Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2015 - V ZR 86/14

bei uns veröffentlicht am12.03.2015
vorgehend
Landgericht Saarbrücken, 6 O 608/09, 06.09.2010
Landgericht Saarbrücken, 4 U 139/13, 13.03.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 86/14
vom
12. März 2015
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. März 2015 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub, die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland und den Richter Dr. Kazele

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 13. März 2014 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Der Nebenintervenient trägt seine Kosten selbst. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 186.553,18 €.

Gründe:

I.

1
Die Eltern der Klägerin und des Streithelfers bestellten zwischen 1954 und 1964 insgesamt sechs Grundschulden auf einem ihnen gehörenden Grundstück mit einem Betrag von umgerechnet 186.553,18 € zzgl. Zinsen; zudem übernahmen sie die persönliche Haftung und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr Vermögen. Inhaber aller Ansprüche wurde eine Kreissparkasse (im Folgenden: Zedentin). Der Vater der Klägerin (im Folgenden: Erblasser) hatte 1995 eine Familienstiftung (im Folgenden: Stiftung) gegründet, deren Vorstand der Streithelfer war. 1996 und 1997 wurden drei Darlehen durch die Stiftung, den Erblasser und den Streithelfer aufgenommen, die u.a. durch die o.g. Grundschulden abgesichert wurden.
2
Die Beklagte hat im Rechtsstreit folgende mit Vollmacht überschriebene Erklärung des Erblassers vom 19. Dezember 2000 vorgelegt: „Bei der KSK Sls.“ [der Zedentin] „bestehen folgende Darlehen: 3000888184, 6000887163 u. 3000895809. Hiermit erkläre ich unwiderruflich, daß ich diese Darlehen allein übernehme. Als Bedingung für meine Übernahme der Darlehensverpflichtungen gilt, daß mein Sohn auf seinen Erb- und Pflichtteilsanspruch verzichtet bzw. ausschlägt. Insoweit ist meine Übernahme aufschiebend bedingt wirksam bis zur Erfüllung seiner Zusage. ... Hiermit erteile ich meinem Sohn B. die Vollmacht, mich in allen Dingen gegenüber der KSK und sonstigen Dritten zu vertreten, die im Zusammenhang mit meiner alleinigen Übernahme der Darlehen, insbesondere auch der Rückführung der Darlehen notwendig sind. Da auch eigene Interessen meines Sohnes von der Bevollmächtigung betroffen sind, ist er von der Beschränkung des § 181 BGB befreit und es ist vereinbart, daß diese Vollmacht über meinen Tod hinaus gilt. Eine Vollmacht zur Führung von Prozessen ist bereits separat erteilt. ...“
3
Die Klägerin bestreitet die Echtheit der Urkunde. Wenn die Unterschrift echt sei, beruhe die Urkunde auf dem Missbrauch eines Blanketts durch den Streithelfer. Der Erblasser sei in dem Zeitpunkt der behaupteten Unterschriftsleistung auch nicht mehr geschäftsfähig gewesen.
4
Die Klägerin wurde nach dem Tod des Erblassers im Mai 2001, nachdem der Streithelfer die Erbschaft ausgeschlagen hatte, dessen Alleinerbin und damit Eigentümerin des belasteten Grundstücks. Die Stiftung bat in einem Schreiben an die Sparkasse vom 8. November 2001, dass sie und der Streithelfer mit Rücksicht auf den Wunsch des Erblassers aus den Darlehensverhältnissen rückwirkend zum 1. Januar 2001 entlassen werden. Unter dem Schreiben befindet sich die Erklärung der Klägerin, dass sie von dem Vorgang Kenntnis habe und sich im Voraus für die Mitwirkung der Sparkasse bedanke. Die Sparkasse lehnte eine solche rückwirkende Entlassung der beiden anderen Darlehensschuldner ab, da die Zustimmung des Verstorbenen fehle. Die Darlehensverbindlichkeiten wurden auch danach von der Stiftung bedient.
5
Im Jahre 2005 schlossen die Stiftung, der Streithelfer und die Klägerin mit der Zedentin einen Vertrag über ein Darlehen mit einem Nettokreditbetrag von 22,9 Mio. Japanischen Yen, mit dem die im Jahre 1997 aufgenommenen Darlehen abgelöst wurden. Als Sicherheiten dienten - neben auf dem Grundstück der Stiftung lastende - auch die auf dem Grundstück der Klägerin lastenden Grundschulden. Die Klägerin unterzeichnete zur selben Zeit zudem eine formularmäßige Zweckerklärung, nach der die vorgenannten Grundschulden der Sicherung aller bestehenden und künftigen Forderungen der Zedentin gegen die Stiftung, den Streithelfer und die Klägerin dienen sollten.
6
Über das Vermögen des Streithelfers wurde im Januar 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Streithelfer machte danach Ausgleichsansprüche gegen die Klägerin in Höhe von 1/3 der von der Stiftung auf die Darlehen gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen geltend, welche die Klägerin zurückwies. Die Stiftung stellte die Zahlungen auf die Darlehen ein. Klagen der Stiftung gegen die Klägerin, sie von den Verpflichtungen aus den im Jahre 2005 aufgenommenen Darlehen freizustellen, blieben ohne Erfolg. Der Fremdwährungskredit wurde von der Zedentin im Februar 2009 durch einen Kredit in Höhe von 196.566,62 € abgelöst. Die Klägerin weigerte sich, den geänderten Darlehensvertrag zu unterzeichnen. Die Zedentin kündigte im Mai 2009 den Darlehensvertrag.
7
Im November 2009 löste die Beklagte, die Lebensgefährtin des Streithelfers, sämtliche Darlehensverbindlichkeiten der Stiftung, des Streithelfers und der Klägerin gegenüber der Zedentin ab. Diese trat die Forderungen gegen die Darlehensschuldner sowie alle Sicherheiten an die Beklagte ab. Nach Umschreibung der Vollstreckungsklauseln auf die Beklagte als Gläubigerin und die Klägerin als Schuldnerin leitete die Beklagte Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ein.
8
Die Klägerin hat Vollstreckungsgegenklage mit dem Ziel erhoben, die Zwangsvollstreckung aus den Urkunden über die Bestellung der Grundschulden für unzulässig zu erklären. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Dieses Urteil hat der Senat mit Beschluss vom 4. Juli 2013 (V ZR 151/12, NJW-RR 2014, 177) aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen Dieses hat nach Vernehmung des Streithelfers als Zeugen erneut zu Gunsten der Klägerin entschieden. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

