Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2006 - X ZR 49/05

bei uns veröffentlicht am19.09.2006
vorgehend
Landgericht Berlin, 9 O 281/04, 19.08.2004
Kammergericht, 26 U 149/04, 16.02.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 49/05
vom
19. September 2006
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 19. September 2006
durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richterinnen Ambrosius und
Mühlens und die Richter Asendorf und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Der Beklagte trägt die Kosten des ersten Rechtszugs. Von den Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin 44 % und dem Beklagten 56 % auferlegt. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin zu 63 % und der Beklagte zu 37 %.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 755,71 € und der des Revisionsverfahrens auf 523,79 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Parteien streiten nur noch über die Kosten des in der Hauptsache für erledigt erklärten Rechtsstreits.
2
I. Die Klägerin, eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, welche auf der Grundlage eines Anschluss- und Benutzungszwangs die Abfallentsorgung und Straßenreinigung im Land B. als öffentliche Aufgabe, aber in den Formen des Privatrechts betreibt, hat zunächst den damaligen Grundstücksei- gentümer (im Folgenden: Erblasser) und nach dessen Tod seinen Erben, den jetzigen Beklagten, auf rückständiges Straßenreinigungs- und Abfallbeseitigungsentgelt für die Jahre 2001 bis 2003 nebst gestaffelten Verzugszinsen in Anspruch genommen. Im Berufungs- und im Revisionsverfahren haben die Parteien nur noch über die Zinsen gestritten.
3
Die Klägerin hat Verzugszinsen jeweils ab Mitte des Quartals verlangt. Sie hat ihren Anspruch auf die kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit gestützt, die sowohl in ihren Leistungsbedingungen enthalten war, in denen die Fälligkeit des Entgelts in vier gleichen Teilbeträgen am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November eines jeden Jahres festgelegt war, als auch in den von ihr jeweils zu Beginn des Jahres im Voraus erteilten Rechnungen, in denen, wie sie vorgetragen hat, ebenfalls die quartalsmäßige Fälligkeit zu den genannten Daten festgesetzt wurde. Im ersten Rechtszug hat die Klägerin jedoch diese ursprünglichen Jahresrechnungen nicht vorgelegt, sondern nur die drei geringfügig reduzierten Änderungsrechnungen vom 22. und 23. April 2003 für die Jahre 2001, 2002 und 2003 eingereicht, die jeweils den Hinweis enthielten , der geänderte Rechnungsbetrag sei am 15. Mai 2003 fällig.
4
Das Landgericht, das der Hauptforderung der Klägerin stattgegeben hat, hat ihr Zinsen erst ab Rechtshängigkeit zugesprochen. Mit der Berufung hat die Klägerin den abgewiesenen Teil ihres Zinsanspruchs weiterverfolgt und die ursprünglichen Rechnungen vom 18. Januar 2001 für das Jahr 2001 und vom 16. Januar 2002 für 2002 vorgelegt, deren Versendung der Erblasser jedoch bestritten hat. Das Berufungsgericht hat ihr weitere Verzugszinsen seit dem 16. Mai 2003 zugesprochen und damit ihrem Zinsanspruch für das Entgelt des Jahres 2003 voll stattgegeben, hat ihren weitergehenden Anspruch auf gestaffelte Verzugszinsen auch für die Entgelte der Jahre 2001 und 2002 für die Zeit vom 16. Februar 2001 bis 15. Mai 2003 jedoch abgelehnt. Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt: Unabhängig davon, dass die Klägerin sich auf die erst im Berufungsverfahren eingeführten Rechnungen von 2001 und 2002 gemäß § 531 ZPO nicht berufen könne, sei ein etwaiger Zinsanspruch der Klägerin erloschen , weil sie mit ihren geänderten Rechnungen vom 23. April 2003 auf Zinsen bis zum 15. Mai 2003 verzichtet habe. Das Berufungsgericht hat zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zugelassen, weil verschiedene Senate des Kammergerichts zur Befugnis der Klägerin, die Leistungszeit zu bestimmen, und zu der Frage eines Zinsverzichts divergierende Entscheidungen erlassen haben.
5
Die Klägerin hat Revision eingelegt. Danach ist der Erblasser verstorben. Sein Erbe hat die Zinsforderung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bezahlt. Daraufhin hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und eine Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO beantragt. Der Beklagte hat der Erledigungserklärung durch Schriftsatz seiner zweitinstanzlichen Anwältin zugestimmt.
6
II. Wie von der Klägerin beantragt, hat der erkennende Senat nach § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden.
7
1. Die Voraussetzung eines Kostenbeschlusses nach § 91 a ZPO, dass die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist erfüllt. Der Beklagte hat seine Zustimmung, die er nach der hier anzuwendenden bis zum 31. August 2004 geltenden Fassung des § 91 a Abs. 1 ZPO ausdrücklich erklären musste (§ 29 Nr. 1 EGZPO), wirksam durch seine zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte erteilt. Er brauchte hierfür keinen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwalt zu bestellen (vgl. § 78 Abs. 1 Satz 4 ZPO), weil für die Erledigungserklärung, die zu Protokoll der Geschäftsstelle gegeben werden kann, auch im Anwaltsprozess kein Anwaltszwang besteht (§ 78 Abs. 5 ZPO).
8
2. Die nach § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu treffende Kostenentscheidung führt zu dem Ergebnis, dass der Beklagte die Kosten des ersten Rechtszugs allein zu tragen hat, während die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens anteilig auf beide Parteien zu verteilen sind. Es war darauf abzustellen, ob und inwieweit die Revision der Klägerin Erfolg gehabt hätte, wenn es nicht zur Erledigung der Hauptsache gekommen wäre (BGH, Beschl. v. 11.12.2003 - I ZR 68/01, BGH-Report 2004, 418).
9
a) Die alleinige Kostentragungspflicht des Beklagten für die erste Instanz folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, wonach das Gericht einer Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen kann, wenn die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat. Selbst wenn der durch das landgerichtliche Urteil vom 19. August 2004 abgewiesene Teil des Zinsanspruchs der Klägerin in voller Höhe unberechtigt gewesen wäre, hätte diese Zuvielforderung weniger als 10 % des Gesamtbetrages aus Hauptforderung und Zinsen ausgemacht und wäre damit geringfügig gewesen. Der abgewiesene Teil des Zinsanspruchs hatte einen Wert von 755,71 €. Dem standen die zuerkannte Hauptforderung von 7.428,21 € und die zugesprochenen Zinsen aus 6.731,20 € seit dem 7. November 2003 und aus 697,21 € seit dem 13. März 2004 gegenüber. Die abgewiesene Zinsmehrforderung hat auch keine Kosten verursacht, weil bei der Berechnung des Streitwerts, nach dem sich die Prozesskosten richten, als Nebenfor- derung geltend gemachte Zinsen unberücksichtigt bleiben (§ 4 Abs. 1 2. Halbsatz ZPO).
10
b) Die Kosten des Berufungsverfahrens, dessen Streitwert der vom Landgericht abgewiesenen und nunmehr zur Hauptforderung gewordenen Zinsmehrforderung von 755,71 € entspricht, und des Revisionsverfahrens, dessen Streitwert nach dem teilweisen Obsiegen der Klägerin in der Berufung nur noch 523,79 € beträgt, sind verhältnismäßig zu teilen (§ 92 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative ZPO), weil die Revision der Klägerin voraussichtlich zum Teil Erfolg gehabt hätte. Ihr Anspruch auf weitere Verzugszinsen für das Entgelt des Jahres 2002 war begründet und insbesondere nicht durch Verzicht erloschen. Hinsichtlich des Jahres 2001 wäre der Revision dagegen aller Voraussicht nach der Erfolg versagt geblieben.
11
(1) Soweit der Zinsanspruch der Klägerin das Bestehen des Entgeltanspruchs voraussetzt, hätte im Revisionsverfahren zugunsten der Klägerin unterstellt werden müssen, dass der Beklagte der Klägerin Entgelt in der vom Landgericht rechtskräftig zuerkannten Höhe schuldet. Dies gilt, obwohl das Landgericht die die Rechnungshöhe betreffende Einwendungen des Beklagten allein wegen der in den Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellenden Leistungsbedingungen der Klägerin enthaltenen Klausel zurückgewiesen hat, wonach Einwendungen des Kunden gegen eine Rechnung der Klägerin seine Verpflichtung zur Zahlung der Entgelte unberührt lassen und er diese Einwendungen nur in einem gesondert anzustrengenden Rückforderungsprozess geltend machen kann, und obwohl der Senat diese Klausel in der Zwischenzeit für unwirksam erklärt hat (§§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB; Sen.Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919). Denn die Rechtskraft der landgerichtlichen Verurteilung des Beklagten in der Hauptsache hindert eine abwei- chende Entscheidung über den Hauptanspruch auch dann, wenn dieser in einem zweiten Prozess oder, wie hier, im weiteren Verlauf desselben Prozesses nur als Vorfrage zu beurteilen ist. Deshalb ist im Rechtsstreit um den Zinsanspruch der Hauptanspruch nicht mehr zu überprüfen, wenn er schon rechtskräftig festgestellt worden ist (BGH, Urt. v. 10.01.1980 - X ZR 121/77, MDR 1980, 395).
12
(2) Die vom Berufungsgericht offen gelassene Frage, ob der von der Klägerin geltend gemachte Zinsanspruch ursprünglich entstanden ist, ist nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand für das Jahr 2001 zu verneinen und für 2002 zu bejahen.
13
aa) Zu Recht hat das Berufungsgericht es abgelehnt, den Verzug des Erblassers direkt aus den ursprünglichen Rechnungen der Klägerin vom 18. Januar 2001, 16. Januar 2002 und 22. März 2003 herzuleiten. In diesen Rechnungen hatte die Klägerin dieselbe quartalsmäßige Bestimmung der Leistungszeit getroffen wie in ihren Leistungsbestimmungen. Nach ihrem Vortrag hatte sie diese Rechnungen dem Erblasser auch jeweils rechtzeitig vor dem ersten in der jeweiligen Rechnung genannten Fälligkeitsdatum übersandt. Der Senat hat bereits klargestellt, dass die Klägerin die Festlegung der Leistungszeit nicht etwa nur allgemein und in Form von Leistungsbestimmungen vornehmen kann, sondern auch individuell in Einzelfällen (Urt. v. 15.02.2005 - X ZR 87/04, NJW 2005, 1772). Demnach kann sie die Leistungszeitbestimmung auch in ihren Rechnungen treffen. Das Berufungsgericht durfte jedoch die erst im Berufungsverfahren eingeführten Rechnungen der Klägerin von 2001 und 2002 nicht berücksichtigen. Es handelte sich bei diesen Rechnungen, deren Versendung der Erblasser bestritt, nämlich um ein neues Angriffsmittel der Klägerin, wie es nach § 531 Abs. 2 ZPO nur unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassen ist, die hier nicht vorliegen.
14
Der Ansicht der Revision, dass die Klägerin diese Rechnungen nur infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht habe (§ 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), weil das Landgericht gegen seine richterliche Hinweispflicht nach § 139 ZPO verstoßen habe, kann nicht gefolgt werden. Laut ihrer Klageschrift ist die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren davon ausgegangen , dass sich ihr Zinsanspruch aus ihren Leistungsbedingungen in Verbindung mit § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB ergebe. Die kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit nach Quartalen in den Leistungsbedingungen führt aber nur dann zum Verzug, wenn die Klägerin rechtzeitig vorher eine Rechnung für das betreffende Jahr übersandt hat. Vor Rechnungstellung kann der Schuldner nicht in Verzug geraten (Sen.Urt. v. 15.02.2005, NJW 2005, 1772). Diesen Gesichtspunkt hatte die Klägerin nicht berücksichtigt, als sie die ursprünglichen Jahresrechnungen für 2001 und 2002 nicht vorlegte. Das Landgericht hat insoweit seine Hinweispflicht nicht verletzt. Es hat vielmehr unbeschadet dessen, dass keine gerichtliche Hinweispflicht besteht, soweit nur eine Nebenforderung betroffen ist (§ 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO), und dass die Klägerin schon durch vorangegangene Rechtsprechung der Berliner Gerichte gewarnt war, der Klägerin einen hinreichend klaren Hinweis erteilt, indem sie es durch Verfügung vom 10. Mai 2004 auf "die bekannten Bedenken gegen die geltend gemachten Zinsen" und auf die fehlende Darlegung des Verzuges aufmerksam gemacht hat, womit das Landgericht, wie in seinen Urteilsgründen niedergelegt, auf eine Vielzahl von bei der befassten Kammer anhängig gewesenen Prozessen der Klägerin Bezug nahm. Im Übrigen führte einer dieser Prozesse zu der am 17. Mai 2004 ergangenen Berufungsentscheidung des Kammergerichts (22 U 286/03, KGR Berlin 2004, 311), in der ausführlich dargelegt ist, dass und weshalb eine vorange- gangene Rechnung Voraussetzung der in den Leistungsbedingungen bestimmten Fälligkeit ist. Dieses Urteil hätte die Klägerin im vorliegenden Prozess schon in der ersten Instanz beachten können und müssen.
