Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2018 - IX ZB 67/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:270918BIXZB67.17.0
bei uns veröffentlicht am27.09.2018
vorgehend
Landgericht Oldenburg (Oldenburg), 16 O 1943/14, 20.12.2016
Oberlandesgericht Oldenburg, 14 U 15/17, 25.09.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 67/17
vom
27. September 2018
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Rechtsmittelführer hat auch bei Einsatz eines Telefaxgerätes die Rechtzeitigkeit
des Eingangs der Berufungsbegründung zur vollen Überzeugung des Gerichts nachzuweisen.
Wird ein fünfseitiger Schriftsatz kurz vor 23:58 Uhr mit Hilfe eines Telefaxgerätes an
das Gericht übermittelt, der erst nach 24:00 Uhr eingeht, scheidet ein Verschulden
des Prozessbevollmächtigten an der Fristwahrung nur aus, wenn er vorträgt und
glaubhaft macht, dass nach seinen Erfahrungswerten bei einer üblichen Übertragungsdauer
von einem Eingang vor 24:00 Uhr auszugehen war.
Die Wiedereinsetzungsfrist beginnt zu laufen, sobald der Prozessbevollmächtigte der
Partei von dem Gericht fernmündlich oder schriftlich auf die Fristversäumung hingewiesen
wird.
BGH, Beschluss vom 27. September 2018 - IX ZB 67/17 - OLG Oldenburg
LG Oldenburg
ECLI:DE:BGH:2018:270918BIXZB67.17.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Prof. Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring
am 27. September 2018
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 25. September 2017 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen. Der Streithelfer der Beklagten trägt seine Kosten selbst.
Der Gegenstandswert wird auf 1.650.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.

