Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Feb. 2014 - IX ZA 32/13

bei uns veröffentlicht am20.02.2014
vorgehend
Amtsgericht Regensburg, 22 IN 57/07, 03.05.2013
Landgericht Regensburg, 2 T 198/13, 09.12.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZA 32/13
vom
20. Februar 2014
in dem Restschuldbefreiungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Vereinbart ein abhängig beschäftigter Schuldner mit dem Treuhänder, den Arbeitgeber
des Schuldners entgegen gesetzlicher Vorschrift nicht über die Abtretung des
pfändbaren Teils seiner Bezüge an den Treuhänder zu unterrichten, hat er den Treuhänder
jeweils zeitnah, zutreffend und vollständig über die Höhe seiner Bezüge ins
Bild zu setzen. Unterlässt er dies, kann ihm wegen Verheimlichens von der Abtretung
erfasster Bezüge die Restschuldbefreiung versagt werden.
BGH, Beschluss vom 20. Februar 2014 - IX ZA 32/13 - LG Regensburg
AG Regensburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Vill,
Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring
am 20. Februar 2014

beschlossen:
Der Antrag des Schuldners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Regensburg vom 9. Dezember 2013 wird abgelehnt.

Gründe:


I.


1
Das Insolvenzgericht hat dem Schuldner auf Antrag der weiteren Beteiligten zu 1 die Erteilung der Restschuldbefreiung versagt mit der Begründung, der Schuldner habe gegen seine Obliegenheit nach § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO verstoßen, indem er dem Treuhänder weder zeitnah die Höhe seines Arbeitslohns mitgeteilt noch den pfändbaren Teil an den Treuhänder abgeführt habe, obwohl er dies mit dem Treuhänder zur Vermeidung einer Offenlegung der Abtretung nach § 287 Abs. 2 InsO vereinbart habe. Die sofortige Beschwerde des Schuldners hat keinen Erfolg gehabt. Nunmehr beantragt der Schuldner Prozesskostenhilfe für das Verfahren der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.


2
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Satz 1 ZPO).
3
Die Rechtsfrage, die das Beschwerdegericht im Hinblick auf eine vermeintlich abweichende Entscheidung des Landgerichts Göttingen (NZI 2010, 579) zur Zulassung der Rechtsbeschwerde veranlasst hat, ist durch den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 7. April 2011 (IX ZB 40/10, NZI 2011, 451) bereits geklärt. Danach obliegt es einem Schuldner, der mit dem Treuhänder vereinbart, die Abtretung des pfändbaren Teils seiner Bezüge nicht gegenüber seinem Arbeitgeber anzuzeigen, den Treuhänder jeweils zeitnah zutreffend und vollständig über die Höhe seiner Bezüge zu unterrichten und den pfändbaren Teil der Bezüge an den Treuhänder abzuführen. Teilt er die Höhe der Bezüge nicht rechtzeitig mit, kann ihm wegen Verheimlichens von der Abtretung erfasster Bezüge nach § 295 Abs. 1 Nr. 3, § 296 InsO die Restschuldbefreiung versagt werden (BGH, aaO Rn. 8, 13; Weinland in Ahrens/Gehrlein/ Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 295 Rn. 35).
4
Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist die Entscheidung des Beschwerdegerichts rechtlich nicht zu beanstanden. Den maßgeblichen Sachverhalt hat der Schuldner nicht in Abrede gestellt.
Vill Gehrlein Pape
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
AG Regensburg, Entscheidung vom 03.05.2013 - 22 IN 57/07 -
LG Regensburg, Entscheidung vom 09.12.2013 - 2 T 198/13 -

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Insolvenzrecht: Zur Verheimlichung der Abtretung pfändbarer Bezüge

17.04.2014

Unterlässt der Schuldner eine Offenlegung, kann ihm wegen Verheimlichens von der Abtretung erfasster Bezüge die Restschuldbefreiung versagt werden.
Insolvenzrecht
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Unterlässt der Schuldner eine Offenlegung, kann ihm wegen Verheimlichens von der Abtretung erfasster Bezüge die Restschuldbefreiung versagt werden.
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Insolvenzordnung - InsO | § 296 Verstoß gegen Obliegenheiten


(1) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn der Schuldner in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist eine seiner Obliegenheiten verletzt und dad

Insolvenzordnung - InsO | § 287 Antrag des Schuldners


(1) Die Restschuldbefreiung setzt einen Antrag des Schuldners voraus, der mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden soll. Wird er nicht mit diesem verbunden, so ist er innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gemäß §

Insolvenzordnung - InsO | § 295 Obliegenheiten des Schuldners


Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist1.eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbar
Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Feb. 2014 - IX ZA 32/13 zitiert 5 §§.

