungen zugebilligt, ohne eine gerichtliche Leistungsbestimmung auch nur in Angriff zu nehmen. Bis zum Abschluß des landgerichtlichen Strafverfahrens standen ihm daher auch keine fälligen Ansprüche auf Abschlagszahlungen zu.
Durch den Abzug liquider Geldmittel zur Begleichung nicht fälliger Forderungen ist den Abwicklungsgesellschaften daher ein Nachteil i. S. von § 266 StGB entstanden, weil ihnen die wirtschaftliche Nutzung dieser Geldmittel zu Unrecht entzogen wurde. Ob etwas anderes dann zu gelten hätte, wenn dem Angeklagten zusätzliche Vergütungen in beträchtlicher Höhe offensichtlich zugestanden hätten, die Weigerungshaltung der Treuhand/BvS
bzw. der in ihrem Eigentum stehenden Abwicklungsgesellschaften daher auf eine mutwillige Benachteiligung des Angeklagten gerichtet gewesen wäre, kann offenbleiben, weil diese Voraussetzungen nach den vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen, für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen nicht vorliegen.
5. Da das Landgericht nicht im einzelnen aufzuklären vermochte, welche Entnahmen der Angeklagte im Blick auf die Regelvergütung, welche im Blick auf eine erhöhte Vergütung auf der Grundlage der Öffnungsklausel vorgenommen hat, hat es bei der Berechnung des Zinsschadens den maßgeblichen Zeitraum durch die Abberufung des Angeklagten von seinen Liquidatorenämtern begrenzt. Dadurch wird der Angeklagte nicht beschwert.
6. Entgegen der Auffassung der Revision vermag es den Angeklagten auch nicht zu entlasten, daß die Abwicklungsgesellschaften im Verhältnis zur Treuhand verpflichtet gewesen sein mögen, liquide Mittel zur Rückzahlung ihnen von der Treuhand zur Verfügung gestellter zinsloser Darlehen zu verwenden. Allein die Nutzungsmöglichkeit liquider Geldmittel als solche stellt einen Vermögenswert dar, den das Landgericht in Anlehnung an die § 849, § 246 BGB mit einem Mindestwert von 4 % p.a. zutreffend bewertet hat.
7. Schließlich entfällt ein Schaden nicht, wie der Beschwerdeführer meint, weil zwischen den Ansprüchen der Abwicklungsgesellschaften wegen entgangener Nutzungsmöglichkeit liquider Geldmittel und den vom Landgericht zugunsten des Angeklagten unterstellten Honoraransprüchen eine Aufrechnungsgrundlage bestanden habe. Im maßgeblichen Zeitraum war der Angeklagte mangels Fälligkeit seiner Forderungen zu einer Aufrechnung nicht berechtigt. Eine spätere Aufrechnung, der zudem § 393 BGB entgegenstünde , wäre lediglich Schadenswiedergutmachung, die den Schuldspruch unberührt ließe.
8. Auch die Feststellungen zur subjektiven Tatseite weisen keinen Rechtsfehler auf. Daß sich das Landgericht insbesondere aufgrund von Schreiben des Angeklagten an die Treuhand die Überzeugung gebildet hat, der Angeklagte habe gewußt, daß er zum Zeitpunkt der Entnahmen Honorarverbindlichkeiten der Abwicklungsgesellschaften nicht eigenmächtig vorzeitig “fällig stellen“ durfte, stellt eine zulässige tatrichterliche Würdigung dar.
III. Der Strafausspruch hat dagegen keinen Bestand.
Zutreffend hat das Landgericht zugunsten des Angeklagten eine Vielzahl strafmildernder Umstände, wie die lange zurückliegende Tatzeit, fehlende Vorstrafen, Teilgeständigkeit und gewisse Einsicht des Angeklagten, die Dauer des Verfahrens und der erlittenen Untersuchungshaft sowie die zusätzliche Belastung des Angeklagten durch die Vollstreckung zivilrechtlicher persönlicher Arreste berücksichtigt. Wenn es gleichwohl Einzelstrafen, die Geldstrafen von zehn bis 120 Tagessätzen sowie Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und ein Jahr und neun Monaten umfassen, verhängt und auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten erkannt hat, ist dies ersichtlich auf die beträchtliche Gesamtsumme des Nutzungsausfallschadens in Höhe von insgesamt 1,7 Mio. DM zurückzuführen.
Diese Betrachtung trägt den Besonderheiten des Falles jedoch nicht hinreichend Rechnung. So hat das Landgericht, obwohl es wertmäßig einen Anspruch des Angeklagten in Höhe der Entnahmen angenommen hat, insbesondere nicht erkennbar bedacht, daß die Schadenshöhe ganz überwiegend auf die Nachlässigkeit des Angeklagten in der Wahrnehmung seiner eigenen, nach den Feststellungen des Landgerichts berechtigten Interessen zurückzuführen ist. Hätte er, wie es der Regelung des § 315 Abs. 3 BGB entsprach , unverzüglich Klage auf Zahlung weiterer, dem gestiegenen Umfang der von ihm erbrachten Leistungen angemessene Abschlagszahlungen erhoben , wären die Abwicklungsgesellschaften alsbald durch Urteile zu ent-
sprechenden Leistungen verpflichtet worden. Damit hätte sich der Zinsschaden deutlich verringert. Rechtmäßiges Verhalten des Angeklagten hätte daher ebenfalls dazu geführt, daß den Abwicklungsgesellschaften durch – gerichtlich bestimmte – Honoraransprüche liquide Mittel entzogen worden wären. Zwar ändert dies nichts an der Feststellung, daß der Angeklagte die Erfüllung seiner Honoraransprüche noch nicht beanspruchen konnte. Es relativiert jedoch die Bedeutung, die sein Fehlverhalten für die wirtschaftliche Situation der Abwicklungsgesellschaften hatte, beträchtlich. Auch kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Treuhand/BvS als Alleingesellschafterin der Abwicklungsgesellschaften durch ihr zögerliches, schwankendes, über längere Zeiträume schwer überschaubares Verhalten bezüglich der Entlohnung von Liquidatoren am Fehlverhalten des Angeklagten eine gewisse Mitverantwortung trifft. Die Strafe muß daher unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten neu und naheliegend deutlich niedriger zugemessen werden.
Harms Tepperwien Gerhardt Raum Brause

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.