1
Der Kläger zu 1 nimmt die Beklagten zu 1 bis 3 als Zessionar aus einer anwaltlichen Gebührenvereinbarung auf Zahlung von 150.000 € in Anspruch. Die Beklagten zu 1 und 3 verlangen von dem Kläger und den Drittwiderbeklagten zu 2 bis 4 Schadensersatzleistung wegen behaupteter anwaltlicher Fehlberatung. Das Landgericht hat durch Urteil vom 20. Dezember 2016 der Klage stattgegeben und die Widerklagen abgewiesen.
2
Gegen das ihnen am 22. Dezember 2016 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 13. Januar 2017 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungs- frist ist antragsgemäß von dem Vorsitzenden des Berufungssenats bis zum 22. März 2017 verlängert worden. Die Berufungsbegründungsschrift der Beklagten zu 1 bis 3 ist ausweislich der Fax-Kennung am 23. März 2017 in der Zeit von 00:01 Uhr bis 00:02 Uhr bei dem Berufungsgericht eingegangen.
3
Am 24. März 2017 erkundigte sich der Streithelfer, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1 bis 3, bei dem Berichterstatter fernmündlich, ob die Berufungsbegründung rechtzeitig eingegangen sei. Durch Beschluss vom 28. März 2017 hat das Berufungsgericht die Beklagten zu 1 bis 3 auf die Möglichkeit hingewiesen, ihre Berufung als unzulässig zu verwerfen. Mit am 2. Mai 2017 eingegangenem Schriftsatz haben sich die Beklagten zu 1 bis 3 auf die Rechtzeitigkeit der Berufungsbegründung bezogen und hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten zu 1 bis 3.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen, sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) nicht erforderlich. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht vielmehr in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung und verletzt nicht den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
5
1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
6
a) Die Beklagten zu 1 und 3 hätten nicht zur Überzeugung des Senats zu beweisen vermocht, dass ihre Berufungsbegründung rechtzeitig eingegangen sei. Bei der Übersendung der Berufungsbegründung mittels Telefax komme es darauf an, ob die digitalen Signale bis zum Ablauf der Frist - hier dem 22. März 2017, 24:00 Uhr - von dem Telefaxgerät des Berufungsgerichts vollständig empfangen worden seien. Das Empfangsjournal zeige als Eingang der per Telefax übermittelten Berufungsbegründung den 23. März 2017, 00:03 Uhr, an.
7
Nach der im Freibeweisverfahren erfolgten Überprüfung könne nicht festgestellt werden, ob die im Faxgerät angezeigte Uhrzeit mit der gesetzlichen Uhrzeit übereinstimme. Jedenfalls am 9. Mai 2017 habe sich eine Abweichung zwischen der angezeigten und der gesetzlichen Uhrzeit von mehreren Minuten ergeben. Allerdings erfolge der Eingang der Telefaxe über die Telefonzentrale, welche die Eingänge an die örtlichen Faxanschlüsse übermittele. Daher seien Daten und Uhrzeit der Faxgeräte jederzeit in der zentralen Telefonanlage nachweisbar, so dass es auf eine Abweichung im Faxgerät nicht ankomme.
8
Von dem Wartungsunternehmen sei vorliegend ein Einzelverbindungsnachweis erstellt worden. Danach sei die Übermittelung der digitalen Daten der Berufungsbegründung am 22. März 2017 um 23:58:59 Uhr gestartet und am 23. März 2017 um 00:00:34 Uhr beendet worden. Das Wartungsunternehmen habe ferner festgestellt, dass die Uhrzeit der gerichtlichen Telefonanlage am 11. Juli 2017 um 23 Sekunden von der Funkuhr abgewichen sei. Sollte diese Abweichung auch am 23. März 2017 bestanden haben, sei die Berufungsbegründung gleichwohl erst um 00:00:11 Uhr eingegangen. Die Beklagten hätten nicht den Beweis erbracht, dass die digitalen Dateien schon am 22. März 2017 bis 24:00 Uhr bei dem Berufungsgericht als abrufbare Datei aus dem internen Datenspeicher gespeichert worden seien.
9
b) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne den Beklagten nicht gewährt werden.
10
aa) Soweit sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1 bis 3 auf einen seit Mitte 2017 bestehenden grippalen Infekt berufe, sei diese Erkrankung jedenfalls für die Zeit ab dem 22. März 2017 mangels Vorlage einer aussagekräftigen ärztlichen Bescheinigung nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Zudem habe der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1 bis 3 nicht der Sorgfaltspflicht genügt, die Übermittlung eines Schriftsatzes per Telefax so früh zu beginnen, dass er unter gewöhnlichen Umständen bis zum Abschluss des Tages des Fristablaufs eingehe. Überdies erweise sich der am 2. Mai 2017 gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als verspätet. Die Monatsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO habe bereits am 25. März 2017 zu laufen begonnen, weil der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1 bis 3 von dem Berichterstatter am 24. März 2017 fernmündlich über den verspäteten Eingang der Berufungsbegründung unterrichtet worden sei.
11
bb) Eine Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist scheide ebenfalls aus. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1 bis 3 geltend mache, in der Zeit vom 20. bis 27. April 2017 erneut arbeitsunfähig erkrankt zu sein, könne nach der vorgelegten ärztlichen Be- scheinigung nicht von einer überraschenden und unvorhersehbaren Erkrankung ausgegangen werden. Vor diesem Hintergrund hätte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1 bis 3 durch Einschaltung eines Vertreters für eine rechtzeitige Antragstellung Sorge tragen müssen.
12
2. Diese Ausführungen halten jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Prüfung Stand.
13
a) Das Berufungsgericht hat die Frist zur Begründung der Berufung rechtsfehlerfrei und ohne Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte als versäumt angesehen, weil die Beklagten die Berufungsbegründung erst am 23. März 2017 und damit nicht innerhalb der bis zum 22. März 2017 verlängerten Frist eingereicht haben (§ 520 Abs. 2 ZPO).
14
aa) Das Berufungsgericht hat nach § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO von Amts wegen im Freibeweisverfahren zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dabei muss die Rechtzeitigkeit des Eingangs der Berufungsbegründung - wie die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen des Rechtsmittels - zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen werden. Hiernach etwa verbleibende Zweifel gehen auch bei Einsatz eines Telefaxgeräts zu Lasten des Rechtsmittelführers, der zu beweisen hat, dass er die Berufung rechtzeitig begründet hat (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2016 - XI ZB 14/15, Rn. 10 mwN). Wird die Berufungsbegründung per Telefax übersandt, kommt es für die Rechtzeitigkeit ihres Eingangs allein darauf an, ob sie bei Ablauf des letzten Tages der Frist - hier also am 22. März 2017 bis 24:00 Uhr - vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen ist (BGH, aaO Rn. 11). Um die Frist zu wahren, hätte die Berufungsbegründung vor Beginn des auf den letzten Tag der Frist folgenden Tages um 00:00 Uhr eingehen müssen und damit, weil zwischen 24:00 Uhr und 00:00 Uhr keine, auch keine logische Sekunde existiert, vor Ablauf von 23:59 Uhr (BGH, aaO Rn. 12).
15
bb) Das Berufungsgericht ist hier in Einklang mit den Regeln des Freibeweises (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juni 1992 - IX ZB 10/92, MDR 1992, 1181) und ohne Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG zu dem Ergebnis gelangt, dass die Berufungsbegründung nicht bereits am 22. März 2017 eingegangen ist. Die tatrichterliche Bewertung ist nicht von Rechtsfehlern beeinflusst.
16
(1) Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, das Berufungsgericht habe nicht festgestellt, dass die in der zentralen Telefonanlage des Berufungsgerichts eingestellte Uhrzeit zum fraglichen Zeitpunkt der gesetzlichen Uhrzeit entsprochen habe.
17
Das Berufungsgericht hat, nachdem sich die Zeitanzeige des Faxgeräts laut den Angaben des Bediensteten O. als unrichtig und zum Nachweis der Fristwahrung als ungeeignet erwiesen hatte, von dem zuständigen Wartungsunternehmen im Blick auf den allein maßgeblichen Eingang des Schriftsatzes bei der zentralen Telefonanlage einen Einzelverbindungsnachweis erstellen lassen. Dieser Verbindungsnachweis gelangt zu dem Ergebnis, dass der Schriftsatz am 23. März 2017 um 00:00:34 Uhr eingegangen ist. Mit Rücksicht auf eine Abweichung der Telefonanlage im Vergleich zu der Funkuhr um 23 Sekunden hat das Wartungsunternehmen einen Eingang am 23. März 2017 um 00:00:11 Uhr zugrunde gelegt. Das Berufungsgericht ist entsprechend dem von ihm erteilten Auftrag, ob die Empfangszeit der zentralen Telefonanlage mit der gesetzlichen Uhrzeit übereinstimmt, davon ausgegangen, dass mit der Verwendung des Begriffs "Funkuhr" durch das Wartungsunternehmen die gesetzliche Uhrzeit ge- meint ist. Soweit das Berufungsgericht das Ergebnis der von dem Wartungsunternehmen am 11. Juli 2017 durchgeführten Prüfung auf den 22./23. März 2017 übertragen hat, handelt es sich um eine tatrichterliche Würdigung, die möglich ist und keinen Rechtsfehler erkennen lässt. Hinweise auf zeitliche Unregelmäßigkeiten zwischen dem 22./23. März und dem 11. Juli 2017 haben sich nicht ergeben. Bei dieser Sachlage ist es nicht fehlerhaft, die am 11. Juli 2017 festgestellte Zeitabweichung von 23 Sekunden auch für den 22./23. März 2017 zugrunde zu legen.
18
(2) Nicht beigetreten werden kann der Wertung der Rechtsbeschwerde, es seien durchgreifende Anhaltspunkte vorhanden, die für eine größere Zeitabweichung sprächen. Soweit sie sich insoweit auf den Inhalt der Auskunft des Bediensteten O. beruft, ist diese Rüge schon nicht entscheidungserheblich, weil die Würdigung des Berufungsgerichts nicht auf dessen Angaben beruht. Das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1 bis 3, seine eigene Telefaxverbindung gehe um rund vier Minuten vor, hat das Berufungsgericht als zutreffend zugrunde gelegt, daraus aber nicht die Überzeugung einer rechtzeitigen Begründung gewinnen können, weil es nicht auf den Zeitpunkt der Absendung, sondern des Eingangs der digitalen Signale ankomme. Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung die Möglichkeit nicht ausschließen können, dass der Übertragungsvorgang im Streitfall eine längere Zeit beansprucht hat. Bei dieser Sachlage bestand keine Veranlassung, den allein den Absendezeitpunkt betreffenden Zeugenbeweis einzuholen.
19
b) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann den Beklagten zu 1 bis 3 nicht gewährt werden, weil sie nicht ohne ihr Verschulden an der rechtzeitigen Fristwahrung gehindert waren (§ 233 Satz 1 ZPO).
20
aa) Der Prozessbevollmächtigte hat mit der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer das seinerseits Erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn er so rechtzeitig mit der Übermittlung beginnt, dass unter normalen Umständen mit ihrem Abschluss vor 00:00 Uhr zu rechnen ist (BGH, Urteil vom 25. November 2004 - VII ZR 320/03, NJW 2005, 678, 679). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft den Rechtsanwalt kein Verschulden an dem verspäteten Eingang eines fristgebundenen Schriftsatzes, wenn die Telefaxübermittlung - etwa wegen technischer Störungen am Empfangsgerät oder wegen Leitungsstörungen - einen Zeitraum beansprucht, mit dem er nicht rechnen musste (BGH, aaO; Beschluss vom 10. Juli 2012 - VIII ZB 15/12, NJW-RR 2012, 1341 Rn. 9). Der Prozessbevollmächtigte darf darauf vertrauen, dass die Übermittlung der Berufungsbegründung innerhalb der üblichen Übertragungsdauer entsprechend seiner - glaubhaft gemachten - Erfahrungswerte erfolgen würde (BGH, Beschluss vom 10. Juli 2012 aaO Rn. 10).
21
bb) Diesen bei der Faxübermittlung zu beachtenden Sorgfaltsanforderungen ist hier ausweislich des Inhalts der geltend gemachten Wiedereinsetzungsgründe nicht genügt. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1 bis 3 hat nach seinem eigenen Vorbringen kurz vor 23:58 Uhr mit der Übersendung der fünfseitigen Berufungsbegründungsschrift begonnen. Es fehlt an jeder Darlegung und Glaubhaftmachung, dass in einem solchen Fall eines Übertragungsbeginns wenige Minuten vor Fristablauf nach der Erfahrung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1 bis 3 mit einem rechtzeitigen Eingang vor 24:00 Uhr zu rechnen war, zumal bei der Faxübermittlung wegen schwankender Übertragungsgeschwindigkeiten eine gewisse Zeitreserve einzukalkulieren ist (BGH, Beschluss vom 17. Mai 2004 - II ZB 22/03, NJW 2004, 2525, 2526). Hat der Rechtsanwalt grundsätzlich einen Zeitbedarf von 30 Sekunden je Seite anzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2004 - VII ZR 320/03, NJW 2005, 678, 679), musste mit einer voraussichtlichen Übermittlungsdauer von 2:30 Minuten gerechnet werden, so dass der Eingang erst am Folgetag zu erwarten war.
22
c) Jedenfalls ist die Monatsfrist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO) nicht gewahrt.
23
aa) Die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO beginnt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu laufen, sobald die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter erkannt hat oder bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen können und müssen, dass die Rechtsmittelfrist versäumt war. In diesem Zeitpunkt ist das Hindernis behoben, durch das die Partei von der Einhaltung der Frist abgehalten worden ist (BGH, Beschluss vom 13. Mai 1992 - VIII ZB 3/92, NJW 1992, 2098, 2099; vom 13. Dezember 1999 - II ZR 225/98, NJW 2000, 592; vom 20. September 2011 - VI ZB 5/11, NJW-RR 2012, 252 Rn. 11). Ein Hindernis ist nicht erst bei Kenntnis des wahren Sachverhalts entfallen ; es ist auch behoben, sobald die Unkenntnis und damit die Verhinderung nicht mehr unverschuldet ist. Die Wiedereinsetzungsfrist beginnt deshalb spätestens mit dem Zeitpunkt, in dem der verantwortliche Anwalt bei Anwendung der unter den gegebenen Umständen von ihm zu erwartenden Sorgfalt die eingetretene Säumnis hätte erkennen können und müssen (BGH, Beschluss 13. Dezember 1999, aaO; vom 6. Juli 2011 - XII ZB 88/11, MDR 2011, 1208). Die Frist läuft daher mit Kenntnisnahme einer gerichtlichen Mitteilung, aus der das Eingangsdatum der verspäteten Berufung zu erkennen ist (BGH, Beschluss vom 13. Mai 1992, aaO).
24
bb) Im Streitfall hatte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1 bis 3 auf seine eigene ausdrückliche fernmündliche Erkundigung von dem Berichterstatter des zur Entscheidung berufenen Senats des Berufungsgerichts am 24. März 2017 erfahren, dass die Berufungsbegründung verspätet eingegangen war. Ab diesem Zeitpunkt war, zumal der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1 bis 3 nach dem Inhalt seines Anrufs selbst eine Fristversäumung befürchtete, die Unkenntnis und damit die Verhinderung nicht mehr unverschuldet (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2004 - XI ZB 33/03, NJW-RR 2005, 76, 77). Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1 und 3 hätte nach dem Ergebnis der fernmündlichen Unterrichtung ohne Rücksicht auf den erneuten gerichtlichen Hinweis vom 28. März 2017 bis zum 25. April 2017 einen Wiedereinsetzungsantrag stellen müssen. Mithin war der Antrag vom 2. Mai 2017 auf Wiedereinsetzung verspätet.
25
d) Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist (§ 233 Satz 1, § 234 Abs. 1 ZPO; vgl. BGH, Beschl. v. 28. November 2012 - XII ZB 235/09, NJW 2013, 697) kommt nicht in Betracht.
26
Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten zu 1 bis 3 darauf, dass ihr Prozessbevollmächtigter am 24. April 2017 erkrankt und dadurch an einer Fristwahrung gehindert gewesen sei. Nach gefestigter Rechtsprechung hat der Prozessbevollmächtigte dafür Vorkehrungen zu treffen, dass im Falle seiner Erkrankung ein Vertreter die notwendigen Prozesshandlungen vornimmt (BGH, Beschluss vom 26. Februar 1996 - II ZB 7/95, NJW 1996, 1540, 1541). Deshalb ist bei Erkrankung eines Einzelanwalts ein Vertreter mit der Erledigung fristgebundener Arbeiten zu betrauen (BGH, Beschluss vom 25. Juni 2015 - V ZB 50/15, Rn. 7). Das Berufungsgericht hat es aufgrund einer naheliegenden tatrichterlichen Würdigung wegen der bereits im März 2017 eingetretenen Vorer- krankung nicht als glaubhaft angesehen, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1 bis 3 im April 2017 so plötzlich erkrankte, dass er außer Stande gewesen wäre, einen Vertreter zu benachrichtigen, um für ihn fristwahrend tätig zu werden (vgl. BGH, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571 Rn. 12; vom 26. September 2013 - V ZB 94/13, NJW 2014, 228 Rn. 11 f). Dass die Einschaltung eines Vertreters nicht möglich oder nicht zumutbar war, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich (BGH, Beschluss vom 25. Juni 2015, aaO Rn. 8).
Kayser Gehrlein Pape
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 20.12.2016 - 16 O 1943/14 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 25.09.2017 - 14 U 15/17 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2018 - IX ZB 67/17

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2018 - IX ZB 67/17

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2018 - IX ZB 67/17 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2018 - IX ZB 67/17 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2018 - IX ZB 67/17 zitiert 9 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Jan. 2016 - XI ZB 14/15

bei uns veröffentlicht am 19.01.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XI ZB 14/15 vom 19. Januar 2016 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2016:190116BXIZB14.15.0 Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Januar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Dr. G

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Sept. 2011 - VI ZB 5/11

bei uns veröffentlicht am 20.09.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 5/11 vom 20. September 2011 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 (Fc) Die ordnungsgemäße Führung eines Fristenkalenders soll gewährleisten, dass fristwahrende Sc

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Mai 2004 - II ZB 22/03

bei uns veröffentlicht am 17.05.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 22/03 vom 17. Mai 2004 in der Rechtsbeschwerdesache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 Fe a) Wird ein Wiedereinsetzungsantrag auf die unerwartet lange Dauer einer Telefaxübermittlung gest

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2004 - VII ZR 320/03

bei uns veröffentlicht am 25.11.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 320/03 Verkündet am: 25. November 2004 Heinzelmann, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juli 2004 - XI ZB 33/03

bei uns veröffentlicht am 13.07.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XI ZB 33/03 vom 13. Juli 2004 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _____________________ ZPO § 234 Abs. 1 und 2 A, B Zum Lauf der Frist eines Wiedereinsetzungsantrags. BGH, Beschluß vom 13. Juli

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Sept. 2013 - V ZB 94/13

bei uns veröffentlicht am 26.09.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 94/13 vom 26. September 2013 in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. September 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Lemke, Prof. Dr. Schmidt-R

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Nov. 2012 - XII ZB 235/09

bei uns veröffentlicht am 28.11.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 235/09 vom 28. November 2012 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 233 D, Hb, K, 234 Abs. 1 a) Hat das Gericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand v

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Juli 2012 - VIII ZB 15/12

bei uns veröffentlicht am 10.07.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZB 15/12 vom 10. Juli 2012 in dem Rechtsstreit Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Juli 2012 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneide

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juni 2015 - V ZB 50/15

bei uns veröffentlicht am 25.06.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 50/15 vom 25. Juni 2015 in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Juni 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Roth, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinla

Referenzen

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

10
a) Das Berufungsgericht hat nach § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO von Amts wegen im Freibeweisverfahren zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dabei muss die Rechtzeitigkeit des Eingangs der Berufungsbegründung - wie die üb- rigen Zulässigkeitsvoraussetzungen des Rechtsmittels - zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen werden. Hiernach etwa verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Rechtsmittelführers, der zu beweisen hat, dass er die Berufung rechtzeitig begründet hat (Senatsbeschlüsse vom 15. September 2009 - XI ZB 29/08, juris Rn. 12 und vom 17. April 2012 - XI ZB 4/11, juris Rn. 18 mwN).

