Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2013 - XI ZB 20/12

bei uns veröffentlicht am09.07.2013
vorgehend
Landgericht Memmingen, 1 HO 2515/02, 19.05.2004
Oberlandesgericht München, 14 U 532/04, 05.04.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 20/12
vom
9. Juli 2013
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juli 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter Dr. Ellenberger, Maihold, Pamp
und die Richterin Dr. Menges

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München in Augsburg vom 5. April 2005 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 370.285,10 €.

Gründe:


I.

1
Der Beklagte wendet sich mit der Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Oberlandesgerichts, mit dem sein Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Berufung gegen ein Wechselvorbehaltsurteil des Landgerichts zurückgewiesen und die Berufung kostenpflichtig verworfen worden ist.
2
Das Landgericht hat den Beklagten durch Wechsel-Vorbehaltsurteil vom 19. Mai 2004, das dessen Prozessbevollmächtigten am 21. Juni 2004 zugestellt worden ist, zur Zahlung von 370.285,10 € nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt. Am 28. Juli 2004 hat der Beklagte durch seine Prozessbevollmäch- tigten dagegen Berufung eingelegt, am 24. August 2004 Verlängerung der Frist zur Berufungsbegründung bis zum 27. September 2004 beantragt und nach antragsgemäßer Fristverlängerung an diesem Tag die Berufung begründet. Nachdem der Vorsitzende des Berufungssenats am 28. Dezember 2004 darauf hingewiesen hatte, dass die Frist des § 517 ZPO nicht gewahrt sein dürfte, hat der Beklagte durch seine Prozessbevollmächtigten, denen dieser Hinweis am 30. Dezember 2004 zugestellt worden ist, mit Schriftsatz vom 12. Januar 2005, eingegangen bei dem Berufungsgericht am 13. Januar 2005, Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist beantragt.
3
Zur Begründung dieses Antrags hat er vorgetragen, die verspätete Einlegung der Berufung beruhe auf dem Fehler einer juristischen Hilfskraft, der Rechtsreferendarin L. , die in der Rechtsanwaltssozietät seiner Prozessbevollmächtigten , der damals die Rechtsanwältinnen Li. und J. (nunmehr F. ) angehört hätten, seit 1. Januar 2003 jeweils an zwei Wochentagen gearbeitet habe und mit Notierung und Überwachung der Fristen betraut gewesen sei. Dabei sei nach Posteingang regelmäßig sowohl auf dem Empfangsbekenntnis als auch auf der Urteilsurkunde der gleiche Eingangsstempel angebracht worden. Daraufhin erfolge die Vorlage an die sachbearbeitende Rechtsanwältin, die nach Prüfung das Empfangsbekenntnis mit Datum versehe und unterzeichne. Sodann würden die Schriftstücke an die juristische Hilfskraft mit einer Verfügung der Rechtsanwältin zurückgegeben, unter anderem das Zustelldatum auf der Urteilsausfertigung zu vermerken und dieses sowie das Fristende im Fristenbuch einzutragen.
4
Vom 8. Juni 2004 bis 23. Juni 2004 habe sich Frau L. , die sich als zuverlässig erwiesen habe, in den schriftlichen Prüfungen des Zweiten Juristischen Staatsexamens befunden. Die sachbearbeitende Rechtsanwältin Li. sei während eines vom 14. Juni bis 30. Juni 2004 durchgeführten Urlaubs von Rechtsanwältin F. vertreten worden. Da diese nach einem unvorhergesehenen Krankenhausaufenthalt vom 16. bis 18. Juni 2004 noch geschwächt gewesen sei, habe sie am Vorabend des 21. Juni 2004 Rechtsreferendarin L. gebeten, sie am 21. Juni 2004 trotz der laufenden Prüfungen nachmittags in der Kanzlei zu unterstützen. Da Frau L. erst am Nachmittag in der Kanzlei habe anwesend sein können, habe Rechtsanwältin F. persönlich am 21. Juni 2004 die Post vom Wochenende und damit auch das Vorbehalts-Wechselurteil in Empfang genommen. Sie habe das Empfangsbekenntnis nach Prüfung mit Datum und ihrer Unterschrift versehen und mit Telefax an das Landgericht gesandt. Nach Eintreffen von Rechtsreferendarin L. in der Kanzlei am Nachmittag habe sie dieser die ausdrückliche und gesonderte Einzelanweisung erteilt, die Urteilsausfertigung mit dem Eingangsstempel desselben Tages zu versehen, das Zustellungsdatum sowie das Fristende in das Fristenbuch einzutragen, Wiedervorlage eine Woche vor Fristende zu vermerken und danach die Schriftstücke in die Akte einzuordnen. Aufgrund überhöhten Arbeitsanfalls in der Kanzlei und der Doppelbelastung durch das zweite Staatsexamen habe Frau L. versehentlich weder die Urteilsausfertigung mit dem Tagesstempel versehen noch an diesem Tag den Fristeintrag vorgenommen. Dies sei erst am 29. Juni 2004, dem nächsten Arbeitstag von Frau L. in der Kanzlei, mit dem unzutreffenden Datum dieses Tages geschehen.
5
Mit dem angefochtenen Beschluss ist vom Berufungsgericht der Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Beklagten kostenpflichtig verworfen worden. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die damalige Prozessbevollmächtigte des Beklagten , Rechtsanwältin F. , treffe ein Verschulden an der Fristversäumung, da sie das Empfangsbekenntnis über die Urteilszustellung unterzeichnet und zurückgegeben habe, obwohl die Eintragung des für den Lauf der Rechtsmittelfrist maßgeblichen Zustellungszeitpunktes und des Fristendes in den Fristenkalender und in die Handakten nicht gewährleistet gewesen sei. Nach der eidesstattlichen Versicherung der Rechtsreferendarin sei weiter zweifelhaft, ob Rechtsanwältin F. bei Übergabe der Urteilsausfertigung überhaupt eine detaillierte Anweisung erteilt habe. Eine allgemeine Anweisung an die Rechtsreferendarin L. , mit dem Urteil entsprechend zu verfahren, sei ebenso wenig ausreichend gewesen wie die konkrete Anordnung, dieses mit dem Tagesstempel zu versehen und die Berufungsfrist in den Fristenkalender einzutragen. Eine konkrete Anweisung, auf der Urteilsausfertigung und im Fristenkalender den 21. Juni 2004 als Zustellungsdatum zu vermerken, sei durch die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nicht glaubhaft gemacht. Zudem bleibe offen, wo das Originalempfangsbekenntnis verblieben sei.
6
Ungeachtet dessen treffe Rechtsanwältin F. weiter ein Organisationsverschulden , weil sie keine Vorkehrungen zur Überwachung der in mündlicher Form erteilten Anweisung getroffen habe. Zwar brauche ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen. Betreffe diese aber die Notierung einer Rechtsmittelfrist und sei sie nur mündlich erteilt, müssten ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen werden, dass die Anweisung vergessen werde und die Fristeintragung unterbleibe. Das Fehlen jeder Sicherung bedeute einen entscheidenden Organisationsmangel.
7
Im Übrigen habe sich Rechtsanwältin F. nach den konkreten Umständen auch nicht darauf verlassen können, dass die Ausführung der von ihr erteilten Anweisung an diesem Tag gewährleistet gewesen sei. Die Rechtsreferendarin L. habe bei ihrem Erscheinen in der Kanzlei bereits die Anstrengungen einer fünfstündigen Examensklausur hinter sich gehabt. Hinzu komme, dass an diesem Tag nach dem Vortrag des Beklagten ein überhöhter Arbeitsanfall in der Kanzlei vorgelegen habe. Zudem sei die Rechtsreferendarin nach den Angaben in ihrer eidesstattlichen Versicherung gesundheitlich stark angeschlagen gewesen und habe wegen eines heftigen Infektes am Vortag sogar den Notdienst bemühen müssen. Bei Vorliegen solcher besonderer Umstände erhöhe sich die Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts. Deswegen hätte sich Rechtsanwältin F. vergewissern müssen, dass ihre Anweisung ausgeführt worden ist.
8
Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Beklagte die Aufhebung dieses Beschlusses, die Gewährung von Wiedereinsetzung und die Zurückverweisung des Verfahrens an das Oberlandesgericht.