15
bb) Die Klägerin kann jedoch ihren Zinsanspruch für das Entgelt des Jahres 2002 auf ihre Leistungsbedingungen stützen.
16
(i) Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass die für 2001 und 2002 geltenden Leistungsbedingungen der Klägerin eine quartalsweise gestaffelte kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit enthielten. Für die Jahre 2001 und 2002 galten nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin die Leistungsbedingungen in der Fassung vom 18. Mai 2000. Die Klägerin hat sie nicht vorgelegt ; für die vorliegende Entscheidung kann jedoch davon ausgegangen werden , dass die darin enthaltene Fälligkeitsklausel entweder noch der dem Senat aus Vorprozessen bekannten Fassung vom 1. Januar 1994 entsprach oder schon die Formulierung der im vorliegenden Verfahren vorgelegten Fassung vom 25. März 2003 vorwegnahm. In jedem Fall war die Bestimmung der Leistungszeit wirksam.
17
In der Fassung vom 1. Januar 1994 hieß es unter Ziff. 1.5.2: "Das Entgelt ist in vier gleichen Teilbeträgen am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zu zahlen."
18
Für diese Klausel hat der erkennende Senat inzwischen entschieden (Urt. v. 15.02.2005, NJW 2005, 1772), dass sie, sofern zu den genannten Fälligkeitsdaten bereits die Rechnung vorlag, den Verzug des Entgeltschuldners aufgrund kalendermäßiger Bestimmung der Leistungszeit nach § 284 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. (jetzt: § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB) bewirkt, sofern er die festgesetzten Zahlungsdaten verstreichen lässt. Die Klägerin kann nicht nur ihre privatrechtlichen Entgelttarife sondern auch die Leistungszeit einseitig festsetzen (§ 315 BGB entsprechend).
19
Die Leistungsbedingungen hätten für das Jahr 2002 auch dann den Verzug des Beklagten bewirkt, falls die damals geltende Fassung denselben Inhalt hatte wie Ziff. 1.4.1 Abs. 2 Satz 1 der Leistungsbedingungen vom 25. März 2003, der lautet: "Das Entgelt ist - unabhängig von einer Rechnungslegung - in vier gleichen Teilbeträgen am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November eines jeden Jahres fällig."
20
In dieser Klausel ist zwar der Teil "- unabhängig von einer Rechnungslegung -" nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden unwirksam, weil die Klägerin sich dadurch der für die staatliche Verwaltung bestehenden Pflicht entzieht, auch bei Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben in den Formen des Privatrechts jedenfalls die grundlegenden Prinzipien des öffentlichen Finanzgebarens zu beachten, zu denen im Abgabenrecht der Grundsatz zählt, dass Fälligkeit erst mit der Bekanntgabe der Festsetzung der Abgabe eintritt (Sen.Urt. v. 15.02.2005, NJW 2005, 1772, und v. 05.07.2005, NJW 2005, 2919). Die Unwirksamkeit der Klausel beschränkt sich jedoch auf diesen Teil. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf zwar eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen , die gegen § 307 BGB verstößt, nicht im Wege der so genannten geltungserhaltenden Reduktion auf den gerade noch zulässigen Inhalt zurückgeführt und damit aufrechterhalten werden. Lässt sich eine Formularklausel jedoch nach ihrem Wortlaut aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen inhaltlich zulässigen und in einen unzulässigen Regelungsteil trennen, so ist die Aufrechterhaltung des zulässigen Teils rechtlich unbedenklich (vgl. nur Urt. v. 27.09.2000 - VIII ZR 155/99, BGHZ 145, 203, 211 f.). So liegt es hier. Die Klausel ist inhaltlich ohne Weiteres teilbar. Zum einen wird darin die Fälligkeit nach Rechnungslegung geregelt und zum anderen wird diese Fälligkeitsregelung auf die Fälle ausgedehnt, in denen noch keine Rechnung erteilt worden ist. Der letztere, unwirksame Teil kann durch einfaches Streichen der Wörter "unabhängig von einer Rechnungslegung" entfernt werden.
21
(ii) Nicht für das Jahr 2001, wohl aber für 2002 bewirkte die Fälligkeitsklausel in den Leistungsbestimmungen den Verzug des Beklagten. Wie bereits dargelegt, ist die Klausel dahin zu verstehen, dass das Entgelt nicht vor Rechnungsstellung zu zahlen ist. Für 2001 scheitert die Annahme eines Verzuges des Beklagten deshalb daran, dass die Klägerin nicht nur die Rechnung vom 18. Januar 2001 verspätet vorgelegt, sondern auch das Datum dieser Rechnung erst im Berufungsverfahren vorgetragen hat, so dass die von ihr behauptete rechtzeitige Rechnungstellung nicht berücksichtigt werden kann. Für 2002 gilt etwas anderes, obwohl auch die Rechnung vom 16. Januar 2002 selbst nicht berücksichtigt werden kann. Für 2002 hat die Klägerin aber rechtzeitig - und insoweit unbestritten - vorgetragen, dass sie dem Erblasser schon vor dem ersten in den Leistungbedingungen genannten Fälligkeitsdatum Rechnung erteilte. Dies ergibt sich aus ihrer bereits mit der Klageschrift eingereichten Änderungsrechnung vom 23. April 2003 für das Jahr 2002, die ausdrücklich auf die ursprüngliche Rechnung vom 16. Januar 2002 Bezug nimmt und den in dieser Rechnung festgesetzten Jahresgesamtbetrag aufführt. Da es dem Erblasser auch möglich und zumutbar war, aus dem Jahresgesamtentgelt die quartalsmäßig geschuldeten Teilbeträge zu errechnen, wurden diese zu den unstreitig in den Leistungsbedingungen festgelegten und noch nicht verstrichenen Terminen 15. Februar, 15. März, 15. August und 15. November 2002 fällig und trat mit Ablauf dieser Zahlungstermine Verzug gemäß § 284 Abs. 2 BGB a.F. ein.
22
(iii) Schließlich scheitert der Verzug des Erblassers auch nicht daran, dass die ursprüngliche Rechnung, gemessen an den später mit Rückwirkung herabgesetzten Tarifen, zu hoch war und deshalb geändert wurde. Es bedarf in diesem Zusammenhang keines Rückgriffs auf die Rechtsprechung, wonach bei der Mahnung eine geringfügige Zuvielforderung den Verzugseintritt nicht hindert (BGH, Urt. v. 13.11.1990 - XI ZR 217/89, NJW 1991, 1286), die auch für den Verzug aufgrund einer kalendermäßigen Bestimmung der Leistungszeit gelten muss. Denn hier handelte es sich nicht um eine Zuvielforderung. Die Herabsetzung beruht allein auf einer mit Blick auf zwischenzeitliche Änderungen auf der Kostenseite vorgenommenen Anpassung der Tarife. Bis zu dieser Anpassung gilt die ursprüngliche Tarifbestimmung der Klägerin - deren Verbindlichkeit nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB der Beklagte nicht in Zweifel zieht - fort, so dass bis zu diesem Zeitpunkt auch eine Entgeltforderung der Klägerin in der dem ursprünglichen Tarif entsprechenden Höhe bestand.
23
Nach alledem hätte der Senat ohne die Erledigungserklärung vermutlich entschieden, dass der Anspruch der Klägerin auf die geltend gemachten Verzugszinsen zwar nicht für das Jahr 2001, wohl aber für das Jahr 2002 entstanden ist.
24
(3) Dieser Anspruch ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht durch Verzicht erloschen.
25
aa) Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt: Der Verzicht der Klägerin ergebe sich aus dem Wortlaut der jeweiligen Änderungsrechnungen in Verbindung mit Ziff. 1.4.1 Abs. 1 Satz 2 ihrer Leistungsbedingungen, wo es heiße: "Gelegte Rechnungen gelten dementsprechend so lange, bis sie durch eine neue Rechnung berichtigt oder ersetzt werden." In den Änderungsrechnungen habe die Klägerin erklärt, dass sie die ursprüngliche Rechnung "stornier(e)" und "statt dessen" dem Erblasser einen neuen Betrag berechne. Weiter heiße es in den Änderungsrechnungen: "Der Betrag in EUR ist wie folgt fällig: Fällig am 15.05.2003 …" Damit habe die Klägerin eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie die alten Rechnungen nicht nur berichtigen und reduzieren, sondern durch neue ersetzen und aus den alten keine Rechte mehr herleiten wolle, und zwar auch nicht hinsichtlich der Fälligkeit. Gerade dadurch, dass sie in den Änderungsrechnungen den geschuldeten Betrag erst für einen in der Zukunft liegenden Termin fälligstelle, bringe sie gegenüber dem Kunden zum Ausdruck, dass er vor diesem Zeitpunkt keine Zahlungen erbringen müsse. Es bestehe auch kein Grund zu der Annahme, die Klägerin habe ihre etwaigen schon entstandenen Ansprüche aus Verzug offenlassen wollen. Denn es wäre ihr unbenommen geblieben, frühere Fälligkeitstermine aus den ursprünglichen Rechnungen zu übernehmen.
26
bb) Dieser Auslegung der Änderungsrechnungen kann nicht gefolgt werden , da sie gegen die vom Bundesgerichtshof entwickelten Auslegungsgrundsätze verstößt.
27
(i) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an die Annahme eines konkludent erklärten Verzichts strenge Anforderungen zu stellen. Wenn ein eindeutig auf einen Verzichtswillen hindeutender Wortlaut nicht gegeben ist, bedarf es zusätzlicher Anhaltspunkte. Gerade bei Erklärungen, die als Verzicht, Erlass oder in ähnlicher Weise rechtsvernichtend gewertet werden sollen, muss das Gebot einer interessengerechten Auslegung beachtet werden und haben daher die der Erklärung zugrunde liegenden Umstände besondere Bedeutung. Wenn feststeht oder davon auszugehen ist, dass eine Forderung entstanden ist, verbietet dieser Umstand im Allgemeinen die Annahme, der Gläubiger habe sein Recht einfach wieder aufgegeben. Das bildet in solchen Fällen die Ausnahme (Sen.Urt. v. 15.01.2002 - X ZR 91/00, NJW 2002, 1044 m.w.N.). Ein Ausnahmefall setzt voraus, dass die sich auf den angeblichen Verzicht berufende Partei einen nachvollziehbaren Grund darlegt, warum der Forderungsinhaber bereit gewesen sein sollte, auf seine Forderung zu verzichten (BGH, Urt. v. 10.05.2001 - VII ZR 356/00, NJW 2001, 2325).
28
(ii) Nach diesen Grundsätzen fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für die Annahme eines Verzichts der Klägerin auf die bereits angefallenen Verzugszinsen.
29
Der Wortlaut der Änderungsrechnungen ist insoweit, wie auch das Berufungsgericht erkannt hat, jedenfalls nicht eindeutig. Die bereits entstandenen Verzugszinsen werden darin überhaupt nicht erwähnt. Wie die Revision zutreffend darlegt, bringt insbesondere die Formulierung, die ursprüngliche Rechnung werde "storniert", nur zum Ausdruck, dass die Klägerin anstelle des ursprünglichen Forderungsbetrags nunmehr den geänderten geltend macht, also nicht etwa doppeltes Entgelt verlangt. Dagegen ergibt sich aus dieser Formulierung nicht, dass alle Rechtswirkungen der ursprünglichen Rechnung vollständig entfallen sollen. Nicht eindeutig ist auch die Angabe: "Der Betrag in EUR ist wie folgt fällig: Fällig am 15.05.2003 …" Für sich betrachtet könnte diese Formulierung zwar dafür sprechen, dass der geänderte Rechnungsbetrag erstmals zu dem genannten, in der Zukunft liegenden Datum fällig sein sollte. Die gebotene Gesamtwürdigung der von der Klägerin in Gestalt der Änderungsrechnung abgegebenen Erklärung, bei der die einzelnen Bestandteile des Textes der Änderungsrechnung nicht isoliert, sondern im Zusammenhang geprüft werden müssen , zeigt aber als Hauptinhalt auf, dass das ursprünglich geforderte Entgelt lediglich in geringem Umfang herabgesetzt worden war. Bei vernünftiger Betrachtung musste sich dem Erklärungsempfänger daher die Einsicht aufdrängen , dass mit dem genannten zukünftigen Fälligkeitstermin nicht sein früher eingetretener Verzug beseitigt werden, sondern ihm lediglich ein neues Zahlungsziel gesetzt werden sollte, bis zu dem die Klägerin noch stillhalten bzw. bei dessen Überschreitung sie weitere Maßnahmen ergreifen würde, ohne dass die Klägerin damit auf Zinsansprüche, die durch die Überschreitung früher genannter Leistungszeiten entstanden waren, verzichten wollte. Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass auch bei einer zweiten Mahnung mit erneuter Zahlungsfrist die erste Mahnung nicht ohne Weiteres ihre verzugsbegründende Wirkung verliert.
30
Da somit eine klare und eindeutige Verzichtserklärung fehlt, hätte der Beklagte einen nachvollziehbaren Grund für den angeblichen Zinserlass der Klägerin darlegen müssen. Diesen vom Bundesgerichtshof entwickelten Auslegungsgrundsatz hat das Berufungsgericht, soweit er die Darlegungs- und Beweislast betrifft, mit seiner Auffassung, es bestehe kein Grund für die Annahme, die Klägerin habe etwaige Ansprüche aus Verzug offenlassen wollen, in sein Gegenteil verkehrt. Denn damit hat es stillschweigend der Klägerin auferlegt, nachvollziehbare Gründe dafür darzulegen, weshalb sie auf bereits entstandene Ansprüche nicht habe verzichten wollen.
Melullis Ambrosius Mühlens
Asendorf Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 19.08.2004 - 9 O 281/04 -
KG Berlin, Entscheidung vom 16.02.2005 - 26 U 149/04 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2006 - X ZR 49/05