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 320/03 Verkündet am:
25. November 2004
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Einen Rechtsanwalt trifft kein Verschulden an dem verspäteten Eingang eines fristgebundenen
Schriftsatzes, wenn die Telefaxübermittlung einen Zeitraum beansprucht
, mit dem er nicht rechnen mußte.
BGH, Urteil vom 25. November 2004 - VII ZR 320/03 - OLG München
LG München I
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 24. Juni 2003 aufgehoben. Der Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 26. Juni 2002 gewährt. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Restwerklohn und Eintragung einer Sicherungshypothek. Das Landgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Die Beklagte hat gegen das ihr am 1. Juli 2002 zugestellte Urteil fristgerecht Berufung eingelegt. Die Klägerin hat Anschlußberufung eingelegt. Der Beklagten wurde auf Antrag die Frist zur Berufungsbegründung bis 1. Oktober 2002 verlängert. Die
Berufungsbegründung ist ausweislich des Kontrollabschnitts des Empfangsgeräts des Oberlandesgerichts am 2. Oktober 2002 0.00 Uhr eingegangen. Die Beklagte hat Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und unter Vorlage von Sendeberichten glaubhaft gemacht: Ihr Prozeßbevollmächtigter habe am 1. Oktober 2002 um 23.45 Uhr per Telefax die Berufungsbegründung, die 18 Seiten umfaßt habe, an das Berufungsgericht versandt. Der Sendevorgang, der den OK-Vermerk trage, habe ausweislich des Sendeberichts 14.54 Minuten gedauert. Bei der Versendung habe er ein erst am 17. September 2002 neu angeschafftes Faxgerät benutzt. Die Berufung, die er zusammen mit einem 20-seitigen Urteil übersandt habe, die also insgesamt 22 Seiten umfaßt habe, sei mit einem typengleichen Gerät in 11 Minuten und 4 Sekunden übermittelt worden, was einer Übertragungszeit von ca. 30 Sekunden pro Seite entspreche. Wenn die Übertragung der Berufungsbegründung nahezu 50 Sekunden pro Blatt betragen habe, müßten Leitungsstörungen vorgelegen haben. Auch die Statusberichte anderer Telefaxsendungen belegten, daß die Übertragungszeiten nur ca. 14-15 Sekunden pro Seite betragen hätten. Bei Beginn der Übertragung um 23.45 Uhr habe sich der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten im übrigen vergewissert, daß die Verbindung zum Empfangsgerät hergestellt gewesen sei. Wenn zu diesem Zeitpunkt keine Verbindung hätte hergestellt werden können, hätte der Schriftsatz in weniger als 10 Minuten in den Nachtbriefkasten des Gerichts geworfen werden können. Das Berufungsgericht hat zu den technischen Fragen, die für die Entscheidung von Bedeutung sind, ob die Versäumung der Berufungsbegrün-
dungsfrist ohne ein Verschulden des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten erfolgt ist, ein Sachverständigengutachten eingeholt. Es hat die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist verworfen und den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Der Beklagten ist unter Aufhebung des Berufungsurteils Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie ohne Verschulden verhindert war, die Frist zur Berufungsbegründung einzuhalten.

I.

1. Das Berufungsgericht stellt fest, daß ausweislich des ausgedruckten Kontrollabschnitts des mit Funkuhr gesteuerten Empfangsgeräts der Sendevorgang am 2. Oktober 2002 um 0.00 Uhr beendet gewesen sei und damit das Ende der Übermittlung erst nach Datumswechsel stattgefunden habe. 2. Das Berufungsgericht hält den Wiedereinsetzungsantrag für unbegründet. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, daß sie ohne ihr Verschulden die Frist zur Berufungsbegründung versäumt habe. Ihr Prozeßbevollmächtigter habe nicht darauf vertrauen dürfen, daß die Übermittlung des Schriftstücks in ca. 8-9 Minuten abgeschlossen würde.
Soweit in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs ein Vertrauen in bestimmte Übermittlungszeiten statuiert worden sei, betreffe dies den Briefverkehr bzw. die Telexübertragung. Anders zu beurteilen sei die Telefaxübertragung. Insofern habe der Sachverständige festgestellt, daß die beteiligten Geräte im sogenannten Handshake -Verfahren kommunizierten. Dabei würden zwischen den beteiligten Geräten Herstellername und Kennung ausgetauscht und wechselseitig mitgeteilt, mit welcher Geschwindigkeit und mit welcher Auflösung gearbeitet werde, welches Übertragungsverfahren benutzt werde und ob etwa bei der Übertragung einzelner Seiten Probleme aufträten. Es werde nicht zeichenweise, sondern bildpunktweise übertragen, wobei die Qualitätskriterien einstellbar seien. Die Dauer der Übertragung einer Seite hänge wesentlich von der Art des Textstücks ab. Eine leere Seite oder eine Seite mit wenig Text werde wesentlich schneller übertragen als Grafiken, die besonders lange dauerten. Anders als beim früheren Telexdienst, wo es wegen der amtlichen Wartung eine hohe Übertragungssicherheit gegeben habe, unterlägen die Telefaxeinrichtungen dem eigenverantwortlichen Bereich der Benutzer. Die Qualität einer Daten- oder Faxübertragung im Telefonnetz sei nicht garantiert. Der Grund der Verzögerung sei später nicht mehr feststellbar. In der Übertragungsgeschwindigkeit von 4.800 bps wie hier liege per se keine Störung des Sendegerätes , sie könne auch auf eine Störung in den beteiligten Netzen oder im Empfangsgerät hinweisen, was auch umgekehrt gelte. Ein Vertrauen darauf, daß die Übertragung bis vor 0.00 Uhr beendet werden würde, sei aus technischer Sicht nicht begründet gewesen. Man wisse nie, welchen Zustand die beteiligten Geräte und die internen und externen Netze aufwiesen. Im Hinblick auf diese gutachtlichen Äußerungen ist das Be rufungsgericht der Ansicht, von einer unverschuldeten Versäumnis der Beklagten könne nicht
ausgegangen werden. Da letztlich nicht zu klären sei, warum der Übertragungsvorgang länger als die anderen Übermittlungen gedauert habe, und denkbar sei, daß geringfügige Störungen in einem der beteiligten Geräte oder der beteiligten internen Netze aufgetreten seien, habe die Beklagte nicht glaubhaft gemacht, daß eine Störung außerhalb ihres Verantwortungsbereichs oder im Empfangsgerät gelegen habe. Anhaltspunkte für einen Fehler im gerichtlichen Empfangsgerät bestünden nicht. Die Sachlage unterscheide sich von der Situation im Briefverkehr, wo es Erklärungen der Post hinsichtlich einer normalerweise zu erwartenden Beförderungsdauer gebe. Die Sache sei vielmehr ähnlich dem Straßenverkehr, wo ebenfalls mit Verzögerungen zu rechnen sei, die einzukalkulieren seien.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Teilen nicht stand. 1. Zutreffend ist, daß die Berufungsbegründung verspätet erfolgt ist. Die Begründungsfrist endete mit Ablauf des 1. Oktober 2002. Sie ist nach den zutreffenden und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsurteils am 2. Oktober 2002 0.00 Uhr beim Berufungsgericht eingegangen. Damit war die Berufungsbegründungsfrist abgelaufen, weil zu diesem Zeitpunkt der 2. Oktober 2002 begann (vgl. BGH, Beschluß vom 24. Juli 2003 – VII ZB 8/03, BauR 2003, 1924 = ZfBR 2003, 766; BFH, Beschluß vom 2. März 2000, VII B 137/99, BFH/NV 2000, 1344; vom 25. November 2003, VII R 9/03, BFH/NV 2004, 529 jeweils in Juris dokumentiert).
2. Die Revision beanstandet zu Recht, daß das Berufungsgericht der Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Berufungsbegründungsfrist versagt hat. Den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten trifft an der Versäumung der Frist kein Verschulden.
a) Ein schuldhaftes Fehlverhalten des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten an der Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung liegt nicht darin, daß er erst um 23.45 Uhr mit der Versendung der Berufungsbegründungsschrift per Fax begonnen hat. Der Bürger ist berechtigt, die ihm vom Gesetz eingeräumten prozessualen Fristen bis zu ihrer Grenze auszunutzen (vgl. BVerfG, Beschluß vom 7. Mai 1991 - 2 BvR 215/90, NJW 1991, 2076 m.w.N.).
b) Daß durch den verspäteten Eingang des Berufungsbegründungsschriftsatzes die Frist versäumt wurde, beruht nicht auf einem schuldhaften Fehlverhalten des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten. Der Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren. Die Gerichte dürfen daher bei der Auslegung der die Wiedereinsetzung begründenden Vorschriften die Anforderungen an das, was der Betroffene veranlaßt haben muß, nicht überspannen. Wird von einem Gericht für die Zusendung fristwahrender Schriftsätze der Übermittlungsweg durch Telefax eröffnet, so dürfen die aus den technischen Gegebenheiten dieses Kommunikationsmittels herrührenden besonderen Risiken nicht auf den Nutzer dieses Mediums abgewälzt werden. Insbesondere hat der Nutzer mit der Wahl eines anerkannten Übermittlungsmediums, der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer das seinerseits Erforderliche zur Fristwahrung getan,
wenn er so rechtzeitig mit der Übermittlung beginnt, daß unter normalen Umständen mit ihrem Abschluß vor 0.00 Uhr zu rechnen ist (BVerfG, Beschluß vom 1. August 1996 - 1 BvR 121/95, NJW 1996, 2857 m.w.N.; BGH, Beschlüsse vom 1. Februar 2001 - V ZB 33/00, NJW-RR 2001, 916, vom 17. Mai 2004 – II ZB 22/03, NJW 2004, 2525). Das Berufungsgericht hat bei der Wertung des Verschuldens des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten diese Grundsätze verkannt. aa) Es beurteilt, nachdem es sich selbst erst die technischen Kenntnisse durch Einholung eines Sachverständigengutachtens verschafft hat, das Verschulden eines Rechtsanwalts nicht danach, was von diesem an Kenntnissen hinsichtlich des Übermittlungsvorgangs der Faxübertragung erwartet werden kann, sondern nach den Kenntnissen und Erfahrungen eines technischen Sachverständigen. Damit stellt es bereits bei der Beurteilung des Verschuldens verfehlte Anforderungen. bb) Es bedarf keiner Entscheidung, mit welcher Übertragungszeit ein Rechtsanwalt bei der Übermittlung eines Schriftsatzes per Telefax normalerweise rechnen darf. Den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten trifft jedenfalls unter den gegebenen Umständen kein Verschulden an der Fristversäumung. Er hat ein neues Telefaxgerät benutzt, mit dem innerhalb der noch zur Verfügung stehenden Zeit eine Übertragung des Schriftsatzes jedenfalls möglich war. Er hat sich weiter davon überzeugt, daß die Verbindung zum Empfangsgerät zu einem Zeitpunkt hergestellt wurde, als sogar noch eine anderweitige Übermittlung des Schriftsatzes möglich war. Er durfte darauf vertrauen, daß die Übermittlung nicht wesentlich länger dauern würde als die bisherigen Schriftsätze an das Berufungsgericht. Insofern hat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten glaubhaft gemacht, daß die Übermittlung der Berufungsschrift mit den über-
sandten Anlagen eine Zeit von ca. 30 Sekunden pro Seite gedauert hat. Er hat weiter durch Vorlage von Statusberichten belegt, daß andere Schriftstücke nur eine Übertragungszeit von ca. 14-15 Sekunden pro Seite benötigten. Bei dieser Sachlage mußte er nicht damit rechnen, daß für die Übermittlung des Berufungsbegründungsschriftsatzes nahezu 50 Sekunden pro Seite erforderlich sein würden, auch wenn mit dieser Sendedauer nach Ansicht des Sachverständigen "rein technisch" hätte gerechnet werden müssen. cc) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist wegen der Technik der Faxübermittlung nicht eine andere Beurteilung angebracht als bei der Übermittlung durch die Post oder der Übermittlung per Telex. Auch dort wird, was das Berufungsgericht nicht verkennt, nicht eine bestimmte Postlaufzeit oder Telexübermittlungszeit zugesichert. Für die Beurteilung maßgebend ist vielmehr, mit welcher durchschnittlichen Übermittlungszeit der Versender rechnen durfte.
Mit einer Übertragungszeit von 50 Sekunden pro Seite eines Textes mußte der Prozeßbevollmächtigte im Hinblick auf die im übrigen glaubhaft gemachten Sendezeiten nicht rechnen. Dressler Thode Kuffer Kniffka Bauner
9
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft den Rechtsanwalt kein Verschulden an dem verspäteten Eingang eines fristgebundenen Schriftsatzes, wenn die Telefaxübermittlung - etwa wegen technischer Störungen am Empfangsgerät oder wegen Leitungsstörungen - einen Zeitraum beansprucht , mit dem er nicht rechnen musste (BGH, Urteil vom 25. November 2004 - VII ZR 320/03, aaO unter II 2; Beschluss vom 6. April 2011 - XII ZB 701/10, NJW 2011, 1972 Rn. 8 f.).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 22/03
vom
17. Mai 2004
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Wird ein Wiedereinsetzungsantrag auf die unerwartet lange Dauer einer Telefaxübermittlung
gestützt, hat das Gericht die zum Vergleich vorgelegten
Sendeberichte zu würdigen (vgl. BGH, Beschl. v. 1. Februar 2001 - V ZB
33/00, NJW-RR 2001, 916).

