Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juni 2008 - X ARZ 69/08

bei uns veröffentlicht am24.06.2008
vorgehend
Oberlandesgericht München, 31 AR 274/07, 13.02.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 69/08
vom
24. Juni 2008
in dem Gerichtsstandsbestimmungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Gerichtsstand der Widerklage (§ 33 ZPO) gilt nicht für die Widerklage gegen
den bisher am Verfahren nicht beteiligten Widerbeklagten.

b) Die Bestimmung des Gerichts der Klage als gemeinsam zuständiges Gericht
für Klage und Widerklage ist nicht nur dann zulässig, wenn zumindest einer
der Widerbeklagten dort seinen allgemeinen Gerichtsstand hat.
BGH, Beschl. v. 24. Juni 2008 - X ARZ 69/08 - OLG München
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juni 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin
Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Asendorf

beschlossen:
Als zuständiges Gericht wird das Landgericht Augsburg bestimmt.

Gründe:


I.


1
Der Kläger macht als Mitglied einer Erbengemeinschaft nach seiner 1957 verstorbenen Großmutter gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung an die Miterben geltend.
2
Bedingt durch die Kriegsereignisse des zweiten Weltkrieges war in England Vermögen der Großmutter beschlagnahmt worden, nach der Behauptung der Beklagten darüber hinaus auch Vermögen des 1941 verstorbenen Großvaters. Im Jahre 2005 leistete das Vereinigte Königreich eine Entschädigung. Im Streit stehen Geschehnisse um einen Finanzierungsvertrag im Zusammenhang mit dem Bemühen, das Vereinigte Königreich zu entsprechenden Entschädigungsleistungen zu bewegen. Mit seiner zum Landgericht Augsburg erhobenen Klage begehrt der Kläger die Zahlung eines noch offenen Restbetrages in Höhe von 160.000 € aus der Entschädigung an die Erbengemeinschaft. Die Beklagte zu 1 hat Widerklage gegen den Kläger und den Drittwiderbeklagten als Mitglieder der Erbengemeinschaften sowohl nach der Großmutter als auch dem Großvater auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 11.125,50 € erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, aufgrund des zwischen ihr und der "gesamten" Erbengemeinschaft geschlossenen Finanzierungsvertrages stehe ihr im Fall einer Entschädigung eine Erlösbeteiligung in Höhe von 30 % zu. Hiervon habe sie 160.000 € erhalten, offen sei noch ein Restbetrag in Höhe von 6.354,50 €. Darüber hinaus habe sie zur Durchsetzung der Ansprüche der "gesamten" Erbengemeinschaft Kosten in Höhe von 4.771 € vorfinanziert.
3
Der Kläger hat seinen allgemeinen Gerichtsstand im Bezirk des Landgerichts München II, der Drittwiderbeklagte hatte ihn bei Zustellung der Widerklage im Bezirk des Landgerichts Koblenz. Die Widerklägerin hat beim Oberlandesgericht München beantragt, das für die Klage zuständige Landgericht Augsburg als zuständiges Gericht für die Widerklage zu bestimmen.
4
Das Oberlandesgericht München hat die Sache gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt. Es hält die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung für gegeben , sieht sich aber an einer entsprechenden Entscheidung durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 17. April 2002 (Az.: 1 AR 17/02 - juris) gehindert, das bei einer Widerklage gegen die klagende Partei und einen Dritten eine Gerichtsstandsbestimmung nicht mehr für zulässig hält.

II.


5
Die Vorlage ist gemäß § 36 Abs. 3 ZPO zulässig.
6
Gemäß § 36 Abs. 3 ZPO hat ein Oberlandesgericht, das mit der Zuständigkeitsbestimmung befasst ist, die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen, wenn es in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will. Diese Voraussetzungen liegen vor.
7
Das vorlegende Oberlandesgericht meint, ein gemeinsamer allgemeiner oder besonderer Gerichtsstand, der die Zuständigkeitsbestimmung ausschlösse, sei nicht gegeben. Insbesondere bestehe für Widerklage und Drittwiderklage kein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nach § 33 ZPO am Gericht der Klage. Mit dieser Rechtsauffassung würde das Oberlandesgericht München von derjenigen des Oberlandesgerichts Dresden abweichen, das die Entscheidung des Senats vom 22. Februar 2000 (X ARZ 522/99, NJW 2000, 1871 f.) im Anschluss an Vollkommer/Vollkommer (WRP 2000, 1062 ff.) dahin versteht, dass eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bei einer parteierweiternden Widerklage nicht mehr möglich sei, und das deshalb den Gerichtsstand der Widerklage des § 33 ZPO auch auf den Drittwiderbeklagten und (nur) materiell Beteiligten erstrecken möchte.

III.


8
Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO sind erfüllt, da die als Streitgenossen in Anspruch genommenen (Dritt-)Widerbeklagten bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, hinsichtlich aller mit der Widerklage verfolgten Klagegründe ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht gegeben ist und auch aus § 33 ZPO kein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand für die (Dritt-)Widerbeklagten hergeleitet werden kann.
9
1. Ein besonderer Gerichtsstand für die Widerklage in ihrem gesamten Umfang ergibt sich vorliegend nicht aus dem erweiterten Gerichtsstand der Erbschaft nach §§ 27, 28 ZPO. Allerdings macht die Widerklägerin der Sache nach Nachlassverbindlichkeiten geltend, für die der erweiterte Gerichtsstand der Erbschaft nach §§ 27, 28 ZPO einschlägig ist.
10
a) Für die Eröffnung des Gerichtsstands des § 28 ZPO genügt die schlüssige Darlegung einer Nachlassverbindlichkeit durch den Kläger. Das gilt auch, soweit dieselben Tatsachen sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Klage erheblich sind (sog. doppelrelevante Tatsachen, BGH, Versäumnisurt. v. 6.11.2007 - VI ZR 34/07, NJW-RR 2008, 516, 517). Dies trifft auch auf das Vorliegen einer Nachlassverbindlichkeit zu, welche sowohl die Zuständigkeit des Gerichts gemäß §§ 27, 28 ZPO als auch die eingeklagte Forderung gemäß §§ 1967, 2058 BGB stützen soll.
11
Nach dem insoweit maßgeblichen Vorbringen der Widerklägerin handelt es sich bei den von ihr geltend gemachten Forderungen um solche, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Verfolgung und Realisierung von Nachlassansprüchen durch die Miterben entstanden sind, mithin um sogenannte Nachlasserbenschulden. Diese fallen als Nachlassverbindlichkeiten unter § 28 ZPO (vgl. Musielak/Heinrich, ZPO, 5. Aufl., § 28 Rdn. 5). Zu diesen Nachlasserbenschulden gehören alle Verbindlichkeiten, die auf eine ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses zurückgehen (BGHZ 71, 180, 187; 38, 187, 193). Dies ist hier nach Darstellung der Widerklägerin der Fall.
12
b) Handelt es sich wie hier um mehrere Erben, kommt es für § 28 ZPO auch nicht darauf an, ob sich ein Nachlassgegenstand im Gerichtsbezirk befindet. Entscheidend ist nach § 28 ZPO allein, dass die vorhandenen Erben wie hier noch als Gesamtschuldner haften (vgl. BayObLG NJW 1950, 310; Musielak/ Heinrich, aaO, § 28 Rdn. 9; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 28 Rdn. 3, 5). Dies gilt vorbehaltlich der §§ 2060, 2061 BGB, deren Voraussetzungen offensichtlich nicht vorliegen, auch für den Fall, dass die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt ist (vgl. OLG Schleswig NJW-RR 2008, 96, 97; BayObLG FamRZ 1999, 1175, 1176).
13
2. Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, war der allgemeine Gerichtsstand der Erblasserin gemäß §§ 12, 13 ZPO München. Der damit begründete erweiterte Gerichtsstand der Erbschaft nach §§ 27, 28 ZPO als gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand der Widerbeklagten in München hindert eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht, weil - wie die Widerklägerin geltend macht - der Finanzierungsvertrag auch gemeinschaftliches Vermögen der Großeltern und damit auch den Nachlass des Großvaters betrifft. Dieser hatte, wie die Widerklägerin unbestritten vorgetragen hat, im Zeitpunkt seines Todes seinen allgemeinen Gerichtsstand in Groß Wartenberg bei Breslau. Insoweit besteht aber für die gleichzeitig auch als Mitglieder der Erbengemeinschaft nach dem Großvater in Anspruch genommenen Widerbeklagten ein weiterer gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand, der nach §§ 28, 27 Abs. 2, 15 Abs. 1 Satz 2 ZPO bei dem Amtsgericht Schöneberg in Berlin begründet ist. Ist aber ein weiterer Klagegrund vorgebracht und fehlt es an einem gemeinschaftlichen Gerichtsstand für die Klage in ihrem gesamten Umfang, ist § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO anwendbar (vgl. BayObLG MDR 1981, 233; BayObLGZ 62, 297, 298; 58, 154, 155; 50/51, 37, 38; Wieczorek/Schütze/Hausmann, ZPO, 3. Aufl., § 36 Rdn. 42; Stein/Jonas/Roth, aaO, § 36 Rdn. 27; für Haupt- und Hilfsantrag OLG München JurBüro 1981, 607).
14
3. Ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand für den Drittwiderbeklagten und den Widerbeklagten hinsichtlich der gesamten Widerklage ergibt sich auch nicht aus § 33 ZPO.

