Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2018 - 4 StR 569/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:060618B4STR569.17.0
bei uns veröffentlicht am06.06.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 569/17
vom
6. Juni 2018
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––
Für die Bestimmung des Wertersatzverfallsbetrages nach § 73a Satz 1
StGB aF sind Wertsteigerungen des Erlangten ab dem Zeitpunkt, zu welchem
die Voraussetzungen des Wertersatzverfalls eingetreten sind, unbeachtlich.
BGH, Beschluss vom 6. Juni 2018 – 4 StR 569/17 – LG Landau in der Pfalz
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u. a.
ECLI:DE:BGH:2018:060618B4STR569.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu 3. auf dessen Antrag – und des Beschwerdeführers am 6. Juni 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 2. Juni 2017, soweit es den Angeklagten betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Maßregelausspruch;
b) in den Aussprüchen über den Verfall sowie den Verfall des Wertersatzes. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 23. November 2015 zu einer ersten Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer zweiten Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und zehn Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bei einem Vorwegvollzug von fünf Jahren und fünf Monaten der Strafe angeordnet. Ferner hat es einen Pkw Maserati Quattroporte des Angeklagten für verfallen erklärt, den Verfall des Wertersatzes in Höhe von zehn Millionen Euro angeordnet sowie ein Notebook und zwei Mobilfunkgeräte des Angeklagten eingezogen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtmittel hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts vertrieb der Angeklagte in der Zeit von Mai 2015 bis zu seiner Festnahme am 14. April 2016 unter dem Pseu- donym „z100“ als maßgeblicher Organisator unter Mitwirkung weiterer Perso- nen über das Internet Betäubungsmittel, insbesondere Amphetamin, Kokain, Crystal Meth, MDMA, Ecstasy, Marihuana und LSD. Die Betäubungsmittel wurden sowohl über einen mit üblichen Browsern aufrufbaren Webshop als auch über eine Plattform im sogenannten „Darknet“ angeboten. Die Bezahlung er- folgte nach den Vorgaben des Angeklagten ausschließlich in der virtuellen Internet -Währung Bitcoin. Die eingenommenen Bitcoins verwaltete der Angeklag- te mittels eines sogenannten Wallets, einer mit einer „elektronischen Geldbörse“ vergleichbaren Software. Über dieses Wallet wurden im Tatzeitraum für Be- täubungsmittelverkäufe 8.102 Einzahlungen über insgesamt 6.049,76731891 Bitcoins abgewickelt; diese hatten – ausgehend von einem Wert je Bitcoin von 1.740,33 Euro am 19. Mai 2017 – einen Gesamtwert von 10.528.591,55 Euro. Zum Zeitpunkt der Festnahme des Angeklagten wurden über sein Wallet noch 757 Bitcoins verwaltet, zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch etwa 400 Bitcoins.
3
Gegenstand der Verurteilung sind acht Taten, bei denen unter Mitwirkung des Angeklagten zwischen 10 kg und 45,35 kg – insgesamt 211,05 kg – Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 30 % Amphetaminbase sowie insgesamt 3 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 10 % THC in den Niederlanden erworben und nach Deutschland verbracht wurden, von wo aus anschließend ihr Vertrieb über das Internet erfolgte.

II.


4
Die Revisionsbeschränkung durch den Verteidiger Prof. Dr. S. , nach der die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB vom Rechtsmittelangriff ausgenommen sein soll, ist unwirksam, da sich das Rechtsmittel auch gegen den gesamten Schuldspruch richtet. In einem solchen Fall kann nicht wirksam auf die Anfechtung der Unterbringung nach § 64 StGB verzichtet werden, da die Feststellung einer Symptomtat unerlässliche Voraussetzung der Maßregelanordnung ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Januar 2010 – 4 StR 504/09, NStZ-RR 2010, 171, 172; vom 26. August 2009 – 2 StR 302/09; MüKo-StGB/van Gemmeren, 3. Aufl., § 64 Rn. 129 mwN). Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass ohnehin die unbeschränkt eingelegte und damit weiter gehende Revision des Verteidigers N. für den Anfechtungsumfang maßgeblich wäre (vgl. MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 344 Rn. 5).

III.


5
Die Verfahrensrügen bleiben aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 18. Januar 2018 genannten Gründen ohne Erfolg. Lediglich ergänzend bemerkt der Senat:
6
Die in der Revisionsbegründung des Verteidigers N. erhobene Aufklärungsrüge, mit der die unterbliebene Vernehmung der Zeugin L. beanstandet wird, ist bereits unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil die ladungsfähige Anschrift der Zeugin nicht mitgeteilt wird (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2013 – 4 StR 242/13; Beschluss vom 30. Juli 2014 – 4 StR 263/14; LR-StPO/Becker, 26. Aufl., § 244 Rn. 368).

IV.


7
Die Sachrüge führt zur Aufhebung der Maßregelanordnung und zur Aufhebung der Verfallsentscheidungen; im Übrigen ist sie unbegründet.
8
1. Der Schuldspruch und die Einziehungsentscheidung nach § 74 StGB weisen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
9
2. Der Strafausspruch hat ebenfalls Bestand.
10
Näherer Erörterung bedarf insoweit nur die von der Strafkammer gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB vorgenommene nachträgliche Gesamtstrafenbildung.
11
Das Landgericht hat angenommen, dass neben den Einzelstrafen aus den Fällen 1 bis 3 auch die wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäu- bungsmitteln in nicht geringer Menge verhängte Einzelstrafe aus Tat 4 (vier Jahre und sechs Monate) mit der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 23. November 2015 gesamtstrafenfähig ist.
12
a) Eine Gesamtstrafenbildung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB setzt allerdings voraus, dass die einzubeziehende Tat im Zeitpunkt der Vorverurteilung im materiell-rechtlichen Sinne beendet ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017 – 4 StR 259/17, juris Rn. 14; Beschluss vom 18. August 2015 – 1 StR 305/15, NStZ-RR 2015, 305). Da das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne der §§ 29 ff. BtMG erst beendet ist, wenn diese an den Abnehmer gelangt sind und die Gegenleistung erbracht ist (vgl. Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 201; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 29 Rn. 628), kommt es für die Gesamtstrafenbildung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB insoweit nicht ausschließlich auf den Zeitpunkt des Betäubungsmittelerwerbs, sondern auch auf etwaige nachfolgende Handelsakte an (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2014 – 3 StR 423/14, juris Rn. 4).
13
b) Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils erfolgten der Erwerb und die Einfuhr der Betäubungsmittel in Tat 4 an einem nicht näher bezeichneten Tag im Oktober 2015. Damit war die Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zwar im Oktober 2015 beendet, das tateinheitlich begangene Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge indes lediglich vollendet, denn die Betäubungsmittel wurden anschließend noch bestimmungsgemäß über das Internet vertrieben. Da die nächste Einfuhrfahrt (Tat 5) erst am 23. Dezember 2015 stattfand, erscheint es nicht ausgeschlossen , dass zum Zeitpunkt der Vorverurteilung durch das Amtsgericht Karlsruhe am 23. November 2015 noch nicht sämtliche im Rahmen von Tat 4 erworbenen Betäubungsmittel (30 kg Amphetamin und 2 kg Marihuana) abgesetzt waren.
14
c) Der genaue Zeitpunkt der Beendigung von Tat 4 kann hier jedoch letztlich dahinstehen, da der Senat auszuschließen vermag, dass das Landgericht ohne Berücksichtigung von Tat 4 auf eine niedrigere erste Gesamtstrafe erkannt hätte und der Angeklagte durch eine rechtsfehlerhafte Gesamtstrafenbildung beschwert wäre. Denn auch in diesem Fall verbliebe es bei Bildung der ersten Gesamtfreiheitsstrafe bei einer Einsatzstrafe von vier Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe (aus Tat 3). Dass das Landgericht angesichts der weiteren einzubeziehenden Strafen von vier Jahren, drei Jahren und sechs Monaten sowie einem Jahr und zehn Monaten Freiheitsstrafe auch mit Blick auf das den Angeklagten treffende Gesamtstrafenübel eine noch geringere als die äußerst maßvoll bemessene Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren festgesetzt hätte, schließt der Senat aus.
15
3. Dagegen hält die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Denn das angefochtene Urteil verhält sich nicht zu der Frage, ob die Gefahr besteht, dass der Angeklagte infolge seines Hanges zukünftig erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird (§ 64 Satz 1 StGB). Auch dem Zusammenhang der Urteilsgründe lässt sich die unterbliebene Gefährlichkeitsprognose nicht entnehmen. Deren gänzlich fehlende Erörterung erweist sich als durchgreifend rechtsfehlerhaft, da sich eine negative Prognose trotz des festgestellten Betäubungsmittelkonsums des Angeklagten nicht von selbst versteht.
16
4. Die Verfallsentscheidungen des Landgerichts – Anordnung des Verfalls bezüglich des Pkw Maserati sowie des Verfalls des Wertersatzes in Höhe von zehn Millionen Euro – haben ebenfalls keinen Bestand. Zwar ist die Strafkammer , die zutreffend das bis zum 1. Juli 2017 geltende Recht angewandt hat (§ 316h Satz 2 EGStGB), im Ausgangspunkt zurecht davon ausgegangen, dass Bitcoins als erlangte Vermögensvorteile dem Verfall unterliegen, so dass hieran auch die Anordnung des Wertersatzverfalls anknüpfen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juli 2017 – 1 StR 412/16, NStZ 2018, 401, 404 f.; Heine, NStZ 2016, 441, 444; Greier, wistra 2016, 249, 252 f.; Goger, MMR 2016, 431, 432 f.). Die vom Landgericht ausschließlich auf die Vorschriften der §§ 73, 73a StGB aF gestützten Verfallsanordnungen sind aber nicht tragfähig begründet, auch nicht in Bezug auf den für verfallen erklärten Pkw Maserati.
17
a) Das Landgericht ist bereits von einem zu weiten Anwendungsbereich der §§ 73, 73a StGB aF ausgegangen.
18
aa) Bei der Anordnung des Verfalls beziehungsweise des Verfalls des Wertersatzes nach §§ 73, 73a StGB aF muss die Tat, für die oder aus der etwas erlangt worden ist, von der Anklage umfasst und Gegenstand der Verurteilung sein (BGH, Beschlüsse vom 23. Mai 2012 – 4 StR 76/12, NStZ-RR 2012, 312; vom 20. April 2010 – 4 StR 119/10, NStZ-RR 2010, 255; vom 7. Januar 2003 – 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422 f.; vom 28. März 1979 – 2 StR 700/78, BGHSt 28, 369; MüKo-StGB/Joecks, 3. Aufl., § 73 Rn. 24). Eine Anordnung des Verfalls bzw. des Wertersatzverfalls nach §§ 73, 73a StGB aF für Erlöse aus nicht zur Aburteilung gelangten Straftaten ist unzulässig; insoweit kommt – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – nur der erweiterte Verfall nach § 73d StGB aF in Betracht (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 – 1 StR 336/11, NStZ-RR 2012, 81, 82).
19
Die insoweit erforderliche Abgrenzung hat das Landgericht nicht vorgenommen. Den Urteilsgründen kann weder entnommen werden, in welchem Umfang die vom Angeklagten vereinnahmten Bitcoins den urteilsgegenständlichen Straftaten zuzuordnen sind, noch ist ersichtlich, ob der Pkw Maserati gerade durch Einnahmen aus den verfahrensgegenständlichen Straftaten finanziert worden ist.
20
Gegenstand der Verurteilung ist allein der Handel des Angeklagten mit insgesamt 211,05 kg Amphetamin und insgesamt 3 kg Marihuana in acht Fällen. Nur insoweit kamen Entscheidungen nach den §§ 73, 73a StGB aF in Betracht. In den Urteilsgründen werden den verfahrensgegenständlichen Taten jedoch keine Einnahmen – auch nicht im Wege einer Schätzung – zugeordnet, sondern es werden lediglich die Gesamteinnahmen des Angeklagten aus Betäubungsmittelverkäufen im Tatzeitraum benannt. Nach den Feststellungen des Landgerichts veräußerte der Angeklagte im Tatzeitraum jedoch neben Amphetamin und Marihuana zahlreiche weitere illegale Betäubungsmittel. Diesbezügliche Verkaufsmengen werden im angefochtenen Urteil zwar nicht im Einzelnen mitgeteilt. Dass auch dieser nicht verfahrensgegenständliche Handel von nennenswertem Umfang war, liegt aber bereits angesichts der im Depot der Tätergruppierung sichergestellten Betäubungsmittelvorräte nahe (u.a. etwa 1,3 kg Kokain; 4.158 Einheiten LSD; 4,6 kg MDMA in kristalliner Form; 5,1 kg MDMA in Form von Ecstasy-Pillen). Zudem ergibt sich aus den in den Urteilsgründen mitgeteilten, vom Angeklagten ungefähr erzielten Verkaufspreisen für Amphetamin und Marihuana, dass allein mit den verfahrensgegenständlichen Handelsmengen kein der Verfallsentscheidung entsprechender Betrag erwirtschaftet worden sein kann.
21
bb) Es kommt hier auch nicht in Betracht, die Verfallsanordnung ergänzend auf den – von der Strafkammer nicht in den Blick genommenen – erweiterten Verfall nach § 73d StGB aF zu stützen.
22
Die Vorschrift des § 73d StGB aF ist gegenüber §§ 73, 73a StGB aF subsidiär. Eine Anwendung des erweiterten Verfalls nach § 73d StGB aF ist daher erst dann möglich, wenn nach Ausschöpfung aller zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden kann, dass die Voraussetzungen der §§ 73, 73a StGB aF erfüllt sind (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 – 4 StR 386/08, BGHR StGB § 73a Anwendungsbereich 2; Beschlüsse vom 11. Februar 2016 – 3 StR 486/15, juris Rn. 5; vom 8. August 2013 – 3 StR 226/13, NStZ 2014, 82, 83; vom 20. April 2010 – 4 StR 119/10, NStZ-RR 2010, 255; vom 7. Januar 2003 – 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422, 423; LK-StGB/Schmidt, 12. Aufl., § 73d Rn. 11). Dies hindert es, in dem Verfahren wegen einer Anlasstat, die auf § 73d StGB aF verweist, Gegenstände dem erweiterten Verfall zu unterwerfen, die der Angeklagte aus anderen, von der Anklageschrift nicht erfassten, aber zumindest möglicherweise konkretisierbaren Straftaten erlangt hat; denn diese Taten können und müssen zum Gegenstand eines gesonderten Strafverfahrens gemacht werden, in dem die Voraussetzungen der vorrangig anwendbaren §§ 73, 73a StGB zu prüfen sind (BGH, Beschlüsse vom 11. Februar 2016 – 3 StR 486/15, aaO; vom 8. August 2013 – 3 StR 226/13, aaO).
23
Vorliegend liegt es nahe, dass etwaige weitere Straftaten des Angeklagten konkretisiert werden können, da im Verfahren alle Angeklagten geständige Angaben gemacht haben und die einzelnen Bestellvorgänge in weiten Teilen durch Bestelllisten dokumentiert sind.
24
b) Zudem erweist sich die Anordnung des Wertersatzverfalls der Höhe nach insoweit als rechtsfehlerhaft, als das Landgericht die Wertsteigerung der Bitcoins bis kurz vor Ende der erstinstanzlichen Hauptverhandlung berücksichtigt hat, obwohl der Angeklagte die Bitcoins bereits zum Zeitpunkt seiner Festnahme zum weit überwiegenden Teil nicht mehr innehatte.
25
aa) Nach § 73a Satz 1 StGB aF ordnet das Gericht, soweit der Verfall eines bestimmten Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grunde nicht möglich ist oder von dem Verfall eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB aF abgesehen wird, den Verfall eines Geldbetrags an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Auf welchen Zeitpunkt für die Wertbestimmung abzustellen ist, ist bislang unterschiedlich beurteilt worden.
26
(1) Nach teilweise im Schrifttum vertretener Auffassung ist für die Wertbestimmung im Rahmen von § 73a Satz 1 StGB aF generell auf den Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung abzustellen (vgl. Altenhain in Matt/ Renzikowski, StGB, § 73a Rn. 2; Eser in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 73a Rn. 12; Heger in Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 73a Rn. 4; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 73a Rn. 3; LK-StGB/Schmidt, aaO, § 73a Rn. 13; NK-StGB/ Saliger, 5. Aufl., § 73a Rn. 6).
27
(2) Nach der Gegenansicht ist im Rahmen des § 73a Satz 1 StGB aF derjenige Zeitpunkt maßgeblich, zu welchem der Wertersatzanspruch als solcher entsteht; wird der Verfall des ursprünglich erlangten Gegenstandes im Sinne von § 73a Satz 1 Var. 2 StGB aF nachträglich unmöglich, soll daher auf den Zeitpunkt des Eintritts der Unmöglichkeit abzustellen sein (vgl. MüKo-StGB/ Joecks, aaO, § 73a Rn. 17; SK-StGB/Wolters, 9. Aufl., § 73a Rn. 3; Lindemann in Leitner/Rosenau, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 73a Rn. 6; Güntert, Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion, 1983, S. 67 f.; Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, 2002, S. 117). Dieser Auffassung hat sich zuletzt das Oberlandesgericht Stuttgart bezüglich des maßgeblichen Verkehrswertes von ursprünglich erlangten Aktien angeschlossen (OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Juni 2014 – 2 Ss 541/13, AG 2015, 45, 46 f.).
28
bb) Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung insoweit, als für die Bestimmung des Wertersatzverfallsbetrages nach § 73a Satz 1 StGB aF Wert- steigerungen des Erlangten ab dem Zeitpunkt, zu welchem die Voraussetzungen dieser Vorschrift eingetreten sind, unbeachtlich sind; bei nachträglicher Unmöglichkeit des unmittelbaren Verfalls im Sinne des § 73a Satz 1 Var. 2 StGB aF bleiben ab diesem Zeitpunkt eintretende Wertsteigerungen somit außer Betracht (in diese Richtung weist auch die Gesetzesbegründung für die ab dem 1. Juli 2017 geltende Vorschrift des § 73c StGB, die die Einziehung des Wertes von Taterträgen regelt und die inhaltlich die Vorschrift des § 73a StGB aF übernommen hat, vgl. BT-Drucks. 18/1925, S. 67; Köhler, NStZ 2017, 497, 504).
29
Während sich weder aus dem Wortlaut des § 73a Satz 1 StGB aF noch aus der Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift (BT-Drucks. 5/4095, S. 40) für die vorliegende Frage etwas ergibt, sprechen für dieses Verständnis Sinn und Zweck der Verfallsvorschriften. Diese haben das Ziel, dem illegitimen Empfänger die durch eine rechtswidrige Tat erlangten Vermögensvorteile wieder abzunehmen (LK-StGB/Schmidt, aaO, § 73 Rn. 7; MüKo-StGB/Joecks, aaO, § 73 Rn. 4; SK-StGB/Wolters, aaO, § 73 Rn. 7; Güntert, aaO, S. 68). Dabei muss die Abschöpfung spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Täter aus der Tat gezogen hat (BGH, Urteile vom 27. November 2013 – 3 StR 5/13, BGHSt 59, 80, 92; vom 19. Januar 2012 – 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 82; Beschluss vom 27. Januar 2010 – 5 StR 224/09, NJW 2010, 882, 884; LK-StGB/Schmidt, aaO, § 73 Rn. 19; Wiedner in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts - und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 73 StGB Rn. 23).
30
Wertsteigerungen, die der ursprünglich erlangte Gegenstand erfährt, nachdem der Täter diesen nicht mehr innehat, kommen dem Tätervermögen jedoch nicht mehr zugute. Würde man gleichwohl solche nachträglichen Wertzuwächse im Rahmen von § 73a StGB aF berücksichtigen, orientierte sich die Abschöpfung an einem Wert, der von dem Täter zu keinem Zeitpunkt seiner Verfügungsgewalt über das Erlangte hätte realisiert werden können (vgl. OLG Stuttgart, aaO; MüKo-StGB/Joecks, aaO; Güntert, aaO, S. 68; Wallschläger, aaO, S. 117). Dies ginge aber über die genannte Zielsetzung des Verfalls – spiegelbildliche Abschöpfung illegitim erlangter Vermögensvorteile – hinaus. Eine solchermaßen verschärfte Haftung rechtfertigt sich auch nicht aufgrund des Rechtscharakters des Wertersatzverfalls nach § 73a StGB aF, da dieses Institut lediglich der Lückenschließung für Fälle dient, in denen ein an sich zulässiger Verfall des erlangten Tatvorteils aus bestimmten Gründen nicht möglich ist (Eser in Schönke/Schröder, aaO, § 73a Rn. 1; LK-StGB/Schmidt, aaO, § 73a Rn. 2; Güntert, aaO, S. 67; Sotiriadis, Die Entwicklung der Gesetzgebung über Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, 2010, S. 89). Mit dieser bloßen Auffangfunktion ist eine über die illegitime Vermögensmehrung hinausgehende Haftung nicht vereinbar.
31
cc) Gemessen daran hätte die Strafkammer bei der Ermittlung des Wertersatzverfallsbetrages nicht auf den Wert der Bitcoins, den diese zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung hatten, abstellen dürfen.
32
dd) Der vorliegenden Entscheidung steht nicht die zu § 401 der Reichsabgabenordnung (RAbgO) ergangene Entscheidung des 1. Ferienstrafsenats vom 27. August 1953 (1 StR 781/52, BGHSt 4, 305 ff.) entgegen. Die Vorschrift des § 401 RAbgO ermöglichte in Abs. 1 die Einziehung der steuerpflichtigen Erzeugnisse und zollpflichtigen Waren, hinsichtlich derer eine Steuerhinterziehung begangen worden war, sowie der zur Tatbegehung genutzten Beförderungsmittel; Abs. 2 sah im Fall einer nicht mehr vollziehbaren Einziehung die Auferlegung einer Wertersatzleistung vor. Für die Bemessung dieser Wert- ersatzleistung war der Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung als maßgeblich erachtet worden (BGH, aaO).
33
Hieraus ergibt sich keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 GVG (vgl. auch OLG Stuttgart, aaO). Die Entscheidung vom 27. August 1953 betraf ein anderes, inzwischen aufgehobenes Gesetz. Das Verfallsrecht der §§ 73 ff. StGB aF wurde dagegen erst durch das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 4. Juli 1969 (BGBl. I, S. 717 ff.) zum 1. Januar 1975 eingeführt und geht in seinem Anwendungsbereich deutlich über die Einziehung nach § 401 RAbgO hinaus. Zudem war die Einziehung nach § 401 RAbgO – anders als der Verfall – als Nebenstrafe ausgestaltet (vgl. Hartung, Das Steuerstrafrecht, 2. Aufl. [1956], S. 106 und 109).
34
c) Es kommt schließlich nicht mehr entscheidend darauf an, dass auch die Anwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB aF durch das Landgericht durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet, da es in Anwendung dieser Vorschrift lediglich den von ihm aufgrund der erlangten Bitcoins errechneten Betrag von 10.528.591,55 Euro auf zehn Millionen Euro reduziert, sich aber nicht in tragfähiger Weise damit auseinandergesetzt hat, ob der Wert des Erlangten auch insoweit noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB; zur Prüfungsreihenfolge BGH, Beschlüsse vom 16. Juli 2015 – 4 StR 265/15, NStZ-RR 2015, 307; vom 21. März 2013 – 3 StR 52/13, StV 2013, 630; jeweils mwN).
35
Das Landgericht hat seine Annahme, der Verfallsbetrag von zehn Millionen Euro sei noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden, allein auf die Erwägung gestützt, der Angeklagte habe Interesse an Immobilien in Belgrad, Amsterdam und Brüssel bekundet. Aus dem bloßen, nicht näher spezifizierten Interesse an Immobilien ergibt sich jedoch nicht, dass der Angeklagte über erhebliche finanzielle Mittel verfügte.
36
5. a) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat – mit Blick auf die Ausführungen des Landgerichts auf UA 127 – darauf hin, dass es auf die Möglichkeit der Anordnung eines unmittelbaren Verfalls von Bitcoins nach § 73 StGB aF ohne Auswirkung ist, ob den Ermittlungsbehörden der private Schlüssel für das Wallet bekannt ist. Die Erlangung der faktischen Verfügungsgewalt über die Bitcoins setzt zwar die Kenntnis des privaten Schlüssels voraus; die mit einer Nichtkenntnis verbundenen tatsächlichen Hindernisse betreffen aber allein die Vollstreckung der Verfallsentscheidung und lassen die Anordnung des Verfalls unberührt (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2017 – 1 StR 412/16, NStZ 2018, 401, 405; Heine, NStZ 2016, 441, 445).
37
b) Auch das neue Tatgericht wird bei den zu treffenden Verfallsentscheidungen das bis zum 1. Juli 2017 geltende Recht anzuwenden haben (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2018 – 4 StR 568/17, NJW 2018, 1831, 1832).
Sost-Scheible Franke Bender
Quentin Feilcke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2018 - 4 StR 569/17

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2018 - 4 StR 569/17

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R
Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2018 - 4 StR 569/17 zitiert 14 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 132


(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate. (2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Sena

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Strafgesetzbuch - StGB | § 74 Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern


(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden. (2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bez

Strafgesetzbuch - StGB | § 73a Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind. (2) Hat sich de

Strafgesetzbuch - StGB | § 73d Bestimmung des Wertes des Erlangten; Schätzung


(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden is

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2018 - 4 StR 569/17 zitiert oder wird zitiert von 23 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2018 - 4 StR 569/17 zitiert 20 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. März 2013 - 3 StR 52/13

bei uns veröffentlicht am 21.03.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 52/13 vom 21. März 2013 in der Strafsache gegen wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbund

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Nov. 2013 - 3 StR 5/13

bei uns veröffentlicht am 27.11.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 5/13 vom 27. November 2013 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja __________________________________ WpHG aF § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG §

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Okt. 2011 - 1 StR 336/11

bei uns veröffentlicht am 19.10.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 336/11 vom 19. Oktober 2011 in der Strafsache gegen wegen Betruges u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 18. Oktober 2011, in der Sitzung am 19. Oktober 2

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2016 - 3 StR 486/15

bei uns veröffentlicht am 11.02.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 486/15 vom 11. Februar 2016 in der Strafsache gegen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2016:110216B3STR486.15.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Jan. 2010 - 4 StR 504/09

bei uns veröffentlicht am 19.01.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 504/09 vom 19. Januar 2010 in der Strafsache gegen wegen Mordes Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 19. Januar 2010 gemäß § 349 Abs. 2 u

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Jan. 2010 - 5 StR 224/09

bei uns veröffentlicht am 27.01.2010

Nachschlagewerk: ja BGHSt : nein Veröffentlichung : ja WpHG in der Fassung vom 21. Juni 2002 § 38 Abs. 1 Nr. 1; § 14 Abs. 1; StGB § 73 Abs. 1 Satz 1 1. Ausnutzen einer Insidertatsache. 2. Bei verbotenen Insidergeschäften stellt der hierdurch

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Jan. 2012 - 3 StR 343/11

bei uns veröffentlicht am 19.01.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 343/11 vom 19. Januar 2012 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja ___________________________________ StGB § 73 Abs. 1 Satz 1, AWG § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Hat der Täter in

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Sept. 2014 - 3 StR 423/14

bei uns veröffentlicht am 16.09.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 S t R 4 2 3 / 1 4 vom 16. September 2014 in der Strafsache gegen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Aug. 2013 - 3 StR 226/13

bei uns veröffentlicht am 08.08.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 226/13 vom 8. August 2013 in der Strafsache gegen wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Besch

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Nov. 2013 - 4 StR 242/13

bei uns veröffentlicht am 21.11.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 242/13 vom 21. November 2013 in der Strafsache gegen wegen Verdachts der schweren räuberischen Erpressung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. November 2013, a

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Apr. 2010 - 4 StR 119/10

bei uns veröffentlicht am 20.04.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 119/10 vom 20. April 2010 in der Strafsache gegen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts un

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Dez. 2008 - 4 StR 386/08

bei uns veröffentlicht am 11.12.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 386/08 vom 11. Dezember 2008 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. Dezember 2008, an de

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2012 - 4 StR 76/12

bei uns veröffentlicht am 23.05.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 76/12 vom 23. Mai 2012 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und

Bundesgerichtshof Urteil, 29. März 2018 - 4 StR 568/17

bei uns veröffentlicht am 29.03.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 568/17 vom 29. März 2018 BGHSt: ja, nur zu II.4 BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja –––––––––––––––––––––––––– EGStGB Art. 316h Satz 2 Eine „Entscheidung über die Ano

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Okt. 2017 - 4 StR 259/17

bei uns veröffentlicht am 26.10.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 259/17 vom 26. Oktober 2017 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ECLI:DE:BGH:2017:261017U4STR259.17.0 Der 4. Strafsenat des Bu

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juli 2017 - 1 StR 412/16

bei uns veröffentlicht am 27.07.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 412/16 vom 27. Juli 2017 in der Strafsache gegen wegen Computerbetruges u.a. ECLI:DE:BGH:2017:270717B1STR412.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des General

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Aug. 2015 - 1 StR 305/15

bei uns veröffentlicht am 18.08.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 S t R 3 0 5 / 1 5 vom 18. August 2015 in der Strafsache gegen wegen Betrugs Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. August 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2015 - 4 StR 265/15

bei uns veröffentlicht am 16.07.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR265/15 vom 16. Juli 2015 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts un

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juli 2014 - 4 StR 263/14

bei uns veröffentlicht am 30.07.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR263/14 vom 30. Juli 2014 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 30. Ju

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 06. Juni 2014 - 2 Ss 541/13

bei uns veröffentlicht am 06.06.2014

Tenor 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts - Kleine Strafkammer - Stuttgart vom 24. Mai 2013 im Ausspruch über den Wertersatzverfall dahingehend abgeändert, dass bei dem Angeklagten ein Betrag in Höhe von 47.
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2018 - 4 StR 569/17.

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2019 - 4 StR 590/18

bei uns veröffentlicht am 04.07.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 590/18 vom 4. Juli 2019 in der Strafsache gegen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2019:040719B4STR590.18.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nac

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Dez. 2018 - 1 StR 36/17

bei uns veröffentlicht am 18.12.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 36/17 vom 18. Dezember 2018 BGHSt: nein BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja StGB aF § 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3, § 73a Satz 1 1. Sind durch Steuerhinterziehungen ersparte

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2018 - 5 StR 229/18

bei uns veröffentlicht am 24.10.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 229/18 vom 24. Oktober 2018 in der Strafsache gegen wegen besonders schweren Raubes u.a. ECLI:DE:BGH:2018:241018U5STR229.18.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24

Referenzen

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 504/09
vom
19. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 19. Januar 2010 gemäß § 349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten W. wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 22. Juni 2009, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Reihenfolge der Vollstreckung dahin geändert, dass die Vollziehung von insgesamt drei Jahren und neun Monaten der verhängten Freiheitsstrafe vor der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet wird. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Ferner hat es bestimmt, dass zwei Jahre und neun Monate der verhängten Freiheitsstrafe vor seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu vollziehen sind. Die Revision des Angeklagten , mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird, führt zu einer geänderten Festlegung der Dauer des Vorwegvollzugs; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch sowie zur Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 20. Oktober 2009 verwiesen. Auch der auf § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB in der Fassung des am 20. Juli 2007 in Kraft getretenen Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBI. I S. 1327) gestützte Ausspruch, dass ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe vor der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu vollziehen ist, hält als solcher sachlich -rechtlicher Nachprüfung stand.
3
2. Indessen kann die Entscheidung des Landgerichts über die Dauer des Vorwegvollzugs nicht bestehen bleiben.
4
a) Dass der Maßregelausspruch nach dem Willen des Beschwerdeführers vom Revisionsangriff ausgenommen sein soll, steht dem nicht entgegen. Ob die Beschränkung des Rechtsmittels die Berechnung des vorweg zu vollziehenden Teils der Freiheitsstrafe hier überhaupt erfasst (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2007 - 5 StR 374/07 Tz. 4 a.E.), kann letztlich dahinstehen ; denn die Beschränkung ist insgesamt unwirksam, weil der Angeklagte mit einer Verfahrensrüge und mit der Sachrüge auch den Schuldspruch angreift. In einem solchen Fall kann mit der erklärten Rechtsmittelbeschränkung nicht wirksam auf die Anfechtung der Unterbringung nach § 64 StGB verzichtet werden, da die Feststellung einer Symptomtat unerlässliche Voraussetzung der Maßregelanordnung ist (BGH, Beschluss vom 26. August 2009 - 2 StR 302/09).
5
b) Das Landgericht hat bei seiner Entscheidung über die Berechnung des vorweg zu vollziehenden Teils der Freiheitsstrafe zwar ausdrücklich der Gesetzeslage nach Neufassung des § 67 Abs. 2 StGB Rechnung tragen wollen. Aus dieser folgt jedoch, dass im vorliegenden Fall nicht zwei Jahre und neun Monate, sondern drei Jahre und neun Monate der verhängten Freiheitsstrafe vor der Unterbringung zu vollziehen sind. Erst danach ist unter Berücksichtigung der im Fall des Beschwerdeführers für erforderlich gehaltenen Dauer der Therapie im Maßregelvollzug von zwei Jahren mit dann insgesamt fünf Jahren und neun Monaten die Hälfte der verhängten, sich auf elf Jahre sechs Monate belaufenden Freiheitsstrafe erledigt. Eine Kürzung der Dauer des angeordneten Vorwegvollzugs um die Dauer der bisher erlittenen Untersuchungshaft ist nicht zulässig (BGH, Beschluss vom 25. Februar 2009 - 5 StR 22/09).
6
c) Da die sachverständig beratene Strafkammer rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangt ist, dass im Fall des Angeklagten die Therapie voraussichtlich zwei Jahre dauern werde und es sich bei der Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs um einen auf klaren gesetzlichen Vorgaben beruhenden Rechenvorgang handelt, kann der Senat die Dauer des Vorwegvollzugs gemäß § 354 Abs. 1 StPO analog selbst festlegen (Senatsbeschluss vom 8. April 2008 - 4 StR 21/08 m.w.N.). Der Angeklagte ist durch diese nachträgliche Entscheidung unter keinen Umständen beschwert (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2008 - 4 StR 552/08, NStZ-RR 2009, 105).
7
3. Eine Kostenermäßigung nach § 473 Abs. 4 StPO war nicht veranlasst, weil das unbeschränkte Rechtsmittel des Angeklagten nur zu einer geringen Änderung des angefochtenen Urteils geführt hat.
Tepperwien Athing Solin-Stojanović Ernemann Franke

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 242/13
vom
21. November 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Verdachts der schweren räuberischen Erpressung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. November
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Richter am Amtsgericht
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 19. Dezember 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision.
2
Das – vom Generalbundesanwalt vertretene – Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.


3
1. Die zugelassene Anklage hat dem Angeklagten zur Last gelegt, in Halle am 11. Januar 2012 gegen 1.45 Uhr mit einem unbekannt gebliebenen Mittäter den Zeugen N. am Kragen gepackt und am Hals festgehalten zu haben. Während einer der Täter mit einem pistolenähnlichen Gegenstand auf den Kopf des Zeugen gezielt habe, habe der andere dem Opfer mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Nachdem der Geschädigte zu Boden gegangen sei, habe ein Täter im Einvernehmen mit dem anderen dem Opfer mehrfach mit den beschuhten Füßen gegen den Oberkörper und die Oberschenkel getreten. Aus Angst vor weiterer Gewaltanwendung habe N. der Aufforderung der Täter Folge geleistet und ihnen seine schwarze Ledergeldbörse im Wert von 15 € samt Bargeld in Höhe von ca. 20 €, die Per- sonaldokumente, ein weißes Handy „Sony Ericsson“ im Wert von 80 €, seine Brille im Wert von 900 €, seine Winterjacke im Wert von 70 € sowie einen weißen iPod nebst dazugehörigem Kopfhörer im Wert von 230 € herausgegeben. Der Angeklagte habe die erbeuteten Gegenstände anschließend veräußert, um den Erlös für sich zu verwenden.
4
2. Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegte Tat bestritten. Er habe am 11. Januar 2012 in den Vormittagsstunden ein Handy „Sony Ericsson“ und einen iPod von H. , den er aus gemeinsamer Strafhaft kenne, günstig für ca. 20 € bis 30 € erworben. Er sei davon ausgegangen, dass diese Gegenstände H. gehörten. In den Nachmittags- bzw. Abendstunden desselben Tages habe er Handy und iPod in einem An- und Verkaufsgeschäft weiterverkauft und dabei etwa 20 € bis 30 € Gewinn gemacht.
5
3. Das Landgericht hat die Tat als solche durch die Vernehmung des Geschädigten N. festgestellt; das erbeutete Handy sowie einen iPod habe der Angeklagte am Tattag in einem An- und Verkaufsgeschäft veräußert. Die Einlassung des Angeklagten hat es nicht zu widerlegen vermocht : Entscheidend sei, dass N. keinen der Täter wiedererkennen könne. Eine Vernehmung des H. sei nicht beantragt worden und auch nicht von Amts wegen geboten. Die Strafkammer würde „allein“ aus den Angaben eines eventuellen Mittäters nicht den Schluss ziehen, dass der Angeklagte an dem Überfall beteiligt gewesen sei. Eine Verurteilung wegen Hehlerei komme mangels Nachweises des subjektiven Tatbestandes nicht in Betracht; auch insoweit hätte die Vernehmung von H. nicht ausgereicht , um dem Angeklagten nachzuweisen, er habe gewusst, dass das Handy bei einer Straftat erbeutet worden sei.

II.


6
Der Freispruch hat keinen Bestand.
7
1. Die Aufklärungsrüge, die Strafkammer hätte H. vernehmen müssen (§ 244 Abs. 2 StPO), ist allerdings unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO); es fehlt die Angabe der ladungsfähigen Anschrift dieses Zeugen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Mai 2003 – 5 StR 120/03, BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 40, und vom 12. Juli 2006 – 5 StR 236/06, NStZ 2006, 713; Urteil vom 9. Dezember 2008 – 5 StR 412/08, NStZ 2009, 468; Becker in LöweRosenberg , 26. Aufl., § 244 Rn. 368).
8
2. Das Rechtsmittel hat jedoch mit der Sachrüge Erfolg. Die Ausführungen des Landgerichts werden den gemäß § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO an ein freisprechendes Urteil zu stellenden Anforderungen nicht gerecht, weil die Urteilsgründe keine Feststellungen zu Werdegang, Vorleben und Persönlichkeit des Angeklagten enthalten.
9
a) Derartige Feststellungen sind zwar in erster Linie bei verurteilenden Erkenntnissen notwendig, um nachvollziehen zu können, ob der Tatrichter die wesentlichen Anknüpfungstatsachen für die Strafzumessung (§ 46 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 StGB) ermittelt und berücksichtigt hat. Aber auch bei freisprechenden Urteilen ist der Tatrichter aus sachlich-rechtlichen Gründen zumindest dann zu solchen Feststellungen verpflichtet, wenn diese für die Beurteilung des Tatvorwurfs eine Rolle spielen können und deshalb zur Überprüfung des Freispruchs durch das Revisionsgericht auf Rechtsfehler hin notwendig sind (vgl. BGH, Urteile vom 13. Oktober 1999 – 3 StR 297/99, NStZ 2000, 91, vom 14. Februar 2008 – 4 StR 317/07, NStZ-RR 2008, 206, 207, vom 23. Juli 2008 – 2 StR 150/08, BGHSt 52, 314, 315, und vom 25. Oktober 2012 – 4 StR 170/12, NStZ-RR 2013, 52).
10
b) Die Notwendigkeit, die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten umfassend in den Blick zu nehmen, nähere Feststellungen zu dessen Lebenslauf , Werdegang und Persönlichkeit zu treffen sowie diese in den Urteilsgründen darzulegen, richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalles. Hier ergibt sie sich bereits aus der dem Angeklagten zum Vorwurf gemachten Straftat. Ihr liegt ersichtlich die Motivation der Täter zu Grunde, in den Besitz von Gegenständen zu gelangen, die sich rasch versilbern lassen. Daher liegt es nahe, dass den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten Bedeutung auch für die Beurteilung des Tatvorwurfs zukommen kann. Darüber hinaus bedarf es unter dem Gesichtspunkt der entfalteten erheblichen Gewalt der Feststellung , ob eine dahin gehende Bereitschaft in der bisherigen Entwicklung des Angeklagten angelegt ist. Der Wesenszug der hier zu beurteilenden Tat, die rasche Versilberung einer nicht sehr hohen Beute zu einem geringen Preis in einem An- und Verkaufsgeschäft am Tag der Tat, legt zudem den Gedanken an Beschaffungskriminalität nahe; hierzu bedurfte es ebenfalls der ergänzenden Feststellungen.
11
c) Auch vor dem Hintergrund der vom Angeklagten in der Hauptverhandlung vorgebrachten Einlassung hätten seine persönlichen Verhältnisse nicht unerörtert bleiben dürfen. Danach hatte er bereits Strafhaft verbüßt, so dass vom Vorliegen verwertbarer Vorstrafen auszugehen ist.
12
3. Für die neue Verhandlung der Sache weist der Senat auf Folgendes hin:
13
a) Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter wird sich um die Vernehmung des vom Angeklagten benannten H. zu bemühen haben. Der Senat gibt zudem zu bedenken, ob nicht eine Aufklärung der näheren Umstände, unter denen das Opfer den Führerschein und den Personalausweis zurückerhalten hat, weiteren Erkenntnisgewinn verspricht.
14
b) Auch eine (eindeutige) Verurteilung wegen Hehlerei oder – auf alternativer Tatsachengrundlage – eine (wahlweise) Verurteilung wegen der in der schweren räuberischen Erpressung enthaltenen (einfachen) Erpressung gemäß § 253 StGB und der Hehlerei nach § 259 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 1984 – 1 StR 103/86, bei Holtz, MDR 1986, 793: Wahlfeststellung zwischen dem im Raub enthaltenen Diebstahl und Hehlerei; Urteil vom 20. Februar 1974 – 3 StR 1/74, NJW 1974, 804: Betrug oder Hehlerei) wäre hier zulässig, da es sich unter den hier gegebenen Umständen um dieselbe prozessuale Tat handelt (vgl. BGH, Urteile vom 29. September 1987 – 4 StR 376/87, BGHSt 35, 60, 65 f., und vom 22. Dezember 1987 – 1 StR 423/87, BGHSt 35, 172, 174 f.; Beschlüsse vom 7. Juli 1999 – 1 StR 262/99, NStZ 1999, 523, und vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 606/11, wistra 2012, 148, 149). Im Übrigen hat die Staatsanwaltschaft die wirtschaftliche Verwertung der erbeuteten Gegenstände in den konkreten Anklagesatz aufgenommen und im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen nach den Tatumständen näher konkretisiert.
15
c) Entgegen einer missverständlichen Formulierung der Strafkammer (UA 7: „wusste“) reicht zur Erfüllung des subjektiven Tatbestands der Hehlerei – neben der in § 259 Abs. 1 StGB vorausgesetzten Bereicherungsabsicht – be- dingter Vorsatz aus (Fischer, StGB, 60. Aufl., § 259 Rn. 24 f.).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR263/14
vom
30. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 30. Juli 2014 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Magdeburg vom 14. Februar 2014 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349
Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem
Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen
zu tragen.
Ergänzend zum Antrag des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
Die Aufklärungsrüge, mit der die unterbliebene Vernehmung von drei Zeugen
beanstandet wird, ist bereits deshalb nicht zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2
StPO), weil die ladungsfähigen Anschriften der Zeugen nicht mitgeteilt werden (vgl.
BGH, Urteil vom 21. November 2013 – 4 StR 242/13 mwN, insoweit in NStZ 2014,
172 nicht abgedruckt).
Sost-Scheible Roggenbuck Mutzbauer
Bender Quentin

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

14
a) Die Einbeziehung einer Strafe in eine nachträglich zu bildende Gesamtstrafe setzt nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB voraus, dass die Tat, für welche die Strafe verhängt worden ist, vor der früheren Verurteilung begangen wurde. Für die Frage, ob dies der Fall ist, kommt es auf die Beendigung der materiellrechtlichen Tat an. Denn erst zu diesem Zeitpunkt kann die Tat abschließend beurteilt werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. August 2015 – 1 StR 305/15, NStZ-RR 2015, 305; vom 16. September 2014 – 3 StR 423/14 Rn. 4; vom 1. Juli 2009 – 2 StR 116/09, StraFo 2010, 37; vom 4. April 2000 – 5 StR 105/00; Rissing-van Saan in LK-StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 9 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 3 0 5 / 1 5
vom
18. August 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. August 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 9. März 2015 im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in drei Fällen schuldig gesprochen und ihn unter Einbeziehung anderweitig rechtskräftig gewordener Einzelfreiheitsstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten und zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.
2
Das auf die Sachrüge gestützte Rechtsmittel des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg und erweist sich im Übrigen als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift dazu ausgeführt: "Die rechtsfehlerfreien Feststellungen tragen den Schuldspruch. Auch die Festsetzung der Einzelstrafen begegnet keinen rechtlichen Beden- ken. Allerdings kann die Gesamtstrafenbildung keinen Bestand haben. Die Strafkammer hat übersehen, dass die mit Urteil des Amtsgerichts Sonthofen verhängte Einzelstrafe von acht Monaten nicht mit denjenigen Taten, die vor der Zäsurwirkung entfaltenden Verurteilung des Amtsgerichts Kempten vom 21. November 2011 begangen wurden, gesamtstrafenfähig ist. Denn ausweislich des Auszuges aus der Verurteilung des Amtsgerichts Sonthofen bezieht sich diese Einzelstrafe auf einen betrügerischen Bezug von Leistungen nach dem SGB II vom 1. Dezember 2011 bis zum 31. Mai 2012 (UA S. 6). Eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung kommt jedoch nur in Betracht, wenn die einzubeziehende Tat vor der früheren Verurteilung begangen worden ist. Für die Frage, ob dies der Fall ist, kommt es auf die Beendigung der Tat an, weil sie erst in diesem Zeitpunkt abschließend beurteilt werden kann (LK-Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 9). § 55 StGB soll nur denjenigen Zustand herstellen, der sich ergeben hätte, wenn der damalige Richter die jetzt zu beurteilende Tat mit abgeurteilt hätte (BGH, Beschluss vom 10. Mai 1994 - 1 StR 142/94, NStZ 1994, 482), was voraussetzt, dass er sie überhaupt hätte aburteilen können. Ist die Tat zum damaligen Zeitpunkt noch nicht beendet, ist dies nicht der Fall. Die Einzelstrafe von acht Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Sonthofen hätte deshalb Eingang in die zweite zu bildende Gesamtstrafe finden müssen."
4
Dem schließt sich der Senat an.
5
Das neu zuständige Tatgericht wird in den Blick zu nehmen haben, dass sich nicht nur aus den Gründen, sondern schon aus dem Tenor des Urteils ergeben muss, für welche Taten der Angeklagte zu welcher Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden ist. Der Senat weist zudem darauf hin, dass die neuen Ge- samtstrafen wegen des Verschlechterungsverbots des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO nur so hoch bemessen werden dürfen, dass sie zusammen die Summe der im angefochtenen Urteil verhängten Gesamtfreiheitsstrafen nicht übersteigen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2013 - 4 StR 356/13, NStZ-RR 2014, 74).
Raum Graf Jäger
Cirener Mosbacher

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

4
2. Danach erweist sich die Bildung einer Gesamtstrafe aus der wegen Handeltreibens mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) ausgesprochenen Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten und der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf als rechtsfehlerhaft, denn der Angeklagte hat die insoweit abgeurteilte Tat nicht vor der früheren Verurteilung begangen (§ 55 Abs. 1 StGB). Begangen im Sinne dieser Vorschrift ist eine Tat mit deren Beendigung (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1996 - 4 StR 389/96, NJW 1997, 750; Beschluss vom 1. Juli 2009 - 2 StR 116/09, StraFo 2010, 37). Diese trat vorliegend erst mit der Beschlagnahme der noch in der Verfügungsgewalt des Angeklagten befindlichen, weiterhin teils zur Veräußerung, teils zum Eigenkonsum bestimmten Restmenge am 21. August 2013 ein. Darauf, dass die Tat bereits mit dem Erwerb der Betäubungsmittel im Rechtssinne vollendet war, kommt es nicht an.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 412/16
vom
27. Juli 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Computerbetruges u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:270717B1STR412.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 27. Juli 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 sowie entsprechend § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 13. April 2016
a) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte der Datenveränderung in 327.379 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit 245.534 tateinheitlichen Fällen des Ausspähens von Daten sowie der Fälschung beweiserheblicher Daten in 16 Fällen jeweils in Tateinheit mit Computerbetrug, schuldig ist;
b) im Ausspruch über den Verfall weiterer 1.730 Bitcoins dahingehend geändert, dass dieser der Höhe nach auf einen Betrag von 432.500 Euro begrenzt ist;
c) aufgehoben, soweit der Angeklagte in den Fällen 3 und 18 der in den Urteilsgründen enthaltenen Tabelle (IPAdressen und ) verurteilt worden ist.
Insoweit wird der Angeklagte freigesprochen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass von der Gesamtfreiheitsstrafe ein Monat als vollstreckt gilt.
3. Im Umfang des Teilfreispruchs fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
Die von dem Angeklagten zu tragende Gebühr für dieses Revisionsverfahren wird um ein Sechstel ermäßigt. Die Kosten und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen für dieses Revisionsverfahren trägt die Staatskasse zu einem Sechstel und der Angeklagte zu fünf Sechsteln.