b) Ein auf einen vorübergehenden "Computer-Defekt" oder "Computer-Absturz"
gestützter Wiedereinsetzungsantrag bedarf näherer Darlegungen zur Art des
Defekts und seiner Behebung.
BGH, Beschluß vom 17. Mai 2004 - II ZB 22/03 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 17. Mai 2004 durch
die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Münke, Dr. Strohn und Caliebe

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 23. Juli 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Gründe:


I. Die von dem Kläger einzuhaltende Berufungsbegründungsfrist lief am 3. März 2003 ab. Die letzte, u.a. die Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten des Klägers enthaltende Seite der per Fax an das Oberlandesgericht übermittelten Berufungsbegründung wurde nach den automatischen Aufzeichnungen des Empfangsgerätes, das über eine funkgesteuerte Zeitmessung verfügt, am 4. März 2003 00.01 Uhr empfangen und elektronisch abgespeichert. Die Übertragungszeit für 34 Seiten betrug nach dem Sendebericht des Klägers 17,51 Min., nach den Aufzeichnungen des Empfangsgeräts 17,55 Min., bei einer Übertragungsgeschwindigkeit von 9.600 Baud. Kurz darauf wurden 2 von bisher fehlenden 5 Seiten der insgesamt 39 seitigen Berufungsbegründung
nachübermittelt und von dem Empfangsgerät um 00.05 Uhr abgespeichert. Der Kläger meint, der Text der nur knapp halbseitig beschriebenen S. 39 mit der Unterschrift müsse von dem Empfangsgerät vor 00.00 Uhr empfangen worden sein. Hilfsweise hat der Kläger, der Rechtsanwalt ist, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und dazu vorgetragen, er habe die Berufungsbegründung am 3. März vor 24.00 Uhr in der Kanzlei seines Prozeßbevollmächtigten selbst "(fertig-)geschrieben". Dieser habe sie nach Prüfung unterzeichnet. Sie habe wegen eines "nicht nachvollziehbaren Computerdefektes (Abstürzen der Anlage)" erst um 23.40 Uhr mit ca. 1,5 Std. Verspätung ausgedruckt werden können. Der Defekt der seit mindestens 1,5 Jahren störungsfrei arbeitenden Computeranlage sei nicht vorhersehbar gewesen. Im übrigen hätten der Kläger und sein Prozeßbevollmächtigter aufgrund ihrer bisherigen, durch vorgelegte Sendeberichte belegten Erfahrungen darauf vertraut, daß nicht nur ca. 2, sondern knapp 4 Seiten/Min. "durchgefaxt" werden könnten. Mit der ungewöhnlich langen Übertragungsdauer hätten sie nicht rechnen müssen. Die Richtigkeit dieses Vortrags haben beide anwaltlich versichert.
Das Berufungsgericht hat die Berufungsbegründung für verspätet erachtet und die Berufung des Klägers unter Zurückweisung seines Wiedereinsetzungsantrages als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.
II. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 238 Abs. 2, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im übrigen gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
1. Soweit das Berufungsgericht den Eingang der Berufungsbegründung für verspätet erachtet hat, wird dies von dem Beschwerdeführer nicht gemäß § 575 Abs. 3 Nr. 2, 3 ZPO gerügt. Eine Prüfung von Amts wegen findet insoweit in vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren nicht statt, weil dessen Gegenstand allein die gegen den Verwerfungsbeschluß des Berufungsgerichts erhobenen Rügen sind (vgl. BGH, Beschl. v. 18. September 2003 - IX ZB 40/03, Umdr. S. 6, 7). Im übrigen ist die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt auch nicht zu beanstanden, weil der Kläger den von ihm zu führenden Nachweis des rechtzeitigen Eingangs seiner Berufungsbegründung mit der die Unterschrift seines Prozeßbevollmächtigten enthaltenden letzten Seite nicht geführt hat und eine Störung des Empfangsgerätes oder eine im technischen Verantwortungsbereich der Empfangsstelle liegende Ungenauigkeit der Zeitmessung nicht ersichtlich ist (vgl. BGH, Beschl. v. 4. Mai 1994 - XII ZB 21/94, WM 1994, 1349). Daß gemäß der vorliegenden Praxis des Oberlandesgerichts München der Zeitpunkt des nächtlichen Eingangs von Faxsendungen wegen der Verwendung eines mit Faxkarte ausgestatteten PC nicht nach demjenigen ihres Ausdrucks, sondern ihrer elektronischen Speicherung bestimmt wird und der Ausdruck regelmäßig erst am nächsten Morgen erfolgt, gereicht dem Kläger jedenfalls nicht zum Nachteil.
2. Das Berufungsgericht meint, die für die Faxübermittlung benötigte Zeit von 17,55 Min. sei für den Kläger oder dessen Prozeßbevollmächtigten vorhersehbar gewesen und ergebe daher keinen Wiedereinsetzungsgrund i.S. von § 233 ZPO. Die Sendezeit hänge von der Zahl der übermittelten Signale, d.h. der Schriftzeichen, ab. Die vorgetragene Differenz von 2 gegenüber 3 Seiten /Min. (= Minimaldifferenz) halte sich im erwartbaren Variationsbereich und sei als Sicherheitskarenz zu berücksichtigen gewesen.
Diese Begründung steht mit den im Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 1. Februar 2001 (V ZB 33/00, NJW-RR 2001, 916) aufgestellten Grundsätzen nicht in Einklang und verkürzt den Anspruch des Klägers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG), was die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO eröffnet (vgl. BGHZ 151, 221; BGH, Beschl. v. 30. April 2003 - V ZB 71/02, NJW 2003, 2388). Abgesehen davon, daß der Kläger eine Differenz von mehr als 1 Seite/Min. geltend gemacht hat, hätte das Berufungsgericht nach dem Beschluß vom 1. Februar 2001 aaO prüfen müssen , ob die mit dem Wiedereinsetzungsantrag und später zur Glaubhaftmachung (§ 236 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO) vorgelegten Sendeberichte nach Art und Empfänger der Sendungen mit der hier maßgeblichen Sendung vergleichbar sind. Den Ausführungen des Berufungsgerichts ist nicht zu entnehmen, worauf sich seine Annahme stützt, die vorgetragene Differenz von 2 zu ca. 3,5 Seiten/Min. (75 %) halte sich im vorhersehbaren Variationsbereich (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 25. September 2000 - 1 BvR 2104/99, NJW 2001, 1566 f.). Dies hängt, wie bei dem erkennenden Senat gerichtsbekannt ist, nicht nur von der Anzahl der übermittelten (mit den Schriftzeichen nicht identischen) Signale, sondern auch von der zu erwartenden Übertragungsgeschwindigkeit ab. Andererseits schließt das nicht aus, daß bei der Faxübermittlung eine gewisse Zeitreserve einzukalkulieren ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19. November 1999 - 2 BvR 565/98, NJW 2000, 574).
Eine eigene Sachentscheidung hierüber ist dem Senat verwehrt, weil es dazu noch tatrichterlicher Feststellungen bedarf (§ 577 Abs. 4 ZPO).
3. Zugunsten des Klägers zu entscheiden (§ 577 Abs. 5 ZPO) ist die Sache nicht schon im Hinblick auf den von ihm zusätzlich geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrund des "plötzlichen Abstürzens der Computeranlage".
Das Berufungsgericht hat das Vorbringen des Klägers hierzu im Ergebnis zu Recht für nicht hinreichend erachtet, um eine Wiedereinsetzung gemäß § 233 ZPO zu rechtfertigen. Darin liegt - entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde - keine Divergenz gegenüber dem Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 4. Mai 1994 (XII ZB 21/94, NJW 1994, 2097 f. zu 4). Denn dort konnte offenbleiben , ob ein entsprechender Sachvortrag ausreicht, weil er zum einen verspätet vorgebracht (§§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO) und zum anderen nicht glaubhaft gemacht (§ 236 Abs. 2 ZPO) war. Das Berufungsgericht vermißt zu Recht den Vortrag der näheren Umstände des angeblichen Computerdefekts. Insbesondere fehlt jeglicher Vortrag dazu, wann, wie oder bei welcher Verrichtung sich der "nicht nachvollziehbare" Computerdefekt bemerkbar machte und wie es dennoch gelang, ihn nach 1,5 Std. bis 23.40 Uhr wieder zu beheben. Unklar ist weiter, ob mit dem "Abstürzen" ein (teilweiser) Verlust des bisher geschriebenen Textes verbunden war oder z.B. schlicht die Druckerfunktion nicht in Gang gesetzt werden konnte. In diesem Zusammenhang wäre gerade auch Vortrag dazu erforderlich gewesen, ob der Kläger und/oder sein Prozeßbevollmächtigter in die Bedienung des Computers und des Druckers so eingeübt waren , daß sie diese bei ihrer nächtlichen Arbeit ohne Schreibkraft sicher bedienen konnten.
4. Nach allem hängt die Entscheidung der Sache davon ob, ob der Kläger unter den gegebenen Umständen noch mit einer fristgerechten Faxübermittlung rechnen durfte (vgl. oben 2). Zu weiterer Aufklärung dieser Frage ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
Goette Kraemer Münke Strohn Caliebe