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Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist1.eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbar

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Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Apr. 2011 - IX ZB 40/10

bei uns veröffentlicht am 07.04.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 40/10 vom 7. April 2011 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 295 Abs. 1 Nr. 3, § 292 Abs. 1 Satz 1 und 2 Sieht der Treuhänder im Fall eines abhängig beschäftigten

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Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist

1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen;
2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen;
3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen;
4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen;
5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
Auf Antrag des Schuldners stellt das Insolvenzgericht fest, ob ein Vermögenserwerb nach Satz 1 Nummer 2 von der Herausgabeobliegenheit ausgenommen ist.

(1) Die Restschuldbefreiung setzt einen Antrag des Schuldners voraus, der mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden soll. Wird er nicht mit diesem verbunden, so ist er innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gemäß § 20 Abs. 2 zu stellen. Der Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Fall des § 287a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder 2 vorliegt. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklärung nach Satz 3 hat der Schuldner zu versichern.

(2) Dem Antrag ist die Erklärung des Schuldners beizufügen, dass dieser seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder auf an deren Stelle tretende laufende Bezüge für den Zeitraum von drei Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abtretungsfrist) an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt. Ist dem Schuldner auf Grundlage eines nach dem 30. September 2020 gestellten Antrags bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt worden, so beträgt die Abtretungsfrist in einem erneuten Verfahren fünf Jahre; der Schuldner hat dem Antrag eine entsprechende Abtretungserklärung beizufügen.

(3) Vereinbarungen des Schuldners sind insoweit unwirksam, als sie die Abtretungserklärung nach Absatz 2 vereiteln oder beeinträchtigen würden.

(4) Die Insolvenzgläubiger, die Forderungen angemeldet haben, sind bis zum Schlusstermin zu dem Antrag des Schuldners zu hören.

Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist

1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen;
2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen;
3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen;
4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen;
5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
Auf Antrag des Schuldners stellt das Insolvenzgericht fest, ob ein Vermögenserwerb nach Satz 1 Nummer 2 von der Herausgabeobliegenheit ausgenommen ist.

(1) Die Restschuldbefreiung setzt einen Antrag des Schuldners voraus, der mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden soll. Wird er nicht mit diesem verbunden, so ist er innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gemäß § 20 Abs. 2 zu stellen. Der Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Fall des § 287a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder 2 vorliegt. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklärung nach Satz 3 hat der Schuldner zu versichern.

(2) Dem Antrag ist die Erklärung des Schuldners beizufügen, dass dieser seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder auf an deren Stelle tretende laufende Bezüge für den Zeitraum von drei Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abtretungsfrist) an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt. Ist dem Schuldner auf Grundlage eines nach dem 30. September 2020 gestellten Antrags bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt worden, so beträgt die Abtretungsfrist in einem erneuten Verfahren fünf Jahre; der Schuldner hat dem Antrag eine entsprechende Abtretungserklärung beizufügen.

(3) Vereinbarungen des Schuldners sind insoweit unwirksam, als sie die Abtretungserklärung nach Absatz 2 vereiteln oder beeinträchtigen würden.