II.

9
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Mai 2002 - V ZB 11/02, BGHZ 151, 42, 43, vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 223 und vom 7. Mai 2003 - XII ZB 191/02, BGHZ 155, 21, 22), sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch zur Fortbildung des Rechts noch wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 574 Abs. 2 ZPO) erforderlich. Der angefochtene Beschluss des Berufungsgerichts beruht auf einer rechtsfehlerfreien Begründung und verletzt weder den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) noch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip; vgl. BVerfG, NJW 2003, 281).
10
1. Das Berufungsgericht hat die Berufungsfrist rechtsfehlerfrei und von der Rechtsbeschwerde unangegriffen als versäumt angesehen, weil der Beklagte erst am 28. Juli 2004 und damit nicht innerhalb der bis zum 21. Juli 2004 laufenden Frist Berufung eingelegt hat (§ 517 ZPO).
11
2. Das Berufungsgericht hat entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde den Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist rechtsfehlerfrei abgelehnt und seine Berufung verworfen, weil der Beklagte nicht ohne das Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) gehindert war, diese Frist einzuhalten (§ 233 ZPO).
12
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung im Grundsatz erst dann unterzeichnen und an das Gericht zurücksenden, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01, NJW 2002, 3782 und vom 2. Februar 2010 - VI ZB 58/09, NJW 2010, 1080 Rn. 6).
13
Unterlässt der Anwalt dies, so ist er verpflichtet, auf andere Weise dafür zu sorgen, dass die Wiedervorlage der Handakten und die Eintragung im Fristenkalender erfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 1993 - XII ZR 44/92, NJWRR 1993, 1213, 1214). Dafür reicht eine mündlich erteilte Anweisung nur aus, wenn sie kontrolliert wird. Zwar ist ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht verpflichtet , die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91, NJW 1992, 574). Im Allgemeinen kann er vielmehr darauf vertrauen, dass eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Weisungen korrekt befolgt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87, NJW 1988, 1853 sowie Beschlüsse vom 7. März 2012 - XII ZB 277/11, NJW-RR 2012, 743 Rn. 11 und vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03, NJW 2004, 688, 689). Bei Eintragung einer Berufungs- oder Berufungsbegründungsfrist müssen jedoch - anders als die Rechtsbeschwerde meint - in der Anwaltskanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen werden, dass die mündliche Einzelanweisung in Vergessenheit gerät und die Fristeintragung unterbleibt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01, NJW 2002, 3782, 3783, vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01, NJW 2003, 435, 436, vom 9. Oktober 2007 - XI ZB 14/07, juris Rn. 6, vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03, NJW 2004, 688, 689 und vom 7. März 2012 - XII ZB 277/11, NJW-RR 2012, 743 Rn. 11). Wenn ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Berufungsfrist nur mündlich vermittelt wird, dann begründet das Fehlen jeder Sicherung einen entscheidenden Organisationsmangel (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91, NJW 1992, 574, vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03, NJW 2004, 688, 689 und vom 9. Oktober 2007 - XI ZB 14/07, juris Rn. 6).
14
b) Der Beklagte hat weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass die Fristenkontrolle im konkreten Fall diesen Anforderungen entsprach.
15
aa) Vielmehr steht nach der eidesstattlichen Versicherung von Rechtsanwältin F. fest, dass diese das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und per Telefax an das Gericht gesandt hat, obwohl weder auf der Urteilsausfertigung noch sonst in den Handakten und auch nicht im Fristenbuch der Zustellungszeitpunkt des landgerichtlichen Urteils vermerkt war. Die Rechtsanwältin hat die notwendigen Eintragungen in die Handakte und im Fristenkalender auch nicht unverzüglich selbst vorgenommen.
16
bb) Rechtsanwältin F. durfte sich auch nicht - wie die Rechtsbeschwerde geltend macht - statt dessen auf eine mündliche Anweisung an die Rechtsreferendarin L. beschränken, die Urteilsausfertigung mit dem Tagesstempel zu versehen und die Berufungsfrist in dem Fristenkalender einzutragen. Vielmehr musste sie - wie ausgeführt - zusätzlich organisatorische Vorkehrungen treffen, damit die besonders wichtige Anweisung zur Notierung einer Rechtsmittelfrist nicht übersehen wird. Zu solchen Vorkehrungen hat der Beklagte weder etwas vorgetragen noch ergeben sie sich aus den zur Glaubhaftmachung vorgelegten Erklärungen. Auch die Rechtsbeschwerde trägt nicht vor, durch welche Anweisungen oder allgemeine organisatorische Maßnah- men sichergestellt worden wäre, dass die mündliche Anweisung der Rechtsanwältin zur Notierung der Frist nicht in Vergessenheit gerät.
17
3. Auf die Frage, ob die Weisung von Rechtsanwältin F. darüber hinaus deswegen fehlerhaft gewesen ist, weil sie nach den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen lediglich das Anbringen eines Tagesstempels und nicht den Vermerk des Zustellungsdatums auf der Urteilsausfertigung und dessen Eintragung im Fristenbuch verlangt hat (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01, NJW 2002, 3782, 3783), kommt es danach nicht mehr an. Dasselbe gilt für die von der Rechtsbeschwerde angegriffene Auffassung des Berufungsgerichts, Rechtsanwältin F. habe am 21. Juli 2004 nicht darauf vertrauen dürfen, Rechtsreferendarin L. werde wie bisher zuverlässig arbeiten, da diese durch die Teilnahme an der schriftlichen Prüfung im juristischen Staatsexamen und eine Erkrankung ersichtlich überlastet gewesen sei (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 8. Februar 2012 - XII ZB 165/11, NJW 2012, 1591 Rn. 33).
18
4. Da dem Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung infolge der schuldhaften Fristversäumnis seiner Prozessbevollmächtigten, die dem Beklagten nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, nicht stattzugeben war, hat das Berufungsgericht die Berufung des Beklagten wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu Recht als unzulässig verworfen.
Wiechers Ellenberger Maihold Pamp Menges