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 320/03 Verkündet am:
25. November 2004
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Einen Rechtsanwalt trifft kein Verschulden an dem verspäteten Eingang eines fristgebundenen
Schriftsatzes, wenn die Telefaxübermittlung einen Zeitraum beansprucht
, mit dem er nicht rechnen mußte.
BGH, Urteil vom 25. November 2004 - VII ZR 320/03 - OLG München
LG München I
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 24. Juni 2003 aufgehoben. Der Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 26. Juni 2002 gewährt. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Restwerklohn und Eintragung einer Sicherungshypothek. Das Landgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Die Beklagte hat gegen das ihr am 1. Juli 2002 zugestellte Urteil fristgerecht Berufung eingelegt. Die Klägerin hat Anschlußberufung eingelegt. Der Beklagten wurde auf Antrag die Frist zur Berufungsbegründung bis 1. Oktober 2002 verlängert. Die
Berufungsbegründung ist ausweislich des Kontrollabschnitts des Empfangsgeräts des Oberlandesgerichts am 2. Oktober 2002 0.00 Uhr eingegangen. Die Beklagte hat Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und unter Vorlage von Sendeberichten glaubhaft gemacht: Ihr Prozeßbevollmächtigter habe am 1. Oktober 2002 um 23.45 Uhr per Telefax die Berufungsbegründung, die 18 Seiten umfaßt habe, an das Berufungsgericht versandt. Der Sendevorgang, der den OK-Vermerk trage, habe ausweislich des Sendeberichts 14.54 Minuten gedauert. Bei der Versendung habe er ein erst am 17. September 2002 neu angeschafftes Faxgerät benutzt. Die Berufung, die er zusammen mit einem 20-seitigen Urteil übersandt habe, die also insgesamt 22 Seiten umfaßt habe, sei mit einem typengleichen Gerät in 11 Minuten und 4 Sekunden übermittelt worden, was einer Übertragungszeit von ca. 30 Sekunden pro Seite entspreche. Wenn die Übertragung der Berufungsbegründung nahezu 50 Sekunden pro Blatt betragen habe, müßten Leitungsstörungen vorgelegen haben. Auch die Statusberichte anderer Telefaxsendungen belegten, daß die Übertragungszeiten nur ca. 14-15 Sekunden pro Seite betragen hätten. Bei Beginn der Übertragung um 23.45 Uhr habe sich der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten im übrigen vergewissert, daß die Verbindung zum Empfangsgerät hergestellt gewesen sei. Wenn zu diesem Zeitpunkt keine Verbindung hätte hergestellt werden können, hätte der Schriftsatz in weniger als 10 Minuten in den Nachtbriefkasten des Gerichts geworfen werden können. Das Berufungsgericht hat zu den technischen Fragen, die für die Entscheidung von Bedeutung sind, ob die Versäumung der Berufungsbegrün-
dungsfrist ohne ein Verschulden des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten erfolgt ist, ein Sachverständigengutachten eingeholt. Es hat die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist verworfen und den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Der Beklagten ist unter Aufhebung des Berufungsurteils Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie ohne Verschulden verhindert war, die Frist zur Berufungsbegründung einzuhalten.

I.

