Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2003 - I ZR 68/01

bei uns veröffentlicht am11.12.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 68/01
vom
11. Dezember 2003
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Dezember 2003 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. UngernSternberg
, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Bergmann

beschlossen:
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Streitwert für die Revision wird für die Zeit bis zur Erledigterklärung auf 51.129,19 100.000 DM) und für die Zeit danach auf 19.103,14 37.362,50 DM) festgesetzt.

Gründe:


I. Die Beklagte vertreibt als Einzelhandelsunternehmen u.a. Lebensmittel und Lebensmittel-Zusatzprodukte. Sie verteilte im Frühjahr 1999 in ihren D. Filialen Hefte, in die als "Treue-Punkte" bezeichnete Marken eingeklebt werden konnten. Der Kunde erhielt bei jedem Einkauf für einen Warenwert von 10 DM eine Marke. Eine jeweils festgelegte Anzahl von Marken berechtigte den Kunden, Geschirr der Marken "Pyrex" oder "OMEGA" zu erwerben. Diese Artikel wurden zum größten Teil eigens für die "Treue-Aktion" hergestellt und nur in ihrem Rahmen angeboten.
Der klagende Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hat die "Treue-Aktion" als wettbewerbswidrig, insbesondere als Verstoß gegen die Zugabeverordnung und das Rabattgesetz, beanstandet. Er hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, eine sogenannte "Treue-Aktion" anzukündigen und/oder durchzuführen, die dadurch gekennzeichnet ist, daß der Kunde beim Einkauf "Treue-Punkte" sammeln kann, die auf eine "Treue-Karte" aufzukleben sind und beim Erreichen einer bestimmten Anzahl von "Treue-Punkten" zum Erwerb bestimmter Produkte zum "Treue-Preis" berechtigen, insbesondere wenn dies geschieht wie aus den (im Antrag wiedergegebenen ) Anlagen K 2 und K 3 ersichtlich. Die Beklagte hat ihr Vorgehen als zulässiges Mittel der Kundenbindung verteidigt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Mit der Revision hat die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt. Der Kläger hat nach der Aufhebung der Zugabeverordnung und des Rabattgesetzes den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigterklärung angeschlossen.
II. 1. Eine Erledigung der Hauptsache kann auch noch im Revisionsverfahren erklärt werden (vgl. BGHZ 123, 264, 265 f.). Der Senat hat somit gemäß § 91a Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen durch Beschluß über die Kosten zu entschei-
den. Er macht von der Möglichkeit Gebrauch, diese Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu treffen (§ 128 Abs. 3 ZPO).
2. Die Kosten des Rechtsstreits sind der Beklagten aufzuerlegen, weil ihre Revision keinen Erfolg gehabt hätte, wenn die Zugabeverordnung nicht durch Art. 1 des Gesetzes zur Aufhebung der Zugabeverordnung und zur Anpassung weiterer Rechtsvorschriften vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1661) mit Wirkung vom 25. Juli 2001 aufgehoben worden wäre.

a) Bei der Entscheidung nach § 91a ZPO ist darauf abzustellen, ob das Rechtsmittel der Beklagten Erfolg gehabt hätte, wenn es nicht zur Erledigung der Hauptsache gekommen wäre (vgl. BGHZ 50, 197, 199; BGH, Beschl. v. 26.9.2001 - I ZR 3/01, Umdruck S. 3, unveröffentlicht). Es würde nicht billigem Ermessen entsprechen, den Kläger nur deshalb mit den Kosten des Rechtsstreits zu belasten, weil die Aufhebung der Zugabeverordnung die Rechtslage während des Revisionsverfahrens zugunsten der Beklagten verändert hat. Die bis zur Änderung der Rechtslage angefallenen Verfahrenskosten wären nicht entstanden, wenn die Beklagte nicht zu der Klage, die bis zum erledigenden Ereignis begründet war, Anlaß gegeben hätte (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 91a Rdn. 25).

b) Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß dem Kläger vor der Aufhebung der Zugabeverordnung der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zustand (§ 2 Abs. 1 i.V. mit § 1 Abs. 1 ZugabeVO).
aa) Durch die Werbung und die Ausgabe der "Treue-Punkte" hat die Beklagte eine Zugabe angeboten und gewährt.
Eine Zugabe im Sinne des § 1 Abs. 1 ZugabeVO liegt vor, wenn eine Leistung ohne besondere Berechnung neben einer entgeltlich angebotenen Hauptware gewährt wird, der Erwerb der Nebenleistung vom Abschluß des Geschäfts über die Hauptware abhängig ist und dabei in der Weise ein innerer Zusammenhang besteht, daß die Nebenleistung mit Rücksicht auf den Erwerb der Hauptware gewährt wird und das Angebot wegen dieser Abhängigkeit objektiv geeignet ist, den Kunden in seiner Entschließung zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen. Zugabe kann in den Augen des angesprochenen Verkehrs, auf dessen Verständnis es ankommt, jeder wirtschaftliche Vorteil sein, der nicht als Teil der Hauptleistung angesehen wird, weil er über das üblicherweise Gewünschte und Erwartete hinausgeht und nicht durch die vertraglich vereinbarte Gegenleistung, hier die Zahlung des Kaufpreises, ausgeglichen wird (BGH, Urt. v. 28.9.2000 - I ZR 201/98, GRUR 2001, 358, 359 = WRP 2001, 258 - Rückgaberecht , m.w.N.).
Aus der maßgeblichen Sicht des Verkehrs sind bereits die "Treue-Punkte" wirtschaftliche Vorteile in diesem Sinn. Bei Gutscheinen, die einen Anspruch auf eine Zuwendung vermitteln, wird allerdings nicht etwa der Gutschein selbst, sondern die auf den Gutschein erbrachte Leistung als Zugabe angesehen (vgl. BGHZ 11, 274, 278 - Orbis; BGH, Urt. v. 30.4.1968 - I ZR 20/66, GRUR 1968, 600, 601 - Ratio-Markt II, m.w.N.). Von Gutscheinen dieser Art unterscheiden sich die "Treue-Punkte" aber dadurch, daß sie - auch bei Sammlung einer ausreichenden Zahl von "Treue-Punkten" - kein Anrecht auf eine bestimmte Zuwendung verbriefen (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 17.9.1998 - I ZR 117/96, GRUR 1999, 515, 516 = WRP 1999, 424 - Bonusmeilen). Welche Ware unter Einsatz der "Treue-Punkte" erworben werden kann, hängt vielmehr von der späteren Auswahl des Kunden unter den Angeboten der "Treue-Aktion" sowie davon ab, ob die betreffende Ware dann noch vorrätig ist. Die "Treue-Punkte"
verkörpern jedoch wegen der Möglichkeit, mit ihrer Hilfe bestimmte Waren zu günstigen Preisen zu erwerben, einen wirtschaftlichen Wert.
bb) Nach der rechtsfehlerfreien Feststellung des Berufungsgerichts sind die "Treue-Punkte" auch keine geringwertige Kleinigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 Buchst. a 2. Altern. ZugabeVO. Kleinigkeit in diesem Sinn sind Gegenstände oder Leistungen, die von niemand, auch nicht von Käufern, die nur über geringe Mittel verfügen, wirtschaftlich sonderlich geachtet werden (vgl. BGHZ 11, 260, 268 - Kunststoff-Figuren I). Maßgebend dafür ist die Sicht des Verkehrs , die auch durch die Art der konkreten Werbung beeinflußt wird. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts führte das Sonderbezugsrecht hier nach dem Kauf anderer Waren im Wert von 50 bis 250 DM bei jedem Sonderbezugsartikel zu einer Preisvergünstigung von etwa 5 bis 10 DM. "Treue-Punkte", die zur Inanspruchnahme solcher Vergünstigungen berechtigen, können nicht mehr als geringwertige Kleinigkeit angesehen werden.
cc) Das Berufungsgericht hat weiter zu Recht angenommen, daß die Gewährung der "Treue-Punkte" nicht als handelsübliche Nebenleistung im Sinne des § 1 Abs. 2 Buchst. d ZugabeVO anzusehen ist (vgl. dazu BGH GRUR 1999, 515, 517 - Bonusmeilen). Weder bestand zur Zeit der Werbemaßnahme (im Jahr 1999) eine entsprechende tatsächliche Übung noch konnte damals angenommen werden, daß sich eine solche Werbemaßnahme nach den Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten hielt. Zu beurteilen ist diese Frage der Anwendung des § 1 Abs. 2 Buchst. d ZugabeVO noch nach den Maßstäben, die von der Zugabeverordnung für den Umfang des Verbraucherschutzes gegen Irreführung, unsachliche Beeinflussung und Preisverschleierung gesetzt wurden. Nach diesen Maßstäben war es unzulässig, Kunden im Rahmen eines "Treue-Punkte"-
Systems, wie es die Beklagte beworben hat, durch Vergünstigungen, deren Ausmaß nicht offengelegt wird, zu "belohnen". Dabei ist entscheidend, daß ein Anreiz, wie ihn die Beklagte durch ihre "Treue-Punkte" gegeben hat, in keiner inneren Beziehung zu den Hauptwaren steht, bei deren Kauf "Treue-Punkte" vergeben werden.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Bergmann