Vorinstanzen:
LG Memmingen, Entscheidung vom 19.05.2004 - 1 HO 2515/02 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 05.04.2005 - 14 U 532/04 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2013 - XI ZB 20/12

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2013 - XI ZB 20/12

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 517 Berufungsfrist


Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

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Referenzen

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 11/02
vom
29. Mai 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) § 574 Abs. 2

a) Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 ZPO kann nicht damit
begründet werden, daß die Frage der Statthaftigkeit nach § 574 Abs. 1 ZPO von
grundsätzlicher Bedeutung sei.

b) Die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574
Abs. 2 Nr. 2 ZPO) ist im Falle einer Divergenz zulässig, setzt dann
aber voraus, daß der Beschwerdeführer eine Abweichung darlegt. Eine Abweichung
liegt nur vor, wenn die angefochtene Entscheidung dieselbe Rechtsfrage
anders beantwortet als die Entscheidung eines höherrangigen oder eines anderen
gleichgeordneten Gerichts oder eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts
(Fortführung von BGHZ 89, 149, 151).

c) Wird die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
(§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) darauf gestützt, daß die angefochtene Entscheidung
verfahrens- oder materiell-rechtlich fehlerhaft sei, so sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen
erfüllt, wenn der Rechtsfehler dazu führen kann, daß schwer erträgliche
Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen.
BGH, Beschl. v. 29. Mai 2002 - V ZB 11/02 - LG Chemnitz
AG Freiberg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 29. Mai 2002 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger,
Dr. Gaier und Bauner

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluû der 6. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 17. Januar 2002 wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 1.540 ?.

Gründe:

I.


Durch Urteil des Amtsgerichts Freiberg vom 10. August 2001 ist der Beklagte zur Bestellung eines Wege- und Überfahrtsrechts auf seinem Grundstück und zur Bewilligung der Eintragung desselben in das Grundbuch verurteilt worden. Gegen dieses ihm am 17. August 2001 zugestellte Urteil hat er mit einem am 11. September 2001 bei dem Landgericht Dresden eingegangenen Schriftsatz seines Prozeûbevollmächtigten Berufung eingelegt. Mit Verfügung vom 18. September 2001, zugeleitet per Fax am selben Tage, hat der Prozeûbevollmächtigte des Beklagten den richterlichen Hinweis erhalten, daû nicht das Landgericht Dresden, sondern das Landgericht Chemnitz örtlich zuständig sei. Mit einem am 19. September 2001 bei dem Landgericht Chemnitz einge-
gangenen Schriftsatz hat der Prozeûbevollmächtigte des Beklagten daraufhin erneut Berufung eingelegt und gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Das Landgericht Chemnitz hat mit Beschluû vom 17. Januar 2002 den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten, mit der er seinen Wiedereinsetzungsantrag weiterverfolgt und die Aufhebung des die Berufung verwerfenden Beschlusses erstrebt.

II.