1. Das Berufungsgericht stellt fest, daß ausweislich des ausgedruckten Kontrollabschnitts des mit Funkuhr gesteuerten Empfangsgeräts der Sendevorgang am 2. Oktober 2002 um 0.00 Uhr beendet gewesen sei und damit das Ende der Übermittlung erst nach Datumswechsel stattgefunden habe. 2. Das Berufungsgericht hält den Wiedereinsetzungsantrag für unbegründet. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, daß sie ohne ihr Verschulden die Frist zur Berufungsbegründung versäumt habe. Ihr Prozeßbevollmächtigter habe nicht darauf vertrauen dürfen, daß die Übermittlung des Schriftstücks in ca. 8-9 Minuten abgeschlossen würde.
Soweit in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs ein Vertrauen in bestimmte Übermittlungszeiten statuiert worden sei, betreffe dies den Briefverkehr bzw. die Telexübertragung. Anders zu beurteilen sei die Telefaxübertragung. Insofern habe der Sachverständige festgestellt, daß die beteiligten Geräte im sogenannten Handshake -Verfahren kommunizierten. Dabei würden zwischen den beteiligten Geräten Herstellername und Kennung ausgetauscht und wechselseitig mitgeteilt, mit welcher Geschwindigkeit und mit welcher Auflösung gearbeitet werde, welches Übertragungsverfahren benutzt werde und ob etwa bei der Übertragung einzelner Seiten Probleme aufträten. Es werde nicht zeichenweise, sondern bildpunktweise übertragen, wobei die Qualitätskriterien einstellbar seien. Die Dauer der Übertragung einer Seite hänge wesentlich von der Art des Textstücks ab. Eine leere Seite oder eine Seite mit wenig Text werde wesentlich schneller übertragen als Grafiken, die besonders lange dauerten. Anders als beim früheren Telexdienst, wo es wegen der amtlichen Wartung eine hohe Übertragungssicherheit gegeben habe, unterlägen die Telefaxeinrichtungen dem eigenverantwortlichen Bereich der Benutzer. Die Qualität einer Daten- oder Faxübertragung im Telefonnetz sei nicht garantiert. Der Grund der Verzögerung sei später nicht mehr feststellbar. In der Übertragungsgeschwindigkeit von 4.800 bps wie hier liege per se keine Störung des Sendegerätes , sie könne auch auf eine Störung in den beteiligten Netzen oder im Empfangsgerät hinweisen, was auch umgekehrt gelte. Ein Vertrauen darauf, daß die Übertragung bis vor 0.00 Uhr beendet werden würde, sei aus technischer Sicht nicht begründet gewesen. Man wisse nie, welchen Zustand die beteiligten Geräte und die internen und externen Netze aufwiesen. Im Hinblick auf diese gutachtlichen Äußerungen ist das Be rufungsgericht der Ansicht, von einer unverschuldeten Versäumnis der Beklagten könne nicht
ausgegangen werden. Da letztlich nicht zu klären sei, warum der Übertragungsvorgang länger als die anderen Übermittlungen gedauert habe, und denkbar sei, daß geringfügige Störungen in einem der beteiligten Geräte oder der beteiligten internen Netze aufgetreten seien, habe die Beklagte nicht glaubhaft gemacht, daß eine Störung außerhalb ihres Verantwortungsbereichs oder im Empfangsgerät gelegen habe. Anhaltspunkte für einen Fehler im gerichtlichen Empfangsgerät bestünden nicht. Die Sachlage unterscheide sich von der Situation im Briefverkehr, wo es Erklärungen der Post hinsichtlich einer normalerweise zu erwartenden Beförderungsdauer gebe. Die Sache sei vielmehr ähnlich dem Straßenverkehr, wo ebenfalls mit Verzögerungen zu rechnen sei, die einzukalkulieren seien.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Teilen nicht stand. 1. Zutreffend ist, daß die Berufungsbegründung verspätet erfolgt ist. Die Begründungsfrist endete mit Ablauf des 1. Oktober 2002. Sie ist nach den zutreffenden und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsurteils am 2. Oktober 2002 0.00 Uhr beim Berufungsgericht eingegangen. Damit war die Berufungsbegründungsfrist abgelaufen, weil zu diesem Zeitpunkt der 2. Oktober 2002 begann (vgl. BGH, Beschluß vom 24. Juli 2003 – VII ZB 8/03, BauR 2003, 1924 = ZfBR 2003, 766; BFH, Beschluß vom 2. März 2000, VII B 137/99, BFH/NV 2000, 1344; vom 25. November 2003, VII R 9/03, BFH/NV 2004, 529 jeweils in Juris dokumentiert).
2. Die Revision beanstandet zu Recht, daß das Berufungsgericht der Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Berufungsbegründungsfrist versagt hat. Den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten trifft an der Versäumung der Frist kein Verschulden.
a) Ein schuldhaftes Fehlverhalten des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten an der Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung liegt nicht darin, daß er erst um 23.45 Uhr mit der Versendung der Berufungsbegründungsschrift per Fax begonnen hat. Der Bürger ist berechtigt, die ihm vom Gesetz eingeräumten prozessualen Fristen bis zu ihrer Grenze auszunutzen (vgl. BVerfG, Beschluß vom 7. Mai 1991 - 2 BvR 215/90, NJW 1991, 2076 m.w.N.).
b) Daß durch den verspäteten Eingang des Berufungsbegründungsschriftsatzes die Frist versäumt wurde, beruht nicht auf einem schuldhaften Fehlverhalten des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten. Der Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren. Die Gerichte dürfen daher bei der Auslegung der die Wiedereinsetzung begründenden Vorschriften die Anforderungen an das, was der Betroffene veranlaßt haben muß, nicht überspannen. Wird von einem Gericht für die Zusendung fristwahrender Schriftsätze der Übermittlungsweg durch Telefax eröffnet, so dürfen die aus den technischen Gegebenheiten dieses Kommunikationsmittels herrührenden besonderen Risiken nicht auf den Nutzer dieses Mediums abgewälzt werden. Insbesondere hat der Nutzer mit der Wahl eines anerkannten Übermittlungsmediums, der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer das seinerseits Erforderliche zur Fristwahrung getan,
wenn er so rechtzeitig mit der Übermittlung beginnt, daß unter normalen Umständen mit ihrem Abschluß vor 0.00 Uhr zu rechnen ist (BVerfG, Beschluß vom 1. August 1996 - 1 BvR 121/95, NJW 1996, 2857 m.w.N.; BGH, Beschlüsse vom 1. Februar 2001 - V ZB 33/00, NJW-RR 2001, 916, vom 17. Mai 2004 – II ZB 22/03, NJW 2004, 2525). Das Berufungsgericht hat bei der Wertung des Verschuldens des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten diese Grundsätze verkannt. aa) Es beurteilt, nachdem es sich selbst erst die technischen Kenntnisse durch Einholung eines Sachverständigengutachtens verschafft hat, das Verschulden eines Rechtsanwalts nicht danach, was von diesem an Kenntnissen hinsichtlich des Übermittlungsvorgangs der Faxübertragung erwartet werden kann, sondern nach den Kenntnissen und Erfahrungen eines technischen Sachverständigen. Damit stellt es bereits bei der Beurteilung des Verschuldens verfehlte Anforderungen. bb) Es bedarf keiner Entscheidung, mit welcher Übertragungszeit ein Rechtsanwalt bei der Übermittlung eines Schriftsatzes per Telefax normalerweise rechnen darf. Den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten trifft jedenfalls unter den gegebenen Umständen kein Verschulden an der Fristversäumung. Er hat ein neues Telefaxgerät benutzt, mit dem innerhalb der noch zur Verfügung stehenden Zeit eine Übertragung des Schriftsatzes jedenfalls möglich war. Er hat sich weiter davon überzeugt, daß die Verbindung zum Empfangsgerät zu einem Zeitpunkt hergestellt wurde, als sogar noch eine anderweitige Übermittlung des Schriftsatzes möglich war. Er durfte darauf vertrauen, daß die Übermittlung nicht wesentlich länger dauern würde als die bisherigen Schriftsätze an das Berufungsgericht. Insofern hat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten glaubhaft gemacht, daß die Übermittlung der Berufungsschrift mit den über-
sandten Anlagen eine Zeit von ca. 30 Sekunden pro Seite gedauert hat. Er hat weiter durch Vorlage von Statusberichten belegt, daß andere Schriftstücke nur eine Übertragungszeit von ca. 14-15 Sekunden pro Seite benötigten. Bei dieser Sachlage mußte er nicht damit rechnen, daß für die Übermittlung des Berufungsbegründungsschriftsatzes nahezu 50 Sekunden pro Seite erforderlich sein würden, auch wenn mit dieser Sendedauer nach Ansicht des Sachverständigen "rein technisch" hätte gerechnet werden müssen. cc) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist wegen der Technik der Faxübermittlung nicht eine andere Beurteilung angebracht als bei der Übermittlung durch die Post oder der Übermittlung per Telex. Auch dort wird, was das Berufungsgericht nicht verkennt, nicht eine bestimmte Postlaufzeit oder Telexübermittlungszeit zugesichert. Für die Beurteilung maßgebend ist vielmehr, mit welcher durchschnittlichen Übermittlungszeit der Versender rechnen durfte.
Mit einer Übertragungszeit von 50 Sekunden pro Seite eines Textes mußte der Prozeßbevollmächtigte im Hinblick auf die im übrigen glaubhaft gemachten Sendezeiten nicht rechnen. Dressler Thode Kuffer Kniffka Bauner

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

11
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand muss gemäß § 234 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO innerhalb von zwei Wochen beantragt werden, wobei diese Frist mit dem Tag beginnt, an dem das Hindernis behoben ist, durch das die Partei von der Einhaltung der Frist abgehalten worden ist. Das bedeutet für den vorliegenden Fall, dass die Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags zu dem Zeitpunkt begann, als der Prozessbevollmächtigte des Beklagten die Versäumung der Berufungsfrist erkannt hat oder bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen können und müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Juni 1982 - VI ZB 6/82, VersR 1982, 971, 972; BGH, Beschlüsse vom 13. Mai 1992 - VIII ZB 3/92, VersR 1993, 205, 206 und vom 13. Dezember 1999 - II ZR 225/98, NJW 2000, 592). Dies war, wie die Rechtsbeschwerde mit Recht geltend macht, erst der Fall, als dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten die diesbezügliche Mitteilung des Senatsvorsitzenden vom 4. November 2010 zuging. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er, anders als das Berufungsgericht meint, keine Veranlassung, die Rechtzeitigkeit der Berufungseinlegung zu überprüfen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 33/03
vom
13. Juli 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Zum Lauf der Frist eines Wiedereinsetzungsantrags.
BGH, Beschluß vom 13. Juli 2004 - XI ZB 33/03 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe, die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, die Richterin Mayen
und den Richter Dr. Appl
am 13. Juli 2004

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13. Oktober 2003 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert beträgt 478.300 €.

Gründe:


I.


Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung der eingeklagten Hauptforderung und eines Teils der geltend gemachten Zinsen verurteilt. Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs hat es die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 28. Mai 2003 bei Gericht eingegangene Berufung der Klägerin, die behauptet, ihrem Prozeßbevollmächtigten sei das Urteil am 28. April 2003 zugestellt worden. Das von diesem unterzeichnete Empfangsbekenntnis weist hingegen den 25. April 2003 als Zustelldatum aus. Daß das Landgericht von diesem Zustelldatum aus-
ging, erfuhr der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin durch die Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils am 5. Juni 2003, die ihn zu einer fernmündlichen Rückfrage beim Landgericht veranlaßte. Die Klägerin hat hierauf zunächst Erinnerung gegen den Rechtskraftvermerk eingelegt und - nachdem das Landgericht eine Kopie des streitgegenständlichen Empfangsbekenntnisses übersandt hatte, das eindeutig das Datum des 25. April 2003 ausweist - mit Schriftsatz vom 24. Juni 2003 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Sie hat sich darauf berufen, die fehlerhafte Angabe auf dem Empfangsbekenntnis beruhe auf einer Verwechslung der Daten durch eine Kanzleiangestellte ihres Prozeßbevollmächtigten, der von diesem Versehen erst durch die ihm am 23. Juni 2003 zugegangene Kopie des Empfangsbekenntnisses erfahren habe. Bis dahin sei er von einem Irrtum beim Landgericht ausgegangen.
Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsant rag der Klägerin zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe nicht den Beweis erbracht, daß das Urteil an einem anderen Tag als dem im Empfangsbekenntnis angegebenen zugestellt worden sei. Die Klägerin habe zudem die Frist des § 234 ZPO versäumt, die mit der Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils begonnen habe. Aus dem darin enthaltenen Hinweis, daß das Urteil am 25. April 2003 zugestellt worden sei, habe der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin einen konkreten Anhaltspunkt dafür entnehmen können, daß das in seinen Unterlagen notierte Zustellungsdatum des 28. April 2003 falsch sein könne und habe damit zumindest vorsorglich tätig werden müssen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluß gewahrt sein müssen (BGHZ 151, 42, 43; 151, 221, 223; 155, 21, 22; BGH, Beschluß vom 24. Juni 2003 - VI ZB 10/03, NJW 2003, 2991), sind nicht erfüllt.
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde is t eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) nicht erforderlich.