Gründe:

1
Das Landgericht hatte den Angeklagten in einem ersten Urteil wegen Ausspähens von Daten in Tateinheit mit Datenveränderung sowie wegen Computerbetruges in 18 Fällen jeweils tateinheitlich mit Fälschung beweiserheblicher Daten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Es hatte zudem den Verfall der sichergestellten 86 Bitcoins und den Verfall von Wertersatz (hinsichtlich weitere 1.730 Bitcoins) in Höhe von 432.500 Euro sowie die Einziehung von im Einzelnen näher bezeichneter Computerhardware nebst Zubehör angeordnet. Auf die Sachrüge des Angeklagten hatte der Senat das Urteil mit den Feststellungen aufgehoben.
2
Nunmehr hat das Landgericht den Angeklagten wegen Datenveränderung in 327.379 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit 245.534 tateinheitlichen Fällen des Ausspähens von Daten und wegen Computerbetruges in 18 Fällen, jeweils in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Daneben hat es den Verfall von 86 sichergestellten Bitcoins sowie weiterer 1.730 Bitcoins an- geordnet und in der Urteilsformel konkret bezeichnete Computerhardware eingezogen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die nicht näher ausgeführte Sachrüge erhebt. Sein Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs, einem Freispruch in zwei Fällen sowie einer Beschränkung des Verfalls der Höhe nach; im Übrigen ist es gemäß § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

A.


3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

I.


4
Der Angeklagte und der rechtskräftig Verurteilte R. schlossen sich zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt Anfang des Jahres 2012 zusammen , um ein sogenanntes Botnetz aufzubauen.
5
Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss einer Vielzahl von Computern, auf denen Programme – zumeist vom Nutzer unbemerkt – im Hintergrund automatisiert sich wiederholende Rechenaufgaben abarbeiten. Die Programme verbinden sich selbständig mit einem durch den sogenannten BotHerder gesteuerten zentralen Command-and-Control-Server, so dass der BotHerder infolgedessen die angeschlossenen Rechner fernsteuern und für seine Zwecke nutzen kann. Die Bots werden von den Computernutzern häufig durch das Öffnen eines sogenannten trojanischen Pferdes, einer getarnten Schadsoftware , unbewusst selbst installiert oder es erfolgt eine Infektion des Rech- ners über eine Sicherheitslücke des Betriebssystems, des Webbrowsers oder eines Programms. Das vom Angeklagten und R. geplante Botnetz sollte einerseits der Erzeugung von Bitcoins, dem sogenannten „Bitcoin-Mining“, und andererseits der Datenspionage dienen.
6
Bitcoin ist ein weltweit verfügbares dezentrales Zahlungssystem und der Name einer virtuellen Geldeinheit. Die Übertragung von Bitcoins geschieht über einen Zusammenschluss von Rechnern über das Internet und wird mithilfe einer speziellen Peer-to-Peer-Anwendung, also ohne Einbeziehung einer als Bank dienenden Zentrale, abgewickelt. Sämtliche Bitcoins werden im öffentlichen Transaktionsregister, der sogenannten Blockchain, gespeichert. Ihre Zuordnung zu einzelnen Teilnehmern erfolgt über persönliche digitale Brieftaschen , sogenannte Wallets, über die das Guthaben verwaltet wird. Hierfür gibt es einen, jedem Teilnehmer des Peer-to-Peer Netzwerks erkennbaren öffentlichen und einen privaten, nur dem Inhaber der Wallet bekannten Schlüssel. Der Marktwert von Bitcoins ergibt sich aufgrund von Angebot und Nachfrage.
7
Mit jeder Transaktion, die von der Mehrheit der Teilnehmer des Netzwerks als gültig bestätigt werden muss, um als ausgeführt zu gelten, werden bis zum Erreichen der systembedingten Maximalmenge zugleich neue Bitcoins erzeugt. Die für die Bestätigung der Transaktionen erforderlichen Rechenoperationen bestehen in der Lösung kryptographischer Aufgaben, wodurch das öffentliche Transaktionsregister der Kryptowährung, die Blockchain, erweitert wird. Die hierfür zu lösenden Algorithmen werden mit zunehmender Anzahl von Bitcoins immer komplexer und erfordern den Einsatz von zunehmend steigender Rechenzeit und -leistung. Derjenige Teilnehmer, der die Rechenoperation durchgeführt hat, erhält die mit der Erweiterung der Blockchain neu geschürften Bitcoins seiner Wallet gutgeschrieben. Je größer die eingesetzte Rechnerleis- tung, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, das richtige Ergebnis zu finden. Gewöhnliche Prozessoren sind jedoch nicht rentabel, da die durch sie verursachten Stromkosten den durch die neu generierten Bitcoins erfolgten Wertzuwachs minimieren. Die Stromkosten fallen jedoch bei der Lösung der Rechenaufgaben durch ein Botnetz bei dem Nutzer der mit Schadsoftware infizierten Hardware und nicht bei dem sie über den Command-and-Control-Server steuernden Bot-Herder an, was die Attraktivität der Botnetze für das Schürfen von Bitcoins erklärt.
8
R. kam die Aufgabe zu, die als Musik-, Video- oder Programmdatei zum Herunterladen aus dem Internet getarnte Schadsoftware in Form eines Trojaners nebst Möglichkeit zur Bitcoin-Generierung zu entwickeln. Als Grundlage hierfür diente ihm die als Software frei zugängliche sogenannte Zeus-Komponente, die eine sogenannte Keyloggingfunktion zur Übermittlung von Tastenanschlägen des betroffenen Nutzers und ein Spionageprogramm zur Aufdeckung und Manipulation verschlüsselten Netzwerkverkehrs enthielt. Diese ergänzte er um die TOR-Komponente, ein Netzwerk zur Anonymisierung von Verbindungsdaten, und die der Bitcoin-Generierung dienende Programmkomponente cgminer.exe, welche die Rechnerleistung der Grafikkarte nutzbar machte. Die Schadsoftware wurde sodann mit einer von R. und dem Angeklagten entwickelten Verschleierungsschicht und dem Kernschadprogramm angereichert. Der Angeklagte war für das Hochladen in das Usenet zuständig. Das Usenet ist ein Teil des Internets, der vorwiegend der anonymen Verschaffung illegaler Raubkopien dient und einen besonderen kostenpflichtigen Zugang beim Nutzer voraussetzt.
9
Kurz vor dem 13. März 2012 begann der Angeklagte, mit der Schadsoftware versehene Dateien auf verschiedene Server in das Usenet hochzuladen.
Wegen des damit verbundenen hohen Zeitanfalls warb er ab etwa Mitte des Jahres 2012 drei weitere Mittäter, sogenannte Spreader an, die insgesamt mehrere Millionen infizierte Dateien hochluden.
10
Der Trojaner war für die Betriebssysteme ab Windows XP bis Windows 7 bestimmt. Seit der Softwareaktualisierung Servicepack 2 (Herausgabedatum: 25. August 2004) verfügen diese Betriebssysteme standardmäßig (bei Windows XP) über eine aktivierte „Firewall“. Diese lässt sich manuell deaktivie- ren. Bei einer „Firewall“ handelt es sich um eine Zugriffssicherung für Netzwerke , um Angriffe aus dem Internet auf den Computer des Nutzers zu vereiteln. Hierzu werden insbesondere eingehende Verbindungsanfragen anhand der Konfiguration unter Windows geprüft und sofern keine Erlaubnis in Form einer speziellen, diesen Zugriff erlaubenden Konfiguration vorliegt, abgelehnt. Wäre die vom Nutzer selbst heruntergeladene Schadsoftware nicht als Musik-, Videooder Programmdatei getarnt gewesen, wäre das Programm, das den Zugriff des Command-and-Control-Servers auf den Computer ermöglichte, mittels der Firewall dieser Kontrolle unterzogen und der Zugriff verweigert worden.
11
In dem Zeitraum vom 13. März 2012 bis zum 4. Oktober 2013 luden insgesamt 327.379 Computernutzer die Schadsoftware auf ihren Rechner herunter. Da sie durch die Tarnung davon ausgingen, es handele sich um die gewünschte Musik-, Video- oder Programmdatei, bejahten sie die Frage, ob das Programm installiert werden solle. Sie installierten sodann unbewusst den Trojaner und setzten in mindestens 245.534 Fällen infolgedessen ebenso unbewusst selbst die Firewall außer Kraft. In der zentralen Registrierungsdatenbank der jeweiligen Betriebssysteme, der sogenannten Registry-Datei, wurde ein Schlüssel und darin ein Wert erzeugt, der als Konfigurationseintrag für die Zeus-Komponente diente. Zudem wurde ein zusätzlicher Eintrag hinzugefügt, wodurch die Schadsoftware, insbesondere die Programmkomponenten Zeus, TOR und cg.miner, beim Hochfahren des Rechners automatisch startete, ohne dass der Computernutzer hiervon Kenntnis erlangte. Diese Veränderung der Registry-Datei führte zu einer grundlegenden Änderung der Datenstruktur und zugleich der Datei ntuser.dat, unter der die Werte des Benutzerprofils hinterlegt sind. Nach Installation des Trojaners nahm der Rechner des betroffenen Nutzers über einen ansonsten verschlossenen Zugang, den Port 42349, Verbindung mit dem Command-and-Control-Server auf. Da es sich um eine ausgehende Verbindungsanfrage handelte, wurde diese durch die Firewall nicht blockiert. Diese ausgehende Verbindung hätte ohne die Funktionen der Schad- software die Einrichtung einer speziellen Konfiguration des Systems („Port Forwarding“) erfordert.
12
Anschließend wurden die individuell vergebenen Computernamen, die verwendeten Betriebssysteme sowie weitere Informationen und TastaturEingaben der infizierten Rechner über die Ports 42349 und 9050 an eine vom Angeklagten und R. angelegte Datenbank übertragen und dort gespeichert. Darüber hinaus wurde ab einer Inaktivität des Computernutzers von 120 Sekunden mittels der Programmkomponente cg.miner die Rechenleistung der Grafikkarte für die Lösung komplexer Rechenaufgaben genutzt, für deren Bewältigung Bitcoins gutgeschrieben wurden. Über die Keyloggingfunktion der Zeus-Komponente wurden die letzten 1.000 Tastenanschläge an den Datenbankserver des Angeklagten übermittelt; zudem überschrieb Zeus die Programmcodes der für Ver- und Entschlüsselung zuständigen Netzwerkbibliotheken , so dass die Eingabe von Kontodaten, Geheimnummern und Passwörtern in unverschlüsselter Form an den Angeklagten übertragen wurde.
13
Die vom Angeklagten und R. betriebene Datenbank zeichnete bis zum Herunterfahren des Hauptservers zum 4. Oktober 2013 Einträge auf, wonach sich 327.379 Nutzer den Trojaner hinuntergeladen hatten. Das Landgericht konnte weder die Anzahl der verwendeten Versionen der Schadsoftware ermitteln, noch wie viele verschiedene Dateien in das Usenet hochgeladen wurden. Infolgedessen ist es zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen , dass sämtliche Computernutzer ihre Rechner mit derselben Datei der Schadsoftware aus dem Usenet infiziert haben.

II.


14
Zum Betrieb des Botnetzes wurden insgesamt sieben Server betrieben, wobei es sich um einen Command-and-Control-Server, einen Hauptserver, einen Statistikserver und vier immer wieder wechselnde Server zur Bereitstellung der infizierten Dateien zum Download handelte.
15
Zwischen dem 19. November 2012 und dem 17. März 2013 mieteten entweder der Angeklagte selbst oder die von ihm beauftragten Spreader unter missbräuchlicher Verwendung zuvor durch die beschriebene Vorgehensweise ausgespähter Zugangsdaten in insgesamt 18 Fällen Server für den Betrieb des Botnetzes und die Verbreitung der Schadsoftware an. Die Server wurden aufgrund jeweils neuen Tatentschlusses und nicht aufgrund automatisierter Routinen unter Verwendung der Logindaten der Geschädigten angemietet; deren Freischaltung erfolgte in einem automatisierten Verfahren nach elektronischer Übermittlung des Antrags und der Daten. Hierdurch versprach sich der Angeklagte nicht zurückverfolgt werden zu können und sich die Anschluss- und Nutzungsgebühren zu ersparen.

16
Durch die Anmietung der Server entstand den Anbietern ein Gesamtschaden in Höhe von 7.349,75 Euro, nachdem diese den betroffenen Nutzern die angefallenen Kosten erstattet hatten. In zwei Fällen „entstand den Compu- ternutzern eine Vermögensgefährdung hinsichtlich der Anmietkosten für vier Wochen“. Für diese beiden Fälle konnten weder der betroffene Anschlussinha- ber noch der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses benannt werden.

III.


17
Während 86 unverschlüsselte Bitcoins beschlagnahmt wurden, konnten weitere 1.730 Bitcoins lediglich vorläufig gesichert werden, weil deren Zugriff passwortgeschützt war, der Angeklagte das Passwort nicht preis gab und eine Entschlüsselung nicht möglich war.

B.


I.


18
Der Schuldspruch wegen Datenveränderung in 327.379 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit 245.534 tateinheitlichen Fällen des Ausspähens von Daten gemäß §§ 202a, 303a Abs. 1, § 25 Abs. 1 und 2, § 52 StGB weist keinen Rechtsfehler auf.
19
1. Die Überzeugung des Landgerichts von dem insoweit festgestellten Sachverhalt beruht auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung.
20
a) Zwar hat der Angeklagte eine Beteiligung an dem Botnetzbestritten. Das Landgericht hat dies jedoch mit nicht zu beanstandenden Erwägungen als unwahre Schutzbehauptung gewertet und sich hierfür insbesondere auf die Angaben des R. und weiterer Zeugen für die zwischen R. und dem Angeklagten im Tatzeitraum geführte Handykommunikation sowie einen Chat gestützt, in dem der Angeklagte gegenüber einem weiteren Zeugen Details zur Vorgehensweise einschließlich der Benennung des Vornamens des Mittäters R. offen gelegt hat.
21
b) Auch die Feststellungen zur Anzahl der Computersysteme, deren Nutzer sich das vom Angeklagten und R. in das Usenet gestellte trojanische Pferd mitsamt der Schadsoftware heruntergeladen und auf ihrem Computer installiert haben, fußen auf einer tragfähigen Grundlage. Hierzu hat das Landgericht die Einträge in der Datenbank des Hauptservers des Botnetzes ausgewertet und anhand der dort aufgezeichneten 327.379 individuellen IPAdressen , die neben anderen Merkmalen nach erfolgreicher Installation der Schadsoftware an den Hauptserver des Botnetzes übertragen worden waren, die Anzahl der betroffenen Nutzer bestimmt. Da die IP-Adressen nebst weiteren Angaben nicht ohne die Installation des Trojaners an den vom Angeklagten betriebenen Datenbankserver übertragen worden wären, durfte das Landgericht aus der Aufzeichnung dieser Daten in der Datenbank des Angeklagten auf die erfolgreiche Installation der Schadsoftware schließen.
22
c) Die Wirkungsweise der vom Computernutzer unbewusst installierten Schadsoftware hat das Landgericht auf der Grundlage der nachvollziehbar dargelegten Erläuterungen der Sachverständigen hinreichend genau festgestellt. Insbesondere ergibt sich daraus zum einen, dass das Programm auf die Umgehung der – Zugriffe aus dem Internet verhindernden – Firewall angelegt war, indem es den Computernutzer über den Inhalt der heruntergeladenen und installierten Software getäuscht hat. Zum anderen wird daraus aber auch deutlich , zu welchen Funktionsänderungen die zusätzlichen Einträge in der Registry und damit in der das Benutzerprofil speichernden Datei nt.user.dat führten, dass nämlich Funktionen ausführende Komponenten gestartet, dadurch eine zuvor durch die Konfiguration des Computers nicht erlaubte Verbindung zum Command-and-Control-Server hergestellt und Daten an den Hauptserver des Botnetzes übertragen wurden.
23
d) Soweit das Landgericht davon ausgeht, dass jedenfalls 75 % der betroffenen Nutzer, mithin 245.534 tatsächlich eine aktivierte Firewall auf ihrem Computersystem nutzten, ist auch dies tragfähig begründet.
24
Insoweit waren dem sachverständig beratenen Landgericht konkrete Feststellungen zu den einzelnen betroffenen Computersystemen unmöglich. Denn anhand der übertragenen Daten war weder eine Identifizierung der Nutzer derselben noch deren konkrete Konfiguration zu ermitteln. Zwar waren die IP-Adressen bekannt, anhand des Zeitablaufs konnte aber bei den Internetprovidern keine Zuordnung der betroffenen Accounts mehr erfolgen.
25
Deswegen war das Landgericht befugt, auf das Vorhandensein einer aktiven Firewall indiziell zu schließen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216; Beschlüsse vom 19. Februar 2014 – 5 StR 510/13, NStZ 2014, 318; vom 4. September 2014 – 1 StR 314/14, NStZ 2015, 98 und vom 24. August 2017 – 1 StR 625/16, ZInsO 2018, 324), zumal da individuelle Leistungsmotive insoweit keine Rolle spielten (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 6. September 2017 – 5 StR 268/17, NStZ-RR 2017, 375).
26
Die tatsächlichen Umstände, aus denen es auf das Vorhandensein einer aktiven Firewall bei 75 % der betroffenen Computersysteme geschlossen hat, hat es nachvollziehbar dargelegt. Insoweit hat es sich auf die sachverständigen Darlegungen gestützt, wonach die Wahrscheinlichkeit, dass Internetnutzer keine aktivierte Firewall benutzten, äußerst gering sei. Darauf aufbauend hat das Landgericht zudem berücksichtigt, dass es sich bei den betroffenen Nutzern um solche handelte, die immerhin mit dem Usenet vertraut gewesen seien und einen eigenen kostenpflichtigen Zugang hierzu unterhielten. Um der geringen Wahrscheinlichkeit zu begegnen, dass dennoch infizierte Computersysteme zumindest keine Windows-Firewall aktiviert hatten, hat es von der Anzahl der infizierten Computer einen Abschlag von 25 % vorgenommen und so die Zahl der Computersysteme auf 75 % geschätzt, bei denen die Schadsoftware die Firewall umging. Auch vor dem Hintergrund, dass die Schadsoftware für Betriebssysteme bestimmt war, bei denen die Firewall standardmäßig aktiviert war, lässt diese Vorgehensweise einen Rechtsfehler nicht erkennen. Hierdurch hat das Landgericht pflichtgemäß diejenigen Tatsachen ermittelt, von deren Richtigkeit es überzeugt ist und ist damit der Abbildung der tatsächlichen Verhältnisse möglichst nahegekommen (vgl. zur Schätzung im Steuerstrafverfahren BGH, Beschluss vom 6. April 2016 – 1 StR 523/15, wistra 2016, 363).

II.


27
Auf der Grundlage dieser Feststellungen erweist sich die Verurteilung des Angeklagten wegen Datenveränderung in 327.379 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit 245.534 tateinheitlichen Fällen des Ausspähens von Daten gemäß §§ 202a, 303a Abs. 1, § 25 Abs. 1 und 2, § 52 StGB als rechtsfehlerfrei. Dabei ist das Landgericht zutreffend von mittelbarer Täterschaft gemäß § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB im Hinblick auf die Installation des Trojaners durch den geschädigten Computerinhaber selbst ausgegangen (vgl. Frank in Hilgendorf, Informationsstrafrecht und Rechtsinformatik, 2004, S. 23 [30] mwN; zur Funktionsweise eines Trojaners siehe MünchKommStGB/Graf, 3. Aufl., § 202a Rn. 84).
28
1. Der Angeklagte hat danach Datenveränderung gemäß § 303a Abs. 1 StGB in 327.379 tateinheitlichen Fällen begangen.
29
Gemäß § 303a Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer rechtswidrig Daten löscht, unterdrückt, unbrauchbar macht oder verändert. Die Vorschrift schützt das Interesse des Verfügungsberechtigten an der unversehrten Verwendbarkeit der gespeicherten oder übermittelten Daten (Bär in Wabnitz/Janowsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 4. Aufl., 14. Kapitel Rn. 108; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 303a Rn. 2; LK-StGB/Wolff, 12. Aufl., § 303a Rn. 4 mwN; vgl. auch BT-Drucks. 10/5058, S. 34).
30
Der Angeklagte und seine Mittäter haben vorliegend durch den Eingriff in die Registry-Dateien und der Datei nt.user.dat der geschädigten Computersysteme Daten im Sinne des § 303a Abs. 1 StGB verändert.
31
a) Diese Dateien sind taugliche Tatobjekte im Sinne der Legaldefinition des § 202a Abs. 2 StGB, nämlich solche, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert sind oder übermittelt werden (Bär aaO Rn. 110; Fischer aaO Rn. 3; MünchKommStGB/Wieck-Noodt, 2. Aufl., § 303a Rn. 8; zur nicht unmittelbaren Wahrnehmbarkeit Goeckenjan wistra 2009, 47, 49 mwN). Eine Beschränkung auf Computerdaten, wie in der Richtlinie auf 2013/40/EU vom 12. August 2013, Art. 2 lit.b, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen (Fischer aaO Rn. 3, § 202a Rn. 4 unter Hinweis auf BTDrucks. 16/3656 S. 10; vgl. demgegenüber aber Heine, NStZ 2016, 441, 443), wobei dies im vorliegenden Fall zu keinen abweichenden Ergebnissen führen würde. Unter den so bestimmten Datenbegriff fallen nach ganz einhelliger Meinung auch Programmdaten, da sie aus einer Vielzahl von Daten zusammengefügt sind und nicht unmittelbar wahrnehmbare Informationen enthalten (vgl. nur MünchKommStGB/Graf, 3. Aufl., § 202a Rn. 12 f. mwN; hierzu auch BGH, Beschluss vom 21. Juli 2015 – 1 StR 16/15, NStZ 2016, 339; aA nur v. Gravenreuth , NStZ 1989, 201, 204).
32
b) Da die Daten sich auf einem für den Angeklagten fremden Speichermedium befanden und ihm kein Nutzungs- oder Zugriffsrecht für bzw. auf diese zustand, braucht der Senat nicht zu entscheiden, welcher einschränkender Kriterien es bedürfte, um eine Verfolgbarkeit allein inhaltlicher Unrichtigkeit von Daten zu verhindern und den Zusammenhang mit § 303 StGB zu wahren (vgl. Bär aaO Rn. 111 f.; Fischer aaO Rn. 4 f.; MünchKommStGB/Wieck-Noodt aaO Rn. 9 f.).
33
c) Ein Verändern liegt vor bei einem Herbeiführen von Funktionsbeeinträchtigungen der Daten, die eine Änderung ihres Informationsgehalts oder des Aussagewerts zur Folge haben (BT-Drucks. 10/5058, S. 35; Bär aaO Rn. 118; Bär in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 303a StGB Rn. 20; Heine NStZ 2016, 441, 443; LK-StGB/Wolff, 12. Aufl., § 303a Rn. 27; MünchKommStGB/Wieck-Noodt, aaO Rn. 15). Hierunter fällt – entsprechend der Definition in § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 BDSG (in der bis zum 24. Mai 2018 geltenden Fassung) – also jede Form der inhaltlichen Umgestaltung von gespeicherten Daten (LK-StGB/Wolff, 12. Aufl., § 303a Rn. 27; Altenhain in Matt/Renzikowski/Altenhain, § 303a Rn. 10; MünchKommStGB/Wieck-Noodt, 2. Aufl., § 303a Rn. 15), wobei es nicht darauf ankommt, ob diese eine objektive Verbesserung darstellt (Fischer aaO Rn. 12; Hilgendorf/Valerius, Computerund Internetstrafrecht, 2. Aufl., Rn. 589; MünchKommStGB/Wieck-Noodt, aaO Rn. 15; aA Altenhain in Matt/Renzikowski/Altenhain, StGB, § 303a Rn. 10). Entscheidend ist vielmehr, dass ein vom bisherigen abweichender Zustand herbeigeführt wird (BT-Drucks. 10/5058 S. 36 zu § 303b, aber unter Bezug auf § 303a; LK-StGB/Wolff aaO Rn. 27).
34
Durch das Hinzufügen der Einträge in der Registry-Datei und die damit verbundene Veränderung des in der Datei nt.user.dat hinterlegten Benutzerprofils , ist eine solche Funktionsbeeinträchtigung der Daten eingetreten. Denn die Schadsoftware startete beim Hochfahren des Rechners automatisch, ohne dass der Computernutzer hiervon Kenntnis bekam. Infolgedessen wurde ein ansonsten verschlossener Zugang zum Internet geöffnet, worüber das Computersystem Verbindung mit dem vom Angeklagten betriebenen Command-andControl -Server aufnahm und Informationen auf die Datenbank des Angeklagten übertrug. Vor der Hinzufügung dieser Einträge enthielt weder die zentrale Datenbank der betroffenen Computersysteme noch das in der Datei nt.user.dat hinterlegte Benutzerprofil die Information, dass die Programmkomponenten Zeus, TOR und cg.miner beim Hochfahren des Rechners automatisch gestartet werden. Zudem war der für die Verbindung zum Command-and-Control-Server genutzte Port für Verbindungen zum Internet durch die bisherige Konfiguration nicht freigegeben. Nach der Installation der Schadsoftware enthielten sie dagegen einen hiervon abweichenden Inhalt, dass nämlich diese Funktionen – das automatische Starten dieser Komponenten und damit auch die Verbindungsaufnahme zum Internet über einen ansonsten verschlossenen Zugang (vgl. zur Datenveränderung durch Öffnen eines ansonsten verschlossenen Ports Buggisch/Kerling, Kriminalistik 2006, 531, 536; Goeckenjan, wistra 2009, 47, 51; Heine aaO 444; vgl. auch Ernst, NJW 2003, 3233, 3238) – ausgeführt werden. Dadurch ist der Informationsgehalt dieser Dateien umgestaltet und mithin verändert worden.
35
Eine engere, diese Umgestaltung der auf den betroffenen Computersystemen enthaltenen, durch Daten verkörperten Informationen, nicht als Veränderung im Sinne des § 303a Abs. 1 StGB erfassende Auslegung würde dem Schutzzweck der Vorschrift nicht gerecht werden. Denn der Computernutzer betrieb ein Computersystem, welchem er nicht die Informationen gegeben hatte , die die durch die Schadsoftware bewirkten Funktionen, u.a. zum Betrieb eines Botnetzes (vgl. Bär in Graf/Jäger/Wittig aaO: Infektion des Rechners mit Schadsoftware zum Betrieb eines Botnetzes ist Verändern), zugelassen hätte. Sein Interesse an der unversehrten Nutzung des bisherigen Datenbestandes mit den von ihm bestimmten Beschränkungen, insbesondere dem geschlossenen Zugang zum Internet, ist durch die Hinzufügung der Funktionen beeinträchtigt.
36
Auf die Frage, ob ein Verändern von Daten im Sinne des § 303a Abs. 1 StGB auch vorliegt, wenn dem System durch die Installation eines Trojaners lediglich Daten hinzugefügt werden, ohne die vorhandenen (Bestands-)Daten zu verändern (dies verneinend: Hilgendorf/Valerius, Computer- und Internet- strafrecht, 2. Aufl., Rn. 597; Hilgendorf, JuS 1997, 323 [324 f.] und Altenhain aaO Rn. 10; vgl. auch Heine aaO S. 443), kommt es in Anbetracht der getroffenen Feststellungen nicht mehr entscheidungserheblich an.
37
2. Der Angeklagte hat sich tateinheitlich zu der Datenveränderung auch wegen Ausspähens von Daten nach § 202a StGB in 245.534 tateinheitlichen Fällen strafbar gemacht.
38
Gemäß § 202a Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer unbefugt sich oder einem anderen Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft. Die Vorschrift schützt das formelle Geheimhaltungsinteresse des Verfügungsberechtigten (BT-Drucks. 16/3656 S. 9; 10/5058 S. 29; MünchKommStGB/Graf aaO Rn. 2 mwN; Schönke/Schröder/Lenckner/ Eisele, StGB, 29. Aufl., § 202a Rn. 1; im Ergebnis auch Bär in Wabnitz/ Janowsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 4. Aufl., 14. Kapitel Rn. 72; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 202a Rn. 2; LK-StGB/Hilgendorf, 12. Aufl., § 202a Rn. 6; aA Haft NStZ 1987, 6, 9; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 28. Aufl., § 202a Rn. 1). Geschützt sind Daten durch die Vorschrift aber nur dann, wenn der Verfügungsberechtigte das Interesse an ihrer Geheimhaltung durch besondere Sicherungsvorkehrungen dokumentiert hat (BGH, Beschlüsse vom 21. Juli 2015 – 1 StR 16/15, NStZ 2016, 339 und vom 6. Juli 2010 – 4 StR 555/09, NStZ 2011, 154; Valerius in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht , 2. Aufl., § 202a Rn. 19; BeckOKStGB/Weidermann, § 202a Rn. 13; kritisch zur Dokumentation des Geheimhaltungsinteresses durch Sicherung, Dietrich NStZ 2011, 247).
39
a) Die Daten waren infolge der jeweils aktivierten Firewall im Sinne des § 202a Abs. 1 StGB gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert.
40
Um von einer Dokumentation an der Geheimhaltung der Daten ausgehen zu können, bedarf es einer zum Tatzeitpunkt bestehenden Zugangssicherung , die darauf angelegt sein muss, den Zugriff Dritter auf die Daten auszuschließen oder wenigstens nicht unerheblich zu erschweren. Darunter fallen insbesondere Schutzprogramme, die geeignet sind, unberechtigten Zugriff auf die auf einem Computer abgelegten Daten zu verhindern, und die nicht ohne fachspezifische Kenntnisse überwunden werden können und den Täter zu einer Zugangsart zwingen, die der Verfügungsberechtigte erkennbar verhindern wollte (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 6. Juli 2010 – 4 StR 555/09, NStZ 2011, 154 Rn. 6 und vom 21. Juli 2015 – 1 StR 16/15, NStZ 2016, 339 Rn. 8 f., jeweils mwN; BT-Drucks. 16/3656 S. 10; MünchKommStGB/Graf, 3. Aufl., § 202a Rn. 35 ff. mwN).
41
Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen (vgl. oben 1. d) verfügten 245.534 der betroffenen Computersysteme zum Tatzeitpunkt über eine aktivierte Firewall. Diese stellt eine solche besondere Sicherung gegen unberechtigten Zugang dar. Denn sie dient gerade der Verhinderung eines unberechtigten Eindringens in das Netzwerk von außen und des Zugriffs auf (Rechner-)Daten innerhalb des Netzes (vgl. dazu auch Schönke/ Schröder/Lenckner/Eisele, StGB, 29. Aufl., § 202a Rn. 14; Heghmanns in Achenbach/Ransiek/Rönnau, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 4. Aufl., 6. Teil Rn. 100; vgl. auch allgemein zu software-integrierten Sicherungen Bär aaO Rn. 79; Fischer aaO Rn. 9; MünchKommStGB/Graf aaO Rn. 45). Einen unkontrollierten Zugriff aus dem Internet auf den eigenen Rechner und mithin einen die jeweilige Firewall überwindenden Zugang wollten die Verfügungsberechtigten durch Verwendung einer solchen Sicherung erkennbar verhindern.
42
b) Der Angeklagte hat sich den Zugang zu den Daten auch durch die Überwindung gerade dieser Zugangssicherung verschafft, indem er die jeweils aktivierte Firewall mithilfe eines Trojaners umgangen hat. Denn erst durch den gezielten Einsatz eines Trojaners, der die Schadsoftware verbarg und den Computernutzer als Tatmittler glauben machte, er lade sich eine harmlose Musik -, Video oder Programmdatei herunter, tatsächlich aber unbewusst die Ausspähprogrammkomponenten installierte, konnten der Angeklagte und seine Mittäter die jeweilige Firewall überwinden und Zugang zu den Daten innerhalb des Netzes erlangen (dazu auch Bär aaO Rn. 83). Ohne diese Täuschungen der Computernutzer mittels des Trojaners wäre der Zugriff auf die Daten durch die Firewall verhindert worden, da durch diese eine eingehende Verbindungsanfrage des vom Angeklagten betriebenen Netzwerks abgelehnt worden wäre. Dieses Ergebnis korrespondiert auch mit einer Auslegung des Willens des Gesetzgebers , demzufolge Hacking-Angriffe mithilfe von Trojanern unter Strafe gestellt werden sollten (vgl. BT-Drucks. 16/3656 S. 9).
43
Durch die beschriebene Vorgehensweise hat der Angeklagte nicht nur das schon tatbestandsmäßige Verschaffen des bloßen Zugangs verwirklicht (vgl. BT-Drucks. 16/3656 S. 9), sondern zusätzlich sich die Daten selbst verschafft , was durch die Einträge in seiner Datenbank belegt wird.
44
c) Weder der Angeklagte noch seine Mittäter waren befugt im Sinne des § 202a StGB, da die ausgespähten Daten nicht zu ihrer Kenntnisnahme bestimmt waren (vgl. hierzu Fischer aaO Rn. 12 mwN; Valerius aaO Rn. 34; Gercke/Brunst, Praxishandbuch Internetstrafrecht, 2009, Rn. 100).
45
d) Ob der Tatbestand des § 202a StGB darüber hinaus auch durch Einsatz der Keyloggingfunktion erfüllt wurde, wie vom Landgericht angenommen, brauchte der Senat hier nicht zu entscheiden. Zweifel daran bestehen, zumal dem Landgericht aufgrund der enormen Datenmenge eine konkrete Zuordnung von gewonnenen, zuvor verschlüsselten Datensätzen nicht möglich war.
46
Die vom Landgericht angenommene zusätzliche Tatbestandsverwirklichung durch die Keyloggingfunktion hat sich bei der Strafzumessung auch nicht ausgewirkt. Soweit dort die „multimodale Verwendungsmöglichkeit“ durch den „Zugriff“ berücksichtigt wird, wirddies von den Feststellungen getragen, ohne dass es auf die weitere Tatbestandsmäßigkeit ankommt.
47
e) Die Annahme von Tateinheit zwischen der Datenveränderung und dem Ausspähen von Daten durch das Landgericht ist nicht zu beanstanden.

III.


48
Die Feststellungen des Landgerichts tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Computerbetruges in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten gemäß § 263a Abs. 1 und 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 269 Abs. 1 StGB durch Anmietung der Server unter unbefugter Verwendung von Nutzerdaten der Geschädigten allerdings nur in 16 statt – wie vom Landgericht ausgeurteilt – in 18 Fällen. Da insoweit im Hinblick auf den Zeitablauf auszuschließen ist, dass ergänzende, eine Strafbarkeit des Angeklagten tragende Feststellungen getroffen werden können, spricht der Senat den Angeklagten in diesen beiden Fällen aus tatsächlichen Gründen frei.
49
1. Das Landgericht hat sich in neun Fällen mit sachverständiger Hilfe davon überzeugt, dass die Zugangsdaten, nämlich Kundennummern bzw. Passwörter für die Internetprovider oder E-Mail-Adressen der Anschlussnutzer für diese Anmietungen aus der vom Angeklagten im Rahmen des Botnetzes betriebenen Datenbank stammen. Zu dieser Datenbank waren die übertragenen Daten vom infizierten Rechner übermittelt worden.
50
In neun weiteren Fällen konnten die für die Anmietung verwendeten Daten zwar nicht in dem Bestand aus 1,9 Milliarden Daten festgestellt werden. Dennoch hat sich die Strafkammer davon überzeugt, dass der Angeklagte die Server unter Verwendung der durch die Keylogging-Funktion erlangten Daten anmietete. Das hat sie darauf gestützt, dass die angemieteten Server als Infektionsserver genutzt worden seien und der Angeklagte über die Schadsoftware die Möglichkeit gehabt habe, an die verwendeten Zugangsdaten zu gelangen. Nur in sieben dieser Fälle sind der Name des Geschädigten und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt.
51
2. Dieser Schluss auf die Anmietung der Server unter Verwendung der vom Angeklagten mittels der Schadsoftware erlangten Daten ist allerdings nur insoweit tragfähig, als belegt wird, dass eine Anmietung unter Nutzung fremder Zugangsdaten überhaupt erfolgt ist. Soweit nämlich die Namen der Geschädigten bekannt sind, ist in der Zusammenschau ausreichend dargelegt, dass deren Zugangsdaten unbefugt zur Anmietung der Server verwendet worden sind.
52
In zwei Fällen – nämlich in den Fällen 3 und 18 der in den Urteilsgründen enthaltenen Tabelle (IP-Adressen und ) – ist dies allerdings nicht der Fall. Insoweit sind weder Feststellungen zu den Geschädigten , noch zu den Tatzeiten und entstandenen Schäden getroffen worden. Festgestellt ist neben der verwendeten IP-Adresse lediglich, dass in die- sen Fällen den nicht namhaft gemachten Computerinhabern eine Vermögensgefährdung bezüglich der Anmietkosten für vier Wochen entstanden sei.
53
Die Strafkammer legt hingegen nicht dar, woraus sie in diesen beiden Fällen den Schluss zieht, dass die Anmietung unter Nutzung fremder Zugangsdaten stattgefunden hat. Aus den Feststellungen für diese Fälle folgt zwar, dass der angemietete Server als Infektionsserver genutzt worden ist. Nachdem weder derjenige benannt werden konnte, dessen Daten verwendet worden sein sollen, noch festgestellt worden ist, dass den Providern ein tatsächlicher Schaden entstanden ist, kommt ebenso in Betracht, dass der Angeklagte diese Server unter Verwendung seiner Zugangsdaten angemietet und als Infektionsserver genutzt hat. Diese Möglichkeit wird von der Strafkammer nicht in den Blick genommen und infolgedessen auch nicht ausgeschlossen.
54
3. Eine Anmietung unter diesen Umständen stellt sich allerdings nicht als strafbar dar.
55
a) Danach hat der Angeklagte schon keine Daten im Sinne des § 263a Abs. 1 StGB unbefugt verwendet. Deswegen kommt es nicht mehr darauf an, dass die Höhe des eingetretenen Gefährdungsschadens in diesen beiden Fällen weder konkret festgestellt noch beziffert wird und damit die verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gewahrt sind (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08 Rn. 135 ff., insbesondere Rn. 150 [zu § 266 StGB], BVerfGE 126, 170 sowie BGH, Urteil vom 15. April 2015 – 1 StR 337/14, NStZ 2015, 514 [515] und Beschluss vom 4. Februar 2014 – 3 StR 347/13, NStZ 2014, 457, jeweils mwN).
56
b) Aber auch eine Fälschung beweiserheblicher Daten kann auf dieser Grundlage nicht angenommen werden. Denn die Speicherung oder Verände- rung beweiserheblicher Daten zur Täuschung im Rechtsverkehr ist danach nur strafbar, wenn bei Wahrnehmung der manipulierten Daten eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde. Gleiches gilt für den täuschenden Gebrauch derartiger Daten (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 13. Mai 2003 – 3 StR 128/03; NStZ-RR 2003, 265 und vom 16. April 2015 – 1 StR 490/14, NStZ 2016, 42). Diese Voraussetzungen sind für die zwei fraglichen Fälle hier nicht belegt.
57
c) Auch eine Strafbarkeit nach anderen Vorschriften kommt für die Anmietung der Server unter diesen Umständen nicht in Betracht.
58
4. Angesichts des Zeitablaufs seit der Anmietung der Server ist auszuschließen , dass weitergehende, den Angeklagten belastende Feststellungen getroffen werden können. Dies ergibt sich schon daraus, dass das Landgericht festgestellt hat, dass über die bekannten IP-Adressen keine Rückschlüsse mehr auf die Nutzer gezogen werden können. Andere Anhaltspunkte zur Erlangung von Informationen über die verwendeten Zugangsdaten bestehen nicht. Der Angeklagte war daher für diese beiden Fälle freizusprechen, § 354 Abs. 1 StPO.

IV.


59
1. Die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
60
Der Gesamtstrafausspruch konnte trotz der Aufhebung der für diese zwei Fälle verhängten Einzelstrafen von zweimal zehn Monaten infolge des Freispruchs bestehen bleiben. Angesichts der maßvollen Erhöhung der Ein- satzstrafe von zwei Jahren und den für die 16 verbliebenen Fälle des Computerbetruges in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten verhängten Einzelstrafen von jeweils zehn Monaten, konnte der Senat ausschließen, dass die Änderung des Schuldspruchs und der Wegfall von zwei Einzelstrafen in Höhe von jeweils zehn Monaten Einfluss auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe gehabt hätte.
61
2. Im Hinblick auf die überlange Dauer des Revisionsverfahrens, die der Angeklagte nicht zu vertreten hat, war anzuordnen, dass hinsichtlich der Gesamtfreiheitsstrafe ein Monat als vollstreckt gilt.

V.