1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthaft. Soweit sie sich gegen den die Berufung als unzulässig verwerfenden Teil des Beschlusses richtet, ist die Rechtsbeschwerde das nach § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsmittel. Soweit mit ihr zugleich die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs angegriffen wird, folgt die Statthaftigkeit aus § 238 Abs. 2 ZPO, wonach ebenfalls § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO anwendbar ist (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 522 Rdn. 20; Zöller/Greger, § 238 Rdn. 7).
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt.

a) Entgegen der Auffassung des Beklagten kann die Zulässigkeit nicht damit begründet werden, daû die Frage der Statthaftigkeit von grundsätzlicher
Bedeutung sei. Die Frage der Statthaftigkeit muû das Rechtsbeschwerdegericht stets prüfen. Nur wenn sie bejaht wird, stellt sich nach § 574 Abs. 2 ZPO die weitere Frage, ob die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung (Abs. 2 Nr. 1) oder aus Gründen der Rechtsfortbildung bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (Abs. 2 Nr. 2) zulässig ist. Ist schon die Statthaftigkeit zu verneinen, kommt es nicht mehr zur Zulässigkeitsprüfung nach § 574 Abs. 2 ZPO, und zwar selbst dann nicht, wenn die Prüfung der Statthaftigkeit etwa Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand hätte. Das zeigt, daû die Prüfung der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde keine Fragen aufwerfen kann, die zugleich die weitere Zulässigkeit begründen könnten.

b) Dem Beklagten kann auch nicht dahin gefolgt werden, daû der Sache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO deswegen zukomme , weil höchstrichterlich ungeklärt sei, unter welchen Voraussetzungen ein unzuständiges Gericht einen infolge einer unrichtigen gerichtlichen Auskunft fehlgeleiteten Schriftsatz im Rahmen seiner Fürsorgepflicht an das zuständige Gericht weiterleiten muû. Vielmehr ist seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 93, 99 = NJW 1995, 3173, 3175) in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, daû ein unzuständiges Gericht fristgebundene Schriftsätze für das Rechtsmittelverfahren, die bei ihm eingereicht werden, im ordentlichen Geschäftsgang an das zuständige Rechtsmittelgericht weiterleiten muû (BGH, Urt. v. 1. Dezember 1997, II ZR 85/97, NJW 1998, 908; Beschl. v. 11. Februar 1998, VIII ZB 50/97, NJW 1998, 2291, 2292; Beschl. v. 27. Juli 2000, III ZB 28/00, NJW-RR 2000, 1730, 1731). Ob im vorliegenden Fall das Landgericht Dresden nach diesen Grundsätzen verfahren ist oder ob es die Berufungsschrift in einer zur Wahrung der
Berufungsfrist ausreichenden Zeit an das Landgericht Chemnitz hätte weiterleiten können, ist eine Frage des Einzelfalls und bedarf keiner höchstrichterlichen Beurteilung.

c) Auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs entgegen der Meinung des Beklagten nicht erforderlich.
aa) Soweit der Beklagte diese Zulässigkeitsvoraussetzung im Hinblick auf eine angeblich abweichende Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLGZ 1981, 241) als erfüllt ansieht, so ist ihm insoweit beizutreten, als im Falle einer Divergenz die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu bejahen sind. Nicht anders als bei dem für die Revision geltenden inhaltlich hiermit übereinstimmenden Zulassungsgrund des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 116) hat die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gerade in Divergenzfällen ihren Platz (Divergenzbeschwerde ; vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 60. Aufl., § 543 Rdn. 6). Voraussetzung für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde unter diesem Gesichtspunkt ist allerdings, daû der Beschwerdeführer darlegt, daû die angefochtene Entscheidung von der Entscheidung eines höherrangigen Gerichts , von einer gleichrangigen Entscheidung eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts oder von der Entscheidung eines anderen gleichgeordneten Gerichts abweicht. Eine solche Abweichung liegt nur vor, wenn die angefochtene Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, also einen Rechtssatz aufstellt, der von einem die Entscheidung tragenden Rechtssatz der Vergleichsentscheidung abweicht (vgl.
BGHZ 89, 149, 151 zu § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl., § 546 Rdn. 44).
Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Beklagte beruft sich zwar auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLGZ 1981, 241), die sich mit der Weiterleitung des von einer anwaltlich nicht vertretenen Partei beim unteren Gericht eingelegten Rechtsmittels befaût. Er verweist aber schon nicht auf einen von dieser Entscheidung abweichenden Rechtssatz in der angefochtenen Entscheidung. Daû diese möglicherweise vom Oberlandesgericht Karlsruhe aufgestellte Grundsätze - wie der Beklagte meint - nicht hinreichend berücksichtigt, stellt hingegen keine zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde führende Abweichung dar. Im übrigen wäre für die Frage einer Abweichung nicht auf die zurückliegende Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe abzustellen, sondern auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs.
bb) Soweit der Beklagte die angefochtene Entscheidung für verfahrens (Zugrundelegung der Zivilprozeûordnung alter Fassung) und materiell-rechtlich fehlerhaft hält, erfüllt dies ebenfalls nicht die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Zwar kann die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch auf materiell-rechtliche oder verfahrensrechtliche Fehler gestützt werden. Voraussetzung ist aber, daû der Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berührt (BT-Drucks. 14/4722 S. 104). Da der Gesetzgeber insoweit ausdrücklich eine Angleichung an andere Verfahrensvorschriften, namentlich auch an § 80 OWiG, bezweckt hat, kann auf die zu dieser Vorschrift entwickelten Kriterien zurückgegriffen werden. Danach ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn
vermieden werden soll, daû schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, wobei es darauf ankommt, welche Bedeutung die angefochtene Entscheidung für die Rechtsprechung im ganzen hat. Diese Voraussetzungen sind beispielsweise dann gegeben, wenn ein Gericht in einer bestimmten Rechtsfrage in ständiger Praxis eine höchstrichterliche Rechtsprechung nicht berücksichtigt, der Rechtsfehler also "symptomatische Bedeutung" hat (Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 543 Rdn. 13), nicht aber schon dann, wenn in einem Einzelfall eine Fehlentscheidung getroffen worden ist, selbst wenn der Rechtsfehler offensichtlich ist (BGHSt 24, 15, 22). Anders verhält es sich nur dann, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu besorgen ist, daû dem Rechtsfehler ohne eine Korrektur durch das Rechtsbeschwerdegericht ein Nachahmungseffekt zukommen könnte, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung insgesamt zu erschüttern, und deswegen eine höchstrichterliche Leitentscheidung erfordert (vgl. Hannich, in: Hannich/MeyerSeitz , ZPO-Reform 2002, § 543 Rdn. 23). Dieser Tatbestand ist hier nicht erfüllt.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger Gaier Bauner