a) Mit ihrem Vortrag, das Berufungsgericht habe - gemessen an der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung - angeblich die Anforderungen an den Beginn der Wiedereinsetzungsfrist überspannt, hat die Klägerin die Voraussetzungen einer Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht ordnungsgemäß dargetan.
Allerdings erfordert die Sicherung einer einheitli chen Rechtsprechung ein Eingreifen des Bundesgerichtshofs, wenn die angefochtene Entscheidung Verfahrensgrundrechte einer Partei verletzt und darauf beruht (BGHZ 154, 288, 296 zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO; Senatsbeschluß vom 11. Mai 2004 - XI ZB 39/03, WM 2004, 1407, 1408 m.w.Nachw., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Das ist etwa
der Fall, wenn ein Gericht einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund von überspannten Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozeßbevollmächtigten versagt, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen die Partei auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Gerichts nicht rechnen mußte (BVerfGE 79, 372, 376 f.; BVerfG NJW-RR 2002, 1004; BGHZ 151, 221, 227 f.; BGH, Beschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02, FamRZ 2003, 1271). Das Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) verbietet es den Gerichten nämlich, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 41, 323, 326 f.; 41, 332, 334 f.; 69, 381, 385; BVerfG NJW 2001, 2161, 2162; BGHZ 151, 221, 227).
Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht ab er nicht verstoßen. Insbesondere hat es die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt. Die Entscheidung des Berufungsgerichts entspricht vielmehr - anders als die Rechtsbeschwerde unter Hinweis auf den Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 20. November 1967 (III ZB 4/67, VersR 1968, 301) geltend macht - langjähriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach beginnt die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO schon dann zu laufen, wenn das Weiterbestehen des der Wahrung der versäumten Frist entgegenstehenden Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann. Das ist der Fall, sobald die Partei oder ihr Prozeßbevollmächtigter bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt die Versäumung hätte erkennen können, wenn also Anlaß
bestand zu prüfen, ob das Fristende richtig festgehalten war (st.Rspr., BGH, Urteil vom 15. März 1977 - VI ZR 104/76, VersR 1977, 643, 644 und Beschlüsse vom 15. Januar 2001 - II ZB 1/00, NJW 2001, 1430, 1431, vom 5. März 2002 - VI ZR 286/01, NJW-RR 2002, 860 sowie vom 16. September 2003 - X ZR 37/03, BGHReport 2004, 57, 58).
Ein solcher Anlaß bestand für den Prozeßbevollmäch tigten der Klägerin bereits nach Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils. Nachdem er - bestätigt durch die telefonische Nachfrage - wußte, daß man dem Empfangsbekenntnis beim Landgericht als Zustelldatum den 25. April 2003 entnommen hatte, hätte er nicht ohne weiteres von einem Irrtum auf Seiten des Landgerichts ausgehen, sondern auch ein mögliches Versehen in seiner Kanzlei in Erwägung ziehen und zumindest vorsorglich ein Wiedereinsetzungsgesuch wegen Versäumung der Berufungsfrist stellen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 1977 - VI ZR 104/76, VersR 1977, 643, 644). Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, der Irrtum des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin sei durch eine Fehlinformation des Landgerichts hervorgerufen worden, ist das nicht zu berücksichtigen, da die Klägerin hierzu nicht schlüssig vorgetragen hat. Der Umstand, daß der Anwalt selbst unzutreffende Schlüsse und Konsequenzen aus der Auskunft des Landgerichts gezogen hat, genügt hierzu nicht.

b) Das Berufungsgericht hat entgegen den Rügen der Rechtsbeschwerde auch nicht den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 GG verletzt. Die Rechtsbeschwerde zeigt keine besonderen Umstände auf, die zweifelsfrei darauf schließen ließen , daß das Berufungsgericht tatsächliches Vorbringen der Klägerin
entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen hat (BGHZ 154, 288, 300 f. m.w.Nachw.). Das gilt insbesondere auch für die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Berufungsgericht habe den Inhalt der eidesstattlichen Versicherungen der Kanzleiangestellten und der Rechtsanwälte nicht zur Kenntnis genommen. Die eidesstattlichen Versicherungen entsprechen vielmehr in jeder Hinsicht dem Sachvortrag der Klägerin, den das Berufungsgericht allerdings als unschlüssig erachtet hat. Gegen eine solche Bewertung des Vorbringens einer Partei gewährt Art. 103 GG aber keinen Schutz (vgl. Senatsbeschluß BGHZ 152, 182, 194 und BGH, Beschluß vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 101/02, WM 2003, 992, 994). In Betracht kommt in einem solchen Fall allenfalls ein Verstoß gegen das Grundrecht der betroffenen Partei auf ein faires willkürfreies Verfahren, der aber in Fällen der Zurückweisung eines Vortrags als unschlüssig in der Regel erst dann anzunehmen ist, wenn die Auffassung des Gerichts unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und daher auf sachfremden Erwägungen beruht (BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, NJW 2002, 3029, 3031 und vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 101/02 aaO). Davon kann hier keine Rede sein.

c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ha t das Berufungsgericht die Grundrechte der Klägerin auf wirkungsvollen Rechtsschutz und ein willkürfreies Verfahren auch nicht dadurch verletzt, daß es in seiner Entscheidung unter Verkennung des Beweismaßes eine unumstößliche Gewißheit für die Frage, ob das Urteil der Klägerin - wie sie behauptet - am 28. April 2003 zugestellt worden ist, verlangt hat. Das Berufungsgericht hat vielmehr ausdrücklich ausgeführt, daß der von der Klägerin behauptete Irrtum bei der Ausfüllung des Empfangsbekenntnis-
ses nicht mehr als eine Möglichkeit darstelle. Das aber genügt - wie auch die Rechtsbeschwerde nicht verkennt - zum Beweis der Unrichtigkeit der in dem Empfangsbekenntnis enthaltenen Angaben, an den strenge Anforderungen zu stellen sind, nicht (BGH, Beschluß vom 18. Juni 2002 - VI ZR 448/01, NJW 2002, 3027, 3028 m.w.Nachw.).
2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeut ung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die von der Rechtsbeschwerde für grundsätzlich erachtete Frage, ob die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO auch zu laufen beginne , wenn zwar objektiv Umstände vorlägen, die auf eine Verfristung des Rechtsmittels schließen ließen, das Gericht auf eine entsprechende Nachfrage bei dem Prozeßbevollmächtigten aber den Eindruck erwecke, es handele sich um einen Fehler des Gerichts und die Verfristung liege tatsächlich nicht vor, stellt sich nicht. Wie schon ausgeführt, fehlt es an schlüssigem Vortrag der Klägerin, daß ihrem Prozeßbevollmächtigten von Seiten des Landgerichts eine falsche Auskunft erteilt worden ist.
Nobbe Müller Joeres
Mayen Appl

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 235/09
vom
28. November 2012
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 233 D, Hb, K, 234 Abs. 1

a) Hat das Gericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verworfen
, weil er nicht innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO eingegangen ist, steht
dies einem Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist
nicht entgegen, da bei Gewährung der Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist
dem Verwerfungsbeschluss die Grundlage entzogen würde
(im Anschluss an den Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 - XII ZB 225/04 -
FamRZ 2005, 791).

b) Wenn eine mittellose Partei innerhalb der Rechtsmittelfrist lediglich einen vollständigen
Prozesskostenhilfeantrag einreicht und diesem einen nicht unterzeichneten
Entwurf des Rechtsmittels und der Rechtsmittelbegründung ihres Prozessbevollmächtigten
beifügt, ist ihre Mittellosigkeit kausal für die versäumte Rechtsmittel
- und Rechtsmittelbegründungsfrist geworden. Ihr kann nach Bewilligung
der begehrten Prozesskostenhilfe und fristgerecht nachgeholten Prozesshandlungen
Wiedereinsetzung in die versäumten Rechtsmittelfristen bewilligt werden
(Abgrenzung zu BGH Beschluss vom 6. Mai 2008 - VI ZB 16/07 - NJW 2008,
2855).
BGH, Beschluss vom 28. November 2012 - XII ZB 235/09 - OLG Düsseldorf
AG MönchengladbachRheydt
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. November 2012 durch
den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. November 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Wert: bis 6.000 €

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten um Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs über Kindesunterhalt. Das Urteil des Amtsgerichts, durch das der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen wurde, ist dem Beklagten am 13. Oktober 2008 zugestellt worden. Mit einem am 12. November 2008 eingegangenen Schriftsatz hat er Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 12. Juni 2009 hat das Berufungsgericht dem Beklagten teilweise Prozesskostenhilfe bewilligt und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Der Beschluss ist dem Beklagten am 29. Juni 2009 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2009, beim Berufungsgericht eingegangen am 14. Juli 2009, hat der Beklagte im Umfang der bewilligten Prozesskostenhilfe Berufung eingelegt , zur Begründung auf den Prozesskostenhilfebeschluss sowie auf den dem Prozesskostenhilfeantrag beigefügten Entwurf einer Berufung und Berufungsbegründung seines Rechtsanwalts Bezug genommen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungs- und der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Mit Beschluss vom 11. September 2009 hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag verworfen, weil dieser nicht innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist eingegangen sei. Zugleich hat es den Beklagten darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, die Berufung ebenfalls zu verwerfen, da die Berufungsfrist nicht gewahrt sei. Der Beschluss ist dem Beklagten am 21. September 2009 zugestellt worden.
2
Am 28. September 2009 hat der Beklagte beantragt, ihm Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist zu bewilligen. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Fristversäumnis beruhe auf einem ihm nicht zurechenbaren Versäumnis des Büroboten, den sein Rechtsanwalt damit beauftragt habe , den Schriftsatz vom 13. Juli 2009 noch am gleichen Tag in den Briefkasten des Oberlandesgerichts einzuwerfen. Der Sachvortrag ist durch eidesstattliche Versicherung des Büroboten glaubhaft gemacht worden.
3
Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist zurückgewiesen und die Berufung verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.