9
Das Berufungsgericht meint, die Geltendmachung des Anspruchs nach § 1192 Abs. 1, § 1147 BGB stelle sich als eine missbräuchliche Rechtsausübung (§ 242 BGB) dar. Die Beklagte nehme die Klägerin als einen der Gesamtschuldner der Zedentin in Anspruch, um der im Innenverhältnis der Schuldner nicht haftenden Klägerin das Regressrisiko aufzubürden. Die durch die Grundschulden gesicherten Darlehen seien allein der Stiftung zugute gekommen, die damit Grundvermögen erworben und Mietwohnungen errichtet habe. Die Klägerin hätte diese Darlehen auch nicht gemäß der von der Beklagten vorgelegten Vollmachtsurkunde des Erblassers vom 19. Dezember 2000 nach der Erbausschlagung des Streithelfers zurückführen müssen. Die von der Beklagten behaupteten Abreden über eine Schuldübernahme, auf denen die Erbausschlagung der Streithelfers beruht haben soll, habe es nicht gegeben.
10
Die Aussage des als Zeugen vernommenen Streithelfers zur Entstehung der Urkunde sei nicht glaubhaft. Die Form der von dem Streithelfer verfassten Urkunde (die Abfassung auf der Rückseite eines DIN A5 Blatts mit einem Aufdruck eines Patientenservice) widerspräche der Bedeutung des Inhalts (einer bedingten Verpflichtung zur Übernahme von Verbindlichkeiten in Höhe von 1,2 Mio. DM und Angabe von drei Kontonummern) und den von dem Zeugen geschilderten Umständen ihrer Entstehung (dem Aufsetzen des Schriftstücks gemäß einer nach monatelangen Verhandlungen erzielten Einigung). Die von dem Zeugen abgegebenen Erklärungen über den Zweck der Urkunde (Vermeidung eines Streits in der Familie und einer erbrechtlichen Auseinandersetzung) seien vor dem Hintergrund nicht nachvollziehbar, dass die als Erbin für die Darlehen haftende Klägerin in die behaupteten Gespräche nicht einbezogen worden sei. Der Zeuge habe auch nicht einsichtig erläutern können, warum die Vereinbarung nicht umgesetzt worden sei, obwohl die Stiftung und er allen Anlass gehabt hätten, sich auf die nunmehr vorgetragene Abrede mit dem Erblasser zu berufen. Die vom Streithelfer geführte Stiftung habe über Jahre die Darlehen bedient, ohne sich auf die Abrede zu berufen, und auch in einem Rechtsstreit mit der Klägerin zunächst behauptet, dass zwischen den Darlehensnehmern keine besonderen Vereinbarungen getroffen worden seien, weshalb sie die Klägerin zunächst auf anteilige Zahlung in Anspruch genommen habe. Gegen die Richtigkeit der Darstellung der Beklagten spreche schließlich, dass der Streithelfer erst im September 2008 die Urkunde bei sich wieder aufgefunden haben will, die Stiftung aber in dem von ihr gegen die Klägerin geführten Rechtsstreit bereits im April 2008 auf die wiederaufgefundene Urkunde verwiesen habe.

III.