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 16/02
vom
4. Juli 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 574 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, 233 Fc

a) Eine Sache, die eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige
Rechtsfrage aufwirft, welche sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen
stellen kann, hat grundsätzliche Bedeutung.

b) Die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt,
wenn er einer zuverlässigen Angestellten auch an den Tagen, an denen sie als
einzige von insgesamt drei Vollzeit- bzw. Teilzeitkräften im Büro anwesend ist, die
Fristenkontrolle ohne zusätzliche eigene Nachprüfung
überläßt, ist eine Frage des Einzelfalls und als solche einer Verallgemeinerung
nicht zugänglich.

c) Die Fortbildung des Rechts erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts
nur dann, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung
von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen
oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlaß, wenn es
für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte
an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise
fehlt.

d) Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung
des Rechtsbeschwerdegerichts nur dann, wenn bei der Auslegung
oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus
die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren. Dies ist in der Regel dann
der Fall, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ein Verstoû gegen
Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zutage tritt, also offenkundig ist und die
angefochtene Entscheidung hierauf beruht.
BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - KG in Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am4. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten
des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf,
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluû des 25. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 8. Februar 2002 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 8.835,12 ?.

Gründe:

I.


Das Landgericht Berlin hat die Beklagte zur Herausgabe eines Grundstücks an die im Grundbuch eingetragene Eigentümerin verurteilt. Gegen dieses ihrem Prozeûbevollmächtigten am 24. August 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 25. September 2001 beim Kammergericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist um einen Tag beantragt. Zur Rechtfertigung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hat sie vorgetragen und glaubhaft gemacht: Eine im Büro des Beklagtenvertreters seit 1990 stets sehr zuverlässig und fehlerlos arbeitende Gehilfin habe die Akte am Freitag, dem 21. September 2001 (weisungsgemäû notierte dreitägige Vorfrist), im Büro
nicht auffinden können. Zu diesem Zeitpunkt sei sie infolge Urlaubs einer weiteren Vollzeitmitarbeiterin und Abwesenheit einer nur an drei Tagen in der Woche tätigen Teilkraft die einzig verfügbare Angestellte gewesen. Wegen des von ihr zu bewältigenden auûerordentlichen Arbeitsanfalles habe sie die Aktensuche auf Montag, den 24. September 2001 (Ablauf der notierten Berufungsfrist ), verschoben. An diesem Tag habe die Gehilfin die im Fristenbuch eingetragenen Verfahrensakten herausgesucht, jedoch in der unzutreffenden, nicht überprüften Annahme, die den vorliegenden Fall betreffende Akte läge dem Beklagtenvertreter bereits mit einem Extrazettel "Fristablauf" vor, die rot notierte Berufungsfrist gestrichen und später im Fristenbuch neben der dort bereits durchgestrichenen Rotfrist einen Erledigungsvermerk mit ihrem Kürzel angebracht. Auch an diesem Tag sei sie als wiederum allein im Büro anwesende Angestellte einem auûerordentlichen Arbeitsdruck ausgesetzt gewesen. Allerdings habe der Beklagtenvertreter sie dadurch entlastet, daû er die am Wochenende und Montag eingegangene umfangreiche Post selbst bearbeitet, insbesondere die Notierung der jeweiligen Fristen und Termine verfügt habe. Diese Maûnahme habe sich in der Vergangenheit immer als ausreichend erwiesen , zumal der Beklagtenvertreter in Urlaubs- und Krankheitszeiten durch regelmäûige Stichproben überprüft habe, ob die im Kalender eingetragenen Fristen ordnungsgemäû gestrichen würden.
Das Kammergericht hat mit Beschluû vom 8. Februar 2002 den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen diesen am 5. März 2002 zugestellten Beschluû richtet sich die am 22. März 2002 eingegangene Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie ihr Wiedereinsetzungsgesuch weiterverfolgt und die Aufhebung der vom Kammergericht ausgesprochenen Verwerfung der Berufung erstrebt.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthaft (vgl. Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02 - zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 522 Rdn. 20; Zöller/Greger, aaO, § 238 Rdn. 7). Sie ist jedoch nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt.
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 60. Aufl., § 543 Rdn. 4; Musielak /Ball, ZPO, 3. Aufl., § 543 Rdn. 5; Zöller/Gummer, aaO, § 543 Rdn. 11). So liegen die Dinge hier nicht. Die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt, wenn er einer zuverlässigen Angestellten auch an den Tagen, an denen sie als einzige von insgesamt drei Vollzeit- bzw. Teilzeitkräften im Büro anwesend ist, die Fristenkontrolle ohne zusätzliche eigene Nachprüfung überläût, hängt von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab und ist einer Verallgemeinerung nicht zugänglich. Denn dabei ist nicht allein entscheidend, in welchem Umfang der Personalbestand reduziert ist, sondern es kommt vor allem darauf an, ob infolge einer angespannten Personallage eine erkennbare und durch zumutbare Maûnahmen behebbare Überlastung der mit der Fristenkontrolle betrauten, verfügbaren Mitarbeiter
eingetreten ist. Dementsprechend hat die höchstrichterliche Rechtsprechung je nach Fallgestaltung eine Erhöhung der grundsätzlichen Organisationspflichten eines Anwalts im Falle einer erheblichen Mehrbelastung des verfügbaren Personals manchmal bejaht (vgl. BGH, Beschl. v. 1. April 1965, II ZB 11/64, VersR 1965, 596, 597: Ausfall zweier von drei Bürokräften; Beschl. v. 1. Juli 1999, III ZB 47/98, NJW-RR 1999, 1664: Ausfall zweier von drei Mitarbeiterinnen während eines Arbeitstages; Beschl. v. 26. August 1999, VII ZB 12/99, NJW 1999, 3783 f: Reduzierung der Belegschaft auf fast die Hälfte für mehr als einen Monat; Beschl. v. 28. Juni 2001, III ZB 24/01, NJW 2001, 2975, 2976: Verzicht auf Eintragung des Fristablaufes bei Erkrankung einer Mitarbeiterin zum Fristende und unzureichender Wiedervorlagezeit wegen eines Wochenendes), teilweise aber auch verneint (BGH, Beschl. v. 17. November 1975, II ZB 8/75, VersR 1976, 343: Abwesenheit zweier von drei Kräften; Beschl. v. 29. Juni 2000, Vll ZB 5/00, NJW 2000, 3006: Ausscheiden eines Anwalts und Eheprobleme einer Anwaltssekretärin; Beschl. v. 27. März 2001, VI ZB 7/01, NJW-RR 2001, 1072, 1073: Doppeltes Fehlverhalten einer Bürokraft in einer Sache). Vorliegend erschöpft sich die Beurteilung der Sorgfaltspflichten des Beklagtenvertreters ebenfalls in einer Würdigung der konkreten Einzelfallumstände und ist damit nicht auf eine unbestimmte Anzahl von Fällen übertragbar.
Ob einer Sache grundsätzliche Bedeutung auch dann zukommt, wenn nur die tatsächlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen der Entscheidung für die Allgemeinheit von Bedeutung sind, kann hier offen bleiben, weil dieser Tatbetand hier ebenfalls nicht vorliegt.
2. Aus denselben Gründen ist eine Entscheidung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) geboten.
Eine höchstrichterliche Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts nur dann erforderlich, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 104; BGHSt 24, 15, 21 f; Hannich in: Hannich/Meyer/Seitz, ZPO-Reform 2002, § 543 Rdn. 22; Musielak/Ball, aaO, § 543 Rdn. 7; Zöller/Greger, aaO, § 543 Rdn. 12). Die Beklagte zeigt aber nicht auf, daû über die angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Verschärfung der Organisationspflichten eines Anwalts in Fällen angespannter Personallage (vgl. vor allem Beschl. vom 1. Juli 1999, III ZB 47/98 aaO; Beschl. v. 26. August 1999, VII ZB 12/99 aaO; Beschl. v. 29. Juni 2000, VII ZB 5/00, aaO), zur fehlenden Zurechenbarkeit organisationsunabhängigen Fehlverhaltens von Angestellten (vgl. Beschl. v. 23. März 2001, VI ZB 7/01, aaO) oder zum Überwachungs- und Organisationsverschulden bei Häufung von Mängeln (vgl. Beschl. v. 18. Dezember 1997, III ZB 41/97, BGHR ZPO § 233 Büropersonal 11) hinaus eine Notwendigkeit für weitere sachverhaltsbezogene Leitlinien besteht. Für die Aufstellung höchstrichterlicher Leitsätze besteht nur dann Anlaû, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich.

a) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zunächst in den Fällen einer Divergenz
geboten (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 5 - zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Musielak/Ball, aaO, § 543 Rdn. 8, § 574 Rdn. 6; Baumbach/Lauterbach/Albers, aaO, § 543 Rdn. 6, 574 Rdn. 2). Die Beklagte hat aber nicht dargelegt, daû die angefochtene Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die von ihr angeführte höchstrichterliche Rechtsprechung, also einen Rechtssatz aufstellt, der von einem die Vergleichsentscheidungen tragenden Rechtssatz abweicht (vgl. BGHZ 89, 149, 151; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, aaO).

b) Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung schlieûlich auch dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (BT-Drucks. 14/4722, S. 104, 116; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 543 Rdn. 23, § 574 Rdn. 12).
aa) Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn das Beschwerdegericht Verfahrensgrundrechte verletzt hat (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 104, 116; Lipp, NJW 2002, 1700, 1701; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, aaO, § 543 Rdn. 8; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, aaO; Zöller/Vollkommer, aaO, Einl. Rdn. 103), namentlich die Grundrechte auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Aus dem Beschluû des IX. Zivilsenats vom 7. März 2002, IX ZB 11/02, NJW 2002, 1577 - zur Veröffentl. in BGHZ
vorgesehen) ergibt sich nichts anderes. Dieser verweist ledigIich darauf, daû zur Korrektur von Verfahrensgrundrechtsverletzungen (§ 544 ZPO) eine "auûerordentliche Rechtsbeschwerde" nicht statthaft ist. Zu der - hiervon zu unterscheidenden - Frage, unter welchen Voraussetzungen eine "statthafte" Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 ZPO) zulässig ist, hat der IX. Zivilsenat dagegen nicht Stellung genommen. Ist die Rechtsbeschwerde - wie hier - gemäû § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, dann hat das Rechtsbeschwerdegericht - im Rahmen seiner Möglichkeiten - die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu beachten und einen Grundrechtsverstoû der Vorinstanz zu beseitigen (vgl. BVerfGE 49, 252, 257 ff; 73, 322, 327; vgl. ferner BVerfG, Vorlagebeschl., ZVI 2002; 122), sofern diese nicht - etwa im Wege der Gegenvorstellung - die Grundrechtsverletzung selbst geheilt hat (vgl. BVerfGE 63, 77, 79; 73, 322, 327; BGHZ 130, 97, 99 ff; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99, JZ 2000, 526 f; Beschl. v. 26. April 2001, IX ZB 25/01, NJW 2001, 2262; vgl. ferner BT-Drucks. 14/4722, S. 63). Da andererseits für die Frage, ob die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung erfordert, Art und Gewicht eines Rechtsfehlers nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann Bedeutung erlangen sollen, wenn sie geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung im ganzen zu beschädigen (BT-Drucks. 14/4722 S. 104; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt), wird eine auf § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO gestützte Rechtsbeschwerde in der Regel nur dann zulässig sein, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ein Verstoû gegen Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zu Tage tritt, also offenkundig ist (vgl. auch BVerfGE 47, 182, 187; 69, 233, 246; 73, 322, 329; 86, 133, 145 f; BVerfG, NJW-RR 2002, 68, 69), und die angefochtene Entscheidung hierauf beruht.
bb) Die Beklagte zeigt jedoch keine (hinreichenden) Anhaltspunkte für eine offenkundige Verletzung von Verfahrensgrundrechten auf.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 41, 323, 326 ff; 41, 332, 334 ff; 44, 302, 305 ff; 69, 381, 385; BVerfG, NJW 1993, 720; 1995, 249; 1999, 3701, 3702; 2001, 2161, 2162). Demgemäû dürfen bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen daran, was der Betroffene veranlaût haben muû, um Wiedereinsetzung zu erlangen, insbesondere beim "ersten Zugang" zum Gericht (vgl. BVerfGE 25, 158, 166; 38, 35, 38; 40, 88, 91; 67, 208, 212 ff), aber auch beim Zugang zu einer weiteren Instanz (vgl. BVerfGE 44, 302, 305 ff; 62, 334, 336; 69, 381, 385; BVerfG, NJW 1995, 249; 1996, 2857; 1999, 3701, 3702; 2001, 2161, 2162) nicht überspannt werden. Entsprechendes gilt für die Anforderungen, die nach Fristversäumung an den Vortrag und die Glaubhaftmachung der Versäumungsgründe gestellt werden dürfen (vgl. BVerfGE 26, 315, 319, 320; 37, 100, 103; 40, 42, 44; 40, 88, 91; BVerfG, NJW 1997, 1770, 1771).
(2) Gegen diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht nicht verstoûen. Insbesondere hat es die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts und
die Kausalität einer Pflichtverletzung zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt.