62
Die Anordnung des Verfalls der 86 Bitcoins sowie weiterer 1.730 Bitcoins erweist sich – bezüglich letztgenannten dem Grunde nach – als rechtsfehlerfrei. Sie hat allein insoweit keinen Bestand als der Verfall der weiteren 1.730 Bitcoins der Höhe nach nicht auf einen Betrag von 432.500 Euro begrenzt ist. Diesen begrenzenden Ausspruch hat der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nachgeholt.
63
1. Hinsichtlich der Verfallsanordnung des Landgerichts kommt das vor dem 1. Juli 2017 geltende Recht zur Anwendung. Zwar finden ausweislich der einschlägigen Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (Art. 316h EGStGB) mit Inkrafttreten des Gesetzes auch für bereits laufende Verfahren grundsätzlich ausschließlich die neuen Regelungen Anwendung (vgl. dazu BT-Drucks. 18/11640, S. 84). Allerdings sind gemäß Art. 316h Satz 2 EGStGB die Vorschriften des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 nicht in Verfahren anzuwenden, in denen bis zum 1. Juli 2017 bereits eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist. Dies ist hier der Fall, sodass die seit dem 1. Juli 2017 geltenden Vorschriften keine Anwendung finden.
64
2. Das Landgericht ist rechtlich zutreffend davon ausgegangen, dass die Bitcoins aus der Tat, nämlich der Datenveränderung gemäß § 303a StGB erlangt wurden und gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 aF StGB dem Verfall unterliegen.
65
a) Die mittels des Botnetzes generierten Bitcoins sind im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 aF StGB aus der Tat erlangt. Aus der Tat sind danach alle Vermögenswerte erlangt, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (BGH, Urteile vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299 [309]; vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227 [246] und vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39 [45 f.]; Beschlüsse vom 13. Februar 2014 – 1 StR 336/13, wistra 2014, 354 [358] und vom 17. März 2016 – 1 StR 628/15, BGHR StGB § 73 Erlangtes 19).
66
Durch die Datenveränderung wurde auf dem betroffenen Computersystem eine Verbindung zum Command-and-Control-Server über das Internet hergestellt , die vor dem Eingriff durch die Schadsoftware nicht stattgefunden hätte und auch nicht möglich gewesen wäre. Diese Internetverbindung wurde genutzt , um nach 120 Sekunden Inaktivität durch den Computersystemnutzer die Rechnerleistung von dessen Grafikkarte für die Rechenoperationen zu nutzen, die dem Schürfen der Bitcoins dienten. Durch die Nutzung der Rechenleistung erwarb der Angeklagte auch nicht lediglich eine Chance zum Schürfen von Bitcoins , die er erst später realisierte (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 21. März 2002 – 5StR 138/01, BGHSt 47, 260 [269 f.]). Vielmehr flossen ihm die 1.816 Bitcoins ohne jeden weiteren Zwischenschritt, mithin unmittelbar durch die – wäh- rend der Nutzung der fremden Rechnerkapazitäten – andauernde Verwirklichung des Tatbestandes der Datenveränderung gemäß § 303a Abs. 1 StGB zu.
67
Erlangtes Etwas im Sinne der vorgenannten Vorschrift ist die Gesamtheit des materiell aus der Tat tatsächlich Erlangten (dazu BT-Drucks. 12/989, S. 23; vgl. auch Fischer, StGB, 64. Aufl., § 73 aF Rn. 8). Hiervon werden – ungeachtet ihrer Rechtsnatur (vgl. hierzu Goger, MMR 2016, 431 [432 f.]; Heine, NStZ 2016, 441, 444; Rückert, MMR 2016, 295 [296]; Spindler/Bille, WM 2014, 1357 [1363] jeweils mwN) – auch Bitcoins erfasst. Sie stellen angesichts ihres Marktwertes einen realisierbaren Vermögenswert dar, für den der Angeklagte sowohl materiell Berechtigter ist als auch die faktische Verfügungsgewalt (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 12. Mai 2009 – 4 StR 102/09, NStZ-RR 2009, 320 und vom 17. März 2016 – 1 StR 628/15, BGHR StGB § 73 Erlangtes 19) hat. Sie sind angesichts der Speicherung in der Blockchain und der Kombination aus öffentlichen und dem Angeklagten bekannten privaten Schlüssel der Wallet hinreichend abgrenzbar (vgl. hierzu Rückert aaO) und damit tauglicher, wenn auch nicht körperlicher Gegenstand einer Verfallsanordnung (Goger aaO; Heine aaO). Soweit dagegen geltend gemacht wird, Bitcoins könnten allein deswegen kein Verfallsgegenstand sein, da sie weder Sache noch Recht seien und deswegen der Wortlaut des § 73e aF StGB auf sie nicht anwendbar sei (Rückert aaO), kann dem nicht gefolgt werden. Die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 1 aF StGB enthält gerade keine solche Begrenzung auf Sachen oder Rechte (Fischer, StGB, 64. Aufl., § 73 aF Rn. 9; Heine aaO; Spindler/Bille aaO; vgl. auch BT-Drucks. 12/989, S. 23). § 73e aF StGB kommt demgegenüber keine einschränkende Wirkung zu.
68

b) Ob der private Schlüssel für die Wallet den Ermittlungsbehörden bekannt ist, hat auf die Möglichkeit der Anordnung des Verfalls keine Auswirkung. Die Kenntnis dieses Schlüssels ist zwar Voraussetzung, um die faktische Verfügungsgewalt über die Bitcoins zu übernehmen. Dies betrifft aber allein die Vollstreckung der Verfallsentscheidung, lässt hingegen die Anordnung des Verfalls unberührt (Heine aaO 445). Soweit der private Schlüssel zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Verfall nicht bekannt ist, ist für die Vollstreckung der Anordnung des Verfalls die Mitwirkung des Angeklagten erforderlich. Ob diese erfolgt, kann bei der Entscheidung nicht beurteilt werden, weswegen es für die Anordnungsvoraussetzungen darauf nicht ankommen kann. Es handelt sich vielmehr um eine reine Vollstreckungsfrage.
69
c) Ansprüche von Verletzten stehen der Verfallsanordnung nicht entgegen. Nachdem sich die Ansprüche auf Beseitigung der Datenveränderung nicht auf die Rückerstattung des durch die Tat Erlangten richten (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 73 aF Rn. 17), kommen insoweit nur Ansprüche von Verletzten in Betracht, die auf die Nutzung ihrer Grafikkarte für das Botnetz, also auf den hierdurch verbrauchten Strom bezogen sind. Da den betroffenen Computernutzern aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falls die Möglichkeit fehlt, einen solchen zivilrechtlichen Anspruch schlüssig behaupten zu können, ihnen mithin kein durchsetzbarer Anspruch erwachsen ist, steht § 73 Abs. 1 Satz 2 aF StGB der Verfallsanordnung nicht entgegen (vgl. hierzu Heine aaO mwN).
70
Regelungsziel dieser Vorschrift ist es, den Angeklagten vor einer doppelten Inanspruchnahme zu schützen und ihm die Mittel zu belassen, die er zur Erfüllung der Ansprüche des Verletzten benötigt (vgl. hierzu nur BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 – 3 StR 41/06, NStZ 2006, 680; Beschlüsse vom 10. November 2009 – 4 StR 443/09, NStZ 2010, 693 f. und vom 12. März 2015 – 2StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171). Sie steht also der Anordnung des Verfalls entgegen, wenn zumindest eine abstrakte Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme besteht (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 12. März 2015 – 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171). Eine solche abstrakte Gefahr besteht zwar auch, wenn die durch die Taten des Angeklagten Geschädigten nicht ermittelt werden konnten und deren Feststellung auch künftig nicht zu erwarten, mithin mit der Geltendmachung und Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen den Angeklagten nicht zu rechnen ist (BGH, Beschluss vom 25. Juli 2006 – 4 StR 223/06) oder die Geschädigten bisher tatsächlich untätig geblieben sind (BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 – 3 StR 41/06, NStZ 2006, 680; vgl. auch Beschluss vom 9. Dezember 2014 – 3 StR 438/14). Die Gefahr der doppelten Inanspruchnahme entfällt aber, wenn eine erfolgreiche Durchsetzung der Forderung aus Rechtsgründen ausgeschlossen werden kann (vgl. hierzu nur BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 – 3 StR 41/06, NStZ 2006, 621 zum Verzicht und zur Verjährung).
71
So liegt es hier. Den Geschädigten ist es nicht möglich, den ihnen entstandenen Schaden zu beziffern. Hierzu müssten sie den gerade durch die Nutzung ihrer Grafikkarte für das Botnetz verbrauchten Strom plausibel machen können. Dies scheitert bereits daran, dass sie wegen der Besonderheit der Tat nicht bestimmen können, wann dies der Fall war. Danach ist es nicht lediglich aus tatsächlichen Gründen nicht (mehr) zu erwarten, dass die Geschädigten keine Ansprüche mehr geltend machen. Vielmehr scheidet es nach der Rechtslage aus, dass es noch zu einer Erfüllung der Ersatzforderung der betroffenen Computernutzer kommen könnte. Da das Risiko einer zumindest theoretischen Doppelbeanspruchung danach nicht besteht, wäre es mit dem Zweck der anzuwendenden Verfallsvorschriften – Abschöpfung des Taterlöses – unvereinbar , in diesem Fall über die Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 aF StGB dem Angeklagten die Möglichkeit zu eröffnen, sich die aus der Tat verschafften Vorteile zu sichern (Heine aaO).
72
3. Allerdings ist infolge der Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 432.500 Euro bezüglich der weiteren 1.730 Bitcoins im ersten Rechtsgang nunmehr gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO die Anordnung des Verfalls der Höhe nach auf diesen Betrag zu beschränken.
73
Durch das aus der Vorschrift resultierende und von Amts wegen zu prüfende (BGH, Urteil vom 14. Oktober 1959 – 2 StR 291/59, BGHSt 14, 5 [7]; Beschluss vom 3. April 2013 – 3 StR 60/13, StV 2014, 466; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 358 Rn. 13) Verbot der Schlechterstellung darf das angefochtene Urteil in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte , zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Denn der Angeklagte soll bei seiner Entscheidung darüber, ob er von einem ihm zustehenden Rechtsmittel Gebrauch machen will, nicht durch die Besorgnis beeinträchtigt werden, es könne ihm durch die Einlegung eines Rechtsmittels ein Nachteil entstehen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 10. November 1999 – 3 StR 361/99, BGHSt 45, 308 [310] mwN).
74
Das Verschlechterungsverbot gilt auch für die Verfallsvorschriften (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 9. November 2010 – 4 StR 447/10, NStZ 2011, 229 und vom 6. Februar 2014 – 1 StR 577/13, wistra 2015, 29) und bewirkt, dass die Maßnahme im Falle einer Anordnung nicht über den ursprünglichen Gegenstand hinaus erweitert werden darf (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. September 2013 – 5 StR 258/13, NStZ 2014, 32 und vom 13. Januar 2010 – 2 StR 519/09, StraFo 2010, 207; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 331 Rn. 21; BeckOK StPO/Wiedner, 29. Ed., § 358 Rn. 24). Zwar bleibt die Vermögensabschöpfung auf die Bitcoins beschränkt und erfasst unmittelbar keinen darüber hinausgehenden Gegenstand. Das Entfallen der Wertgrenze für die Vermögensabschöpfung, die dem Angeklagten im ersten Rechtsgang als Begünstigung gewährt worden war, stellt aber nach der gebotenen faktischen Betrachtungsweise (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 28. August 2007 – 4 StR 212/07, StraFo 2007, 510) eine den Angeklagten – je nach volatiler Entwicklung der Bitcoins – möglicherweise ungleich stärker belastende und damit schwerere Rechtsfolge dar (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 13. Januar 2010 – 2 StR 519/09, StraFo 2010, 207 und vom 3. April 2013 – 3 StR 60/13, StV 2014, 466). Der Angeklagte durfte darauf vertrauen, dass die neuerliche Vermögensabschöpfung nicht über einen Betrag von 432.500 Euro hinausgeht.

VI.


75
Die Kostenfolge für den freisprechenden Teil ergibt sich aus § 467 Abs. 1 StPO. Die Kostenentscheidung im Übrigen beruht infolge des teilweisen Erfolgs des Rechtsmittels im Hinblick auf die Verfallsentscheidung auf § 473 Abs. 4 StPO.
Raum Graf Cirener Radtke Bär

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 76/12
vom
23. Mai 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 23. Mai 2012 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 19. Juli 2011 im Ausspruch über den Verfall und den erweiterten Verfall mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Des Weiteren hat es den erweiterten Verfall in Höhe von 10.725 € und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 245.000 € angeordnet. Hiergegen richtet sich die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Verfallsanordnungen; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen veräußerte der Angeklagte, der auch über die abgeurteilten Taten hinaus einen umfangreichen Kokainhandel betrieb, im September und Oktober 2009 aus drei Lieferungen 200, 500 und 400 g Kokainzubereitung zum Preis von mindestens 45 € pro Gramm (Taten II. 2, 3 und 5 der Urteilsgründe), wodurch er insgesamt 49.500 € erlöste. Am 18. November 2009 vereinbarte er mit einem Abnehmer die Lieferung von 500 g Kokainzubereitung. Das Rauschgift händigte der Angeklagte entweder selbst noch am selben Tag seinem Abnehmer gegen Erhalt einer Anzahlung auf den Kaufpreis aus, oder er ließ es am Folgetag, an dem der Angeklagte sich in den Libanon absetzte, durch einen „Geschäftspartner“ an den Abnehmer übergeben (Tat II. 7 der Urteilsgründe). Erlöse aus Kokaingeschäften verwendete der Angeklagte, um einem Bekannten ein Darlehen in Höhe von 100.000 € zu gewähren und um im September 2009 ein Fahrzeug BMW X 6 zum Preis von 73.500 € zu erwerben. Die anlässlich der Festnahme beim Angeklagten und in der Wohnung seiner geschiedenen Ehefrau aufgefundenen Bargeldbeträge von insgesamt 10.725 € rühren ebenfalls aus dem vom Angeklagten betriebenen Kokainhandel her.
3
Den Verfall von Wertersatz hat die Strafkammer in Höhe der für die abgeurteilten Taten errechneten Erlöse zuzüglich der für die Gewährung des Darlehens und den Erwerb des Fahrzeugs verwendeten Beträge angeordnet. Hinsichtlich der sichergestellten Bargeldbeträge hat es auf den erweiterten Verfall erkannt.

II.


4
Die Anordnung von Verfall und erweitertem Verfall im angefochtenen Urteil hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Annahme des Landgerichts , der Angeklagte habe aus der Tat II. 7 der Urteilsgründe 22.500 € erlangt, wird von den Feststellungen nicht getragen. Ferner hat die Strafkammer das Verhältnis von § 73 StGB zu § 73a StGB und die Unterschiede in den Anordnungsvoraussetzungen für den Verfall und erweiterten Verfall nicht hinreichend beachtet.
5
1. Soweit das Landgericht bei der Berechnung des Wertersatzverfalls davon ausgegangen ist, der Angeklagte habe aus der Tat II. 7 der Urteilsgründe 22.500 € erlangt, wird dies von den Urteilsfeststellungen nicht getragen. Die Strafkammer hat nicht auszuschließen vermocht, dass das vom Angeklagten am 18. November 2009 abgesprochene Kokaingeschäft erst am Folgetag, als sich der Angeklagte in den Libanon absetzte, durch einen Geschäftspartner des Angeklagten abgewickelt wurde. Dass der Angeklagte selbst eine Gegenleistung erhielt oder an einem von seinem Geschäftspartner entgegengenommenen Erlös eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht erlangte (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39 Tz. 19 f.), lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen.
6
2. a) Bei der Anordnung des Verfalls nach § 73 StGB muss die Tat, für die oder aus der etwas erlangt worden ist, Gegenstand der Verurteilung sein (vgl. BGH, Beschluss vom 20. April 2010 - 4 StR 119/10, NStZ-RR 2010, 255). Dem Verfall unterliegt dabei das, was unmittelbar für die oder aus der abgeurteilten Tat erlangt worden ist. Soweit ein Zugriff auf das unmittelbar Erlangte nicht (mehr) möglich ist und von einem Verfall eines Ersatzgegenstandes ge- mäß § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB abgesehen wird, ist nach § 73a Satz 1 StGB der Verfall eines Geldbetrages anzuordnen, der dem Wert des Erlangten entspricht (Wertersatzverfall). Findet der erweiterte Verfall Anwendung, weil der Angeklagte wegen einer Tat verurteilt wird, für die das Gesetz (hier: § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG i.V.m. § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) auf die Vorschrift des § 73d StGB verweist , erstreckt sich der Verfall auf Vermögensgegenstände des Angeklagten, die unmittelbar für oder aus rechtswidrigen Taten erlangt worden sind, ohne dass diese Taten im Einzelnen festgestellt werden müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 1994 - 4 StR 516/94, BGHSt 40, 371, 373). Als Verfallsgegenstände erfasst werden alle im Sinne des § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB aus rechtswidrigen Taten herrührenden Gegenstände oder deren Surrogate gemäß § 73d Abs. 1 Satz 3, § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB, die bei Begehung der den erweiterten Verfall eröffnenden Anknüpfungstat im Vermögen des Angeklagten vorhanden waren (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Strafrechtsänderungsgesetz - Erweiterter Verfall -, BT-Drucks. 11/6623 S. 8; BGH, Beschlüsse vom 1. Juli 2004 - 4 StR 226/04, StraFo 2004, 394; vom 7. Januar 2003 - 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422, 423; Urteil vom 9. Mai 2001 - 3 StR 541/00, BGHR StGB § 73d Gegenstände 4). Ist der Verfall eines bestimmten Gegenstandes nach der Anknüpfungstat ganz oder teilweise unmöglich geworden, ist nach § 73d Abs. 2 StGB in entsprechender Anwendung des § 73a StGB auf Wertersatzverfall in Höhe des Wertes des ursprünglich dem erweiterten Verfall unterliegenden Gegenstandes zu erkennen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 2001 - 3 StR 541/00, aaO). Im Verhältnis zur Verfallsanordnung nach § 73 StGB ist der erweiterte Verfall gemäß § 73d Abs. 1 StGB subsidiär. Die Anordnung des § 73d StGB setzt daher voraus, dass nach Ausschöpfung aller Beweismittel nicht festgestellt werden kann, dass die aus oder für rechtswidrige Taten erlangten Gegenstände aus solchen Taten herrühren, die Gegenstand der Verurteilung sind (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2011 - 3 StR 144/11, BGHR StGB § 73d Anwendungsbereich 3).
7
b) Das Landgericht hat die zutreffend ermittelten Erlöse aus den Taten II. 2, 3 und 5 der Urteilsgründe in Höhe von insgesamt 49.500 € in voller Höhe der Anordnung des Wertersatzverfalls zugrunde gelegt. Nach den Feststellungen , die zur Herkunft der beim Angeklagten und in der Wohnung seiner geschiedenen Ehefrau sichergestellten Bargeldbeträge getroffen worden sind, bleibt indes die Möglichkeit offen, dass diese Geldscheine ganz oder zum Teil aus den abgeurteilten Taten stammen. In diesem Fall wäre der Verfall der betreffenden Geldscheine und ein um deren Wert verminderter Wertersatzverfall anzuordnen gewesen. Soweit die sichergestellten Bargeldbeträge unmittelbar aus den abgeurteilten Taten erlangt wurden, scheidet die Anordnung des erweiterten Verfalls aus.
8
c) Da das Landgericht nicht festgestellt hat, wann der Angeklagte im September 2009 das Fahrzeug BMW X 6 erwarb, ist nach der Sachverhaltsschilderung im angefochtenen Urteil nicht auszuschließen, dass auch Erlöse aus der Tat II. 2 der Urteilsgründe für den Erwerb verwendet wurden. Bei dieser Konstellation hätte die Strafkammer, worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist, die betreffenden Erlösanteile bei ihrer Berechnung des Wertersatzverfalls doppelt erfasst. Soweit für den Fahrzeugerwerb Erlöse aus Kokaingeschäften Verwendung fanden, die nicht Gegenstand der Verurteilung sind, ist allein die Möglichkeit des erweiterten Verfalls eröffnet. Dies setzt aber nähere tatsächliche Feststellungen zu den insoweit bei der Begehung der Anknüpfungstaten noch im Vermögen des Angeklagten vorhandenen Vermögensgegenständen voraus, die das Landgericht nicht getroffen hat. Bei einem Fahrzeugerwerb vor der ersten Anknüpfungstat käme als Gegenstand einer Verfallsanordnung nur das Fahrzeug selbst als Surrogat der ursprünglich rechtswidrig erlangten Erlöse (vgl. BGH, Urteile vom 7. Juli 2004 - 1 StR 115/04; vom 9. Mai 2001 - 3 StR 541/00, aaO) in Betracht.
9
d) Hinsichtlich der für die Darlehensgewährung an einen Bekannten verwendeten Gelder ist die Strafkammer davon ausgegangen, dass diese aus Kokaingeschäften stammten, die der Angeklagte vor den hier abgeurteilten Taten durchführte. Damit scheidet aber eine Verfallsanordnung nach §§ 73, 73a StGB aus. Die vom Generalbundesanwalt beantragte Abänderung in eine Anordnung des erweiterten Verfalls kann der Senat nicht vornehmen, da das Landgericht auch insoweit nicht festgestellt hat, welche bestimmten Gegenstände zum Zeitpunkt der Begehung der Anknüpfungstaten im Vermögen des Angeklagten vorhanden waren. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen lässt sich daher der mögliche Gegenstand einer Verfallsanordnung nach § 73d StGB nicht bestimmen.
10
3. Die Anordnung des Verfalls und des erweiterten Verfalls bedarf daher einer neuen tatrichterlichen Verhandlung und Entscheidung. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die auf § 353 Abs. 2 StPO beruhende Aufhebung der den Verfallsentscheidungen zuzuordnenden Feststellungen nicht die sogenannten doppelrelevanten Tatsachen erfasst, die auch den Schuld- oder Strafausspruch tragen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., Einleitung Rn. 187 und § 353 Rn. 20). Insoweit sind nur ergänzende Feststellungen zulässig, die den bindend gewordenen nicht widersprechen dürfen.
Ernemann Roggenbuck Mutzbauer
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 119/10
vom
20. April 2010
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführerin am 20. April 2010 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 18. November 2009
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt wird,
b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Ferner hat es gegen sie den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 7.419,72 € angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich die Angeklagte mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung der Angeklagten im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen tateinheitlichen - täterschaftlich begangenen - unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3
Nach den Feststellungen begleitete die Angeklagte ihren damaligen Lebensgefährten B. bei einer Fahrt in die Niederlande. Ihr war dabei bekannt, dass B. dort Betäubungsmittel kaufen wollte, um diese in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen und dort gewinnbringend weiter zu veräußern. Sie wusste weiterhin, dass B. sie mitnahm, um bei dem Grenzübertritt nicht aufzufallen. In den Niederlanden erwarb B. 50 g Kokaingemisch, das er - wie geplant - in Begleitung der Angeklagten in das Bundesgebiet einführte und in der Folge dort verkaufte.
4
Diese Feststellungen belegen nicht täterschaftliches Handeltreiben der Angeklagten. Sie hatte danach weder Einfluss auf den Erwerb der Betäubungsmittel noch auf deren Weiterverkauf. Die Tätigkeit der Angeklagten erschöpfte sich darin, B. bei der Einfuhr der Betäubungsmittel durch ihre Anwesenheit zu unterstützen. Ihr Tatbeitrag ist somit rechtlich nicht als täterschaft- liches Handeltreiben, sondern als Beihilfe zu dem Handeltreiben des B. zu werten (vgl. auch BGHSt 51, 219, 223 Rn. 11). Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab.
5
2. Auch der Rechtsfolgenausspruch kann keinen Bestand haben.
6
a) Bei der Bemessung der Einzelstrafen hat das Landgericht straferschwerend berücksichtigt, dass die Angeklagte den Handel mit Betäubungsmitteln "aus reinem Gewinnstreben betrieben hat, ohne sich etwa aufgrund eigener Sucht zum Verkauf von Drogen gezwungen zu sehen". Dies verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB (Senat, Beschluss vom 7. November 2000 - 4 StR 456/00 m.w.N.), zumal das Landgericht festgestellt hat, dass die Angeklagte ab dem Tode ihres Vaters im Januar 2008, das heißt im Tatzeitraum, Drogen konsumiert hat. In Anbetracht dessen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Erlöse aus den Drogenverkäufen jedenfalls auch der Finanzierung des eigenen Betäubungsmittelkonsums gedient haben (vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. September 2009 - 3 StR 294/09). Der Senat hebt daher die Einzelstrafen und den Ausspruch über die Gesamtstrafe auf, da - trotz der verhängten maßvollen Strafen - nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Landgericht ohne den aufgezeigten Rechtsfehler auf mildere Freiheitsstrafen erkannt hätte.
7
b) Zur Verfallsentscheidung hat das Landgericht ausgeführt, der Verfall des bei der Angeklagten sichergestellten Geldes (insgesamt 6.070,00 €) sowie des aus der Verwertung eines sichergestellten Pkw's der Angeklagten erzielten Erlöses von 1.349,72 € sei "gemäß § 73 StGB" anzuordnen, da davon auszugehen sei, dass sie dieses Geld durch die Veräußerung von Kokain erlangt habe. Die Angeklagte, deren sonstigen Einnahmen nach eigenen Angaben nicht zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts ausgereicht hätten, habe keine plausible Erklärung vorbringen können, auf welche andere Weise sie in den Besitz des Geldes gekommen sei.
8
Diese Ausführungen lassen bereits besorgen, dass das Landgericht das Verhältnis zwischen § 73 StGB (Verfall) und § 73 d StGB (erweiterter Verfall) nicht bedacht hat. Bei § 73 StGB muss die Tat, für die oder aus der etwas erlangt worden ist, Gegenstand der Verurteilung sein, das heißt, das Gericht muss zur Überzeugung gelangen, dass der Täter für oder aus der/den ausgeurteilten Tat(en) etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt hat. § 73 d StGB regelt demgegenüber den Fall, dass der Täter über Vermögensgegenstände verfügt, die nach Überzeugung des Gerichts (vgl. hierzu BGHSt 40, 371, 373) für oder aus anderen rechtswidrigen Taten erlangt worden sind. Die Bestimmung des § 73 d StGB ist dabei gegenüber der des § 73 StGB subsidiär (h.M.; vgl. nur Senat, Urteil vom 11. Dezember 2008 - 4 StR 386/08 m.w.N.). Vor einer Anwendung des § 73 d StGB muss daher unter Ausschöpfung der zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden können, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind (Senat aaO).
9
Im Übrigen unterliegt dem Verfall - sei es nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB oder nach § 73 d Abs. 1 Satz 1 StGB - stets nur das, was unmittelbar aus der oder für die Tat erlangt worden ist. Bei der Anordnung des Verfalles sichergestellten Dealgeldes muss es sich daher um die nämlichen Geldscheine handeln, die durch die Drogenverkäufe erlangt worden sind. Befinden sich diese nicht mehr im Besitz des Täters, ist ihr Verfall somit aus tätsächlichen Gründen nicht (mehr) möglich, kommt gemäß § 73 a Satz 1 StGB die Anordnung eines Geldbetrages in Betracht, der dem Wert des Erlangten entspricht (Wertersatzverfall). Hierbei ist - vorbehaltlich einer Anwendung der Härtevorschrift des § 73 c StGB - unter Zugrundelegung des Bruttoprinzips (vgl. hierzu Fischer StGB 57. Aufl. § 73 Rn. 7) auf den aus den Drogenverkäufen erlangten Gesamterlös abzustellen.
10
Die Sache bedarf daher auch zur Verfallsentscheidung neuer Verhandlung und Entscheidung.
VRi'inBGH Dr. Tepperwien Athing Ernemann ist infolge Urlaubs gehindert zu unterschreiben Athing Cierniak Mutzbauer

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 336/11
vom
19. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
18. Oktober 2011, in der Sitzung am 19. Oktober 2011, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack,
der Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Richterin am Landgericht - in der Verhandlung -,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung -
als Verteidiger,
Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 11. Februar 2011
a) im Strafausspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt wird, und
b) im Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts München II zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in elf Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Erbringen von Finanzdienstleistungen (§ 54 Abs. 1 Nr. 2, § 32 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 5 KWG) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Diese beträgt nach der Urteils- formel in der Sitzungsniederschrift drei Jahre und neun Monate, nach Tenor und Entscheidungsgründen der Urteilsurkunde drei Jahre und sechs Monate. Mit Beschluss vom 9. Juni 2011 hat das Landgericht Tenor und Urteilsgründe dahingehend berichtigt, dass die ausgesprochene Gesamtfreiheitsstrafe auf drei Jahre und neun Monate laute; es handle sich um ein offensichtliches Schreibversehen.
2
Das Landgericht hat ferner festgestellt, dass in Höhe eines Betrages von 210.613,82 € lediglich deshalb nicht auf Verfall erkannt werde, weil Ansprüche von Verletzten i.S.d. § 73 Abs.1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
3
Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat im tenorierten Umfang Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.

I.

4
Nach den Feststellungen des Landgerichts vermittelte der Angeklagte für den in den Vereinigten Staaten ansässigen E. Finanzprodukte, bei denen Anlegerauf der Grundlage eines Darlehensvertrages und einer von E. in Form eines Schuldscheins abgegebenen Rückzahlungsgarantie Geldbeträge unmittelbar auf Konten des E. überwiesen in der täuschungsbedingt irrigen Annahme, das Geld werde gewinnbringend angelegt. Tatsächlich erfolgte keine Geldanlage, sondern E. betrieb ein umfangreiches Schneeballsystem, in dem er „Ausschüttungen und Provisionszahlungen aus den Einlagen weiterer Anleger“ (UA S. 3) bediente. Die Anleger überwiesen die Anlagebeträge jeweils direkt auf Konten des E. , die „Provisionen wurden von E. anden Ange- klagten ausgekehrt“ (UA S. 6). Obwohl der Angeklagte seit März 2007 billigend in Kauf nahm, dass E. in dieser Weise verfährt und daher jedem Anleger der Totalverlust seiner Anlage droht, und obwohl ihm bewusst war, dass er keine Erlaubnis für Drittstaateneinlagenvermittlung nach § 32 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 5 KWG hatte, vermittelte er selbst an zehn, über Untervermittler an weitere 21 Geschädigte das von E. angebotenen „Finanzprodukt“. Die Vermittler bereicherten sich an dem von ihnen unmittelbar oder über Untervermittler mittelbar eingeworbenen Geldern in Form der ihnen zugeflossenen Provisionen (UA S. 6).
5
Die Strafkammer hat dies als elf tatmehrheitliche Fälle des Betruges gewertet (soweit sich der Angeklagte Untervermittler bediente, die er nicht über die von ihm erkannte Möglichkeit eines Totalverlustes für die Anleger informierte, ging die Strafkammer von einer Betrugstat aus), diese jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Erbringen von Finanzdienstleistungen.

II.

6
Die Revision hat mit zulässig erhobener Verfahrensrüge wegen des Widerspruchs zwischen der Urteilsformel und den Urteilsgründen hinsichtlich des Gesamtstrafausspruchs Erfolg.
7
Die in der verkündeten Urteilsformel genannte Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten kann nicht bestehen bleiben.
8
Der Berichtigungsbeschluss vom 9. Juni 2011 ist unwirksam, denn das vom Landgericht angeführte Schreibversehen ist nicht offensichtlich. Enthalten die Urteilsgründe - wie hier - für sich genommen rechtlich einwandfreie Strafzumessungserwägungen kann ein die Strafhöhe betreffender Widerspruch zwischen der verkündeten Urteilsformel und Urteilsformel sowie -gründen des schriftlichen Urteils nicht als offenkundiges, für alle klar zu Tage tretendes Fassungsversehen aufgefasst werden, das einer nachträglichen Berichtigung zugänglich wäre (BGH, Beschluss vom 25. Mai 2007 - 1 StR 223/07 mwN). Es liegt auch keine Fallgestaltung vor, bei der ohne Weiteres deutlich wird, dass der Tatrichter seine Ausführungen zur Strafzumessung in Wirklichkeit nicht auf die im schriftlichen Urteil, sondern auf die verkündete Urteilsformel bezeichnete Strafe bezogen hat und dass diese Strafe trotz der anders lautenden Urteilsgründe dem Beratungsergebnis entspricht (BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 4 StR 196/11 mwN).
9
Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, nötigt die bestehende Divergenz zwischen der Urteilsformel in dem allein maßgeblichen Sitzungsprotokoll (§ 274 StPO; vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2001 - 2 StR 42/01; BGH, Beschluss vom 4. Februar 1986 - 1 StR 643/85) und den Urteilsgründen nicht stets zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung. Der Senat kann hier ausschließen, dass das Tatgericht auf eine noch niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe als die von drei Jahren und sechs Monaten erkannt hätte, so dass der Senat auf diese niedrigere der beiden Strafen durcherkennt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2009 - 4 StR 340/09 mwN).

III.

10
Der Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO ist auf die Sachrüge aufzuheben, da er von den Feststellungen nicht getragen wird. Einer Erörterung der insoweit erhobenen Verfahrensrüge bedarf es nicht.
11
1. Voraussetzung für die Anwendung des § 111i Abs. 2 StPO ist, dass das Gericht nur deshalb nicht auf Verfall, Verfall von Wertersatz oder erweiterten Verfall erkannt hat, weil Ansprüche eines Verletzten i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hindert eine Verfallsentscheidung aber nur dann, wenn der Täter oder Teilnehmer „aus der Tat” einen Vermögensvorteil erlangt hat und Gegenansprüche eines Verletzten bestehen; das „für die Tat” Erlangte unterliegt schon nach dem Gesetzeswortlaut dem Verfall hingegen ohne Rücksicht auf Ansprüche Verletzter (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2010 - 4 StR 447/10 mwN; BGH, Urteil vom 8. Juni 1999 - 1 StR 210/99).
12
Die insoweit unklaren Feststellungen des Landgerichts erlauben dem Revisionsgericht nicht die Überprüfung, ob die dem Angeklagten im Tatzeitraum zugeflossenen Provisionen aus den zur Aburteilung gelangten Straftaten stam- men. „Aus der Tat” sind diejenigen Vermögenswerte erlangt, die dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen sind (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 66; BGH, Urteil vom 22. Oktober 2002 - 1 StR 169/02; BGH, Beschluss vom 28. November 2000 - 5 StR 371/00). Um Vorteile „für die Tat” handelt es sich demgegenüber, wenn dieVermögenswerte dem Täter als Gegenleistung für sein rechtswidriges Tun gewährt werden, etwa wenn ein Lohn für die Tatbegehung gezahlt wird (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 2002 - 1 StR 169/02 mwN).
13
Ausgehend hiervon erweist sich die Formulierung in den Urteilsgründen, die Provisionen seien „aus der Tat des Angeklagten“ erlangt, weil sie „Entgelt für seine Vermittlungstätigkeit“ seien (UA S. 33), als widersprüchlich.
14
Dass die vom Angeklagten und dessen Untervermittlern geworbenen „Anleger“ das Geld jeweils direkt auf Konten des E. einbezahlthaben, steht der Annahme, dass die dann von E. an den Angeklagten „ausgekehrten“ (UA S. 6) Provisionen „aus der Tat“ stammen, grundsätzlich nicht entgegen. Denn Vermögenswerte sind nicht nur dann aus einer Tat erlangt, wenn sie dem Täter vom Opfer ohne weiteren Zwischenschritt zufließen. Dies ist auch gegeben, wenn der Vermögenswert zunächst - unbeschadet der zivilrechtlichen Besitzund Eigentumsverhältnisse - nur einem anderen Tatbeteiligten zufließt (vgl.
BGH, Urteil vom 22. Oktober 2002 - 1 StR 169/02; BGH, Urteil vom 12. August 2003 - 1 StR 127/03).
15
Der Senat neigt zu der Auffassung, dass das Erlangte auch dann aus der Tat stammt, wenn die den einzelnen Tatbeteiligten zugeflossenen Vermögens- werte aus einer in sich zwar nicht mehr differenzierbaren, aber mit „Gruppenwillen“ für alle Tatbeteiligten „gesammelten“ Gesamtmenge durch Betrug erlangter Vermögenswerte (dann als Teil der „Tatbeute“, vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 23. April 2009 - 5 StR 401/08) entnommen werden.
16
Gewichtiges aber nicht einziges Indiz hierfür wäre, wenn E. die Provi- sionszahlungen jeweils zeitnah zur Einzahlung der an ihn gezahlten „Anlegergelder“ gezahlt hätte. Feststellungen hierzu trifft die Strafkammer nicht und auch die Formulierungen in den Urteilsgründen, wonach E. die Provisionen aus den „Einlagen weiterer Anleger“ (UA S. 3) bediente und sich die Vermittler „an dem von ihnen unmittelbar oder im Rahmen der Hierarchiestufen mittelbar eingeworbenen Geld“ bereicherten (UA S. 6), belegen ein Erlangen „aus der Tat“ nicht hinreichend.
17
Sollte E. - was nach den genannten Formulierungen ebenfalls möglich erscheint - die Provisionen hingegen aus verschiedenartig erzielten Gesamteinnahmen (weil er beispielsweise nicht nur ein „Vermittlersystem“, dessen „Teil“ der Angeklagte war - vgl. UA S. 6 -, für sein betrügerisches Schneeballsystem einsetzte) auskehren, erwiesen sich die an den Angeklagten gezahlten Provisionen sowohl hinsichtlich des vom Angeklagten begangenen Betruges als auch hinsichtlich seiner unerlaubten Vermittlung von Finanzdienstleistungen als Zah- lung einer versprochenen Belohnung, wären mithin „für die Tat“ und nicht „aus der Tat“ erlangt.
18
2. Diese Unklarheit nötigt zur Aufhebung des Ausspruchs nach § 111i Abs. 2 StPO mitsamt den zugrunde liegenden Feststellungen, um darüber neu zu entscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2010 - 4 StR 447/10 mwN). Die Sache ist deshalb insoweit zurückzuverweisen, da der Senat die erforderlichen Feststellungen nicht selbst treffen kann.
19
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat ergänzend darauf hin, dass eine Anordnung des Verfalls von Wertersatz nach §§ 73, 73a StGB für Erlöse aus nicht zur Aburteilung gelangten (z.B. weil nach § 154 StPO von der Verfolgung ausgenommene) Straftaten unzulässig ist (BGH, Beschluss vom 7. Januar 2003 - 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422), dementsprechend sich auch der Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO hinsichtlich solcher Provisionseinnahmen verbietet.
20
In Betracht käme - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist - hinsichtlich der gewerbsmäßig begangenen Betrugstaten - eine Anordnung von erweitertem Verfall gemäß § 73d StPO (vgl. § 263 Abs. 7 Satz 2 StGB). Nach dieser Vorschrift können Gegenstände eines an der rechtswidrigen Tat Beteiligten bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift für verfallen erklärt werden, wenn das Tatgericht davon überzeugt ist, dass die von der Verfallsanordnung erfassten Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen unmittelbar erlangt worden sind, ohne dass diese im Einzelnen festgestellt werden müssen (BGH, Beschluss vom 7. Juli 2011 - 3 StR 144/11 mwN; BGH, Beschluss vom 22. November 1994 - 4 StR 516/94, BGHSt 40, 371; BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95; weitere Nachweise bei Fischer, StGB, 58. Aufl., § 73d Rn. 5). An die tatrichterliche Überzeugung dürfen dabei keine überspannten Anforderungen gestellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2004 - 1 StR 115/04), jedoch genügt allein der Hinweis nicht, dass „die Vermitt- lungstätigkeit insgesamt […] nach § 54 Abs. 1Nr. 2, § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG Gegenstand der Strafverfolgung“ sei (UA S. 33), zumal die Strafvorschriften nach dem KWG nicht auf § 73d StGB verweisen.
21
Der neue Tatrichter wird ferner Gelegenheit haben, zu berücksichtigen, dass jedenfalls die vom Angeklagten geleisteten Entschädigungszahlungen an die Tatopfer nach § 111i Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 StPO bei der Bemessung des „Erlangten“ in Abzug zu bringen sind. Insoweit führt der Generalbundesanwalt zu- treffend aus: „Der Angeklagte hat jedoch die Tatopfer […] teilweise befriedigt, so dass insoweit ein krimineller Gewinn, der im Wege der Vermögensabschöpfung dem Angeklagten zu entziehen wäre, nicht mehr vorhanden ist. […] Die Überlegung der Strafkammer, wonach die bestehenden Schadensersatzansprüche die Entschädigungsleistungen übersteigen, hindert deren Abzugsfähigkeit nicht. Die Vorschriften des Verfalls dienen der Korrektur von Vermögensverschiebungen aufgrund von Straftaten und nicht insgesamt der Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche.“

IV.

22
Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils (dazu 1. und 2.) hat keinen weiteren den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben, auch die weitergehende Verfahrensrüge (dazu nachfolgend 3.) zeigt einen solchen nicht auf.
23
1. Die rechtsfehlerfreien Feststellungen tragen den Schuldspruch. Durch die aufgrund täuschungsbedingten Irrtums erfolgte Überweisung eines Anlagebetrages an E. erlitten die Geschädigten einen Schaden in Höhe der vollen Anlagesumme, weil die getätigte Anlage für sie wirtschaftlich völlig wertlos und verloren war; dieser Schaden wird nicht kompensiert durch die ungewisse - per se wertlose - Aussicht, möglicherweise Rückzahlungen aus den von E. zum Nachteil anderer begangenen Straftaten erlangten Geldern zu erhalten (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08; BGH, Beschluss vom 7. März 2006 - 1 StR 379/05). Der Strafzumessung hat die Strafkammer - zutreffend - die Differenz aus der Anlagesumme und den von E. geleisteten Zah- lungen als „letztlich verbleibenden“ Schaden zugrunde gelegt.
24
2. Die Bemessung der Einzelstrafen weist auch darüber hinaus im Ergebnis keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Das Vorliegen eines von der Strafkammer der Strafbemessung jeweils zugrunde gelegten besonders schweren Falles des Betruges i.S.d. § 263 Abs. 3 StGB - der Angeklagte handelte sowohl gewerbsmäßig als auch in der Absicht, eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen - wird durch die Feststellungen belegt und ist vorliegend derart offenkundig, dass es näherer Ausführungen dazu, ob die Indizwirkung eines Regelbeispiels durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet worden sein könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2011 - 1 StR 116/11 mwN), nicht bedurfte.
25
Soweit die Strafkammer - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat - übersehen hat, dass hinsichtlich einzelner von Untervermittlern geworbener Geschädigter das Verfahren gemäß § 154a StPO beschränkt und nicht wieder aufgenommen worden war, schließt der Senat angesichts des insoweit festgestellten Gesamtschadens (ca. 845.000 €, 24.000 € davon von Verfahrenseinstellung betroffen) aus, dass die Kammer eine noch mildere als die Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt hätte.
26
3. Soweit die Revision eine Verletzung des § 244 Abs. 6 StPO mit dem Vortrag geltend macht, ein Beweisantrag sei nicht verbeschieden worden, ist ihr der Erfolg versagt. Im Hinblick darauf, dass die Revision nicht mitteilt, dass dem Antrag durch Verlesung einer E-Mail teilweise entsprochen wurde, bestehen schon erhebliche Bedenken, ob diese Rüge den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt (vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 1. April 2004 - 1 StR 101/04). Das Urteil kann aber jedenfalls nicht auf dem gerügten Rechtsfehler beruhen.
27
Mit dem Beweisantrag suchte die Verteidigung unter Beweis zu stellen, dass der Angeklagte die von ihm eingeschalteten Untervermittler nicht getäuscht habe. So habe der Angeklagte Untervermittler über Warnungen der Bayerischen Landesbank aufgeklärt und gegenüber dem Vermittler P. erklärt, dass er - der Angeklagte - „nicht bereit sei, irgendwelche Leute zu dem Investment zu drän- gen“ (RB S.13). Die Verteidigung hat u.a. die Einvernahme zweier Zeugen beantragt , die nach Warnhinweisen, allerdings von Banken, nicht mehr bereit gewesen seien, mit dem Vermittler P. abgeschlossene Verträge zu erfüllen und diesem gegenüber erklärt hätten, sie wollten die Verträge stornieren, was auch passiert sei. Die Revision macht - der Sache nach zutreffend - geltend, die Strafkammer habe weder die benannten Zeugen vernommen, noch den Antrag abschlägig durch Beschluss verbeschieden.
28
Der Revision ist darin zuzustimmen, dass dieser Antrag, wenn ihm die Strafkammer nicht nachgehen will und er sich nicht sonst erledigt hat (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2009 - 5 StR 191/09; BGH, Beschluss vom 7. April 2005 - 5 StR 532/04; BGH, Beschluss vom 3. Juni 1992 - 5 StR 175/92), eines ablehnenden Beschlusses gemäß § 244 Abs. 6 StPO bedurft hätte. Zwar ermangelt es dem Antrag an einer Darlegung, inwieweit die benannten Zeugen zu behaupteten Gesprächen zwischen dem Angeklagten und Untervermittlern etwas sagen könnten. Dies ist auch nicht aus dem Antrag (etwa durch Auslegung) zu entnehmen oder sonst offenkundig oder ersichtlich, so dass es überwiegend an der für einen i.S.d. § 244 Abs. 6 StPO verbescheidungsbedürftigen Beweisantrag erforderlichen Konnexität fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1997 - 3 StR 114/97, BGHSt 43, 329 f. mwN). Der Antrag enthält jedoch darüber hinaus eine hinreichend konkrete Behauptung dahingehend, die benannten Zeugen hätten sich in bestimmter Weise gegenüber dem Vermittler P. geäußert und die über diesen geschlossenen Verträgen storniert. Diesbezüglich bedurfte es keiner weiteren Darlegungen zur Konnexität, denn es verstand sich angesichts der Beweisbehauptungen von selbst, dass die benannten Zeuginnen zum Inhalt der betreffenden, von ihnen geführten Gespräche aus eigenem Wissen bekunden sollten und konnten (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 2009 - 4 StR 375/09).
29
Der Senat kann vorliegend aber ausschließen, dass das Urteil auf der unterlassenen Verbescheidung des Beweisantrags beruhen könnte; auch § 244 Abs. 2 StPO drängte die Kammer nicht zu entsprechenden Erhebungen. Ist ein Beweisantrag nicht oder rechtsfehlerhaft verbeschieden, ist es dem Revisionsgericht zwar grundsätzlich verwehrt, eine rechtsfehlerfreie Begründung nachzuliefern (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2002 - 1 StR 277/02; BGH, Beschluss vom 2. August 2000 - 3 StR 154/00). Im Einzelfall kann indes ausgeschlossen werden, dass das Urteil auf einer fehlerhaften Antragsablehnung beruht, wenn etwa die - rechtsfehlerhaft, weil lediglich formelhaft angenommene - Bedeutungslosigkeit einer behaupteten Tatsache auf der Hand liegt (Fischer in KKStPO , 6. Aufl., § 244 Rn. 234 mwN). Nichts anderes kann für Fälle einer nicht nur floskelhaft sondern gänzlich fehlenden Ablehnungsbegründung gelten, jedenfalls wenn - wie hier - offenkundig ist, dass die konkrete Beweisbehauptung (Äußerungen und Verhalten der Zeugen) für das für den Strafvorwurf (Betrug zum Nachteil der über die Untervermittler eingeworbenen Anleger) einzig relevante Beweisthema (der Angeklagte habe die Untervermittler weder getäuscht noch kollusiv mit ihnen zusammengewirkt) ohne jede tatsächliche Bedeutung ist (vgl. für den ähnlich gelagerten Fall, dass die Beweisbehauptung mit dem angebotenen Beweismittel nicht zu beweisen ist, auch OLG Koblenz, Urteil vom 2. Februar 1995 - 1 Ss 349/94, OLGSt, StPO, § 244 Nr. 17). Eine Beeinträchtigung des Verteidigungsverhaltens durch einen unterbliebenen Zurückweisungsbeschluss kann der Senat hier ebenfalls ausschließen. Nack Rothfuß Elf Graf Jäger

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 386/08
vom
11. Dezember 2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. Dezember
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 7. April 2008 aufgehoben, soweit die Anordnung des Verfalls von Wertersatz unterblieben ist. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 150 Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Gegen dieses Urteil haben sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Das Rechtsmittel des Angeklagten hat der Senat mit Beschluss vom 6. November 2008 gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und wirksam (vgl. BGH NStZ-RR 1997, 270; Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 318 Rdn. 22) auf die Nichtanordnung von Wertersatzverfall beschränkten Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel ist begründet.