4
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor die- sem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2012 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).
5
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach den §§ 233 ff. ZPO verkannt; der angefochtene Beschluss verletzt den Beklagten damit in seinen Verfahrensgrundrechten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Oberlandesgericht.
7
a) Das Oberlandesgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen , weil die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag vom 13. Juli 2009 in Rechtskraft erwachsen sei und deshalb nicht mehr abgeändert werden könne. Wenn - wie hier - der Wiedereinsetzungsantrag einer Partei durch gesonderten Beschluss zurückgewiesen werde, müsse diese Entscheidung angefochten werden, da sie anderenfalls Bindungswirkung entfalte. Infolge der rechtskräftigen Ablehnung einer Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist sei die Berufung verfristet und deshalb zu verwerfen.
8
b) Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand.
9
aa) Zutreffend ist das Oberlandesgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Beklagte die Berufungsfrist versäumt hat. Das Urteil des Amtsgerichts ist ihm am 13. Oktober 2008 zugestellt worden; seine Berufung ist erst am 14. Juli 2009 beim Oberlandesgericht eingegangen.
10
Ebenfalls zu Recht hat das Oberlandesgericht darauf abgestellt, dass auch der Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungs - und Berufungsbegründungsfrist nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 234 Abs. 1 ZPO eingegangen ist. Ist eine Partei wegen Mittellosigkeit gehindert , die Berufungsfrist einzuhalten, entfällt das Hindernis für die Einlegung des Rechtsmittels grundsätzlich mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe, so dass der Lauf der Zwei-Wochen-Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu diesem Zeitpunkt beginnt (st. Rspr. vgl. etwa BGHZ 173, 14 = FamRZ 2007, 1640 Rn. 10 mwN). Nachdem der Prozesskostenhilfebeschluss dem Beklagten am 29. Juni 2009 zugestellt worden war, hätte er Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist bis zum 13. Juli 2009 beantragen müssen. Der erst am 14. Juli 2009 eingegangene Antrag hat diese Frist nicht gewahrt.
11
bb) Zu Unrecht hat das Oberlandesgericht dem Beklagten allerdings die nach § 233 ZPO begehrte Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist versagt. Die vom Beklagten nicht angefochtene Versagung der Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist steht einer Wiedereinsetzung in die ebenfalls versäumte Wiedereinsetzungsfrist nicht entgegen.
12
(1) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar geklärt, dass die rechtskräftige Ablehnung einer begehrten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der darauf aufbauenden Entscheidung über die Verwerfung des Rechtsmittels zugrunde zu legen ist. Hat die betroffene Prozesspartei die isolierte Ab- weisung ihres Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht angefochten und ist diese Entscheidung rechtskräftig geworden, bindet sie das Gericht im Rahmen der anschließenden Entscheidung über die Verwerfung des Rechtsmittels (Senatsbeschluss vom 7. Oktober 1981 - IVb ZB 825/81 - FamRZ 1982, 163 f.; BGH Beschlüsse vom 16. April 2002 - VI ZB 23/00 - NJW 2002, 2397, 2398 und vom 3. November 1988 - LwZB 1/88 - BGHR ZPO § 519 b Abs. 2 Wiedereinsetzungsgrund 1). Diese Rechtsprechung lässt sich auf den vorliegenden Fall allerdings nicht übertragen.
13
(2) Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass im umgekehrten Fall die rechtskräftige Verwerfung der Berufung wegen Fristversäumung einer vorrangig zu beurteilenden Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungs- oder der Berufungsbegründungsfrist nicht entgegensteht. Denn durch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird dem die Berufung verwerfenden Beschluss die Grundlage entzogen und er damit gegenstandslos (Senatsbeschlüsse vom 9. Februar 2005 - XII ZB 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792 mwN; vom 15. August 2007 - XII ZB 101/07 - FamRZ 2007, 1725, 1726 und vom 24. Februar 2010 - XII ZB 168/08 - FamRZ 2010, 882, 883). Eine rechtzeitig beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann danach nicht mit der Begründung abgelehnt werden, über die darauf basierende Entscheidung sei bereits entschieden. Vielmehr ist das Gericht gehalten, vor einer Verwerfung des Rechtsmittels auf die versäumte Frist hinzuweisen, um der Prozesspartei Gelegenheit zu geben, eine schuldlose Fristversäumung glaubhaft zu machen.
14
Diese Rechtsprechung ist auf den hier vorliegenden Fall übertragbar. Der Beklagte hatte beantragt, ihm Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist zur Einlegung und Begründung der Berufung zu bewilligen. Die vom Oberlandesgericht ohne vorherige Anhörung beschiedene und vom Be- klagten nicht mit der Rechtsbeschwerde angefochtene Entscheidung über die Zurückweisung der begehrten Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsund Berufungsbegründungsfrist setzt eine vorherige Entscheidung über die beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist voraus. Wenn dem Beklagten wegen schuldloser Fristversäumung Wiedereinsetzung in die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO bewilligt wird, entzieht dies der ablehnenden Entscheidung über die Wiedereinsetzung in die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist die Grundlage.
15
c) Die Entscheidung des Oberlandesgerichts, dem Beklagten die beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist zu versagen, hat auch nicht aus anderen Gründen Bestand.
16
aa) Allerdings kommt, wenn die Fristversäumung auf einem wirtschaftlichen Unvermögen des Rechtsmittelführers beruht, nach der Entscheidung über die beantragte Prozesskostenhilfe eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur in Betracht, wenn die Mittellosigkeit für die Fristversäumung kausal geworden ist (st. Rspr. vgl. etwa Senatsbeschluss vom 8. Februar 2012 - XII ZB 462/11 - FamRZ 2012, 705 Rn. 9 mwN). Das war hier der Fall.
17
bb) Die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist beruhte hier allerdings nach dem Vortrag des Beklagten auf einem ihm nicht zurechenbaren Verschulden des Kanzleiboten seines Prozessbevollmächtigten. Bei weisungsgemäßer Ablieferung des Schriftsatzes an das Oberlandesgericht wäre die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewahrt worden.
18
Die Versäumung der Berufungs- und der Berufungsbegründungsfrist beruhte demgegenüber auf dem wirtschaftlichen Unvermögen des Beklagten. Für diese Fristversäumung ist die Mittellosigkeit auch kausal geworden. Zwar hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass in Fällen, in denen ein Rechtsmittel bereits durch einen beim Rechtsmittelgericht zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt , die fristgerecht eingereichte und unterschriebene Rechtsmittelbegründung zunächst aber nur als Entwurf bezeichnet wurde, eine spätere Fristversäumung nicht auf der Mittellosigkeit beruht, weil der Prozessbevollmächtigte seine Leistung dann schon in vollem Umfang erbracht hat (BGH Beschluss vom 6. Mai 2008 - VI ZB 16/07 - NJW 2008, 2855 Rn. 4 ff. mit kritischen Anm. Gross AnwBl 2008, 460; Zimmermann FamRZ 2008, 1521; Schneider NJW 2008, 2856; Henjes FuR 2009, 559 und Deubner JuS 2008, 1076). Ob dem zu folgen ist, kann hier dahinstehen. Denn wenn der Antragsteller sein Rechtsmittel - wie hier - bewusst noch nicht eingelegt, sondern von der Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe abhängig gemacht hat, ist die Mittellosigkeit schon für die Versäumung der Rechtsmittelfrist kausal geworden. Die Prozesspartei war dann auf Grund ihrer Mittellosigkeit bereits an der Einlegung des Rechtsmittels gehindert. Wird die Prozesskostenhilfe nicht bewilligt, kommt es erst gar nicht zum Berufungsverfahren (so auch Schneider NJW 2008, 2856 f.).
19
d) Das Berufungsgericht wird deswegen zunächst gemäß § 233 ZPO über den Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist zu entscheiden haben. Insoweit hat der Beklagte vorgetragen, seinen langjährigen Kanzleiboten am letzten Tag der Frist im Rahmen einer konkreten Einzelanweisung beauftragt zu haben, die Berufung und Berufungsbegründung nebst Wiedereinsetzungsantrag noch am gleichen Tag beim Oberlandesgericht einzuwerfen. Dies hat der Kanzleibote an Eides statt versichert (§ 236 Abs. 2 ZPO). Wenn dem Beklagten wegen unverschuldeter Fristversäumung Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist bewilligt wird, ist dem angefochtenen Beschluss auch hinsichtlich der Verwerfung der Berufung die Grundlage entzogen. Das Berufungsgericht wird dann erneut über den Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungs- und Berufungsbe- gründungsfrist und, bei Bewilligung der Wiedereinsetzung, über die Berufung selbst zu entscheiden haben.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Mönchengladbach-Rheydt, Entscheidung vom 02.10.2008 - 24 F 249/06 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 20.11.2009 - II-5 UF 225/08 -
7
b) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass nach dem eigenen Vortrag im Wiedereinsetzungsgesuch des Prozessbevollmächtigten der Kläger dessen krankheitsbedingter Ausfall vorhersehbar war. Dies gilt unabhängig von den im ersten Fristverlängerungsantrag mitgeteilten Hinderungsgründen. Die nach Schilderung des Prozessbevollmächtigten der Kläger im Vorfeld der eigentlichen Erkrankung aufgetretenen Erschöpfungserscheinungen, die sich in Form von Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Antriebslosigkeit, Sprach- und Sehstörungen verbunden mit stundenweisem Arbeitsausfall äußerten, waren nicht so geringfügig, dass dessen Annahme gerechtfertigt war, die Symptome würden bis zur Folgewoche wieder abklingen oder sich jedenfalls nicht weiter verschlechtern. Eine berechtigte Erwartung, dass es nicht zu einem vollständigen krankheitsbedingten Ausfall kommen würde, durfte der Prozessbevollmächtigte der Kläger auch nicht deswegen haben, weil er im Vorjahr bereits einmal an Erschöpfungszuständen ähnlicher Art gelitten hatte und diese innerhalb einiger Tage wieder vorüber waren. Angesichts der massiven Symptome durfte er sich nicht darauf verlassen, dass eine schnelle Genesung eintreten werde; vielmehr musste er damit rechnen, dass es auch zu einem vollständigen krankheitsbedingten Ausfall kommen könnte. Er war deshalb verpflichtet, sich hierauf vorzubereiten, indem er entweder durch Einholung der Zustimmung des Prozessgegners sicherstellte, dass die Berufungsbegründungsfrist verlängert würde (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juli 2013 - VI ZB 18/12, NJW 2013, 3181 Rn. 11) oder indem er dafür Sorge trug, dass für die Erledigung fristgebundener Arbeiten ein Vertreter eingeschaltet werden kann.
11
bb) Die unvorhergesehene Erkrankung kann den Rechtsanwalt zwar außerstande setzen, noch irgendwelche fristwahrenden Maßnahmen zu ergreifen (Senat, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 12). So lag es hier jedoch nach der anwaltlichen Versicherung des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht. Danach litt er an einer Enteritis mit Diarrhoe, Übelkeit und Erbrechen und konnte das Haus nicht verlassen. Daraus ergibt sich indes nicht, dass er auf Grund dieser Erkrankung nicht in der Lage gewesen wäre, einen Vertreter zu benachrichtigen und diesen zu bitten, in der Sache um Verlängerung der Frist zu bitten, die, da es sich um die erste Fristverlängerung gehandelt hätte, auch nicht aufwendig hätte begründet werden müssen (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Juni 2010 - V ZB 42/10, NJW-RR 2011, 285 Rn. 8, 10). Seiner anwaltlichen Versicherung ist, wie gesagt, auch nicht zu entnehmen, dass er Absprachen mit einer Vertretung, die er hätte bitten können , getroffen hätte. Dieses schuldhafte Versäumnis wirkte sich in dem jetzt eingetretenen Verhinderungsfall aus.