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 68/01 vom 11. Dezember 2003 in dem Rechtsstreit Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Dezember 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. UngernSternberg , Prof.

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Feb. 2005 - X ZR 87/04

bei uns veröffentlicht am 15.02.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL X ZR 87/04 Verkündet am: 15. Februar 2005 Weschenfelder Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2006 - X ZR 49/05.

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2007 - III ZR 91/07

bei uns veröffentlicht am 25.10.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 91/07 Verkündet am: 25. Oktober 2007 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: j

Amtsgericht München Endurteil, 29. März 2018 - 432 C 1222/18

bei uns veröffentlicht am 29.03.2018

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kläger haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer II für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % de

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juni 2015 - VIII ZR 99/14

bei uns veröffentlicht am 10.06.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 99/14 Verkündet am: 10. Juni 2015 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

Referenzen

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.

(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 68/01
vom
11. Dezember 2003
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Dezember 2003 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. UngernSternberg
, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Bergmann

beschlossen:
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Streitwert für die Revision wird für die Zeit bis zur Erledigterklärung auf 51.129,19 100.000 DM) und für die Zeit danach auf 19.103,14 37.362,50 DM) festgesetzt.

Gründe:


I. Die Beklagte vertreibt als Einzelhandelsunternehmen u.a. Lebensmittel und Lebensmittel-Zusatzprodukte. Sie verteilte im Frühjahr 1999 in ihren D. Filialen Hefte, in die als "Treue-Punkte" bezeichnete Marken eingeklebt werden konnten. Der Kunde erhielt bei jedem Einkauf für einen Warenwert von 10 DM eine Marke. Eine jeweils festgelegte Anzahl von Marken berechtigte den Kunden, Geschirr der Marken "Pyrex" oder "OMEGA" zu erwerben. Diese Artikel wurden zum größten Teil eigens für die "Treue-Aktion" hergestellt und nur in ihrem Rahmen angeboten.
Der klagende Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hat die "Treue-Aktion" als wettbewerbswidrig, insbesondere als Verstoß gegen die Zugabeverordnung und das Rabattgesetz, beanstandet. Er hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, eine sogenannte "Treue-Aktion" anzukündigen und/oder durchzuführen, die dadurch gekennzeichnet ist, daß der Kunde beim Einkauf "Treue-Punkte" sammeln kann, die auf eine "Treue-Karte" aufzukleben sind und beim Erreichen einer bestimmten Anzahl von "Treue-Punkten" zum Erwerb bestimmter Produkte zum "Treue-Preis" berechtigen, insbesondere wenn dies geschieht wie aus den (im Antrag wiedergegebenen ) Anlagen K 2 und K 3 ersichtlich. Die Beklagte hat ihr Vorgehen als zulässiges Mittel der Kundenbindung verteidigt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Mit der Revision hat die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt. Der Kläger hat nach der Aufhebung der Zugabeverordnung und des Rabattgesetzes den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigterklärung angeschlossen.
II. 1. Eine Erledigung der Hauptsache kann auch noch im Revisionsverfahren erklärt werden (vgl. BGHZ 123, 264, 265 f.). Der Senat hat somit gemäß § 91a Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen durch Beschluß über die Kosten zu entschei-
den. Er macht von der Möglichkeit Gebrauch, diese Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu treffen (§ 128 Abs. 3 ZPO).
2. Die Kosten des Rechtsstreits sind der Beklagten aufzuerlegen, weil ihre Revision keinen Erfolg gehabt hätte, wenn die Zugabeverordnung nicht durch Art. 1 des Gesetzes zur Aufhebung der Zugabeverordnung und zur Anpassung weiterer Rechtsvorschriften vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1661) mit Wirkung vom 25. Juli 2001 aufgehoben worden wäre.

a) Bei der Entscheidung nach § 91a ZPO ist darauf abzustellen, ob das Rechtsmittel der Beklagten Erfolg gehabt hätte, wenn es nicht zur Erledigung der Hauptsache gekommen wäre (vgl. BGHZ 50, 197, 199; BGH, Beschl. v. 26.9.2001 - I ZR 3/01, Umdruck S. 3, unveröffentlicht). Es würde nicht billigem Ermessen entsprechen, den Kläger nur deshalb mit den Kosten des Rechtsstreits zu belasten, weil die Aufhebung der Zugabeverordnung die Rechtslage während des Revisionsverfahrens zugunsten der Beklagten verändert hat. Die bis zur Änderung der Rechtslage angefallenen Verfahrenskosten wären nicht entstanden, wenn die Beklagte nicht zu der Klage, die bis zum erledigenden Ereignis begründet war, Anlaß gegeben hätte (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 91a Rdn. 25).

b) Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß dem Kläger vor der Aufhebung der Zugabeverordnung der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zustand (§ 2 Abs. 1 i.V. mit § 1 Abs. 1 ZugabeVO).
aa) Durch die Werbung und die Ausgabe der "Treue-Punkte" hat die Beklagte eine Zugabe angeboten und gewährt.
Eine Zugabe im Sinne des § 1 Abs. 1 ZugabeVO liegt vor, wenn eine Leistung ohne besondere Berechnung neben einer entgeltlich angebotenen Hauptware gewährt wird, der Erwerb der Nebenleistung vom Abschluß des Geschäfts über die Hauptware abhängig ist und dabei in der Weise ein innerer Zusammenhang besteht, daß die Nebenleistung mit Rücksicht auf den Erwerb der Hauptware gewährt wird und das Angebot wegen dieser Abhängigkeit objektiv geeignet ist, den Kunden in seiner Entschließung zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen. Zugabe kann in den Augen des angesprochenen Verkehrs, auf dessen Verständnis es ankommt, jeder wirtschaftliche Vorteil sein, der nicht als Teil der Hauptleistung angesehen wird, weil er über das üblicherweise Gewünschte und Erwartete hinausgeht und nicht durch die vertraglich vereinbarte Gegenleistung, hier die Zahlung des Kaufpreises, ausgeglichen wird (BGH, Urt. v. 28.9.2000 - I ZR 201/98, GRUR 2001, 358, 359 = WRP 2001, 258 - Rückgaberecht , m.w.N.).
Aus der maßgeblichen Sicht des Verkehrs sind bereits die "Treue-Punkte" wirtschaftliche Vorteile in diesem Sinn. Bei Gutscheinen, die einen Anspruch auf eine Zuwendung vermitteln, wird allerdings nicht etwa der Gutschein selbst, sondern die auf den Gutschein erbrachte Leistung als Zugabe angesehen (vgl. BGHZ 11, 274, 278 - Orbis; BGH, Urt. v. 30.4.1968 - I ZR 20/66, GRUR 1968, 600, 601 - Ratio-Markt II, m.w.N.). Von Gutscheinen dieser Art unterscheiden sich die "Treue-Punkte" aber dadurch, daß sie - auch bei Sammlung einer ausreichenden Zahl von "Treue-Punkten" - kein Anrecht auf eine bestimmte Zuwendung verbriefen (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 17.9.1998 - I ZR 117/96, GRUR 1999, 515, 516 = WRP 1999, 424 - Bonusmeilen). Welche Ware unter Einsatz der "Treue-Punkte" erworben werden kann, hängt vielmehr von der späteren Auswahl des Kunden unter den Angeboten der "Treue-Aktion" sowie davon ab, ob die betreffende Ware dann noch vorrätig ist. Die "Treue-Punkte"
verkörpern jedoch wegen der Möglichkeit, mit ihrer Hilfe bestimmte Waren zu günstigen Preisen zu erwerben, einen wirtschaftlichen Wert.
bb) Nach der rechtsfehlerfreien Feststellung des Berufungsgerichts sind die "Treue-Punkte" auch keine geringwertige Kleinigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 Buchst. a 2. Altern. ZugabeVO. Kleinigkeit in diesem Sinn sind Gegenstände oder Leistungen, die von niemand, auch nicht von Käufern, die nur über geringe Mittel verfügen, wirtschaftlich sonderlich geachtet werden (vgl. BGHZ 11, 260, 268 - Kunststoff-Figuren I). Maßgebend dafür ist die Sicht des Verkehrs , die auch durch die Art der konkreten Werbung beeinflußt wird. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts führte das Sonderbezugsrecht hier nach dem Kauf anderer Waren im Wert von 50 bis 250 DM bei jedem Sonderbezugsartikel zu einer Preisvergünstigung von etwa 5 bis 10 DM. "Treue-Punkte", die zur Inanspruchnahme solcher Vergünstigungen berechtigen, können nicht mehr als geringwertige Kleinigkeit angesehen werden.
cc) Das Berufungsgericht hat weiter zu Recht angenommen, daß die Gewährung der "Treue-Punkte" nicht als handelsübliche Nebenleistung im Sinne des § 1 Abs. 2 Buchst. d ZugabeVO anzusehen ist (vgl. dazu BGH GRUR 1999, 515, 517 - Bonusmeilen). Weder bestand zur Zeit der Werbemaßnahme (im Jahr 1999) eine entsprechende tatsächliche Übung noch konnte damals angenommen werden, daß sich eine solche Werbemaßnahme nach den Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten hielt. Zu beurteilen ist diese Frage der Anwendung des § 1 Abs. 2 Buchst. d ZugabeVO noch nach den Maßstäben, die von der Zugabeverordnung für den Umfang des Verbraucherschutzes gegen Irreführung, unsachliche Beeinflussung und Preisverschleierung gesetzt wurden. Nach diesen Maßstäben war es unzulässig, Kunden im Rahmen eines "Treue-Punkte"-
Systems, wie es die Beklagte beworben hat, durch Vergünstigungen, deren Ausmaß nicht offengelegt wird, zu "belohnen". Dabei ist entscheidend, daß ein Anreiz, wie ihn die Beklagte durch ihre "Treue-Punkte" gegeben hat, in keiner inneren Beziehung zu den Hauptwaren steht, bei deren Kauf "Treue-Punkte" vergeben werden.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Bergmann

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 60/04 Verkündet am:
5. Juli 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja (nur zu Ls. a)
BGHR: ja
BGB §§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BG, Cl, 309 Nr. 12 a, 315 Abs. 3 Satz 1; ZPO § 546;
KrW-/AbfG Bln §§ 5 Abs. 2, 8 Abs. 1

a) Seit der Eröffnung der Revision auch gegen Urteile des Landgerichts durch die
Zivilprozeßnovelle 2002 kann das Revisionsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen
selbst auslegen, wenn eine unterschiedliche Auslegung durch verschiedene
Berufungsgerichte - verschiedene Landgerichte, verschiedene Oberlandesgerichte
oder ein Landgericht und ein Oberlandesgericht - denkbar ist. Daß die
Klausel nur im Bezirk eines Oberlandesgerichts angewendet wird, steht der Auslegung
durch das Revisionsgericht nicht entgegen.

b) In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Versorgungsunternehmens ist
folgende Klausel gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam:
"Trotz rechtzeitiger Mitteilung [der Einwendungen gegen die Rechnung
der Klägerin] bleibt die Verpflichtung zur Zahlung der Entgelte jedoch
unberührt. Die Einwendungen sind im Rahmen eines Rückforderungsprozesses
geltend zu machen. Ist eine Einwendung begründet, so wird
der zuviel gezahlte Betrag verrechnet oder auf ausdrücklichen Wunsch
des Entgeltpflichtigen erstattet."
BGH, Urt. v. 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - Kammergericht
LG Berlin
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Scharen, die Richterin Ambrosius und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 24. März 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand:


Die Klägerin, eine rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts, betreibt auf der Grundlage des Berliner Betriebegesetzes vom 9. Juli 1993 (BerlBG) die Abfallentsorgung und Straßenreinigung im Land Berlin. Mit der vorliegenden Klage verlangt sie von dem beklagten Hauseigentümer Entgelt für Papierrecycling - und Abfallentsorgungsleistungen in den Jahren 2000 und 2001 in Höhe von 6.301,87 € nebst Zinsen. Der Beklagte macht geltend, die von der Klägerin
festgesetzten Tarife entsprächen nicht der Billigkeit im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB.
Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme eines Teils der Zinsforderung stattgegeben, weil nach den Leistungsbedingungen der Klägerin Einwendungen gegen die Rechnung die Zahlungspflicht nicht ausschlössen und erst im Rahmen eines Rückforderungsprozesses geltend gemacht werden könnten. Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt er seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dieses muß schon im vorliegenden Zahlungsprozeß der Klägerin prüfen, ob die vom Beklagten erhobene Einrede der unbilligen Leistungsbestimmung (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB) berechtigt ist. Die anderslautende Ausschlußklausel in den Leistungsbedingungen der Klägerin ist unwirksam.
I. Die Klägerin hat, wie auch der Beklagte nicht bezweifelt, grundsätzlich gegen ihre Kunden einen Anspruch auf Zahlung des tariflichen Entgelts für die von ihr erbrachten Abfallentsorgungsleistungen. Der Entgeltanspruch ergibt sich aus dem zwischen der Klägerin und den Abfallbesitzern bestehenden privatrechtlichen "Benutzungsverhältnis".
Dieses resultiert aus § 5 Abs. 2 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes Berlin (KrW-/AbfG Bln), wonach die Abfallbesitzer das Recht und die Pflicht haben, ihre Abfälle durch die Klägerin entsorgen zu lassen (Anschlußund Benutzungszwang), und aus § 8 Abs. 1 KrW-/AbfG Bln, wonach die Kosten der Abfallentsorgung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger - nach § 2 Abs. 1 KrW-/AbfG Bln das Land Berlin - durch privatrechtliche Entgelte zu decken sind, die von den benutzungspflichtigen Grundeigentümern nach Maßgabe der von der Aufsichtsbehörde gemäß § 18 Abs. 2 BerlBG genehmigten Entgeltordnung zu zahlen sind. Durch den Anschluß- und Benutzungszwang einerseits und die - der öffentlichen Verwaltung bei der Daseinsvorsorge erlaubte - privatrechtliche Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses andererseits , die aus der Wahl privatrechtlicher Entgelte hervorgeht (vgl. Erichsen/ Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl., § 29 Rdn. 34), kommt zwischen der Klägerin und dem Abfallbesitzer ein privatrechtliches "Benutzungsverhältnis" zustande. Ob es sich dabei um einen (Werk-)Vertrag handelt (so BGHZ 115, 311, 314), braucht hier nicht entschieden zu werden. Auf die Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und ihren Kunden findet das Werkvertragsrecht jedenfalls entsprechende Anwendung (vgl. BGHZ 59, 303, 305).
In diesem Verhältnis gelten die von der Klägerin einseitig festgesetzten Tarife und ihre Leistungsbedingungen ohne besondere Einbeziehungsvereinbarung im Sinne der §§ 2 Abs. 1 AGBG, 305 Abs. 2 BGB. Dies ergibt sich hinsichtlich der Tarife aus dem Gesetzeswortlaut (§ 8 Abs. 1 KrW-/AbfG Bln). Es muß aber aufgrund des im Verwaltungsprivatrecht zu beachtenden öffentlichrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes (BGHZ 115, 311, 318), der eine für alle Kunden gleiche Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen verlangt, auch für
die Leistungsbedingungen gelten. Sie sind als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu behandeln (BGH, Urt. v. 03.11.1983 - III ZR 227/82, MDR 1984, 558).
Die Höhe des Entgelts richtet sich nach der von der Klägerin einseitig festgesetzten Entgeltordnung. Die Leistungsbedingungen der Klägerin vom 21. März 2001 besagen dazu (Nr. 2.2.18 Abs. 1), daß für das Einsammeln von Abfällen nach Maßgabe der im Amtsblatt für Berlin veröffentlichten Tarife Entgelte erhoben werden. Diese Klausel, mit der die Klägerin ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht für sich in Anspruch nimmt, ist eine die gesetzliche Regelung des § 8 Abs. 1 KrW-/AbfG Bln wiederholende und somit lediglich deklaratorische Bestimmung und unterliegt daher nicht der Inhaltskontrolle nach §§ 9 ff. AGBG, 307 ff. BGB.
Der Beklagte schuldet der Klägerin also grundsätzlich das tarifliche Entgelt. Die Parteien sind sich darüber einig, daß die Klägerin dessen Höhe auf der Grundlage ihrer Tarife richtig berechnet hat. Der Streit dreht sich allein um die Einrede des Beklagten, daß die Tarife als solche zu hoch und deshalb für ihn als Kunden nicht verbindlich seien.
II. Zu Unrecht - wenngleich von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben, ohne über die Berechtigung dieser Einrede zu entscheiden.
1. Den Kunden eines Versorgungsunternehmens steht grundsätzlich die Einrede der unbilligen Tariffestsetzung zu.

a) Es ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seit langem anerkannt , daß Tarife von Unternehmen, die mittels eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfall angewiesen ist, nach billigem Ermessen festgesetzt werden müssen und einer Billigkeitskontrolle entsprechend § 315 Abs. 3 BGB unterworfen sind (vgl. nur BGH, Urt. v. 19.01.1983 - VIII ZR 81/82, NJW 1983, 659; Urt. v. 03.11.1983, aaO; BGHZ 115, 311, 316 m.w.N.; Urt. v. 30.04.2003 - VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131). Dies ist zum Teil aus der Monopolstellung des Versorgungsunternehmens hergeleitet worden (BGH, Urt. v. 04.12.1986 - VII ZR 77/86, NJW 1987, 1828; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 15; dagegen und für eine Kontrolle über §§ 138, 305 f. BGB Staudinger/Rieble, BGB (2004), § 315 Rdn. 51 f.), muß aber für den hier vorliegenden Fall eines Anschluß- und Benutzungszwangs genauso gelten. Denn auch dann kann der Kunde der einseitigen Preisfestsetzung des Versorgungsunternehmens nicht durch Wahl eines anderen, konkurrierenden Anbieters entgehen.