II.


2
1. Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte im Jahre 2003 in mindestens 150 Fällen an die anderweitig Verfolgte Katja S. jeweils mindestens 1,5 g Heroingemisch zu einem Preis von je 60.- €. Bei einer am 20. Juni 2007 durchgeführten Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten konnte in einem Mantel und in einem Kleiderschrank Bargeld in Höhe von insgesamt 5.200.- € sichergestellt werden.
3
2. Das Landgericht hat von einer Verfallsanordnung abgesehen. Der Verfall des in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Geldes könne nicht angeordnet werden, „weil die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Nr. 1 BtMG in Verbindung mit § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 BtMG in Verbindung mit §§ 73, 73 d Abs. 1 und 2, 73 a Satz 1 StGB“ nicht gegeben seien. Allein der Umstand, dass in der Wohnung des Angeklagten eine erhebliche Geldmenge gefunden worden sei, rechtfertige nicht die Annahme, dass dieses Geld aus Betäubungsmittelstraftaten des Angeklagten stamme. Die verfahrensgegenständlichen Straftaten seien im Jahre 2003 begangen worden. Der Angeklagte habe den Drogenhandel im Jahre 2004 auf gegeben. Ein Zusammenhang zwischen dem über drei Jahre danach vorgefundenen Bargeld und dem Erlös aus den Drogengeschäften im Jahr 2003 könne nicht festgestellt werden.
4
3. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5
a) Sie lassen bereits besorgen, dass das Landgericht bei seiner Entscheidung das Verhältnis zwischen § 73 StGB (Verfall) und § 73 d StGB (erweiterter Verfall) nicht bedacht hat. Bei § 73 StGB muss die Tat, für die oder aus der etwas erlangt worden ist, Gegenstand der Verurteilung sein, das heißt, das http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NStZ&B=2003&S=422 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NStZ&B=2003&S=422&I=423 - 5 - Gericht muss zur Überzeugung gelangen, dass der Täter für oder aus der/den ausgeurteilten Tat(en) etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt hat. § 73 d StGB regelt demgegenüber den Fall, dass der Täter über Vermögensgegenstände verfügt, die nach Überzeugung des Gerichts (vgl. hierzu BGHSt 40, 371) für oder aus anderen rechtswidrigen Taten erlangt worden sind. Die Bestimmung des § 73 d StGB ist dabei gegenüber der des § 73 StGB subsidiär (h.M.; vgl. nur W. Schmidt in LK 12. Aufl. § 73 d Rn. 11; Fischer StGB 55. Aufl. § 73 d Rn. 9 jeweils m.w.N.). Vor einer Anwendung des § 73 d StGB muss daher unter Ausschöpfung der zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden können, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind (vgl. BGH NStZRR 2003, 75; NStZ 2003, 422, 423; NStZ-RR 2006, 138, 139).
6
b) Jedenfalls hat die Strafkammer – wie die Revision zu Recht rügt – die Möglichkeit der Anordnung des Verfalls von Wertersatz gemäß §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73 a Satz 1 StGB nicht bedacht.
7
Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte aus den Drogenverkäufen insgesamt 9.000 € im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt. Da davon auszugehen ist, dass die vom Angeklagten jeweils aus den Verkäufen erlangten Geldscheine sich nicht mehr in seinem Besitz befinden , ihr Verfall daher aus tatsächlichen Gründen nicht möglich ist, kommt gemäß § 73 a Satz 1 StGB die Anordnung des Verfalls eines Geldbetrages in Betracht , der dem Wert des Erlangten entspricht (Wertersatzverfall). Ob die bei dem Angeklagten sichergestellten 5.200 € aus den ausgeurteilten Straftaten oder aus sonstigen rechtswidrigen Taten stammen oder aber vom Angeklagten legal erworben worden sind, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Das Landgericht hätte daher – vorbehaltlich einer Anwendung der Härtevorschrift des § 73 c StGB – gemäß §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73 a Satz 1 StGB auf den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 9.000 € erkennen müssen.
8
c) Das Urteil hat daher, soweit von der Anordnung des Verfalls abgesehen worden ist, keinen Bestand. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da lediglich ein Subsumtionsfehler vorliegt, der sich auf die Sachverhaltsfeststellung nicht ausgewirkt hat. Ergänzende, den bisherigen nicht widersprechende Feststellungen bleiben möglich. Der neue Tatrichter wird nunmehr zu prüfen haben, ob nach § 73 c StGB ganz oder teilweise von der Anordnung von Wertersatzverfall abzusehen ist. Insoweit verweist der Senat auf die Grundsätze im Senatsurteil vom 2. Oktober 2008 – 4 StR 153/08.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Mutzbauer

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 226/13
vom
8. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 8. August 2013 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 30. Januar 2013, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über den Verfall aufgehoben; die Anordnung entfällt. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen sowie im Umfang der Aufhebung die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten im ersten Rechtszug fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge, zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Weiter hat es zu Lasten des Angeklagten den erweiterten Verfall von Wertersatz in Höhe von 20.000 € angeordnet. Dessen auf die Rüge der Verletzung materiel- len Rechts gestützte, wirksam auf die Verfallsanordnung beschränkte Revision hat Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen übergab der Mitangeklagte Hak dem Angeklagten wiederholt Bargeldbeträge zur Aufbewahrung, die er, wie der Angeklagte wusste, aus Betäubungsmittelgeschäften erlöst hatte. Ein Zusammenhang mit dem der Verurteilung der Angeklagten zu Grunde liegenden Tatgeschehen bestand nicht. Der Angeklagte hinterlegte die Gelder in einem Bankschließfach. Zu einem späteren Zeitpunkt entnahm er hiervon einen Teilbetrag von 20.000 € und zahlte ihn auf sein eigenes Girokonto ein, um ihn für sich zu verwenden.
3
2. Danach hat die vom Landgericht auf § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 73d Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 73a Satz 1 StGB gestützte Anordnung des erweiterten Verfalls von Wertersatz keinen Bestand.
4
a) Zutreffend geht das Landgericht im Ausgangspunkt allerdings davon aus, dass sich der Angeklagte durch den Betäubungsmittelbesitz in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Betäubungsmittelhandel in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 27 StGB) einer Anlasstat schuldig gemacht hat, die gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB die Anordnung des erweiterten Verfalls zulässt. Rechtsfehlerhaft ist indes seine Annahme, Herkunftstaten im Sinne des § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB seien Beihilfehandlungen des Angeklagten zu den nicht näher spezifizierbaren Betäubungsmittelgeschäften des Mitangeklagten H. . Derartige Beihilfehandlungen sind nicht belegt. Dass der Angeklagte auch bei diesen Taten des Mitangeklagten H. die Betäubungsmittel (zeitweise) für diesen verwahrt hätte, ist nicht festgestellt. Die Annahme der Veräußerungserlöse und deren Aufbewahrung für H. scheidet als Hilfeleistung im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB aus; denn bei Übergabe der Erlöse an den Angeklagten war der jeweilige Betäubungsmittelhandel des Mitangeklagten H. bereits beendet, da Rauschgiftabsatz und Geldfluss zur Ruhe gekommen waren (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 1997 - 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, 162 mwN). Nach Beendigung der Haupttat ist Beihilfe zu dieser aber nicht mehr möglich (BGH, Beschluss vom 6. Juni 2006 - 4 StR 48/06, NStZ 2007, 35, 36).
5
b) Die Verfallsanordnung kann auch nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten werden.
6
aa) Zwar könnte in der jeweiligen Weitergabe des Verkaufserlöses durch H. an den Angeklagten gegebenenfalls ein sog. Verschiebungsfall im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB liegen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 1999 - 5 StR 336/99, BGHSt 45, 235, 246). Indes findet § 73 Abs. 3 StGB im Rahmen des § 73d StGB keine Anwendung (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2007 - 3 StR 254/07, BGHR StGB § 73d Anwendungsbereich 2).
7
bb) Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts kann der erweiterte Verfall der vom Angeklagten erlangten Gelder aber auch nicht auf andere, im vorliegenden Verfahren nicht angeklagte Straftaten des Angeklagten gestützt werden, die dieser im Zusammenhang mit der Annahme, Verwahrung oder auch weiteren Verwendung der von dem Mitangeklagten H. übergebenen Erlöse aus Betäubungsmittelgeschäften begangen hat. Zwar trifft es zu, dass sich der Angeklagte durch die Annahme und Aufbewahrung der Gelder der Begünstigung (§ 257 Abs. 1 StGB) und der Geldwäsche (§ 261 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 oder 2 Buchst. b bzw. Abs. 2 StGB) schuldig gemacht haben kann. Darüber hinaus kommt in Betracht, dass der Angeklagte durch die Entnahme der 20.000 € aus dem Schließfach und deren Einzahlung auf sein Konto eine Un- terschlagung (§ 246 StGB) oder gar eine Untreue (§ 266 StGB) begangen ha- ben könnte. Dies vermag die Anordnung des (erweiterten) Verfalls der 20.000 € in vorliegendem Verfahren indes nicht zu rechtfertigen.
8
Das deutsche Strafrecht wird von dem Grundsatz geprägt, dass strafrechtliche Sanktionen oder sonstige Rechtsfolgen nur verhängt werden dürfen, wenn eine konkrete Straftat in dem dafür vorgesehenen strafprozessualen Verfahren ordnungsgemäß zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob der Täter wegen dieser Tat schuldig gesprochen wird (s. etwa § 76a StGB i.V.m. §§ 440 - 442 StPO oder - für Maßregeln der Besserung und Sicherung - §§ 413 ff. StPO). Von diesem Grundsatz macht § 73d StGB eine Ausnahme. Er lässt es für die Anordnung des erweiterten Verfalls genügen, dass die Umstände die Annahme rechtfertigen, der Täter oder Teilnehmer einer auf § 73d StGB verweisenden Anlasstat habe aus oder für sonstige rechtwidrige Taten Gegenstände erlangt. Wegen dieses Ausnahmecharakters ist § 73d StGB gegenüber § 73 StGB subsidiär (BGH, Beschluss vom 7. Januar 2003 - 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422 f.; Urteil vom 11. Dezember 2008 - 4 StR 386/08, BGHR StGB § 73a Anwendungsbereich 2; Beschluss vom 20. April 2010 - 4 StR 119/10, NStZ-RR 2010, 255; LK/Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73d Rn. 11). Seine Anwendung kommt erst in Betracht, wenn nach Ausschöpfung aller zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden kann, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind (BGH aaO). Dies schließt es aus, in dem Verfahren wegen einer Anlasstat, die auf § 73d StGB verweist, Gegenstände dem erweiterten Verfall zu unterwerfen, die der Angeklagte aus anderen, von der Anklageschrift nicht erfassten, aber zumindest möglicherweise konkretisierbaren Straftaten erlangt hat; denn diese Taten können und müssen zum Gegenstand eines gesonderten Strafverfahrens gemacht werden, in dem die Voraussetzungen des vorrangig anwendbaren § 73 StGB zu prüfen sind.
9
Aus dem Urteil des Senats vom 7. Juli 2011 (3 StR 144/11, BGHR StGB § 73d Anwendungsbereich 3) ergibt sich nichts Abweichendes. Der Senat hat dort im Hinblick auf die Änderung des § 73d Satz 3 StGB durch das am 1. Januar 2007 in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2350) lediglich entschieden, dass der erweiterte Verfall auch dann angeordnet werden kann, wenn nach durchgeführter Beweisaufnahme nicht belegt ist, ob das vom Angeklagten Erlangte aus der abgeurteilten (Anlass-)Tat oder aus anderen - nicht näher konkretisierbaren - rechtswidrigen Taten herrührt, aber zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass entweder das Eine oder das Andere der Fall ist. Dies ändert indes nichts daran, dass der Tatrichter, bevor er eine Anordnung nach § 73d StGB trifft, zunächst unter Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Beweismittel zu prüfen hat, ob das vom Angeklagten Erlangte sich einer konkreten Tat zuordnen lässt und daher die Voraussetzungen der Verfallsanordnung nach § 73 StGB vorliegen.
10
Nach diesen Maßstäben kann die Anordnung des erweiterten Verfalls hier keinen Bestand haben. Die landgerichtlichen Feststellungen lassen es na- he liegend erscheinen, dass der Angeklagte die 20.000 € aus einer oder meh- reren konkret nachweisbaren Taten erlangt hat. Da diese indes von der Anklage in hiesiger Sache nicht erfasst werden, ist dies und damit das Vorliegen der Voraussetzungen der vorrangigen §§ 73, 73a StGB gegebenenfalls in einem gesonderten Verfahren zu klären. Das kann nicht dadurch umgangen werden, dass in hiesiger Sache auf erweiterten Verfall erkannt wird. Dessen Anordnung hat daher zu entfallen.
Becker Pfister Hubert Mayer Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 119/10
vom
20. April 2010
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführerin am 20. April 2010 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 18. November 2009
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt wird,
b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Ferner hat es gegen sie den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 7.419,72 € angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich die Angeklagte mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung der Angeklagten im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen tateinheitlichen - täterschaftlich begangenen - unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3
Nach den Feststellungen begleitete die Angeklagte ihren damaligen Lebensgefährten B. bei einer Fahrt in die Niederlande. Ihr war dabei bekannt, dass B. dort Betäubungsmittel kaufen wollte, um diese in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen und dort gewinnbringend weiter zu veräußern. Sie wusste weiterhin, dass B. sie mitnahm, um bei dem Grenzübertritt nicht aufzufallen. In den Niederlanden erwarb B. 50 g Kokaingemisch, das er - wie geplant - in Begleitung der Angeklagten in das Bundesgebiet einführte und in der Folge dort verkaufte.
4
Diese Feststellungen belegen nicht täterschaftliches Handeltreiben der Angeklagten. Sie hatte danach weder Einfluss auf den Erwerb der Betäubungsmittel noch auf deren Weiterverkauf. Die Tätigkeit der Angeklagten erschöpfte sich darin, B. bei der Einfuhr der Betäubungsmittel durch ihre Anwesenheit zu unterstützen. Ihr Tatbeitrag ist somit rechtlich nicht als täterschaft- liches Handeltreiben, sondern als Beihilfe zu dem Handeltreiben des B. zu werten (vgl. auch BGHSt 51, 219, 223 Rn. 11). Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab.
5
2. Auch der Rechtsfolgenausspruch kann keinen Bestand haben.
6
a) Bei der Bemessung der Einzelstrafen hat das Landgericht straferschwerend berücksichtigt, dass die Angeklagte den Handel mit Betäubungsmitteln "aus reinem Gewinnstreben betrieben hat, ohne sich etwa aufgrund eigener Sucht zum Verkauf von Drogen gezwungen zu sehen". Dies verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB (Senat, Beschluss vom 7. November 2000 - 4 StR 456/00 m.w.N.), zumal das Landgericht festgestellt hat, dass die Angeklagte ab dem Tode ihres Vaters im Januar 2008, das heißt im Tatzeitraum, Drogen konsumiert hat. In Anbetracht dessen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Erlöse aus den Drogenverkäufen jedenfalls auch der Finanzierung des eigenen Betäubungsmittelkonsums gedient haben (vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. September 2009 - 3 StR 294/09). Der Senat hebt daher die Einzelstrafen und den Ausspruch über die Gesamtstrafe auf, da - trotz der verhängten maßvollen Strafen - nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Landgericht ohne den aufgezeigten Rechtsfehler auf mildere Freiheitsstrafen erkannt hätte.
7
b) Zur Verfallsentscheidung hat das Landgericht ausgeführt, der Verfall des bei der Angeklagten sichergestellten Geldes (insgesamt 6.070,00 €) sowie des aus der Verwertung eines sichergestellten Pkw's der Angeklagten erzielten Erlöses von 1.349,72 € sei "gemäß § 73 StGB" anzuordnen, da davon auszugehen sei, dass sie dieses Geld durch die Veräußerung von Kokain erlangt habe. Die Angeklagte, deren sonstigen Einnahmen nach eigenen Angaben nicht zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts ausgereicht hätten, habe keine plausible Erklärung vorbringen können, auf welche andere Weise sie in den Besitz des Geldes gekommen sei.
8
Diese Ausführungen lassen bereits besorgen, dass das Landgericht das Verhältnis zwischen § 73 StGB (Verfall) und § 73 d StGB (erweiterter Verfall) nicht bedacht hat. Bei § 73 StGB muss die Tat, für die oder aus der etwas erlangt worden ist, Gegenstand der Verurteilung sein, das heißt, das Gericht muss zur Überzeugung gelangen, dass der Täter für oder aus der/den ausgeurteilten Tat(en) etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt hat. § 73 d StGB regelt demgegenüber den Fall, dass der Täter über Vermögensgegenstände verfügt, die nach Überzeugung des Gerichts (vgl. hierzu BGHSt 40, 371, 373) für oder aus anderen rechtswidrigen Taten erlangt worden sind. Die Bestimmung des § 73 d StGB ist dabei gegenüber der des § 73 StGB subsidiär (h.M.; vgl. nur Senat, Urteil vom 11. Dezember 2008 - 4 StR 386/08 m.w.N.). Vor einer Anwendung des § 73 d StGB muss daher unter Ausschöpfung der zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden können, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind (Senat aaO).
9
Im Übrigen unterliegt dem Verfall - sei es nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB oder nach § 73 d Abs. 1 Satz 1 StGB - stets nur das, was unmittelbar aus der oder für die Tat erlangt worden ist. Bei der Anordnung des Verfalles sichergestellten Dealgeldes muss es sich daher um die nämlichen Geldscheine handeln, die durch die Drogenverkäufe erlangt worden sind. Befinden sich diese nicht mehr im Besitz des Täters, ist ihr Verfall somit aus tätsächlichen Gründen nicht (mehr) möglich, kommt gemäß § 73 a Satz 1 StGB die Anordnung eines Geldbetrages in Betracht, der dem Wert des Erlangten entspricht (Wertersatzverfall). Hierbei ist - vorbehaltlich einer Anwendung der Härtevorschrift des § 73 c StGB - unter Zugrundelegung des Bruttoprinzips (vgl. hierzu Fischer StGB 57. Aufl. § 73 Rn. 7) auf den aus den Drogenverkäufen erlangten Gesamterlös abzustellen.
10
Die Sache bedarf daher auch zur Verfallsentscheidung neuer Verhandlung und Entscheidung.
VRi'inBGH Dr. Tepperwien Athing Ernemann ist infolge Urlaubs gehindert zu unterschreiben Athing Cierniak Mutzbauer

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 486/15
vom
11. Februar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:110216B3STR486.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 11. Februar 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 24. August 2015 im Ausspruch über den erweiterten Wertersatzverfall mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, Abgabe von Betäubungsmitteln in 142 Fällen, Erwerbs von Betäubungsmitteln in neun Fällen sowie wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt, sichergestellte Betäubungsmittel eingezogen und gegen ihn den Verfall von Wertersatz in Höhe von 10.000 € sowie den erweiterten Wer- tersatzverfall in Höhe von 360.000 € angeordnet. Dagegen wendet sich der Be- schwerdeführer mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch, zur Einziehungsentscheidung sowie zur Anordnung des (einfachen) Wertersatzverfalls keinen Rechtsfehler zu Ungunsten des Angeklagten ergeben. Der Ausspruch über die Anordnung des erweiterten Wertersatzverfalls kann hingegen keinen Bestand haben.
3
1. Nach den insoweit maßgeblichen Feststellungen des Landgerichts erhielt der Angeklagte im Zeitraum von Anfang des Jahres 2011 bis zum Jahr 2012 Bargeld in Höhe von 360.000 €, das ein Freund, dem ein Mittelsmann jeweils einen Koffer mit Geld ausgehändigt hatte, in mindestens zehn Tranchen aus Spanien abholte. Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, er habe etwa 140.000 € als Vermittler "illegaler Kohlegeschäfte" bekommen, bei denen im Hafen in Rotterdam heimlich Kohle von Schiffen abgeladen und anderweitig verkauft worden sei; weitere Bargeldeinzahlungen auf seinen Konten in Höhe von insgesamt 51.000 € resultierten aus Glücksspielgewinnen. Die Strafkam- mer hat offen gelassen, ob das Bargeld tatsächlich aus den "Kohlegeschäften" stamme oder aus weiteren, über die Anklagevorwürfe hinausgehenden Rauschgiftgeschäften; jedenfalls rühre es - wie auch der Angeklagte eingeräumt habe - aus rechtswidrigen Taten her. Dafür spreche neben den finanziellen Verhältnissen des Angeklagten die Art und Weise des Transports, "die keinen legalen Schluss" zulasse. Die den Geldwerten zugrunde liegenden Straftaten seien nicht näher konkretisierbar, so dass ein gesondertes Strafverfahren insoweit ausscheide.
4
2. Diese Feststellungen und rechtlichen Ausführungen tragen die Anordnung des erweiterten Wertersatzverfalls in Höhe von 360.000 € nicht.
5
Zwar ist das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen , dass sich der Angeklagte in den fünf Fällen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie durch den Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (strafbar gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) jeweils wegen Anlasstaten strafbar gemacht hat, die gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB die Anordnung des erweiterten Verfalls zulassen. Die Voraussetzungen der Anordnung sind nach der gesetzlichen Regelung erfüllt, wenn die Umstände die Annahme rechtfertigen, dass diese Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt worden sind (§ 73d Abs. 1 Satz 1 StGB). Für diese Annahme reicht allerdings nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch eine "ganz hohe Wahrscheinlichkeit" der deliktischen Herkunft nicht aus, vielmehr ist für die Anordnung des erweiterten Verfalls erforderlich, dass das Tatgericht aufgrund erschöpfender Beweiserhebung und -würdigung die uneingeschränkte Überzeugung gewonnen hat, der Angeklagte habe die von der Anordnung erfassten Gegenstände aus rechtswidrigen Taten erlangt, ohne dass diese selbst im Einzelnen festgestellt werden müssten (BGH, Beschluss vom 22. November 1994 - 4 StR 516/94, BGHSt 40, 371, 372 f.; Urteil vom 7. Juli 2011 - 3 StR 144/11, BGHR StGB § 73d Anwendungsbereich 3 mwN). Die Vorschrift des § 73d StGB ist zudem gegenüber § 73 StGB subsidiär (BGH, Beschluss vom 7. Januar 2003 - 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422, 423; Urteil vom 11. Dezember 2008 - 4 StR 386/08, BGHR StGB § 73a Anwendungsbereich 2; Beschluss vom 20. April 2010 - 4 StR 119/10, NStZ-RR 2010, 255; LK/Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73d Rn. 11). Eine Anwendung kommt erst in Betracht, wenn nach Ausschöpfung aller zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden kann, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind (BGH aaO). Dies hindert es, in dem Verfahren wegen einer Anlasstat, die auf § 73d StGB verweist, Gegenstände dem erweiterten Verfall zu unterwerfen, die der Angeklagte aus anderen, von der Anklageschrift nicht erfassten, aber zumindest möglicherweise konkretisierbaren Straftaten erlangt hat; denn diese Taten können und müssen zum Gegenstand eines gesonderten Strafverfahrens gemacht werden, in dem die Voraussetzungen des vorrangig anwendbaren § 73 StGB zu prüfen sind (BGH, Beschluss vom 8. August 2013 - 3 StR 226/13, NStZ 2014, 82, 83).
6
Diese Maßgaben hat die Strafkammer in mehrfacher Hinsicht nicht beachtet :
7
Zunächst entbehrt die Überzeugungsbildung hinsichtlich der deliktischen Herkunft des gesamten Bargelds in Höhe von 360.000 € einer tragfähigen Be- weisgrundlage: Soweit das Landgericht darauf abstellt, der Angeklagte habe eingeräumt, das Geld aus rechtswidrigen Taten - es bewertet die "Kohlegeschäfte" ohne nähere Begründung als in Mittäterschaft begangene Unterschlagungen - erlangt zu haben, verkennt es, dass der Angeklagte insoweit lediglich etwa 140.000 € erhalten haben will. Dass die "Kohlegeschäfte" - sofern sie überhaupt getätigt wurden, was die Strafkammer gerade offen gelassen hat - zu höheren Erlösen geführt hätten, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen.
8
Die vom Landgericht aufgezeigte Alternative, das Geld könne aus weiteren Betäubungsmitteldelikten stammen, ist ebenfalls nicht belegt. Zwar müssen Herkunftstaten im Sinne von § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB nicht im Einzelnen festgestellt werden; die vorliegend gegebene bloße Behauptung der Möglichkeit solcher Taten reicht hier indes auch deshalb nicht hin, weil die Strafkammer die Herkunft des Geldes aus Spanien gerade als Indiz dafür gewertet hat, dass es nicht aus den verfahrensgegenständlichen Betäubungsmitteldelikten stamme.
Dann aber entbehrt die nicht näher begründete Annahme, der Angeklagte habe gleichwohl Rauschgiftgeschäfte in Spanien oder mit Beteiligung spanischer (Mit-)Täter getätigt, die in anderthalb Jahren zu solch hohen Erlösen geführt hätten, einer nachvollziehbaren Begründung. Dies genügt den aufgezeigten Anforderungen, die an die Darlegung der tatrichterlichen Überzeugungsbildung zu stellen sind, nicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. August 2002 - 3 StR 287/02, NStZ-RR 2002, 366, 367; vom 28. Juli 2004 - 2 StR 209/04, NStZ-RR 2004, 347).
9
Soweit die Strafkammer auf die deliktische Herkunft des Geldes aus der Art und Weise des Transports geschlossen hat, lässt die Wendung, diese lasse "keinen legalen Schluss" zu, besorgen, dass das Landgericht mögliche, nicht fernliegende andere Erklärungen für den festgestellten Bargeldtransport nicht in den Blick genommen hat: Zwar deutet der festgestellte konspirative Transport von Bargeld in Koffern auf eine beabsichtigte Verschleierung hin. Daraus lässt sich jedoch nicht der alleinige Schluss auf eine deliktische Herkunft des Geldes ziehen; eine ebenso naheliegende Erklärung kann insbesondere bei Geldtransporten über Landesgrenzen hinweg etwa der Versuch sein, (legale) Einkünfte ihrer Besteuerung zu entziehen.
10
Durchgreifend rechtlich bedenklich ist zudem, dass die Strafkammer entgegen § 73d Abs. 4, § 73c Abs. 1 StGB weder geprüft hat, ob der Wert des Erlangten noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden war (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB), noch, ob die Anordnung des (erweiterten) Verfalls in der genannten Höhe - insbesondere mit Blick auf eine Resozialisierung des Angeklagten - eine unbillige Härte für ihn darstellen kann (§ 73c Abs. 1 Satz 1 StGB). Dazu hätte insbesondere Anlass bestanden, weil das Landgericht bei der Anordnung des Verfalls des aus den abgeurteilten Straftaten Erlangten den Betrag unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB auf 10.000 € begrenzt hat.
11
Da bereits die aufgezeigten Rechtsfehler zur Aufhebung des Ausspruchs über den erweiterten Wertersatzverfall führen, kommt es nicht mehr darauf an, dass auch die Annahme des Landgerichts, die Herkunftstaten ließen sich nicht näher konkretisieren, insbesondere mit Blick auf die "Kohlegeschäfte" denkbar knapp begründet ist. Insoweit lassen die Urteilsgründe auch nicht erkennen, ob die Strafkammer die über § 73d Abs. 1 Satz 3 StGB anwendbare Regelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB betreffend den Vorrang von Ersatzansprüchen der Verletzten in den Blick genommen hat.
12
Nach alledem bedarf die Entscheidung über die Anordnung des erweiterten Wertersatzverfalls umfassend neuer Prüfung und Entscheidung.
Schäfer Hubert Mayer Gericke Tiemann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 226/13
vom
8. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 8. August 2013 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 30. Januar 2013, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über den Verfall aufgehoben; die Anordnung entfällt. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen sowie im Umfang der Aufhebung die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten im ersten Rechtszug fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge, zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Weiter hat es zu Lasten des Angeklagten den erweiterten Verfall von Wertersatz in Höhe von 20.000 € angeordnet. Dessen auf die Rüge der Verletzung materiel- len Rechts gestützte, wirksam auf die Verfallsanordnung beschränkte Revision hat Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen übergab der Mitangeklagte Hak dem Angeklagten wiederholt Bargeldbeträge zur Aufbewahrung, die er, wie der Angeklagte wusste, aus Betäubungsmittelgeschäften erlöst hatte. Ein Zusammenhang mit dem der Verurteilung der Angeklagten zu Grunde liegenden Tatgeschehen bestand nicht. Der Angeklagte hinterlegte die Gelder in einem Bankschließfach. Zu einem späteren Zeitpunkt entnahm er hiervon einen Teilbetrag von 20.000 € und zahlte ihn auf sein eigenes Girokonto ein, um ihn für sich zu verwenden.
3
2. Danach hat die vom Landgericht auf § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 73d Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 73a Satz 1 StGB gestützte Anordnung des erweiterten Verfalls von Wertersatz keinen Bestand.
4
a) Zutreffend geht das Landgericht im Ausgangspunkt allerdings davon aus, dass sich der Angeklagte durch den Betäubungsmittelbesitz in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Betäubungsmittelhandel in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 27 StGB) einer Anlasstat schuldig gemacht hat, die gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB die Anordnung des erweiterten Verfalls zulässt. Rechtsfehlerhaft ist indes seine Annahme, Herkunftstaten im Sinne des § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB seien Beihilfehandlungen des Angeklagten zu den nicht näher spezifizierbaren Betäubungsmittelgeschäften des Mitangeklagten H. . Derartige Beihilfehandlungen sind nicht belegt. Dass der Angeklagte auch bei diesen Taten des Mitangeklagten H. die Betäubungsmittel (zeitweise) für diesen verwahrt hätte, ist nicht festgestellt. Die Annahme der Veräußerungserlöse und deren Aufbewahrung für H. scheidet als Hilfeleistung im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB aus; denn bei Übergabe der Erlöse an den Angeklagten war der jeweilige Betäubungsmittelhandel des Mitangeklagten H. bereits beendet, da Rauschgiftabsatz und Geldfluss zur Ruhe gekommen waren (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 1997 - 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, 162 mwN). Nach Beendigung der Haupttat ist Beihilfe zu dieser aber nicht mehr möglich (BGH, Beschluss vom 6. Juni 2006 - 4 StR 48/06, NStZ 2007, 35, 36).
5
b) Die Verfallsanordnung kann auch nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten werden.
6
aa) Zwar könnte in der jeweiligen Weitergabe des Verkaufserlöses durch H. an den Angeklagten gegebenenfalls ein sog. Verschiebungsfall im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB liegen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 1999 - 5 StR 336/99, BGHSt 45, 235, 246). Indes findet § 73 Abs. 3 StGB im Rahmen des § 73d StGB keine Anwendung (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2007 - 3 StR 254/07, BGHR StGB § 73d Anwendungsbereich 2).
7
bb) Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts kann der erweiterte Verfall der vom Angeklagten erlangten Gelder aber auch nicht auf andere, im vorliegenden Verfahren nicht angeklagte Straftaten des Angeklagten gestützt werden, die dieser im Zusammenhang mit der Annahme, Verwahrung oder auch weiteren Verwendung der von dem Mitangeklagten H. übergebenen Erlöse aus Betäubungsmittelgeschäften begangen hat. Zwar trifft es zu, dass sich der Angeklagte durch die Annahme und Aufbewahrung der Gelder der Begünstigung (§ 257 Abs. 1 StGB) und der Geldwäsche (§ 261 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 oder 2 Buchst. b bzw. Abs. 2 StGB) schuldig gemacht haben kann. Darüber hinaus kommt in Betracht, dass der Angeklagte durch die Entnahme der 20.000 € aus dem Schließfach und deren Einzahlung auf sein Konto eine Un- terschlagung (§ 246 StGB) oder gar eine Untreue (§ 266 StGB) begangen ha- ben könnte. Dies vermag die Anordnung des (erweiterten) Verfalls der 20.000 € in vorliegendem Verfahren indes nicht zu rechtfertigen.
8
Das deutsche Strafrecht wird von dem Grundsatz geprägt, dass strafrechtliche Sanktionen oder sonstige Rechtsfolgen nur verhängt werden dürfen, wenn eine konkrete Straftat in dem dafür vorgesehenen strafprozessualen Verfahren ordnungsgemäß zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob der Täter wegen dieser Tat schuldig gesprochen wird (s. etwa § 76a StGB i.V.m. §§ 440 - 442 StPO oder - für Maßregeln der Besserung und Sicherung - §§ 413 ff. StPO). Von diesem Grundsatz macht § 73d StGB eine Ausnahme. Er lässt es für die Anordnung des erweiterten Verfalls genügen, dass die Umstände die Annahme rechtfertigen, der Täter oder Teilnehmer einer auf § 73d StGB verweisenden Anlasstat habe aus oder für sonstige rechtwidrige Taten Gegenstände erlangt. Wegen dieses Ausnahmecharakters ist § 73d StGB gegenüber § 73 StGB subsidiär (BGH, Beschluss vom 7. Januar 2003 - 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422 f.; Urteil vom 11. Dezember 2008 - 4 StR 386/08, BGHR StGB § 73a Anwendungsbereich 2; Beschluss vom 20. April 2010 - 4 StR 119/10, NStZ-RR 2010, 255; LK/Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73d Rn. 11). Seine Anwendung kommt erst in Betracht, wenn nach Ausschöpfung aller zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden kann, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind (BGH aaO). Dies schließt es aus, in dem Verfahren wegen einer Anlasstat, die auf § 73d StGB verweist, Gegenstände dem erweiterten Verfall zu unterwerfen, die der Angeklagte aus anderen, von der Anklageschrift nicht erfassten, aber zumindest möglicherweise konkretisierbaren Straftaten erlangt hat; denn diese Taten können und müssen zum Gegenstand eines gesonderten Strafverfahrens gemacht werden, in dem die Voraussetzungen des vorrangig anwendbaren § 73 StGB zu prüfen sind.
9
Aus dem Urteil des Senats vom 7. Juli 2011 (3 StR 144/11, BGHR StGB § 73d Anwendungsbereich 3) ergibt sich nichts Abweichendes. Der Senat hat dort im Hinblick auf die Änderung des § 73d Satz 3 StGB durch das am 1. Januar 2007 in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2350) lediglich entschieden, dass der erweiterte Verfall auch dann angeordnet werden kann, wenn nach durchgeführter Beweisaufnahme nicht belegt ist, ob das vom Angeklagten Erlangte aus der abgeurteilten (Anlass-)Tat oder aus anderen - nicht näher konkretisierbaren - rechtswidrigen Taten herrührt, aber zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass entweder das Eine oder das Andere der Fall ist. Dies ändert indes nichts daran, dass der Tatrichter, bevor er eine Anordnung nach § 73d StGB trifft, zunächst unter Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Beweismittel zu prüfen hat, ob das vom Angeklagten Erlangte sich einer konkreten Tat zuordnen lässt und daher die Voraussetzungen der Verfallsanordnung nach § 73 StGB vorliegen.
10
Nach diesen Maßstäben kann die Anordnung des erweiterten Verfalls hier keinen Bestand haben. Die landgerichtlichen Feststellungen lassen es na- he liegend erscheinen, dass der Angeklagte die 20.000 € aus einer oder meh- reren konkret nachweisbaren Taten erlangt hat. Da diese indes von der Anklage in hiesiger Sache nicht erfasst werden, ist dies und damit das Vorliegen der Voraussetzungen der vorrangigen §§ 73, 73a StGB gegebenenfalls in einem gesonderten Verfahren zu klären. Das kann nicht dadurch umgangen werden, dass in hiesiger Sache auf erweiterten Verfall erkannt wird. Dessen Anordnung hat daher zu entfallen.
Becker Pfister Hubert Mayer Spaniol

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts - Kleine Strafkammer - Stuttgart vom 24. Mai 2013 im Ausspruch über den Wertersatzverfall dahingehend abgeändert, dass bei dem Angeklagten ein Betrag in Höhe von

47.490,67 EUR als Wertersatz für verfallen erklärt wird.

Dem Angeklagten wird gestattet, den Verfallsbetrag binnen sechs Monaten nach Rechtskrafteintritt zu bezahlen.

2. Im Übrigen werden die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft als unbegründet.

v e r w o r f e n.

3. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels, die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dadurch veranlassten notwendigen Auslagen des Angeklagten.