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2003 - I ZR 68/01

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2003 - I ZR 68/01

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91a Kosten bei Erledigung der Hauptsache


(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 128 Grundsatz der Mündlichkeit; schriftliches Verfahren


(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich. (2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche V
Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2003 - I ZR 68/01 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91a Kosten bei Erledigung der Hauptsache


(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 128 Grundsatz der Mündlichkeit; schriftliches Verfahren


(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich. (2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche V

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2003 - I ZR 68/01 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2003 - I ZR 68/01 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Sept. 2001 - I ZR 3/01

bei uns veröffentlicht am 26.09.2001

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 3/01 vom 26. September 2001 in dem Rechtsstreit Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Starck, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert am 26. Se

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Sept. 2000 - I ZR 201/98

bei uns veröffentlicht am 28.09.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 201/98 Verkündet am: 28. September 2000 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2003 - I ZR 68/01.

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Dez. 2009 - I ZR 201/07

bei uns veröffentlicht am 10.12.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 201/07 vom 10. Dezember 2009 in dem Rechtsstreit Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Dezember 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Bergman

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2006 - X ZR 49/05

bei uns veröffentlicht am 19.09.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZR 49/05 vom 19. September 2006 in dem Rechtsstreit Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 19. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richterinnen Ambrosius und Mühlens und die Richter

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 22. Feb. 2018 - 2 U 39/17

bei uns veröffentlicht am 22.02.2018

Tenor 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 09.02.2017 - Az. 11 O 138/16 - wird zurückgewiesen. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Das angefochtene und das vorliegen

Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 19. Apr. 2013 - 6 U 733/12 AktG

bei uns veröffentlicht am 19.04.2013

Diese Entscheidung zitiert Tenor Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen hat die Beklagte zu tragen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt. Gründe I. 1 Die Kläger haben sich gege

Referenzen

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 3/01
vom
26. September 2001
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Starck, Pokrant, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert
am 26. September 2001

beschlossen:
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für die Revision wird für die Zeit bis zum 6. September 2001 auf 75.000,-- DM und für die Zeit danach auf 29.291,88 DM festgesetzt.

Gründe:


I. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, dem Gewerbetreibende und Verbände von Gewerbetreibenden zur Bekämpfung von Verstößen gegen das UWG angehören. Er hat die Beklagte, die von ihr als "t. -Märkte" bezeichnete Supermärkte betreibt, unter den Gesichtspunkten des Verstoßes gegen die Zugabeverordnung und das Rabattgesetz auf Unterlassung der Ankündigung eines mittels sog. "t. -Taler-Karten" durchgeführten Kundenbindungssystems in Anspruch genommen, bei dem der Kunde bei Einkäufen in den t. -Märkten sog. "Taler" erhält, die er ab einer bestimmten Anzahl wahlweise gegen Einkaufsgutscheine eintauschen, zum Erwerb von Prämienartikeln oder für die
Buchung einer "I. -Spezialreise" verwenden oder auch zur Gutschrift für das Miles & More-Programm der Lufthansa einreichen kann.
Das Berufungsgericht hat der vom Landgericht insgesamt abgewiesenen Klage stattgegeben, soweit diese gegen die Ankündigung der Verwendung der "t. -Taler" für Einkaufsgutscheine, zum Erwerb von sog. Prämienartikeln und für die Buchung der "I. -Spezialreisen" gerichtet war. Hinsichtlich des Miles & More-Programms hat es die klagabweisende landgerichtliche Entscheidung bestätigt.
Mit der Revision hat die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiterverfolgt. Der Kläger hat, nachdem zwischenzeitlich das Rabattgesetz und die Zugabeverordnung aufgehoben worden sind, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen.
II. Danach ist noch über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen durch Beschluû zu entscheiden, wobei die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen kann (§ 91a Abs. 1 ZPO). Da die Revision ohne die Aufhebung des Rabattgesetzes als das Ereignis, das die hierauf (und auf die - zugleich ebenfalls aufgehobene - Zugabeverordnung) gestützte Klage erledigt hat, keinen Erfolg gehabt hätte, sind ihre Kosten der Beklagten aufzuerlegen (§ 91a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO).
1. Die Frage, ob eine Begünstigung bestimmter Verkehrskreise vorlag, hängt entgegen der Auffassung der Revision nicht von der - nach deren Vortrag gewandelten - Verkehrsauffassung ab, sondern stellte eine davon unab-
hängige Rechtsfrage dar (BGH, Urt. v. 23.1.1959 - I ZR 158/57, GRUR 1959, 326, 328 - Kaffeeversandhandel; Urt. v. 26.5.1972 - I ZR 123/70, GRUR 1973, 272 - Fahrschul-Rabatt; Urt. v. 14.11.1980 - I ZR 181/78, GRUR 1981, 290, 292 = WRP 1981, 267 - Goldene Karte II). Dementsprechend kam der mittlerweile erfolgten Aufhebung des Rabattgesetzes insoweit auch keine Vorwirkung durch eine etwa bereits im Hinblick auf die bevorstehende Gesetzesänderung gewandelte Verkehrsauffassung zu. Damit ist die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte habe durch die von ihr ausgegebenen "t. -Taler"-Karten bestimmte Verkehrskreise begünstigt, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. BGH GRUR 1959, 326, 328 - Kaffeeversandhandel; BGH, Urt. v. 1.10.1986 - I ZR 80/84, GRUR 1987, 185, 187 = WRP 1987, 239 - Rabattkarte; Urt. v. 16.3.1989 - I ZR 241/86, GRUR 1989, 434, 437 = WRP 1989, 504 - Gewinnspiel).
2. Die Revision hätte auch insoweit keinen Erfolg gehabt, als sich die Beklagte mit ihr gegen die Annahme des Berufungsgerichts gewendet hat, bei den von den Kunden mit "t. -Taler"-Karten mit entsprechenden Guthaben verlangten Preisen für Waren des normalen Sortiments, für sog. Prämienartikel und für "I. -Spezialreisen" habe es sich um Sonderpreise im Sinne des § 1 Abs. 2 2. Alternative RabattG gehandelt. Ob ein unterschiedlicher Preis einen solchen Sonderpreis, der grundsätzlich unzulässig war, oder einen zweiten Normalpreis darstellte, beurteilte sich nach der Verkehrsauffassung (BGHZ 117, 230, 233 - Rent-o-mat; BGH, Urt. v. 10.7.1986 - I ZR 203/84, GRUR 1987, 63, 64 = WRP 1987, 103 - Kfz-Preisgestaltung I). Die in dieser Hinsicht vom Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung der werblichen Darstellung des "t. -Taler"-Systems vorgenommene Beurteilung läût - auch bei Zugrundelegung eines gewandelten Verbraucherbildes (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 - Orient-Teppich-
muster) - keinen Rechtsfehler erkennen. Das Berufungsgericht hat insoweit auch mit Recht davon abgesehen, die Verhandlung im Hinblick auf den im nachgereichten Schriftsatz der Beklagten vom 13. November 2000 enthaltenen neuen Sachvortrag wiederzueröffnen; denn dieser Sachvortrag war nicht durch den Vortrag im Schriftsatz des Klägers vom 27. Oktober 2000 veranlaût worden , im Hinblick auf den allein der Beklagten die Schriftsatzfrist eingeräumt worden war.
Erdmann Starck Pokrant
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 201/98 Verkündet am:
28. September 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Rückgaberecht
ZugabeVO § 1 Abs. 1
Die Werbung mit einem auf 14 Tage befristeten Rückgaberecht beim Kauf von
Fotoartikeln, Geräten der Unterhaltungselektronik und elektrischen Haushaltsgeräten
stellt grundsätzlich kein Anbieten einer verbotenen Zugabe dar.
BGH, Urt. v. 28. September 2000 - I ZR 201/98 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22. Juli 1998 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mannheim vom 20. Oktober 1997 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien betreiben in W. den Einzelhandel mit Fotoartikeln sowie Artikeln der Unterhaltungselektronik und der Telekommunikation.
Am 22. Mai 1997 warb die Beklagte in einer mehrseitigen Beilage zur "W. Zeitung" für verschiedene Gegenstände aus ihrem Sortiment, darunter Fotokameras, Geräte der Unterhaltungselektronik und elektrische Haushaltsgeräte. Die erste Seite dieser Werbebeilage trägt die Überschrift "Zufrieden oder Geld zurück!*". In einem "Sternchen-Hinweis" heißt es zur Erläuterung wie folgt:
"Wenn Sie mit einem bei uns gekauften Artikel nicht zufrieden sind, erhalten Sie innerhalb von 14 Tagen den Kaufpreis zurückerstattet. (Bei Vorlage des Kassenzettels und mit Originalverpackung - Ausnahme sind CDs und Computersoftware)". Die Klägerin hat das von der Beklagten angekündigte und gewährte Rückgaberecht als Verstoß gegen die Zugabeverordnung beanstandet und Unterlassung, Auskunftserteilung sowie die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung begehrt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat den Zugabecharakter der eingeräumten Rückgabemöglichkeit in Abrede gestellt, weil es sich hierbei nicht um eine Nebenleistung, sondern um einen festen Bestandteil des Kaufvertrages handele, dem kein eigener wirtschaftlicher Wert zukomme.
Das Landgericht hat antragsgemäß 1. der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit dem Hinweis "Zufrieden oder Geld zurück!" zu werben , insbesondere wie es am 22. Mai 1997 in der "W. Zeitung" geschehen ist, und/oder ankündigungsgemäß zu verfahren ; 2. festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer 1 benannten Handlungen entstanden ist und noch entsteht; 3. die Beklagte verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen, wo, wann und wie oft sie seit dem 22. Mai 1997 in der unter Ziffer 1 beanstandeten Weise geworben hat, wobei die Auskunft nach Werbemedium, Werbeträgern, Auflage der Werbeträger bzw. Hörerreichweite des Werbemediums und Erscheinungs- bzw. Sendedatum aufzuschlüsseln ist. Die dagegen gerichtete Berufung hatte keinen Erfolg.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge in Übereinstimmung mit dem Landgericht für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 2 Abs. 1 ZugabeVO zu, weil das von der Beklagten angebotene und ge-
währte Rückgaberecht eine nach § 1 Abs. 1 ZugabeVO unzulässige Zugabe darstelle. Das Rückgaberecht sei nicht nur eine den Bedürfnissen der Vertragspartner angepaßte Ergänzung oder Erweiterung der Hauptleistung, sondern gehe über das vom Verkehr beim Einkauf in einem Elektrofachmarkt Gewünschte und Erwartete weit hinaus. Die Beklagte räume ihren Abnehmern ein willkürliches, von objektiven Kriterien losgelöstes Rückgaberecht ein. Der Kunde könne den Kaufgegenstand 14 Tage lang benutzen und ihn dann unabhängig von objektiv nachprüfbaren Gründen gegen Erstattung des vollen Kaufpreises zurückgeben. Ein solches - nach dem Inhalt der Werbung mit der Möglichkeit einer 14tägigen unentgeltlichen Nutzung des Kaufgegenstandes verbundenes - willkürliches Rückgaberecht werde vom Verkehr beim Handel mit Fotoartikeln , Geräten der Unterhaltungselektronik und elektrischen Haushaltsgeräten nicht als Inhalt der Verpflichtung des Verkäufers erwartet. Vielmehr erkenne der Verkehr, daß ein derartiges Rückgaberecht mit der normalerweise beim Kauf eines neuwertigen Artikels in einem Elektrofachmarkt bestehenden Risikoverteilung nicht mehr in Zusammenhang zu bringen sei. Der Käufer werde auch von solchen Risiken entlastet, die allein seine Sphäre beträfen. Darüber hinaus treffe die Wertminderung, die aufgrund des Verkaufs und der Übergabe des Gegenstandes an den Käufer - unstreitig - mindestens 20 % betrage , ausschließlich den Verkäufer.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Abweisung der Klage.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verstößt die Beklagte mit der beanstandeten Werbung nicht gegen das Zugabeverbot nach § 1 Abs. 1 ZugabeVO.

1. Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz allerdings zutreffend davon ausgegangen, daß eine Zugabe vorliegt, wenn eine Leistung ohne besondere Berechnung neben einer entgeltlich angebotenen Hauptware gewährt wird, der Erwerb der Nebenleistung vom Abschluß des Geschäfts über die Hauptware abhängig ist und dabei in der Weise ein innerer Zusammenhang besteht, daß die Nebenleistung mit Rücksicht auf den Erwerb der Hauptware gewährt wird und das Angebot wegen dieser Abhängigkeit objektiv geeignet ist, den Kunden in seiner Entschließung zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen (st. Rspr.; vgl. BGHZ 139, 368, 371 f. - Handy für 0,00 DM; BGH, Urt. v. 25.9.1997 - I ZR 84/95, GRUR 1998, 500, 501 = WRP 1998, 388 - Skibindungsmontage ; Urt. v. 13.1.2000 - I ZR 271/97, GRUR 2000, 918, 919 = WRP 2000, 1138 - Null-Tarif; Urt. v. 29.6.2000 - I ZR 155/98, WRP 2000, 1278, 1279 - Möbel-Umtauschrecht). Zugabe kann in den Augen des angesprochenen Verkehrs , auf dessen Verständnis es ankommt, jeder wirtschaftliche Vorteil sein, der nicht als Teil der Hauptleistung angesehen wird, weil er über das üblicherweise Gewünschte und Erwartete hinausgeht und nicht durch die vertraglich vereinbarte Gegenleistung, hier die Zahlung des Kaufpreises, ausgeglichen wird (BGH, Urt. v. 4.12.1997 - I ZR 143/95, GRUR 1998, 502, 503 = WRP 1998, 489 - Umtauschrecht I; Urt. v. 2.7.1998 - I ZR 66/96, GRUR 1999, 270, 271 = WRP 1999, 181 - Umtauschrecht II).
2. Richtig ist auch, daß es nicht darauf ankommt, ob die Zugabe selbst Gegenstand einer Hauptleistung sein kann (vgl. BGH GRUR 1998, 502, 503 - Umtauschrecht I; BGH GRUR 1999, 270, 271 - Umtauschrecht II; BGH WRP 2000, 1278, 1279 - Möbel-Umtauschrecht; a.A. Paul, ZIP 1998, 1099, 1101 und GRUR 1999, 34, 37) und daß der vertraglichen Ausgestaltung grundsätzlich keine Bedeutung zukommt, weil sich das angesprochene Publikum regelmäßig
über die rechtliche Einordnung der Leistungsbeziehungen keine Gedanken macht, sondern sich vor allem an der Art und dem erkennbaren Sinn des Angebots orientiert (vgl. BGH GRUR 1998, 502, 503 - Umtauschrecht I; BGH GRUR 1999, 270, 271 - Umtauschrecht II). Der in der Einräumung eines Rückgaberechts verkörperte Vermögensvorteil, der in der (unentgeltlichen) Nutzung des Kaufgegenstandes besteht, kann danach grundsätzlich Zugabe sein (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.1989 - I ZR 132/87, GRUR 1989, 697, 698 = WRP 1989, 654 - Vertrauensgarantie; BGH GRUR 1998, 502, 503 - Umtauschrecht I; OLG Saarbrücken, WRP 1999, 224, 226, rechtskräftig d. Nichtannahme-Beschluß v. 19.8.1999 - I ZR 284/98). Allerdings ist nicht jedes Rückgabe- oder Umtauschrecht als Zugabe zu werten; vielmehr kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalls an (vgl. BGH GRUR 1999, 270, 272 - Umtauschrecht II).
3. Von einer Zugabe i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 ZugabeVO kann nicht gesprochen werden, wenn die vertraglich eingeräumte Leistung bei wirtschaftlicher Betrachtung in den Augen des Verkehrs eine den konkreten Bedürfnissen der Vertragspartner angepaßte Ergänzung oder Erweiterung der Hauptleistung darstellt. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn das beworbene Umtausch- oder Rückgaberecht aus wirtschaftlicher Sicht in der Natur der Hauptleistung seine sachliche Rechtfertigung findet (vgl. BGH GRUR 1999, 270, 272 - Umtauschrecht II; BGH WRP 2000, 1278, 1279 - Möbel-Umtauschrecht ; Köhler in: Köhler/Piper, UWG, § 1 ZugabeVO Rdn. 14). So verhält es sich hier.
Das streitgegenständliche Rückgaberecht gewährt dem Käufer bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung in einem angemessenen zeitlichen Rahmen von 14 Tagen Erprobungsmöglichkeiten, die eine den konkreten Be-
dürfnissen der Vertragspartner angepaßte Ergänzung der Hauptleistung darstellen.