15
a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet § 33 ZPO für den bisher am Verfahren nicht beteiligten Drittwiderbeklagten keinen Gerichtsstand am Gericht der Klage (BGH, Beschl. v. 28.2.1991 - I ARZ 711/90, NJW 1991, 2838; Sen.Beschl. v. 19.11.1991 - X ARZ 26/91, NJW 1992, 982; BGH, Urt. v. 6.5.1993 - VII ZR 7/93, NJW 1993, 2120; Sen.Beschl. v. 22.2.2000 - X ARZ 522/99, NJW 2000, 1871, 1872; Stein/Jonas/ Roth, aaO, § 33 Rdn. 41; Musielak/Heinrich, aaO, § 33 Rdn. 22 ff.; Vossler, NJW 2006, 117, 121). Danach ist das Gericht der Klage für eine Widerklage, die gegen den Drittwiderbeklagten erhoben wird, örtlich nur zuständig, wenn ein allgemeiner oder besonderer Gerichtsstand bei dem Gericht der Drittwiderklage besteht, durch rügelose Einlassung begründet wird oder das übergeordnete Gericht den Gerichtsstand nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bestimmt (BGH, Urt. v. 6.5.1993 - VII ZR 7/93, NJW 1993, 2120).
16
b) An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.
17
aa) Allerdings soll nach Vollkommer/Vollkommer § 33 ZPO auch auf eine parteierweiternde Widerklage Anwendung finden. Da nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO regelmäßig nur der allgemeine Gerichtsstand einer der als Streitgenossen zu verklagenden Personen als gemeinsamer Gerichtsstand bestimmt werden könne und da der Senat in seiner Entscheidung vom 22. Februar 2000 (aaO) auf den zu engen Wortlaut des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO abstelle und eine erweiternde Auslegung der Vorschrift ablehne, müsse künftig die Bestimmung des Prozessgerichts als zuständiges Gericht für die Drittwiderklage ausscheiden, wenn sich die Widerklagezuständigkeit nur auf den besonderen Gerichtsstand des § 33 ZPO stütze. Die parteierweiternde Widerklage käme danach nur noch in Betracht, wenn einer der Streitgenossen vor dem Prozessgericht zufällig auch seinen allgemeinen Gerichtsstand habe (aaO, 1064 f.). Vollkommer/Vollkommer wollen deshalb die Zuständigkeit des Prozessgerichts für den Drittwiderbeklagten mit einer erweiterten Anwendung des § 33 ZPO über die formelle Parteistellung hinaus auf materiell am Streitgegenstand Beteiligte begründen (aaO, 1066 f.; ihnen folgend OLG Dresden, Beschl. v. 17.4.2002 - 1 AR 17/02 - juris; vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 33 Rdn. 23 f.).
18
bb) Zu einer solchen Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 33 ZPO besteht kein Anlass. Entgegen Vollkommer/Vollkommer ist der Entscheidung des Senats nicht zu entnehmen, dass die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstandes für Widerbeklagten und Drittwiderbeklagten gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht mehr in Betracht kommt, wenn keiner der Widerbeklagten seinen allgemeinen Gerichtsstand vor dem Gericht der Klage hat.
19
(1) § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO geht allerdings nach seinem Wortlaut davon aus, dass mehrere Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12, 13 ZPO) verklagt werden sollen; in einem solchen Fall kann nur ein Gericht bestimmt werden, in dessen Bezirk zumindest einer der Streitgenossen seinen (Wohn-)Sitz hat (BGH, Beschl. v. 9.10.1986 - I ARZ 487/86, NJW 1987, 439). Die Zuständigkeitsregelung insbesondere der §§ 12 und 13 ZPO ist im Interesse einer prozessual gerechten Lastenverteilung möglichst einzuhalten. Der Bundesgerichtshof hat jedoch Ausnahmen zugelassen, wenn sachlich vorrangige Gründe es rechtfertigen (vgl. BGH, Beschl. v. 16.4.1986 - IVb ARZ 4/86, NJW 1986, 3209). Ist für einen Streitgenossen ein besonderer ausschließlicher Gerichtsstand gegeben, hindert dies nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Gerichtsstandsbestimmung nicht (vgl. BGHZ 90, 155, 159). Dabei muss im Fall der Bestimmung des ausschließlich örtlich zuständigen Gerichts ausnahmsweise hingenommen werden, dass dort keiner der Beklagten seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (BGH, Beschl. v. 9.10.1986 - I ARZ 487/86, NJW 1987, 439; Sen.Beschl. v. 20.5.2008 - X ARZ 98/08, zur Veröff. vorges.). Ist im Verhältnis zu einem Streitgenossen ein ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart und kann dem anderen Streitgenossen zugemutet werden, sich vor dem im Verhältnis zu einer Partei prorogierten Gericht verklagen zu lassen, kann dieses Gericht entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO als zuständig bestimmt werden, auch wenn in seinem Bezirk keiner der zu verklagenden Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (BGH, Beschl. v. 19.3.1987 - I ARZ 903/86, NJW 1988, 646, 647). Nicht zuletzt kann im Fall der parteierweiternden Widerklage die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts über § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO begründet werden, soweit ein Gerichtsstand für die bislang am Verfahren Nichtbeteiligten bei ihm nicht besteht (BGH, Beschl. v. 28.2.1991 - I ARZ 711/90, NJW 1991, 2838). Auch hier wird der dem Schutz des Beklagten dienende allgemeine Grundsatz der §§ 12 f. ZPO, nach dem die Klage grundsätzlich am Sitz des Beklagten zu erheben ist, aus Gründen der Zweckmäßigkeit und der Prozessökonomie eingeschränkt, indem der nicht ausschließliche besondere Gerichtsstand des § 33 ZPO bestimmt werden kann, bei dem keiner der widerbeklagten Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat.
20
(2) Nichts anderes ergibt sich aus dem Beschluss des Senats vom 22. Februar 2000. Dort hatte der Senat nur über die Frage zu entscheiden, ob eine Gerichtsstandsbestimmung zulässig ist, wenn die Widerbeklagten einen gemeinsamen allgemeinen oder besonderen Gerichtsstand haben. Der Senat hat dies mit Hinweis darauf verneint, dass die mit der Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO verbundene Einschränkung der Zuständigkeitsregeln der §§ 12 f. ZPO dann nicht mehr gerechtfertigt ist, wenn der Kläger die Streitgenossen schon vor einem für alle Beklagten zuständigen Gericht in Anspruch nehmen kann (X ARZ 522/99, aaO, 1872).
21
In der Entscheidung hat der Senat weiter mit Blick auf die parteierweiternde Widerklage ausdrücklich festgehalten, dass § 33 ZPO nur für den widerbeklagten Kläger, nicht jedoch für einen bisher nicht am Verfahren beteiligten Widerbeklagten gelte. Der Senat hat die Bestimmung des Gerichts der Klage als zuständiges Gericht auch für die Widerklage nur dann durch den Grundsatz der Prozessökonomie als geboten angesehen, wenn die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO vorliegen, das heißt, wenn die Widerbeklagten keinen gemeinsamen Gerichtsstand haben. Dass die Bestimmung des Gerichtsstands unzulässig wäre, wenn der Gerichtsstand der Klage nicht auch ein allgemeiner Gerichtsstand des widerbeklagten Streitgenossen ist, ist der Entscheidung hingegen nicht zu entnehmen.

IV.


22
Als zuständiges Gericht bestimmt der Senat das Landgericht Augsburg. Die Bestimmung hat nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten und unter Berücksichtigung der Prozesswirtschaftlichkeit zu erfolgen. Bei diesem Gericht, das mit der Sache bereits befasst ist, haben die Beklagten ihren allgemeinen Gerichtsstand. Für den Kläger ist dort der besondere Gerichtsstand aus § 33 ZPO begründet. Die Widerklägerin hat die Bestimmung dieses Gerichts angeregt. Der Kläger hat dem nicht widersprochen. Auch der Drittwiderbeklagte hat nur Bedenken gegen die Zulässigkeit der Drittwiderklage und des Bestimmungsverfahrens an sich erhoben, ohne in der Sache der Bestimmung des Landgerichts Augsburg zu widersprechen.
23
Nach ständiger Rechtsprechung lässt die hier getroffene Entscheidung die Befugnis des Prozessgerichts unberührt, über die Sachdienlichkeit der Widerklage und der Drittwiderklage gemäß § 263 ZPO selbst zu befinden (vgl. BGH, Beschl. v. 28.2.1991 - I ARZ 711/90, NJW 1991, 2838).
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanz:
OLG München, Entscheidung vom 13.02.2008 - 31 AR 274/07 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juni 2008 - X ARZ 69/08

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 263 Klageänderung


Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 12 Allgemeiner Gerichtsstand; Begriff


Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1967 Erbenhaftung, Nachlassverbindlichkeiten


(1) Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten. (2) Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören außer den vom Erblasser herrührenden Schulden die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflic
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 13 Allgemeiner Gerichtsstand des Wohnsitzes


Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 33 Besonderer Gerichtsstand der Widerklage


(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht. (2) Dies gilt nicht, wenn f

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 2058 Gesamtschuldnerische Haftung


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(1) Klagen, welche die Feststellung des Erbrechts, Ansprüche des Erben gegen einen Erbschaftsbesitzer, Ansprüche aus Vermächtnissen oder sonstigen Verfügungen von Todes wegen, Pflichtteilsansprüche oder die Teilung der Erbschaft zum Gegenstand haben,

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(1) Jeder Miterbe kann die Nachlassgläubiger öffentlich auffordern, ihre Forderungen binnen sechs Monaten bei ihm oder bei dem Nachlassgericht anzumelden. Ist die Aufforderung erfolgt, so haftet nach der Teilung jeder Miterbe nur für den seinem Erbte

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(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

(1) Klagen, welche die Feststellung des Erbrechts, Ansprüche des Erben gegen einen Erbschaftsbesitzer, Ansprüche aus Vermächtnissen oder sonstigen Verfügungen von Todes wegen, Pflichtteilsansprüche oder die Teilung der Erbschaft zum Gegenstand haben, können vor dem Gericht erhoben werden, bei dem der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat.

(2) Ist der Erblasser ein Deutscher und hatte er zur Zeit seines Todes im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, so können die im Absatz 1 bezeichneten Klagen vor dem Gericht erhoben werden, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten inländischen Wohnsitz hatte; wenn er einen solchen Wohnsitz nicht hatte, so gilt die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 2 entsprechend.

In dem Gerichtsstand der Erbschaft können auch Klagen wegen anderer Nachlassverbindlichkeiten erhoben werden, solange sich der Nachlass noch ganz oder teilweise im Bezirk des Gerichts befindet oder die vorhandenen mehreren Erben noch als Gesamtschuldner haften.

(1) Klagen, welche die Feststellung des Erbrechts, Ansprüche des Erben gegen einen Erbschaftsbesitzer, Ansprüche aus Vermächtnissen oder sonstigen Verfügungen von Todes wegen, Pflichtteilsansprüche oder die Teilung der Erbschaft zum Gegenstand haben, können vor dem Gericht erhoben werden, bei dem der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat.

(2) Ist der Erblasser ein Deutscher und hatte er zur Zeit seines Todes im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, so können die im Absatz 1 bezeichneten Klagen vor dem Gericht erhoben werden, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten inländischen Wohnsitz hatte; wenn er einen solchen Wohnsitz nicht hatte, so gilt die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 2 entsprechend.

In dem Gerichtsstand der Erbschaft können auch Klagen wegen anderer Nachlassverbindlichkeiten erhoben werden, solange sich der Nachlass noch ganz oder teilweise im Bezirk des Gerichts befindet oder die vorhandenen mehreren Erben noch als Gesamtschuldner haften.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VI ZR 34/07 Verkündet am:
6. November 2007
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Lugano-Übk Art. 5 Nr. 3
Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988 (LuganoÜbereinkommen
) Art. 5 Nr. 3
Zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Entscheidung über eine
Klage auf Schadensersatz wegen Betrugs zum Nachteil eines Geschädigten mit
Wohnsitz in Deutschland durch einen in der Schweiz ansässigen Verwaltungsrat einer
Gesellschaft nach dem Recht der Schweiz.
BGH, Versäumnisurteil vom 6. November 2007 - VI ZR 34/07 - OLG Bamberg
LG Bamberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. November 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 17. Januar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt vom Beklagten Ersatz seines Schadens, den er bei einer Kapitalanlage erlitten hat.
2
Der Beklagte hat seinen Wohnsitz in der Schweiz. Er war PortfolioManager und Verwaltungsrat der GVP S.A. (künftig: GVP), mit welcher der Kläger am 3. Mai 1999 in seiner Wohnung durch Vermittlung des M. einen Vertrag über eine Anlage von 100.000 DM sowie einen Vertrag über Vermögensverwaltung abgeschlossen hat. Die prognostizierten Gewinne von 8,25 % Kapitalverzinsung und ein Jahresbonus von weiteren 3,75 % sollten durch Nutzung der Differenz zwischen den Kapitalmarktzinsen erwirtschaftet werden.
3
Der Kläger beantragte mit den ihm von der GVP mit Schreiben vom 22. April 1999 zugesandten Unterlagen die Eröffnung eines Kontos bei der S.Bank (Schweiz) AG (künftig: S.Bank). Mit einer von der GVP vorgefertigten "Verwaltungsvollmacht für Dritte", welche der Kläger unterzeichnete, ermächtigte er am 3. Mai 1999 u.a. den Beklagten zur Verwaltung dieses Kontos bei der S.Bank.
4
In der Folgezeit überwies der Kläger den Anlagebetrag auf das neu eröffnete Konto bei der S.Bank unter Verwendung eines von der GVP vorgefertigten Zahlungsauftrags. Die 100.000 DM wurden am 10. Mai 1999 auf diesem Konto valutiert.
5
Mit Schreiben vom 13. Juni 2000 kündigte der Kläger die Anlage in Höhe eines Teilbetrages von 50.000 DM. Als die GVP nicht reagierte, widerrief er die Verwaltungsvollmacht und die Teilkündigung ohne Reaktion seitens der GVP. Die S.Bank überwies dem Kläger am 10. August 2000 auf sein Verlangen den verbliebenen Restbetrag in Höhe von umgerechnet 21.905,04 €. Am 29. November 2000 kündigte der Kläger sämtliche Verträge, erhielt die restlichen Anlagegelder jedoch nicht zurück.
6
Mit Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 16. Dezember 2003 wurde der Beklagte wegen Untreue und Beihilfe zum Betrug zu einer Freiheitsstrafe verurteilt; die Schädigung des Klägers war nicht Gegenstand dieser Verurteilung.
7
Der Kläger begehrt vom Beklagten die restliche Anlagesumme nebst nicht ausgeschütteten Zinsen, Ersatz der Kosten der Rechtsverfolgung sowie die ihm von der Kündigung bis 1. August 2004 entgangenen Erträge, jeweils nebst Zinsen.
8
Das Landgericht hat die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit der deutschen Gerichte als unzulässig abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