(4) Die Insolvenzgläubiger, die Forderungen angemeldet haben, sind bis zum Schlusstermin zu dem Antrag des Schuldners zu hören.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 40/10
vom
7. April 2011
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Sieht der Treuhänder im Fall eines abhängig beschäftigten Schuldners von der gesetzlich
gebotenen Offenlegung der Abtretungsanzeige gegenüber dessen Arbeitgeber
ab, hat er die vom Schuldner abzuführenden Beträge eigenverantwortlich zu berechnen
und monatlich einzuziehen.
BGH, Beschluss vom 7. April 2011 - IX ZB 40/10 - LG Hamburg
AG Hamburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Vill,
Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring
am 7. April 2011

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss der 26. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 21. Januar 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht Hamburg zurückverwiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 10.297,48 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Das am 23. November 2004 eröffnete vereinfachte Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners wurde mit Beschluss vom 17. November 2008 aufgehoben. Der Schuldner ist seit Mai 2008 als Trainer einer EishockeyBundesligamannschaft beschäftigt. Statt seiner Arbeitgeberin die Abtretungserklärung des Schuldners anzuzeigen, vereinbarte der Treuhänder mit dem Schuldner die Zahlung eines monatlichen Betrages in Höhe von 321,29 €, der dem vom Arbeitgeber abzuführenden pfändbaren Betrag entsprechen sollte. Mit anwaltlichem Schreiben vom 8. September 2009 stellte die Gläubigerin den Antrag , dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen, weil dieser dem Treuhänder verheimlicht habe, dass er neben seinem monatlichen Nettoeinkommen erhebliche geldwerte Sachleistungen sowie Prämienzahlungen für das Erreichen von Play-Off-Runden erhalten habe. Außerdem könne er als Cheftrainer eines Eishockey-Bundesligavereins ein erheblich höheres jährliches Einkommen beziehen, als ihm tatsächlich gezahlt werde. Nach Eingang des Versagungsantrags führte der Treuhänder eine Nachberechnung der vom Schuldner abzuführenden Beträge durch, die eine Nachzahlung von mehr als 15.000 € ergab, die der Schuldner entrichtete. Soweit der Schuldner geldwerte Vorteile erhielt, gab der Treuhänder gegenüber dem Insolvenzgericht an, hierüber informiert worden zu sein. Der Schuldner habe ihm sämtliche erforderlichen Unterlagen vorgelegt.
2
Das Insolvenzgericht hat den Versagungsantrag der Gläubigerin zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihren Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung weiter.

II.