Das Beschwerdegericht geht davon aus, daû die von der Beklagten vorgetragenen und glaubhaft gemachten organisatorischen Maûnahmen grundsätzlich den von höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine hinreichende Fristenkontrolle genügen (vgl. BGH, Beschl. v. 26. Februar 1996, II ZB 7/95, NJW 1996, 1540, 1541; Beschl. v. 14. März 1996, III ZB 13/96, VersR 1996, 1298; Beschl. v. 27. November 1996, XII ZB 177/96, NJW 1997, 1312, 1313). Es ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, daû im Büro des Beklagtenvertreters sowohl im Zeitpunkt der auf den 21. September 2001 notierten Vorfrist als auch bei Ablauf der Berufungsfrist (24. September 2001) infolge des Ausfalls von zwei Bürokräften und der hierdurch bedingten erheblichen Mehrbelastung der allein verbliebenen Mitarbeiterin eine Sondersituation gegeben war, die den Beklagtenvertreter ausnahmsweise zu einer eigenen Fristenkontrolle verpflichtete. Diese auf den Einzelfall bezogene rechtliche Würdigung hält sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben. Zwar hätte das Beschwerdegericht nicht ohne weitere Aufklärung unterstellen dürfen, daû die allein verbliebene Bürokraft des Beklagtenvertreters auch deswegen einer erheblichen Arbeitsbelastung ausgesetzt war, weil sie nicht nur für diesen, sondern auch für einen mit diesem in Bürogemeinschaft verbundenen weiteren Rechtsanwalt tätig gewesen sei. Hierin liegt jedoch kein Verstoû gegen die Grundrechte auf rechtliches Gehör und Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes. Denn eine Beeinträchtigung dieser Verfahrensgrundrechte läge nur dann vor, wenn die Entscheidung des Beschwerdegerichts hierauf beruhte (vgl. BVerfGE 86, 133, 147; 89, 381, 392 f). Dies ist jedoch nicht der Fall, da bereits allein der im Büro des Beklagtenvertreters
selbst aufgetretene auûergewöhnliche Arbeitsanfall Anlaû zu einer eigenen Fristenkontrolle des Anwalts gab. Aus dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Beklagten ergibt sich nämlich, daû das dort am 21. und 24. September anstehende Arbeitspensum von der verbliebenen Kanzleikraft allein nicht hinreichend bewältigt werden konnte.
(3) Auch für eine offenkundige Verletzung des Grundrechts auf ein objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Ein Verstoû hiergegen kommt nur in Betracht , wenn die angefochtene Entscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und daher auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 87, 273, 278 ff; BVerfG, NJW 1996, 1336; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99 aaO) oder wenn durch zu strenge Anforderungen an die Erfolgsaussicht eines Vorbringens (Prozeûkostenhilfe) eine sachwidrige Ungleichbehandlung erfolgt (vgl. BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 92/97, NJW 1998, 82). Dies ist jedoch nicht der Fall.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger Klein Lemke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 191/02
vom
7. Mai 2003
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
1. Auch die Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden
Beschluß ist nur unter den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO zulässig.
2. Zu den Voraussetzungen des gewillkürten Klägerwechsels im zweiten Rechtszug.
3. Zu den Möglichkeiten des Rechtsträgers, ein Urteil anzufechten, das die Klage
des vermeintlichen gesetzlichen Prozeßstandschafters als unbegründet abgewiesen
hat.
BGH, Beschluß vom 7. Mai 2003 - XII ZB 191/02 - OLG Schleswig
AG Mölln
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Mai 2003 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof.
Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Kläger wird der Beschluß des 2. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 23. September 2002 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt

600


Gründe:

I.

Die Klägerin zu 1 ist die geschiedene Ehefrau des Beklagten. Mit ihrer nach Rechtskraft der Scheidung erhobenen Klage nahm sie ihn auf Zahlung von Kindesunterhalt für die aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kläger zu 2 und 3 in Anspruch. Das Amtsgericht wies die Klage unter anderem wegen mangelnder Leistungsfähigkeit des Beklagten als unbegründet ab. Dagegen legte die Klägerin zu 1 Berufung ein. In der innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist eingereichten Berufungsbegründung heißt es einlei-
tend, daß nunmehr die Kläger zu 2 und 3, beide gesetzlich vertreten durch die Klägerin zu 1, ihre Unterhaltsansprüche im eigenen Namen geltend machen, weswegen um Berichtigung des Rubrums gebeten werde. Das Berufungsgericht verwarf die Berufungen sämtlicher Kläger als unzulässig. Dagegen richtet sich deren Rechtsbeschwerde, mit der sie vor allem geltend machen, das Berufungsgericht habe die Berufung der Klägerin zu 1 nicht mangels Begründung als unzulässig ansehen dürfen; vielmehr hätte es die namens der Kläger zu 2 und 3 eingereichte Berufungsbegründung auch als solche der Klägerin zu 1 verstehen müssen.