a) Das Berufungsgericht hat nicht hinreichend berücksichtigt, daß sich der Käufer von Geräten der Unterhaltungselektronik, Fotoapparaten und elektrischen Haushaltsgeräten regelmäßig vor Auswahlschwierigkeiten gestellt sieht, die - auch bei Anwendung verkehrsüblicher Sorgfalt - die Gefahr eines Fehlkaufs besonders nahelegen (vgl. für Möbel: BGH WRP 2000, 1278, 1279 - Möbel-Umtauschrecht). Die Vielfalt der auf dem Markt zur Auswahl stehenden Geräte, die Mannigfaltigkeit ihrer Funktionsmöglichkeiten sowie die Geschwindigkeit der technischen Fortentwicklung haben zur Folge, daß dem verständigen und informierten Durchschnittskunden, auf dessen Sicht es nicht nur bei der Beurteilung einer Irreführung nach § 3 UWG (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 - Orient-Teppichmuster ; BGH WRP 2000, 1278, 1280 - Möbel-Umtauschrecht; Bornkamm, FS 50 Jahre BGH, S. 343, 359 ff.), sondern grundsätzlich auch im Rahmen von § 1 UWG ankommt, die Auswahl eines für seine Bedürfnisse passenden und seinen Anforderungen gerecht werdenden Geräts nicht unerheblich erschwert wird. Vor diesem Hintergrund erscheint die von der Beklagten eingeräumte, auf 14 Tage befristete Rückgabemöglichkeit bei technischen Geräten der beworbenen Art als angemessener Ausgleich des ansonsten nur unvollkommen zu beherrschenden Käuferrisikos. Das Rückgaberecht versetzt den Kunden in die Lage, mit dem betreffenden Gerät eigene Erfahrungen zu sammeln und es in seiner praktischen Handhabung, auch im häuslichen Bereich bzw. dort, wo es überwiegend zum Einsatz kommen soll, mit all seinen Funktionsmöglichkeiten in Ruhe selbst zu erproben.
Die Rückgabemöglichkeit entbindet den Käufer nicht davon, sich vorab über das Warenangebot zu unterrichten und eine Auswahlentscheidung zu treffen. Denn es ist ihm nicht gestattet, eine unbegrenzte Vielzahl von Geräten zum Zwecke der Erprobung mit nach Hause zu nehmen. Auch steht ihm die Ware nicht auf unbeschränkte oder längere Zeit zur Ansicht und Erprobung zur Verfügung. Gelangt er aber innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraums von 14 Tagen zu der Auffassung, einen Fehlkauf getätigt zu haben, so steht es ihm - sofern er noch über den Kassenzettel und die Originalverpackung verfügt - frei, die Ware gegen Erstattung des Kaufpreises zurückzugeben. Dies stellt aus Sicht des angesprochenen Verkehrs eine den Bedürfnissen der Vertragspartner entsprechende, angemessene und kundenfreundliche Ergänzung der Hauptleistung dar.