11
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist - obwohl die Beklagte und der Streithelfer unabhängig voneinander Beschwerde erhoben haben - als ein Rechtsbehelf zu behandeln, über den einheitlich zu entscheiden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 1. Juli 1993 - V ZR 235/92, NJW 1993, 2944; BGH, Beschluss vom 24. Januar 2006 - VI ZB 49/05, NJW-RR 2006, 644 Rn. 6). Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet; die Revision ist nicht - wie vorgebracht - zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) wegen einer grundlegenden Verkennung der Beweisregel in § 416 ZPO zuzulassen.
12
1. Dem angefochtenen Urteil liegt allerdings eine fehlerhafte Anwendung von § 416 ZPO zugrunde.
13
a) Das Berufungsgericht unterscheidet dabei im Ausgangspunkt zutreffend zwischen der formellen, sich auf die Abgabe der Erklärungen, und der materiellen, sich auf die Richtigkeit des Erklärten beziehenden Beweiskraft (BGH, Urteil vom 17. April 1986 - III ZR 215/84, NJW 1986, 3086). Eine Privaturkunde begründet nach § 416 ZPO allein vollen Beweis dafür, dass die in der Urkunde enthaltenen Erklärungen von dem Aussteller abgegeben worden sind (BGH, Urteil vom 11. Mai 1989 - III ZR 2/88, NJW-RR 1989, 1323; Urteil vom 24. Juni 1993 - IX ZR 96/92, NJW-RR 1993, 1379, 1380). Die Beweisregel erstreckt sich dagegen nicht auf die inhaltliche Richtigkeit des Erklärten. Ob die in der Privaturkunde enthaltenen Angaben zutreffen, ob die darin bestätigten tatsächlichen Vorgänge wirklich so geschehen sind oder nicht, ob insbesondere ein Rechtsgeschäft zustande gekommen ist und welchen Inhalt es hat, unterliegt der freien tatrichterlichen Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO (BGH, Urteil vom 17. April 1986 - III ZR 215/84, NJW 1986, 3086; BGH, Urteil vom 24. Juni 1993 - IX ZR 96/92, NJW-RR 1993, 1379, 1380). Das Berufungsgericht geht deshalb zu Recht davon aus, dass die Urkunde vom 19. Dezember 2000 keinen Beweis dafür erbringt, dass es die von der Beklagten behaupteten Abreden des Erblassers mit dem Streithelfer über eine Übernahme von Darlehensschulden gegeben hat.
14
b) Das Berufungsgericht lässt jedoch unberücksichtigt, dass die Urkunde gemäß § 416 ZPO vollen Beweis dafür erbringt, dass der Erblasser die in der Urkunde enthaltene Erklärung abgegeben hat, wonach er drei der damals bei der Zedentin aufgenommenen Darlehen unter der Bedingung übernehmen wollte, dass der Streithelfer auf seine Erb- und Pflichtteilsansprüche verzichtet bzw. diese ausschlägt. § 416 ZPO enthält eine gesetzliche Beweisregel im Sinne des § 286 Abs. 2 ZPO (PG/Laumen, ZPO, 6. Aufl., § 286 Rn. 18). Soweit die Beweiskraft der Urkunde reicht, kommt es auf die Überzeugung des Gerichts (§ 286 Abs. 1 ZPO) nicht an (BGH, Urteil vom 17. April 1986 - III ZR 215/84, NJW 1986, 3086; Urteil vom 10. Juli 2013 - IV ZR 224/12, BGHZ 198, 32 Rn. 29).
15
2. Die fehlerhafte Anwendung des § 416 ZPO führt jedoch deshalb nicht zur Zulassung der Revision, weil diese Beweisregel nur dann eingreift, wenn die vom Beweisführer beigebrachte Urkunde echt ist (BGH, Urteil vom 13. April 1988 - VIII ZR 274/87, BGHZ 104, 172, 175; Urteil vom 8. März 2006 - IV ZR145/05, NJW-RR 2006, 847 Rn. 18). Echt im Sinne des § 416 ZPO ist eine Privaturkunde, wenn die Unterschrift dem Namensträger zuzuordnen ist und die über der Unterschrift stehende Schrift vom Aussteller selbst stammt oder mit dessen Willen dort steht (BGH, Urteil vom 13. April 1988 - VIII ZR 247/87, BGHZ 104, 172, 176). An Letzterem fehlt es hier, weil das Berufungsgericht nach der Beweisaufnahme durch die Vernehmung des Streithelfers davon überzeugt ist, dass es den - auf der von der Beklagten behaupteten Abrede beruhenden - Beurkundungsvorgang (das Aufsetzen des Textes durch den Streithelfer auf der Schreibmaschine des Erblassers in dessen Gegenwart und das anschließende Unterschreiben der Urkunde) nicht gegeben hat.
16
a) Die Klägerin hat zwar darüber hinaus auch die Echtheit der Unterschrift des Erblassers bestritten und dessen Geschäftsfähigkeit in Abrede gestellt. Da das Berufungsgericht dies jedoch dahingestellt hat, ist für das Revisionsverfahren von der Echtheit der Unterschrift auf der vorgelegten Urkunde und der Geschäftsfähigkeit des Erblassers im Dezember 2000 auszugehen.
17
b) Steht die Echtheit der Unterschrift fest oder ist diese - wie hier - als echt zu unterstellen, greift zugunsten der Partei, die sich auf die Urkunde beruft, die Vermutung der Echtheit auch der über der Unterschrift stehenden Schrift nach § 440 Abs. 2 ZPO ein (BGH, Urteil vom 13. April 1988 - VIII ZR 274/87, BGHZ 104, 172, 176; Urteil vom 11. Mai 1989 - III ZR 2/88, NJW-RR 1989, 1323; Urteil vom 8. März 2006 - IV ZR 145/05, NJW-RR 2006, 847 Rn. 18). Ist - wie hier unstreitig - der Text über der Unterschrift von dem Aussteller weder geschrieben noch verfasst worden, erstreckt sich diese Vermutung darauf, dass der Urkundeninhalt dem Willen des Unterzeichners entspricht (BGH, Urteil vom 13. April 1988 - VIII ZR 274/87, aaO; Urteil vom 8. März 2006 - IV ZR 145/05, aaO). Die Vermutung gilt auch bei Blankounterschriften und selbst bei Blankettmissbräuchen durch vereinbarungswidrige Verwendung von Unterschriften (BGH, Urteil vom 17. April 1986 - III ZR 215/84, NJW 1986, 3086; Urteil vom 13. April 1988 - VIII ZR 274/87, BGHZ, 104, 172, 177; Urteil vom 8. März 2006 - IV ZR 145/05, aaO Rn. 18).
18
c) aa) § 440 Abs. 2 ZPO enthält jedoch nicht - wie § 416 ZPO - eine die freie richterliche Beweiswürdigung ausschließende Beweisregel, sondern eine Beweislastanordnung in Form einer widerlegbaren gesetzlichen Vermutung (vgl. HkZPO /Saenger, 6. Aufl., § 386 Rn. 59, 61; MünchKomm-ZPO/Prütting, 4. Aufl., § 286 Rn. 26; PG/Laumen, ZPO, 6. Aufl., § 286 Rn. 18). Gegen die Vermutung des § 440 Abs. 2 ZPO ist nach § 292 Abs. 2 Satz 1 ZPO der Beweis des Gegenteils zulässig (BGH, Urteil vom 17. April 1986 - III ZR 215/84, NJW 1986, 3086; Urteil vom 8. März 2006 - IV ZR 145/05, NJW-RR 2006, 847 Rn. 18). Bei einem behaupteten Blankettmissbrauch hat allerdings der Aussteller die nicht vereinbarungsgemäße Ausfüllung eines Blanketts zu beweisen (BGH, Urteil vom 13. April 1988 - VIII ZR 274/87, BGHZ 104, 172, 177; Urteil vom 11. Mai 1989 - III ZR 2/88, NJW-RR 1989, 1323). Lebt der Aussteller - wie hier - nicht mehr, trifft die Beweislast den Erben, gegen den aus einer Urkunde mit der Unterschrift des Erblassers Rechte geltend gemacht werden.
19
An den Beweis des Gegenteils gegen eine gesetzliche Vermutung sind strenge Anforderungen zu stellen. Der Beweis ist nicht schon dann geführt, wenn die Möglichkeit besteht, dass der Text der Urkunde ohne den Willen des Ausstellers nachträglich über dessen Unterschrift gesetzt worden ist, die Vermutung also nur erschüttert ist. Die Vermutung der Echtheit des Textes über der Unterschrift muss nach der Überzeugung des Gerichts - die gemäß § 286 ZPO allerdings auch aus den Gesamtumständen gewonnen werden kann - widerlegt sein (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2002 - II ZR 37/00, NJW 2002, 2101, 2102 [zur Vermutung aus § 1006 BGB]).
20
bb) So verhält es sich hier jedoch. Das Berufungsgericht geht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme von einer manipulierten, nicht echten Urkunde aus. Es ist nämlich nach Vernehmung des Streithelfers der Beklagten als Zeugen, der nach eigenem Bekunden den Urkundentext verfasst und dem Erblasser zur Unterschrift vorgelegt hat, davon überzeugt, dass dessen Aussage über die Entstehung der Urkunde nicht glaubhaft ist. Die von der Beklagten behauptete, von dem Zeugen geschilderte Abrede über eine Schuldübernahme durch den Erblasser, auf Grund derer die Urkunde am 19. Dezember 2000 aufgenommen worden sein soll, hat es nach der Überzeugung des Berufungsgerichts nie gegeben.
21
Zu diesem Ergebnis ist das Berufungsgericht auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände gelangt. Maßgebend dafür waren die Widersprüche zwischen den Äußerlichkeiten und dem Inhalt der Urkunde, die fehlende Plausibilität der Erklärungen des Zeugen dazu, die nicht nachvollziehbaren Bekundungen des Zeugen zum Zweck der Urkunde, die nicht erfolgte Umsetzung der behaupteten Vereinbarung mit dem Erblasser, die langjährige Bedienung der Darlehen ohne Berufung auf die Vereinbarung einer Schuldübernahme sowie die Widersprüche in dem Prozessvortrag über das Wiederauffinden der Urkunde.
22
Nach der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts ist die Vermutung des § 440 Abs. 2 ZPO widerlegt worden. Die vorgelegte Urkunde mit Datum des 19. Dezember 2000 ist jedenfalls insoweit unecht, als der Text über der Unterschrift nicht dem Willen des Erblassers entspricht. Die Urkunde wurde nicht - wie von dem Streithelfer geschildert - in Gegenwart des Erblassers mit dessen Willen aufgesetzt und unterschreiben. Danach ist ein von dem Streithelfer manipuliertes, unechtes Schriftstück in den Rechtsstreit eingeführt worden, dem nicht die in § 416 ZPO bestimmte Beweiskraft zukommt. Da die Beweisregel nicht eingreift, wirkt sich der Rechtsfehler des Berufungsgerichts über den Umfang der formellen Beweiskraft einer echten Urkunde (siehe oben 1.b) im Ergebnis nicht aus.
23
3. Die beantragte Zulassung der Revision kommt auch aus den anderen, von der Nichtzulassungsbeschwerde vorgebrachten Gründen (Verkennung der Voraussetzungen des Rechtsmissbrauchs; Verletzungen des Grundrechts auf rechtliches Gehör) nicht in Betracht. Insoweit wird von einer Begründung gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Stresemann Czub Brückner Weinland Kazele

Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 06.09.2010 - 6 O 608/09 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 13.03.2014 - 4 U 139/13 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2015 - V ZR 86/14

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2015 - V ZR 86/14

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 181 Insichgeschäft


Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1006 Eigentumsvermutung für Besitzer


(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei
Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2015 - V ZR 86/14 zitiert 10 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1192 Anwendbare Vorschriften


(1) Auf die Grundschuld finden die Vorschriften über die Hypothek entsprechende Anwendung, soweit sich nicht daraus ein anderes ergibt, dass die Grundschuld nicht eine Forderung voraussetzt. (1a) Ist die Grundschuld zur Sicherung eines Anspruchs

Zivilprozessordnung - ZPO | § 416 Beweiskraft von Privaturkunden


Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 292 Gesetzliche Vermutungen


Stellt das Gesetz für das Vorhandensein einer Tatsache eine Vermutung auf, so ist der Beweis des Gegenteils zulässig, sofern nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. Dieser Beweis kann auch durch den Antrag auf Parteivernehmung nach § 445 geführt we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 440 Beweis der Echtheit von Privaturkunden


(1) Die Echtheit einer nicht anerkannten Privaturkunde ist zu beweisen. (2) Steht die Echtheit der Namensunterschrift fest oder ist das unter einer Urkunde befindliche Handzeichen notariell beglaubigt, so hat die über der Unterschrift oder dem Ha

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1147 Befriedigung durch Zwangsvollstreckung


Die Befriedigung des Gläubigers aus dem Grundstück und den Gegenständen, auf die sich die Hypothek erstreckt, erfolgt im Wege der Zwangsvollstreckung.

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BESCHLUSS
V ZR 151/12
vom
4. Juli 2013
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Juli 2013 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub, die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland und den Richter Dr. Kazele

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 8. Juni 2012 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 186.553,18 €.

Gründe:

I.

1
Die Eltern der Klägerin und des Streithelfers der Beklagten bestellten zwischen 1954 und 1964 insgesamt sechs Grundschulden auf einem ihnen ge- hörenden Grundstück mit einem Betrag von umgerechnet 186.553,18 € zzgl. Zinsen. Sie übernahmen zugleich für die Grundschuldbeträge die persönliche Haftung und unterwarfen sich wegen der Ansprüche der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr Vermögen. Inhaber aller dieser Ansprüche wurde später die Kreissparkasse S. (im Folgenden: Zedentin).
2
Der Vater der Klägerin und des Streithelfers (im Folgenden: Vater) gründete im Jahr 1995 eine Familienstiftung (im Folgenden: Stiftung), deren Vor- stand der Streithelfer war. Die Stiftung nahm 1996 und 1997 drei Darlehen auf, die u.a. durch die o.g. Grundschulden abgesichert wurden. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 2001 schlug der Streithelfer die Erbschaft aus; die Klägerin wurde als Alleinerbin des Vaters Eigentümerin des mit den Grundschulden belasteten Grundstücks.
3
Im Jahre 2005 schlossen die Stiftung, der Streithelfer und die Klägerin mit der Zedentin einen Vertrag über ein Darlehen mit einem Nettokreditbetrag von 22,9 Mio Japanischen Yen, mit dem die im Jahre 1997 aufgenommenen Darlehen abgelöst wurden. Als Sicherheiten dienten neben Grundschulden auf einem Grundstück der Stiftung auch die auf dem Grundstück der Klägerin lastenden Grundschulden. Die Klägerin unterzeichnete zur selben Zeit eine formularmäßige Zweckerklärung, nach der die vorgenannten Grundschulden der Sicherung aller bestehenden und künftigen Forderungen der Zedentin gegen die Stiftung, den Streithelfer und die Klägerin dienen sollten.
4
Über das Vermögen des Streithelfers wurde im Januar 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Streithelfer machte danach Ausgleichsansprüche gegen die Klägerin in Höhe von einem Drittel der von der Stiftung auf die Darlehen gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen geltend, die die Klägerin zurückwies. Mehrere Klagen der Stiftung gegen die Klägerin, sie von den Verpflichtungen aus den im Jahre 2005 aufgenommenen Darlehen freizustellen, blieben ohne Erfolg. Der Fremdwährungskredit wurde im Februar 2009 durch einen Kredit in Höhe von 196.566,62 €abgelöst. Die Klägerin weigerte sich, den geänderten Darlehensvertrag zu unterzeichnen, den die Zedentin im Mai 2009 kündigte.
5
Im November 2009 löste die Beklagte, die Lebensgefährtin des Streithelfers , sämtliche Darlehensverbindlichkeiten der Stiftung, des Streithelfers und der Klägerin gegenüber der Zedentin ab. Diese trat an die Beklagte die Darlehensansprüche sowie alle Sicherheiten ab. Nach Umschreibung der Vollstreckungsklauseln auf die Beklagte als Gläubigerin und die Klägerin als Schuldnerin leitete die Beklagte Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen die Klägerin ein.
6
Die Klägerin hat eine Vollstreckungsgegenklage mit dem Ziel erhoben, die Zwangsvollstreckung aus den Urkunden über die Bestellung der Grundschulden für unzulässig zu erklären. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen ; das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision will die Beklagte in einem Revisionsverfahren die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung erreichen.