b) Die entsprechende Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB hat zur Folge, daß die vom Versorgungsunternehmen angesetzten Tarife für den Kunden nur verbindlich sind, wenn sie der Billigkeit entsprechen (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Entspricht die Tarifbestimmung nicht der Billigkeit, so wird sie, sofern das Versorgungsunternehmen dies beantragt, ersatzweise im Wege der richterlichen Leistungsbestimmung durch Urteil getroffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB; vgl. Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 294 f.). Erst die vom Gericht neu festgesetzten niedrigeren Tarife sind für den Kunden verbindlich, und erst mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig und kann der Kunde in Verzug geraten (BGH, Urt. v.
24.11.1995 - V ZR 174/94, NJW 1996, 1054; MünchKomm./Gottwald, BGB, 4. Aufl., § 315 Rdn. 49; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 315 Rdn. 17; Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 276); erst von diesem Zeitpunkt an besteht mithin eine im gerichtlichen Verfahren durchsetzbare Forderung des Versorgungsunternehmens.

c) Das gilt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auch dann, wenn, wie hier, die Tarifbestimmung mit Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde getroffen worden ist. Denn die rein öffentlich-rechtliche Wirkung der Genehmigung beschränkt sich auf das Verhältnis der Behörde zum Genehmigungsempfänger und ist für die privatrechtliche Überprüfung eines einseitig festgesetzten Entgelts anhand des § 315 Abs. 3 BGB nicht präjudiziell (vgl. nur BGHZ 115, 311, 315; BGH, Urt. v. 02.07.1998 - III ZR 287/97, NJW 1998, 3188, jeweils m.w.N.; vgl. auch Ludwig /Odenthal/ Hempel/Franke, Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, § 30 AVBEltV Rdn. 56).
2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Beklagte nicht darauf beschränkt, die Einrede der unbilligen Leistungsbestimmung im Rahmen eines Rückforderungsprozesses geltend zu machen. Soweit die Leistungsbedingungen der Klägerin einen Einwendungsausschluß für den Zahlungsprozeß enthalten, ist dieser unwirksam.

a) Die diesbezügliche Klausel Nr. 1.4.2 der von der Klägerin zu den Akten gereichten Leistungsbedingungen vom 21. März 2001, die nach Nr. 2.2.21
nicht nur für die Straßenreinigung, sondern auch für die Abfallentsorgung gilt, lautet:
"Einwendungen gegen Entgeltansprüche
(1) Entgeltansprüche verjähren in vier Jahren. Einwendungen gegen die Rechnung sind innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach ihrem Zugang schriftlich bei den BSR geltend zu machen.
(2) Trotz rechtzeitiger Mitteilung bleibt die Verpflichtung zur Zahlung der Entgelte jedoch unberührt. Die Einwendungen sind im Rahmen eines Rückforderungsprozesses geltend zu machen. Ist eine Einwendung begründet, so wird der zuviel gezahlte Betrag verrechnet oder auf ausdrücklichen Wunsch des Entgeltpflichtigen erstattet."

b) Die vom Beklagten erhobene Einrede der unbilligen Tariffestsetzung wird vom sachlichen Anwendungsbereich dieser Ausschlußklausel erfaßt.
aa) Bei deren Auslegung ist der erkennende Senat an das tatrichterliche Verständnis nicht gebunden, obwohl Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) keine Rechtsnormen sind und ihre Auslegung daher grundsätzlich Sache des Tatrichters ist.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß AGB dann wie revisible Rechtsnormen zu behandeln und infolgedessen
vom Revisionsgericht frei auszulegen sind, wenn sie bestimmten Anforderungen in bezug auf ihren räumlichen Geltungsbereich genügen. Der Grund dafür ist das Bedürfnis nach einheitlicher Handhabung überörtlich geltender AGB (BGHZ 112, 204, 210; 144, 245, 248). Dieses Bedürfnis gebietet es, immer dann, wenn gegen die Urteile verschiedener Berufungsgerichte die Revision zum Bundesgerichtshof eröffnet ist, diesem die Auslegung zu übertragen. In den älteren Entscheidungen hieß es auch, AGB seien frei auszulegen, soweit sie über den Bezirk des "Berufungsgerichts" hinaus angewendet würden (BGHZ 98, 256, 258; 105, 24, 27). Spätere Entscheidungen besagten zwar, daß die AGB über den Bezirk eines "Oberlandesgerichts" hinaus gelten müßten (z.B. BGHZ 112, aaO; 144, aaO). Damit war aber ersichtlich kein Wechsel der Begründung bezweckt, sondern der Begriff "Oberlandesgericht" wurde schlicht als Synonym zu "Berufungsgericht" benutzt, weil damals, nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Revisionsrecht (§ 545 Abs, 1 ZPO a.F.), nur gegen von den Oberlandesgerichten erlassene Urteile die Revision möglich war. Nach Sinn und Zweck dieser Rechtsprechung ist es geboten, seit Geltung des neuen Revisionsrechts, nach dem gegen die Urteile aller Berufungsgerichte , sei es das Landgericht oder das Oberlandesgericht, die Revision möglich ist (§ 542 Abs. 1 ZPO n.F.), zu dem Begriff "Berufungsgericht" zurückzukehren (diesen verwendet auch Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 545 Rdn. 8).
Die Leistungsbedingungen der Klägerin gelten zwar nur in Berlin, aber gleichwohl "über den Bezirk eines Berufungsgerichts hinaus". Denn je nach Streitwert der Entgeltklage ist in erster Instanz das Amtsgericht oder das Landgericht zuständig und entscheidet im Berufungsverfahren das Landgericht oder das Kammergericht. Die daraus resultierende Gefahr widerstreitender Beru-
fungsurteile hat sich auch bereits verwirklicht. Abweichend von dem vorliegenden Berufungsurteil des Kammergerichts (26 U 142/03) hat das Landgericht Berlin als Berufungsgericht entschieden, daß die streitige Ausschlußklausel die Einrede nach § 315 Abs. 3 BGB nicht erfasse (48 S 28/04).
bb) Der erkennende Senat schließt sich der gegenteiligen Auslegung des Berufungsgerichts an.
Der Wortlaut der Klausel - "Einwendungen gegen die Rechnung" - deckt nach allgemeinem Sprachverständnis sämtliche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe ab, die der Kunde der Entgeltforderung der Klägerin entgegensetzen kann. Er läßt keine Beschränkung auf bestimmte, besondere Einwendungen erkennen. Insbesondere bietet die allgemein gehaltene Formulierung keinen Anhaltspunkt dafür, daß nur die Rüge von Ablese- oder Berechnungsfehlern in engerem Sinne gemeint ist, Einwände gegen den Tarif als solchen nach § 315 Abs. 3 BGB hingegen nicht erfaßt werden.
Auch Sinn und Zweck der Klausel sprechen dagegen, daß § 315 Abs. 3 BGB ausgenommen ist. Die Klausel ist in Anlehnung an die normativen Regelungen der §§ 30 AVBEltV, 30 AVB GasV, 30 AVB FernwärmeV und 30 AVBWasserV formuliert, in denen es heißt, daß Einwände gegen Rechnungen und Abschlußrechnungen zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur berechtigen, soweit sich aus den Umständen ergibt, daß offensichtliche Fehler vorliegen. Diese Vorschriften sollen gewährleisten, daß die grundsätzlich zur Vorleistung verpflichteten Versorgungsunternehmen nicht unvertretbare Verzögerungen bei der Realisierung ihrer Preisforderungen in Fällen hinnehmen müssen, in denen Kunden Einwände geltend machen, die sich letztlich als
unberechtigt erweisen (Begründung des Bundesministers für Wirtschaft, wiedergegeben bei Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, § 30 AVBEltV Rdn. 3). Die Verfolgung dieses Zwecks, der ersichtlich auch der Ausschlußklausel in den Leistungsbedingungen der Klägerin zugrunde liegt, gebietet eine weite Auslegung dahin, daß alle Einwände gegen Grund und Höhe des Zahlungsanspruchs ohne Rücksicht auf ihre rechtliche Einordnung erfaßt werden, einschließlich der Einwände gegen die Höhe der Tarife nach § 315 Abs. 3 BGB (so auch BGH, Urt. v. 03.11.1983, aaO, zu einer Vorgängerklausel in den Leistungsbedingungen der Klägerin; vgl. auch BGH, Urt. v. 26.05.2004 - VIII ZR 311/03, NJW 2004, 2161 zur weiten Auslegung der Haftungsbeschränkung in § 6 AVBEltV; ebenso Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, aaO Rdn. 9, 26).
cc) Mit diesem Verständnis der Klausel begründet der erkennende Senat auch keine Divergenz zu früheren Urteilen des Bundesgerichtshofs, die sich mit dem Einwendungsausschluß in den Geschäftsbedingungen eines Versorgungsunternehmens befaßt haben. Denn die einschlägigen Urteile betrafen entweder nicht die Einrede nach § 315 Abs. 3 BGB (Urt. v. 24.03.1988 - III ZR 11/87, MDR 1988, 759) oder nicht die Leistungsbedingungen der Klägerin (Urt. v. 19.01.1983, aaO; BGHZ 115, 311 ff.; Urt. v. 30.4.2003, aaO).