b) Dafür spricht auch, daß dem Verkehr die Vorstellung nicht fremd ist, sich in besonderen Fällen - etwa nach dem Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften (§ 1 Abs. 1) oder dem Verbraucherkreditgesetz (§ 7 Abs. 1) - innerhalb einer angemessenen Frist von vertraglichen Bindungen lösen zu können. Manche Anbieter räumen, wie die von der Beklagten vorgelegten und vom Berufungsgericht erörterten Angebote von drei verschiedenen Baumärkten und einem Möbelabholmarkt zeigen, dem Käufer unter bestimmten Voraussetzungen auch vertragliche Lösungsrechte ein. Schließlich wird dem Käufer - woran sich der Verkehr erfahrungsgemäß gewöhnt hat - nach den im Versandhandel bestehenden kaufmännischen Gepflogenheiten regelmäßig ein kurzfristiges Rückgabe- oder Umtauschrecht eingeräumt , weil er die Ware nicht vorher prüfen kann (vgl. BGH GRUR 1999, 270, 272 - Umtauschrecht II). Vor diesem Hintergrund hat der Verkehr keinen Anlaß, in dem vorliegenden befristeten Rückgaberecht bei elektronischen Geräten , Fotoapparaten und elektrischen Haushaltsgeräten, das erkennbar nur
der Möglichkeit einer umfassenden Prüfung der Eignung des Gegenstandes für die vorgesehene Nutzung dienen soll, etwas anderes als eine den konkreten Bedürfnissen der Vertragspartner angepaßte Ergänzung der Hauptleistung zu sehen (vgl. BGH WRP 2000, 1278, 1279 - Möbel-Umtauschrecht).

c) Dies gilt unabhängig davon, ob die Beklagte in ihrem - unwidersprochen als ein Geschäft größeren Zuschnitts bezeichneten - Elektrofachmarkt eine individuelle Kundenberatung leisten kann oder nicht. Denn eine Beratung des Käufers im Ladenlokal - sei sie auch kompetent und umfassend - vermag eine eigene Erprobung des Geräts außerhalb der Geschäftsräume, d.h. dort, wo es bestimmungsgemäß verwendet werden soll, grundsätzlich nicht zu ersetzen , zumal sich nach der Lebenserfahrung nicht unerhebliche Teile des Verkehrs davor scheuen, unbegrenzt viele Fragen zu stellen oder bei ergänzendem Erklärungsbedarf um eine - gegebenenfalls auch wiederholende - Erläuterung zu bitten.

d) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, daß der Kunde - wie das Berufungsgericht zutreffend und von der Revision unbeanstandet festgestellt hat - die erworbene Ware nach dem Inhalt der Werbung innerhalb der Frist von 14 Tagen benutzen darf, ohne das Rückgaberecht zu verlieren.
Ob der Kunde mit dem neu erworbenen Gerät zufrieden ist, kann er abschließend erst beurteilen, wenn er es auch in Gebrauch genommen hat. Die Benutzung der Neuerwerbung soll sich aber für den Fall der Rückgabe erkennbar im Rahmen eines üblichen Gebrauchs zu Erprobungszwecken halten. Dies ergibt sich schon daraus, daß die Ware nur innerhalb eines verhältnismäßig kurz bemessenen Zeitraums von 14 Tagen und lediglich mit Kassenzettel und Originalverpackung zurückgenommen wird. Während der Kassenbon ersicht-
lich zum Nachweis von Ort und Zeitpunkt des Kaufs dient, wird das Erfordernis der Rückgabe mit Originalverpackung nach allgemeiner Lebenserfahrung dahin verstanden, daß die Ware vor Transportschäden zu schützen und grundsätzlich auch zur Weiterveräußerung (in Originalverpackung) bestimmt, d.h. pfleglich zu behandeln, ist. Demgemäß nimmt der Verkehr nicht an, die Ware auch mit Gebrauchsspuren oder Beschädigungen zurückgeben zu können.
Die Revisionserwiderung hält es für naheliegend, daß das eingeräumte 14tägige Rückgaberecht auch dazu benutzt werden könnte, die Ware ohne echte Kaufabsicht nur zum Zwecke einer kurzfristigen anlaßbezogenen intensiven Nutzung - etwa einen Fotoapparat für eine Urlaubsreise oder ein einmaliges gesellschaftliches Ereignis, eine HiFi-Anlage für eine Party, ein Gartenfest oder eine Hochzeitsfeier oder ein Fernsehgerät mit besonders großem Bildschirm für ein sportliches Großereignis wie Olympiade oder Weltmeisterschaft - zu erwerben. Dies entspricht nach der Lebenserfahrung aber nicht dem Regelfall. Eine nicht völlig auszuschließende Gefahr, daß die Rückgabemöglichkeit im Einzelfall mißbraucht werden könnte, kann angesichts ihres Ausnahmecharakters kein Maßstab für die Beurteilung der Frage sein, ob eine Leistung aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise noch im Rahmen der Hauptleistung liegt oder eine zusätzliche Nebenleistung darstellt (BGH GRUR 1999, 270, 272 - Umtauschrecht II).

e) Der Zugabecharakter des beanstandeten Rückgaberechts läßt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht aus seiner werblichen Herausstellung ableiten.
Eine die eigene Hauptleistung erweiternde Leistungssteigerung oder -verbesserung erhöht die Attraktivität des Angebots und kann werbend als ver-
kaufsförderndes Element herausgestellt werden. Für die Abgrenzung zwischen einer Zugabe und einer bloßen Erweiterung der Hauptleistung kann die Art der Bewerbung des Rückgaberechts daher allenfalls indizielle Bedeutung haben (vgl. BGH GRUR 1999, 270, 272 - Umtauschrecht II). Eine von anderen Kriterien unabhängige, selbständige Bedeutung kommt ihr dagegen, wie die Revision mit Recht geltend macht, nicht zu.

f) Gleiches gilt für die mit Übergabe des Kaufgegenstandes an den Kunden unstreitig eintretende Wertminderung von jedenfalls 20 %.
Ein mit der Rücknahme von Waren verbundener Wertverlust kann dem Einzelhändler unabhängig von der rechtlichen Einordnung des Rückgaberechts als Zugabe oder als Erweiterung seiner Hauptleistung entstehen. Für die Unterscheidung zwischen erweiterter Hauptleistung und Zugabe ist demgegenüber - wie bisher - nur darauf abzustellen, welcher Kundenvorteil dem kalkulatorischen Kostenfaktor des Einzelhändlers gegenübersteht (vgl. BGH WRP 2000, 1278, 1279 f. - Möbel-Umtauschrecht). Dieser Kundenvorteil besteht vorliegend in einer in die Sphäre des Kunden erstreckten 14tägigen Erprobungsmöglichkeit , aus der im Falle der Ausübung des Rückgaberechts kein bleibender Benutzungsvorteil erwachsen kann. Die Erprobungsmöglichkeit ist auch nicht mit einem dem Käufer verbleibenden finanziellen Vorteil verbunden, weil es für die vorübergehende Gebrauchsüberlassung von Fotoapparaten, Geräten der Unterhaltungselektronik und elektrischen Haushaltsgeräten - anders als bei Kraftfahrzeugen - keinen beachtlichen Markt gibt und deshalb von dauerhaft ersparten Aufwendungen für eine 14tägige Gebrauchsmöglichkeit regelmäßig nicht gesprochen werden kann.
III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben, auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen.
Erdmann Bornkamm Pokrant
Büscher Schaffert