9
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, eine Zuständigkeit deutscher Gerichte sei nicht gegeben. Der Kläger habe die Voraussetzungen nach Art. 5 Nr. 3 des Luganer Übereinkommens nicht schlüssig vorgetragen. Die behauptete Tathandlung im Sinne einer Untreue gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB oder einem entsprechenden Delikt sei in der Schweiz durch weisungswidrige Vermögensverwaltung am Arbeitsplatz des Beklagten vorgenommen worden. Auch der Taterfolg sei nicht im Inland eingetreten. Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens stelle nicht auf einen allgemeinen Schadensort, sondern auf den Ort ab, an welchem sich die Folgen der unerlaubten Handlung zunächst verwirklicht haben. Dieser liege hier an dem Ort, an dem das Anlagekonto des Klägers geführt worden sei, also nicht am Lebensmittelpunkt des Klägers in Deutschland, sondern in der Schweiz.
10
Einen in Deutschland begangenen Betrug zum Nachteil des Klägers (§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB) habe dieser nicht nachvollziehbar dargelegt. Ein unmittelbarer Kontakt zwischen den Parteien habe nicht stattgefunden. Eine Beihilfe des Beklagten zu einem Betrug durch G. oder eine Mittäterschaft durch Täuschung des Klägers sei nicht schlüssig dargelegt. Der Verweis des Klägers auf die strafgerichtliche Verurteilung des Beklagten sei nicht ausreichend, weil der Beklagte nicht wegen einer Straftat zu Lasten des Klägers verurteilt worden sei. Aus demselben Grund könne sich der Kläger nicht auf ein Geständnis des Beklagten im Strafverfahren berufen. Eine Handlung , welche die Rechtsgutsverletzung durch G. tatsächlich gefördert habe, habe das Strafgericht in Bezug auf die sogenannten S.Bank-Fälle nicht dargestellt. Eine Beihilfe zum Betrug durch Schulungsveranstaltungen des Beklagten setze voraus, dass der Anlagevermittler M. den Kläger aufgrund einer Schulung durch den Beklagten zur Zeichnung veranlasst habe. Es fehle an einer konkreten Darlegung, welche Angaben der Vermittler über die Verwendung des Geldes gemacht habe und wie das Geld tatsächlich verwendet worden sei. Da schon unklar sei, welche Tatsachen dem Kläger mitgeteilt worden seien, könne auch nicht festgestellt werden, dass diese Tatsachen falsch gewesen seien und der Kläger deshalb getäuscht worden sei. Es sei auch nicht dargetan, welche unzutreffenden Angaben der Beklagte gegenüber den Schulungsteilnehmern gemacht habe und welche zu einer täuschungsbedingten Vermögensverfügung des Klägers geführt hätten. Konkrete Aussagen des Beklagten zu der streitgegenständlichen Anlage seien nicht vorgetragen. Zudem sei nicht ersichtlich, dass der Vermittler M. an einer Schulung des Beklagten teilgenommen habe. Hiernach schieden Mittäterschaft und Beihilfe des Beklagten an einem Betrug aus. Auch eine sukzessive Teilnahme des Beklagten an einem Betrug sei nicht nachvollziehbar. So sei nicht ersichtlich, dass der Beklagte das mit der Überlassung des Anlagekapitals zunächst nur gefährdete Vermögen des Klägers dem Haupttäter G. endgültig zugeführt habe. Eine unberechtigte Verwendung des Kapitals zu risikoreichen Devisentermingeschäften im Namen des Klägers sei weder eine Täuschungshandlung noch dazu geeignet, dem Haupttäter G. einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Eine nur mittelbare Begünstigung des Beklagten oder eines Dritten durch ein hohes Gehalt und Unternehmensgewinne reiche für eine Strafbarkeit wegen Betrugs nicht aus. Es sei auch nicht erkennbar , dass der Beklagte über das Konto des Klägers verfügt habe.

II.