c) Die somit ihrem Inhalt nach einschlägige streitige Ausschlußklausel ist jedoch unwirksam.
Der Prüfungsmaßstab für die Ausschlußklausel ist nicht § 315 Abs. 3 BGB. Denn sie betrifft weder die Leistungsbestimmung, d.h. die Festsetzung des vom Kunden zu zahlenden Entgelts oder etwaiger Nebenpflichten, noch
Leistungsmodalitäten wie Leistungsort oder -zeit. Die Klausel regelt anderweitige Vertragsbestimmungen und ist daher der AGB-Inhaltskontrolle nach §§ 9 ff. AGBG, 307 ff. BGB unterworfen. Dieser Kontrolle hält sie nicht stand.
aa) Entgegen der Ansicht der Revision handelt es sich allerdings nicht um eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen (§§ 11 Nr. 15 a AGBG, 309 Nr. 12 a BGB). Im Rahmen der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB trifft nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Bestimmungsberechtigten die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß seine Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht (vgl. nur BGH, Urt. v. 30.04.2003, aaO m.w.N.; so auch die herrschende Meinung im Schrifttum, vgl. nur MünchKomm./Gottwald, aaO Rdn. 53; Staudinger/Rieble, aaO, § 288 f.; a.A. Palandt/Sprau, aaO Rdn. 19). Diese Beweisverteilung wird durch die streitige Klausel nicht berührt.
(1) Durch Auslegung läßt sich der Klausel keine Beweislastumkehr entnehmen. Ihr Text, wonach "die Einwendungen im Rahmen eines Rückforderungsprozesses geltend zu machen (sind)", erwähnt die Beweislast nicht, und auch der bereits dargelegte Zweck der Klausel, das Versorgungsunternehmen vor Verzögerungen bei der Realisierung seiner Preisforderungen zu schützen, wird allein durch die Verweisung der Einwände des Kunden in einen Rückforderungsprozeß voll und ganz erreicht und erfordert daher keine weitergehende Einschränkung seiner Rechte. Die streitige Klausel bezweckt keine materiellrechtliche Verschlechterung der Position des Kunden (Ludwig/Odenthal/ Hempel/Franke, aaO Rdn. 58). Vielmehr entspricht es Sinn und Zweck der
Klausel, im Rückforderungsprozeß des Kunden die Darlegungs- und Beweislast genauso zu handhaben, wie sie im Zahlungsprozeß des Versorgungsunternehmens ohne die streitige Klausel anzuwenden wäre (OLG Hamm WuM 1991, 431).
(2) Eine Beweislastumkehr folgt auch nicht aus dem Umstand, daß der Kunde im Rückforderungsprozeß seinen Anspruch auf ungerechtfertigte Bereicherung stützen muß (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Frage, ob es sich überhaupt um eine Beweislastklausel im Sinne der §§ 11 Nr. 15 a AGBG, 309 Nr. 12 a BGB handeln würde, wenn die Veränderung der Beweislast lediglich die Folge der Verweisung des Kunden auf einen Rückforderungsprozeß wäre, kann hier offenbleiben (verneint für die Abgabe eines vorformulierten abstrakten Schuldversprechens von BGHZ 99, 274, 284 f.; 114, 9, 12). Zwar würde die Anwendung des Grundsatzes, daß der Bereicherungsgläubiger dartun und beweisen muß, daß er ohne Rechtsgrund geleistet hat, im vorliegenden Fall bedeuten , daß der Kunde die Unverbindlichkeit der Tarife und damit deren Unbilligkeit darzulegen und zu beweisen hätte, wobei seine Belastung lediglich durch die sogenannte sekundäre Behauptungslast der Klägerin bezüglich der in ihrem Wahrnehmungs- und Verantwortungsbereich gelegenen tatsächlichen Grundlagen der Tarifgestaltung gemildert wäre (BGHZ 154, 5, 9). Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Wenn eine Zahlung lediglich als Abschlag oder Vorauszahlung in Erwartung einer noch festzustellenden Schuld erfolgt ist, so hat bei einer Rückforderung der Empfänger das Bestehen der Forderung zu beweisen (BGH, Urt. v. 09.03.1989 - IX ZR 64/88, NJW 1989, 1606; Urt. v. 08.07.2004 - III ZR 435/02, NJW 2004, 2897). Da auch die Zahlung des Kunden eines Versorgungsunternehmens, der durch eine AGBKlausel mit seinen Einwänden auf einen Rückforderungsprozeß verwiesen
wird, konkludent unter Vorbehalt erfolgt, muß es auch in diesem Fall im bereicherungsrechtlichen Rückforderungsprozeß dabei bleiben, daß das Versorgungsunternehmen die Darlegungs- und Beweislast für die Verbindlichkeit bzw. Billigkeit seiner Tarife trägt.
(3) Davon ist auch der Bundesgerichtshof in seinem frühere Leistungsbedingungen der Klägerin betreffenden Urteil vom 3. November 1983 (aaO) ohne weiteres - stillschweigend - ausgegangen (so auch das Kammergericht in ständiger Rechtsprechung, vgl. Urt. v. 22.03.2001, NVwZ-RR 2002, 384; OLG Hamm aaO; Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, aaO Rdn. 12, 55, 58). Soweit der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Bezug auf die inhaltlich ähnliche Klausel des § 30 AVBEltV am Rande die Ansicht geäußert hat, daß im Rückforderungsprozeß der Kunde nach allgemeinen bereicherungsrechtlichen Grundsätzen die Unbilligkeit der Leistungsbestimmung des Versorgungsunternehmens darzutun und zu beweisen habe (BGH, Urt. v. 19.01.1983 - VIII ZR 81/82, NJW 1983, 1777; BGHZ 154, 5, 9), vermag sich der erkennende Senat dieser Ansicht aus den dargelegten Gründen nicht anzuschließen.
bb) Die streitige Bestimmung verstößt jedoch gegen die Generalklausel der §§ 9 AGBG, 307 BGB, die eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners verbietet.
(1) Die Klausel ist allerdings nicht etwa deshalb zu beanstanden, weil die Klägerin mit ihr eine - der Verwaltung nicht erlaubte - "Flucht ins Privatrecht" angetreten, d.h. sich ihrer öffentlich-rechtlichen Bindungen zu entledigen versucht hätte. Wenn die Verwaltung, wie hier, öffentliche Aufgaben in den Formen des Privatrechts wahrnimmt, so werden die Normen des Privatrechts
durch Bestimmungen des öffentlichen Rechts ergänzt, überlagert und modifiziert (sog. Verwaltungsprivatrecht). Die in den Formen des Privatrechts handelnde Verwaltung hat jedenfalls die grundlegenden Prinzipien der öffentlichen Finanzgebarung zu beachten (BGHZ 91, 84, 96 f.; 115, 311, 318). Soweit diese das für die Abgabeneinziehung geltende Verfahrensrecht einschließen, ergeben sich gegen die Klausel indessen keine Bedenken. Auch öffentliche Abgaben muß der in Anspruch Genommene bei wirtschaftlicher Betrachtung schon vor Klärung der Rechtslage leisten. Einwendungen gegenüber der Leistungspflicht hindern die Durchsetzung des Anspruchs nicht ohne weiteres; nach § 80 Abs. 2 VwGO entfällt bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage. Zwar kommt eine Wiederherstellung dieser Wirkung und damit eine Aussetzung der Vollziehung in Betracht, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Auch bei ernstlichen Zweifeln, d.h. dann, wenn der Erfolg des Rechtsmittels ebenso wahrscheinlich wie der Mißerfolg ist (Redeker/ v.Oertzen, VwGO, 13. Aufl., § 80 Rdn. 36), kann die Behörde die Aussetzung aber von einer Sicherheitsleistung abhängig machen (§ 80 Abs. 4 S. 2, 3 VwGO), die im Ergebnis zu einer weitgehenden Sicherstellung der öffentlichen Hand und einer vergleichbaren Belastung des Bürgers führt, wie sie der Einwendungsausschluß der streitigen Klausel mit sich bringt. Auch nach öffentlichem Recht läuft der Bürger also Gefahr, bei einem sich später als unbegründet erweisenden Abgabenbescheid zum einen zunächst einmal leisten und zum anderen die aktive Parteirolle ergreifen zu müssen, um sein Geld zurückzuerhalten.
Daß somit die streitige Klausel im wesentlichen der öffentlich-rechtlichen Regelung entspricht, hindert andererseits nicht die Feststellung ihrer Unwirk-
samkeit nach §§ 9 AGBG, 307 BGB. Entscheidet sich die öffentliche Hand, Leistungsverhältnisse im Rahmen der Daseinsvorsorge in privatrechtlicher Form zu regeln, so muß sie es hinnehmen, daß der privatrechtliche Gehalt solcher Benutzungsverhältnisse der Kontrolle der ordentlichen Gerichte nach den für das Privatrecht maßgebenden Rechtssätzen unterliegt (BGHZ 115, 311, 317). Bei dieser Inhaltskontrolle spielt es deshalb auch keine Rolle, daß der Verordnungsgeber mit dem jeweiligen § 30 der Verordnungen über die AVB der Elektrizitäts -, Fernwärme-, Gas- und Wasserversorgungsunternehmen unter Abwägung der gegenläufigen Interessen von Versorgungsunternehmen und Kunden ein normatives Leitbild geschaffen hat (vgl. BGHZ 138, 118, 126 f.).
(2) Es kann dahinstehen, ob die streitige Klausel eine unangemessene Benachteiligung bereits deshalb enthält, weil sie keine Ausnahmeregelung für den Fall vorsieht, daß "offensichtliche" Fehler vorliegen, wie sie in § 30 der AVB der Elektrizitäts-, Fernwärme-, Gas- und Wasserversorgungsunternehmen enthalten ist (so Beuermann, GE 2003, 1192, 1196), oder ob die Klausel insoweit nach ihrem Sinn und Zweck und nach Treu und Glauben entsprechend einschränkend auszulegen ist (vgl. dazu BGH, Urt. v. 31.10.1984 - VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320; Urt. v. 03.04.2003 - IX ZR 287/99, NJW 2003, 2231 für die Bürgschaft auf erstes Anfordern; Urt. v. 24.03.1988, aaO, 759; Ludwig /Odenthal/Hempel/Franke, aaO Rdn. 11; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl., § 5 Rdn. 41, § 6 Rdn. 15).
(3) Denn die Klausel ist jedenfalls deshalb unwirksam, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der privatrechtlichen gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren ist, so daß eine unangemessene Benachteiligung der Kunden im Zweifel anzunehmen ist (§§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB),
und weil die Klägerin nicht ausreichend dargelegt hat, daß die Benachteiligung der Kunden durch eigene höherrangige Interessen gerechtfertigt ist (BGHZ 114, 238, 242).
(a) Es ist eine grundlegende gesetzliche Regel des privaten Schuldrechts , daß der Gläubiger das Entstehen, die Begründetheit und die Fälligkeit seiner Forderung darlegen und beweisen muß, bevor er Erfüllung verlangen kann, und daß er umgekehrt keine Leistung beanspruchen kann, wenn der Schuldner berechtigte Einwände darlegt und beweist (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.1990 - IX ZR 294/89, NJW-RR 1990, 1265 für den ähnlich gelagerten Fall der Bürgschaft auf erstes Anfordern, dort auch in Anwendung des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG). Von dieser Grundregel weicht die streitige Ausschlußklausel ab, weil sie den Schuldner mit seinen Einwendungen auf einen Rückforderungsprozeß verweist.
(b) Weil die Klausel auch den Einwand der unbilligen einseitigen Leistungsbestimmung erfaßt, ist sie ferner auch mit § 315 Abs. 3 BGB nicht zu vereinbaren , der ein formularmäßig nicht abdingbares Gerechtigkeitsgebot enthält. Ist der Einwand der Unangemessenheit nach § 315 BGB gerechtfertigt, so ist, wie bereits dargelegt, von Anfang an nur der angemessene, im Ergebnis vom Gericht bestimmte Betrag geschuldet. Nur auf diesen hat die Klägerin Anspruch. Eine Rechtfertigung, ihr darüber hinaus die Befugnis zuzugestehen, zunächst eine unter Umständen gar nicht geschuldete Leistung zu vereinnahmen und den Abnehmer auf einen Rückforderungsprozeß zu verweisen, ist nicht zu erkennen. Das liefe dem Zweck des § 315 BGB zuwider (vgl. dazu BGH, Urt. v. 19.01.1983, aaO; Urt. v. 30.04.2003, aaO).
(c) Die Klägerin hat nicht dargelegt, daß demgegenüber ihre schutzwürdigen Belange ein größeres Gewicht haben. Dies gilt auch dann, wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, daß ein beträchtlicher Teil der von ihren Kunden erhobenen und von ihr zurückgewiesenen Einwendungen sich letztlich als unbegründet erweisen wird (vgl. die Begründung des Bundesministers für Wirtschaft zu § 30 AVBEltV). Dies mag auch für die Rüge überhöhter Tarife zutreffen, zumal die Genehmigung der Aufsichtsbehörde (§ 18 Abs. 2 BerlBG), die nur erteilt werden darf, wenn die Tarife den verwaltungsrechtlichen Grundsätzen einer kostengünstigen, nicht auf Gewinnerzielung ausgerichteten Versorgung entsprechen, wenngleich keine ausreichende Gewähr, so doch ein gewisses Indiz für die Billigkeit der Tarife liefert (vgl. Ludwig /Odenthal/Hempel/ Franke, aaO Rdn. 56; offengelassen in BGH, Urt. v. 03.02.2003, aaO). Bei unbegründeten Schuldnereinwendungen handelt es sich jedoch um ein typisches Gläubigerrisiko, das im Normalfall durch den Anspruch auf Verzugschadensersatz hinreichend ausgeglichen wird. Die Klägerin hat nicht substantiiert dargelegt , daß dies bei ihr nicht der Fall ist. Sie hat nur in allgemeiner Form auf ihre Vorleistungspflicht aufmerksam gemacht - die indes durch die Pflicht der Kunden zu vierteljährlicher Zahlung weitgehend entschärft ist (Nr. 2.2.21 Abs. 2 Satz 1, 1.4.1 Abs. 2 Satz 1 der Leistungsbedingungen) - und auf ihr - vom Beklagten bestrittenes - Liquiditätsrisiko und auf das Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst kostengünstigen Abfallbeseitigung hingewiesen, hat aber nichts Konkretes dazu vorgetragen, in welcher Größenordnung sie durch Anwendung der streitigen Klausel Einnahmeausfälle, Verzugsschäden und Rechtsverfolgungskosten vermeiden kann. Trotz des Bestreitens des Beklagten hat die Klägerin nicht einmal dargelegt, in welcher Höhe sie überhaupt durch unbegründete Nichtzahlung ihrer Rechnungen Verluste erleidet, ge-
schweige denn, in welchem Umfang ihre Kunden gerade - und zwar unbegründet - die für das Gewicht der Kundenbenachteiligung ausschlaggebende Einrede der überhöhten Tariffestsetzung erheben und in welcher Größenordnung sie, die Klägerin, einen bleibenden Schaden erfahren würde, wenn diese Einrede im Zahlungsprozeß zu berücksichtigen wäre. Gegen eine hieraus resultierende Liquiditätsgefährdung spricht jedenfalls der vom Beklagten unwidersprochen vorgetragene Umstand, daß die Klägerin Entgeltrückstände erst kurz vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist gerichtlich geltend macht.
In Ermangelung näherer Darlegungen der Klägerin ist es dem Senat nicht möglich, das Gewicht der durch die streitige Klausel geschützten berechtigten Belange der Klägerin abzuschätzen und zu beurteilen, ob sie die Benachteiligung der Kunden überwiegen. Deshalb hilft auch die Erwägung nicht, daß der mit der Klausel verbundene Nachteil im Einzelfall bei Zuvielforderungen der Klägerin nicht sehr schwer wiegen mag. Die Klägerin entzieht den Kunden ihre Einwendungen nicht auf Dauer, sondern verweist sie lediglich auf ein gesondertes Verfahren. Daß der Kunde im Rückforderungsprozeß die aktive Kläger- statt der Beklagtenrolle übernehmen muß, belastet ihn in rechtlicher Hinsicht nicht, da, wie bereits dargelegt worden ist, die Darlegungs- und Beweislast sich nicht verändert und auch das Kostenrisiko sich nicht erhöht. Auch ist mit der Rückforderung der Leistung so gut wie kein Insolvenzrisiko verbunden , weil das Land Berlin Gewährträger der Klägerin ist (§ 4 BerlBG). Dies ändert indessen nichts daran, daß die Klägerin das Gewicht ihrer eigenen Interessen nicht hinreichend dargelegt hat.
Die diesbezüglichen Zweifel gehen zu Lasten der darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin. Deshalb muß die streitige Klausel als unwirksam beur-
teilt werden (vgl. Palandt/Sprau, vor § 765 Rdn. 14 zur Bürgschaft auf erstes Anfordern; dafür - mit anderer Begründung - auch Rott/Butters, VuR 1999, 75, 79 und Beuermann, aaO S. 1196 f.; a.A. Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, aaO Rdn. 8; Herrmann/Recknagel/Schmidt-Salzer, Allgemeine Versorgungsbedingungen , § 30 AVBV Rdn. 15).
III. Das Berufungsurteil, das auf der Annahme beruht, die Klausel sei wirksam und der Beklagte mit seinem Einwand der unbilligen Tariffestsetzung im vorliegenden Zahlungsprozeß der Klägerin ausgeschlossen, kann somit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben.
Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um der Klägerin Gelegenheit zur Darlegung und zum Beweis zu geben, daß ihre Tarife der
Billigkeit entsprechen. Dazu hatte sie im Berufungsverfahren noch keinen Anlaß , nachdem die erstinstanzlich entscheidende Zivilkammer 9 des Landgerichts Berlin die Ausschlußklausel für wirksam gehalten hatte und dies mit der vorangegangenen Rechtsprechung des Kammergerichts in Einklang stand.
Melullis Scharen Ambrosius
Meier-Beck Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
X ZR 87/04 Verkündet am:
15. Februar 2005
Weschenfelder
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB a.F. §§ 284 Abs. 2, 315
Die kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit nach § 284 Abs. 2 BGB
kann auch einseitig gemäß § 315 BGB erfolgen. Dazu bedarf es keiner Vereinbarung
der Vertragsparteien, wenn privatrechtliche Entgelte für im öffentlichen
Interesse erbrachte Entsorgungsleistungen aufgrund eines Anschluß- und Benutzungszwangs
geschuldet werden.
(Fortführung von BGH, Urt. v. 03.11.1983 - III ZR 227/82, MDR 1984, 558)
Werden Entsorgungsentgelte aufgrund eines Anschluß- und Benutzungszwangs
einseitig bestimmt, so muß sich die Entgelterhebung an öffentlichrechtlichen
Maßstäben messen lassen. Dies kann dazu führen, daß auch bei
kalendermäßig festgelegten Leistungszeitpunkten die Übersendung einer
Rechnung an den Entgeltschuldner Voraussetzung der Fälligkeit ist.
BGH, Urt. v. 15. Februar 2005 - X ZR 87/04 - Kammergericht
LG Berlin
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
den Richter Keukenschrijver, die Richterin Ambrosius und die Richter Asendorf
und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision der Klägerin wird das am 17. Mai 2004 verkündete Urteil des 22. Zivilsenats des Kammergerichts unter Zurückweisung der Revision im übrigen im Kostenausspruch sowie insoweit abgeändert, wie es die Berufung der Klägerin auch wegen weiterer Zinsen aus 11.415,10 € in Höhe von 3 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank für die Zeit vom 1. Juli 1999 bis zum 14. Dezember 2001 zurückgewiesen hat.
II. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 12. August 2003 abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere Zinsen aus 11.415,10 € in Höhe von 3 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank für die Zeit vom 1. Juli 1999 bis zum 14. Dezember 2001 zu zahlen. Die weitergehende Berufung der Klägerin bleibt zurückgewiesen.
III. Die Klägerin trägt die durch die Anrufung des Amtsgerichts Charlottenburg entstandenen Mehrkosten sowie 12 % der übri- gen Kosten in erster Instanz, 4 % der Kosten in zweiter Instanz und 27 % der Kosten der Revision. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits fallen dem Beklagten zur Last.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte war vom 4. März 1998 bis zum 22. Juni 1999 Eigentümer eines Grundstücks in Berlin, für das die Klägerin Straßenreinigungs-, Abfallentsorgungs - und Biomüllentsorgungsleistungen erbracht hat. Die Parteien streiten im Revisionsverfahren nur noch um restliche Zinsansprüche wegen des von dem Beklagten der Klägerin für 1998 geschuldeten Leistungsentgelts.
In den maßgeblichen Leistungsbedingungen der Klägerin vom 1. Januar 1994 heißt es u.a.:
"1.5 Zahlung der Entgelte
1.5.1 Die BSR (Klägerin) stellen über die zu zahlenden Entgelte Rechnungen aus. Die Rechnungen gelten so
lange, bis sie durch eine neue Rechnung berichtigt oder ersetzt werden.
1.5.2 Das Entgelt ist in vier gleichen Teilbeträgen am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November eines jeden Jahres fällig.
1.5.3 Die BSR behalten sich vor, ... bei Überschreitung des Fälligkeitstages den Verzugsschaden in Höhe von 3 % über dem jeweils geltenden Diskontsatz der Deutschen Bundesbank ohne Nachweis geltend zu machen , es sei denn ..."
Die Klägerin stellte dem Beklagten die für das Jahr 1998 erbrachten Leistungen erstmals am 17. Juni 1999 in Rechnung. In der Rechnung heißt es u.a.:
"Der Betrag in EUR ist wie folgt fällig:
Fällig am netto (EUR) 30.06.1999 13.157,82 ..."
Das Landgericht hat den Beklagten nach teilweiser Klagerücknahme antragsgemäß zur Zahlung von 11.415,10 € verurteilt, jedoch die Klage wegen der ferner geltend gemachten Verzugszinsen für die Zeit vom 1. Juli 1999 bis
zum 14. Dezember 2001 (Zustellung des Mahnbescheids) abgewiesen, weil ohne Mahnung kein Verzug eingetreten sei.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Klägerin hat ihren Zinsanspruch weiterverfolgt und die Klage diesbezüglich erweitert. Sie hat Zinsen aus 11.415,10 € für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Mai 2000 in Höhe von 3 und ab dem 1. Juni 2000 bis zum 14. Dezember 2001 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz begehrt.
Das Berufungsgericht hat die Berufungen der Klägerin und des Beklagten zurückgewiesen. Es hat die Revision zugelassen, soweit es über die Berufung der Klägerin entschieden hat.
Die Klägerin verfolgt mit der Revision ihre Zinsansprüche aus der Berufungsinstanz weiter. Der Beklagte hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten, sich in der Revisionsinstanz aber nicht geäußert. Der ordnungsgemäß geladene Beklagte war im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten.