Gründe

 
I.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, er habe im Jahr 2008 durch mehrere Börsengeschäfte irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage und den Börsenpreis der gehandelten Aktien gegeben (§ 20a Abs. 1 Nr. 2 WpHG) und auf diese Weise vorsätzliche Marktmanipulation nach § 38 Abs. 2 WpHG begangen. Mit Urteil des Senats vom 4. Oktober 2011 wurde auf die Sprungrevision der Staatsanwaltschaft Stuttgart das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 28. Oktober 2010 gegen den Angeklagten wegen dreier Ordnungswidrigkeiten nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG zu einer Geldbuße von 20.000,00 EUR ohne eine Verfallsanordnung mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Stuttgart zurückverwiesen.
Durch Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 28. März 2012 wurde der Angeklagte wegen dreier Vergehen der verbotenen Marktmanipulation zu der Gesamtgeldstrafe von 140 Tagessätzen zu je 180,00 EUR mit einer Ratenzahlungsvergünstigung (700,00 EUR monatlich) verurteilt. Es wurde der Wertersatzverfall von 101.498,00 EUR mit einer Ratenzahlungsvergünstigung (1014,98 EUR monatlich), die mit einer Verfallklausel versehen war, angeordnet. Auf die jeweils auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft änderte das Landgericht Stuttgart mit dem angefochtenen Urteil vom 24. Mai 2013 das Urteil des Amtsgerichts vom 28. März 2012 im Rechtsfolgenausspruch dahingehend ab, dass es die Geldstrafe gegen den Angeklagten auf 90 Tagessätze zu je 150,00 EUR herabsetzte, von der wegen konventionswidriger Verfahrensverzögerung 20 Tagessätze als bereits vollstreckt gelten sollten. Weiter setzte es die Anordnung des Wertersatzverfalls auf den Betrag von 54.899,55 EUR herab und gestattete dem Angeklagten, die Geldstrafe binnen drei Monaten nach Rechtskrafteintritt und den Verfallsbetrag binnen sechs Monaten nach Rechtskrafteintritt zu bezahlen. Die weitergehenden Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft verwarf das Landgericht.
Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Revision gegen das Urteil des Landgerichts vom 24. Mai 2013 rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Er beantragt, nachdem er das Rechtsmittel in der Revisionshauptverhandlung auf die Verfallsanordnung beschränkt hat, die Aufhebung des Urteils im Ausspruch über den Wertersatzverfall und das Entfallen einer solchen Anordnung. Die Staatsanwaltschaft hat ihre rechtzeitig eingelegte Revision gegen das Urteil des Landgerichts vom 24. Mai 2013 in der Revisionsbegründungsschrift auf die Anordnung des Verfalls von Wertersatz beschränkt und beantragt, das Urteil des Landgerichts insoweit aufzuheben und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 101.498,41 EUR anzuordnen. Die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart ist der Revision der Staatsanwaltschaft beigetreten und beantragt, das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Stuttgart zurückzuverweisen. Sie beantragt weiter, die Revision des Angeklagten als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die zulässige Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 24. Mai 2013 im Ausspruch über die Anordnung des Wertersatzverfalls. Der Senat setzt den Betrag des Wertersatzverfalls entsprechend § 354 Abs. 1, 3. Alternative StPO auf 47.490,67 EUR herab. Im Übrigen sind die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft unbegründet.
1. Der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft haben ihre Rechtsmittel in der Berufungsinstanz jeweils auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Die Rechtsmittelbeschränkungen sind gemäß § 318 Satz 1 StPO wirksam, weil die vom Amtsgericht im Urteil vom 28. März 2012 getroffenen Feststellungen eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung über die Rechtsfolgen der Taten bilden.
Damit sind im Wesentlichen die folgenden Feststellungen des Amtsgerichts in Rechtskraft erwachsen:
„Der Angeklagte und der gesondert verfolgte frühere Mitangeklagte waren jeweils Inhaber von Aktien der M. AG, der D. AG und der W. AG. Der Angeklagte übte aufgrund seiner beruflichen Kenntnisse als Bankmitarbeiter im Wertpapierhandel die Vermögensverwaltung für den früheren Mitangeklagten aus und war im Besitz der hierfür erforderlichen Bankvollmachten über dessen Aktiendepots. Nachdem sich die Aktien ungünstig entwickelt hatten, führte der Angeklagte für seine eigenen Aktienpakete jener Unternehmen im eigenen Namen und zugleich im Namen des früheren Mitangeklagten unmittelbar aufeinanderfolgende Verkaufs- und Rückkaufsgeschäfte durch. Der Angeklagte wollte dadurch gegenüber dem Finanzamt in seinen Einkommensteuererklärungen sowie jenen des früheren Mitangeklagten den eingetretenen Wertverlust der Aktien dokumentieren, um seine bzw. die Einkommensteuer des früheren Mitangeklagten zu mindern. Im Einzelnen verkaufte der Angeklagte am 22. Mai 2008 20.000 Stück Aktien der M. AG und am 10. Dezember 2008 7.918 Stück der D. AG sowie 9.140 Stück der W. AG zu einem Gesamtpreis von 42.398,86 EUR an den früheren Mitangeklagten und kaufte diese zum im Wesentlichen gleichen Preis wenige Minuten später wieder zurück. Weiter kaufte er am 9. Dezember 2008 ein Aktienpaket des früheren Mitangeklagten zu insgesamt 5.000 Stück der D. AG für 4.250,00 EUR und verkaufte es wenige Minuten später an den früheren Mitangeklagten zum gleichen Preis zurück. Weiter verkaufte der Angeklagte dem früheren Mitangeklagten am 22. Mai 2008 ein Aktienpaket der M. AG zu 8.169 Stück für 8.250,69 EUR, ohne dass ein Rückkauf erfolgte. Aufgrund der Geschäfte erfolgte an der jeweiligen Börse bei unbedeutendem anderweitigem Handel dieser Aktien jeweils die Feststellung des vom Angeklagten bestimmten Preises als Kurs der Aktie, der sich nicht in erheblichem Ausmaß, aber auch nicht nur bagatellhaft vom Kurs der Aktie vor der Vornahme der Geschäfte unterschied. Die Geschäfte waren weiter geeignet, irreführende Signale für das Angebot und die Nachfrage dieser Aktien sowie ihres Börsenpreises zu geben.“
Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil vom 24. Mai 2013 ergänzend festgestellt, dass der Angeklagte die aus den fraglichen Geschäften in seinem Depot verbliebenen Aktien in den Jahren 2008 und 2009 allesamt mit nicht nur unerheblichen Verlusten zu einem Kaufpreis von noch 34.988,98 EUR endgültig verkauft hat.
2. In der Revisionsinstanz haben der Angeklagte - dieser in der Hauptverhandlung mit Zustimmung der Generalstaatsanwaltschaft - und die Staatsanwaltschaft ihre Rechtsmittel auf die Anordnung des Verfalls von Wertersatz beschränkt. Diese Beschränkung ist - auch erst in der Revisionsinstanz (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 57. Auflage, § 344, Rn. 4 m.w.N.) - entsprechend § 318 StPO wirksam (Fischer, StGB, 60. Auflage, § 73, Rn. 41).
10 
A) Die Revision des Angeklagten
11 
Die Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil vom 24. Mai 2013 zur Anordnung des Verfalls von Wertersatz halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
12 
Allerdings hat das Landgericht entgegen der Auffassung der Verteidigung zu Recht angenommen, dass im vorliegenden Fall grundsätzlich die gesamten nach dem Bruttoprinzip zu bestimmenden Erlöse des Angeklagten aus den abgeurteilten Verkaufs- und Rückkaufsgeschäften dem Verfall unterliegen. Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte für verfallen zu erklären, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen sind (st. Rspr., vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 27. November 2013 - 3 StR 5/13, WM 2014, 414). Erfasst werden solche Vorteile, die der Tatbeteiligte nach dem Schutzzweck der Strafnorm nicht erlangen und behalten dürfen soll, weil sie von der Rechtsordnung als Ergebnis einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung gewertet werden. Der dem Verfall unterliegende Vorteil bestimmt sich somit danach, was letztlich strafbewehrt ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH a.a.O.) ist im Fall der Marktmanipulation durch Irreführung nach § 20a Abs. 1 Nr. 2 WpHG in der Fassung vom 1. November 2007 das abgeschlossene Geschäft als solches verboten und nicht genehmigungsfähig. Entgegen der Auffassung der Verteidigung kann die Bestimmung in § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaKonV, wonach von einem Geschäft keine irreführenden Signale im Sinne des § 20a Abs. 1 Nr. 2 WpHG ausgehen, wenn das abgestimmte Verhalten im Einklang mit den jeweiligen Marktbestimmungen rechtzeitig angekündigt worden ist, einem Genehmigungsvorbehalt nicht gleichgestellt werden. Der Angeklagte hat deshalb aus den Taten nicht nur die ersparten Aufwendungen für die Herbeiführung der Genehmigung im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt (vgl. hierzu BGHSt 57, 79ff.; BGH NJW 2010, 882ff.). Denn zur Irreführung geeignete Geschäfte im Sinne der §§ 38 Abs. 2, 39 Abs. 1 Nr. 1, 20a Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. sollen zum Schutz vor Preismanipulationen von Wertpapierkursen ganz verhindert werden, wenn diese Gefahr nicht durch eine rechtzeitige Ankündigung des abgesprochenen Geschäfts wirksam und im Einklang mit den jeweiligen Marktbestimmungen abgewendet worden ist. Solche Ankündigungen erfolgten in den vorliegenden Fällen nicht. Deshalb unterliegt grundsätzlich der gesamte vom Angeklagten aus den Geschäften erlangte Erlös dem Verfall (BGH, Urteil vom 27. November 2013, a. a. O.).
13 
Jedoch tritt im vorliegenden Fall die Besonderheit auf, dass der Tatbestand der Marktmanipulation in der Mehrzahl der Fälle durch alsbald aufeinanderfolgende Verkaufs- und Rückkaufsgeschäfte verwirklicht worden ist, für die das Amtsgericht zu Recht Tateinheit angenommen hat. Das nach dem Willen des Gesetzgebers (Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuchs und anderer Gesetze, BT-Drs. 12/1134, Seite 12) im Verfallsrecht anzuwendende Bruttoprinzip untersagt es, bei der Bestimmung des Erlangten im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB die Gegenleistung und sonstige Aufwendungen des Täters in Abzug zu bringen. So soll verhindert werden, dass der Täter die drohende Verfallsanordnung bei der Begehung der Tat als finanziell risikolos betrachtet, weil er im Entdeckungsfall nur die Nettogewinnabschöpfung befürchten muss. Durch die Kombination von Verkauf und Rückkauf im vorliegenden Fall tritt dadurch aber eine scheinbare Verdoppelung des Vermögensgegenstands ein, weil der Täter beim Verkaufsgeschäft den Kaufpreis erlangt, ohne dass das veräußerte Aktienpaket in Abzug zu bringen ist, und beim Rückkauf das Aktienpaket, ohne dass der aufgewendete (Rück-) Kaufpreis abgezogen wird. Gleichwohl handelt es sich nur um zwei verschiedene Erscheinungsformen desselben Vermögenswerts. Sinn und Zweck der Verfallsvorschiften ist es, dem Täter diesen zu entziehen (vgl. Schmidt in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Auflage, § 73, Rn. 8), nicht aber den doppelten Wert. Bei der sich daraus ergebenden Einschränkung, dass nur der Verfall des einfachen Werts des Vermögensgegenstands anzuordnen ist, handelt es sich der Sache nach nicht um eine Ausnahme vom Bruttoprinzip, weil dieses lediglich untersagt, die Leistung, die Gegenleistung und sonstige Aufwendungen innerhalb eines Veräußerungsgeschäfts zu saldieren, aber keine Aussage darüber trifft, auf welche Weise zwei verschiedene Geschäfte zueinander in Beziehung zu setzen sind.
14 
Der Senat nimmt im vorliegenden Fall die Einschränkung bei den Rückkaufsgeschäften aus dem Aktiendepot des Angeklagten in der Weise vor, dass lediglich die ihm nach der Ausführung beider, im Abstand von wenigen Minuten tateinheitlich abgewickelter Geschäfte verbliebenen Aktien dem Verfall unterliegen, wohingegen die zunächst erlangten Kaufpreise nicht vom Verfall erfasst werden. Hinsichtlich der nach dem Rückkaufsgeschäft vom 9. Dezember 2008 im Aktiendepot des früheren Mitangeklagten verbliebenen Aktien führt der Senat die Begrenzung der Verfallsanordnung auf den einfachen Wert des Vermögensgegenstands dergestalt durch, dass allein der vom Angeklagten erlangte Kaufpreis in Höhe von 4.250,00 EUR dem Verfall unterliegt.
15 
Ohne Bedeutung ist dabei, dass der Angeklagte bei den Rückkaufsgeschäften aus seinem Aktiendepot bereits vor den Taten Inhaber der Aktien war. Denn aufgrund des Verkaufsgeschäfts war er es für kurze Zeit nicht mehr und wurde es erst dann wieder. Dies genügt für die Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB. Es handelt sich um eine der Einziehung von sog. Beziehungsgegenständen nach §§ 74ff. StGB ähnliche Fallgestaltung, deren Rechtsgrundlage aber § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ist. Denn ein Fall des Vorrangs des Rechts der Einziehung (vgl. hierzu Schmidt in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Auflage, § 73, Rn. 27) ist hier nicht gegeben, weil das WpHG keine Vorschriften über die Einziehung von Beziehungsgegenständen enthält. Somit ist dem Angeklagten der einfache Wert der Vermögensgegenstände zu entziehen, die er zur Markmanipulation benutzt hat. Das Gleiche gilt für den Einsatz seines Vermögens zur Durchführung des Rückkaufsgeschäfts betreffend das Depot des früheren Mitangeklagten.
16 
Damit unterlagen nach der Beendigung der Taten folgende Gegenstände dem Verfall:
17 
- 20.000 Stück M.-Aktien (Tat 1 a,b)
- 7.918 Stück D.-Aktien (Tat 3 a,b)
- 9.140 Stück W.-Aktien (Tat 3 c-f)
- 4.250,00 EUR Kaufpreis für 5.000 Stück D.-Aktien (Tat 2 a,b)
- 8.250,69 EUR Kaufpreis für 8.169 Stück M.-Aktien (Tat 1c).
18 
Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die Anordnung des Verfalls dieser Gegenstände als solcher im Sinne von § 73a Satz 1 StGB nicht möglich ist, weil der Angeklagte die ihm verbliebenen Aktien aus den Taten verkauft und die eingenommenen Kaufpreise mit seinem sonstigen Vermögen vermischt hat. Deshalb ist gemäß § 73a Satz 1 StGB der Verfall eines Geldbetrags anzuordnen, der dem Wert des Erlangten entspricht. Hinsichtlich der dem Verfall unterliegenden Aktien hat das Landgericht im angefochtenen Urteil keinen Gebrauch von der Möglichkeit des § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB gemacht, die vom Angeklagten für die Aktien erzielten Veräußerungserlöse zum Gegenstand der Verfallsanordnung zu machen. Es hat aber die vom Angeklagten erzielten Veräußerungserlöse als Verkehrswert der Aktien angesehen und sich dabei darauf gestützt, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der im Wertpapierhandel berufstätige Angeklagte die Aktien unter Wert verkauft hat. Diese Feststellung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und damit für den Senat verbindlich.
19 
In rechtlicher Hinsicht zutreffend ist die Anordnung des Verfalls dieses Geldbetrags aber nur, wenn es auf den Verkehrswert der Aktien zum Zeitpunkt der Entstehung des Wertersatzanspruchs nach § 73a Satz 1 StGB ankommt, weil die Aktien nur zu diesem Zeitpunkt genau diesen Wert hatten. Der Senat schließt sich der in der Literatur vertretenen Auffassung, die dies annimmt (Joecks in Münchener Kommentar, StGB, 2. Aufl., § 73a, Rdnr. 16; Wolpers/Horn in SK, StGB, Stand 2013, § 73a, Rdnr. 3; Güntert; Die Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion, 1983, S. 68), jedenfalls für Fälle der vorliegenden Art an. Dafür spricht die Struktur der Vorschriften in 73ff. StGB. Denn bis zum Eintritt der Unmöglichkeit der Herausgabe des Verfallsgegenstands ist vom Verfallsschuldner dieser in natura herauszugeben. Einer Bewertung des Gegenstands bedarf es dabei regelmäßig nicht. Es liegt deshalb im Fall der Unmöglichkeit seiner Herausgabe nahe, für die Bewertung auf den Zeitpunkt des Übergangs zum Wertersatzanspruch abzustellen. Gegen die überwiegende Auffassung, die die Bewertung bezogen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung vornimmt (Schmidt in Leipziger Kommentar, a.a.O., § 73a, Rn. 13; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 73a, Rdnr. 3; Eser in Schönke Schröder, StGB, 28. Aufl., § 73a Rdnr. 11; ähnlich BGH, Urteil vom 27. August 1953, in St 4, 305ff. zum im Jahr 1953 geltenden Einziehungsrecht), spricht, dass Wertsteigerungen des ursprünglichen Verfallsgegenstands, die erst nach dem Zeitpunkt der Entstehung des Wertersatzanspruchs eintreten, schon deswegen nicht zu berücksichtigen sind, weil sie dem Vermögen des Betroffenen selbst nicht mehr zugutegekommen sind (Joecks, a.a.O.). So liegt es im vorliegenden Fall beim bis zur Berufungshauptverhandlung wieder gestiegenen Börsenpreis der Aktien der W. AG.
20 
Der Senat folgt auch nicht der Auffassung der Staatsanwaltschaft Stuttgart, dass auf den - im vorliegenden Fall für alle Aktien höheren - Verkehrswert zum Zeitpunkt der rechtswidrigen Erlangung des Vermögensgegenstands abzustellen sei. Die Staatsanwaltschaft beruft sich dabei auf die Vorschrift des § 73a Satz 2 StGB, wonach das Gericht eine ergänzende Wertersatzverfallsanordnung auch neben der Verfallsanordnung für einen Gegenstand trifft, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt. Sie schließt daraus, dass der Verfallsschuldner das Risiko einer Wertverschlechterung des Verfallsgegenstands zwischen dessen Erlangung und der Veräußerung tragen soll. Diesen Sinngehalt hat die Vorschrift nach der Auffassung des Senats aber nicht. Die Vorschrift geht auf den Entwurf der Bundesregierung für ein Strafgesetzbuch aus dem Jahr 1962 (BTDrs. IV/650, S. 1, 30) zurück, die vom Sonderausschuss des Bundestags für eine Strafrechtsreform im Wesentlichen in leicht erweiterter Form übernommen wurde (vgl. BTDrs. V/4095, S. 1, 40). In der Begründung des Entwurfs der Bundesregierung aus dem Jahr 1962 (a.a.O. S. 245) heißt es hierzu, dass die Vorschrift „für einen Ausnahmefall“ die Möglichkeit der Anordnung des Wertersatzverfalls neben dem Verfall eines Ersatzgegenstands (nach § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB in der seit dem 1. Januar 1975 geltenden Fassung) eröffnen soll, „z.B. dann wenn der Täter das aus der Tat Erlangte zu einem Schleuderpreis verkauft oder Bestandteile davon teils verkauft, teils verschenkt hat“. Mit der Vorschrift sollte also ausgeschlossen werden, dass der Täter durch wertmindernde Verfügungen rechtsmissbräuchlich mit Erfolg auf den wirtschaftlichen Gegenwert der Verfallsanordnung Einfluss nimmt. Die Bedeutung, dass der Täter das Risiko der Wertverschlechterung des ursprünglich erlangten Verfallsgegenstands tragen soll, kann der Vorschrift damit aber nicht entnommen werden (ebenso Rönnau/Hohn, wistra 2002, 445, 451). Der Sinn der Verfallsvorschriften ist es vielmehr, dem Täter das zu entziehen, was er aus der Tat erlangt hat. Hat sich der Wert des erlangten Gegenstands ohne Zutun des Täters verschlechtert, so ist ihm nur der ihm verbliebene Wert zu entziehen. Der Senat weicht dabei nicht von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27. August 1953 (BGHSt 4, 305, a.a.O.) ab, so dass eine Divergenzvorlage nach § 121 Abs. 2 GVG an den Bundesgerichtshof zu unterbleiben hat. Denn die Vorschrift des § 73a Satz 1 StGB, zu der der Senat Stellung nimmt, ist zusammen mit den weiteren Vorschriften über den Verfall in §§ 73 bis 73e StGB erst mit Wirkung ab dem 1. Januar 1975 in Kraft getreten (vgl. Schmidt in Leipziger Kommentar, a.a.O., vor § 73, Rn. 11). Der Bundesgerichtshof hat sich demgegenüber zu § 401 Abs. 2 AO in der damals gültigen Fassung geäußert.
21 
Somit ergibt sich aufgrund der tatrichterlichen Feststellungen nach dem Verkauf der tatgegenständlichen Aktien folgende Berechnung des gegen den Angeklagten anzuordnenden Wertersatzverfalls:
22 
Wert 20.000 Stück M.-Aktien (Tat 1a,b):
18.800,00 Euro
Kaufpreis 8.169 Stück M.-Aktien (Tat 1c):
8.250,69 Euro
Kaufpreis 5.000 Stück D.-Aktien (Tat 2 a,b):   
4.250,00 Euro
Wert 7.918 Stück D.-Aktien (Tat 3 a,b):
4.037,98 Euro
Wert 9.140 Stück W.-Aktien (Tat 3 c-f):
12.152.00 Euro
Summe:
47.490,67 Euro
23 
Dabei hat der Senat den Verkehrswert der 7.918 R.-Aktien von 4.037,98 Euro aus der vom Landgericht getroffenen Feststellung entnommen, dass der Angeklagte durch den Verkauf von 12.918 R.-Aktien - nämlich einschließlich der 5.000 Stück R.-Aktien aus dem Depot des früheren Mitangeklagten (Tat 2 a,b) - 6.587,86 Euro erzielt hat.
24 
Eine (weitere) Herabsetzung dieses Verfallsbetrags nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB hat das Landgericht im angefochtenen Urteil ohne Rechtsfehler nicht vorgenommen, weil das Vermögen des Betroffenen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung den Verfallsbetrag um einiges überschreitet.
25 
Der Senat kann ausschließen, dass eine weitere Herabsetzung des Verfallsbetrags nach der Generalklausel des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB in Betracht kommt. Hierfür gibt es aufgrund der getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte. Der vom Angeklagten und der Verteidigung angeführte Umstand, dass die Geschäfte für den Angeklagten wirtschaftlich neutral waren und keinen Gewinn erbrachten, rechtfertigt dies nicht. Nach den getroffenen Feststellungen kann eine wirtschaftliche Existenzgefährdung des Angeklagten als Folge der Verfallsanordnung ausgeschlossen werden.
26 
Der Senat setzt den Verfallsbetrag in Höhe von 47.490,67 Euro entsprechend § 354 Abs. 1, 3. Alt. StPO selbst fest, weil nach der gegebenen Rechtslage auf diesen bestimmten Betrag zu erkennen ist (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 354, Rn. 9a m.w.N.). Im Fall eines absolut bestimmten Verfallsbetrags läge ebenso wie bei einer absolut bestimmten Strafe eine sinnlose Förmelei darin, die Sache zur Festsetzung dieses Betrags an das Landgericht zurückzuverweisen.
27 
B) Die Revision der Staatsanwaltschaft
28 
1. Die Staatsanwaltschaft hat ihre zulässige Revision gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 24. Mai 2013 auf die Anordnung des Verfalls von Wertersatz beschränkt. Der Angriff der Staatsanwaltschaft gegen die vom Landgericht gewährte Zahlungserleichterung für die Geldstrafe ist deshalb unzulässig.
29 
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft bleibt aus den dargelegten Gründen erfolglos. Einer Aufhebung des angefochtenen Urteils auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft bedarf es nicht, da - unabhängig davon, dass dieses Rechtsmittel auch zugunsten des Angeklagten wirkt (§ 301 StPO) - das Urteil bereits auf die Revision des Angeklagten aufzuheben ist.
30 
3. Auch der Angriff der Staatsanwaltschaft gegen die Zahlungsfrist von sechs Monaten, die das Landgericht dem Angeklagten für den Verfallsbetrag eingeräumt hat, greift nicht durch. Vielmehr trägt die Feststellung des Landgerichts, dass das Gesamtvermögen des Angeklagten im Wesentlichen in Aktien angelegt ist, die Bewertung, dass ihm nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die sofortige Bezahlung des Verfallsbetrags gemäß § 42 StGB nicht zuzumuten ist.
31 
Die Kostenentscheidung beruht für beide Rechtsmittel auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. Der nicht erhebliche Teilerfolg des Angeklagten hinsichtlich der Höhe des Verfallsbetrags lässt es nicht unbillig erscheinen, ihn mit den vollen Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 5/13
vom
27. November 2013
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________________
WpHG aF § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
1. Auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments wird eingewirkt, wenn dieser
künstlich, d.h. gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse erhöht, abgesenkt
oder auch nur stabilisiert wird. Hierfür reicht es nicht aus, dass aufgrund
des manipulativen Geschäfts erstmals ein Börsenpreis gebildet wird; erforderlich
ist vielmehr, dass bereits ein Börsenpreis existiert, der sodann durch die
Manipulation des Täters beeinflusst wird.
2. Für den nach § 28 Abs. 2 WpHG aF erforderlichen Taterfolg reicht es aus,
dass der manipulierte Preis an der Börse festgesetzt wird. Es ist nicht erforderlich
, dass danach weitere Geschäfte getätigt werden, bei denen die Preise
kausal gerade auf dem durch das manipulative Geschäft hervorgerufenen
Kursniveau beruhen.
3. Der Begriff des Börsenpreises im Sinne des § 38 Abs. 2 WpHG aF entspricht
dem des § 24 Abs. 1 BörsG. Ein Börsenpreis in diesem Sinne kommt auch
dann zustande, wenn das Geschäft, auf dem er beruht, den inhaltlichen Anforderungen
des § 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG nicht genügt; erfasst sind deshalb
auch vollständig oder teilweise manipulierte Börsenpreise.
4. Der subjektive Tatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG aF erfordert Vorsatz; dieser
genügt. Nicht vorausgesetzt ist, dass der Täter mit einer Manipulationsabsicht
handelt.
5. Bei einer nach § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
WpHG aF strafbaren Marktmanipulation durch den Verkauf von Aktien zu einem
zuvor abgesprochenen Preis ist erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1
StGB der gesamte für die Aktien erzielte Kaufpreis.
BGH, Urteil vom 27. November 2013 - 3 StR 5 /13 - LG Düsseldorf
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Marktmanipulation
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
25. Juli 2013 in der Sitzung am 27. November 2013, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- nur in der Verhandlung am 25. Juli 2013 -
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 7. September 2012 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im Übrigen - wegen vorsätzlicher Marktmanipulation in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 80 € verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 63.700 € angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet insbesondere die Beweiswürdigung sowie die Verfallsentscheidung. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts erteilte der Angeklagte Verkaufs- und Kaufaufträge für die im Freiverkehr an der Frankfurter Börse gehandelten Aktien der Firma R. AG, die er zuvor mit dem Käufer bzw. Verkäufer abgesprochen hatte (sog. matched orders bzw. prearranged trades).
3
1. Zunächst gab er am 3. April 2009 in der Absicht, sich finanzielle Liquidität für den Erwerb sonstiger Aktien zu verschaffen, einen Verkaufsauftrag über 22.000 Aktien der R. AG zu einem Verkaufslimit von 4,55 €. Ein Geschäftspartner des Angeklagten erteilte am selben Tag aufgrund einer zwischen beiden zuvor getroffenen Vereinbarung einen Kaufauftrag mit einem Kauflimit von 4,55 €, zunächst über 14.000 und unmittelbar darauf über weitere 8.000 Stück der betreffenden Aktien. Diese Aufträge wurden jeweils zu entsprechenden Geschäftsabschlüssen zusammengeführt. Ein zu einem nicht näher festgestellten vorherigen Zeitpunkt veröffentlichter Preis für die Aktie der R. AG betrug 4,12 € pro Aktie. Dabei handelte es sich um einen Geldkurs, zu dem kein Umsatz stattfand, sondern nur eine Nachfrage bestand. Nach der Auffassung der Strafkammer sei dieser Kurs zwar kein Börsenkurs im Sinne des § 24 BörsG. Er sei gleichwohl bei der Beurteilung der Einwirkung auf den Preis der Aktie nach § 38 Abs. 2 WpHG in der zur Tatzeit geltenden Fassung durch das Verhalten des Angeklagten heranzuziehen, weil andernfalls gerade auf besonders manipulationsanfälligen Märkten der dort besonders notwendige strafrechtliche Schutz nicht gewährleistet sei.
4
2. Um die ihm gewährte Liquidität teilweise zurückfließen zu lassen, gab der Angeklagte am 30. April 2009 den Kauf von 10.000 Stück derselben Aktie zu einem Kauflimit von 4,55 € in Auftrag. Da sein Geschäftspartner zuvor zwei Verkaufsaufträge über je 5.000 Stück Aktien mit dem vereinbarten Verkaufslimit in gleicher Höhe erteilt hatte, kam es zu einem entsprechenden Geschäftsabschluss. Sechs Minuten zuvor hatte der Angeklagte mit seinem Geschäftspartner ein ebenfalls abgesprochenes - nicht mehr verfahrensgegenständliches - Geschäft zu 4,50 € pro Aktie geschlossen. Auf diesen Preis habe der Angeklagte, so die Wertung des Landgerichts, in von § 38 Abs. 2 WpHG aF pönalisierter Form eingewirkt.
5
II. Das Urteil hält der auf Grund der Revisionsrechtfertigung gebotenen umfassenden sachlichrechtlichen Prüfung stand. Die - entgegen der Auffassung der Revision rechtsfehlerfrei zustande gekommenen - Feststellungen be- legen zwei zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit stehende Straftaten nach § 38 Abs. 2 WpHG in der hier nach § 2 Abs. 3 StGB maßgebenden, zu den Tatzeiten geltenden Fassung (im Folgenden: aF). Bezüglich der Anordnung des Verfalls zeigt die Revision ebenfalls keinen Rechtsfehler auf.
6
1. Der Senat hat keine durchgreifenden Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der die Strafbarkeit begründenden Regelung.
7
a) Für die rechtliche Bewertung des vorliegenden Falles ist folgendes Regelungsgefüge maßgeblich: Gemäß § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF ist es untersagt, Geschäfte vorzunehmen oder Kauf- oder Verkaufsaufträge zu erteilen, die geeignet sind, falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF bestimmt, dass derjenige ordnungswidrig handelt, der entgegen § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, auch in Verbindung mit Abs. 4, jeweils in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 oder 5 ein Geschäft vornimmt oder einen Kauf- oder Verkaufsauftrag erteilt. § 20a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF erlaubt dem Bundesministerium der Finanzen, durch eine Rechtsverordnung , die der Zustimmung des Bundesrats bedarf, nähere Bestimmungen zu erlassen über falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten oder das Vorliegen eines künstlichen Preisniveaus. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 der auf dieser Grundlage erlassenen Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung (MaKonV ) werden irreführende Signale im Sinne des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG insbesondere auch durch Geschäfte oder einzelne Kauf- oder Verkaufsaufträge über Finanzinstrumente gegeben, die von Parteien, die sich abgesprochen haben, zu im Wesentlichen gleichen Stückzahlen und Preisen erteilt werden, es sei denn, diese Geschäfte wurden im Einklang mit den jeweili- gen Marktbestimmungen rechtzeitig angekündigt. Strafbar gemäß § 38 Abs. 2 WpHG aF macht sich schließlich u.a., wer eine in § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF bezeichnete Handlung begeht und dadurch auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments einwirkt.
8
b) Auch mit Blick auf die zahlreichen, in den genannten Vorschriften enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe, die auf den ersten Blick wenig übersichtliche Regelungstechnik und die in § 39 Abs. 1 Nr. 1 WphG aF enthaltenen blankettartigen Verweise auf verschiedene Rechtsverordnungen ist die Regelung insgesamt - trotz der verschiedentlich im Schrifttum geäußerten Zweifel (vgl. Sorgenfrei, wistra 2002, 321, 325; Park-Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 61 ff.; Moosmayer, wistra 2002, 161, 167 ff.; Tripmaker , wistra 2002, 288, 292; Streinz/Ohler, WM 2004, 1309, 1314 ff.; Schmitz, ZStW 115 (2003), 501, 528) - verfassungsgemäß (vgl. zu § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG BGH, Beschluss vom 20. Juli 2011 - 3 StR 506/10, wistra 2011, 467, 468; zu § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.; vgl. auch Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 6. Aufl., Vor § 20a Rn. 26 ff.; Mock/Stoll/Eufinger in Kölner Kommentar zum WpHG, § 20a Rn. 82 ff.; Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts -Kommentar, 4. Aufl., § 20a WpHG Rn. 5 f. mwN; Ziouvas/Walter, WM 2002, 1483, 1487; Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, 2012, S. 273; Schönwälder, Grund und Grenzen einer strafrechtlichen Regulierung der Marktmanipulation, 2011, S. 115 ff.; Teuber, Die Beeinflussung von Börsenkursen, 2011, S. 217 ff.).
9
Sie genügt insbesondere - entsprechend anderen wirtschaftsstrafrechtlichen Tatbeständen wie etwa der Subventionsbetrug (§ 264 StGB), der Kapitalanlagebetrug (§ 264a StGB) oder der Kreditbetrug (§ 265b StGB), die in ähnlicher Form durch die Verwendung konkretisierungsbedürftiger Rechtsbegriffe geprägt sind - noch dem verfassungsmäßigen Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 2 GG (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.; Vogel, aaO Vor § 20a Rn. 29), der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht übersteigert werden darf, damit die Gesetze nicht zu starr und kasuistisch und dem Wandel der Verhältnisse oder der Besonderheit des Einzelfalles nicht mehr gerecht werden (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 1992 - 2 BvR 858/92, NJW 1993, 1909, 1910). Die Verwendung präziserer, engerer Formulierungen würde hier die Gefahr begründen , dass die Regelung mit Blick auf die sich schnell ändernden manipulativen Praktiken an den Börsen und Märkten den ihr zugedachten hauptsächlichen Zweck, im Interesse des Gemeinwohls die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und organisierten Märkten zu gewährleisten und damit deren Funktionsfähigkeit gegen manipulierende Eingriffe zu sichern (BTDrucks. 14/8017, S. 98; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 7) bereits nach kurzer Zeit nicht mehr erfüllen könnte (vgl. Schwark/Zimmer, aaO § 20a WpHG Rn. 5).
10
Ein Verstoß gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG liegt ebenfalls nicht vor (vgl. Eichelberger, ZBB 2004, 296, 299). Die Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung wirkt nicht strafbegründend. Sie ist nicht abschließend und enthält Begriffserläuterungen sowie Regelbeispiele, bei deren Vorliegen Tatbestandsmerkmale des § 20a WpHG erfüllt sein können, außerdem Verfahrensvorschriften zur Anerkennung einer zulässigen Marktpraxis. Sie hat zum Ziel, den Marktteilnehmern entsprechende Leitlinien an die Hand zu geben, mit deren Hilfe deutlich wird, welche Handlungen marktkonform sind und damit keinen Verstoß gegen § 20a Abs. 1 WpHG darstellen (BT-Drucks. 14/8017 S. 90). Daher führt sie keine neuen Straftatbestände ein; sie spezifiziert lediglich in nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts letztlich unbedenklicher Weise (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 6. Mai 1987 - 2 BvL 11/85, BVerfGE 75, 329, 342; vom 29. Mai 1991 - 2 BvR 117/90, NJW 1992, 107; vom 7. Oktober 2008 - 2 BvR 1101/08, NVwZ 2009, 239 f. mwN) die gesetzlichen Regelungen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 1 StR 420/03, NJW 2005, 445, 450 zur Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Kurs- und Marktpreismanipulation KuMaKV; vgl. auch Schwark/Zimmer, aaO § 20a WpHG Rn. 6).
11
2. Die Voraussetzungen der § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF sind durch die Feststellungen belegt. Insoweit bedürfen lediglich die folgenden Gesichtspunkte der Erörterung:
12
a) Die von dem Angeklagten erteilten Verkaufs- bzw. Kaufaufträge und die auf dieser Grundlage abgeschlossen Geschäfte waren geeignet, irreführende Signale für den Börsenpreis eines Finanzinstruments zu geben, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF.
13
aa) Der Begriff der irreführenden Signale in diesem Sinne entspricht demjenigen der irreführenden Angaben nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG aF. In diesem Sinne ist ein irreführendes Signal gegeben, wenn es geeignet ist, einen verständigen, d.h. börsenkundigen und mit dem Markt des betroffenen Finanzinstruments vertrauten, Anleger zu täuschen (vgl. etwa Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 150; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 172). Zu den Marktverhältnissen gehören alle Umstände, die auf die Preisbildung einwirken, also insbesondere die Angebotslage, die Nachfrageseite , das Umsatzvolumen, die zeitliche Abfolge der getätigten Umsätze sowie allgemein die Marktliquidität (vgl. MüKoStGB/Pananis aaO).
14
bb) Diese Voraussetzungen sind in beiden Fällen erfüllt. Der Angeklagte und sein Geschäftspartner hatten jeweils einen bestimmten Preis und die Stückzahlen abgesprochen. Sodann setzten sie für die Aufträge zu dem Ver- kauf bzw. Kauf an der Börse ein der vorherigen Absprache entsprechendes Preislimit. Die auf diesen limitierten Orders beruhenden Geschäfte vermittelten jedoch den Eindruck, dass der Preis sich jeweils börsenmäßig aufgrund von Angebot und Nachfrage frei gebildet habe (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Oktober 2011 - 2 Ss 65/11, NJW 2011, 3667). Damit konnte ein verständiger Marktteilnehmer über die zutreffenden wirtschaftlichen Verhältnisse in dem betreffenden Markt in die Irre geführt werden.
15
cc) Einen über die Eignung, falsche oder irreführende Signale zu geben, hinausgehenden Erfolg - etwa in Form eines Irrtums bei sonstigen Marktteilnehmern - verlangt § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nicht (vgl. schon zutreffend OLG Stuttgart, aaO, NJW 2011, 3667, 3670).
16
b) Die vom Angeklagten vorgenommenen Handlungen in Form der sog. matched orders bzw. prearranged trades waren mit der zulässigen Marktpraxis auf dem betreffenden Markt nicht vereinbar (vgl. hierzu § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaKonV; BR-Drucks. 639/03 S. 12; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 189; Vogel, aaO § 20a Rn. 166), so dass der Ausnahmetatbestand des § 20a Abs. 2 Satz 1 WpHG nicht eingreift. Die Voraussetzungen des § 20a Abs. 3 WpHG liegen ebenfalls nicht vor.
17
3. Der Straftatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG aF erfordert, dass - zusätzlich zu den Voraussetzungen einer Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF - der Angeklagte auf den Börsenpreis der R. -Aktie tatsächlich einwirkte. Auch dies kann den Feststellungen in beiden Fällen im Ergebnis entnommen werden.
18
a) Der Begriff des Börsenpreises bestimmt sich nach der auch in diesem Zusammenhang geltenden Definition des § 24 BörsG (allg. Auff., vgl. etwa Park-Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 110; Vogel, aaO § 20a Rn. 114; Diversy in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht , § 38 WpHG Rn. 124; Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht, 2. Aufl., Rn. 381). Dafür spricht bereits, dass die Strafbarkeit von marktmanipulativen Verhaltensweisen früher im Börsengesetz selbst geregelt war (vgl. § 88 BörsG aF) und nichts dafür ersichtlich ist, dass derselbe Begriff innerhalb eines Gesetzes unterschiedlich zu interpretieren war. Den Gesetzesmaterialien ist nicht zu entnehmen, dass durch die Normierung der Strafbarkeit im Wertpapierhandelsgesetz insoweit eine sachliche Änderung beabsichtigt war (vgl. BT-Drucks. 14/8017 S. 64, 89). Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 BörsG sind alle Preise, die während der Börsenzeit an einer Börse im Präsenzhandel oder im elektronischen Handel, oder Preise, die an einer Warenbörse ermittelt werden, Börsenpreise (vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, 5. Aufl., § 24 BörsG Rn. 5). Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 BörsG gilt dies auch für einen Preis, der im Freiverkehr an einer Wertpapierbörse festgestellt wird. Auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments wird eingewirkt, wenn dieser künstlich, d.h. gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse am Markt, erhöht, abgesenkt oder auch nur stabilisiert wird (vgl. OLG Stuttgart, aaO NJW 2011, 3667, 3669; Vogel, aaO § 38 Rn. 51, § 20a Rn. 115; Fuchs/Waßmer, WpHG, 2009, § 38 Rn. 40; Koppmann, ZWH 2012, 27). Maßgeblich ist also, dass die manipulative Handlung des Täters kausal für den fraglichen Preis eines Finanzinstruments ist.
19
aa) Im Fall II. 1 der Urteilsgründe hat das Landgericht darauf abgestellt, dass vor dem Verkauf der Aktien durch den Angeklagten an seinen Partner ein Geldkurs in Höhe von 4,12 € exisiterte, zu dem kein Umsatz stattfand, sondern nur eine Nachfrage bestand (UA S. 5). An anderer Stelle hat es diesen Kurs als Taxkurs bezeichnet (UA S. 17). Dies genügt für die Annahme eines Börsenkurses in dem hier maßgebenden Sinne nicht. Dabei kann dahinstehen, welche Bezeichnung letztlich zutreffen soll; denn sowohl Geld- als auch Taxkurse sind, wie die Strafkammer selbst zutreffend erkannt hat, keine Börsenkurse im Sinne des § 24 Abs. 1 BörsG (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1990 - XI ZR 68/89, WM 1990, 1408 mwN zu § 29 BörsG aF Oetker; Bergmann, HGB, 3. Aufl., § 400 Rn. 6 mwN; Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 24 BörsG Rn. 8).
20
Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausgeführt hat, es müsse auf solche Geld- oder Taxkurse zurückgegriffen werden, auch wenn diese keine Börsenkurse im Sinne des § 24 BörsG seien, damit der notwendige strafrechtliche Schutz gewährleistet werden könne, ist nicht zu verkennen, dass insbesondere enge Märkte wie der vorliegende, auf denen Wertpapiere mit nur wenigen Umsätzen gehandelt werden, besonders manipulationsanfällig sind. Allein das Ziel, vermeintliche oder tatsächlich bestehende Strafbarkeitslücken zu schließen, kann jedoch nicht dazu führen, Tatbestandsmerkmale zu überdehnen. Wie weit und unter welchen Voraussetzungen der strafrechtliche Schutz in diesem Bereich gewährleistet werden soll, ist in erster Linie der Entscheidung des Gesetzgebers übertragen. Dieser hat sich bei der Neuregelung der Bußgeld- und Strafvorschriften durch das am 1. Juli 2002 in Kraft getretene Vierte Finanzmarktförderungsgesetz dafür entschieden, die Strafbarkeit marktmanipulativen Verhaltens an die Einwirkung auf einen Börsen- oder Marktpreis zu knüpfen (hinsichtlich der Praxistauglichkeit kritisch etwa bereits Ziouvas/Walter, WM 2002, 1483, 1487). Dies ist bei der Rechtsanwendung hinzunehmen.
21
Nicht allein ausreichend ist es auch, dass der Angeklagte durch das Geschäft mit seinem Partner einen (neuen) Börsenpreis bewirkte. Nach der soweit ersichtlich in Rechtsprechung und Literatur einhellig verwendeten Umschrei- bung des Einwirkens im Sinne des § 38 Abs. 2 WpHG aF, von der in der vorliegenden Fallkonstellation abzuweichen kein Anlass besteht, ist es erforderlich, dass bereits ein Börsenpreis existiert, der sodann durch die Manipulation des Täters beeinflusst wird. Der Tatbestand setzt somit, anders als etwa der Kapitalanlagebetrug nach § 264a StGB, einen bereits bestehenden Börsenpreis voraus; das (erstmalige) Bewirken eines Börsenpreises wird von ihm nicht umfasst (vgl. OLG Stuttgart, aaO NJW 2011, 3667, 3670; Fleischer, ZIP 2003, 2045, 2052; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 137).
22
Den Urteilsgründen ist in ihrem Zusammenhang jedoch genügend sicher zu entnehmen, dass bereits vor dem manipulativen Geschäft zwischen dem Angeklagten und seinem Partner ein Börsenpreis im Sinne des § 24 Abs. 1 BörsG für die R. -Aktie bestand. Nach den vom Landgericht wiedergegebenen Ausführungen der Sachverständigen N. wurde die Aktie zwar zwischen dem 31. Mai 2007 und dem 11. August 2008 nicht gehandelt.Danach - und damit vor der Tat am 3. April 2009 - fanden jedoch Umsätze statt. Aufgrund der weiteren Darlegungen der Quellen, aus denen die Sachverständige ihre diesbezüglichen Erkenntnisse gewonnen hat, ist davon auszugehen, dass diese Umsätze zur Festsetzung von Börsenpreisen führten. Auch im Rahmen ihrer Erwägungen zum Verfall hat die Strafkammer ausgeführt, dass die R. -Aktie Anfang des Jahres 2009 gehandelt wurde.
23
bb) Im Fall II. 2 der Urteilsgründe hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei als Bezugspunkt einen an der Börse festgesetzten Kurs angenommen, der auf einem kurz vor der abgeurteilten Tat zwischen dem Angeklagten und seinem Geschäftspartner getätigten Geschäft beruhte. Darauf, ob es sich hierbei ebenfalls um ein zuvor abgesprochenes Geschäft handelte, das den inhaltlichen Anforderungen an das ordnungsmäßige Zustandekommen eines Börsenpreises nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG nicht genügte (vgl. Beck in Schwark/Zimmer, aaO § 24 BörsG Rn. 25), kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Der Begriff des Börsenpreises wird zunächst in § 24 Abs. 1 BörsG definiert. Danach sind - jedenfalls bis zu einer aufsichtsrechtlichen oder sonstigen Beanstandung - auch vollständig oder teilweise manipulierte Börsenpreise erfasst; denn insbesondere der Preisfindung in elektronischen Handelssystemen fehlt heute jedes gestaltende oder gar regelnde Moment; sie ist nur noch Protokollierung eines realen Transaktionspreises (vgl. Theissen, WM 2003, 1497, 1503). Deshalb gebieten es Sinn und Zweck der § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG, die Preisbildung an bzw. auf und die Funktionsfähigkeit von Börsen und überwachten Märkten zu schützen (vgl. im Einzelnen Vogel, aaO § 20a Rn. 26 ff.; Erbs/Kohlhaas/Wehowsky, § 20a WpHG Rn. 2 [Stand: April 2012]), in dem hier relevanten Zusammenhang auf diesen Börsenpreis im formellen Sinne, nicht aber darauf abzustellen, ob die inhaltlichen Anforderungen gemäß § 24 Abs. 2 BörsG erfüllt sind. Diese sind vor allem auch deshalb von Belang, weil dem Börsenpreis in zahlreichen anderen Zusammenhängen , etwa bei der Pfandverwertung, beim Fixhandelskauf sowie im Bilanzoder Steuerrecht eine erhebliche Bedeutung zukommt (vgl. Beck in Schwark/Zimmer, aaO § 24 BörsG Rn. 5 f.). Zudem könnten andernfalls besonders hartnäckig manipulierende Täter, die unter Umständen mehrere abgesprochene Geschäfte hintereinander tätigen, allenfalls für die erste Transaktion strafrechtlich belangt werden.
24
cc) Der Angeklagte wirkte jeweils auf den Börsenpreis der R. -Aktie bereits dadurch ein, dass der von ihm und seinem Partner abgesprochene Preis an der Börse festgesetzt wurde. § 38 Abs. 2 WpHG aF ist zwar als Erfolgsdelikt ausgestaltet (Vogel, aaO § 38 Rn. 49; Fuchs/Waßmer, WpHG, 2009, § 38 Rn. 40, 47; Kutzner, WM 2005, 1401, 1406). Der notwendige Einwirkungserfolg im Sinne der Vorschrift setzt jedoch nicht voraus, dass nach den konkreten Geschäften zwischen dem Angeklagten und seinem Partner durch Dritte weitere Geschäfte getätigt wurden, bei denen die Preise kausal gerade auf dem durch die manipulativen Geschäfte hervorgerufenen Kursniveau beruhen. § 38 Abs. 2 WpHG aF bestimmt nicht, welchen aus der Vielzahl von Börsen - und Marktpreisen, die für ein Finanzinstrument erzielt werden, der Täter herbeiführen muss; vielmehr genügt die Einwirkung auf irgendeinen Börsenoder Marktpreis, demnach auch auf irgendeinen festgestellten Preis im laufenden Handel, der nicht notwendigerweise der Schlusskurs sein muss. Die Beeinflussung des weiteren Kursverlaufs nach einer bereits eingetretenen Beeinflussung ist ebenfalls nicht erforderlich (vgl. auch EuGH, Urteil vom 7. Juli 2011 - C-445/09 IMC-Securities BV gegen Stichting Autoriteit Financiele Markten - BKR 2011, 422; Heusel/Schmidberger, BKR 2011, 425, 427; OLG Stuttgart, aaO, NJW 2011, 3667, 3669; Woodtli, NZWiSt 2012, 51, 54 f.; aA Kudlich, wistra 2011, 361, 363 f.; Nietsch XI § 38, WpHG 112 WuB).
25
b) Der Angeklagte handelte vorsätzlich; dies genügt für die subjektive Tatseite. Insbesondere setzt § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG nicht voraus, dass der Angeklagte mit einer Manipulationsabsicht oder aus anderen Motiven handelte. Der im Schrifttum teilweise vertretenen Ansicht, insbesondere bei effektiven Geschäften könne die Frage, ob von Handelsaktivitäten falsche oder irreführende Signale ausgehen, nicht ohne Blick auf die innere Willensrichtung der Beteiligten beantwortet und nur bei Bestehen einer Manipulationsabsicht bejaht werden (vgl. MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 172 f.; Erbs/Kohlhaas/Wehowsky, WpHG § 20a Rn. 25 [Stand: April 2012]; Eichelberger , Das Verbot der Marktmanipulation, 2006, S. 292; Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht , 2. Aufl., Rn. 599), ist nicht zu folgen (vgl. Vogel, aaO § 20a Rn. 152; Fuchs/Fleischer, WpHG, 2009, § 20a Rn. 74). Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es - im Gegensatz zu der bis zum 29. Oktober 2004 geltenden Fassung - auf eine derartige Manipulationsabsicht nicht (mehr) an. Vielmehr hat der Gesetzgeber auf dieses Absichtsmerkmal mit dem Anlegerschutzverbes- sungsgesetz bewusst in Abkehr von der früheren Fassung des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG verzichtet (vgl. BT-Drucks. 15/3174 S. 37). Dies entspricht auch der Intention der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (ABl. EU 2003 Nr. L 96 S. 16), die durch das Anlegerschutzverbessungsgesetz umgesetzt wurde (vgl. BT-Drucks. 15/3174 S. 26). Nach der Begründung der Kommission stellt die Definition der "Marktmanipulation" auf das Verhalten der betreffenden Person und nicht auf ihren Vorsatz oder ihr Ziel ab (KOM[2001] 281 endgültig S. 6).
26
4. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
27
a) Ihr stehen nach den Feststellungen keine Ansprüche von Geschädigten entgegen (§ 73 Abs. 1 Satz 2, § 73a Satz 1 StGB). Wie sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt (UA S. 19), haben Anleger aufgrund der Kursmanipulation keinen Schaden erlitten. Daher kann dahinstehen, ob überhaupt ein Anspruch von Anlegern auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen etwa nach § 826 BGB gegeben sein und eine Verfallsanordnung hindern könnte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10, BGHZ 192, 90, 101 f.; Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 254/09, NStZ 2010, 326; Woodtli, NZWiSt 2012, 51, 55).
28
b) Die Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe des gesamten Betrages , den der Angeklagte durch den Verkauf der ersten 14.000 Aktien im Rahmen der ersten Tat erzielte, begegnet keinen Bedenken. Der Angeklagte hat aus der Tat diesen Verkaufserlös im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt.
29
Aus der Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte , die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 29. Juni 2010 - 1 StR 245/09, BGHR StGB § 73 Erlangtes 12). Nach Sinn und Zweck des Verfalls werden solche Vorteile erfasst, die der Teilnehmer oder Dritte nach dem Schutzzweck der Strafnorm nicht erlangen und behalten dürfen soll, weil sie von der Rechtsordnung als Ergebnis einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung bewertet werden. Der dem Verfall unterliegende Vorteil bestimmt sich danach, was letztlich strafbewehrt ist (vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 83 f.). Hat sich der Tatbeteiligte im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit - insbesondere dem Abschluss oder der Erfüllung eines Vertrages - strafbar gemacht, so ist demgemäß bei der Bestimmung dessen, was er aus der Tat erlangt hat, in den Blick zu nehmen, welchen geschäftlichen Vorgang die Vorschrift nach ihrem Zweck verhindern will; nur der aus diesem Vorgang gezogene Vorteil ist dem Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erwachsen. Soweit das Geschäft bzw. seine Abwicklung an sich verboten und strafbewehrt ist, unterliegt danach grundsätzlich der gesamte hieraus erlangte Erlös dem Verfall (BGH, aaO, BGHSt 57, 79, 84 mwN).
30
Dies trifft für die hier gegebene Konstellation der Marktmanipulation nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF zu; denn danach ist das abgeschlossene Geschäft ausdrücklich verboten und der Kaufpreis als Erlös gerade unmittelbarer Zufluss aus dieser untersagten Transaktion. Die Situation bei verbotenerweise abgesprochenen Geschäften ist maßgebend dadurch gekennzeichnet, dass die Vertragspartner kollusiv zusammenwirken. Derartige Geschäfte sind nicht genehmigungsfähig; die § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF wollen sie vielmehr zum Schutz vor Preismanipulationen von Wertpapierkursen gerade als solche verhindern. Strafrechtlich bemakelt ist demnach nicht nur die Art und Weise der Ausführung des Geschäfts sondern dieses selbst, weil es den manipulierten Börsenpreis und damit den tatbestandlichen Erfolg herbeiführt.
31
Damit unterscheidet sich die hier vorliegende Fallkonstellation maßgeblich von solchen, bei denen nach der Rechtsprechung nicht die gesamte aus einem abgeschlossenen Geschäft erlangte Gegenleistung, sondern nur der durch das strafbewehrte Vorgehen erreichte Sondervorteil als erlangt zu bewerten ist. So gilt etwa bei verbotenen Insidergeschäften lediglich der realisierte Sondervorteil gegenüber anderen Marktteilnehmern als erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 224/09, NJW 2010, 882, 884). Dort ist der Veräußerungsakt als solcher legal; bemakelt ist das Geschäft deshalb, weil der Insider aus seinem Sonderwissen keinen Sondervorteil gegenüber den anderen Marktteilnehmern ziehen soll (zum Unterschied von Marktmanipulation und Insiderhandel vgl. im Einzelnen etwa Lienenkämper, Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, 2012, S. 158). Auch in den Fällen korruptiv erlangter Auftragserteilungen ist im Gegensatz zur hiesigen Sachlage lediglich die Art und Weise bemakelt, wie der Auftrag erlangt wurde, nicht hingegen, dass er ausgeführt wurde. Dies rechtfertigt es, das Erlangte nach dem kalkulierten Gewinn und nicht nach dem vereinbarten Werklohn zu bemessen (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 309 ff.). Bei nach dem Außenwirtschaftsgesetz verbotenen Ausfuhren kommt es schließlich darauf an, ob das dem Vorgang zugrunde liegende Geschäft genehmigungsfähig ist und genehmigt werden müsste (BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 83 ff.). Ist dies der Fall, wird allein die Umgehung der Kontrollbefugnis der Genehmigungsbehörde sanktioniert ; erlangt sind dann nur die hierdurch ersparten Aufwendungen. Ist das Geschäft demgegenüber - gegebenenfalls auch nur nach dem Ermessen der zuständigen Behörde - nicht genehmigungsfähig, so ist es als solches bemakelt; dann kann - wie in der vorliegenden Konstellation - die gesamte Gegenleistung abgeschöpft werden.
32
c) Ein Absehen vom Verfall nach der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB hat das Landgericht geprüft und ohne Rechtsfehler abgelehnt.
Becker Schäfer Hubert Mayer Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 343/11
vom
19. Januar 2012
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________________
StGB § 73 Abs. 1 Satz 1, AWG § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Hat der Täter in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste (Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung
) genannte Güter ohne die erforderliche Genehmigung ausgeführt, hätte
diese indes erteilt werden müssen, so ist nicht der gesamte für die Güter eingenommene
Kaufpreis das im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aus der Tat Erlangte;
vielmehr sind dies nur die durch das Unterbleiben des Genehmigungsverfahrens ersparten
Aufwendungen.
BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343 /11 - LG Hamburg
in der Strafsache
gegen
wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz
Nebenbeteiligte: Fa. W. , vertreten durch
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
15. Dezember 2011 in der Sitzung am 19. Januar 2012, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung - ,
Staatsanwalt - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Vertreter der Nebenbeteiligten,
Justizamtsinspektor in der Verhandlung,
Justizangestellte bei der Verkündung
als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Nebenbeteiligten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 8. Juni 2011 im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz gegen die Nebenbeteiligte bezüglich der Fälle III. 3. 1 bis 36 und 38 bis 47 der Urteilsgründe aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. Die weitergehenden Revisionen der Nebenbeteiligten und der Staatsanwaltschaft werden verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels der Nebenbeteiligten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die der Nebenbeteiligten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen fahrlässigen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz in 47 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 35 Tagessätzen zu je 1.000 € verurteilt. Gegen die Nebenbeteiligte hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 200.000 € angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision der Nebenbeteiligten, die das Urteil beanstandet, soweit die Verfallsanordnung auf den Fällen III. 3. 1 bis 36 und 38 bis 47 der Urteilsgründe beruht. Die Verfallsentscheidung in Höhevon 8.040 € hinsichtlich des Falles III. 3. 37 der Urteilsgründe hat die Nebenbeteilig- te demgegenüber von ihrem Revisionsangriff ausgenommen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrem die Verletzung materiellen Rechts beanstandenden , zum Nachteil der Nebenbeteiligten eingelegten Rechtsmittel dagegen, dass das Landgericht es unterlassen hat, gegen die Nebenbeteiligte einen Wertersatzverfall von mehr als 200.000 € anzuordnen.
2
Die Revisionen der Nebenbeteiligten und der Staatsanwaltschaft - letztere soweit sie in den Fällen III. 3. 1 bis 36 und 38 bis 47 der Urteilsgründe auch zu Gunsten der Nebenbeteiligten wirkt (§ 301 StPO) - haben Erfolg; das weitergehende Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.
3
Nach den Feststellungen war die Angeklagte im Tatzeitraum die alleinige , einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin und faktische Alleingesellschafterin der Nebenbeteiligten. Gegenstand deren Unternehmens ist u.a. der Im- und Export sowie der Groß- und Einzelhandel mit Jagd- und Sportwaffen sowie Munition. Die Nebenbeteiligte wird regelmäßig als Zwischenhändlerin tätig und beliefert insbesondere Kunden im Ausland vor allem mit Jagd- und Sportwaffen sowie Jagdzubehör. Zwischen August 2007 und Mai 2008 führte die Nebenbeteiligte in 47 Fällen Jagd- und Sportselbstladeflinten in Drittländer aus; die Verkaufserlöse betrugen insgesamt 1.157.020,11 €. Die Magazine der Waffen waren zuvor von den Herstellern mit Reduzierungen versehen worden, welche die ursprünglich größere Kapazität auf zwei Schuss neben einer im Lauf befindlichen Patrone beschränken sollten. Diese Reduzierungen konnten jedoch innerhalb kurzer Zeit mit einfachen Mitteln rückgängig gemacht werden.
Die Angeklagte verließ sich auf die Herstellerangaben und überprüfte die Wirksamkeit der Magazinbeschränkungen nicht; sie kannte deshalb die Beschaffenheit der Waffen und die fehlende Nachhaltigkeit der Magazinbeschränkungen nicht. Sie hatte kein wirtschaftliches Interesse daran, Waffen ohne wirksame Beschränkung zu verkaufen. Sowohl im Einkauf als auch im Verkauf hatte sie die Lieferung von Waffen vereinbart, deren Kapazität entsprechend den deutschen Vorschriften auf "2+1" (eine Patrone im Lauf und zwei Patronen im Magazin) beschränkt war. Die Angeklagte holte in keinem Fall eine Ausfuhrgenehmigung des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (im Folgenden : BAFA) ein. Hätte sie die Waffen dort zur Prüfung vorgelegt, hätte sie die Auskunft erhalten, dass die Ausfuhr genehmigungspflichtig sei. In den Fällen III. 3. 1 bis 36 und 38 bis 47 der Urteilsgründe hätte das BAFA die Ausfuhrgenehmigung erteilen müssen. Lediglich im Fall III. 3. 37 der Urteilsgründe wäre die Genehmigung wegen eines gegen das Empfängerland gerichteten Embargos verweigert worden.
4
Das Landgericht hat das Verhalten der Angeklagten als fahrlässigen Verstoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz in 47 Fällen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 7 AWG) gewertet, da sie ohne die nach § 5 Abs. 1 AWV i.V.m. § 7 Abs. 1 AWG aF erforderliche Genehmigung in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste (Anlage AL zur AWV), Position 0001 Unternummer 0001b2b, aufgeführte halbautomatische Flinten in Gebiete außerhalb des Gemeinschaftsgebietes ausgeführt und dabei gegen ihr obliegende Sorgfaltspflichten verstoßen habe.
5
Die Strafkammer hat gegen die Nebenbeteiligte den Verfall von Werter- satz in Höhe von insgesamt 200.000 € angeordnet (§ 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, §§ 73a, 73c Abs. 1 Satz 1 StGB). Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Nebenbeteiligte habe aus den von der Angeklagten begangenen Taten als Dritt- begünstigte die gesamten Verkaufserlöse in Höhe von 1.157.020,11 € im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt. Zur Vermeidung einer Doppelbelastung der Nebenbeteiligten seien hiervon lediglich bereits gezahlte Steuern in Höhe von 41.320,98 € in Abzug zu bringen. Die vereinnahmten Beträge seien das direkte Äquivalent für in ihrer konkreten Form untersagt gewesene Leistungen und damit als Gegenleistung für verbotene Geschäfte bemakelt. Daran ändere es auch nichts, dass die Ausfuhren hätten genehmigt werden müssen; denn bei der Feststellung des durch die Taten Erlangten sei zur Gewährleistung der Effektivität des Verfalls und des mit ihm verfolgten Präventionszwecks eine formale Betrachtungsweise geboten. Dem Umstand, dass die Voraussetzungen für die Genehmigung der Ausfuhren vorlagen, sei lediglich im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB Rechnung zu tragen. Danach sei der Verfallsbetrag auf 200.000 € zu mindern, weil eine darüber hinausge- hende Verfallsanordnung eine unbillige Härte für die Nebenbeteiligte darstelle. Der vorliegende Sachverhalt weise Besonderheiten auf, so dass das aus dem Zweck des Verfalls zu bestimmende Ausmaß an erforderlicher Prävention erheblich gemindert erscheine. Die Ausfuhren hätten zum ganz überwiegenden Teil genehmigt werden müssen; nur aus der Tat im Fall III. 3. 37 der Urteilsgründe habe die Nebenbeteiligte im Endeffekt einen gesetzlich verbotenen wirtschaftlichen Vorteil gezogen. Die Nebenbeteiligte habe die erzielten Einnahmen auch ohne Durchführung eines Genehmigungsverfahrens vor dem BAFA legal erreichen können, da sie nach den getroffenen vertraglichen Abreden von den Herstellern habe verlangen können, Waffen mit nachhaltigen Magazinreduzierungen zu erhalten. Die Straftaten ließen sich im Kern nicht auf finanzielle Anreize durch die Ausfuhrgeschäfte zurückführen, sondern auf Nachlässigkeiten der Angeklagten, die der Nebenbeteiligten für sich genommen keine wirtschaftlichen Vorteile gebracht hätten. Lediglich ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass eine höhere Verfallsanordnung auch weitere unangemessene , vom Gesetz nicht gewollte Folgen hätte, die letztlich durch ein Missverhält- nis zwischen Anlass - fahrlässige Straftat - und Reaktion - umfassender Verfall der Bruttoeinnahmen - begründet seien.
6
I. Revision der Nebenbeteiligten
7
1. Die Beschränkung der Revision durch die Nebenbeteiligte auf die Verfallsanordnung , soweit diese auf den Fällen III. 3. 1 bis 36 und 38 bis 47 der Urteilsgründe beruht, ist wirksam; denn sie kann in diesen Fällen, die sich von Fall III. 3. 37 der Urteilsgründe vor allem dadurch unterscheiden, dass das BAFA auf entsprechende Anträge der Nebenbeteiligten die Ausfuhrgenehmigung jeweils hätte erteilen müssen, losgelöst von derjenigen im letztgenannten Fall rechtlich und tatsächlich selbstständig beurteilt werden.
8
2. Das Rechtsmittel der Nebenbeteiligten ist begründet. Zwar ist die Anordnung des Verfalls entgegen der Auffassung der Nebenbeteiligten nicht nur bei Vorsatzdelikten, sondern auch bei fahrlässig begangenen Straftaten möglich. Jedoch hat das Landgericht den Umfang dessen rechtsfehlerhaft zu hoch bestimmt, was die Nebenbeteiligte aus den Taten der Angeklagten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangte; denn dies war hier ausschließlich der wirtschaftliche Wert der Aufwendungen, welche die Nebenbeteiligte jeweils dadurch ersparte, dass sie die erforderliche Genehmigung des BAFA nicht einholte. Im Einzelnen:
9
a) § 73 Abs. 1 StGB setzt für die Anordnung des Verfalls eine rechtswidrig begangene Tat voraus. Im Gegensatz zur Einziehung nach § 74 Abs. 1 StGB enthält die Norm keine Beschränkung auf vorsätzlich begangene Delikte. Die Anordnung des Verfalls kommt somit auch bei der Verwirklichung eines Fahrlässigkeitstatbestands in Betracht (vgl. LK/Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73 Rn. 15; S/S-Eser, StGB, 28. Aufl., § 73 Rn. 4; zum Ordnungswidrigkeitenrecht vgl. BayObLG, Beschluss vom 27. April 2000 - 3 ObOWi 16/2000, wistra 2000, 395, 396; OLG Celle, Beschluss vom 16. Mai 1997 - 2 Ss (OWi) 358/96, NStZ 1997, 554, 556).
10
b) Die Frage, nach welchen Kriterien die Bestimmung des Erlangten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB bei Straftaten vorzunehmen ist, die wie hier wesentlich dadurch geprägt werden, dass ein formeller Verstoß gegen einen Genehmigungsvorbehalt sanktioniert wird, die erforderliche Genehmigung indessen bei entsprechender Antragstellung hätte erteilt werden müssen, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht entschieden (zur uneinheitlichen Rechtsprechung der Instanzgerichte vgl. etwa OLG Celle, Beschluss vom 30. August 2011 - 322 SsBs 175/11, DAR 2011, 642; OLG Koblenz, Beschluss vom 28. September 2006 - 1 Ss 247/06, ZfSch 2007, 108). Hierzu gilt:
11
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unterliegt dem Verfall, was der Täter für die Tat oder aus der Tat erlangt hat. Maßgeblich ist deshalb die Bestimmung des wirtschaftlichen Wertes des Vorteils, den der Täter für oder durch die Tat erzielt hat (BGH, Urteile vom 21. März 2002 - 5 StR 138/01, BGHSt 47, 260, 268; vom 19. November 1993 - 2 StR 468/93, BGHR StGB § 73 Erlangtes 1). Das erlangte Etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB umfasst dabei die Gesamtheit des für oder aus der Tat materiell Erlangten. Nach dem gesetzlichen Bruttoprinzip sind wirtschaftliche Werte, die in irgendeiner Phase des Tatablaufs unmittelbar erlangt wurden, in ihrer Gesamtheit abzuschöpfen; Gegenleistungen oder Kosten des Täters bei der Tatdurchführung sind nicht in Abzug zu bringen (BGH, Urteile vom 21. August 2002 - 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 370; vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 66 f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 2006 - 2 BvR 527/06, juris Rn. 4).
12
aa) Die Alternative "für die Tat erlangt" scheidet hier aus; denn "für die Tat erlangt" sind Vorteile nur dann, wenn sie dem Beteiligten als Gegenleistung für sein rechtswidriges Handeln gewährt werden, aber - wie etwa ein Lohn für die Tatbegehung oder eine Provision - nicht auf der Tatbestandsverwirklichung selbst beruhen (BGH, Urteile vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 309 f.; vom 22. Oktober 2002 - 1 StR 169/02, BGHR StGB § 73 Erlangtes 4). Eine derartige Gegenleistung erhielt die Nebenbeteiligte vorliegend nicht. Die Abnehmer der Waffen leisteten ihr weder gesonderte Zahlungen noch erhöhte Kaufpreise dafür, dass sie - etwa zur Geheimhaltung der Geschäfte - keine Genehmigungen für die einzelnen Ausfuhren einholte.
13
bb) In Betracht kommt deshalb lediglich die Alternative "aus der Tat erlangt". Unter diese Tatbestandsvariante fallen alle Vermögenswerte, die dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands zufließen.
14
(1) Bereits der Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB belegt indes, dass nicht alles, was der Tatbeteiligte oder Dritte (§ 73 Abs. 3 StGB) in irgendeinem beliebigen Zusammenhang mit der Verwirklichung der rechtswidrigen Tat erlangt hat, dem Verfall unterliegt, sondern nur derjenige Vermögenszuwachs, den er gerade - gleichsam spiegelbildlich - aus der Tat erzielt hat (vgl. Kudlich /Noltensmeier, wistra 2007, 121, 124). Es werden daher nur solche Vorteile erfasst, die der Tatteilnehmer oder Dritte nach dem Schutzzweck der Strafnorm nicht erlangen und behalten dürfen soll, weil sie von der Rechtsordnung - einschließlich der verletzten Strafvorschrift - als Ergebnis einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung bewertet werden (SK-StGB/Wolters/Horn, StGB, 110. Lfg., § 73 Rn. 9 [Stand: September 2007]).
15
(2) Gleiches folgt aus Sinn und Zweck des Verfalls. Dieser verfolgt selbst keinen Strafzweck, sondern dient als öffentlich-rechtliche Maßnahme eigener Art der Abschöpfung des unrechtmäßig aus der Tat Erlangten und damit dem Ausgleich einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung. Er stellt sich als Abschöpfung des illegitimen Vermögensvorteils dar, der als Entgelt für die Tat oder als Erlös aus ihr in das Vermögen eines an der Straftat Beteiligten oder durch dessen Handeln unmittelbar in das Vermögen eines tatunbeteiligten Dritten (§ 73 Abs. 3 StGB) gelangt ist. Dadurch soll dem Tatbeteiligten, aber auch der Allgemeinheit, vor Augen geführt werden, dass sich Verletzungen der Strafrechtsordnung über die eigentliche Ahndung der Tat durch eine entsprechende Sanktion hinaus auch finanziell nicht auszahlen. Auf diese Weise bezweckt der Verfall auf vermögensrechtlichem Gebiet auch die Wiederherstellung der verletzten Rechtsordnung. Dieser Normzweck gilt ebenfalls für die Anordnung des Verfalls gegen einen Drittbegünstigten nach § 73 Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Urteile vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, NJW 2011, 624, 626; vom 21. August 2002 - 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 373 f.; LK/Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73 Rn. 8).
16
(3) Der dem Verfall unterliegende Vorteil ist deshalb danach zu bestimmen , was letztlich strafbewehrt ist. Hat sich der Tatbeteiligte im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit - insbesondere dem Abschluss oder der Erfüllung eines Vertrages - strafbar gemacht, so ist demgemäß bei der Bestimmung dessen, was er aus der Tat erlangt hat, in den Blick zu nehmen, welchen geschäftlichen Vorgang die Vorschrift nach ihrem Zweck verhindern will; nur der aus diesem Vorgang gezogene Vorteil ist dem Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erwachsen. Soweit das Geschäft bzw. seine Abwicklung an sich verboten und strafbewehrt ist, unterliegt danach grundsätzlich der gesamte hieraus erlangte Erlös dem Verfall. Ist dagegen strafrechtlich nur die Art und Weise bemakelt, in der das Geschäft ausgeführt wird, so ist nur der hierauf entfallende Sondervorteil erlangt (BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 224/09, NJW 2010, 882, 884 mwN).
17
Diese Grundsätze gelten auch in den Fällen, in denen das geschäftliche Tätigwerden des Tatbeteiligten einem Genehmigungsvorbehalt unterliegt, den dieser in strafbarer Weise umgeht. Erreicht er hierdurch, dass er ein - gegebenenfalls auch nur nach dem Ermessen der Genehmigungsbehörde - nicht genehmigungsfähiges Geschäft abschließen und/oder erfüllen sowie daraus entsprechende Vermögenszuwächse erzielen kann, so sind diese in vollem Umfang erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB und unterliegen daher grundsätzlich uneingeschränkt dem Verfall. Hatte er dagegen einen Anspruch auf die Genehmigung, so bemakelt die Rechtsordnung nicht den Abschluss oder die Erfüllung des Vertrages; vielmehr soll durch die Strafbewehrung allein die Umgehung der Kontrollbefugnis der Genehmigungsbehörde sanktioniert werden. Erlangt ist somit nur der durch die Nichtdurchführung des Genehmigungsverfahrens erwachsene (Sonder-)Vorteil.
18
(4) Dem steht das im Rahmen des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB geltende Bruttoprinzip nicht entgegen. Dieses besagt lediglich, dass der erlangte wirtschaftliche Wert "brutto", also ohne gewinnmindernde Abzüge anzusetzen ist. Im vorliegenden Fall geht es indessen nicht um die Anrechnung gewinnmindernder Abzüge, sondern um die Bestimmung des unmittelbar aus der Tat Erlangten unter Beachtung insbesondere von Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB. Die dem Verfall unterliegenden Aufwendungen, welche die Nebenbeteiligte dadurch ersparte, dass sie die erforderlichen Genehmigungen nicht einholte, entsprechen nicht dem Bruttoerlös aus den getätigten Veräußerungsgeschäften abzüglich dabei entstandener Kosten; sie sind vielmehr qualitativ etwas anderes. Insoweit ist das Bruttoprinzip nicht beeinträch- tigt; denn die Bestimmung des für die Abschöpfung überhaupt in Betracht kommenden Vorteils ist der Bestimmung seines Umfangs logisch vorgelagert (vgl. auch BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 224/09, NJW 2010, 882, 884; Urteil vom 21. März 2002 - 5 StR 138/01, BGHSt 47, 260, 269).
19
(5) Nach diesen Maßstäben ist in den Fällen, in denen wie hier die Verfallsanordnung auf einer Straftat nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AWG beruht und die erforderliche Genehmigung durch das BAFA hätte erteilt werden müssen , auch unter Beachtung des Schutzzwecks der Strafvorschrift als dem Unwertgehalt der Tat entsprechender Sondervorteil lediglich die Ersparnis derjenigen Aufwendungen anzusehen, die für die Erteilung der Genehmigung hätten erbracht werden müssen. § 34 Abs. 1 Satz 1 AWG stellt das Ausführen (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 AWG) oder Verbringen (§ 4 Abs. 2 Nr. 5 AWG) bestimmter Güter ohne Genehmigung unter Strafe. Die Vorschrift hat vor allem den Schutz des Allgemeinwohls im Blick, indem sie mit ihrer Strafdrohung den Genehmigungsvorbehalt im Außenwirtschaftsverkehr sicherstellt, mit dessen Hilfe der Staat den nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AWG grundsätzlich freien Wirtschaftsverkehr mit dem Ausland aus übergeordneten Interessen des Gemeinwohls beschränken kann (Erbs/Kohlhaas/Diemer, Strafrechtliche Nebengesetze, § 1 Rn. 1, § 34 Rn. 4 [Stand: Januar 2009]). Der grundsätzlich freie Export ist nur insoweit genehmigungspflichtig , als er wegen überwiegender gesamtwirtschaftlicher Belange im Interesse der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, ihrer auswärtigen Beziehungen und des friedlichen Zusammenlebens der Völker oder im Hinblick auf zwischenstaatliche Vereinbarungen der Kontrolle bedarf (BGH, Urteil vom 14. Dezember 1994 - 5 StR 210/94, BGHSt 40, 378, 384). Danach handelt es sich bei einem Verstoß gegen § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AWG, wenn die erforderliche Genehmigung vom BAFA zu erteilen gewesen wäre, nicht um eine primär gewinnorientierte Straftat, wie sie der Gesetzgeber im Rahmen der Regelung des § 73 StGB vor allem erfassen wollte (BGH, Urteil vom 21. August 2002 - 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 373 f., 375). Auch unter präventiven Gesichtspunkten ist die Abschöpfung des Verkaufserlöses folglich bei einem Verstoß gegen § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AWG nicht angezeigt, wenn die Ausfuhr hätte genehmigt werden müssen; denn der Kern des strafbewehrten Tatunrechts liegt bei diesem rein formalen Verstoß gegen den Genehmigungsvorbehalt lediglich darin, dass die Angeklagte vor der Ausfuhr der Waren nicht die erforderliche Genehmigung eingeholt hat. Der Umstand, dass diese Genehmigung vom BAFA jeweils auf Antrag hätte erteilt werden müssen, belegt, dass der Abschluss der Veräußerungsgeschäfte sowie deren Erfüllung und die damit verbundene Ausfuhr aus dem Gemeinschaftsgebiet als solche den Prinzipien der Rechtsordnung gerade nicht widersprachen. Somit entfällt die Notwendigkeit , durch die Anordnung des Verfalls des gesamten Verkaufserlöses der verletzten Rechtsordnung wieder Geltung zu verschaffen. In diesem Punkt unterscheiden sich die Fälle der vorliegenden Art wesentlich von solchen, in denen gerade das Veräußerungsgeschäft als solches oder dessen Erfüllung den wesentlichen Gehalt des Tatunrechts bilden. Die Abschöpfung des gesamten Verkaufserlöses entspräche hier nicht spiegelbildlich dem bemakelten Vermögensvorteil , den der Täter oder Drittbeteiligte gerade aus der Tat gezogen hat.
20
(6) Somit ist entgegen der Auffassung des Landgerichts der Umstand, dass die Ausfuhren jeweils vom BAFA hätten genehmigt werden müssen, nicht erst bei der Prüfung von Belang, ob die Verfallsanordnung für den Betroffenen eine unbillige Härte nach § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB darstellt (aA MünchKommStGB /Joecks, § 73c Rn. 12; Franzheim, wistra 1989, 87, 90). Damit wird schließlich auch dem Gesichtspunkt der Gleichmäßigkeit der Rechtsanwendung besser Genüge getan. Während der im Rahmen des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB in Fällen der vorliegenden Art abzuschöpfende Sondervorteil regelmäßig berechenbar ist und das Erlangte daher beziffert werden kann, ist für den unbestimmten Rechtsbegriff der unbilligen Härte nach § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB nach ständiger Rechtsprechung maßgebend, ob die Anordnung den Betroffenen empfindlich treffen und Grundsätze der Billigkeit sowie das Übermaßverbot verletzen und damit "schlechthin ungerecht" erscheinen würde (BGH, Urteil vom 2. Oktober 2008 - 4 StR 153/08, BGHR StGB § 73c Härte 13). Diese Umschreibung eröffnet dem Tatgericht einen weiten Beurteilungsspielraum. Es obliegt im Wesentlichen seiner Bewertung, ob eine unbillige Härte vorliegt. Die Gewichtung der hierfür maßgeblichen Umstände ist der Nachprüfung in der Revisionsinstanz entzogen (BGH, Urteil vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, BGHR StGB § 73c Härte 14). Hieraus folgt, dass ähnlich gelagerte Sachverhalte eine ganz unterschiedliche Behandlung erfahren können. Dies belegt auch der vorliegende Fall, in dem das Landgericht den Verfallsbetrag von 1.115.699,13 € (Gesamterlös 1.157.020,11 € abzüglich angerechneter Steuern in Höhe von 41.320,98 €) auf 200.000 € herabgesetzt hat, ohne dass den Ur- teilsgründen entnommen werden kann, warum gerade dieser Betrag angemessen sein soll.
21
II. Revision der Staatsanwaltschaft
22
1. Die ausweislich ihrer Begründung wirksam auf die Höhe der Verfallsanordnung beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft (vgl. BGH, Urteile vom 9. Mai 2001 - 3 StR 541/00, NStZ 2001, 531; vom 25. September 1990 - 1 StR 400/90, BGHR StGB § 73a Wert 1) bleibt ohne Erfolg, soweit sie einen höheren Verfallsbetrag erstrebt. Wie dargelegt ist die Entscheidung des Landgerichts zu § 73 StGB zum Nachteil der Nebenbeteiligten rechtsfehlerhaft und deshalb aufzuheben. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden, welche die Anordnung des Verfalls in Höhe von mehr als 200.000 € begründen.
23
2. Das Rechtsmittel führt jedoch aus den zu der Revision der Nebenbeteiligten dargestellten Gründen zur Aufhebung der Verfallsanordnung in den Fällen III. 3. 1 bis 36 und 38 bis 47 der Urteilsgründe (§ 301 StPO).
24
3. Die insoweit nicht beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft erfasst zu Gunsten der Nebenbeteiligten auch den Fall III. 3. 37 der Urteilsgründe. Bezüglich der auf dieser Tat beruhenden Verfallsanordnung hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang insbesondere rechtsfehlerfrei im Rahmen des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB den erzielten Verkaufserlös als von der Nebenbeteiligten erlangtes Etwas bewertet. Anders als in den übrigen Fällen war die Ausfuhr der Waffen hier nicht genehmigungsfähig, da sie gegen ein Embargo verstieß. Embargoverstöße sind - ähnlich wie etwa Rauschgiftgeschäfte - an sich verboten, so dass der gesamte hieraus erlöste Wert dem Verfall unterliegt. In diesen Fällen kommt mit Blick darauf, dass die Bundesrepublik Deutschland auch aufgrund internationaler Verpflichtungen gehalten ist, derartigen Handlungen mit effektiven Maßnahmen entgegenzuwirken, der Anordnung des Verfalls des aus solchen Geschäften Erlangten nach dem Bruttoprinzip auch beim Drittbegünstigten große Bedeutung zu. Auf diese Weise kann vor dem Hintergrund der präventiven Zielrichtung des Verfalls das Bewusstsein dafür geschärft werden, dass sich derartige Geschäfte nicht lohnen, Aufwendungen hierfür nutzlos sind und es deshalb auch wirtschaftlicher ist, wirksame Kontrollmechanismen zur Verhinderung solcher Straftaten einzurichten (BGH, Beschluss vom 18. Februar 2004 - 1 StR 269/03, NStZ-RR 2004, 214, 215; Urteil vom 21. August 2002 - 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 372).
25
III. Umfang der Aufhebung
26
Die Entscheidung des Landgerichts ist rechtskräftig, soweit sie die Verfallsanordnung im Fall III. 3. 37 in Höhe von 8.040 € betrifft.
27
Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen werden durch den aufgezeigten Wertungsfehler nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen, die den bisherigen nicht widersprechen, etwa zur Höhe der von der Nebenbeteiligten ersparten Aufwendungen, sind möglich. Das neue Tatgericht wird dabei die Kosten und gegebenenfalls Gebühren in den Blick zu nehmen haben, die der Nebenbeteiligten durch das Verfahren beim BAFA entstanden wären. Daneben sind etwa auch die Kosten für diejenigen Maßnahmen einzubeziehen, die von der Nebenbeteiligten zu treffen gewesen wären, um eine angemessene Prüfung der veräußerten Ware auf ihre Genehmigungsbedürftigkeit und -fähigkeit zu gewährleisten. Sollten insoweit konkrete Feststellungen nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu treffen sein, kommt eine Schätzung nach Maßgabe des § 73b StGB und der hierzu entwickelten Grundsätze in Betracht. Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
WpHG in der Fassung vom 21. Juni 2002
§ 38 Abs. 1 Nr. 1; § 14 Abs. 1;
1. Ausnutzen einer Insidertatsache.
2. Bei verbotenen Insidergeschäften stellt der hierdurch erzielte
Sondervorteil das Erlangte im Sinne des § 73 Abs. 1
Satz 1 StGB dar.
BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 224/09
LG Hamburg -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 27. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen verbotener Veräußerung eines Insiderpapiers
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Januar 2010

beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 30. Januar 2009 gemäß § 349 Abs. 4 StPO in den Rechtsfolgeaussprüchen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen verbotener Veräußerung eines Insiderpapiers jeweils zu einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen verurteilt. Es hat weiterhin bei beiden Angeklagten den Verfall eines Geldbetrages von etwa 700.000 € angeordnet. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der beiden Angeklagten, die zum Rechtsfolgenausspruch Erfolg haben. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Das landgerichtliche Urteil enthält folgende Feststellungen und Wertungen :
3
1. Die Angeklagten waren Vorstände der börsennotierten f. AG (im Folgenden: f. ). Der Angeklagte S. war Vorsitzender des Vorstands. Die f. , die aus dem m. -K. hervorgegangen war, betätigte sich als Internet-Telekommunikationsunternehmen, wobei der Schwerpunkt mit ca. 60 % des Umsatzes im Bereich des Internets lag. In dem damaligen Zeitraum entfielen hiervon etwa 96 % auf das Schmalbandsegment , während das Breitbandsegment (DSL) einen Marktanteil von nur 3 % aufwies. Der Umsatz der f. stieg nach Übernahme des Festnetzgeschäfts der m. im Jahre 2003 gegenüber dem Vorjahr um 766 % auf 365 Mio. €. Der Zuwachs hielt auch im ersten Quartal 2004 noch an (Gesamtumsatz : 119 Mio. €). Im zweiten Quartal des Jahres ging der Umsatz zurück und belief sich nur noch auf 109 Mio. €; das Konzernergebnis vor Steuern sank in diesem Quartal von 31,7 Mio. € auf knapp 20 Mio. €. Maßgebend für diesen Rückgang war ein deutlich schlechteres Ergebnis im Schmalbandbereich, das durch Zuwächse im Breitbandgeschäft nicht einmal annähernd ausgeglichen werden konnte.
4
Den Angeklagten wurden als Sondervergütungen Aktienoptionen (199.500) eingeräumt, für die eine zweijährige Wartezeit bestand und deren Laufzeit auf sechs Jahre ab Ausgabetag festgelegt war. Die Wartefrist lief zum 11. Juli 2004 ab. Der Aktienkurs, der im Mai 2004 noch bis zu 27,73 € betragen hatte, entwickelte sich ab Juni und vor allem ab 5. Juli 2004 kontinuierlich abwärts. Am 15. Juli 2004 wurde er mit 18,36 € und am 30. Juli 2004 mit 15,05 € notiert. Die Angeklagten wollten ihre Optionen zum 11. Juli 2004 einlösen und die Aktien möglichst bald marktschonend in Tranchen veräußern. Nach Ausübung der Option verkauften sie, jeder für sich, die Aktien ab 12. Juli 2004 in kleinen Stückzahlen von höchstens 10.000 Ak- tien. Bis zum 21. Juli 2004 setzten sie jeweils etwa 32.000 Stück ab und erlösten jeweils knapp 1,2 Mio. €.
5
Am 9. August 2004 veröffentlichten die Angeklagten als Vorstand eine ad-hoc-Mitteilung. Hierin gaben sie den rückläufigen Umsatz und den gesunkenen Gewinn für das zweite Quartal bekannt. Der Kurs der Aktie, der bei Eröffnung noch bei 13,21 € gelegen hatte, schloss daraufhin an diesem Handelstag mit 9,95 €. Obwohl sie die schlechteren Zahlen für das zweite Quartal bereits vorher gekannt hatten, warteten sie mit der Mitteilung zu, um den möglichst gewinnbringenden Verkauf ihrer Aktien nicht zu gefährden.
6
2. Das Landgericht hat das Verhalten der Angeklagten als verbotenen Insiderhandel gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a.F. angesehen. Anzuwenden sei das Altrecht als milderes Recht. Der rückläufige Umsatz im Schmalbandbereich sei eine nicht öffentlich bekannte Tatsache mit der Eignung gewesen, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Aktienkurs erheblich zu beeinflussen. Dies ergebe sich schon aus der Reaktion des Marktes. Der Umsatzrückgang liege in einer Größenordnung, die als erheblich angesehen werden müsse. Die Angeklagten hätten bei den Aktienverkäufen ihre Insiderkenntnisse ausgenutzt. Dafür reiche es aus, wenn die Angeklagten – wie hier geschehen – zu einem Zeitpunkt verkauft hätten, zu dem sie die kursrelevante Tatsache bereits gekannt, aber noch nicht der Öffentlichkeit bekannt gegeben hätten. Insoweit hätten sie aus rein persönlichen Motiven gehandelt. Ein unternehmerisches Interesse der von ihnen repräsentierten f. habe hierfür nicht bestanden.
7
3. Das Landgericht hat weiterhin bei beiden Angeklagten den Verfall angeordnet. Es hat für die Höhe des Verfallsbetrages den gesamten Geschäftsumsatz aus den Wertpapierverkäufen zugrunde gelegt und lediglich den Betrag abgezogen, den die Angeklagten jeweils als Steuern auf die Wertpapierverkäufe entrichten mussten.

II.


8
Die Revisionen der Angeklagten zum Schuldspruch sind unbegründet. Sie haben jedoch hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs Erfolg.
9
1. Die Revisionsangriffe gegen den Schuldspruch greifen nicht durch.
10
a) Das Landgericht ist ohne Rechtsverstoß von der Anwendung der bis zum 29. Oktober 2004 gültigen Strafvorschrift des § 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG ausgegangen, die auf die bis zum selben Zeitpunkt in Kraft befindliche Verbotsnorm des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG verweist. Die späteren Änderungen lassen zwar den Strafrahmen unverändert, erweitern aber die Anwendungsvoraussetzungen des Straftatbestands, weil in der in Bezug genommenen Norm des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG das engere Tatbestandsmerkmal des „Ausnutzens“ durch das weitere Tatbestandsmerkmal des „Verwendens“ ersetzt ist.
11
b) Die Voraussetzungen des Straftatbestands hat das Landgericht in objektiver wie auch in subjektiver Hinsicht ohne Rechtsverstoß bejaht.
12
aa) Die Angeklagten waren Insider im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a.F.; ihre Insidereigenschaft ergibt sich schon aufgrund ihrer Organstellung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a.F.).
13
bb) Durch ihre Funktion hatten sie auch Kenntnis von einer Insidertatsache. Wann eine Insidertatsache vorliegt, ist in § 13 Abs. 1 WpHG a.F. gleichfalls geregelt, wobei mittlerweile dieses Tatbestandsmerkmal im Sinne einer Präzisierung ebenfalls novelliert wurde und anstelle der Insider „tatsache“ nunmehr die (in ihrem Anwendungsbereich weitere) Insider „information“ getreten ist. Nach dem hier maßgeblichen alten Recht ist die Insidertatsache in § 13 Abs. 1 WpHG a.F. legal definiert als nicht öffentlich bekannte Tatsache, die geeignet ist, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Kurs der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen.
14
Diese Voraussetzung hat das Landgericht rechtsfehlerfrei angenommen. Die Rückgänge im Umsatz und Gewinn waren in der Öffentlichkeit nicht bekannt. Dass im Markt gewisse Vorahnungen bestanden haben mögen, macht – entgegen der Auffassung der Revision – die Tatsache an sich noch nicht zu einer bekannten. Zwar war der Wechsel vieler Anbieter auf die Breitbandtechnik zumindest den interessierten Kreisen (vgl. zum maßgeblichen Personenkreis Pawlik in Kölner Kommentar zum WpHG 2007 § 13 Rdn. 28) als wirtschaftliche Tendenz geläufig. Dies reicht aber nicht aus, weil es gerade entscheidend auf das genaue Ausmaß ankommt, wie sich die Verschiebungen im Markt und die Rückgänge im Schmalbandbereich auf die Umsatzund Gewinnsituation ausgewirkt haben. Für eine Bewertung des konkreten Aktienwerts sind die genauen wirtschaftlichen Rahmendaten erforderlich. Deshalb reichten auch die allgemeinen, eher tendenziellen Aussagen, die der Angeklagte S. in einem Reuters-Interview noch im Juli 2004 gemacht hatte, nicht aus.
15
Die Kurserheblichkeit der Tatsache hat das Landgericht tragfähig festgestellt. Wann eine Erheblichkeit im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, ist eine Prognoseentscheidung, die nicht auf die (dann allerdings für die Vorsatzfrage bedeutsame) Vorstellung des Insiders abhebt, sondern eine objektivierte Bewertung erfordert (vgl. Assmann, WpHG 5. Aufl. § 13 Rdn. 64; Pawlik aaO § 13 Rdn. 45 ff.; Ziouvas, Das neue Kapitalmarktstrafrecht 2005 S. 73 ff.; Hilgendorf in Park, Kapitalmarktstrafrecht Teil 3 Kap. 3 T1 Rdn. 107). Von der Einführung fester Schwellenwerte hat der Gesetzgeber bewusst abgesehen (BT-Drucks. 12/6679 S. 47).
16
Die vorliegende Fallgestaltung nötigt nicht zu einer vertieften Auseinandersetzung mit den Literaturmeinungen zu den etwaigen Schwellenwerten , die eine Erheblichkeit indizieren könnten. Es bedarf vielmehr einer indi- viduellen Bewertung. Diese hat grundsätzlich aus einer ex-ante Sicht zu erfolgen. Dabei stellt das spätere Geschehen, insbesondere die Reaktion des Marktes hierauf, ein gewichtiges Beweisanzeichen dar. In Anbetracht der vom Landgericht festgestellten Entwicklung des Kurses, der am Tag der adhoc -Mitteilung von zunächst 13,21 € auf 9,95 € absackte, kann die Kurserheblichkeit dieser Insidertatsache hier nicht zweifelhaft sein. An die Feststellung solcher kursrelevanten Umstände dürfen – wie der Bundesgerichtshof zur vergleichbaren Strafvorschrift des § 38 Abs. 1 Nr. 4 WpHG a.F. ausgeführt hat (BGHSt 48, 373) – angesichts der Vielzahl der neben der Tathandlung regelmäßig an der Preisbildung mitwirkenden Faktoren keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Deshalb ist auch keine Befragung der Marktteilnehmer veranlasst. Es reicht grundsätzlich aus, den Kursverlauf und den Umsatz in den Blick zu nehmen (vgl. BGHSt 48, 373, 384). Die durch die ad-hoc-Mitteilung ausgelösten erheblichen Kursveränderungen verdeutlichen, dass der Markt den Umsatzzahlen erhebliches Gewicht beigemessen hat. Dies wussten die Angeklagten, wie die vom Landgericht im Einzelnen aufgeführten Indiztatsachen belegen.
17
cc) Die Angeklagten haben die Kenntnis der Insidertatsachen ausgenutzt im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a.F. Für das Verständnis dieses Merkmals ist die Richtlinie des Rats der Europäischen Gemeinschaften vom 13. November 1989 (89/592/EWG ABl. EG L 334, S. 30) ergänzend heranzuziehen. Das Gesetz ist in Umsetzung der Richtlinie erlassen worden und deshalb richtlinienkonform auszulegen (vgl. BGHSt 48, 373, 378). Die Erwägungsgründe belegen, dass der von den Mitgliedstaaten umzusetzende Verbotstatbestand nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie einer wertenden Korrektur bedarf (vgl. zu diesem Tatbestandsmerkmal und seiner Weiterentwicklung EuGH, Urteil vom 23. Dezember 2009 – C 45/08 Tz. 34 – Spector). Ein Ausnutzen in diesem Sinne liegt deshalb dann nicht vor, wenn die Insiderkenntnisse von Berufsträgern (Broker, Marktmacher) in deren typische berufliche Tätigkeit einfließen. Damit soll einer uferlosen Erweiterung des Tatbestands entgegengewirkt werden, weil gerade Primärinsider am Markt notwendiger- weise mit Exklusivkenntnissen tätig werden und diese nicht ausblenden können (vgl. hierzu auch Ziouvas aaO S. 82).
18
Maßgeblich ist deshalb, dass der Insider gerade in der Absicht handelt , für sich einen Sondervorteil aus seinen Insiderkenntnissen zu ziehen (Assmann/Cramer in Assmann/Schneider, WpHG 3. Aufl. § 14 Rdn. 25). Damit wird der Zielrichtung dieses Verbotstatbestands Rechnung getragen, die Chancengleichheit der Anleger auf dem Wertpapiermarkt zu sichern (in diesem Sinne auch die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 12/6679, S. 47). Der Sondervorteil muss dabei auf dem Insiderwissen beruhen und darf nicht anfallen, wenn die Insidertatsache öffentlich bekannt würde (Ziouvas aaO S. 83). Dabei reicht es aus, wenn der Täter einen solchen Sondervorteil nur erstrebt.
19
Unter Beachtung dieser vom Landgericht zutreffend dargestellten Grundsätze haben beide Angeklagte das Absichtselement erfüllt. Die Angeklagten haben Insiderpapiere verkauft, ohne die Insidertatsache zuvor publik gemacht zu haben. Ihnen ging es ersichtlich darum, die Aktien zumindest teilweise zu veräußern, um die erzielten Kursgewinne zu realisieren, bevor die Umsatzrückgänge im Internetgeschäft schließlich veröffentlicht werden mussten.
20
Das Vorbringen des Angeklagten K. , er hätte die Aktien sowieso verkauft, weil bei ihm wegen des Kaufes zweier Immobilien Kapitalbedarf bestanden hätte, lässt das Ausnutzen im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a.F. nicht entfallen. Abgesehen davon, dass das Tatgericht diese Einlassung wegen des geringen zeitlichen Abstands von allenfalls vier Wochen nicht als glaubhaft bewertet hat, hätte der Angeklagte K. jedenfalls den ihm zufallenden Sondervorteil aufgeben müssen, indem er die Umsatzrückgänge, die – wie das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat – beiden Angeklagten bekannt waren, früher publizierte.
21
c) Die gegen die Feststellungen zum Schuldspruch gerichteten Verfahrensrügen bleiben ohne Erfolg, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat. Der Senat merkt hierzu lediglich zu zwei auf die Verletzung des § 261 StPO gestützten Verfahrensrügen Folgendes an:
22
Mit der Rüge einer Verletzung des § 261 StPO kann zwar grundsätzlich beanstandet werden, dass das Tatgericht nicht das gesamte Ergebnis der Hauptverhandlung seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (vgl. BGH NStZ 2006, 650, 651; StV 2008, 288). Eine nicht erschöpfende Würdigung des Beweisstoffs in den Urteilsgründen ist jedoch nicht ersichtlich. Das Landgericht hat nicht gegen § 261 StPO verstoßen, indem es die in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden nur teilweise oder auszugsweise in den Urteilsgründen erwähnt und abgehandelt hat. Das Tatgericht ist nicht gehalten, im Urteil sämtliche in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise zu erörtern und ihren Beweiswert darzulegen (BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 2 Beweisergebnis 3). Es reicht vielmehr aus, wenn es die für seine Bewertung maßgeblichen Umstände darlegt (vgl. Engelhardt in KK StPO 6. Aufl. § 267 Rdn. 13). Die hier von der Revision beanstandete Nichtberücksichtigung von Urkunden, die in die Hauptverhandlung eingeführt wurden, stellt die Beweiswürdigung der Strafkammer nicht in Frage.
23
aa) Nach dem in die Hauptverhandlung eingeführten Urkundenmaterial trifft zwar zu, dass nach Bekanntwerden der ad-hoc-Mitteilung für einen kurzen Zeitraum der Aktienkurs der f. sogar gestiegen ist. Dieser Umstand ändert aber nichts an der Richtigkeit der Bewertung, dass der kurz danach sich anschließende Kursrückgang der Aktien auf den Inhalt der ad-hocMitteilung zurückzuführen war. Anhaltspunkte für andere Ursachen sind auch den verwandten Urkunden nicht zu entnehmen. Ebenso war es nicht geboten , die veröffentlichte Einschätzung sämtlicher Analysten, soweit sie im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt wurden, in den Urteilsgründen im Einzelnen darzulegen.
24
bb) Gleichfalls unbegründet ist die Rüge der Revision, die weitere Kursentwicklung der f. -Aktie an den Folgetagen des 4. August 2004 sei in den Urteilsgründen nicht dargestellt, obwohl entsprechende statistische Auswirkungen im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt wurden. Auch die sich hieraus ergebende Folgerung, nämlich dass sich der Kurs in den Folgetagen teilweise erholt hat, berührt zumindest den Schuldspruch nicht. Maßgeblich ist nur die Eignung zu erheblichen Kursauswirkungen nach einer ex-ante Betrachtung. Diese kann angesichts der Gesamtumstände und insbesondere der zunächst erfolgten heftigen Marktreaktion nicht zweifelhaft sein. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil die Aktie schon im Vorfeld unter Druck geraten war und mithin in besonderem Maße anfällig auf vom Markt voraussichtlich als negativ bewertete Nachrichten reagierte. Im Übrigen wäre selbst die unmittelbar sich anschließende Kursentwicklung nicht geeignet, die Erheblichkeit entfallen zu lassen (Kurs am 13. August 2004: 10,50 €; Kurs am 18. August 2004: 12,51 €).
25
2. Hinsichtlich des Strafausspruchs erweist sich die Revision allerdings als begründet.
26
a) Das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung zu Lasten der Angeklagten die jeweils hohen Sondervorteile gewertet. Es bestimmt den Vorteil aufgrund einer „Minimalschätzung“ für beide Angeklagte auf etwa 200.000 €. Dabei setzt das Landgericht den Tagestiefstkurs von 9,95 € an, auf den der Aktienkurs noch am selben Tag gefallen ist. Diese Differenz zum Tagesanfangskurs (13,21 €) multipliziert mit der Stückzahl (62.000 Aktien) soll den Vorteil ergeben, der den Angeklagten jeweils mindestens zugeflossen ist.
27
b) Diese Ausführungen begegnen durchgreifenden Bedenken. Die Bemessung des Sondervorteils kann nicht nur auf der Grundlage eines Tages erfolgen. Der Sondervorteil basiert auf dem Kurs, der entstanden wäre, wenn der Markt die absichtsvoll verschwiegene Insiderinformation aufge- nommen hätte. Dies erfordert eine auf Schätzung gegründete Bewertung. Insbesondere soweit es um so grundlegende Rahmendaten wie die Umsatzund Gewinnsituation eines Unternehmens geht, deren Wirkung prognostisch auch in die Zukunft abstrahlt, bedarf es einer über den konkreten Handelstag hinausgehenden, längerfristigeren Betrachtung der Kursentwicklung. Je nach Volatilität des Finanzinstruments kann die zu beachtende Zeitspanne unterschiedlich lang ausfallen. Im Falle des hier betroffenen organisierten Marktes (vgl. § 2 Abs. 5 WpHG) sind insbesondere die Kursentwicklung der Aktien unmittelbarer Wettbewerber, die tatzeitnahen Börsen- und Markttrends sowie die übliche Schwankungsbreite des betroffenen Wertpapiers ebenso in den Blick zu nehmen wie der Kursverlauf an den auf die Veröffentlichung der Insidertatsache folgenden Handelstagen. So kann letztlich auf zureichender Grundlage tatrichterlich eingeschätzt werden, wie der Markt die vor dem Hintergrund der nunmehr bekanntgewordenen Insiderinformationen – hier die neuen Quartalszahlen der f. – entstandene wirtschaftliche Situation des Unternehmens beurteilt. Zudem werden technische (Über-)Reaktionen am Veröffentlichungstag auf diese Weise ausgeblendet. Die aktuellen Quartalszahlen prägen nämlich über den Veröffentlichungszeitpunkt hinaus die Einschätzung des Unternehmens durch die Marktteilnehmer in der nahen Zukunft ganz entscheidend.
28
In diesem Punkt unterscheidet sich die Fallgestaltung von dem vom 1. Strafsenat beurteilten sogenannten „scalping“ (BGHSt 48, 373). Dort ging es um manipulative Kaufempfehlungen. Diese wirken regelmäßig unmittelbar und punktuell. Umsatz- und Gewinnzahlen werden dagegen regelmäßig durch die Medien und die Analysten verarbeitet. Aber auch hier gilt der vom 1. Strafsenat aufgestellte Grundsatz, dass wegen der Vielzahl der an der Preisbildung mitwirkenden Faktoren die Anforderungen nicht überspannt werden dürfen (BGHSt 48, 373, 384). Es reicht deshalb regelmäßig aus, wenn der Kursverlauf der folgenden Tage zugrunde gelegt wird und wegen der Entwicklung der Branche oder des Marktes insgesamt gegebenenfalls Ab- oder Aufschläge bei der Schätzung des Sondervorteils gemacht werden.
29
3. Die Verfallsanordnung kann gleichfalls keinen Bestand haben, weil das Landgericht das „Erlangte“ im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB nicht rechtsfehlerfrei bestimmt hat, indem es von dem Gesamtverkaufserlös der Aktien ausgegangen ist.
30
a) Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unterliegt dem Verfall, was der Täter für die Tat oder aus der Tat erlangt hat. Maßgeblich ist deshalb die Bestimmung des wirtschaftlichen Wertes des Vorteils, der dem Täter aus der Tat zugeflossen ist (BGHSt 47, 260, 268; BGHR StGB § 73 Erlangtes 1). Dabei muss die Abschöpfung spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Täter aus der Tat gezogen hat. Für die Bestimmung desjenigen, was der Täter in diesem Sinne aus einer Tat oder für sie erlangt hat, ist das Bruttoprinzip unerheblich. Erst wenn feststeht, worin der erlangte Vorteil des Täters besteht, besagt dieses Prinzip, dass bei der Bemessung der Höhe des Erlangten gewinnmindernde Abzüge unberücksichtigt bleiben müssen (BGHSt 47, 260, 269; 50, 299, 310; kritisch hierzu BGHSt 52, 227, 247 ff. allerdings in Bezug auf die andersartige Fallgestaltung einer Straftat nach § 16 UWG; vgl. auch Hohn wistra 2003, 321, 323; ders. wistra 2006, 321, 325). Der dem Verfall unterliegende Vorteil ist deshalb danach zu bestimmen , was letztlich strafbewehrt ist. Soweit das Geschäft an sich verboten ist (Embargoverstöße – BGHSt 47, 369; Rauschgiftgeschäft – BGHR StGB § 73 Vorteil 3), kann der gesamte hieraus erlöste Wert dem Verfall unterliegen. Ist dagegen strafrechtlich nur die Art und Weise bemakelt, in der das Geschäft ausgeführt wird, ist nur der hierauf entfallende Sondervorteil erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB.
31
b) Unmittelbar aus der Tat haben die Angeklagten aber nur das erlangt , was den Unwertgehalt der Tat ausmacht, nämlich den von ihnen realisierten Sondervorteil (Kudlich/Noltensmeier wistra 2007, 121, 123; Fischer, StGB 57. Aufl. § 73 Rdn. 11). Dieser liegt hier in der Verschonung von dem Wertverlust, den uninformierte Marktteilnehmer infolge verspäteter Veröffentlichung der aktienkursrelevanten (negativen) Tatsache erleiden (vgl. Hohn wistra 2003, 321, 323; Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis 2003 S. 75 Rdn. 195, der zum selben Ergebnis im Wege der Berücksichtigung rechtmäßiger hypothetischer Kausalverläufe gelangt). Die Aktien an sich haben die Angeklagten durch einen legalen Rechtsakt erworben. Sie sind weder aus noch für die Tat erlangt. Insoweit bleibt ihr Wert durch das Bruttoprinzip unangetastet. Dieses führt dazu, dass etwaige Aufwendungen im Zusammenhang mit dem tatbestandlichen Handeln (etwa Kreditzinsen, Provisionen ) das Erlangte nicht mindern können, sondern allenfalls – was im vorliegenden Fall jedoch offensichtlich ausscheidet – über die Härteklausel des § 73c StGB Berücksichtigung finden.
32
Das neue Tatgericht hat das Erlangte nach § 73b StGB zu schätzen. Hinsichtlich der Schätzung gelten die vorstehend unter 2. dargestellten Grundsätze entsprechend.
Basdorf Raum Schaal Schneider König