11
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht in jeder Hinsicht stand, insbesondere sind deutsche Gerichte zur Entscheidung des Rechtsstreits international zuständig.
12
Über die Revision ist, da der Beklagte im Revisionstermin trotz rechtzeitiger Ladung nicht vertreten war, auf Antrag des Klägers durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81).
13
1. Im Ausgangspunkt ohne Rechtsfehler legt das Berufungsgericht seiner Entscheidung das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16. September 1988 (BGBl 1994 II 2658 ff., 2660, 3772), zugrunde. Diesem Übereinkommen sind sowohl die Bundesrepublik Deutschland als Wohnsitzstaat des Klägers mit Wirkung vom 1. März 1995 (vgl. Art. 5 Abs. 2 des Gesetzes vom 30. September 1994 zu dem Übereinkommen vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen - BGBl 1994 II 2658, 2659, 3772 - in Verbindung mit der Bekanntmachung vom 8. Februar 1995 - BGBl 1995 II 221) als auch die Schweiz als Wohnsitzstaat des Beklagten mit Wirkung vom 1. Januar 1992 (vgl. die genannte Bekanntmachung, BGBl 1995 II 221) beigetreten. Das Übereinkommen (künftig: LugÜ) ist deshalb von den deutschen Gerichten im Verhältnis zur Schweiz anzuwenden (Art. 54b Abs. 2 (a) LugÜ; Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl., Anh. I Lit. A EuGVVO Art. 1 Rn. 18).
14
2. Ohne Rechtsfehler geht das Berufungsgericht weiter davon aus, dass Art. 5 Nr. 3 LugÜ die internationale Entscheidungszuständigkeit deutscher Gerichte für einen Rechtsstreit mit einer in der Schweiz ansässigen Partei begründet , wenn der Kläger eine im Inland begangene unerlaubte Handlung des Beklagten schlüssig darlegt. Das gilt auch, soweit dieselben Tatsachen sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Klage erheblich sind (sogenannte doppelrelevante Tatsachen; vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1993 - IX ZR 32/93 - NJW 1994, 1413 f.; Auer in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Band III, B I 1e EuGVÜ und LugÜ Art. 5 Rn. 117). Für die Zulässigkeit der Klage reicht in solchen Fällen eine schlüssige Behauptung der erforderlichen Tatsachen durch den Kläger aus; die Feststellung dieser Tatsachen ist erst zur Begründetheit der Klage erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1993 - IX ZR 32/92 - aaO m.w.N.).
15
3. Ebenfalls ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Klage, soweit sie auf den Vorwurf einer Untreue des Beklagten durch weisungswidrige Verfügung über das Konto des Klägers bei der S.Bank in der Schweiz gestützt ist (§ 823 Abs. 2 BGB, § 266 StGB).
16
a) Art. 5 Nr. 3 LugÜ bestimmt abweichend von dem in Art. 2 Abs. 1 des Übereinkommens verankerten Grundsatz der Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, in nahezu wörtlicher Übereinstimmung mit Art. 5 Nr. 3 EuGVVO (und früher Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ): "Eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, kann in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden:... 3. wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist; ..."
17
Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur gleichlautenden Regelung in Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ beruht diese besondere Zuständigkeit , die nach Wahl des Klägers zur Anwendung kommt, darauf, dass zwischen der Streitigkeit und anderen Gerichten als denen des Staates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, eine besonders enge Beziehung besteht, die aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses eine Zuständigkeit dieser Gerichte rechtfertigt (vgl. Urteile vom 30. November 1976 - C-21/76, Slg. 1976, 1735 Rn. 11 = NJW 1977, 493 - Mines de Potasse; vom 11. Januar 1990 - C-220/88, Slg. 1990, I-49 = NJW 1991, 631 Rn. 17 - Dumez France). Dabei ist dann, wenn der Ort, an dem das für die Begründung einer Schadensersatzpflicht wegen unerlaubter Handlung in Betracht kommende Ereignis stattgefunden hat, nicht auch der Ort ist, an dem aus diesem Ereignis ein Schaden entstanden ist, der Begriff "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" in Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens so zu verstehen, dass er sowohl den Ort, an dem der Schaden eingetreten ist, als auch den Ort des ursächlichen Geschehens meint. Der Beklagte kann dann nach Wahl des Klägers bei dem Gericht des Ortes, an dem der Schaden eingetreten ist, oder bei dem Gericht des Ortes des dem Schaden zugrunde liegenden ursächlichen Geschehens verklagt werden (vgl. EuGH, Urteile vom 30. November 1976 - C-21/76, aaO Rn. 24 f.; vom 7. März 1995 - C-68/93, Slg. 1995, I-415 = NJW 1995, 1881 Rn. 20 - Shevill; vom 19. September 1995 -C364 /93, Slg. 1995, I-2719 = JZ 1995, 1107 Rn. 11 - Marinari). Der Schadenserfolg ist in diesem Zusammenhang an dem Ort verwirklicht, an dem die schädi- genden Auswirkungen des haftungsauslösenden Ereignisses zu Lasten des Betroffenen eintreten. Diese dem Kläger eröffnete Wahlmöglichkeit darf jedoch nicht über die sie rechtfertigenden besonderen Umstände hinaus erstreckt werden , soll nicht der in Art. 2 Abs. 1 LugÜ aufgestellte allgemeine Grundsatz der Zuständigkeit der Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat, ausgehöhlt und im Ergebnis über die ausdrücklich vorgesehenen Fälle hinaus die Zuständigkeit der Gerichte am Wohnsitz des Klägers anerkannt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juni 2004 - C-168/02, IPRax 2005, 32 Rn. 14 - Kronhofer). Nach diesen Grundsätzen kann die Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" im Sinne von Art. 5 Nr. 3 LugÜ zwar sowohl den Ort, an dem der Schaden entstanden ist, als auch den Ort des ursächlichen Geschehens bezeichnen. Sie kann jedoch nicht so weit ausgelegt werden, dass sie jeden Ort erfasst, an dem schädliche Folgen eines Umstands spürbar werden können, der bereits einen Schaden verursacht hat, der tatsächlich an einem anderen Ort entstanden ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. September 1995 - C-364/93, aaO Rn. 14 f.; Urteil vom 10. Juni 2004 - C168 /02, aaO Rn. 19 - Kronhofer).
18
b) Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für eine Schadensersatzklage wegen Untreue in Beachtung dieser Grundsätze verneint.
19
Es hat offen gelassen, ob der Kläger die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Untreue (§ 823 Abs. 2 BGB, § 266 StGB) vorgetragen hat. Die Voraussetzungen für einen Ersatzanspruch des Klägers wegen Untreue des Beklagten sind daher zu Gunsten der Revision zu unterstellen.
20
Mit seiner so begründeten Klage macht der Kläger eine Schadenshaftung des Beklagten geltend, die nicht an einen "Vertrag" im Sinne von Art. 5 Nr. 1 LugÜ anknüpft. Die Klage hat vielmehr eine (autonom zu verstehende) unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung im Sinn von Art. 5 Nr. 3 LugÜ zum Gegenstand, so dass die Anwendung des allgemeinen Grundsatzes des Art. 2 Abs. 1 des Übereinkommens ausgeschlossen sein könnte (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Oktober 1998 - C-51/97, Slg. 1998, I-6511 Rn. 22 f. - Réunion).
21
Der vorliegende Fall rechtfertigt aber nicht die Zuständigkeit eines anderen Vertragsstaats als der Schweiz als desjenigen Staats, in dem das ursächliche Geschehen stattgefunden hat und der Schaden eingetreten ist, d.h. sämtliche Tatbestandsmerkmale der Haftung sich verwirklicht haben. Die Tathandlung einer weisungswidrigen Vermögensverwaltung ist am Arbeitsplatz des Beklagten in der Schweiz begangen worden. Der Taterfolg ist in der Schweiz eingetreten. Der Wohnsitz des Klägers in Deutschland ist demgegenüber als Ort des Mittelpunkts des Vermögens des Geschädigten lediglich ein für die internationale Zuständigkeit unerheblicher Schadensort und rechtfertigt allein keine Abweichung von der grundsätzlichen Zuständigkeit der Gerichte am Wohnsitz des Beklagten (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juni 2004 - C-168/02, aaO Rn. 18 f.).
22
Allerdings obliegt dem nationalen Gericht die Entscheidung, ob die finanziellen Verluste des Klägers als an dem Ort eingetreten betrachtet werden können , an dem der Kläger seinen Wohnsitz hat (vgl. EuGH, Urteil vom 5. Februar 2004 - C-18/02, Slg. 2004, I-1417 Rn. 43 - Torline). Feststellungen dazu, dass nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ oder nach schweizerischem Recht als dem nach deutschem internationalem Privatrecht anzuwendenden Recht nicht die durch das angebliche Handeln des Beklagten entwertete Forderung des Klägers gegen die S.Bank auf Rückzahlung des Bankguthabens, sondern das Vermögen des Klägers als Ganzes betroffen ist, hat das Berufungsgericht nicht getroffen, ohne dass die Revision dies beanstandet. Dafür, dass nicht der teilweise Verlust der Rückzahlungsforderung des Kontoinhabers, sondern dessen Gesamtvermögen entscheidend wäre, ist nach dem derzeitigen Vortrag nichts geltend gemacht und nichts ersichtlich (§ 293 ZPO).
23
4. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist jedoch (auch) im Hinblick auf eine Beteiligung des Beklagten an einem Betrug zum Nachteil des Klägers möglich, wie das Landgericht und ihm folgend das Berufungsgericht nicht verkannt haben. Insoweit ist maßgebende Tathandlung nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ die Täuschung des Klägers, die bei Abschluss des Anlagevertrages und des Vermögensverwaltungsvertrages in der Wohnung des Klägers im Inland erfolgt ist. Das beanstandet die Revision als ihr günstig nicht; Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.
24
a) Die in Art. 5 Nr. 3 LugÜ enthaltene Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist", ist dahin zu verstehen, dass sie sowohl den Ort, an dem der schädigende Erfolg eingetreten ist, als auch den Ort der ursächlichen Handlung meint. Der Beklagte kann daher nach Wahl des Klägers bei dem Gericht des Ortes, an dem der schädigende Erfolg eingetreten ist, oder bei dem Gericht des Ortes der dem Schaden zugrunde liegenden ursächlichen Handlung verklagt werden (vgl. zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ: EuGH, Urteil vom 7. März 1995 - C-68/93 - aaO Rn. 20).
25
b) Das Berufungsurteil überspannt aber die Anforderungen an die erforderliche Behauptung der Tatsachen, soweit es eine Beteiligung des Beklagten an einem im Inland begangenen Betrug zum Nachteil des Klägers (§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB) für nicht dargelegt hält.
26
aa) Der Kläger hat ausreichend dargetan, dass die Anlage gegenüber den Anlegern und damit auch gegenüber dem Kläger mit Wissen und Wollen des Beklagten als weitgehend risikofrei dargestellt worden ist. Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass sich der Kläger auch für einen Betrug zu seinem Nachteil auf die im Strafverfahren gegen den Beklagten vor dem Landgericht Darmstadt getroffenen Feststellungen berufen und darüber hinaus dargelegt hatte, dass ihm konservative Anlageobjekte (Staatsanleihen, sonstige Obligationen erstklassiger Emittenten) genannt wurden. Auch hatte er vorgetragen, dass sein Anlagekapital in das Schneeballsystem der GVP unter Mitwirkung des Beklagten eingespeist worden sei.
27
Unstreitig hat zwar ein unmittelbarer persönlicher Kontakt zwischen den Parteien vor der Anlageentscheidung weder schriftlich noch mündlich stattgefunden. Im Strafurteil gegen den Beklagten ist aber zum Tatkomplex "S.Bank", um den es hier geht, festgestellt worden, die der Beauftragung des Beklagten durch die jeweiligen Anleger zugrunde liegende Anlagekonzeption sei mit Wissen und Wollen des Beklagten gegenüber den Anlegern so dargestellt worden, dass bei diesen der Eindruck erweckt worden sei, die Anlage sei praktisch risikofrei. Des Weiteren hat der Kläger zu den Umständen der Anlageentscheidung vorgetragen, der Vermittler M. habe ihm in Übereinstimmung mit einem (dem Kläger allerdings nicht vorgelegten) Prospekt versprochen, dass das Geld konservativ angelegt werde. Dementsprechend habe der Kläger einen Überweisungsauftrag an seine Hausbank unterzeichnet, mit dem das Geld auf das vom Beklagten verwaltete Konto bei der S.Bank überwiesen worden sei. Diesen Überweisungsauftrag habe er mit dem bereits eingetragenen Verwendungszweck "festverzinsliche Wertpapiere und Staatsanleihen" zugesandt erhalten. Entgegen diesen Mitteilungen habe der Beklagte jedoch (entsprechend der Anlagestrategie ) riskante Devisentermingeschäfte für die jeweiligen Anleger ausgeführt und damit deren Vermögen einem großen Verlustrisiko ausgesetzt. Auch für den Kläger habe der Beklagte Devisentermingeschäfte in Yen und Dollar durchgeführt.
28
Dieser Vortrag war zur Darlegung einer Täuschung des Klägers über Tatsachen ausreichend und in sich schlüssig. Angesichts der geständigen Einlassung des Beklagten im Strafverfahren ändert sich daran nichts deshalb, weil der Beklagte sein Verhalten im Strafverfahren als "taktisch" gewertet wissen will. Er hat mit der Abgabe seines Geständnisses im Strafverfahren zu erkennen gegeben, dass die strafrechtlichen Vorwürfe der Wahrheit entsprechen, und damit ein starkes Indiz für die Wahrheit der zugestandenen Tatsachen geschaffen , ohne dass hier zu entscheiden wäre, ob allein aus diesem Grund der Beklagte im Sinne einer sekundären Darlegungslast zur Unrichtigkeit der zugestandenen Tatsachen näher auszuführen hätte.
29
bb) Infolge der falschen Angaben des Vermittlers M., die durch den von der GVP ausgefüllten Überweisungsauftrag mit dem Verwendungszweck "festverzinsliche Wertpapiere und Staatsanleihen" unterstützt wurden, hat sich der Kläger nach seinem Vortrag nachvollziehbar über die Verwendung des Geldes geirrt und deshalb die Anlage getätigt.
30
cc) Die Anlageentscheidung des Klägers beruhte in Höhe von 100.000 DM nach dem Vortrag des Klägers auf dem täuschungsbedingten Irrtum. Der Kläger hätte nach seinem Vortrag die Verträge jedenfalls nicht so abgeschlossen , wenn er nicht über die Tatsache "Anlagestrategie" der GVP geirrt hätte.
31
dd) Der Kläger hat auch dargelegt, dass ihm durch die Vermögensverfügung ein Vermögensschaden entstanden ist, weil seine Geldanlage zum größten Teil verloren ist.
32
ee) Auch zum subjektiven Tatbestand des § 263 StGB reicht der Vortrag des Klägers aus. Die Berufung hatte beanstandet, das Landgericht habe den Vortrag des Klägers nicht berücksichtigt, der Beklagte habe gewusst, dass mit dem Geld trotz vorgespiegelter Sicherheit riskante Spekulationsgeschäfte ausgeführt würden. Dies ergab sich nach der nachvollziehbaren Ansicht des Klägers daraus, dass der Beklagte vor der Anlageentscheidung des Klägers vor Vermittlern und Mitarbeitern über die Anlagestrategie referiert hatte. Der Beklagte sei sogar von G. angewiesen worden, gegenüber Kunden, Vermittlern und Mitarbeitern nicht über die Risiken der Anlage zu sprechen. Wenn der Beklagte sich unter solchen Umständen in den Dienst der GVP stellte und entsprechend der Anlagestrategie auch für den Kläger Devisentermingeschäfte in Yen und Dollar ausführte, handelte er bedingt vorsätzlich und zwar in der Absicht , der GVP einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Das ergibt sich schon daraus, dass er in Kenntnis der Täuschung der Anleger über die Risiken der Anlagestrategie (Devisentermingeschäfte statt Staatsanleihen) an dem Vorhaben , das zudem - ihm bekannt - zumindest in Teilen ein Schneeballsystem war, mitwirkte. Dieser erstrebte Vorteil war rechtswidrig, denn die GVP hatte auf Anlagegelder für Devisentermingeschäfte keinen Anspruch.
33
Der Vorteil der GVP war stoffgleich mit dem Schaden des Klägers. Aufgrund der Vermögensverfügung ist sowohl dem Kläger der Schaden als auch der GVP der Vorteil entstanden.
34
ff) Der Beklagte hat nach dem Vortrag des Klägers in Kenntnis der Umstände an dem betrügerischen System der GVP als Portfolio-Manager und Verwaltungsrat (zu dessen Stellung als Leitungs- und Geschäftsführungsorgan der AG vgl. Art. 716 Abs. 2 OR; Forstmoser, ZGR 2003, 688 ff., 694) mitgewirkt. Er war in die Gewinnung von Anlegern über Schulungen der Vermittler und die Mitgestaltung von Prospekten eingebunden.
35
Danach handelte der Beklagte mit mindestens bedingtem Vorsatz, denn er kannte nach dem Vortrag des Klägers alle nach 1996 veröffentlichten Pros- pekte und die mit den Anlegern geschlossenen Verträge und wusste - aufgrund seiner Stellung in der GVP naheliegend -, dass die Anlage in festverzinslichen Anleihen "erstklassiger Emittenten" erfolgen sollte. Dies ist ausreichend für die Annahme mindestens von vorsätzlich begangener Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB; § 830 Abs. 2 BGB) zu einem Betrug zum Nachteil des Klägers.
36
c) Hiernach hatte der Kläger sämtliche Tatbestandsmerkmale für eine Anwendung des Schutzgesetzes § 263 StGB schlüssig vorgetragen. Dass die Beihilfe zum Betrug zum Nachteil des Klägers möglicherweise mitbestrafte Vortat zu der von dem Beklagten begangenen Untreue ist, ist für die Anwendung von § 823 Abs. 2 BGB nicht entscheidungserheblich. Die Vorschrift stellt nicht auf die Strafbarkeit der Handlung, sondern auf die Verwirklichung der Tatbestandsvoraussetzungen des Schutzgesetzes ab (vgl. Soergel/Spickhoff, BGB, 13. Aufl., § 823 Rn. 214 f. m.w.N.).
37
Die Täuschung des Klägers ist - was insoweit zwischen den Parteien unstreitig ist - in Deutschland erfolgt, wo der Kläger seinen Wohnsitz hat. Das Berufungsgericht hätte seine internationale Zuständigkeit daher jedenfalls hinsichtlich des Betrugsvorwurfs bejahen müssen.
38
5. Nach allem hätte das Berufungsgericht die Abweisung der Klage nicht mit dem Fehlen der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte begründen dürfen. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
39
Sollte es im weiteren Verlauf des Verfahrens auf eine Entscheidung zu § 266 StGB ankommen, wird das Berufungsgericht eine Vorabentscheidungskompetenz des Europäischen Gerichtshofs zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte über die mit Ansprüchen auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB zusammenhängenden Fragen in Betracht zu ziehen haben (vgl. EuGH, Urteil vom 28. März 1995 - C-346/93 - Slg. 1995 I-615 = IPRax 1996, 190 Rn. 20, 22 - Kleinwort Benson; Lechner /Mayr, Das Übereinkommen von Lugano, 1996, S. 47; Heerstrassen RIW 1993, 179, 180 zu FN 10, 183 zu FN 50, 184 zu FN 53; Holl IPRax 1996, 174, 176; a.A. Zöller/Geimer, aaO, Anh. I Lit. A EuGVVO Art. 1 Rn. 17; Kohler in Jayme, Ein internationales Zivilverfahrensrecht für Gesamteuropa, 11 ff., 24 ff.; vgl. noch Kindler, ZVglRWiss 105 (2006) 243 ff., 247; von Hein, IPRax 2005, 17, 21; Blobel, European Legal Forum, 2004 (D), 187 ff., 190 f.). Vorsorglich wird in diesem Zusammenhang zur Frage einer Verjährung der Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom heutigen Tage in der Sache S. gegen J. - VI ZR 182/06 - z.V.b. hingewiesen. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Bamberg, Entscheidung vom 28.10.2005 - 2 O 688/04 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 17.01.2007 - 3 U 339/05 -