Entscheidungsgründe:


Über die Revision der Klägerin ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden , das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis beruht (BGHZ 37, 79, 81). Die Revision hat nur teilweise Erfolg. Für den Zeitraum bis zum 30. Juni 1999 stehen der Klägerin keine Zinsen zu. Vom 1. Juli 1999 bis zum 14. Dezember
2001 können ihr Zinsen nur in geringerem Umfang als begehrt zugesprochen werden.
I. Für die Zeit vor dem 30. Juni 1999 hat das Berufungsgericht zutreffend einen Zinsanspruch der Klägerin verneint, weil es zu den in den Leistungsbedingungen vereinbarten vierteljährlichen Zahlungsterminen an einer von der Klägerin ausgestellten Rechnung fehlte.
1. Zwar ist, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, mit der Festlegung der vierteljährlichen Zahlungstermine in Nr. 1.5.2 der Leistungsbedingungen eine Leistungszeit wirksam im Sinne des § 284 Abs. 2 BGB a.F. kalendermäßig bestimmt. Die kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit kann nicht nur, wie im Regelfall, durch Vereinbarung der Vertragsparteien erfolgen. Vielmehr kommt grundsätzlich auch eine einseitige Bestimmung durch eine der Vertragsparteien, also auch den Gläubiger, nach § 315 BGB in Betracht. Ebenso wie einer Vertragspartei gemäß § 315 BGB die Bestimmung der Leistung nach billigem Ermessen übertragen werden kann, ist dies bei einer Festsetzung der kalendermäßigen Leistungszeit möglich.
§ 315 BGB kommt zwar grundsätzlich nur aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung zur Anwendung. Einer solchen Vereinbarung bedarf es hier aber wegen der für den Beklagten verbindlichen Anordnung des Anschluß- und Benutzungszwangs für Straßenreinigungs- und Entsorgungsleistungen nicht. Der Bundesgerichtshof hat bereits festgestellt, daß wegen des Anschluß- und Benutzungszwangs die privatrechtlichen Leistungsentgelte der Klägerin nach § 315 BGB einseitig festgesetzt werden können (BGH, Urt. v. 03.11.1982 - III ZR 227/82, MDR 1984, 558). Dementsprechend kann auch in den Lei-
stungsbedingungen der Klägerin die Leistungszeit wirksam kalendermäßig bestimmt werden. Dafür kommt es nicht auf die vom Landgericht behandelte Frage an, ob die Höhe der zu zahlenden Forderung ohne weiteres und für den Schuldner erkennbar feststeht. § 284 Abs. 2 BGB a.F. betrifft nur die Bestimmung der Leistungszeit, nicht etwaige weitere Fälligkeitsvoraussetzungen, ohne die ein Verzug nicht eintreten kann.
2. Nach den Leistungsbedingungen waren die Leistungsentgelte aber nicht vor Rechnungsstellung zu zahlen.

a) Das ergibt sich aus Nr. 1.5.1 der Leistungsbedingungen, wonach "über die zu zahlenden Entgelte Rechnungen" ausgestellt werden. Daraus folgt, daß die Rechnung vor Zahlung vorliegen muß und damit im hier vorliegenden Fall Voraussetzung für die Fälligkeit der Entgelte ist. Nach den Leistungsbedingungen kann der Grundstückseigentümer erwarten, daß ihm vor den jeweiligen vierteljährlichen Zahlungsterminen eine Rechnung zugeht, aus der er seine jeweiligen Zahlungspflichten ablesen kann. Das Berufungsgericht weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, daß erst die von der Klägerin auszustellende Rechnung dem Schuldner Klarheit über die Höhe der nach den Tarifen nicht für jedermann ohne weiteres überschaubaren und zu errechnenden Entgeltforderung verschaffen und zugleich die Klägerin vor dem Verwaltungsaufwand bewahren soll, der damit verbunden wäre, wenn die Schuldner aufgrund eigener ungenauer Berechnung, etwa auch nach nicht mehr gültigen Tarifen, unzutreffende Beträge zahlten.

b) Auch Satz 2 der Nr. 1.5.1 der Leistungsbedingungen belegt, daß die Rechnung grundsätzlich vor den Fälligkeitsterminen als Grundlage für künftige
Leistungen erwartet werden kann. Wären in den Rechnungen bereits zu verstrichenen Fälligkeitsterminen für in der Vergangenheit erbrachte Leistungen zu zahlende Entgelte dokumentiert, wäre die ausdrückliche Regelung über zu berichtigende oder zu ersetzende neue Rechnungen unverständlich.

c) In diesem Zusammenhang ist unerheblich, daß das geschuldete Entgelt mit Veröffentlichung der Tarife im Amtsblatt feststeht und daß der Klägerin insoweit ein einseitiges Bestimmungsrecht zusteht (s.o. I. 1.). Dies ist zwar für die Bestimmbarkeit der geschuldeten Entgelte relevant, reicht aber für ihre Fälligkeit nicht aus. Vielmehr bedarf es für die Fälligkeit der Entgeltforderung ihrer Konkretisierung durch Rechnung. Das ergibt sich auch aus der hier gegebenen öffentlich-rechtlichen Prägung des Leistungsverhältnisses (BGH, aaO). Das Entsorgungsentgelt ist zwar privatrechtlicher Natur. Die Klägerin erbringt ihre Leistungen aber aufgrund öffentlichen Auftrags als leistende Verwaltung im Rahmen der Daseinsvorsorge. Ihre Tarife werden im Amtsblatt von Berlin veröffentlicht. Die Grundstückseigentümer müssen aufgrund öffentlich-rechtlichen Anschluß- und Benutzungszwangs mit der Klägerin in Leistungsbeziehungen treten und ihr gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Berliner Straßenreinigungsgesetz Entgelte auf der Grundlage ihrer Tarife entrichten. Die der öffentlichen Hand freistehende Wahl der privatrechtlichen Handlungsform darf ihren privaten Vertragspartner nicht benachteiligen. Nimmt das Land Berlin öffentliche Gewalt in Anspruch, um den Grundstückseigentümern einen Anschluß- und Benutzungszwang aufzuerlegen, und bestimmt es die Entsorgungsentgelte einseitig, so muß sich die Entgelterhebung auch an öffentlich-rechtlichen Maßstäben messen lassen.
Es liegt deshalb nahe, die in vergleichbaren Konstellationen im Abgabenrecht geltenden Grundsätze für die Auslegung heranzuziehen. Nach § 38 AO entsteht die Steuerpflicht, wenn der Tatbestand der Leistungspflicht verwirklicht wird. Im Zweifel, also bei Fehlen einer abweichenden gesetzlichen Regelung, tritt die Fälligkeit von Steueransprüchen aber erst mit der Bekanntgabe ihrer Festsetzung ein, § 220 Abs. 2 Satz 2 AO. Aus diesen Regelungen folgt, daß Voraussetzung für die Zahlungspflicht stets die individuelle Bekanntgabe zumindest einer ersten Abrechnung ist, in der dann Vorauszahlungen für künftige Fälligkeitstermine festgesetzt werden können. Für das auf der Grundlage von Anschluß- und Benutzungszwang mit den Leistungsbedingungen der Klägerin geschaffene Entgeltregime gilt im Ergebnis nichts anderes. Vor Übermittlung der Rechnung konnte der Beklagte daher nicht in Verzug geraten.

d) Im übrigen folgt auch aus der Rechnung der Klägerin vom 17. Juni 1999, daß die Leistungsentgelte nicht bereits zuvor fällig waren, sondern erst zum 30. Juni 1999 fällig gestellt werden sollten.
II. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht der Klägerin Zinsen aber auch für den Zeitraum vom 1. Juli 1999 bis zum 14. Dezember 2001 versagt. Die Klägerin hat mit der Rechnung vom 17. Juni 1999 die für 1998 geschuldeten Entgelte wirksam in kalendermäßig bestimmter Weise zum 30. Juni 1999 fälliggestellt.
Zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung waren die vierteljährlichen Zahlungstermine für das Jahr 1998 zwar bereits verstrichen. Die Klägerin hat jedoch in ihrer Rechnung den 30. Juni 1999 als neuen Zahlungstermin wirksam einseitig bestimmt.

1. Anders als das Berufungsgericht meint, kann die Klägerin gemäß § 315 BGB einseitig und individuell einen neuen Leistungstermin nach billigem Ermessen festsetzen, wenn frühere Leistungstermine mangels einer von der Klägerin rechtzeitig ausgestellten Rechnung verstrichen sind. Wenn die Klägerin die ursprüngliche Leistungszeit einseitig bestimmen kann, so kann sie dies auch für eine neue Zahlungsfrist tun, nachdem ein ursprünglicher Termin gegenstandslos geworden ist. Die Klägerin muß dabei zwar nach einheitlichen Grundsätzen verfahren und darf Grundstückseigentümer nicht ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandeln. Daraus ergibt sich jedoch nicht, daß die Klägerin eine solche Festlegung nur allgemein und in Form eines Tarifs vornehmen könnte. Das aus dem Anschluß- und Benutzungszwang folgende Bestimmungsrecht gilt vielmehr nicht nur hinsichtlich der Festlegung der Tarife (vgl. BGH, aaO), sondern auch für den dort nicht vorgesehenen Einzelfall, in dem wegen verspäteter Rechnungsstellung eine Fälligkeit individuell festzulegen ist. Eine bestimmte Form für die einseitige Festlegung der Leistungszeit ist nicht vorgesehen und wurde deshalb vom Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung auch nicht verlangt.
2. Gegen die Dauer der bei Bestimmung der neuen Leistungszeit gesetzten Zahlungsfrist hat der Beklagte keine Einwendungen erhoben. Sie ist daher als wirksam festgesetzt zugrundezulegen.
3. Der Klägerin stehen Zinsen für den Zeitraum vom 1. Juli 1999 bis zum 14. Dezember 2001 allerdings lediglich in der in ihren Leistungsbedingungen, Nr. 1.5.3, vorgesehenen Höhe von 3 % über dem jeweils geltenden Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu. Die Forderung der Klägerin war vor dem 1. Mai
2000 fällig. Nach Art. 229 § 1 EGBGB ist daher § 288 BGB in der ab 1. Mai 2000 geltenden Fassung, der Verzugszinsen von 5 % über dem Basiszinssatz vorsieht, vorliegend nicht anwendbar. Gegen die Regelung der Verzugszinsen in den Leistungsbedingungen der Klägerin bestehen auch nach dem AGBGesetz keine Bedenken. Die Angemessenheit dieser Regelung folgt bereits daraus, daß der Gesetzgeber nur kurz nach dem hier maßgeblichen Verzugseintritt , dem 1. Juli 1999, den gesetzlichen Verzugszinssatz auf einen deutlich höheren Wert, nämlich 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 9. Juni 1998 (BGBl. I S. 1242), festgelegt hat.
III. Der Kostenausspruch folgt aus den §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO.
Melullis Keukenschrijver Ambrosius
Asendorf Kirchhoff