3
Die gemäß §§ 6, 7, 296 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Beschwerdegericht.
4
1. Das Beschwerdegericht meint, die Antragstellerin verkenne, dass es zur Erfüllung von Obliegenheiten nicht erforderlich sei, dass der Schuldner regelmäßig Zahlungen erbringe. Dieser könne selbst entscheiden, wann und in welcher Höhe er Beträge an den Treuhänder abführe. Spätestens zum Ende der Wohlverhaltensperiode müssten die gesamten ihm obliegenden Zahlungen geleistet sein. Soweit die Gläubigerin vermute, dass der Schuldner mehr verdiene als dem Treuhänder mitgeteilt, gebe es dafür keine Anhaltspunkte. Der Schuldner habe sich auf die Berechnung der pfändbaren Beträge durch den Treuhänder verlassen können. Die geldwerten Leistungen seien dem Treuhänder bekannt gewesen. Dieser habe erklärt, durch den Schuldner immer unverzüglich unterrichtet worden zu sein. Es sei nicht ersichtlich, dass der Schuldner diesem etwas verheimlicht habe.
5
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
6
a) Die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Schuldner in der Wohlverhaltensphase die von ihm zu erbringenden Zahlungen an den Treuhänder leisten muss, stellt sich nur für den Schuldner, der eine selbständige Tätigkeit ausübt (§ 295 Abs. 2 InsO). Diesem obliegt es, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Ob er diese Zahlungen innerhalb bestimmter Zeiträume leisten muss, oder ob er lediglich dafür zu sorgen hat, dass am Ende der Wohlverhaltensphase der Betrag zur Verfügung steht, den er insgesamt abzuführen hat (vgl. Pape in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung , 8. Aufl. § 17 Rn. 152 mwN), ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bislang nicht entschieden. Vorliegend geht es aber nicht um einen wirtschaftlich selbständigen Schuldner. Vielmehr geht der Schuldner einer abhängigen Beschäftigung nach. Für ihn gilt §295 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Er darf dem Treuhänder keine von der Abtretungserklärung erfassten Bezüge verheimlichen.
7
b) Nach § 292 Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO ist der Treuhänder verpflichtet, den zur Zahlung der Bezüge Verpflichteten über die Abtretung zu unterrichten und die Beträge, die er durch die Abtretung erlangt, und sonstige Leistungen des Schuldners oder Dritter von seinem Vermögen getrennt zu halten und einmal jährlich aufgrund des Schlussverzeichnisses an die Insolvenzgläubiger zu verteilen.
8
aa) Von dieser Verpflichtung ist der Treuhänder abgewichen, indem er im Einvernehmen mit dem Schuldner von der Vorlage der Abtretungserklärung bei dessen Arbeitgeber abgesehen hat. Diese möglicherweise letztlich nicht unbedenkliche Vorgehensweise entbindet den Schuldner jedenfalls nicht davon, monatlich die Beträge an den Treuhänder abzuführen, die im Fall der Unterrichtung des Arbeitgebers von der Abtretungserklärung vom Arbeitgeber abzuführen gewesen wären. Den Treuhänder trifft daher die Pflicht, die vom Schuldner monatlich abzuführenden Beträge anhand der jeweils zu aktualisierenden Angaben des Schuldners nach Maßgabe der §§ 850 ff ZPO zu ermitteln und vom Schuldner einzufordern. Zahlungen zu beliebigen Zeitpunkten darf der Treuhänder dem Schuldner nicht gestatten.
9
bb) Dieser Pflicht hat der Treuhänder vorliegend nicht genügt. Hätte er die vom Schuldner abzuführenden Beträge anstelle des Arbeitgebers des Schuldners regelmäßig berechnet, wie es seine Aufgabe war, nachdem er die Abtretungserklärung dem Arbeitgeber nicht vorgelegt hat, hätte sich nicht eine Nachforderung von mehr als 15.000 € für den Zeitraum Mai 2008 bis April 2009 ergeben dürfen. Diese Nachforderung erfasst zudem nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht einmal den vollen vom Schuldner abzuführenden Betrag, weil der Treuhänder es unterlassen hat, die vom Arbeitgeber des Schuldners zur Verfügung gestellten "geldwerten Leistungen" zu berechnen (zu deren Berücksichtigung entsprechend § 850e Nr. 3 ZPO Wenzel, in Kübler/ Prütting/Bork, InsO § 287 Rn. 8; MünchKomm-InsO/Stephan, 2. Aufl. § 287 Rn. 37).
10
c) Allerdings kann dem Schuldner die Restschuldbefreiung aufgrund der fehlerhaften Verfahrensweise des Treuhänders nicht versagt werden, weil der Schuldner die vom Treuhänder berechneten Beträge an den Treuhänder abgeführt hat. Insoweit ist es im Rahmen der Anwendung des § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO unerheblich, ob der Schuldner die nach der Gesetzeslage von ihm zu entrichtenden Beträge gezahlt hat. Nach § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO führt nur das "Verheimlichen" von Bezügen, die von der Abtretungserklärung erfasst werden, zur Versagung der Restschuldbefreiung. Berechnet der Treuhänder dagegen die abzuführenden Beträge fehlerhaft, obwohl er durch den Schuldner zutreffend und vollständig informiert worden ist, hat das Zurückbleiben der Zahlungen des Schuldners hinter den bei zutreffender Berechnung geschuldeten Beträge für die Versagung der Restschuldbefreiung mangels Verletzung einer Obliegenheit des Schuldners keine Bedeutung. Soweit kein kollusives Zusammenwirken vorliegt, können sich allenfalls Nachforderungsansprüche gegen den Schuldner oder Schadensersatzansprüche gegen den Treuhänder bei pflichtwidriger Berechnung der vom Schuldner abzuführenden Beträge ergeben.
11
d) Die Gläubigerin macht aber mit Recht geltend, das Beschwerdegericht habe ihren Vortrag zum Verheimlichen von Bezügen übergangen. Es hat sich nicht damit auseinandergesetzt, dass der Treuhänder danach trotz regelmäßiger Erhöhung der Nettobezüge des Schuldners auf bis zu 5.138,56 € ab Januar 2009 noch im Juni 2009 von einem Nettogehalt von 3.800 € ausgegangen ist und eine Nachberechnung der vom Schuldner abzuführenden Beträge erst im Oktober 2009 vorgenommen hat, nachdem der Versagungsantrag der Gläubigerin bereits gestellt worden war. Wäre es zutreffend, dass der Schuldner den Treuhänder entsprechend seinen Verpflichtungen aus § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO tatsächlich fortlaufend zeitnah über seine erhöhten Nettobezüge unterrichtet hat, wäre das Schreiben des Treuhänders vom Juni 2009 - gleiches gilt für das Schreiben des Treuhänders vom 6. April 2009 - und die erst im Oktober 2009 erfolgte Nachberechnung nicht zu erklären. Wann die Unterrichtung des Treuhänders über die erhöhten Nettobezüge tatsächlich erfolgt ist, hat das Beschwerdegericht nicht ermittelt.