(1) Klagen, welche die Feststellung des Erbrechts, Ansprüche des Erben gegen einen Erbschaftsbesitzer, Ansprüche aus Vermächtnissen oder sonstigen Verfügungen von Todes wegen, Pflichtteilsansprüche oder die Teilung der Erbschaft zum Gegenstand haben, können vor dem Gericht erhoben werden, bei dem der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat.

(2) Ist der Erblasser ein Deutscher und hatte er zur Zeit seines Todes im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, so können die im Absatz 1 bezeichneten Klagen vor dem Gericht erhoben werden, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten inländischen Wohnsitz hatte; wenn er einen solchen Wohnsitz nicht hatte, so gilt die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 2 entsprechend.

In dem Gerichtsstand der Erbschaft können auch Klagen wegen anderer Nachlassverbindlichkeiten erhoben werden, solange sich der Nachlass noch ganz oder teilweise im Bezirk des Gerichts befindet oder die vorhandenen mehreren Erben noch als Gesamtschuldner haften.

(1) Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten.

(2) Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören außer den vom Erblasser herrührenden Schulden die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen.

Die Erben haften für die gemeinschaftlichen Nachlassverbindlichkeiten als Gesamtschuldner.

In dem Gerichtsstand der Erbschaft können auch Klagen wegen anderer Nachlassverbindlichkeiten erhoben werden, solange sich der Nachlass noch ganz oder teilweise im Bezirk des Gerichts befindet oder die vorhandenen mehreren Erben noch als Gesamtschuldner haften.

Nach der Teilung des Nachlasses haftet jeder Miterbe nur für den seinem Erbteil entsprechenden Teil einer Nachlassverbindlichkeit:

1.
wenn der Gläubiger im Aufgebotsverfahren ausgeschlossen ist; das Aufgebot erstreckt sich insoweit auch auf die in § 1972 bezeichneten Gläubiger sowie auf die Gläubiger, denen der Miterbe unbeschränkt haftet;
2.
wenn der Gläubiger seine Forderung später als fünf Jahre nach dem in § 1974 Abs. 1 bestimmten Zeitpunkt geltend macht, es sei denn, dass die Forderung vor dem Ablauf der fünf Jahre dem Miterben bekannt geworden oder im Aufgebotsverfahren angemeldet worden ist; die Vorschrift findet keine Anwendung, soweit der Gläubiger nach § 1971 von dem Aufgebot nicht betroffen wird;
3.
wenn das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet und durch Verteilung der Masse oder durch einen Insolvenzplan beendigt worden ist.

(1) Jeder Miterbe kann die Nachlassgläubiger öffentlich auffordern, ihre Forderungen binnen sechs Monaten bei ihm oder bei dem Nachlassgericht anzumelden. Ist die Aufforderung erfolgt, so haftet nach der Teilung jeder Miterbe nur für den seinem Erbteil entsprechenden Teil einer Forderung, soweit nicht vor dem Ablauf der Frist die Anmeldung erfolgt oder die Forderung ihm zur Zeit der Teilung bekannt ist.

(2) Die Aufforderung ist durch den Bundesanzeiger und durch das für die Bekanntmachungen des Nachlassgerichts bestimmte Blatt zu veröffentlichen. Die Frist beginnt mit der letzten Einrückung. Die Kosten fallen dem Erben zur Last, der die Aufforderung erlässt.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

(1) Klagen, welche die Feststellung des Erbrechts, Ansprüche des Erben gegen einen Erbschaftsbesitzer, Ansprüche aus Vermächtnissen oder sonstigen Verfügungen von Todes wegen, Pflichtteilsansprüche oder die Teilung der Erbschaft zum Gegenstand haben, können vor dem Gericht erhoben werden, bei dem der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat.

(2) Ist der Erblasser ein Deutscher und hatte er zur Zeit seines Todes im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, so können die im Absatz 1 bezeichneten Klagen vor dem Gericht erhoben werden, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten inländischen Wohnsitz hatte; wenn er einen solchen Wohnsitz nicht hatte, so gilt die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 2 entsprechend.

In dem Gerichtsstand der Erbschaft können auch Klagen wegen anderer Nachlassverbindlichkeiten erhoben werden, solange sich der Nachlass noch ganz oder teilweise im Bezirk des Gerichts befindet oder die vorhandenen mehreren Erben noch als Gesamtschuldner haften.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

In dem Gerichtsstand der Erbschaft können auch Klagen wegen anderer Nachlassverbindlichkeiten erhoben werden, solange sich der Nachlass noch ganz oder teilweise im Bezirk des Gerichts befindet oder die vorhandenen mehreren Erben noch als Gesamtschuldner haften.

(1) Klagen, welche die Feststellung des Erbrechts, Ansprüche des Erben gegen einen Erbschaftsbesitzer, Ansprüche aus Vermächtnissen oder sonstigen Verfügungen von Todes wegen, Pflichtteilsansprüche oder die Teilung der Erbschaft zum Gegenstand haben, können vor dem Gericht erhoben werden, bei dem der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat.

(2) Ist der Erblasser ein Deutscher und hatte er zur Zeit seines Todes im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, so können die im Absatz 1 bezeichneten Klagen vor dem Gericht erhoben werden, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten inländischen Wohnsitz hatte; wenn er einen solchen Wohnsitz nicht hatte, so gilt die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 2 entsprechend.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 522/99
vom
22. Februar 2000
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Bei einem an sich gegebenen gemeinschaftlichen Gerichtsstand scheidet die
Bestimmung eines abweichenden weiteren Gerichtsstands aus. Das gilt auch
dann, wenn die Klageansprüche im Wege der Widerklage verfolgt werden sollen
, eine der Parteien jedoch weder an dem Primärprozeß beteiligt ist noch einen
eigenen Gerichtsstand am Ort der Widerklage hat.
BGH, Beschl. v. 22. Februar 2000 - X ARZ 522/99 - OLG Köln
AG Köln
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Rogge, die Richter Dr. Jestaedt, Dr. Melullis, Keukenschrijver und die
Richterin Mühlens
am 22. Februar 2000

beschlossen:
Der Antrag der Beklagten vom 26. Oktober 1999, das zuständige Gericht zu bestimmen, wird zurückgewiesen.

Gründe:


Der Kläger erwarb im Jahre 1995 einen gebrauchten Pkw Ford Escort, den die beklagte Bank finanzierte. Mit seiner Klage verlangt er von der Beklagten die Herausgabe des Kfz-Briefes unter Berufung darauf, daß er den Kaufpreis für das Fahrzeug unter Abzug einer ihm wegen eines verschwiegenen Unfallschadens zustehenden Minderung vollständig bezahlt habe. Der Rechtsstreit ist beim Amtsgericht Köln anhängig. Die Beklagte verlangt im Wege der Widerklage die Rückzahlung des Restdarlehens nebst Zinsen vom Kläger und seiner bisher nicht am Verfahren beteiligten Ehefrau, die den Darlehensvertrag gemeinsam mit dem Kläger als Kreditnehmer abgeschlossen hat.
Die Widerbeklagte zu 2 hat die örtliche Unzuständigkeit des Amtsgerichts Köln gerügt. Das Amtsgericht Köln hat auf Antrag der Beklagten die Sa-
che dem Oberlandesgericht Köln zur Bestimmung des zuständigen Gerichts für die Widerklage gemäß §§ 36 Abs. 1 Nr. 3, 37 ZPO vorgelegt.
Das Oberlandesgericht möchte den Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts zurückweisen. Es sieht sich hieran durch Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts gehindert und hat die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
Die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs liegen vor. Das Oberlandesgericht Köln will von Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 10. April 1996 (1Z AR 19/96, BayObLGZ 1996, 88) und vom 13. Juni 1996 (1Z AR 39/96) abweichen. Für eine Entscheidung gemäß § 36 Abs. 2 ZPO ist das Oberlandesgericht Köln zuständig, weil der Gerichtsstand der Klage im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln liegt, während der allgemeine Gerichtsstand der Widerbeklagten zum Bezirk des Oberlandesgerichts Stuttgart gehört.
Die Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts betreffen die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts, wenn - wie hier - der Widerbeklagte und ein bisher nicht am Verfahren beteiligter Drittwiderbeklagter ihren durch ihren Wohnsitz bestimmten allgemeinen Gerichtsstand bei demselben Gericht haben. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat ausgeführt, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei im Falle einer Drittwiderklage gegen eine Partei, die keinen Gerichtsstand beim Gericht der Klage habe, die örtliche Zuständigkeit nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO unter dem Vorbehalt zu bestimmen, daß das mit der Widerklage befaßte Gericht die Sachdienlichkeit der Widerklage gemäß § 263 ZPO bejaht. Es hat sich dazu auf die Ent-
scheidung des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 28. Februar 1991 (I ARZ 711/90, NJW 1991, 2838), des X. Zivilsenats vom 19. November 1991 (X ARZ 26/91, NJW 1992, 982) und des VII. Zivilsenats vom 6. Mai 1993 (VII ZR 7/93, NJW 1993, 2120) bezogen. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat aus der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Schluß gezogen, es müsse im Wege der Gerichtsstandsbestimmung entschieden werden , obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO wegen des gemeinsamen allgemeinen Gerichtsstands der Widerbeklagten nicht vorlägen. Es hat eigene Bedenken gegen die erweiternde Auslegung der Vorschrift im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung zurückgestellt, obwohl diese Bedenken sich aufdrängten, wenn die Widerbeklagten einen gemeinsamen Gerichtsstand hätten, der sich aber nicht mit dem Gerichtsstand der Widerklage decke.
Das Oberlandesgericht Köln geht zutreffend davon aus, daß der Bundesgerichtshof bisher nicht über die Frage entschieden hat, ob es für die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts von Bedeutung ist, daß die Widerbeklagten einen gemeinsamen allgemeinen oder besonderen Gerichtsstand haben. Der Entscheidung des I. Zivilsenats vom 28. Februar 1991 lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem die Widerbeklagten ihren allgemeinen Gerichtsstand in verschiedenen Oberlandesgerichtsbezirken hatten. Der I. Zivilsenat hat entschieden, § 33 ZPO begründe keinen Gerichtsstand für den Widerbeklagten, der nicht zugleich als Kläger am Verfahren beteiligt sei; § 33 ZPO gelte nur für den widerbeklagten Kläger, nicht auch für die bisher nicht am Rechtsstreit beteiligte Person, für die bei dem angerufenen Gericht kein Gerichtsstand begründet sei.
In den Verfahren, die den Entscheidungen des VII. Zivilsenats vom 6. Mai 1993 und des beschließenden Senats vom 19. November 1991 zugrunde lagen, war die Widerklage nur gegen einen bisher am Verfahren nicht Beteiligten erhoben worden. Nach den genannten Entscheidungen kommt eine Gerichtsstandsbestimmung nach der allein in Betracht zu ziehenden Vorschrift des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO in diesem Fall bereits deshalb nicht in Betracht, weil es an einer gegen mehrere Streitgenossen gerichteten (Wider-)Klage fehlte.
Allerdings hat der I. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 28. Februar 1991 zugleich ausgeführt, die Frage der örtlichen Zuständigkeit sei bei Verschiedenheit der Gerichtsstände der bislang nicht am Verfahren beteiligten widerbeklagten Streitgenossen in einem von der Prozeßordnung dafür vorgesehenen besonderen Verfahren nach §§ 36, 37 ZPO von dem im Rechtszug höheren Gericht zu entscheiden. Die örtliche Zuständigkeit könne nicht im Rahmen der Sachdienlichkeitsprüfung nach § 263 ZPO begründet werden, sondern nur über §§ 36 Abs. 1 Nr. 3, 37 ZPO. Ä hnlich hat der VII. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 6. Mai 1993 ausgeführt, das Gericht der Klage sei für eine gegen einen bisher nicht am Verfahren beteiligten Widerbeklagten erhobene Widerklage örtlich nur zuständig, wenn ein allgemeiner oder besonderer Gerichtsstand bei diesem Gericht bestehe, der Drittwiderbeklagte die mangelnde örtliche Zuständigkeit nicht rüge oder das übergeordnete Gericht den Gerichtsstand nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bestimme. Beide Entscheidungen enthalten ebenso wie die Entscheidung des X. Zivilsenats vom 19. November 1991 demnach keine Aussage zu dem hier zu entscheidenden Fall, daß die Widerbeklagten einen gemeinsamen allgemeinen oder besonderen Gerichtsstand haben.
Der Senat folgt dem Oberlandesgericht Köln in der Frage der Auslegung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 19. November 1991 - in anderem Zusammenhang - darauf hingewiesen, daß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO den - dem Schutz des Beklagten dienenden - allgemeinen Grundsatz der §§ 12 f. ZPO einschränkt, wonach eine Klage grundsätzlich am Sitz des Beklagten zu erheben ist. Angesichts der in einem solchen Fall regelmäßig gleichlaufenden Interessen erscheint es aus Gründen der Zweckmäßigkeit und der Prozeßökonomie jedenfalls dann, wenn der gleiche prozessuale Anspruch gegen mehrere Personen geltend gemacht wird, vertretbar, dem Kläger die Möglichkeit zu eröffnen, diesen in einem gemeinsamen Verfahren an einem der möglichen Gerichtsstände gegen alle in Anspruch Genommenen zu verfolgen. Dieser Gedanke vermag jedoch eine Gerichtsstandsbestimmung dann nicht zu rechtfertigen, wenn der Kläger die Streitgenossen, die er zu verklagen beabsichtigt, vor einem für alle Beklagten zuständigen Gericht in Anspruch nehmen kann.
Erhebt der Beklagte eine Widerklage, die einen bisher nicht am Verfahren Beteiligten einbezieht, so gilt für diesen Dritten nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs § 33 ZPO nicht. Zu demselben Ergebnis wie bei Anwendung dieser Vorschrift würde es jedoch führen, wenn eine Gerichtsstandsvereinbarung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO in Betracht käme. Denn für den widerbeklagten Kläger gilt § 33 ZPO. Dies hätte regelmäßig zur Folge, daß für die Widerklage insgesamt das Gericht der Klage als zuständiges
Gericht zu bestimmen wäre. Dies erscheint jedoch allerdings dann durch den Grundsatz der Prozeßökonomie geboten, wenn die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO vorliegen, das heißt, wenn die Widerbeklagten keinen gemeinsamen allgemeinen oder besonderen Gerichtsstand haben.
Rogge Jestaedt Melullis Keukenschrijver Mühlens

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 98/08
vom
20. Mai 2008
in dem Gerichtsstandsbestimmungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Für eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO genügt es,
dass ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand der Streitgenossen
nicht zuverlässig feststellbar ist.

b) Ist für die Ansprüche gegen einen Streitgenossen ein ausschließlicher Gerichtsstand
begründet, so kann das für diesen zuständige Gericht auch
dann zu dem für den Rechtsstreit gegen sämtliche Streitgenossen zuständigen
Gericht bestimmt werden, wenn in seinem Bezirk keiner der Streitgenossen
seinen allgemeinen Gerichtstand hat.

c) Der ausschließliche Gerichtsstand nach § 13 Abs. 2 VerkProspG ist mit
Wirkung zum 1. November 2005 entfallen.
BGH, Beschluss vom 20. Mai 2008 - X ARZ 98/08 - OLG Köln
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Mai 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterin Mühlens
und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Gröning

beschlossen:
Als zuständiges Gericht wird das Landgericht Düsseldorf bestimmt.

Gründe:


1
I. Der Antragsteller beabsichtigt, die Antragsgegner wegen Kapitalanlagebetrugs als Gesamtschuldner auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Zur Begründung seines Antrags auf Gerichtsstandsbestimmung behauptet er:
2
Er habe im Jahre 2005 von der D. AG (im Folgenden: D. AG) Inhaberschuldverschreibungen im Gesamtwert von 15.000,-- € erworben. Die D. AG sei spätestens seit dem Jahre 2003 nicht mehr in der Lage gewesen , die ausgegebenen Inhaberschuldverschreibungen auf der Grundlage operativer Gewinne zurückzuzahlen. Die Verantwortlichen hätten ein "Schneeballsystem" betrieben, bei dem die Begleichung fälliger Zinsen und die Rückführung von Anlagekapital zu keinem Zeitpunkt aus zu erwirtschaftenden Überschüssen , sondern allein aus neu eingehendem Anlagekapital weiterer Investoren habe erfolgen sollen. Alle Verkaufsprospekte, die ihm bei der Zeichnung der Anleihen vorgelegen hätten, seien deswegen unrichtig und unvollständig gewesen.
3
Der Antragsteller will den Antragsgegner zu 1 in seiner Eigenschaft als ehemaligen Vorstand der D. AG, den Antragsgegner zu 2 als "konzeptionellen Kopf" des Anlagebetrugs, den Antragsgegner zu 3, der die D. AG steuerlich beraten hat und Vorstand der Antragsgegnerin zu 5, einer Steuerberatungsaktiengesellschaft , ist, sowie den Antragsgegner zu 4, der bei der Antragsgegnerin zu 5 tätig gewesen ist, als "Hintermänner" aus Prospekthaftung und unerlaubter Handlung in Anspruch nehmen. Gegen den Antragsgegner zu 6, der Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 7, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ist, hält er wegen für die D. AG erstellter falscher Testate ebenfalls Ansprüche aus Prospekthaftung und unerlaubter Handlung für gegeben. Gleiches gilt für den Antragsgegner zu 9, der Mitglied des Aufsichtsrats der D. AG gewesen sei und das "Geschäftsmodell" der D. AG unterstützt habe. Die Antragsgegnerin zu 7 will der Antragsteller aus Prospekthaftung und aufgrund eines Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte in Anspruch nehmen. Die Antragsgegnerin zu 8 haftet nach Auffassung des Antragstellers aus unerlaubter Handlung als alleinige Aktionärin der D. AG. Insoweit behauptet er, sie habe die überhöhte Bewertung einer im Jahr 2001 erfolgten Sacheinlage in die D. AG gekannt, in deren Folge die D. AG fälschlich als finanzstark dargestellt worden sei.
4
Ihren allgemeinen Gerichtsstand haben die Antragsgegner zu 1 und 7 im Bezirk des Landgerichts Köln, die Antragsgegner zu 2, 3, 5 und 6 im Bezirk des Landgerichts Nürnberg-Fürth, der Antragsgegner zu 4 im Bezirk des Landgerichts Bamberg und die Antragsgegner zu 8 und 9 in Bremen.
5
Das Oberlandesgericht Köln, bei dem der Antragsteller die Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beantragt hat, beabsichtigt, das Landgericht Düsseldorf zum zuständigen Gericht zu bestimmen, weil Düsseldorf der Sitz der D. AG gewesen ist. Es sieht sich aber an einer entsprechenden Anordnung durch einen Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 13. August 2007 (1 AR 45/07, juris) gehindert.
6
II. Die Vorlage ist zulässig.
7
Gemäß § 36 Abs. 3 ZPO hat ein Oberlandesgericht, das mit der Bestimmung des zuständigen Gerichts befasst ist, die Sache dem Bundesgerichtshof unter anderem dann vorzulegen, wenn es in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweichen will. Diese Voraussetzung liegt vor.
8
Das vorlegende Oberlandesgericht will seiner Entscheidung die Auffassung zugrunde legen, dass ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand für alle Antragsgegner nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht zuverlässig feststellbar und eine Gerichtsstandsbestimmung daher erforderlich sei. Es beabsichtigt , das Landgericht Düsseldorf zum zuständigen Gericht zu bestimmen. Es hat dazu ausgeführt, Düsseldorf sei der Sitz der D. AG gewesen, und jedenfalls für den Antragsgegner zu 1 als ehemaligem Vorstand gelte gemäß § 32b ZPO die ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf. Das Vorliegen eines ausschließlichen Gerichtsstands binde den Senat bei der Ermessensausübung zwar nicht, er sei aber vorrangig zu berücksichtigen, zumal kein anderer der vorliegend in Betracht kommenden Gerichtsstände einen wesentlich engeren Bezug zu dem zu beurteilenden Sachverhalt aufweise. Der beabsichtigten Gerichtsstandsbestimmung stehe jedoch die Auffassung des Oberlandesgerichts Dresden entgegen, wonach für Streitigkeiten, die auf Prospektangaben im Sinne von § 13 Abs. 1 VerkProspG beruhten und vor dem 1. Juli 2005 veröffentlichte Verkaufsprospekte für andere als von Kreditinstituten ausgegebene Wertpapiere beträfen, (weiterhin) das Landgericht Frankfurt am Main ausschließlich zuständig sei.
9
Diese Divergenz rechtfertigt die Vorlage. Zwar steht ein nicht für sämtliche Streitgenossen gegebener ausschließlicher Gerichtsstand der Bestimmung eines anderen Gerichts nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht entgegen (BGHZ 90, 155, 159 f.; Sen.Beschl. v. 7.2.2007 - X ARZ 423/06, NJW 2007, 1365). Zur Zulässigkeit der Vorlage reicht es jedoch aus, dass das vorlegende Oberlandesgericht einer gegebenen ausschließlichen Zuständigkeit bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts - zu Recht - vorrangige Bedeutung beimessen will.
10
III. Der Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung ist begründet. Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO sind erfüllt. Für die Antragsgegner, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben und als Streitgenossen in Anspruch genommenen werden sollen, besteht kein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand.
11
1. Ein gemeinsamer Gerichtsstand nach § 32 ZPO kann - was für die Gerichtsstandsbestimmung genügt (Musielak/Heinrich, ZPO, 5. Aufl., § 36 Rdn. 16 m.w.N.) - angesichts der nach dem Vorbringen des Antragstellers unterschiedlichen Tatbeiträge der Antragsgegner nicht zuverlässig festgestellt werden.
12
2. Ein gemeinsamer ausschließlicher Gerichtsstand ergibt sich auch nicht aus § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, wonach für Klagen, mit denen der Ersatz auf Grund falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformationen verursachten Schadens geltend gemacht wird, das Gericht am Sitz des betroffenen Emittenten, des betroffenen Anbieters von sonstigen Vermögensanlagen oder der Zielgesellschaft ausschließlich zuständig ist.
13
a) Der Senat tritt allerdings dem vorlegenden Oberlandesgericht darin bei, dass diese Vorschrift auf den Streitfall anwendbar ist. Eine Konkurrenz zu der Gerichtsstandsregelung des § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VerkProspG in der bis zum 30. Juni 2005 geltenden Fassung besteht nicht. Diese Vorschrift ist durch Artikel 7 KapMuEG mit Wirkung zum 1. November 2005 außer Kraft getreten. Aus der Entstehungsgeschichte und dem Zusammenwirken der Regelungen des Wertpapier-Verkaufsprospektgesetzes, des Gesetzes zur Umset- zung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG vom 22. Juni 2005 (Prospektrichtlinie -Umsetzungsgesetzes), des Wertpapierprospektgesetzes und des Gesetzes zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren vom 16. August 2005 sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass § 13 Abs. 2 VerkProspG auch nach dem 1. November 2005 einen partiellen Anwendungsbereich behalten sollte.
14
§ 13 VerkProspG in der bis zum 30. Juni 2005 geltenden Fassung regelte die Haftung für fehlerhafte Verkaufsprospekte betreffend nicht börsenzugelassene Wertpapiere und andere Vermögensanlagen durch den Verweis auf die Haftungsnormen des Börsengesetzes für börsenzugelassene Wertpapiere (§§ 44 bis 47 BörsG), und sah in Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 die ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main vor. § 18 Abs. 2 Satz 4 VerkProspG, der auf § 13 VerkProspG verweist, ist mit Wirkung zum 1. Juli 2005 gemeinsam mit den Sätzen 2, 3 und 5 der Bestimmung durch Art. 2 Nr. 14 ProspektRL-UmsetzungsG als Übergangsregelung in das Verkaufsprospektgesetz eingefügt worden. Der Regelungsbedarf hierfür ergab sich aus der Tatsache , dass das Verkaufsprospektgesetz bis zum Inkrafttreten des Prospektrichtlinie -Umsetzungsgesetzes und des Wertpapierprospektgesetzes am 1. Juli 2005 zum einen die Anforderungen an den Inhalt von Verkaufsprospekten beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren und anderen Vermögensanlagen (§§ 1 bis 8e VerkProspG in der Fassung bis 30.6.2005), und zum anderen die Haftung für fehlerhafte derartige Prospekte (§ 13 Abs. 1 VerkProspG in der Fassung bis 30.6.2005) geregelt hatte. Seit seinem Inkrafttreten am 1. Juli 2005 regelt nunmehr das Wertpapierprospektgesetz die Anforderungen an den Inhalt von Verkaufsprospekten für das öffentliche Angebot von Wertpapieren und für die Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt, während es für andere Vermögensanlagen in dieser Hinsicht bei den Regelun- gen des - in diesem Zuge angepassten - Verkaufsprospektgesetzes geblieben ist. Die Haftung für fehlerhafte Prospekte börsenzugelassener Wertpapiere ist in §§ 44 ff. BörsG geregelt, während § 13 Abs. 1 VerkProspG weiterhin die Haftung für fehlerhafte Verkaufsprospekte im Übrigen, also für nicht zum Handel an der inländischen Börse zugelassene Wertpapiere, begründet und wegen der Rechtsfolgen auf §§ 44 bis 47 BörsG mit im Einzelnen geregelten Maßgaben verweist. Im Rahmen der Übergangsvorschriften hat der Gesetzgeber des Prospektrichtlinie -Umsetzungsgesetzes in § 18 Abs. 2 Satz 2 VerkProspG die Spezialregelung getroffen, dass auf vor dem 1. Juli 2005 im Inland veröffentlichte Verkaufsprospekte für von Kreditinstituten ausgegebene Wertpapiere das bislang geltende Recht weiterhin anzuwenden ist, womit sichergestellt werden sollte , dass aufgrund eines Verkaufsprospekts, insbesondere eines unvollständigen Verkaufsprospekts, von einem Kreditinstitut ausgegebene Wertpapiere auch nach dem 1. Juli 2005 aufgrund eines solchen Verkaufsprospekts öffentlich angeboten werden können (Begr. BT-Drucks. 15/4999 S. 41 zu Art. II Nummer 14). Auf vor dem 1. Juli 2005 veröffentlichte Verkaufsprospekte für andere als in Satz 2 genannte Wertpapiere und Vermögensanlagen hat der Gesetzgeber in § 18 Abs. 2 Satz 3 VerkProspG die Fortgeltung der alten Fassung des Verkaufsprospektgesetzes bis zum 30. Juni 2006 angeordnet, womit eine bis zu diesem Zeitpunkt befristete Übergangsregelung hinsichtlich der bis zum 30. Juni 2005 auf der Grundlage des bis dahin geltenden Verkaufsprospektgesetzes veröffentlichten Verkaufsprospekte geschaffen worden ist, wie sich aus der Begründung zum Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz ergibt (BT-Drucks. 15/4999 aaO). In § 18 Abs. 2 Satz 4 VerkProspG hat der Gesetzgeber schließlich für die in Satz 3 genannten Verkaufsprospekte im Hinblick auf die Haftung die Fortgeltung des § 13 VerkProspG und der §§ 45 bis 47 BörsG in der damals geltenden Fassung angeordnet. Damit beschränkt sich der Regelungsgehalt dieser Vorschrift auf die Frage, welche Haftungsnormen im Falle des Satzes 3 anwendbar sind. Der in § 13 Abs. 2 VerkProspG daneben geregelte ausschließliche Gerichtsstand für Verkaufsprospekte von Vermögensanlagen ist im Zuge dieser Neuregelungen unverändert geblieben. Dass es bei dem alten Gerichtsstand des § 13 Abs. 2 VerkProspG verbleiben sollte, erscheint aus damaliger Sicht des Gesetzgebers folgerichtig.
15
Die Notwendigkeit einer Änderung des § 13 Abs. 2 VerkProspG (und des § 48 BörsG) ergab sich erst - wenig später - im Zusammenhang mit dem Erlass des Kapitalanlagen-Musterverfahrensgesetzes, das am 1. November 2005 in Kraft getreten ist. Dieses Gesetz bezweckt die Bündelung und Konzentration gleichgerichteter Ansprüche vieler Geschädigter aufgrund falscher Darstellungen gegenüber dem Kapitalmarkt (vgl. BT-Drucks. 15/5091, S. 1, 13 f.). Zu diesem Zweck wurde - neben der Einführung eines Musterverfahrens - mit § 32b ZPO ein ausschließlicher Gerichtsstand bei falschen, irreführenden oder unterlassenen Kapitalmarktinformationen - also auch für die hier in Rede stehende Haftung nach § 13 Abs. 1 VerkProspG - am Sitz des Emittenten oder Anbieters der Vermögensanlagen geschaffen, der nach dem Willen des Gesetzgebers an die Stelle des bisherigen Gerichtsstands nach § 48 BörsG und § 13 Abs. 2 VerkProspG treten sollte (vgl. BT-Drucks. 15/5091, S. 33). Konsequenterweise hat der Gesetzgeber § 13 Abs. 2 VerkProspG und die korrespondierende Gerichtsstandsregelung für börsenzugelassene Wertpapiere in § 48 BörsG durch Artikel 7 und 8 Nr. 2 KapMuEG aufgehoben.
16
Die Fortgeltung von § 13 Abs. 2 VerkProspG kann nicht damit begründet werden, dass § 18 Abs. 2 Satz 4 VerkProspG eine Verweisung auf § 13 VerkProspG - und damit auch auf den außer Kraft gesetzten § 13 Abs. 2 VerkProspG - enthält. Soweit das Oberlandesgericht Dresden meint, der Gesetzgeber habe mit § 18 Abs. 2 Satz 4 VerkProspG seinen Willen zum Ausdruck gebracht, § 13 VerkProspG von der in § 18 Abs. 2 Satz 3 VerkProspG angeordneten lediglich befristeten Weitergeltung des Verkaufsprospektgesetzes bis zum 30. Juni 2006 auszunehmen, und hieraus die Fortgeltung der Gerichtsstandsbestimmung des § 13 Abs. 2 VerkProspG als einer Spezialregelung ableiten will ("lex posterior generalis non derogat legi priori speciali"), spricht dagegen der Wortlaut der Regelung sowie der Regelungszusammenhang des Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetzes mit dem Börsengesetz. Nachdem auch das Börsengesetz durch das Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz geändert worden war, ergab sich die Notwendigkeit, für die Rechtsfolgen der Haftung für Altfälle, hinsichtlich derer § 13 Abs. 1 VerkProspG in der bis zum 30. Juni 2005 geltenden Fassung mit bestimmten Maßgaben auf §§ 44 bis 47 BörsG verweist, klarzustellen, welche Fassung der mehrfach geänderten §§ 45 bis 47 BörsG, auf die § 18 Abs. 2 Satz 4 VerkProspG Bezug nimmt, weiter gelten soll. Diese Klarstellung ist Gegenstand der Regelung des § 18 Abs. 2 Satz 4 VerkProspG. Eine Spezialregelung des Gerichtsstands ist damit nicht getroffen worden, und zu ihr bestand auch kein erkennbarer Anlass.
17
Anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus der Regelung des mit dem Gesetz zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren geschaffenen § 31 EGZPO, der sich ausschließlich mit der Geltung des § 32b ZPO für Musterverfahren nach dem Kapitalanlagen-Musterverfahrensgesetz befasst. Vielmehr bestätigt die Bestimmung umgekehrt, dass der Gesetzgeber die sofortige Geltung des § 32b ZPO für alle anderen, nicht von § 31 EGZPO erfassten Verfahren gewollt hat.
18
b) Der ausschließliche Gerichtsstand des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist aber nach dem Vorbringen des Antragstellers nicht ohne weiteres für sämtliche Antragsgegner begründet. Zweifel bestehen jedenfalls an einer Prospektverantwortlichkeit der Antragsgegnerin zu 8.
19
3. Als zuständiges Gericht bestimmt der Senat das Landgericht Düsseldorf.
20
Die Bestimmung hat nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten und unter Berücksichtigung der Prozesswirtschaftlichkeit zu erfolgen, wobei die ausschließliche Zuständigkeit nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO jedenfalls für die gegen den Antragsgegner zu 1 geltend gemachten Ansprüche die Bestimmung eines anderen Gerichts, wie ausgeführt, zwar nicht grundsätzlich hindert, aber bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts erhebliches Gewicht hat. Das nach § 32b ZPO jedenfalls für die gegen einen Streitgenossen zu erhebenden Ansprüche zuständige Gericht kann auch dann als zuständig bestimmt werden, wenn bei diesem Gericht keiner der Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Andernfalls könnte - wie auch im Streitfall - derjenige Gerichtsstand , den der Gesetzgeber als ausschließlichen gewollt hat, gegebenenfalls überhaupt nicht berücksichtigt werden, ohne dass dies durch die schützenswerten Interessen der anderen Streitgenossen, denen die Zuständigkeit ihres Wohnsitzgerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ohnedies genommen werden kann, geboten wäre.
21
Der Antragsteller hat die Bestimmung des Landgerichts Düsseldorf angeregt , die Antragsgegner zu 8 und 9 haben dagegen keine Bedenken erhoben. Der Antragsgegner zu 2 hat zwar die Bestimmung des Gerichtsstands Frankfurt am Main angeregt. Indessen hat weder er noch einer der anderen Antragsgegner seinen Wohnsitz oder Geschäftssitz im Bezirk dieses Gerichts, so dass auch unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten eine anderweitige Entscheidung nicht geboten ist. Ebenso sind anderweitig anhängige Verfahren auf Schadensersatz wegen falscher Angaben in dem Verkaufsprospekt der D. AG dargetan. Bei den weiteren beim vorlegenden Oberlandesgericht anhängigen Verfahren handelt es sich nicht um Schadensersatzklagen, sondern um weitere Gerichtsstandsbestimmungsverfahren , die entgegen der Auffassung der Antragsgegner zu 6 und 7 keinen Anlass geben, das Landgericht Köln für zuständig zu erklären. Dem im Rahmen des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ausschließlich zur Entscheidung berufenen Landgericht Düsseldorf ist daher bei der Gerichtsstandsbestimmung der Vorzug zu geben.
Melullis Scharen Mühlens
Meier-Beck Gröning
Vorinstanz:
OLG Köln, Entscheidung vom 21.02.2008 - 8 W 84/07 -