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung kann der Gläubiger Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte, es sei denn, deren Zweck wäre auch ohne die Pflichtverletzung des Schuldners nicht erreicht worden.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung kann der Gläubiger Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte, es sei denn, deren Zweck wäre auch ohne die Pflichtverletzung des Schuldners nicht erreicht worden.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 91/00 Verkündet am:
15. Januar 2002
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Selbst bei eindeutig erscheinender Erklärung des Gläubigers darf ein Verzicht
nicht angenommen werden, ohne daß bei der Feststellung zum erklärten Vertragswillen
sämtliche Begleitumstände berücksichtigt worden sind.
BGH, Urt. v. 15. Januar 2002 - X ZR 91/00 - KG Berlin
LG Berlin
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis
und die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 3. April 2000 verkündete Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als die Klage auch in Höhe eines Betrages von 10.442,63 Euro (20.424,-- DM, Anl. K 15, Position 4 nebst Mehrwertsteuer - GA I 109) nebst 12,5% Zinsen seit Klagezustellung abgewiesen worden ist.
Der Rechtsstreit wird insoweit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin beteiligte sich an einer Ausschreibung des Beklagten und erhielt den Auftrag (im folgenden: ursprünglicher Vertrag) zur Lieferung, Auf-
stellung und Installation eines Novell-Netzwerks für die Abteilung Volksbildung des Bezirksamts W.. Dabei vereinbarten die Parteien die Geltung der Besonderen Vertragsbedingungen-Kauf (BVB-Kauf) sowie, daß der Beklagte wegen nicht ausreichender Haushaltsmittel die u.a. ausgeschriebenen Verkabelungsarbeiten in eigener Zuständigkeit durchführe.
Bei der Ausführung des Auftrags kam es zu Verzögerungen und Unstimmigkeiten. Unter dem 26. August 1994 wies die Klägerin auf viele durch Veränderungen des Systems verursachte Probleme hin, die sie "schon seit sechs Monaten ständig" habe "beheben" müssen, und forderte die Unterzeichnung eines Wartungsvertrags. Mit Schreiben vom 1. September 1994 teilte die Klägerin dem Beklagten sodann im Zusammenhang mit der bevorstehenden Begutachtung ihrer Leistungen durch einen Sachverständigen mit:
"Wie gestern telefonisch vereinbart entstehen dem Bezirksamt W. keine Kosten für den Gutachter.
Nur für den Fall, daß das Bezirksamt W. Technik Soft- und Hardware und Installation nicht anerkennt und den BVB-Vertrag nicht erfüllt, kann ... Schadensersatz geltend gemacht werden.
Wie Sie wissen, haben wir von vornherein jegliche Fehler (PC 18 Supervisor, Printserver, Netzwerkkarten, Installation von Windows mit 2 bzw. 4 MB, nicht angeschlossenes Netzwerkkabel , Umtausch der Netzwerkkarte, Kabeltopologie, Multiconnecttreiber , Prisma-Office-Update vom DOS von 6.0 auf 6.2,
Einbauen einer Festplatte), die an unseren Systemen eingebaut wurden, ohne Probleme und bisher auch ohne Kosten beseitigt."
Am 9. November 1994 erklärte der Beklagte die Abnahme der von der Klägerin erbrachten Leistung. Die nach dem ursprünglichen Vertrag vorgesehene Vergütung wurde bis auf einen hier nicht mehr interessierenden Rest bezahlt.
Unter dem 21. November 1995 erteilte die Klägerin eine weitere Rechnung , die sich über sechs Positionen verhält. Als Position 4 verlangte die Klägerin für in einer beigefügten Aufstellung aufgeschlüsselte 148 Stunden an zusätzlicher Leistung in der Zeit vom 28. Januar bis 17. August 1994 einen Betrag von 20.424,-- DM (einschl. MwSt.).
Mit ihrer am 23. September 1997 zugestellten Zahlungsklage hat die Klägerin u.a. die Positionen 1 und 3 bis 6 dieser Rechnung und für die Jahre 1994 bis 1997 ein Wartungsentgelt gerichtlich geltend gemacht.
Das Landgericht hat der Klage unter Abweisung im übrigen teilweise entsprochen. Es hat die Positionen 1 und 3 der Rechnung vom 21. November 1995 für begründet erachtet, die Position 4 hingegen nur in Höhe eines Teilbetrages von 9.384,-- DM; insoweit habe die Klägerin dargelegt, daû 1994 aufgewendete Arbeitsstunden als Mehrleistung nur deswegen erforderlich gewesen seien, weil der Beklagte eine inkompatible Verkabelung verlegt habe. Ein Wartungsentgelt hat das Landgericht der Klägerin nur für das Jahr 1994 zugebilligt.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und auf Grund des behaupteten Wartungsvertrages einen weiteren Betrag verlangt. Der Beklagte hat sich der Berufung angeschlossen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung - auch im Umfang der Klageerweiterung - zurückgewiesen; die Anschluûberufung hatte hingegen im wesentlichen Erfolg. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin lediglich einen Betrag von 2.318,40 DM (Positionen 1 u. 3 der Rechnung vom 21. November 1995) nebst Zinsen verlangen.
Wegen der Zurückweisung ihres Begehrens im übrigen hat die Klägerin Revision eingelegt. Der Senat hat die Revision nur angenommen, soweit mit dem Rechtsmittel ein Betrag von 20.424,-- DM nebst Zinsen weiterverfolgt wird.
Die Klägerin beantragt,
im Umfang der Revisionsannahme das angefochtene Urteil aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 10.442,63 Euro nebst 12,5 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe


1. Da die zulässige Revision im Übrigen nicht angenommen worden ist, ist nur noch darüber zu entscheiden, ob die Klägerin - wie von ihr mit Position 4
der Rechnung vom 21. November 1995 verlangt - für die in der Anlage zu diesem Schreiben aufgelisteten Arbeiten den berechneten Betrag von 10.442,63 Euro (= 20.424,-- DM) - nebst Zinsen - als Entgelt für Leistungen beanspruchen kann, die nicht bereits im Rahmen des ursprünglichen Vertrags zu erbringen waren und deshalb mit der insoweit vereinbarten und bezahlten Vergütung abgegolten sind. Diese Frage hat das Berufungsgericht verneint. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
2. Mangels tatrichterlicher Feststellungen hierzu ist bei dieser Überprüfung davon auszugehen, daû die Klägerin in der Zeit vom 28. Januar bis 17. August 1994 die in der Anlage zur Rechnung vom 21. November 1995 aufgelisteten und in der ebenfalls zu den Gerichtsakten gereichten Aufstellung gemäû Anlage K 14 näher bezeichneten Leistungen tatsächlich erbracht hat, die ergänzende Hardwareinstallationen, Softwareinstallationen, Besprechungen , Beseitigung von sogenannten Manipulationen am Netz, Gerätetests usw. betrafen. Diese Leistungen haben im wesentlichen werkvertraglichen Charakter und ihre Erbringung durch einen Unternehmer kann normalerweise nur gegen eine Vergütung erwartet werden. Dies hat zur Folge, daû die Klägerin jedenfalls die übliche Vergütung verlangen kann (§ 631 Abs. 1, 2, § 632 Abs. 1, 2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung - im folgenden: a.F.), wenn sie diese Leistungen jeweils dem Wunsche des Beklagten entsprechend neben der Erfüllung des ursprünglichen Vertrages und damit auf konkludent geschaffener neuer vertraglicher Grundlage erbracht hat.
3. Diese Voraussetzung hat das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht, weil die Klägerin nicht im einzelnen unter Beweisantritt dargetan habe , daû es sich bei den in der Anlage zur Rechnung vom 21. November 1995
im einzelnen bezeichneten Arbeiten um zusätzliche Leistungen gehandelt habe , die über die Erfüllung des ursprünglichen Vertrags, insbesondere die Beseitigung bei der Erfüllung dieses Vertrags aufgetretener Fehler hinausgingen.
Diese Bewertung ist nicht prozeûordnungsgemäû zustande gekommen. Zu Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe dabei wiederholte Darlegungen der Klägerin übersehen und das angefochtene Urteil enthalte keine Begründung, warum das Berufungsgericht selbst im Hinblick auf die Leistungen einen Zusatzauftrag nicht als dargetan erachtet habe, für die das Landgericht der Klägerin ein zusätzliches Entgelt zugesprochen habe. Jedenfalls für einen Groûteil der Werkleistungen, von denen revisionsrechtlich davon auszugehen ist, daû sie erbracht worden sind, kann dem schriftsätzlichen Vorbringen der Klägerin ohne weiteres eine schlüssige Darstellung entnommen werden, daû die Arbeiten weder im ursprünglichen Vertrag vereinbart waren noch einer im Rahmen dieses Vertrages geschuldeten Mängelgewährleistung dienten. Da das Berufungsgericht im Tatbestand des angefochtenen Urteil festgehalten hat, daû die Klägerin zur Begründung der beanspruchten Vergütung im einzelnen unter Beweisantritt vorgebracht habe, daû sie die betreffenden Mehrleistungen jeweils auf Wunsch und in Erfüllung zusätzlicher Forderungen des Beklagten erbracht habe, kann mithin die Bewertung des Berufungsgericht, das Vorbringen der Klägerin sei unsubstantiiert, keinen Bestand haben.

a) Die Klägerin hat beispielsweise schriftsätzlich geltend gemacht, der erste Installationsversuch sei gescheitert, weil der Beklagte einen anderen Kabeltyp verlegt habe als ursprünglich vorgesehen. Durch Einbau und Tests von neuen Netzwerkkarten sei zusätzlicher Zeitaufwand entstanden. Dies weist Arbeiten, die laut Anlage K 14 am 28. Januar, 25. Februar, 4., 17., 24. und
31. März 1994 erbracht worden sind, dem Bereich der zusätzlich zu vergütenden zu. Denn die Klägerin brauchte ohne entsprechenden Hinweis seitens des Beklagten nicht damit zu rechnen, daû die Verkabelung nicht wie vorgesehen ausgeführt werde. Mehraufwendungen, die durch diese Änderung entstanden sind, waren mithin vom ursprünglichen Vertrag nicht umfaût. Das Landgericht hat der Klägerin die auf die genannten Positionen entfallende Vergütung demgemäû auch zugesprochen. Das Berufungsurteil läût nicht erkennen, weshalb es diese Bewertung für falsch hält.

b) Die Klägerin hat auûerdem behauptet, der Beklagte habe zusätzliche Hard- und Software bestellt bzw. verlangt, daû die Netzwerkeinbindung von Geräten anders vorgenommen werde als ursprünglich vorgesehen. Das steht in erkennbarer Beziehung zu Leistungen, die laut Anlage K 14 am 8. März, 7. und 18. April, 25. Mai, 6. Juni, 12. Juli sowie 4. August 1994 erbracht worden sind, und läût ebenfalls einen zusätzlichen Vergütungsanspruch als entstanden erscheinen. Wenn der Beklagte nachträglich zusätzliche Geräte oder eine andere Einstellung von Netzwerkparametern begehrte, war auch dies vom ursprünglichen Auftrag nicht umfaût. Das Berufungsgericht durfte sich angesichts dessen nicht damit begnügen, den Vortrag der Klägerin pauschal als unsubstantiiert zu bewerten. Es hätte ihm vielmehr nachgehen, dann aber auch den Einwendungen des Beklagten Rechnung tragen müssen, wonach in einigen Fällen vereinbart gewesen sei, nur das Material ohne Arbeitszeit habe gezahlt werden sollen, der in Rechnung gestellte Aufwand sei zu hoch oder Änderungen seien rechtzeitig abgestimmt worden und hätten deshalb keinen Mehraufwand verursacht.