III.


12
Die Entscheidung der Vorinstanz ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist noch nicht zur Endentscheidung reif und muss zurückverwiesen werden, § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
13
Versagung Eine der Restschuldbefreiung aufgrund des Antrags der Gläubigerin vom 8. September 2009 kommt dann in Betracht, wenn der Schuldner dem Treuhänder entgegen § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO die von der Gläubigerin unwiderlegt dargestellten Leistungen seines Arbeitgebers einschließlich der geldwerten Sachleistungen und der jeweiligen Erhöhungen des Nettoeinkommens verheimlicht, d.h. nicht in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu dem jeweiligen Bezugszeitpunkt von sich mitgeteilt hat (vgl. Pape, aaO Rn. 145 f), was hier schon im Hinblick auf die gewählte Vorgehensweise erforderlich war. Der Treuhänder wird dazu unter Angabe des jeweiligen Datums mitzuteilen haben, wann der Schuldner ihm die Bezüge tatsächlich angezeigt hat.
14
Sollte sich erweisen, dass der Schuldner die Bezüge nicht in dem durch § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO vorgegebenen engen zeitlichen Zusammenhang mitgeteilt hat, wird das Beschwerdegericht weiter zu beachten haben, dass eine Heilung der dann vorliegenden Obliegenheitsverletzung des Schuldners nur in Betracht kommt, wenn dieser die ihm obliegende Anzeige nachgeholt hat, bevor sein Verhalten aufgedeckt und ein Versagungsantrag gestellt worden ist (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2008 - IX ZB 183/07, ZInsO 2008, 920 Rn. 13; vom 22. Oktober 2009 - IX ZB 9/09, juris Rn. 8; vom 18. Februar 2010 - IX ZB 211/09, ZInsO 2010, 684 Rn. 6; vom 3. Februar 2011 - IX ZB 99/09, ZInsO 2011, 447 Rn. 2).
Vill Gehrlein Pape
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
AG Hamburg, Entscheidung vom 15.12.2009 - 68c IK 314/04 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 21.01.2010 - 326 T 2/10 -

Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist

1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen;
2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen;
3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen;
4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen;
5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
Auf Antrag des Schuldners stellt das Insolvenzgericht fest, ob ein Vermögenserwerb nach Satz 1 Nummer 2 von der Herausgabeobliegenheit ausgenommen ist.

(1) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn der Schuldner in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist eine seiner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; im Fall des § 295 Satz 1 Nummer 5 bleibt einfache Fahrlässigkeit außer Betracht. Der Antrag kann nur binnen eines Jahres nach dem Zeitpunkt gestellt werden, in dem die Obliegenheitsverletzung dem Gläubiger bekanntgeworden ist. Er ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 glaubhaft gemacht werden.

(2) Vor der Entscheidung über den Antrag sind der Treuhänder, der Schuldner und die Insolvenzgläubiger zu hören. Der Schuldner hat über die Erfüllung seiner Obliegenheiten Auskunft zu erteilen und, wenn es der Gläubiger beantragt, die Richtigkeit dieser Auskunft an Eides Statt zu versichern. Gibt er die Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung ohne hinreichende Entschuldigung nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist ab oder erscheint er trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne hinreichende Entschuldigung nicht zu einem Termin, den das Gericht für die Erteilung der Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung anberaumt hat, so ist die Restschuldbefreiung zu versagen.

(3) Gegen die Entscheidung steht dem Antragsteller und dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Die Versagung der Restschuldbefreiung ist öffentlich bekanntzumachen.