II.

7
Das angefochtene Berufungsurteil ist auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten aufzuheben, weil das Berufungsgericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
8
1. Die in Art. 103 Abs. 1 GG normierte Gewährleistung stellt eine Ausprägung des Rechtsstaatsgedankens für das gerichtliche Verfahren dar (BVerfGE 55, 72, 93). Rechtliche Hinweise müssen danach unter Berücksichtigung der Parteien in ihrer konkreten Situation so erteilt werden, dass es den Parteien auch tatsächlich möglich ist, Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis zu nehmen, sie also nicht gehindert sind, rechtzeitig ihren Sachvortrag zu ergänzen (BVerfGE 84, 188, 190 und 86, 133, 144). Dem Inhalt des Verfahrensgrundrechts entnimmt der Bundesgerichtshof daher in ständiger Rechtsprechung , dass eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen darf, von dem Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und auf Grund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (Senat, Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937, Rn. 4 mwN). Der Berufungsbeklagte darf darauf vertrauen, dass ihn das Berufungsgericht, wenn es in der tatsächlichen oder rechtlichen Würdigung dem Erstrichter nicht folgen will, darauf hinweist , und zwar so rechtzeitig, dass darauf noch vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung reagiert werden kann (vgl. BVerfG, NJW 2003, 2524 und Senat, Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, aaO).
9
2. Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht verstoßen, indem es das Vorbringen der Beklagten zu den Absprachen zwischen dem Streithelfer und dem Vater über die Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten nach § 525 Satz 1 i.V.m. § 296a Satz 1 ZPO zurückgewiesen hat. Diesen Vortrag hätte es berücksichtigen müssen, selbst wenn es sich dabei um neues Vorbringen der Beklagten in einem nachgereichten Schriftsatz handelte, der von dem durch Schriftsatznachlass nach § 283 Satz 1 ZPO gewährten Recht zur Replik auf ein nicht rechtzeitig vor dem Termin vorgebrachtes Vorbringen der Klägerin nicht mehr gedeckt war.
10
a) Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte nicht von sich aus vor der mündlichen Verhandlung über die Berufung weitere Tatsachen zur Widerlegung des von der Klägerin darzulegenden und zu beweisenden Rechtsmissbrauch vorgetragen hat. Hierzu war sie nicht verpflichtet, da das erstinstanzliche Gericht die Vollstreckungsgegenklage unter anderem mit der Begründung abgewiesen hat, ein aus dem Innenverhältnis der Darlehensnehmer untereinander begründeter Einwand eines Rechtsmissbrauchs der Klägerin bei der Durchsetzung der von der Zedentin (Sparkasse) an die Beklagte abgetretenen Ansprüche sei unerheblich. Daher musste die Beklagte dazu zunächst nichts weiter vortragen. Hierzu war sie - wie vorstehend ausgeführt - erst auf Grund des Hinweises des Berufungsgerichts gehalten, dass es die Rechtslage in diesem Punkt anders als das erstinstanzliche Gericht beurteile und der Einwand der Klägerin, dass die Beklagte die abgetretenen Rechte rechtsmissbräuchlich geltend mache, begründet sein könne.
11
b) Dieser Hinweis ist jedoch erst in der mündlichen Verhandlung vom 19. April 2012 erteilt worden. Das war zu spät, weil die Beklagte so nicht mehr rechtzeitig vor dem Termin auf die abweichende Beurteilung der Rechtslage durch das Berufungsgericht reagieren konnte.
12
c) Das Berufungsgericht hätte danach das Vorbringen in dem nachgereichten Schriftsatz nicht zurückweisen dürfen, sondern berücksichtigen müssen. Reagiert nämlich eine Partei - wie hier die Beklagte - auf das nicht ordnungsgemäße , weil gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßende Vorgehen des Berufungsgerichts , indem sie einen nicht nachgelassenen Schriftsatz einreicht, so muss das Berufungsgericht das darin enthaltene neue Vorbringen berücksichtigen und - wenn es sich als entscheidungserheblich darstellt - die mündliche Verhandlung nach § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wiedereröffnen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 - IX ZR 341/98, NJW 2000, 142, 143 und vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, NJW-RR 2007, 412 Rn. 4).
13
Dies gilt entgegen der Ansicht der Erwiderung auch dann, wenn die Partei auf den erst in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis nicht in der angemessenen Weise reagiert, dass sie nach § 139 Abs. 5 ZPO eine Schriftsatzfrist beantragt, weil ihr eine sofortige Erklärung zu dem gerichtlichen Hinweis nicht möglich ist. Die durch § 139 Abs. 5 ZPO eröffnete Befugnis der von einem verspäteten Hinweis des Gerichts überraschten Partei, sich weiteren Vortrag vorzubehalten, führt nicht dazu, dass eine Verletzung des Verfahrensgrundrechts nach Art. 103 Abs. 1 GG zu verneinen wäre. Das Berufungsgericht kann nämlich, wenn es einen Hinweis erst in der mündlichen Verhandlung erteilt , nicht erwarten, dass die Partei die rechtlichen Konsequenzen des Hinweises sofort in vollem Umfang überblickt und entsprechend prozessual angemessen zur Wahrung ihrer Rechte reagiert. Deshalb stellt es einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dar, wenn das Berufungsgericht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ablehnt und damit das in einem nachgereichten Schriftsatz enthaltene Vorbringen nicht mehr zur Kenntnis nimmt (BGH, Urteil vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, NJW-RR 2007, 412 f. Rn. 6).
14
aa) Nicht berücksichtigt hat das Berufungsgericht das unter Beweis gestellte Vorbringen der Beklagten, wonach zwischen dem Vater und dem Streithelfer vereinbart worden sei, dass der Vater (und nach seinem Tod die Klägerin als Erbin) die Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Zedentin übernehmen werde, wenn der Streithelfer auf die Erbschaft verzichte und die Klägerin dadurch Alleinerbin werde. Der Vater habe dem Streithelfer auch eine Vollmacht unter Befreiung von den Beschränkungen in § 181 BGB erteilt, um diese Wirkungen herbeiführen zu können. Vorgetragen ist zudem, dass dieKlägerin - nachdem sie auf Grund der Erbausschlagung des Streithelfers Alleinerbin geworden war - in Anerkennung des Willens des Vaters, sich gegenüber der Gläubigerin (Zedentin) ausdrücklich damit einverstanden erklärt habe, die Stiftung und den Streithelfer aus der Haftung für die Darlehensverbindlichkeiten zu entlassen.
15
bb) Dieses Vorbringen ist auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts entscheidungserheblich. Zwar wäre eine Vereinbarung zwischen dem Vater und dem Streithelfer über einen Erbverzicht nach § 2348 BGB i.V.m. § 125 Satz 1 BGB wegen Nichteinhaltung der gesetzlichen Form nichtig, wenn man davon ausginge, dass auch die Verpflichtung (und nicht nur der Erbverzicht als solcher) der notariellen Beurkundung bedarf (KG, OLGZ 1974, 263, 265; OLG Köln, ZEV 2011, 384, 386: Keller, ZEV 2005, 229, 231; aA Kuchinke, NJW 1983, 2358, 2359). Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsfrage bisher offen gelassen (vgl. Senat, Urteil vom 4. Juli 1962 - V ZR 14/61, BGHZ 37, 319, 328; BGH, Urteile vom 14. Dezember 1995 - IX ZR 242/94, NJW 1996, 1062, 1065 und vom 7. Dezember 2011 - IV ZR 16/11, NJW-RR 2012, 332, 333 f. Rn. 15). Sie bedarf auch hier keiner Entscheidung.
16
Selbst wenn die Vereinbarungen zwischen dem Vater und dem Streithelfer wegen Nichteinhaltung der für die Vereinbarung einer Verpflichtung zum Erbverzicht vorgeschriebenen Form insgesamt nichtig gewesen sein sollten, stellte sich die Geltendmachung der Rechte aus den Urkunden über die Bestellung der Grundschulden durch die Beklagte nicht als eine missbräuchliche unzulässige Rechtsausübung dar, mit der der Stiftung ein ihr nicht zustehender finanzieller Vorteil zum Schaden der Klägerin verschafft werden soll. Denn die Klägerin hätte durch die Ausschlagung der Erbschaft einen Vermögenszuwachs in der durch die Vereinbarung mit dem Vater begründeten Erwartung des Streithelfers erhalten, dass die Klägerin mit dem Anfall der Erbschaft auch die durch die Grundschulden auf ihrem Grundstück gesicherten Darlehensverbindlichkeiten übernehmen werde. Dann stellt es keinen Rechtsmissbrauch dar, wenn nunmehr die Beklagte als Lebensgefährtin des Streithelfers aus den zedierten Grundschulden gegen die Klägerin vorgeht, nachdem diese sich nicht mehr an diejenigen Abreden gebunden fühlt, auf denen die Erbausschlagung durch den Streithelfer beruhte. Vor dem Hintergrund der behaupteten Absprache wäre jedenfalls die Grundlage für die allein auf die Auszahlung der Darlehen an die Stiftung gestützte Annahme des Berufungsgerichts entfallen, dass die Verfolgung der Rechte aus den Unterwerfungserklärungen durch die Beklagte deshalb rechtsmissbräuchlich sei, weil im Innenverhältnis der Darlehens- nehmer untereinander nur die Stiftung zur Rückzahlung der Darlehen verpflichtet gewesen sei.
17
3. Das Berufungsgericht wird sich daher in der neuen Verhandlung mit diesem Vorbringen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auseinandersetzen müssen. Stresemann Czub Brückner Weinland Kazele
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 06.09.2010 - 6 O 608/09 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 08.06.2012 - 8 U 426/10-12/11-