c) Ein Groûteil des übrigen Aufwandes (Leistungen vom 8. und 11. April, 1., 2., 13., 21., 24., 29. und 30. Juni, 6. und 27. Juli, 2., 12. und 17. August 1994 der Anlage K 14) ist nach Behauptung der Klägerin überdies dadurch entstanden, daû Mitarbeiter der Beklagten eigenmächtig die Netzwerkkonfiguration verändert haben, was zu Fehlern geführt habe. Die Klägerin habe den entsprechenden Zeitaufwand benötigt, um die Fehler aufzufinden und zu beheben. Auch dieser Vortrag macht einen zusätzlichen Vergütungsanspruch schlüssig. Der Beklagte war nicht befugt, die Konfiguration des Netzwerks eigenmächtig zu ändern. Zumindest seine zur Vertragsabwicklung eingesetzten Mitarbeiter waren insoweit seine Erfüllungsgehilfen im Sinne von § 278 Satz 1 BGB. Für aus ihren eigenmächtigen Änderungen resultierende Mängel und deren Behebung hat deshalb im Zweifel der Beklagte einzustehen. Gemäû § 16 Nr. 2 der zwischen den Parteien vereinbarten Besonderen Vertragsbedingungen (BVB-Kauf, veröffentlicht u.a. in GMBl. 1974, 326 ff.), die der Senat als allgemeine Geschäftsbedingungen selbst auslegen kann (vgl. BGHZ 7, 365, 368; BGHZ 105, 24, 27), weil sie als öffentlichen Auftraggebern in Bund und Ländern zur Verwendung vorgegebene Regeln in Bezirken mehrerer Oberlandesgerichte angewendet werden, war der Beklagte als Auftraggeber verpflichtet , Änderungen an der Anlage der Klägerin als Auftragnehmerin rechtzeitig anzuzeigen. Daû dies geschehen sei, ist nicht festgestellt. Nach Abs. 3 der genannten Regel erlosch damit die Gewährleistung für Änderungen, die nicht im Einvernehmen mit dem Auftragnehmer durchgeführt wurden, es sei denn, daû ein Mangel erkennbar nicht auf die Änderung zurückzuführen ist.
Ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung entfällt entgegen der Meinung des Berufungsgerichts hingegen nicht schon deshalb, weil die Klägerin durch Mitarbeiter des Beklagten vorgenommene Netzwerkmanipulationen durch un-
zureichenden Paûwortschutz erst ermöglicht hat. Zum einen würde ein derartiges Verhalten der Klägerin die von ihr behauptete Veranlassung von Zusatzarbeiten des Beklagten nicht ohne weiteres ausräumen. Unabhängig davon rügt die Revision zu Recht, daû das Berufungsgericht auch zu diesem Streitpunkt den Vortrag der Klägerin nicht ausreichend gewürdigt hat. Die Klägerin hat in der Berufungsbegründung nämlich dargelegt, sie habe eigens ein Paûwort eingerichtet und dieses nur auf Verlangen des für die Vertragsabwicklung zuständigen Mitarbeiters des Beklagten an diesen bekannt gegeben. Die sog. Supervisor -Rechte, mit deren Hilfe die in Streit stehenden Veränderungen vorgenommen worden seien, habe dann ein Mitarbeiter der Beklagten vergeben.
4. Ob eine Vergütungspflicht auch für weitere der aufgelisteten Arbeiten als schlüssig dargetan anzunehmen ist, kann für die revisionsrechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils dahinstehen. Bereits nach dem bisher Ausgeführten ist revisionsrechtlich davon auszugehen, daû der Klägerin wegen der Arbeiten in der Zeit vom 28. Januar bis 17. August 1994 ein zusätzlicher Vergütungsanspruch entstanden ist. Unter diesen Umständen kann auch die Feststellung des Berufungsgerichts keinen Bestand haben, ein Anspruch der Klägerin sei wegen eines negativen Schuldanerkenntnisses i. S. v. § 397 Abs. 2 BGB ausgeschlossen.
Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt, in dem nach dem 17. August 1994 an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 1. September 1994 habe die Klägerin in Kenntnis, daû ihr wegen der erbrachten Leistungen möglicherweise ein Vergütungsanspruch gegen den Beklagten zustehe, anerkannt , daû insoweit ein Schuldverhältnis nicht bestehe. Denn aus dem Inhalt
des Schreibens gehe klar hervor, daû die Klägerin für die im einzelnen bezeichneten Tätigkeiten eine besondere Vergütung nicht beanspruchen wolle.
Diese Begründung ist nicht tragfähig, wie die Revision zu Recht geltend macht. Ein eindeutig auf einen Verzichtswillen der Klägerin hindeutender Wortlaut ist nicht gegeben. Die Formulierung "bisher auch ohne Kosten", aus der das Berufungsgericht seine Bewertung herzuleiten scheint, besagt zunächst nur, daû für die aufgeführten Tätigkeiten in der Vergangenheit nichts berechnet worden ist. Für die Feststellung, daû die Klägerin auch in Zukunft nichts habe verlangen wollen und dies auch erklärt habe, hätte es deshalb zusätzlicher Anhaltspunkte bedurft. Hiermit hat sich das Berufungsgericht jedoch nicht befaût, obwohl nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade bei Erklärungen, die als Verzicht, Erlaû oder in ähnlicher Weise rechtsvernichtend gewertet werden sollen, das Gebot einer interessengerechten Auslegung beachtet werden muû und die der Erklärung zugrundeliegenden Umstände besondere Bedeutung haben (neuerdings wieder BGH, Urt. v. 10.5.2001 - VII ZR 356/00, NJW 2001, 2325). Wenn feststeht oder davon auszugehen ist, daû eine Forderung entstanden ist, verbietet dieser Umstand im allgemeinen die Annahme, der Gläubiger habe sein Recht einfach wieder aufgegeben (Sen.Urt. v. 18.4.1989 - X ZR 85/88, NJW-RR 1989, 1373, 1374; ebenso BGH, Urt. v. 16.11.1993 - XI ZR 70/93, NJW 1994, 379, 380; ähnlich - "strenge Anforderungen" - BGH, Urt. v. 22.6.1995 - VII ZR 118/94, NJW-RR 1996, 237). Das bildet in solchen Fällen die Ausnahme. Selbst bei eindeutig erscheinender Erklärung des Gläubigers darf ein Verzicht deshalb nicht angenommen werden, ohne daû bei der Feststellung zum erklärten Vertragswillen sämtliche Begleitumstände berücksichtigt worden sind.
Zu ihnen gehört im vorliegenden Fall, daû - wie aus dem ersten Satz des Schreibens vom 1. September 1994 hervorgeht - damals eine Begutachtung der von der Klägerin erbrachten Leistungen durch einen Sachverständigen bevorstand. Das konnte - auch für den Beklagten erkennbar - Grund für die Klägerin sein, das Ergebnis dieser Überprüfung erst einmal abzuwarten, bevor sie über die Vergütungsforderung disponierte. Die Erklärung der Klägerin, bisher keine Kosten für die genannten Arbeiten berechnet zu haben, könnte deshalb durchaus in ihrem wörtlichen Sinne und als indirekter Hinweis zu verstehen gewesen sein, daû eine nachträgliche Geltendmachung nicht ausgeschlossen sei, zumindest für den Fall, daû der Beklagte auf die anderweitigen Forderungen , insbesondere diejenige nach dem Abschluû eines entgeltpflichtigen Wartungsvertrags nicht eingehen werde. Diese Deutung würde auch im Einklang mit dem Umstand stehen, daû die Klägerin sich im zweiten Satz des Schreibens vom 1. September 1994 Schadensersatzansprüche vorbehalten hat, insoweit also durchaus auf Wahrung ihrer Rechte bedacht war.
5. Das angefochtene Urteil erweist sich im Umfang der Annahme auch nicht aus einem anderen Grund als richtig. Die von dem Beklagten erhobene Verjährungseinrede greift gegenüber dem geltend gemachten zusätzlichen Vergütungsanspruch nicht.
Gemäû § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. unterliegt diese Forderung einer Verjährungsfrist von zwei Jahren, die gemäû §§ 201, 198 BGB a.F. am Schluû des Jahres beginnt, in dem der Anspruch zur Entstehung gelangte, worunter bei unbedingten Forderungen Fälligkeit zu verstehen ist (z.B. BGHZ 113, 193). Fällig konnte die zusätzliche Vergütung aber nicht werden, bevor die Klägerin sie mit Schreiben vom 21. November 1995 dem Beklagten in Rechnung stellte.
Dies folgt aus § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 BVB-Kauf. Diese Regelung sieht vor, daû der Auftraggeber alle Rechnungen unverzüglich nach Eingang prüft, feststellt und den Betrag erst dann zahlt. Daraus ergibt sich, daû die Klägerin wegen der zusätzlichen Vergütung Zahlungsklage frühestens im Jahre 1995 hätte erheben können. Die hiernach bis zum 31. Dezember 1997 laufende Verjährung ist durch Klageerhebung am 23. September 1997 unterbrochen (§ 209 Abs. 1 BGB a.F.).
6. Die Sache ist deshalb zu weiterer Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die im Revisionsverfahren entstandenen Kosten zu übertragen ist.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 356/00 Verkündet am:
10. Mai 2001
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Das Angebot auf Abschluß eines Erlaßvertrags muß unmißverständlich erklärt werden.
BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - VII ZR 356/00 - OLG Frankfurt
LG Gießen
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Dr. Haß, Hausmann, Dr. Kuffer und Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 4. August 2000 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht der A. GmbH Werklohnansprüche aus verschiedenen Bauaufträgen der Beklagten geltend. Die A. GmbH erstellte im Herbst 1997 die Schlußrechnungen über die Bauvorhaben und verlangte noch 424.404,27 DM. Die Klägerin informierte die Beklagte am 5. November 1997 über die Abtretung der Forderungen unter Hinweis darauf, daß deshalb mit schuldbefreiender Wirkung nur an sie gezahlt werden könne. Mit Schreiben vom 19. Januar 1998 teilte die Beklagte mit, daß die Restverbindlichkeit nach dem Ergebnis ihrer Rechnungsprüfung nach Ab-
zug der vertraglichen Sicherheitseinbehalte lediglich 146.954,41 DM betrage. Sie wies darauf hin, daß die V. GmbH aus einem verlängerten Eigentumsvorbehalt ebenfalls Ansprüche auf Zahlung geltend gemacht habe. Gleichzeitig forderte sie die Klägerin auf, ihr durch übereinstimmende Erklärung aller Anspruchsteller aufzugeben, wie die von ihr errechnete Restverbindlichkeit zu verteilen sei. Sie werde sonst den Betrag von 146.954,41 DM hinterlegen. Die A. GmbH legte am 24. Januar neue Schlußrechnungen vor, die unter Berücksichtigung des vorab abgezogenen Sicherheitseinbehalts noch eine Forderung von 327.817,78 DM ergaben und forderte die Beklagte zur Zahlung an die Klägerin auf. Die V. GmbH teilte am 29. Januar 1998 im Einverständnis mit der Klägerin mit, daß an sie noch 63.504,01 DM zu zahlen seien und die darüber hinausgehenden Beträge mit schuldbefreiender Wirkung an die Klägerin gezahlt werden könnten. Die Beklagte erbat daraufhin eine Stellungnahme der Klägerin , daß sie mit einer Verteilung der Restverbindlichkeit von 63.504,01 DM an die V. GmbH und 83.450,40 DM an sie einverstanden sei und die Auszahlung mit schuldbefreiender Wirkung an die Beteiligten erfolge. Die Klägerin erklärte sich mit der quotalen Aufteilung der Schuld zur Vermeidung des Hinterlegungsverfahrens einverstanden. Mit Schreiben vom 2. Februar 1998 erwiderte die Beklagte, sie verstehe das Schreiben der Klägerin so, daß nunmehr die Zahlung in der von der Beklagten vorgeschlagenen Weise erfolgen und mit schuldbefreiender Wirkung gezahlt werden könne. Sollte die Beklagte von der Klägerin nichts anderes hören, ginge sie von deren Einverständnis und der daraus resultierenden Schuldbefreiung für ihre Gesellschaft aus. Die Klägerin reagierte nicht. Die Zahlungen erfolgten.
Mit der Klage verlangt die Klägerin noch 165.248,57 DM Vergütung für die Leistungen der A. GmbH. Sie legt ihrer Berechnung die Schlußrechnungen vom 24. Januar 1998 zugrunde und hat die sich aus dem verlängerten Eigentumsvorbehalt der V. GmbH ergebenden Forderungen in Höhe von 79.082,81 DM, die Zahlung von 83.450,40 DM sowie Sicherheitseinbehalte von 40.510,99 DM von vornherein abgezogen. Letztere macht sie gesondert zur Zahlung Zug um Zug gegen Stellung einer Bankbürgschaft geltend. Die Beklagte hat sich unter anderem auf den Standpunkt gestellt, mit der Zahlung von 83.450,40 DM an die Klägerin und 63.504,01 DM an die V. GmbH seien sämtliche Ansprüche aus den Bauvorhaben erledigt. Das Landgericht ist dem gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die Zahlungsansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht meint, die Parteien hätten auf der Grundlage des Schriftwechsels Ende Januar/Anfang Februar 1998 eine Vereinbarung getroffen , nach deren Inhalt der Streit über weitere Forderungen mit der Zahlung der Beklagten über insgesamt 146.954,41 DM erledigt gewesen sei. Die Beklagte
habe in ihren Schreiben deutlich gemacht, daß die Zahlung an die Klägerin, wie auch an die andere Gläubigerin, mit schuldbefreiender Wirkung habe erfolgen sollen. Das sei nicht anders zu verstehen gewesen, als daß dadurch auf die Beklagte keine weiteren Forderungen zukommen sollten. Unerheblich sei, daß die A. GmbH noch am 24. Januar 1998 auf Bezahlung der neuen Rechnungen bestanden habe. Die A. GmbH sei dazu nicht autorisiert gewesen, da sie infolge der Abtretung nicht Forderungsinhaberin gewesen sei. Wenn die Klägerin eine Schuldbefreiung nicht gewollt haben sollte, hätte sie spätestens auf das Schreiben vom 2. Februar 1998 reagieren müssen.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Rechtsirrig nimmt das Berufungsgericht eine Einigung der Parteien darüber an, daß die Klägerin keine Ansprüche aus den abgetretenen Forderungen mehr hat. Das Berufungsgericht hat Prozeßstoff übergangen und gegen das Gebot einer interessengerechten Auslegung verstoßen. Die Auffassung, die Beklagte habe durch ihre verschiedenen Schreiben deutlich zum Ausdruck gebracht , daß es ihr um eine endgültige Erledigung der Forderungen gehe, wird durch diese Schreiben und die ihnen zugrunde liegenden Umstände nicht belegt. 1. Die Beklagte hat in den Schreiben vom 19. Januar 1998 bis zum 2. Februar 1998 nicht zum Ausdruck gebracht, daß mit der Zahlung der von ihr errechneten Restverbindlichkeit von 146.954,41 DM mögliche weitere Forderungen der Klägerin ausgeschlossen sein sollten. Ein derartiger Ausschluß ist in den Schreiben nicht erwähnt. Aus dem mehrfachen Hinweis auf die er-
wünschte Schuldbefreiung ergibt er sich bei interessengerechter, alle Umstände berücksichtigenden Auslegung nicht.
a) Das Berufungsgericht berücksichtigt nicht das Schreiben der Klägerin vom 5. November 1997. Darin teilt diese mit, daß mit schuldbefreiender Wirkung nur an sie gezahlt werden könne. Die Beklagte hat auf dieses Schreiben am 19. Januar 1998 geantwortet. Mit der Bezugnahme auf das Schreiben vom 5. November 1997, dem Hinweis auf die angemeldete Forderung der V. GmbH und der Ankündigung der Hinterlegung wird deutlich, daß der Beklagten allein daran gelegen war, Sicherheit in einem möglichen Prätendentenstreit zu erhalten. So ist das Schreiben offenbar auch von den Forderungsinhabern verstanden worden. Eine Erklärung dahin, daß sie auf weitere Forderungen verzichten wollten, enthalten die Schreiben der Prätendenten nicht. Sie haben lediglich den von der Beklagten zugestandenen Betrag aufgeteilt.
b) Auch die Schreiben der Beklagten vom 29. Januar 1998 und 2. Februar 1998 geben nicht zu erkennen, daß diese unter der mehrfach erwähnten Schuldbefreiung die Aufforderung der Klägerin zu einem Verzicht auf etwaige weitergehende Ansprüche verstanden haben wollte. Die Auslegung des Berufungsgerichts führt dazu, daß die Klägerin auf Forderungen in erheblicher Höhe verzichtet hätte. Gegen dieses Verständnis spricht schon, daß die Beklagte keinen nachvollziehbaren Grund dargelegt hat, warum die Klägerin auf ihre restliche Forderung verzichten sollte. Eine Gegenleistung hat sie nicht angeboten. Sie besteht nicht in dem Verzicht der Beklagten auf Hinterlegung. Eine Verhandlung über die Mehrforderungen, wie sie sich aus den Rechnungen der A. GmbH vom 24. Januar 1998 ergaben, hat nicht stattgefunden. Gegen die Bereitschaft der Klägerin zu einem Verzicht spricht, daß die A. GmbH noch mit Schreiben vom 24. Januar 1998 die Rech-
nungskürzungen der Beklagten nur zum Teil anerkannt hatte und zu einer weitaus höheren Restforderung gekommen war. Unabhängig davon, ob die A. GmbH noch Forderungsinhaberin war, war für die Beklagte erkennbar, daß auch die Klägerin diese Forderung unterstützte. Denn diese war als Sicherungszessionarin verpflichtet, die Interessen der A. GmbH zu wahren. Das betrifft insbesondere den vom Berufungsgericht ebenfalls bejahten Verzicht auf die Auszahlung des Sicherheitseinbehalts. Über diesen bestand kein Streit. In der von der Beklagten errechneten Summe von 146.954,41 DM war er nicht enthalten. Die Beklagte hat keine Gründe dargelegt, warum die Klägerin bereit gewesen sein sollte, zu Lasten ihrer Zedentin auf eine Forderung zu verzichten , die zwischen den Parteien unstreitig, jedoch nur deshalb noch nicht fällig war, weil die Gewährleistungsfristen noch nicht abgelaufen waren. 2. Ein Verzicht kann auch dann nicht angenommen werden, wenn die unter Beweis gestellte Behauptung der Beklagten zutreffen sollte, ihr Mitarbeiter F. habe dem Mitarbeiter W. der Klägerin auf dessen Nachfrage erklärt, die Beklagte wolle sicher gehen, daß die Angelegenheit mit der Zahlung der im Schriftverkehr erwähnten Teilbeträge endgültig geklärt sei. Diese Erklärung verdeutlicht ebenfalls nicht mit der nach Treu und Glauben gebotenen Klarheit, daß die Beklagte von der Klägerin erwartete, auf einen Großteil ihrer Forderung zu verzichten. Der Zeuge W. durfte die Erklärung so verstehen, daß sich die endgültige Klärung der Angelegenheit auf die bis dahin ungewisse Forderungszuständigkeit der Prätendenten bezog.

III.

Das Berufungsurteil hat keine Feststellungen zur Höhe der Forderungen getroffen. Die Sache ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Ullmann Haß Hausmann Kuffer Kniffka