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR265/15
vom
16. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 16. Juli 2015 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 30. März 2015 im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 27.700 € angeordnet. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Entschei- dungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen baute der Angeklagte seit „September/ Oktober 2012 bis Mitte April 2014“ in einem Nebengebäude auf dem Anwesen seiner Mutter in K. Cannabispflanzen an. Er gewann aus sieben gesonderten Anbauvorgängen insgesamt 10,786 kg Marihuana (mindestens 400,22 g THC), das er – abgesehen von der letzten, sichergestellten Aufzucht – für insgesamt mindestens 27.700 € gewinnbringend veräußerte.
3
2. Der Schuld- und Strafausspruch des angefochtenen Urteils weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Das angefochtene Urteil ist jedoch rechtsfehlerhaft, soweit die Strafkammer im Rahmen des angeordneten Wertersatzverfalls die Anwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB abgelehnt hat.
4
a) Bedenken begegnet bereits die vom Tatrichter beobachtete Prüfungsreihenfolge innerhalb des § 73c Abs. 1 StGB.
5
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergibt sich aus dem systematischen Verhältnis zwischen der bei „unbilliger Härte“ zwingend zum Ausschluss der Verfallsanordnung führenden Regelung in § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB einerseits und der Ermessensvorschrift in § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB andererseits , dass regelmäßig zunächst auf der Grundlage letztgenannter Vorschrift zu prüfen ist, ob von einer Anordnung des Verfalls oder Wertersatzverfalls abgesehen werden kann (BGH, Beschlüsse vom 21. März 2013 – 3 StR 52/13, StV 2013, 630 f., und vom 13. Februar 2014 – 1 StR 336/13).
6
Das Landgericht hätte also nicht in umgekehrter Reihenfolge zunächst die Frage einer unbilligen Härte prüfen dürfen.
7
b) Den im Rahmen des § 73c Abs. 1 StGB anzulegenden Maßstäben ist das Landgericht aber auch inhaltlich weder bei der Anwendung der Ermessensvorschrift in § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB noch bei der Härteklausel aus § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB in ausreichendem Maße gerecht geworden.
8
aa) Zu der Ermessensvorschrift in § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB hat die Strafkammer lediglich mitgeteilt, dass eine Gefährdung der Resozialisierung mit der Anordnung des Wertersatzverfalls nicht verbunden sei. Jedoch scheidet eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB aus, soweit der Angeklagte über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem anzuordnenden Verfallsbetrag zurückbleibt (vgl. BGH, Urteile vom 10. Oktober 2002 – 4 StR 233/02, BGHR StGB § 73c Wert 3 und vom 27. Oktober 2011 – 5 StR 14/11, NStZ 2012, 267; Beschluss vom 2. Dezember 2004 – 3 StR 246/04, NStZ-RR 2005, 104, 105). Hierzu hat das Landgericht keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Den Urteilsgründen lässt sich entnehmen, dass dem Angeklagten insgesamt aus dem Verkauf des Marihuanas (mindestens) 27.700 € zugeflossen sind. Feststellungen dazu, ob „der Angeklagte über besondere Vermögenswerte verfügte oder einen teuren Lebensstil pflegte“ (UA 15), vermochte das Landgericht nicht zu treffen. Damit ist dem angefochtenen Urteil, auch in seinem Gesamtzusammenhang, nicht zu entnehmen, in welchem Umfang noch wertmäßig aus den Taten des Angeklagten Erlangtes in seinem Vermögen vorhanden und somit die Ausübung tatrichterlichen Ermessens überhaupt erst eröffnet ist (zu den hierbei anzustellenden Billigkeitserwägungen vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 73c Rn. 5 mwN).
9
bb) In Bezug auf eine „unbillige Härte“ im Sinne von § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB erschöpft sich das Urteil in der Behauptung des Fehlens einer solchen „auch unter Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse des Angeklagten“ (UA 20). Das genügt nicht, um die Anwendung der Vorschrift auszuschließen. Freilich ist eine „unbillige Härte“ erst dann gegeben, wenn die Anordnung des Verfalls schlechthin ungerecht wäre und das Übermaßverbot verletzen würde. Die Auswirkungen des Verfalls müssten mithin im konkreten Einzelfall außer Verhältnis zu dem vom Gesetzgeber mit der Maßnahme angestrebten Zweck stehen (st. Rspr.; s. nur BGH, Beschluss vom 13. Februar 2014 – 1 StR 336/13). Das Nichtvorhandensein des Erlangten bzw. eines Gegenwertes im Vermögen des von der Verfallsanordnung Betroffenen kann nach der aufgezeigten Systematik des § 73c Abs. 1 StGB für sich genommen regelmäßig noch keine unbillige Härte begründen (BGH, Urteil vom 26. März 2009 – 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86 f.; Beschluss vom 13. Februar 2014, aaO). Maßgeblich für das Vorliegen einer „unbilligen Härte“ gemäß § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB ist vielmehr, wie sich die Verfallsanordnung auf das davon betroffene Vermögen auswirken würde (BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 – 3 StR 131/01, wistra 2001, 388, 389). Da sich das angefochtene Urteil nicht näher zu der „unbilligen Härte“ verhält, ist dem Senat die Überprüfung nicht möglich, ob das Tatgericht das genannte Merkmal rechtsfehlerfrei ausgelegt hat.
VRinBGH Sost-Scheible befin- Cierniak RiBGH Dr. Franke befindet sich det sich im Urlaub und ist daher im Urlaub und ist daher gehingehindert zu unterschreiben. dert zu unterschreiben. Cierniak Cierniak
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 52/13
vom
21. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts am 21. März 2013 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 13. Dezember 2012 unter Aufrechterhaltung der zugehörigen Feststellungen im Ausspruch über den Verfall aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 18 Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und Wertersatzverfall in Höhe von 60.000 € angeordnet. Hiergegen wendet sich die auf eine nicht ausgeführte und deshalb unzulässige (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) Formalrüge sowie die Beanstandung der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel ist zum Schuld- und Strafausspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO; jedoch hält der Ausspruch über den Verfall von Wertersatz sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand.
2
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt: "Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte aus dem Verkauf der Betäubungsmittel Erlöse in Höhe von 76.751 € erzielt. Da er die Gewinne , die ihm nach Abzug der von ihm bezahlten Kaufpreise verblieben waren, im Zeitpunkt der Verurteilung bereits verbraucht hatte, hat die Strafkammer Verfall von Wertersatz angeordnet und diesen im Hinblick auf die angespannte finanzielle Lage des mit erheblichen Kreditverbindlichkeiten aus dem Erwerb des Hauses belasteten Angeklagten auf 60.000 € beschränkt. Die Strafkammer teilt schon nicht mit, auf welcher Grundlage - § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB oder § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB - sie teilweise von der Anordnung des Verfalls abgesehen hat. Wegen des systematischen Verhältnisses der beiden Regelungen [vgl. hierzu Senat in BGHR StGB § 73c Härte 14 (Gründe)] ist regelmäßig zunächst das Vorliegen der Voraussetzungen des § 73c Abs.1 Satz 2 StGB zu prüfen. Nach dieser Vorschrift kann eine Verfallsanordnung unterbleiben, soweit das Erlangte oder dessen Wert zum Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung im Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden sind (BGHSt 33, 37, 39f; BGH NStZ-RR 2003, 75; 2003, 144; StV 2008, 576f). Es ist deshalb zunächst festzustellen, was der Angeklagte aus der Tat 'erlangt' hat, sodann ist diesem Betrag der Wert seines noch vorhandenen Vermögens gegenüber zu stellen (BGH NStZ 2010, 86f). Wenn hiernach auch ein Gegenwert des Erlangten im Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden ist, kann der Tatrichter von einer Verfallsanordnung absehen. An diesen Grundsätzen gemessen ist die Strafkammer zwar zunächst - rechtsfehlerfrei - davon ausgegangen, dass aufgrund des nach § 73 Abs. 1 StGB geltenden Bruttoprinzips der gesamte Verkaufserlös aus den Betäubungsmittelgeschäften für verfallen zu erklären ist. Anschließend fehlen jedoch konkrete Feststellungen dazu , in welchem Umfang zum Zeitpunkt des tatrichterlichen Urteils der Wert des aus den Straftaten Erlangten im Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden war [vgl. BGH wistra 2009, 23, 25; BGHR StGB § 73c Härte 14 (Gründe)]. Zu dem (noch vorhandenen) Vermögen des Angeklagten verhalten sich die Urteilsausführungen nicht. Zwar ist dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu entnehmen, dass der Angeklagte über einen Pkw verfügt und mit seiner Lebensgefährtin im Jahr 2010 ein - vollfinanziertes - Einfamilienhaus erworben hatte, aber die Ur- teilsgründe lassen Ausführungen zu den Eigentumsverhältnissen (Alleineigentum oder Miteigentum) und zum Wert sowohl des Pkws als auch des mit dem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks - insbesondere zur Höhe der (vom Angeklagten) bereits erbrachten Tilgung - vermissen (vgl. BGHSt 38, 23, 25 zur Anrechenbarkeit von Immobilieneigentum bei Verwendung dem Verfall unterliegender Mittel zur Schuldentilgung). Die 'erheblichen Kreditverbindlichkeiten' des Angeklagten sind ebenfalls nicht beziffert. Deshalb ist dem Urteil selbst die ungefähre Höhe der Entreicherung des Angeklagten nicht zu entnehmen. Aus diesem Grund fehlt eine tragfähige Grundlage für die Ausübung des tatrichterlichen Ermessens. Da nicht auszuschließen ist, dass aufgrund einer zureichenden Beurteilungsgrundlage auf einen geringeren Verfallsbetrag erkannt worden wäre, weil - worauf die Strafkammer mit ihren Erwägungen zu der angespannten finanziellen Lage des Angeklagten ersichtlich abstellte - die Resozialisierung des Angeklagten nicht durch zu hohe finanzielle Belastungen gefährdet werden soll (BGHSt 48, 40f mwN), kann die getroffene Anordnung keinen Bestand haben. Die im angefochtenen Urteil zur Verfallsanordnung getroffenen Feststellungen sind von dem Erörterungsmangel nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben."
3
Dem schließt sich der Senat an.
4
Die Sache bedarf deshalb zum (Wertersatz-)Verfall neuer Verhandlung und Entscheidung. Das neue Tatgericht ist nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.
Tolksdorf Hubert Schäfer Gericke Spaniol

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 412/16
vom
27. Juli 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Computerbetruges u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:270717B1STR412.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 27. Juli 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 sowie entsprechend § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 13. April 2016
a) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte der Datenveränderung in 327.379 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit 245.534 tateinheitlichen Fällen des Ausspähens von Daten sowie der Fälschung beweiserheblicher Daten in 16 Fällen jeweils in Tateinheit mit Computerbetrug, schuldig ist;
b) im Ausspruch über den Verfall weiterer 1.730 Bitcoins dahingehend geändert, dass dieser der Höhe nach auf einen Betrag von 432.500 Euro begrenzt ist;
c) aufgehoben, soweit der Angeklagte in den Fällen 3 und 18 der in den Urteilsgründen enthaltenen Tabelle (IPAdressen und ) verurteilt worden ist.
Insoweit wird der Angeklagte freigesprochen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass von der Gesamtfreiheitsstrafe ein Monat als vollstreckt gilt.
3. Im Umfang des Teilfreispruchs fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
Die von dem Angeklagten zu tragende Gebühr für dieses Revisionsverfahren wird um ein Sechstel ermäßigt. Die Kosten und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen für dieses Revisionsverfahren trägt die Staatskasse zu einem Sechstel und der Angeklagte zu fünf Sechsteln.

Gründe:

1
Das Landgericht hatte den Angeklagten in einem ersten Urteil wegen Ausspähens von Daten in Tateinheit mit Datenveränderung sowie wegen Computerbetruges in 18 Fällen jeweils tateinheitlich mit Fälschung beweiserheblicher Daten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Es hatte zudem den Verfall der sichergestellten 86 Bitcoins und den Verfall von Wertersatz (hinsichtlich weitere 1.730 Bitcoins) in Höhe von 432.500 Euro sowie die Einziehung von im Einzelnen näher bezeichneter Computerhardware nebst Zubehör angeordnet. Auf die Sachrüge des Angeklagten hatte der Senat das Urteil mit den Feststellungen aufgehoben.
2
Nunmehr hat das Landgericht den Angeklagten wegen Datenveränderung in 327.379 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit 245.534 tateinheitlichen Fällen des Ausspähens von Daten und wegen Computerbetruges in 18 Fällen, jeweils in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Daneben hat es den Verfall von 86 sichergestellten Bitcoins sowie weiterer 1.730 Bitcoins an- geordnet und in der Urteilsformel konkret bezeichnete Computerhardware eingezogen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die nicht näher ausgeführte Sachrüge erhebt. Sein Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs, einem Freispruch in zwei Fällen sowie einer Beschränkung des Verfalls der Höhe nach; im Übrigen ist es gemäß § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

A.


3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

I.


4
Der Angeklagte und der rechtskräftig Verurteilte R. schlossen sich zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt Anfang des Jahres 2012 zusammen , um ein sogenanntes Botnetz aufzubauen.
5
Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss einer Vielzahl von Computern, auf denen Programme – zumeist vom Nutzer unbemerkt – im Hintergrund automatisiert sich wiederholende Rechenaufgaben abarbeiten. Die Programme verbinden sich selbständig mit einem durch den sogenannten BotHerder gesteuerten zentralen Command-and-Control-Server, so dass der BotHerder infolgedessen die angeschlossenen Rechner fernsteuern und für seine Zwecke nutzen kann. Die Bots werden von den Computernutzern häufig durch das Öffnen eines sogenannten trojanischen Pferdes, einer getarnten Schadsoftware , unbewusst selbst installiert oder es erfolgt eine Infektion des Rech- ners über eine Sicherheitslücke des Betriebssystems, des Webbrowsers oder eines Programms. Das vom Angeklagten und R. geplante Botnetz sollte einerseits der Erzeugung von Bitcoins, dem sogenannten „Bitcoin-Mining“, und andererseits der Datenspionage dienen.
6
Bitcoin ist ein weltweit verfügbares dezentrales Zahlungssystem und der Name einer virtuellen Geldeinheit. Die Übertragung von Bitcoins geschieht über einen Zusammenschluss von Rechnern über das Internet und wird mithilfe einer speziellen Peer-to-Peer-Anwendung, also ohne Einbeziehung einer als Bank dienenden Zentrale, abgewickelt. Sämtliche Bitcoins werden im öffentlichen Transaktionsregister, der sogenannten Blockchain, gespeichert. Ihre Zuordnung zu einzelnen Teilnehmern erfolgt über persönliche digitale Brieftaschen , sogenannte Wallets, über die das Guthaben verwaltet wird. Hierfür gibt es einen, jedem Teilnehmer des Peer-to-Peer Netzwerks erkennbaren öffentlichen und einen privaten, nur dem Inhaber der Wallet bekannten Schlüssel. Der Marktwert von Bitcoins ergibt sich aufgrund von Angebot und Nachfrage.
7
Mit jeder Transaktion, die von der Mehrheit der Teilnehmer des Netzwerks als gültig bestätigt werden muss, um als ausgeführt zu gelten, werden bis zum Erreichen der systembedingten Maximalmenge zugleich neue Bitcoins erzeugt. Die für die Bestätigung der Transaktionen erforderlichen Rechenoperationen bestehen in der Lösung kryptographischer Aufgaben, wodurch das öffentliche Transaktionsregister der Kryptowährung, die Blockchain, erweitert wird. Die hierfür zu lösenden Algorithmen werden mit zunehmender Anzahl von Bitcoins immer komplexer und erfordern den Einsatz von zunehmend steigender Rechenzeit und -leistung. Derjenige Teilnehmer, der die Rechenoperation durchgeführt hat, erhält die mit der Erweiterung der Blockchain neu geschürften Bitcoins seiner Wallet gutgeschrieben. Je größer die eingesetzte Rechnerleis- tung, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, das richtige Ergebnis zu finden. Gewöhnliche Prozessoren sind jedoch nicht rentabel, da die durch sie verursachten Stromkosten den durch die neu generierten Bitcoins erfolgten Wertzuwachs minimieren. Die Stromkosten fallen jedoch bei der Lösung der Rechenaufgaben durch ein Botnetz bei dem Nutzer der mit Schadsoftware infizierten Hardware und nicht bei dem sie über den Command-and-Control-Server steuernden Bot-Herder an, was die Attraktivität der Botnetze für das Schürfen von Bitcoins erklärt.
8
R. kam die Aufgabe zu, die als Musik-, Video- oder Programmdatei zum Herunterladen aus dem Internet getarnte Schadsoftware in Form eines Trojaners nebst Möglichkeit zur Bitcoin-Generierung zu entwickeln. Als Grundlage hierfür diente ihm die als Software frei zugängliche sogenannte Zeus-Komponente, die eine sogenannte Keyloggingfunktion zur Übermittlung von Tastenanschlägen des betroffenen Nutzers und ein Spionageprogramm zur Aufdeckung und Manipulation verschlüsselten Netzwerkverkehrs enthielt. Diese ergänzte er um die TOR-Komponente, ein Netzwerk zur Anonymisierung von Verbindungsdaten, und die der Bitcoin-Generierung dienende Programmkomponente cgminer.exe, welche die Rechnerleistung der Grafikkarte nutzbar machte. Die Schadsoftware wurde sodann mit einer von R. und dem Angeklagten entwickelten Verschleierungsschicht und dem Kernschadprogramm angereichert. Der Angeklagte war für das Hochladen in das Usenet zuständig. Das Usenet ist ein Teil des Internets, der vorwiegend der anonymen Verschaffung illegaler Raubkopien dient und einen besonderen kostenpflichtigen Zugang beim Nutzer voraussetzt.
9
Kurz vor dem 13. März 2012 begann der Angeklagte, mit der Schadsoftware versehene Dateien auf verschiedene Server in das Usenet hochzuladen.
Wegen des damit verbundenen hohen Zeitanfalls warb er ab etwa Mitte des Jahres 2012 drei weitere Mittäter, sogenannte Spreader an, die insgesamt mehrere Millionen infizierte Dateien hochluden.
10
Der Trojaner war für die Betriebssysteme ab Windows XP bis Windows 7 bestimmt. Seit der Softwareaktualisierung Servicepack 2 (Herausgabedatum: 25. August 2004) verfügen diese Betriebssysteme standardmäßig (bei Windows XP) über eine aktivierte „Firewall“. Diese lässt sich manuell deaktivie- ren. Bei einer „Firewall“ handelt es sich um eine Zugriffssicherung für Netzwerke , um Angriffe aus dem Internet auf den Computer des Nutzers zu vereiteln. Hierzu werden insbesondere eingehende Verbindungsanfragen anhand der Konfiguration unter Windows geprüft und sofern keine Erlaubnis in Form einer speziellen, diesen Zugriff erlaubenden Konfiguration vorliegt, abgelehnt. Wäre die vom Nutzer selbst heruntergeladene Schadsoftware nicht als Musik-, Videooder Programmdatei getarnt gewesen, wäre das Programm, das den Zugriff des Command-and-Control-Servers auf den Computer ermöglichte, mittels der Firewall dieser Kontrolle unterzogen und der Zugriff verweigert worden.
11
In dem Zeitraum vom 13. März 2012 bis zum 4. Oktober 2013 luden insgesamt 327.379 Computernutzer die Schadsoftware auf ihren Rechner herunter. Da sie durch die Tarnung davon ausgingen, es handele sich um die gewünschte Musik-, Video- oder Programmdatei, bejahten sie die Frage, ob das Programm installiert werden solle. Sie installierten sodann unbewusst den Trojaner und setzten in mindestens 245.534 Fällen infolgedessen ebenso unbewusst selbst die Firewall außer Kraft. In der zentralen Registrierungsdatenbank der jeweiligen Betriebssysteme, der sogenannten Registry-Datei, wurde ein Schlüssel und darin ein Wert erzeugt, der als Konfigurationseintrag für die Zeus-Komponente diente. Zudem wurde ein zusätzlicher Eintrag hinzugefügt, wodurch die Schadsoftware, insbesondere die Programmkomponenten Zeus, TOR und cg.miner, beim Hochfahren des Rechners automatisch startete, ohne dass der Computernutzer hiervon Kenntnis erlangte. Diese Veränderung der Registry-Datei führte zu einer grundlegenden Änderung der Datenstruktur und zugleich der Datei ntuser.dat, unter der die Werte des Benutzerprofils hinterlegt sind. Nach Installation des Trojaners nahm der Rechner des betroffenen Nutzers über einen ansonsten verschlossenen Zugang, den Port 42349, Verbindung mit dem Command-and-Control-Server auf. Da es sich um eine ausgehende Verbindungsanfrage handelte, wurde diese durch die Firewall nicht blockiert. Diese ausgehende Verbindung hätte ohne die Funktionen der Schad- software die Einrichtung einer speziellen Konfiguration des Systems („Port Forwarding“) erfordert.
12
Anschließend wurden die individuell vergebenen Computernamen, die verwendeten Betriebssysteme sowie weitere Informationen und TastaturEingaben der infizierten Rechner über die Ports 42349 und 9050 an eine vom Angeklagten und R. angelegte Datenbank übertragen und dort gespeichert. Darüber hinaus wurde ab einer Inaktivität des Computernutzers von 120 Sekunden mittels der Programmkomponente cg.miner die Rechenleistung der Grafikkarte für die Lösung komplexer Rechenaufgaben genutzt, für deren Bewältigung Bitcoins gutgeschrieben wurden. Über die Keyloggingfunktion der Zeus-Komponente wurden die letzten 1.000 Tastenanschläge an den Datenbankserver des Angeklagten übermittelt; zudem überschrieb Zeus die Programmcodes der für Ver- und Entschlüsselung zuständigen Netzwerkbibliotheken , so dass die Eingabe von Kontodaten, Geheimnummern und Passwörtern in unverschlüsselter Form an den Angeklagten übertragen wurde.
13
Die vom Angeklagten und R. betriebene Datenbank zeichnete bis zum Herunterfahren des Hauptservers zum 4. Oktober 2013 Einträge auf, wonach sich 327.379 Nutzer den Trojaner hinuntergeladen hatten. Das Landgericht konnte weder die Anzahl der verwendeten Versionen der Schadsoftware ermitteln, noch wie viele verschiedene Dateien in das Usenet hochgeladen wurden. Infolgedessen ist es zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen , dass sämtliche Computernutzer ihre Rechner mit derselben Datei der Schadsoftware aus dem Usenet infiziert haben.

II.


14
Zum Betrieb des Botnetzes wurden insgesamt sieben Server betrieben, wobei es sich um einen Command-and-Control-Server, einen Hauptserver, einen Statistikserver und vier immer wieder wechselnde Server zur Bereitstellung der infizierten Dateien zum Download handelte.
15
Zwischen dem 19. November 2012 und dem 17. März 2013 mieteten entweder der Angeklagte selbst oder die von ihm beauftragten Spreader unter missbräuchlicher Verwendung zuvor durch die beschriebene Vorgehensweise ausgespähter Zugangsdaten in insgesamt 18 Fällen Server für den Betrieb des Botnetzes und die Verbreitung der Schadsoftware an. Die Server wurden aufgrund jeweils neuen Tatentschlusses und nicht aufgrund automatisierter Routinen unter Verwendung der Logindaten der Geschädigten angemietet; deren Freischaltung erfolgte in einem automatisierten Verfahren nach elektronischer Übermittlung des Antrags und der Daten. Hierdurch versprach sich der Angeklagte nicht zurückverfolgt werden zu können und sich die Anschluss- und Nutzungsgebühren zu ersparen.

16
Durch die Anmietung der Server entstand den Anbietern ein Gesamtschaden in Höhe von 7.349,75 Euro, nachdem diese den betroffenen Nutzern die angefallenen Kosten erstattet hatten. In zwei Fällen „entstand den Compu- ternutzern eine Vermögensgefährdung hinsichtlich der Anmietkosten für vier Wochen“. Für diese beiden Fälle konnten weder der betroffene Anschlussinha- ber noch der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses benannt werden.

III.


17
Während 86 unverschlüsselte Bitcoins beschlagnahmt wurden, konnten weitere 1.730 Bitcoins lediglich vorläufig gesichert werden, weil deren Zugriff passwortgeschützt war, der Angeklagte das Passwort nicht preis gab und eine Entschlüsselung nicht möglich war.

B.


I.


18
Der Schuldspruch wegen Datenveränderung in 327.379 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit 245.534 tateinheitlichen Fällen des Ausspähens von Daten gemäß §§ 202a, 303a Abs. 1, § 25 Abs. 1 und 2, § 52 StGB weist keinen Rechtsfehler auf.
19
1. Die Überzeugung des Landgerichts von dem insoweit festgestellten Sachverhalt beruht auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung.
20
a) Zwar hat der Angeklagte eine Beteiligung an dem Botnetzbestritten. Das Landgericht hat dies jedoch mit nicht zu beanstandenden Erwägungen als unwahre Schutzbehauptung gewertet und sich hierfür insbesondere auf die Angaben des R. und weiterer Zeugen für die zwischen R. und dem Angeklagten im Tatzeitraum geführte Handykommunikation sowie einen Chat gestützt, in dem der Angeklagte gegenüber einem weiteren Zeugen Details zur Vorgehensweise einschließlich der Benennung des Vornamens des Mittäters R. offen gelegt hat.
21
b) Auch die Feststellungen zur Anzahl der Computersysteme, deren Nutzer sich das vom Angeklagten und R. in das Usenet gestellte trojanische Pferd mitsamt der Schadsoftware heruntergeladen und auf ihrem Computer installiert haben, fußen auf einer tragfähigen Grundlage. Hierzu hat das Landgericht die Einträge in der Datenbank des Hauptservers des Botnetzes ausgewertet und anhand der dort aufgezeichneten 327.379 individuellen IPAdressen , die neben anderen Merkmalen nach erfolgreicher Installation der Schadsoftware an den Hauptserver des Botnetzes übertragen worden waren, die Anzahl der betroffenen Nutzer bestimmt. Da die IP-Adressen nebst weiteren Angaben nicht ohne die Installation des Trojaners an den vom Angeklagten betriebenen Datenbankserver übertragen worden wären, durfte das Landgericht aus der Aufzeichnung dieser Daten in der Datenbank des Angeklagten auf die erfolgreiche Installation der Schadsoftware schließen.
22
c) Die Wirkungsweise der vom Computernutzer unbewusst installierten Schadsoftware hat das Landgericht auf der Grundlage der nachvollziehbar dargelegten Erläuterungen der Sachverständigen hinreichend genau festgestellt. Insbesondere ergibt sich daraus zum einen, dass das Programm auf die Umgehung der – Zugriffe aus dem Internet verhindernden – Firewall angelegt war, indem es den Computernutzer über den Inhalt der heruntergeladenen und installierten Software getäuscht hat. Zum anderen wird daraus aber auch deutlich , zu welchen Funktionsänderungen die zusätzlichen Einträge in der Registry und damit in der das Benutzerprofil speichernden Datei nt.user.dat führten, dass nämlich Funktionen ausführende Komponenten gestartet, dadurch eine zuvor durch die Konfiguration des Computers nicht erlaubte Verbindung zum Command-and-Control-Server hergestellt und Daten an den Hauptserver des Botnetzes übertragen wurden.
23
d) Soweit das Landgericht davon ausgeht, dass jedenfalls 75 % der betroffenen Nutzer, mithin 245.534 tatsächlich eine aktivierte Firewall auf ihrem Computersystem nutzten, ist auch dies tragfähig begründet.
24
Insoweit waren dem sachverständig beratenen Landgericht konkrete Feststellungen zu den einzelnen betroffenen Computersystemen unmöglich. Denn anhand der übertragenen Daten war weder eine Identifizierung der Nutzer derselben noch deren konkrete Konfiguration zu ermitteln. Zwar waren die IP-Adressen bekannt, anhand des Zeitablaufs konnte aber bei den Internetprovidern keine Zuordnung der betroffenen Accounts mehr erfolgen.
25
Deswegen war das Landgericht befugt, auf das Vorhandensein einer aktiven Firewall indiziell zu schließen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216; Beschlüsse vom 19. Februar 2014 – 5 StR 510/13, NStZ 2014, 318; vom 4. September 2014 – 1 StR 314/14, NStZ 2015, 98 und vom 24. August 2017 – 1 StR 625/16, ZInsO 2018, 324), zumal da individuelle Leistungsmotive insoweit keine Rolle spielten (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 6. September 2017 – 5 StR 268/17, NStZ-RR 2017, 375).
26
Die tatsächlichen Umstände, aus denen es auf das Vorhandensein einer aktiven Firewall bei 75 % der betroffenen Computersysteme geschlossen hat, hat es nachvollziehbar dargelegt. Insoweit hat es sich auf die sachverständigen Darlegungen gestützt, wonach die Wahrscheinlichkeit, dass Internetnutzer keine aktivierte Firewall benutzten, äußerst gering sei. Darauf aufbauend hat das Landgericht zudem berücksichtigt, dass es sich bei den betroffenen Nutzern um solche handelte, die immerhin mit dem Usenet vertraut gewesen seien und einen eigenen kostenpflichtigen Zugang hierzu unterhielten. Um der geringen Wahrscheinlichkeit zu begegnen, dass dennoch infizierte Computersysteme zumindest keine Windows-Firewall aktiviert hatten, hat es von der Anzahl der infizierten Computer einen Abschlag von 25 % vorgenommen und so die Zahl der Computersysteme auf 75 % geschätzt, bei denen die Schadsoftware die Firewall umging. Auch vor dem Hintergrund, dass die Schadsoftware für Betriebssysteme bestimmt war, bei denen die Firewall standardmäßig aktiviert war, lässt diese Vorgehensweise einen Rechtsfehler nicht erkennen. Hierdurch hat das Landgericht pflichtgemäß diejenigen Tatsachen ermittelt, von deren Richtigkeit es überzeugt ist und ist damit der Abbildung der tatsächlichen Verhältnisse möglichst nahegekommen (vgl. zur Schätzung im Steuerstrafverfahren BGH, Beschluss vom 6. April 2016 – 1 StR 523/15, wistra 2016, 363).

II.


27
Auf der Grundlage dieser Feststellungen erweist sich die Verurteilung des Angeklagten wegen Datenveränderung in 327.379 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit 245.534 tateinheitlichen Fällen des Ausspähens von Daten gemäß §§ 202a, 303a Abs. 1, § 25 Abs. 1 und 2, § 52 StGB als rechtsfehlerfrei. Dabei ist das Landgericht zutreffend von mittelbarer Täterschaft gemäß § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB im Hinblick auf die Installation des Trojaners durch den geschädigten Computerinhaber selbst ausgegangen (vgl. Frank in Hilgendorf, Informationsstrafrecht und Rechtsinformatik, 2004, S. 23 [30] mwN; zur Funktionsweise eines Trojaners siehe MünchKommStGB/Graf, 3. Aufl., § 202a Rn. 84).
28
1. Der Angeklagte hat danach Datenveränderung gemäß § 303a Abs. 1 StGB in 327.379 tateinheitlichen Fällen begangen.
29
Gemäß § 303a Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer rechtswidrig Daten löscht, unterdrückt, unbrauchbar macht oder verändert. Die Vorschrift schützt das Interesse des Verfügungsberechtigten an der unversehrten Verwendbarkeit der gespeicherten oder übermittelten Daten (Bär in Wabnitz/Janowsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 4. Aufl., 14. Kapitel Rn. 108; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 303a Rn. 2; LK-StGB/Wolff, 12. Aufl., § 303a Rn. 4 mwN; vgl. auch BT-Drucks. 10/5058, S. 34).
30
Der Angeklagte und seine Mittäter haben vorliegend durch den Eingriff in die Registry-Dateien und der Datei nt.user.dat der geschädigten Computersysteme Daten im Sinne des § 303a Abs. 1 StGB verändert.
31
a) Diese Dateien sind taugliche Tatobjekte im Sinne der Legaldefinition des § 202a Abs. 2 StGB, nämlich solche, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert sind oder übermittelt werden (Bär aaO Rn. 110; Fischer aaO Rn. 3; MünchKommStGB/Wieck-Noodt, 2. Aufl., § 303a Rn. 8; zur nicht unmittelbaren Wahrnehmbarkeit Goeckenjan wistra 2009, 47, 49 mwN). Eine Beschränkung auf Computerdaten, wie in der Richtlinie auf 2013/40/EU vom 12. August 2013, Art. 2 lit.b, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen (Fischer aaO Rn. 3, § 202a Rn. 4 unter Hinweis auf BTDrucks. 16/3656 S. 10; vgl. demgegenüber aber Heine, NStZ 2016, 441, 443), wobei dies im vorliegenden Fall zu keinen abweichenden Ergebnissen führen würde. Unter den so bestimmten Datenbegriff fallen nach ganz einhelliger Meinung auch Programmdaten, da sie aus einer Vielzahl von Daten zusammengefügt sind und nicht unmittelbar wahrnehmbare Informationen enthalten (vgl. nur MünchKommStGB/Graf, 3. Aufl., § 202a Rn. 12 f. mwN; hierzu auch BGH, Beschluss vom 21. Juli 2015 – 1 StR 16/15, NStZ 2016, 339; aA nur v. Gravenreuth , NStZ 1989, 201, 204).
32
b) Da die Daten sich auf einem für den Angeklagten fremden Speichermedium befanden und ihm kein Nutzungs- oder Zugriffsrecht für bzw. auf diese zustand, braucht der Senat nicht zu entscheiden, welcher einschränkender Kriterien es bedürfte, um eine Verfolgbarkeit allein inhaltlicher Unrichtigkeit von Daten zu verhindern und den Zusammenhang mit § 303 StGB zu wahren (vgl. Bär aaO Rn. 111 f.; Fischer aaO Rn. 4 f.; MünchKommStGB/Wieck-Noodt aaO Rn. 9 f.).
33
c) Ein Verändern liegt vor bei einem Herbeiführen von Funktionsbeeinträchtigungen der Daten, die eine Änderung ihres Informationsgehalts oder des Aussagewerts zur Folge haben (BT-Drucks. 10/5058, S. 35; Bär aaO Rn. 118; Bär in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 303a StGB Rn. 20; Heine NStZ 2016, 441, 443; LK-StGB/Wolff, 12. Aufl., § 303a Rn. 27; MünchKommStGB/Wieck-Noodt, aaO Rn. 15). Hierunter fällt – entsprechend der Definition in § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 BDSG (in der bis zum 24. Mai 2018 geltenden Fassung) – also jede Form der inhaltlichen Umgestaltung von gespeicherten Daten (LK-StGB/Wolff, 12. Aufl., § 303a Rn. 27; Altenhain in Matt/Renzikowski/Altenhain, § 303a Rn. 10; MünchKommStGB/Wieck-Noodt, 2. Aufl., § 303a Rn. 15), wobei es nicht darauf ankommt, ob diese eine objektive Verbesserung darstellt (Fischer aaO Rn. 12; Hilgendorf/Valerius, Computerund Internetstrafrecht, 2. Aufl., Rn. 589; MünchKommStGB/Wieck-Noodt, aaO Rn. 15; aA Altenhain in Matt/Renzikowski/Altenhain, StGB, § 303a Rn. 10). Entscheidend ist vielmehr, dass ein vom bisherigen abweichender Zustand herbeigeführt wird (BT-Drucks. 10/5058 S. 36 zu § 303b, aber unter Bezug auf § 303a; LK-StGB/Wolff aaO Rn. 27).
34
Durch das Hinzufügen der Einträge in der Registry-Datei und die damit verbundene Veränderung des in der Datei nt.user.dat hinterlegten Benutzerprofils , ist eine solche Funktionsbeeinträchtigung der Daten eingetreten. Denn die Schadsoftware startete beim Hochfahren des Rechners automatisch, ohne dass der Computernutzer hiervon Kenntnis bekam. Infolgedessen wurde ein ansonsten verschlossener Zugang zum Internet geöffnet, worüber das Computersystem Verbindung mit dem vom Angeklagten betriebenen Command-andControl -Server aufnahm und Informationen auf die Datenbank des Angeklagten übertrug. Vor der Hinzufügung dieser Einträge enthielt weder die zentrale Datenbank der betroffenen Computersysteme noch das in der Datei nt.user.dat hinterlegte Benutzerprofil die Information, dass die Programmkomponenten Zeus, TOR und cg.miner beim Hochfahren des Rechners automatisch gestartet werden. Zudem war der für die Verbindung zum Command-and-Control-Server genutzte Port für Verbindungen zum Internet durch die bisherige Konfiguration nicht freigegeben. Nach der Installation der Schadsoftware enthielten sie dagegen einen hiervon abweichenden Inhalt, dass nämlich diese Funktionen – das automatische Starten dieser Komponenten und damit auch die Verbindungsaufnahme zum Internet über einen ansonsten verschlossenen Zugang (vgl. zur Datenveränderung durch Öffnen eines ansonsten verschlossenen Ports Buggisch/Kerling, Kriminalistik 2006, 531, 536; Goeckenjan, wistra 2009, 47, 51; Heine aaO 444; vgl. auch Ernst, NJW 2003, 3233, 3238) – ausgeführt werden. Dadurch ist der Informationsgehalt dieser Dateien umgestaltet und mithin verändert worden.
35
Eine engere, diese Umgestaltung der auf den betroffenen Computersystemen enthaltenen, durch Daten verkörperten Informationen, nicht als Veränderung im Sinne des § 303a Abs. 1 StGB erfassende Auslegung würde dem Schutzzweck der Vorschrift nicht gerecht werden. Denn der Computernutzer betrieb ein Computersystem, welchem er nicht die Informationen gegeben hatte , die die durch die Schadsoftware bewirkten Funktionen, u.a. zum Betrieb eines Botnetzes (vgl. Bär in Graf/Jäger/Wittig aaO: Infektion des Rechners mit Schadsoftware zum Betrieb eines Botnetzes ist Verändern), zugelassen hätte. Sein Interesse an der unversehrten Nutzung des bisherigen Datenbestandes mit den von ihm bestimmten Beschränkungen, insbesondere dem geschlossenen Zugang zum Internet, ist durch die Hinzufügung der Funktionen beeinträchtigt.
36
Auf die Frage, ob ein Verändern von Daten im Sinne des § 303a Abs. 1 StGB auch vorliegt, wenn dem System durch die Installation eines Trojaners lediglich Daten hinzugefügt werden, ohne die vorhandenen (Bestands-)Daten zu verändern (dies verneinend: Hilgendorf/Valerius, Computer- und Internet- strafrecht, 2. Aufl., Rn. 597; Hilgendorf, JuS 1997, 323 [324 f.] und Altenhain aaO Rn. 10; vgl. auch Heine aaO S. 443), kommt es in Anbetracht der getroffenen Feststellungen nicht mehr entscheidungserheblich an.
37
2. Der Angeklagte hat sich tateinheitlich zu der Datenveränderung auch wegen Ausspähens von Daten nach § 202a StGB in 245.534 tateinheitlichen Fällen strafbar gemacht.
38
Gemäß § 202a Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer unbefugt sich oder einem anderen Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft. Die Vorschrift schützt das formelle Geheimhaltungsinteresse des Verfügungsberechtigten (BT-Drucks. 16/3656 S. 9; 10/5058 S. 29; MünchKommStGB/Graf aaO Rn. 2 mwN; Schönke/Schröder/Lenckner/ Eisele, StGB, 29. Aufl., § 202a Rn. 1; im Ergebnis auch Bär in Wabnitz/ Janowsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 4. Aufl., 14. Kapitel Rn. 72; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 202a Rn. 2; LK-StGB/Hilgendorf, 12. Aufl., § 202a Rn. 6; aA Haft NStZ 1987, 6, 9; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 28. Aufl., § 202a Rn. 1). Geschützt sind Daten durch die Vorschrift aber nur dann, wenn der Verfügungsberechtigte das Interesse an ihrer Geheimhaltung durch besondere Sicherungsvorkehrungen dokumentiert hat (BGH, Beschlüsse vom 21. Juli 2015 – 1 StR 16/15, NStZ 2016, 339 und vom 6. Juli 2010 – 4 StR 555/09, NStZ 2011, 154; Valerius in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht , 2. Aufl., § 202a Rn. 19; BeckOKStGB/Weidermann, § 202a Rn. 13; kritisch zur Dokumentation des Geheimhaltungsinteresses durch Sicherung, Dietrich NStZ 2011, 247).
39
a) Die Daten waren infolge der jeweils aktivierten Firewall im Sinne des § 202a Abs. 1 StGB gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert.
40
Um von einer Dokumentation an der Geheimhaltung der Daten ausgehen zu können, bedarf es einer zum Tatzeitpunkt bestehenden Zugangssicherung , die darauf angelegt sein muss, den Zugriff Dritter auf die Daten auszuschließen oder wenigstens nicht unerheblich zu erschweren. Darunter fallen insbesondere Schutzprogramme, die geeignet sind, unberechtigten Zugriff auf die auf einem Computer abgelegten Daten zu verhindern, und die nicht ohne fachspezifische Kenntnisse überwunden werden können und den Täter zu einer Zugangsart zwingen, die der Verfügungsberechtigte erkennbar verhindern wollte (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 6. Juli 2010 – 4 StR 555/09, NStZ 2011, 154 Rn. 6 und vom 21. Juli 2015 – 1 StR 16/15, NStZ 2016, 339 Rn. 8 f., jeweils mwN; BT-Drucks. 16/3656 S. 10; MünchKommStGB/Graf, 3. Aufl., § 202a Rn. 35 ff. mwN).
41
Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen (vgl. oben 1. d) verfügten 245.534 der betroffenen Computersysteme zum Tatzeitpunkt über eine aktivierte Firewall. Diese stellt eine solche besondere Sicherung gegen unberechtigten Zugang dar. Denn sie dient gerade der Verhinderung eines unberechtigten Eindringens in das Netzwerk von außen und des Zugriffs auf (Rechner-)Daten innerhalb des Netzes (vgl. dazu auch Schönke/ Schröder/Lenckner/Eisele, StGB, 29. Aufl., § 202a Rn. 14; Heghmanns in Achenbach/Ransiek/Rönnau, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 4. Aufl., 6. Teil Rn. 100; vgl. auch allgemein zu software-integrierten Sicherungen Bär aaO Rn. 79; Fischer aaO Rn. 9; MünchKommStGB/Graf aaO Rn. 45). Einen unkontrollierten Zugriff aus dem Internet auf den eigenen Rechner und mithin einen die jeweilige Firewall überwindenden Zugang wollten die Verfügungsberechtigten durch Verwendung einer solchen Sicherung erkennbar verhindern.
42
b) Der Angeklagte hat sich den Zugang zu den Daten auch durch die Überwindung gerade dieser Zugangssicherung verschafft, indem er die jeweils aktivierte Firewall mithilfe eines Trojaners umgangen hat. Denn erst durch den gezielten Einsatz eines Trojaners, der die Schadsoftware verbarg und den Computernutzer als Tatmittler glauben machte, er lade sich eine harmlose Musik -, Video oder Programmdatei herunter, tatsächlich aber unbewusst die Ausspähprogrammkomponenten installierte, konnten der Angeklagte und seine Mittäter die jeweilige Firewall überwinden und Zugang zu den Daten innerhalb des Netzes erlangen (dazu auch Bär aaO Rn. 83). Ohne diese Täuschungen der Computernutzer mittels des Trojaners wäre der Zugriff auf die Daten durch die Firewall verhindert worden, da durch diese eine eingehende Verbindungsanfrage des vom Angeklagten betriebenen Netzwerks abgelehnt worden wäre. Dieses Ergebnis korrespondiert auch mit einer Auslegung des Willens des Gesetzgebers , demzufolge Hacking-Angriffe mithilfe von Trojanern unter Strafe gestellt werden sollten (vgl. BT-Drucks. 16/3656 S. 9).
43
Durch die beschriebene Vorgehensweise hat der Angeklagte nicht nur das schon tatbestandsmäßige Verschaffen des bloßen Zugangs verwirklicht (vgl. BT-Drucks. 16/3656 S. 9), sondern zusätzlich sich die Daten selbst verschafft , was durch die Einträge in seiner Datenbank belegt wird.
44
c) Weder der Angeklagte noch seine Mittäter waren befugt im Sinne des § 202a StGB, da die ausgespähten Daten nicht zu ihrer Kenntnisnahme bestimmt waren (vgl. hierzu Fischer aaO Rn. 12 mwN; Valerius aaO Rn. 34; Gercke/Brunst, Praxishandbuch Internetstrafrecht, 2009, Rn. 100).
45
d) Ob der Tatbestand des § 202a StGB darüber hinaus auch durch Einsatz der Keyloggingfunktion erfüllt wurde, wie vom Landgericht angenommen, brauchte der Senat hier nicht zu entscheiden. Zweifel daran bestehen, zumal dem Landgericht aufgrund der enormen Datenmenge eine konkrete Zuordnung von gewonnenen, zuvor verschlüsselten Datensätzen nicht möglich war.
46
Die vom Landgericht angenommene zusätzliche Tatbestandsverwirklichung durch die Keyloggingfunktion hat sich bei der Strafzumessung auch nicht ausgewirkt. Soweit dort die „multimodale Verwendungsmöglichkeit“ durch den „Zugriff“ berücksichtigt wird, wirddies von den Feststellungen getragen, ohne dass es auf die weitere Tatbestandsmäßigkeit ankommt.
47
e) Die Annahme von Tateinheit zwischen der Datenveränderung und dem Ausspähen von Daten durch das Landgericht ist nicht zu beanstanden.