(1) Auf die Grundschuld finden die Vorschriften über die Hypothek entsprechende Anwendung, soweit sich nicht daraus ein anderes ergibt, dass die Grundschuld nicht eine Forderung voraussetzt.

(1a) Ist die Grundschuld zur Sicherung eines Anspruchs verschafft worden (Sicherungsgrundschuld), können Einreden, die dem Eigentümer auf Grund des Sicherungsvertrags mit dem bisherigen Gläubiger gegen die Grundschuld zustehen oder sich aus dem Sicherungsvertrag ergeben, auch jedem Erwerber der Grundschuld entgegengesetzt werden; § 1157 Satz 2 findet insoweit keine Anwendung. Im Übrigen bleibt § 1157 unberührt.

(2) Für Zinsen der Grundschuld gelten die Vorschriften über die Zinsen einer Hypothekenforderung.

Die Befriedigung des Gläubigers aus dem Grundstück und den Gegenständen, auf die sich die Hypothek erstreckt, erfolgt im Wege der Zwangsvollstreckung.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.

(1) Die Echtheit einer nicht anerkannten Privaturkunde ist zu beweisen.

(2) Steht die Echtheit der Namensunterschrift fest oder ist das unter einer Urkunde befindliche Handzeichen notariell beglaubigt, so hat die über der Unterschrift oder dem Handzeichen stehende Schrift die Vermutung der Echtheit für sich.

18
c) Hinzu tritt: Die formelle Beweiskraft gemäß § 416 ZPO bezieht ihre Berechtigung daraus, dass es sich um eine echte Urkunde handelt. Der (vermeintliche) Aussteller kann der Urheberschaft entgegentreten und die Echtheit der ihm zugeschriebenen Unterschrift bestreiten (§§ 440, 439 ZPO); wird die Echtheit bestritten, trägt die gegnerische Partei, die sich auf die private Urkunde stützt, die Beweislast, dass die Unterschrift vom behaupteten Aussteller stammt (§ 440 Abs. 1 ZPO). Erst wenn der Beweis für die Echtheit der Unterschrift geführt ist, hat die über der Unterschrift stehende Schrift die Vermutung der Echtheit für sich (§ 440 Abs. 2 ZPO), wobei dem Aussteller der Beweis gegen die vermutete Übereinstimmung des Urkundeninhalts mit seinem Willen freisteht (§ 292 ZPO). Das gilt sogar dann, wenn er sich darauf beruft, eine von ihm unterzeichnete Blanketterklärung sei im Nachhinein abredewidrig ausgefüllt worden (BGHZ 104, 172, 175 f.). Ist die Echtheit der Unterschrift hingegen nicht bewiesen oder der Gegenbeweis geführt, kommt auch die formelle Beweisregel des § 416 ZPO nicht mehr zum Tragen (BGHZ aaO).

(1) Die Echtheit einer nicht anerkannten Privaturkunde ist zu beweisen.

(2) Steht die Echtheit der Namensunterschrift fest oder ist das unter einer Urkunde befindliche Handzeichen notariell beglaubigt, so hat die über der Unterschrift oder dem Handzeichen stehende Schrift die Vermutung der Echtheit für sich.

Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.

(1) Die Echtheit einer nicht anerkannten Privaturkunde ist zu beweisen.

(2) Steht die Echtheit der Namensunterschrift fest oder ist das unter einer Urkunde befindliche Handzeichen notariell beglaubigt, so hat die über der Unterschrift oder dem Handzeichen stehende Schrift die Vermutung der Echtheit für sich.

Stellt das Gesetz für das Vorhandensein einer Tatsache eine Vermutung auf, so ist der Beweis des Gegenteils zulässig, sofern nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. Dieser Beweis kann auch durch den Antrag auf Parteivernehmung nach § 445 geführt werden.

18
c) Hinzu tritt: Die formelle Beweiskraft gemäß § 416 ZPO bezieht ihre Berechtigung daraus, dass es sich um eine echte Urkunde handelt. Der (vermeintliche) Aussteller kann der Urheberschaft entgegentreten und die Echtheit der ihm zugeschriebenen Unterschrift bestreiten (§§ 440, 439 ZPO); wird die Echtheit bestritten, trägt die gegnerische Partei, die sich auf die private Urkunde stützt, die Beweislast, dass die Unterschrift vom behaupteten Aussteller stammt (§ 440 Abs. 1 ZPO). Erst wenn der Beweis für die Echtheit der Unterschrift geführt ist, hat die über der Unterschrift stehende Schrift die Vermutung der Echtheit für sich (§ 440 Abs. 2 ZPO), wobei dem Aussteller der Beweis gegen die vermutete Übereinstimmung des Urkundeninhalts mit seinem Willen freisteht (§ 292 ZPO). Das gilt sogar dann, wenn er sich darauf beruft, eine von ihm unterzeichnete Blanketterklärung sei im Nachhinein abredewidrig ausgefüllt worden (BGHZ 104, 172, 175 f.). Ist die Echtheit der Unterschrift hingegen nicht bewiesen oder der Gegenbeweis geführt, kommt auch die formelle Beweisregel des § 416 ZPO nicht mehr zum Tragen (BGHZ aaO).

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 37/00 Verkündet am:
4. Februar 2002
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk : ja
BGHZ : nein
BGHR : ja

a) Zur Darlegungslast sowie zum Beweismaß im Rahmen einer Widerlegung
der Eigentumsvermutung des § 1006 BGB.

b) Eine Zwangsversteigerung der streitbefangenen Sache gemäß §§ 817
Abs. 2 ZPO, 90, 55 Abs. 2 ZVG, gegen die der Herausgabekläger nicht als
Berechtigter gemäû § 771 ZPO bzw. gemäû § 37 Ziff. 5 ZVG interveniert
hat, ist regelmäûig als Veräuûerung der streitbefangenen Sache durch ihn
anzusehen und eröffnet dem Herausgabebeklagten den Einwand des § 265
Abs. 3 ZPO.
BGH, Urt. v. 4. Februar 2002 - II ZR 37/00 - OLG Celle
LG Hannover
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette,
Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 28. Dezember 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Verwalter im Konkurs der G. GmbH in E.. Ihre Rechtsvorgängerin hatte im Juni 1993 eine ursprünglich ihr gehörende Gesenkbiegepresse nebst Zubehör zu der G. Transporttechnik GmbH in L. verbracht, wo die Presse auf ein Betonfundament verschraubt wurde. Im September 1993 verpachtete die G. Transporttechnik GmbH ihren Betrieb in L. "mit sämtlichem dazugehörigen Anlagevermögen" an die G. Fahrzeugwerk L. GmbH. Diese
kaufte im August 1995 nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der G. Transporttechnik GmbH von deren Verwalter die ihr überlassenen Pachtgegenstände unter Einschluû der Gesenkbiegepresse nebst Zubehör. Im Juni 1997 wurde auch über ihr Vermögen das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet und der Beklagte als Verwalter bestellt. Er verpachtete ihr Betriebsvermögen kurzzeitig an eine Auffanggesellschaft und erklärte unter dem 18. November 1997 gemäû § 9 GesO den "Nichteintritt" in den mit der G. Transporttechnik GmbH abgeschlossenen (noch nicht erfüllten) Kaufvertrag, nachdem deren Betriebsgrundstück im September 1997 im Wege der Zwangsverwaltung beschlagnahmt worden war. Es wurde im November 1999 zwangsversteigert.
Mit seiner im April 1997 eingereichten Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten aus § 985 BGB Herausgabe der angeblich noch in dessen Besitz befindlichen Gesenkbiegepresse nebst Zubehör. Der Beklagte hat u.a. die Aktivlegitimation des Klägers mit der Maûgabe bestritten, daû die (unter der Verwaltung des Klägers stehende) G. GmbH bzw. deren Rechtsvorgängerin die Presse nebst Zubehör im Juni 1993 an die G. Transporttechnik GmbH übereignet habe. Die erstinstanzlich abgewiesene Klage hatte in zweiter Instanz im wesentlichen Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. 1. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist zwar die Ansicht des Berufungsgerichts, das von dem Kläger beanspruchte Eigentum an der Gesenkbiegepresse sei nicht gemäû §§ 94, 946 BGB durch Verbindung mit dem Grundstück der G. Transporttechnik GmbH auf diese übergegangen, weil dafür die bloûe, jederzeit wieder lösbare Verschraubung mit dem Betonfundament nicht ausreiche. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwände.
2. Von Rechtsirrtum beeinfluût ist indessen die Annahme des Berufungsgerichts , es könne auch von einem rechtsgeschäftlichen Eigentumsübergang auf die G. Transporttechnik GmbH nicht ausgegangen werden.