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 522/99
vom
22. Februar 2000
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Bei einem an sich gegebenen gemeinschaftlichen Gerichtsstand scheidet die
Bestimmung eines abweichenden weiteren Gerichtsstands aus. Das gilt auch
dann, wenn die Klageansprüche im Wege der Widerklage verfolgt werden sollen
, eine der Parteien jedoch weder an dem Primärprozeß beteiligt ist noch einen
eigenen Gerichtsstand am Ort der Widerklage hat.
BGH, Beschl. v. 22. Februar 2000 - X ARZ 522/99 - OLG Köln
AG Köln
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Rogge, die Richter Dr. Jestaedt, Dr. Melullis, Keukenschrijver und die
Richterin Mühlens
am 22. Februar 2000

beschlossen:
Der Antrag der Beklagten vom 26. Oktober 1999, das zuständige Gericht zu bestimmen, wird zurückgewiesen.

Gründe:


Der Kläger erwarb im Jahre 1995 einen gebrauchten Pkw Ford Escort, den die beklagte Bank finanzierte. Mit seiner Klage verlangt er von der Beklagten die Herausgabe des Kfz-Briefes unter Berufung darauf, daß er den Kaufpreis für das Fahrzeug unter Abzug einer ihm wegen eines verschwiegenen Unfallschadens zustehenden Minderung vollständig bezahlt habe. Der Rechtsstreit ist beim Amtsgericht Köln anhängig. Die Beklagte verlangt im Wege der Widerklage die Rückzahlung des Restdarlehens nebst Zinsen vom Kläger und seiner bisher nicht am Verfahren beteiligten Ehefrau, die den Darlehensvertrag gemeinsam mit dem Kläger als Kreditnehmer abgeschlossen hat.
Die Widerbeklagte zu 2 hat die örtliche Unzuständigkeit des Amtsgerichts Köln gerügt. Das Amtsgericht Köln hat auf Antrag der Beklagten die Sa-
che dem Oberlandesgericht Köln zur Bestimmung des zuständigen Gerichts für die Widerklage gemäß §§ 36 Abs. 1 Nr. 3, 37 ZPO vorgelegt.
Das Oberlandesgericht möchte den Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts zurückweisen. Es sieht sich hieran durch Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts gehindert und hat die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
Die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs liegen vor. Das Oberlandesgericht Köln will von Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 10. April 1996 (1Z AR 19/96, BayObLGZ 1996, 88) und vom 13. Juni 1996 (1Z AR 39/96) abweichen. Für eine Entscheidung gemäß § 36 Abs. 2 ZPO ist das Oberlandesgericht Köln zuständig, weil der Gerichtsstand der Klage im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln liegt, während der allgemeine Gerichtsstand der Widerbeklagten zum Bezirk des Oberlandesgerichts Stuttgart gehört.
Die Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts betreffen die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts, wenn - wie hier - der Widerbeklagte und ein bisher nicht am Verfahren beteiligter Drittwiderbeklagter ihren durch ihren Wohnsitz bestimmten allgemeinen Gerichtsstand bei demselben Gericht haben. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat ausgeführt, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei im Falle einer Drittwiderklage gegen eine Partei, die keinen Gerichtsstand beim Gericht der Klage habe, die örtliche Zuständigkeit nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO unter dem Vorbehalt zu bestimmen, daß das mit der Widerklage befaßte Gericht die Sachdienlichkeit der Widerklage gemäß § 263 ZPO bejaht. Es hat sich dazu auf die Ent-
scheidung des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 28. Februar 1991 (I ARZ 711/90, NJW 1991, 2838), des X. Zivilsenats vom 19. November 1991 (X ARZ 26/91, NJW 1992, 982) und des VII. Zivilsenats vom 6. Mai 1993 (VII ZR 7/93, NJW 1993, 2120) bezogen. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat aus der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Schluß gezogen, es müsse im Wege der Gerichtsstandsbestimmung entschieden werden , obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO wegen des gemeinsamen allgemeinen Gerichtsstands der Widerbeklagten nicht vorlägen. Es hat eigene Bedenken gegen die erweiternde Auslegung der Vorschrift im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung zurückgestellt, obwohl diese Bedenken sich aufdrängten, wenn die Widerbeklagten einen gemeinsamen Gerichtsstand hätten, der sich aber nicht mit dem Gerichtsstand der Widerklage decke.
Das Oberlandesgericht Köln geht zutreffend davon aus, daß der Bundesgerichtshof bisher nicht über die Frage entschieden hat, ob es für die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts von Bedeutung ist, daß die Widerbeklagten einen gemeinsamen allgemeinen oder besonderen Gerichtsstand haben. Der Entscheidung des I. Zivilsenats vom 28. Februar 1991 lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem die Widerbeklagten ihren allgemeinen Gerichtsstand in verschiedenen Oberlandesgerichtsbezirken hatten. Der I. Zivilsenat hat entschieden, § 33 ZPO begründe keinen Gerichtsstand für den Widerbeklagten, der nicht zugleich als Kläger am Verfahren beteiligt sei; § 33 ZPO gelte nur für den widerbeklagten Kläger, nicht auch für die bisher nicht am Rechtsstreit beteiligte Person, für die bei dem angerufenen Gericht kein Gerichtsstand begründet sei.
In den Verfahren, die den Entscheidungen des VII. Zivilsenats vom 6. Mai 1993 und des beschließenden Senats vom 19. November 1991 zugrunde lagen, war die Widerklage nur gegen einen bisher am Verfahren nicht Beteiligten erhoben worden. Nach den genannten Entscheidungen kommt eine Gerichtsstandsbestimmung nach der allein in Betracht zu ziehenden Vorschrift des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO in diesem Fall bereits deshalb nicht in Betracht, weil es an einer gegen mehrere Streitgenossen gerichteten (Wider-)Klage fehlte.
Allerdings hat der I. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 28. Februar 1991 zugleich ausgeführt, die Frage der örtlichen Zuständigkeit sei bei Verschiedenheit der Gerichtsstände der bislang nicht am Verfahren beteiligten widerbeklagten Streitgenossen in einem von der Prozeßordnung dafür vorgesehenen besonderen Verfahren nach §§ 36, 37 ZPO von dem im Rechtszug höheren Gericht zu entscheiden. Die örtliche Zuständigkeit könne nicht im Rahmen der Sachdienlichkeitsprüfung nach § 263 ZPO begründet werden, sondern nur über §§ 36 Abs. 1 Nr. 3, 37 ZPO. Ä hnlich hat der VII. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 6. Mai 1993 ausgeführt, das Gericht der Klage sei für eine gegen einen bisher nicht am Verfahren beteiligten Widerbeklagten erhobene Widerklage örtlich nur zuständig, wenn ein allgemeiner oder besonderer Gerichtsstand bei diesem Gericht bestehe, der Drittwiderbeklagte die mangelnde örtliche Zuständigkeit nicht rüge oder das übergeordnete Gericht den Gerichtsstand nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bestimme. Beide Entscheidungen enthalten ebenso wie die Entscheidung des X. Zivilsenats vom 19. November 1991 demnach keine Aussage zu dem hier zu entscheidenden Fall, daß die Widerbeklagten einen gemeinsamen allgemeinen oder besonderen Gerichtsstand haben.
Der Senat folgt dem Oberlandesgericht Köln in der Frage der Auslegung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 19. November 1991 - in anderem Zusammenhang - darauf hingewiesen, daß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO den - dem Schutz des Beklagten dienenden - allgemeinen Grundsatz der §§ 12 f. ZPO einschränkt, wonach eine Klage grundsätzlich am Sitz des Beklagten zu erheben ist. Angesichts der in einem solchen Fall regelmäßig gleichlaufenden Interessen erscheint es aus Gründen der Zweckmäßigkeit und der Prozeßökonomie jedenfalls dann, wenn der gleiche prozessuale Anspruch gegen mehrere Personen geltend gemacht wird, vertretbar, dem Kläger die Möglichkeit zu eröffnen, diesen in einem gemeinsamen Verfahren an einem der möglichen Gerichtsstände gegen alle in Anspruch Genommenen zu verfolgen. Dieser Gedanke vermag jedoch eine Gerichtsstandsbestimmung dann nicht zu rechtfertigen, wenn der Kläger die Streitgenossen, die er zu verklagen beabsichtigt, vor einem für alle Beklagten zuständigen Gericht in Anspruch nehmen kann.
Erhebt der Beklagte eine Widerklage, die einen bisher nicht am Verfahren Beteiligten einbezieht, so gilt für diesen Dritten nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs § 33 ZPO nicht. Zu demselben Ergebnis wie bei Anwendung dieser Vorschrift würde es jedoch führen, wenn eine Gerichtsstandsvereinbarung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO in Betracht käme. Denn für den widerbeklagten Kläger gilt § 33 ZPO. Dies hätte regelmäßig zur Folge, daß für die Widerklage insgesamt das Gericht der Klage als zuständiges
Gericht zu bestimmen wäre. Dies erscheint jedoch allerdings dann durch den Grundsatz der Prozeßökonomie geboten, wenn die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO vorliegen, das heißt, wenn die Widerbeklagten keinen gemeinsamen allgemeinen oder besonderen Gerichtsstand haben.
Rogge Jestaedt Melullis Keukenschrijver Mühlens

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.