III.


48
Die Feststellungen des Landgerichts tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Computerbetruges in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten gemäß § 263a Abs. 1 und 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 269 Abs. 1 StGB durch Anmietung der Server unter unbefugter Verwendung von Nutzerdaten der Geschädigten allerdings nur in 16 statt – wie vom Landgericht ausgeurteilt – in 18 Fällen. Da insoweit im Hinblick auf den Zeitablauf auszuschließen ist, dass ergänzende, eine Strafbarkeit des Angeklagten tragende Feststellungen getroffen werden können, spricht der Senat den Angeklagten in diesen beiden Fällen aus tatsächlichen Gründen frei.
49
1. Das Landgericht hat sich in neun Fällen mit sachverständiger Hilfe davon überzeugt, dass die Zugangsdaten, nämlich Kundennummern bzw. Passwörter für die Internetprovider oder E-Mail-Adressen der Anschlussnutzer für diese Anmietungen aus der vom Angeklagten im Rahmen des Botnetzes betriebenen Datenbank stammen. Zu dieser Datenbank waren die übertragenen Daten vom infizierten Rechner übermittelt worden.
50
In neun weiteren Fällen konnten die für die Anmietung verwendeten Daten zwar nicht in dem Bestand aus 1,9 Milliarden Daten festgestellt werden. Dennoch hat sich die Strafkammer davon überzeugt, dass der Angeklagte die Server unter Verwendung der durch die Keylogging-Funktion erlangten Daten anmietete. Das hat sie darauf gestützt, dass die angemieteten Server als Infektionsserver genutzt worden seien und der Angeklagte über die Schadsoftware die Möglichkeit gehabt habe, an die verwendeten Zugangsdaten zu gelangen. Nur in sieben dieser Fälle sind der Name des Geschädigten und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt.
51
2. Dieser Schluss auf die Anmietung der Server unter Verwendung der vom Angeklagten mittels der Schadsoftware erlangten Daten ist allerdings nur insoweit tragfähig, als belegt wird, dass eine Anmietung unter Nutzung fremder Zugangsdaten überhaupt erfolgt ist. Soweit nämlich die Namen der Geschädigten bekannt sind, ist in der Zusammenschau ausreichend dargelegt, dass deren Zugangsdaten unbefugt zur Anmietung der Server verwendet worden sind.
52
In zwei Fällen – nämlich in den Fällen 3 und 18 der in den Urteilsgründen enthaltenen Tabelle (IP-Adressen und ) – ist dies allerdings nicht der Fall. Insoweit sind weder Feststellungen zu den Geschädigten , noch zu den Tatzeiten und entstandenen Schäden getroffen worden. Festgestellt ist neben der verwendeten IP-Adresse lediglich, dass in die- sen Fällen den nicht namhaft gemachten Computerinhabern eine Vermögensgefährdung bezüglich der Anmietkosten für vier Wochen entstanden sei.
53
Die Strafkammer legt hingegen nicht dar, woraus sie in diesen beiden Fällen den Schluss zieht, dass die Anmietung unter Nutzung fremder Zugangsdaten stattgefunden hat. Aus den Feststellungen für diese Fälle folgt zwar, dass der angemietete Server als Infektionsserver genutzt worden ist. Nachdem weder derjenige benannt werden konnte, dessen Daten verwendet worden sein sollen, noch festgestellt worden ist, dass den Providern ein tatsächlicher Schaden entstanden ist, kommt ebenso in Betracht, dass der Angeklagte diese Server unter Verwendung seiner Zugangsdaten angemietet und als Infektionsserver genutzt hat. Diese Möglichkeit wird von der Strafkammer nicht in den Blick genommen und infolgedessen auch nicht ausgeschlossen.
54
3. Eine Anmietung unter diesen Umständen stellt sich allerdings nicht als strafbar dar.
55
a) Danach hat der Angeklagte schon keine Daten im Sinne des § 263a Abs. 1 StGB unbefugt verwendet. Deswegen kommt es nicht mehr darauf an, dass die Höhe des eingetretenen Gefährdungsschadens in diesen beiden Fällen weder konkret festgestellt noch beziffert wird und damit die verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gewahrt sind (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08 Rn. 135 ff., insbesondere Rn. 150 [zu § 266 StGB], BVerfGE 126, 170 sowie BGH, Urteil vom 15. April 2015 – 1 StR 337/14, NStZ 2015, 514 [515] und Beschluss vom 4. Februar 2014 – 3 StR 347/13, NStZ 2014, 457, jeweils mwN).
56
b) Aber auch eine Fälschung beweiserheblicher Daten kann auf dieser Grundlage nicht angenommen werden. Denn die Speicherung oder Verände- rung beweiserheblicher Daten zur Täuschung im Rechtsverkehr ist danach nur strafbar, wenn bei Wahrnehmung der manipulierten Daten eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde. Gleiches gilt für den täuschenden Gebrauch derartiger Daten (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 13. Mai 2003 – 3 StR 128/03; NStZ-RR 2003, 265 und vom 16. April 2015 – 1 StR 490/14, NStZ 2016, 42). Diese Voraussetzungen sind für die zwei fraglichen Fälle hier nicht belegt.
57
c) Auch eine Strafbarkeit nach anderen Vorschriften kommt für die Anmietung der Server unter diesen Umständen nicht in Betracht.
58
4. Angesichts des Zeitablaufs seit der Anmietung der Server ist auszuschließen , dass weitergehende, den Angeklagten belastende Feststellungen getroffen werden können. Dies ergibt sich schon daraus, dass das Landgericht festgestellt hat, dass über die bekannten IP-Adressen keine Rückschlüsse mehr auf die Nutzer gezogen werden können. Andere Anhaltspunkte zur Erlangung von Informationen über die verwendeten Zugangsdaten bestehen nicht. Der Angeklagte war daher für diese beiden Fälle freizusprechen, § 354 Abs. 1 StPO.

IV.


59
1. Die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
60
Der Gesamtstrafausspruch konnte trotz der Aufhebung der für diese zwei Fälle verhängten Einzelstrafen von zweimal zehn Monaten infolge des Freispruchs bestehen bleiben. Angesichts der maßvollen Erhöhung der Ein- satzstrafe von zwei Jahren und den für die 16 verbliebenen Fälle des Computerbetruges in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten verhängten Einzelstrafen von jeweils zehn Monaten, konnte der Senat ausschließen, dass die Änderung des Schuldspruchs und der Wegfall von zwei Einzelstrafen in Höhe von jeweils zehn Monaten Einfluss auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe gehabt hätte.
61
2. Im Hinblick auf die überlange Dauer des Revisionsverfahrens, die der Angeklagte nicht zu vertreten hat, war anzuordnen, dass hinsichtlich der Gesamtfreiheitsstrafe ein Monat als vollstreckt gilt.

V.


62
Die Anordnung des Verfalls der 86 Bitcoins sowie weiterer 1.730 Bitcoins erweist sich – bezüglich letztgenannten dem Grunde nach – als rechtsfehlerfrei. Sie hat allein insoweit keinen Bestand als der Verfall der weiteren 1.730 Bitcoins der Höhe nach nicht auf einen Betrag von 432.500 Euro begrenzt ist. Diesen begrenzenden Ausspruch hat der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nachgeholt.
63
1. Hinsichtlich der Verfallsanordnung des Landgerichts kommt das vor dem 1. Juli 2017 geltende Recht zur Anwendung. Zwar finden ausweislich der einschlägigen Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (Art. 316h EGStGB) mit Inkrafttreten des Gesetzes auch für bereits laufende Verfahren grundsätzlich ausschließlich die neuen Regelungen Anwendung (vgl. dazu BT-Drucks. 18/11640, S. 84). Allerdings sind gemäß Art. 316h Satz 2 EGStGB die Vorschriften des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 nicht in Verfahren anzuwenden, in denen bis zum 1. Juli 2017 bereits eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist. Dies ist hier der Fall, sodass die seit dem 1. Juli 2017 geltenden Vorschriften keine Anwendung finden.
64
2. Das Landgericht ist rechtlich zutreffend davon ausgegangen, dass die Bitcoins aus der Tat, nämlich der Datenveränderung gemäß § 303a StGB erlangt wurden und gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 aF StGB dem Verfall unterliegen.
65
a) Die mittels des Botnetzes generierten Bitcoins sind im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 aF StGB aus der Tat erlangt. Aus der Tat sind danach alle Vermögenswerte erlangt, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (BGH, Urteile vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299 [309]; vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227 [246] und vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39 [45 f.]; Beschlüsse vom 13. Februar 2014 – 1 StR 336/13, wistra 2014, 354 [358] und vom 17. März 2016 – 1 StR 628/15, BGHR StGB § 73 Erlangtes 19).
66
Durch die Datenveränderung wurde auf dem betroffenen Computersystem eine Verbindung zum Command-and-Control-Server über das Internet hergestellt , die vor dem Eingriff durch die Schadsoftware nicht stattgefunden hätte und auch nicht möglich gewesen wäre. Diese Internetverbindung wurde genutzt , um nach 120 Sekunden Inaktivität durch den Computersystemnutzer die Rechnerleistung von dessen Grafikkarte für die Rechenoperationen zu nutzen, die dem Schürfen der Bitcoins dienten. Durch die Nutzung der Rechenleistung erwarb der Angeklagte auch nicht lediglich eine Chance zum Schürfen von Bitcoins , die er erst später realisierte (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 21. März 2002 – 5StR 138/01, BGHSt 47, 260 [269 f.]). Vielmehr flossen ihm die 1.816 Bitcoins ohne jeden weiteren Zwischenschritt, mithin unmittelbar durch die – wäh- rend der Nutzung der fremden Rechnerkapazitäten – andauernde Verwirklichung des Tatbestandes der Datenveränderung gemäß § 303a Abs. 1 StGB zu.
67
Erlangtes Etwas im Sinne der vorgenannten Vorschrift ist die Gesamtheit des materiell aus der Tat tatsächlich Erlangten (dazu BT-Drucks. 12/989, S. 23; vgl. auch Fischer, StGB, 64. Aufl., § 73 aF Rn. 8). Hiervon werden – ungeachtet ihrer Rechtsnatur (vgl. hierzu Goger, MMR 2016, 431 [432 f.]; Heine, NStZ 2016, 441, 444; Rückert, MMR 2016, 295 [296]; Spindler/Bille, WM 2014, 1357 [1363] jeweils mwN) – auch Bitcoins erfasst. Sie stellen angesichts ihres Marktwertes einen realisierbaren Vermögenswert dar, für den der Angeklagte sowohl materiell Berechtigter ist als auch die faktische Verfügungsgewalt (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 12. Mai 2009 – 4 StR 102/09, NStZ-RR 2009, 320 und vom 17. März 2016 – 1 StR 628/15, BGHR StGB § 73 Erlangtes 19) hat. Sie sind angesichts der Speicherung in der Blockchain und der Kombination aus öffentlichen und dem Angeklagten bekannten privaten Schlüssel der Wallet hinreichend abgrenzbar (vgl. hierzu Rückert aaO) und damit tauglicher, wenn auch nicht körperlicher Gegenstand einer Verfallsanordnung (Goger aaO; Heine aaO). Soweit dagegen geltend gemacht wird, Bitcoins könnten allein deswegen kein Verfallsgegenstand sein, da sie weder Sache noch Recht seien und deswegen der Wortlaut des § 73e aF StGB auf sie nicht anwendbar sei (Rückert aaO), kann dem nicht gefolgt werden. Die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 1 aF StGB enthält gerade keine solche Begrenzung auf Sachen oder Rechte (Fischer, StGB, 64. Aufl., § 73 aF Rn. 9; Heine aaO; Spindler/Bille aaO; vgl. auch BT-Drucks. 12/989, S. 23). § 73e aF StGB kommt demgegenüber keine einschränkende Wirkung zu.
68

b) Ob der private Schlüssel für die Wallet den Ermittlungsbehörden bekannt ist, hat auf die Möglichkeit der Anordnung des Verfalls keine Auswirkung. Die Kenntnis dieses Schlüssels ist zwar Voraussetzung, um die faktische Verfügungsgewalt über die Bitcoins zu übernehmen. Dies betrifft aber allein die Vollstreckung der Verfallsentscheidung, lässt hingegen die Anordnung des Verfalls unberührt (Heine aaO 445). Soweit der private Schlüssel zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Verfall nicht bekannt ist, ist für die Vollstreckung der Anordnung des Verfalls die Mitwirkung des Angeklagten erforderlich. Ob diese erfolgt, kann bei der Entscheidung nicht beurteilt werden, weswegen es für die Anordnungsvoraussetzungen darauf nicht ankommen kann. Es handelt sich vielmehr um eine reine Vollstreckungsfrage.
69
c) Ansprüche von Verletzten stehen der Verfallsanordnung nicht entgegen. Nachdem sich die Ansprüche auf Beseitigung der Datenveränderung nicht auf die Rückerstattung des durch die Tat Erlangten richten (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 73 aF Rn. 17), kommen insoweit nur Ansprüche von Verletzten in Betracht, die auf die Nutzung ihrer Grafikkarte für das Botnetz, also auf den hierdurch verbrauchten Strom bezogen sind. Da den betroffenen Computernutzern aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falls die Möglichkeit fehlt, einen solchen zivilrechtlichen Anspruch schlüssig behaupten zu können, ihnen mithin kein durchsetzbarer Anspruch erwachsen ist, steht § 73 Abs. 1 Satz 2 aF StGB der Verfallsanordnung nicht entgegen (vgl. hierzu Heine aaO mwN).
70
Regelungsziel dieser Vorschrift ist es, den Angeklagten vor einer doppelten Inanspruchnahme zu schützen und ihm die Mittel zu belassen, die er zur Erfüllung der Ansprüche des Verletzten benötigt (vgl. hierzu nur BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 – 3 StR 41/06, NStZ 2006, 680; Beschlüsse vom 10. November 2009 – 4 StR 443/09, NStZ 2010, 693 f. und vom 12. März 2015 – 2StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171). Sie steht also der Anordnung des Verfalls entgegen, wenn zumindest eine abstrakte Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme besteht (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 12. März 2015 – 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171). Eine solche abstrakte Gefahr besteht zwar auch, wenn die durch die Taten des Angeklagten Geschädigten nicht ermittelt werden konnten und deren Feststellung auch künftig nicht zu erwarten, mithin mit der Geltendmachung und Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen den Angeklagten nicht zu rechnen ist (BGH, Beschluss vom 25. Juli 2006 – 4 StR 223/06) oder die Geschädigten bisher tatsächlich untätig geblieben sind (BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 – 3 StR 41/06, NStZ 2006, 680; vgl. auch Beschluss vom 9. Dezember 2014 – 3 StR 438/14). Die Gefahr der doppelten Inanspruchnahme entfällt aber, wenn eine erfolgreiche Durchsetzung der Forderung aus Rechtsgründen ausgeschlossen werden kann (vgl. hierzu nur BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 – 3 StR 41/06, NStZ 2006, 621 zum Verzicht und zur Verjährung).
71
So liegt es hier. Den Geschädigten ist es nicht möglich, den ihnen entstandenen Schaden zu beziffern. Hierzu müssten sie den gerade durch die Nutzung ihrer Grafikkarte für das Botnetz verbrauchten Strom plausibel machen können. Dies scheitert bereits daran, dass sie wegen der Besonderheit der Tat nicht bestimmen können, wann dies der Fall war. Danach ist es nicht lediglich aus tatsächlichen Gründen nicht (mehr) zu erwarten, dass die Geschädigten keine Ansprüche mehr geltend machen. Vielmehr scheidet es nach der Rechtslage aus, dass es noch zu einer Erfüllung der Ersatzforderung der betroffenen Computernutzer kommen könnte. Da das Risiko einer zumindest theoretischen Doppelbeanspruchung danach nicht besteht, wäre es mit dem Zweck der anzuwendenden Verfallsvorschriften – Abschöpfung des Taterlöses – unvereinbar , in diesem Fall über die Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 aF StGB dem Angeklagten die Möglichkeit zu eröffnen, sich die aus der Tat verschafften Vorteile zu sichern (Heine aaO).
72
3. Allerdings ist infolge der Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 432.500 Euro bezüglich der weiteren 1.730 Bitcoins im ersten Rechtsgang nunmehr gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO die Anordnung des Verfalls der Höhe nach auf diesen Betrag zu beschränken.
73
Durch das aus der Vorschrift resultierende und von Amts wegen zu prüfende (BGH, Urteil vom 14. Oktober 1959 – 2 StR 291/59, BGHSt 14, 5 [7]; Beschluss vom 3. April 2013 – 3 StR 60/13, StV 2014, 466; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 358 Rn. 13) Verbot der Schlechterstellung darf das angefochtene Urteil in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte , zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Denn der Angeklagte soll bei seiner Entscheidung darüber, ob er von einem ihm zustehenden Rechtsmittel Gebrauch machen will, nicht durch die Besorgnis beeinträchtigt werden, es könne ihm durch die Einlegung eines Rechtsmittels ein Nachteil entstehen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 10. November 1999 – 3 StR 361/99, BGHSt 45, 308 [310] mwN).
74
Das Verschlechterungsverbot gilt auch für die Verfallsvorschriften (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 9. November 2010 – 4 StR 447/10, NStZ 2011, 229 und vom 6. Februar 2014 – 1 StR 577/13, wistra 2015, 29) und bewirkt, dass die Maßnahme im Falle einer Anordnung nicht über den ursprünglichen Gegenstand hinaus erweitert werden darf (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. September 2013 – 5 StR 258/13, NStZ 2014, 32 und vom 13. Januar 2010 – 2 StR 519/09, StraFo 2010, 207; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 331 Rn. 21; BeckOK StPO/Wiedner, 29. Ed., § 358 Rn. 24). Zwar bleibt die Vermögensabschöpfung auf die Bitcoins beschränkt und erfasst unmittelbar keinen darüber hinausgehenden Gegenstand. Das Entfallen der Wertgrenze für die Vermögensabschöpfung, die dem Angeklagten im ersten Rechtsgang als Begünstigung gewährt worden war, stellt aber nach der gebotenen faktischen Betrachtungsweise (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 28. August 2007 – 4 StR 212/07, StraFo 2007, 510) eine den Angeklagten – je nach volatiler Entwicklung der Bitcoins – möglicherweise ungleich stärker belastende und damit schwerere Rechtsfolge dar (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 13. Januar 2010 – 2 StR 519/09, StraFo 2010, 207 und vom 3. April 2013 – 3 StR 60/13, StV 2014, 466). Der Angeklagte durfte darauf vertrauen, dass die neuerliche Vermögensabschöpfung nicht über einen Betrag von 432.500 Euro hinausgeht.

VI.


75
Die Kostenfolge für den freisprechenden Teil ergibt sich aus § 467 Abs. 1 StPO. Die Kostenentscheidung im Übrigen beruht infolge des teilweisen Erfolgs des Rechtsmittels im Hinblick auf die Verfallsentscheidung auf § 473 Abs. 4 StPO.
Raum Graf Cirener Radtke Bär

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 568/17
vom
29. März 2018
BGHSt: ja, nur zu II.4
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––
Eine „Entscheidung über die Anordnung des Verfalls und des Verfalls von Wertersatz“
im Sinne von Art. 316h Satz 2 EGStGB ist auch das nicht begründete Unter-
bleiben der Anordnung einer dieser Maßnahmen in einem tatrichterlichen Urteil.
BGH, Urteil vom 29. März 2018 - 4 StR 568/17 - LG Detmold
in der Strafsache
gegen
alias:
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:290318U4STR568.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. März 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Dr. Franke, Dr. Quentin als beisitzende Richter,
Staatsanwältin als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 29. Juni 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Anordnung eines Wertersatzverfalls unterblieben ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit gewerbsmäßiger unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in acht Fällen und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit gewerbsmäßiger unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in 92 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf den Strafausspruch und die unterbliebene Entscheidung über die Anordnung eines Wertersatzverfalls beschränkten Revision. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.

I.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. In der Zeit von Januar 2016 bis Mitte Dezember 2016 kaufte der zuletzt täglich fünf bis sechs Gramm Marihuana konsumierende Angeklagte in insgesamt 92 Fällen jeweils mindestens 100 Gramm Marihuana mit einem Tetrahydrocannabinol -Anteil von etwa 13,8 Gramm sowie eine „unbekannte Men- ge“ Kokain von dem Rauschgifthändler T. T. . Für das Marihuana zahlte der Angeklagte bei dessen Ankauf 340 bis 350 Euro. Etwa 20 Gramm des Marihuanas konsumierte er jeweils selbst, die übrige Menge verkaufte er aus seinem Apartment in L. heraus zu Grammpreisen zwischen 5 und 10 Euroan seine wenigstens 100 Abnehmer weiter. Auf diese Weise verschaffte er sich eine fortlaufende Einnahmequelle erheblichen Umfangs, die ihm eine Finanzierung seines Eigenkonsums und eine Aufbesserung seines Lebensunterhalts ermöglichte. Von Sommer 2016 bis zum Ende desselben Jahres überwies der Angeklagte insgesamt 11.168,89 Euro an seine Familie in Tunesien.
4
Nachdem der Angeklagte Mitte Dezember 2016 in seinem Apartment überfallen worden war, verschaffte er sich eine Machete (Klingenlänge 30 cm), einen als Taschenlampe getarnten Elektroschocker und ein Pfefferspray. Diese lagerte er offen in seiner Wohnung, um sich jederzeit gegen einen Angreifer verteidigen zu können. Danach erwarb der Angeklagte bis zum 17. Januar 2017 noch in acht weiteren Fällen jeweils 100 Gramm Marihuana (etwa 13,6 Gramm Tetrahydrocannabinol) bei T. T. und verkaufte dieses anschließend in kleinen Mengen aus seinem Apartment heraus an seine Abnehmer weiter.
5
Während des gesamten Tatzeitraums verkaufte der Angeklagte in 650 Fällen auch Marihuana (jeweils zwischen 0,5 und 10 Gramm) an Minderjährige im Alter zwischen 15 und 17 Jahren, wobei ihm deren Minderjährigkeit in einem Fall positiv bekannt war und im Übrigen von ihm für möglich gehalten und mit Rücksicht auf den erzielbaren finanziellen Vorteil in Kauf genommen wurde. In 14 Fällen verkaufte er an seine minderjährigen Abnehmer auch Kleinmengen Kokain und in zwei Fällen Amphetamin. Unter den Minderjährigen befanden sich auch Erstkonsumenten.
6
Am 18. Januar 2017 wurde das Apartment des Angeklagten von der Polizei durchsucht. Dabei versuchte der Angeklagte die am Kopfteil seines Bettes abgelegte Machete zu ergreifen. Bei der Durchsuchung konnten 32,8 Gramm Marihuana, die Machete, der Elektroschocker und das Pfefferspray sichergestellt werden.
7
2. Hinsichtlich der 92 Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) in Tateinheit mit gewerbsmäßiger unerlaubter Abgabe an Minderjährige (§ 30 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG) hat die Strafkammer den Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG zugrunde gelegt und in allen Fällen auf Einzelstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe erkannt. Bei den acht Fällen des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) ist das Landgericht jeweils von minder schweren Fällen (§ 30a Abs. 3 BtMG) ausgegangen und hat die für diese Taten verhängten Einzelstrafen von jeweils drei Jahren ebenfalls dem Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG für die in allen Fällen tateinheitlich verwirklichte gewerbsmäßige unerlaubte Abgabe an Minderjährige (§ 30 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG) entnommen. Eine Anordnung von Wertersatzverfall hat die Strafkammer nicht erörtert.

II.


8
Die wirksam auf den Strafausspruch und die unterbliebene Anordnung eines Wertersatzverfalls beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat nur hinsichtlich der unterbliebenen Anordnung eines Wertersatzverfalls Erfolg.
9
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft richtet sich nur gegen den Strafausspruch und die unterbliebene Anordnung eines Wertersatzverfalls.
10
Die Auslegung der Revisionserklärungen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 10. Januar 2018 – 2 StR 200/17, Rn. 11; Urteil vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 468/14, NStZ-RR 2015, 88 mwN) ergibt, dass neben dem Strafausspruch auch die Nichtanordnung eines Wertersatzverfalls angegriffen wird. Zwar schließt die Revisionsbegründungsschrift mit dem Antrag, nur den Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben; aus der vorangestellten Begründung und den dort erhobenen Einzelbeanstandungen ergibt sich aber eindeutig, dass auch die unterbliebene Anordnung eines Wertersatzverfalls als rechtsfehlerhaft gerügt ist. Dass auch die Nichtanordnung einer Unterbringung des Angeklagten nach § 64 StGB angegriffen werden soll, lässt sich der Revisionsrechtfertigung dagegen nicht entnehmen. Insoweit fehlt es an einer ausdrücklichen Beanstandung. Für eine über die erhobenen Rügen hinausgehende Auslegung ist – entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts – bei einer Revisionserklärung der Staatsanwaltschaft mit Rücksicht auf Nr. 156 Abs. 2 RiStBV in der Regel kein Raum.
11
2. Die erklärte Beschränkung ist auch rechtswirksam.
12
a) Eine den Schuldspruch unberührt lassende isolierte Anfechtung des Strafausspruchs ist grundsätzlich möglich (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2017 – 4 StR 481/16, NStZ-RR 2017, 105; Urteil vom 8. Januar 1954 – 2 StR 572/53, BGHSt 5, 252). Es liegen keine Umstände vor, aus denen sich ausnahmsweise eine untrennbare Verknüpfung von Schuld- und Straffrage ergibt. Auch die Entscheidung über die Nichtanordnung eines Wertersatzverfalls kann getrennt vom Schuldspruch angefochten werden (vgl. BGH, Urteil vom 5. September 2017 – 1 StR 677/16, NStZ-RR 2017, 342; Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10, BGHSt 55, 174, 175; Urteil vom 5. Dezember 1996 – 5 StR 542/96, NStZ-RR 1997, 270, 271 [zur Nichtanordnung des Verfalls ]).
13
b) Eine Erstreckung der Anfechtung des Strafausspruchs auf die Entscheidung über die Nichtanordnung einer Unterbringung nach § 64 StGB ist nicht veranlasst. Grundsätzlich besteht zwischen beiden Rechtsfolgen keine Wechselwirkung. Nur wenn sich den Urteilsgründen oder der Strafhöhe ausnahmsweise entnehmen lässt, dass der Strafausspruch von dem Unterbleiben der Maßregelanordnung beeinflusst sein kann, bestehen gegen die Trennbarkeit beider Entscheidungen Bedenken, sodass eine isolierte Anfechtung unzulässig wäre (st. Rspr. in Bezug auf Angeklagtenrevisionen, grundlegend BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 – 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362, 364 f.; weitere Nachweise bei Fischer, StGB, 65. Aufl., § 64 Rn. 29; krit. in Bezug auf Revisionen der Staatsanwaltschaft OLG Hamburg, Beschluss vom 10. Mai 2012 – 3-19/12, NStZ 2013, 124 f.). Dies isthier aber nicht der Fall. Dass die Tatumstände Anlass zur Prüfung dieser Frage geboten hätten, verbindet die Straffrage mit der Maßregelfrage noch nicht zu einer untrennbaren Einheit.
14
3. Die Bestimmung der Einzelstrafen und die Bemessung der Gesamtstrafe weisen keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf.
15
a) Die Strafbemessung (Strafrahmenbestimmung, Festsetzung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe) ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, von unzutreffenden Tatsachen ausgehen, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen. In Zweifelsfällen muss das Revisionsgericht die vom Tatgericht vorgenommene Bewertung bis an die Grenze des Vertretbaren hinnehmen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; Urteil vom 2. Februar 2017 – 4 StR 481/16, NStZ-RR 2017, 105, 106; Urteil vom 22. Oktober 1953 – 5 StR 230/53, BGHSt 5, 57, 59).
16
b) Mit Blick auf diesen eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die konkrete Bemessung der Einzelstrafen revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende:
17
aa) Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Strafkammer von minder schweren Fällen des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ausgegangen ist (§ 30a Abs. 3 BtMG).
18
(1) Die Entscheidung, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, erfordert eine Gesamtbetrachtung, bei der alle Umstände zu würdigen sind, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen. Dabei sind alle wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände gegeneinander abzuwägen. Erst nach dem Gesamteindruck kann entschieden werden, ob der außerordentliche Strafrahmen anzuwenden ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. August 2012 – 2 StR 235/12, NStZ-RR 2013, 150, 151; Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 581/11, StV 2012, 289 f.).
19
(2) Dies hat das Landgericht nicht verkannt. Es hat alle bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkte ohne einseitige Beschränkung auf die Milderungsgründe berücksichtigt und keinen Gesichtspunkt herangezogen, der ohne Belang wäre. Dabei hat es rechtsfehlerfrei zugunsten des Angeklagten gewürdigt , dass eine Gefahr des Waffeneinsatzes bei den Geschäften mit seinem Drogenlieferanten T. nicht gegeben war und die gefährlichen Gegenstände bei den Betäubungsmittelgeschäften nicht zum Einsatz kamen. Die Wahrscheinlichkeit , dass es zu einer Realisierung der in § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG unter eine erhöhte Strafdrohung gestellten abstrakten Gefahr kam, indem die bereitgehaltenen gefährlichen Gegenstände zur Anwendung gelangten, ist ein zumessungserheblicher Umstand. War sie gering, kann dies zugunsten des Täters in die Bewertung eingestellt werden. Dabei ist es ohne Belang, ob die Urteilsausführungen die dafür maßgeblichen Umstände positiv oder negativ umschreiben (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 350). Der Senat schließt aus, dass die Strafkammer in diesem Zusammenhang aus dem Blick verloren hat, dass der Angeklagte bei der polizeilichen Durchsuchung den Versuch unternahm, die am Kopfteil seines Bettes abgelegte Machete zu ergreifen. Dass der Angeklagte in Einzelfällen auch Kokain an Minderjährige abgab, hat die Strafkammer ebenso berücksichtigt, wie den Umstand , dass es sich teilweise auch um Erstkonsumenten handelte.
20
bb) Die Bemessung der Einzelstrafen weist ebenfalls keinen durchgreifenden Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten auf. Dass die Strafkammer dabei die Zusage, gegen Hintermänner umfangreiche Angaben zu machen, als Ausdruck von Reue gewertet hat, liegt innerhalb des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums. Soweit sie dem Angeklagten die erlittene Untersuchungshaft allein mit der Begründung gutgebracht hat, dass diese „ihn als Erstverbüßer besonders belastet haben dürfte“, begegnet dies mit Rücksicht auf die nicht eindeutig festgestellte Belastung und das Fehlen besonderer Umstände zwar rechtlichen Bedenken (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2017 – 4 StR 481/16, NStZ-RR 2017, 105, 106 mwN). Der Senat vermag aber auszuschließen, dass die Strafkammer ohne Berücksichtigung dieses Milderungsgrundes auf höhere Einzelstrafen erkannt hätte.
21
c) Auch die Bestimmung der Gesamtstrafe lässt durchgreifende Rechtsfehler nicht erkennen.
22
aa) Die Bemessung der Gesamtstrafe nach § 54 Abs. 1 StGB ist ein eigenständiger Zumessungsakt, bei dem die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend zu würdigen sind. Dabei sind vor allem das Verhältnis der einzelnen Taten zueinander, ihre größere oder geringere Selbstständigkeit , die Häufigkeit der Begehung, die Gleichheit oder Verschiedenheit der verletzten Rechtsgüter und der Begehungsweisen sowie das Gesamtgewicht des abzuurteilenden Sachverhalts zu berücksichtigen. Besteht zwischen den einzelnen Taten ein enger zeitlicher, sachlicher und situativer Zusammenhang , hat die Erhöhung der Einsatzstrafe in der Regel geringer auszufallen. Auch hierbei braucht der Tatrichter nach § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO nur die bestimmenden Zumessungsgründe im Urteil darzulegen. Eine Bezugnahme auf die zu den Einzelstrafen gemachten Ausführungen ist grundsätzlich zulässig.
Einer eingehenderen Begründung bedarf es hingegen, wenn die Einsatzstrafe nur geringfügig überschritten oder die Summe der Einzelstrafen nahezu erreicht wird (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2017 – 4 StR 481/16, NStZ-RR 2017, 105, 107; Urteil vom 30. November 1971 – 1 StR 485/71, BGHSt 24, 268, 271 jeweils mwN).
23
bb) Danach erweisen sich die Bemessung der Gesamtstrafe und deren Darlegung hier nicht als rechtsfehlerhaft. Die Strafkammer hat die Erhöhung der Einsatzstrafe im Wesentlichen durch eine Bezugnahme auf die – auch tatübergreifende Umstände einbeziehende – Strafzumessungserwägungen begründet, die der Strafrahmenwahl und den verhängten Einzelstrafen zugrunde liegen, und dabei die Bedeutung des Geständnisses des Angeklagten nochmals hervorgehoben. Dass sich die Urteilsgründe nicht ausdrücklich dazu verhalten, dass zwischen den Einzeltaten ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht, der einen straffen Zusammenzug der Einzelstrafen rechtfertigt, ist hier unschädlich, weil sich dies aus den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen von selbst ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2016 – 1 StR 417/16). Die maßvolle Bemessung der Gesamtstrafe lässt unter diesen Umständen nicht besorgen, dass die Strafkammer die Grundsätze der Gesamtstrafenbildung verkannt hat. Sie entfernt sich auch nicht so weit nach unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt.
24
4. Die Nichtanordnung des Verfalls von Wertersatz gemäß § 73a Satz 1 StGB aF wird durch die Urteilsgründe nicht belegt und hält deshalb einer sachlich -rechtlichen Überprüfung nicht stand.
25
a) Hinsichtlich der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung kommt im vorliegenden Verfahren noch das bis zum 1. Juli 2017 geltende Recht zur Anwendung , weil bereits vor dem 1. Juli 2017 eine erstinstanzliche Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist (Art. 316h Sätze 1 und 2 EGStGB). „Eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz“im Sinne von Art. 316h Satz 2 EGStGB ist auch die Nichtanordnung einer dieser Maßnahmen (vgl. BT-Drucks. 18/11640, S. 84 sowie BT-Drucks. 18/9525, S. 98 und BGH, Urteil vom 29. November 2017 – 2 StR 271/17, Rn. 11 jeweils zu Art. 14 EGStPO). Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Tatgericht eine Verfallsanordnung ausdrücklich geprüft und in den Urteilsgründen dargelegt hat, welche der tatbestandlichen Voraussetzungen es für nicht gegeben hielt. Denn auch das nicht begründete Unterbleiben einer Verfallsanordnung oder einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz ist eine hierzu ergangene „Entscheidung“ im Sinne der Übergangsvorschrift (vgl. dazu auch Ott in: KK-StPO, 7. Aufl., § 260 Rn. 17; Stuckenberg in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 260 Rn. 34 mwN). Würde das begründungslose Unterbleiben einer Verfalls- oder Wertersatzverfallsanordnung in einem vor dem 1. Juli 2017 ergangenen tatrichterlichen Urteil im Rechtsmittelverfahren nicht an dem zum Urteilszeitpunkt geltenden alten Recht gemessen, sondern in Anwendung von Art. 316h Satz 1 EGStGB an dem Recht der Vermögensabschöpfung in der seit dem 1. Juli 2017 geltenden Fassung, könnte dies im Einzelfall dazu führen, dass das erstinstanzliche Urteil insoweit allein wegen der Gesetzesänderung aufgehoben wird. Gerade dies zu verhindern ist aber die ratio legis von Art. 316h Satz 2 EGStGB (vgl. BT-Drucks. 18/11640, S. 84). Auch könnte eine andere Sichtweise eine parallele Anwendung von altem und neuem Recht in demselben Verfahren zur Folge haben, wenn sich der Tatrichter etwa teilweise zum Verfall verhält und sich teilweise hierzu rechtsfehlerhaft nicht äußert. Anhaltspunkte dafür, die Auslegung von Art. 316h EGStGB daran zu messen, ob der Tatrichter die Nichtanordnung einer Vermögensabschöpfung begründet hat oder die Begründung im Urteil unterblieben ist, lassen sich weder dem Wortlaut der Vorschrift, noch den Gesetzesmaterialien entnehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2017 – 4 StR 589/17, NJW-Spezial 2018, 121).
26
b) Die Nichtanordnung eines Wertersatzverfalls nach § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a Satz 1 StGB aF kann nicht bestehen bleiben, weil eine entsprechende Anordnung nach den getroffenen Feststellungen sachlich-rechtlich nahelag und die Urteilsgründe nicht belegen, warum es gleichwohl nicht zu einer Anordnung gekommen ist.
27
aa) Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF unterliegen die bei Betäubungsmittelgeschäften erzielten Erlöse ohne Abzug etwaiger Aufwendungen (Bruttoprinzip ) zwingend dem Verfall, sofern sie als solche bei dem Täter noch vorhanden sind. Ist eine Verfallsanordnung an dem unmittelbar aus den Drogenverkäufen erlangten Geld aus tatsächlichen Gründen nicht mehr möglich, muss ein entsprechender Wertersatzverfall gemäß § 73a Satz 1 StGB aF angeordnet werden , soweit nicht die gleichfalls zwingende Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB aF entgegensteht (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2007 – 4 StR 544/06, Rn. 3 [insoweit in NStZ-RR 2009, 320 nicht abgedruckt]; Be- schluss vom 10. September 2002 – 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198, 199; Urteil vom 21. August 2002 – 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 370).
28
bb) Danach lag die Anordnung eines Wertersatzverfalls hier nahe und hätte deshalb erörtert werden müssen (zur Erörterungspflicht vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2011 – 3 StR 144/11, Rn. 4 [zu Verfall und erweitertem Verfall]; Kuckein in: KK-StPO, 7. Aufl., § 267 Rn. 36; Güntge in: SSW-StPO, 3. Aufl., § 267 Rn. 38 mwN). Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte im Tatzeitraum mehr als 7.900 Gramm Marihuana (100 x 100 Gramm abzgl. des Eigenverbrauchsanteils und der Sicherstellungsmenge) zu Grammpreisen zwischen 5 und 10 Euro an seine teilweise minderjährigen Abnehmer. Die dabei erlangten Gelder waren bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten, die auch zu seiner Festnahme führte, nicht mehr vorhanden. Dass die Härtevorschrift des § 73c StGB aF der Anordnung eines Wertersatzverfalls voll umfänglich entgegensteht, liegt mit Rücksicht auf die von dem Angeklagten im Tatzeitraum getätigten Geldüberweisungen an seine tunesische Herkunftsfamilie und die weiteren Feststellungen zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht auf der Hand.
29
Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Dabei wird wiederum das alte Recht anzuwenden sein (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2017 – 1 StR 227/17, StV 2018, 22; Urteil vom 6. September 2017 – 5 StR 268/17, NStZ-RR 2017, 375, 376), denn auch aufgehobene Entscheidungen zu Verfall und Wertersatzverfall sind Entscheidungen im Sinne des Art. 316h Satz 2 EGStGB (vgl. Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 682).

III.


30
Rechtsfehler zulasten des Angeklagten hat die durch den Umfang der Anfechtung begrenzte (vgl. BGH, Urteil vom 7. September 2016 – 1 StR 154/16, Rn. 13 [insoweit in NJW 2016, 3670 nicht abgedruckt]; Urteil vom 4. Dezember 2001 – 1 StR 428/01, Rn. 11 [insoweit in NStZ 2002, 198 nicht abgedruckt]; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 301 Rn. 1 mwN) sachlich -rechtliche Überprüfung des Urteils nach § 301 StPO nicht ergeben. Der Umstand, dass die Strafkammer dem Angeklagten bei der Bemessung aller 100 Einzelstrafen den Verkauf von Kokain angelastet hat, obgleich es hierzu nach den Feststellungen nur in 14 Fällen kam, stellt den Strafausspruch im Ergebnis nicht in Frage. Der Senat entnimmt den Urteilsgründen, dass das Landgericht damit die in allen Taten zum Ausdruck gekommene Gesinnung (§ 46 Abs. 2 StGB) des Angeklagten näher kennzeichnen wollte. Dies ist mit Rücksicht auf das gleichartige Vorgehen des Angeklagten und seine übergreifende kommerzielle Tatmotivation rechtlich nicht zu beanstanden.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Franke Quentin