a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die G. Transporttechnik GmbH (unmittelbare) Besitzerin der zu ihr verbrachten Maschine nebst Zubehör geworden, weshalb gemäû § 1006 Abs. 1, 2 BGB zu ihren Gunsten zu vermuten ist, daû sie mit dem Besitzerwerb Eigenbesitz und Eigentum erlangt hat (vgl. BGH, Urt. v. 30. November 1988 - VIII ZR 305/87, WM 1989, 501 m.w.N.). Darauf kann sich auch der Beklagte entsprechend § 1006 Abs. 3 BGB berufen, weil er bzw. die G. Fahrzeugwerk GmbH ihr Besitzrecht von der G. Transporttechnik GmbH aufgrund des Pacht- und des später aufgehobenen Kaufvertrages abgeleitet haben (vgl. BGH, Urt. v. 21. Dezember 1960 - VIII ZR 145/59, LM Nr. 8 zu § 1006 BGB; RG HRR 1932 Nr. 234; Staudinger /Gursky, BGB 13. Aufl. § 1006 Rdn. 31) und ein späterer Rückerwerb des Klägers ausscheidet. Das wird vom Berufungsgericht im Ansatz nicht verkannt. Es meint jedoch, im vorliegenden Fall sprächen gegen einen beabsichtigten Eigentumsübergang auf die G. Transporttechnik GmbH verschiedene unstreitige Umstände und Indizien, angesichts deren die schlichte Behauptung des Be-
klagten, die streitigen Gegenstände seien an die G. Transporttechnik GmbH übereignet und in deren Anlagevermögen aufgenommen worden, "nicht die erforderliche Substanz" aufweise. Da er zum Hintergrund der angeblichen Übereignung und zu den zugrundeliegenden Vereinbarungen keine näheren Angaben gemacht habe, sei der von ihm beantragte Zeugenbeweis nicht zu erheben. Das beanstandet die Revision zu Recht als rechts- und verfahrensfehlerhaft.

b) Das Berufungsgericht verkennt offenbar, daû eine gesetzliche Vermutung wie die des § 1006 BGB nur durch den Beweis des Gegenteils (§ 292 ZPO) zu voller - freilich gemäû § 286 ZPO auch aus den Gesamtumständen zu gewinnender - Überzeugung des Gerichts widerlegt werden kann und § 1006 BGB den auf Herausgabe verklagten Besitzer im Grundsatz nicht nur der Beweis-, sondern auch der Darlegungslast dafür enthebt, daû und auf welcher Grundlage er oder derjenige, von dem er sein Besitzrecht ableitet (vgl. oben a), mit dem Besitzerwerb Eigentum erworben hat (vgl. BGH, Urt. v. 19. Januar 1977 - VIII ZR 42/75, LM Nr. 16 zu § 1006 BGB m.w.N.; v. 19. Januar 1994 - IV ZR 207/92, WM 1994, 425, 426 f.). Inwieweit ihn nach allgemeinen zivilprozeûrechtlichen Grundsätzen eine sekundäre Darlegungslast dann trifft, wenn sich der fragliche Eigentumswechsel in seiner Sphäre abgespielt hat (vgl. dazu Baumgärtel, Hdb. d. Beweislast, 2. Aufl. § 1006 Rdn. 25, 27 m.N.), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn der Beklagte steht als Gesamtvollstreckungsverwalter der G. Fahrzeugwerk GmbH nicht in der Sphäre einer der Parteien des fraglichen Eigentumsübergangs von der G. GmbH auf die G. Transporttechnik GmbH. Auf das Fehlen konkreter Darlegungen des Beklagten durfte das Berufungsgericht seine Entscheidung daher nicht stützen. Zumindest hätte es den von dem Beklagten angetretenen Zeugenbeweis für
dessen - im übrigen durchaus hinreichend substantiierten - Vortrag erheben müssen. Ohne dessen Erhebung durfte es die von ihm dargelegten Indizien nicht für durchschlagend halten. Des weiteren rügt die Revision zu Recht, daû sich das Berufungsgericht mit den gegenläufigen, in der Berufungserwiderung des Beklagten vorgetragenen Indizien nicht befaût habe.

c) Da sonach aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht auszuschlieûen ist, daû die streitbefangenen Gegenstände in das Eigentum der G. Transporttechnik GmbH übergegangen sind und dem Kläger deshalb die Aktivlegitimation für den Anspruch aus § 985 BGB fehlt, kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Die Sache ist zur Nachholung der noch erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
II. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht weiter Gelegenheit, erforderlichenfalls dem von der Revision "vorsorglich" herangezogenen Vortrag des Beklagten nachzugehen, die Zwangsversteigerung des Betriebsgrundstücks der G. Transporttechnik GmbH (im November 1999) habe die streitbefangenen Gegenstände als Grundstückszubehör gemäû §§ 55 Abs. 2, 90 Abs. 2 ZVG miterfaût, weshalb der Einwand des Wegfalls der etwaigen Sachbefugnis des Klägers gemäû § 265 Abs. 3 ZPO durchgreife. Das Berufungsgericht verkennt zwar nicht, daû als Veräuûerung der streitbefangenen Sache auch deren Erwerb durch einen Dritten im Wege der Zwangsvollstrekkung gilt (vgl. RGZ 82, 38; BGHZ 86, 337, 339; Zöller/Greger, ZPO 22. Aufl. § 265 Rdn. 5). Einer Grundlage entbehrt aber seine Ansicht, es handele sich hier um eine Veräuûerung durch den Beklagten, die gegebenenfalls gemäû § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO auf den Prozeû keinen Einfluû hätte und daher in ihm nicht zu berücksichtigen wäre (vgl. dazu RGZ 121, 379; BGH, Urt. v.
31. Oktober 1974 - III ZR 82/72, ZZP 1975, 324, 328; Lüke in MünchKomm./ ZPO, 2. Aufl. § 265 Rdn. 91). Der Beklagte war nicht einmal Vollstreckungsschuldner ; daû er zu einem etwaigen Eigentumsverlust des Klägers durch die Zwangsversteigerung nach Rechtshängigkeit (§ 292 BGB) beigetragen hat (und deshalb die mit seiner antragsgemäûen Verurteilung verbundene Schadensersatzfolge aus § 283 BGB gerechtfertigt erschiene), ist ebenfalls nicht festgestellt. Regelmäûig ist eine Zwangsversteigerung der streitbefangenen Sache nach § 817 Abs. 2 ZPO oder - wie hier - gemäû §§ 90, 55 Abs. 2 ZVG, gegen die der Herausgabekläger als (angeblich) Berechtigter nicht gemäû § 771 ZPO bzw. nach § 37 Ziff. 5 ZVG interveniert hat, als Veräuûerung durch ihn anzusehen und eröffnet dem Beklagten den Einwand des § 265 Abs. 3 ZPO (vgl. Lüke in MünchKomm./ZPO aaO, Rdn. 51; KG OLG-Rspr. 20 [1909], S. 314 zu §§ 90, 55 ZVG). Feststellungen zu § 55 Abs. 2 ZVG sind jedoch bisher nicht getroffen.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer

(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.

(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.

(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.

(1) Die Echtheit einer nicht anerkannten Privaturkunde ist zu beweisen.

(2) Steht die Echtheit der Namensunterschrift fest oder ist das unter einer Urkunde befindliche Handzeichen notariell beglaubigt, so hat die über der Unterschrift oder dem Handzeichen stehende Schrift die Vermutung der Echtheit für sich.

Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.