II.

Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. 1. Soweit die Rechtsbeschwerdeführer geltend machen, im Falle der Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung einer Berufung als unzulässig (§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) erübrige sich eine Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 574 Abs. 2 ZPO, vermag der Senat dem - entgegen Piekenbrock/ Schulze JZ 2002, 911, 920 - allerdings nicht zu folgen. Der Gesetzgeber hat § 547 ZPO a.F. bewußt nicht in das neue Recht übernommen, sondern fehlerhafte Entscheidungen der Berufungsgerichte zur Zulässigkeit der Berufung fehlerhaften Sachentscheidungen gleichgestellt (vgl. Wenzel NJW 2002, 3353, 3357 m.N.).
Für ihre gegenteilige Auffassung können die Rechtsbeschwerdeführer sich auch nicht darauf berufen, der Bundesgerichtshof (Beschluß vom 26. September 2002 - III ZB 44/02 - NJW 2002, 3636 f.) habe einer Rechtsbeschwerde gegen die Versagung der Wiedereinsetzung stattgegeben, ohne die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 574 Abs. 2 ZPO zu prüfen. Vielmehr wurde die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde in jenem Fall mit der Begründung bejaht, die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO); dieser Teil der Entscheidung ist allerdings in NJW 2002, 3636 f. nicht mit veröffentlicht. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch zulässig, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2). Denn die Voraussetzungen eines gewillkürten Klägerwechsels in der Berufungsinstanz sind höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt; dies gilt insbesondere für die hier entscheidende Frage, ob der vermeintliche Prozeßstandschafter, dessen Klage in erster Instanz fälschlicherweise durch Sachurteil abgewiesen wurde, die von ihm eingelegte Berufung selbst begründet und mit ihr zunächst die eigene Beschwer bekämpft haben muß, ehe der Inhaber des Rechts im Wege des Klägerwechsels das Berufungsverfahren im eigenen Namen weiterführen kann. 2. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß mit der Berufungsbegründung ein gewillkürter Parteiwechsel erklärt wurde, der sachdienlich ist, weil in erster Instanz alle Beteiligten übersehen hatten, daß die Klägerin zu 1 den Unterhaltsanspruch der Kläger zu 2 und 3 nicht im eigenen Namen einklagen konnte, weil die Voraussetzungen der gesetzlichen Prozeß-
standschaft nach § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB schon bei Erhebung der Klage wegen der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs nicht mehr vorlagen. Das Berufungsgericht führt weiter aus, die Berufung der Klägerin zu 1 sei unzulässig, da sie nicht fristgerecht begründet worden sei. Denn mit der (fristgerecht eingereichten) Berufungsbegründungsschrift sei die Berufung erklärtermaßen allein für die Kläger zu 2 und 3 begründet worden. Daraus folge zugleich die Unzulässigkeit der Berufungen der Kläger zu 2 und 3, denn ein zulässiger Klägerwechsel in der Berufungsinstanz setze voraus, daß der bisherige Kläger eine zulässige Berufung eingelegt habe. Ferner scheitere die Berufung der Kläger zu 2 und 3 an der vom Bundesgerichtshof (Beschluß vom 21. September 1994 - VIII ZB 22/94 - NJW 1994, 3358, 3359 m.N.) geforderten weiteren Zulässigkeitsvoraussetzung, daß der im ersten Rechtszug erhobene Klaganspruch zumindest teilweise weiterverfolgt werde, die Richtigkeit der erstinstanzlichen Klageabweisung mithin in Frage gestellt werde und nicht nur im Wege der Klageänderung ein neuer, bisher nicht geltend gemachter Anspruch zur Entscheidung gestellt werde. Hier habe das Familiengericht den Klageanspruch der Klägerin auf Zahlung von Kindesunterhalt zu ihren Händen zurückgewiesen, während in der Berufungsinstanz nunmehr ein neuer Anspruch, nämlich der Unterhaltsanspruch der Kläger zu 2 und 3, zur Entscheidung gestellt worden sei. Das hält der rechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand: 3. Das Berufungsgericht hat sich mit der Frage, ob die Berufungsbegründung der Kläger zu 2 und 3 zugleich auch als solche der Klägerin zu 1 auszulegen sei, - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht befaßt. Denn auch bei einer solchen Auslegung wäre die Berufung der Klägerin zu 1 nach der Auffas-
sung des Berufungsgerichts unzulässig gewesen, weil sie den in erster Instanz erhobenen Klaganspruch mit der Berufungsbegründung nicht weiterverfolgt habe. Der Senat kann die namens der Kläger zu 2 und 3 abgegebene Prozeßerklärung selbst auslegen. Insoweit hat das Berufungsgericht zunächst zutreffend erkannt, daß mit ihr - ungeachtet der Bitte, das Rubrum zu berichtigen - ein gewillkürter Klägerwechsel erklärt wurde. Aus der Erklärung, daß die Kläger zu 2 und 3 ihre Unterhaltsansprüche nunmehr im eigenen Namen geltend machen , ist zudem zu entnehmen, daß die Klägerin zu 1 das Berufungsverfahren nur noch als gesetzliche Vertreterin der Kläger zu 2 und 3, aber nicht mehr im eigenen Namen als (vermeintliche) Prozeßstandschafterin fortführen wollte. Sie ist damit als Partei aus dem Verfahren ausgeschieden (vgl. Zöller/Greger ZPO 23. Aufl. § 269 Rdn. 5 m.N.). Die vom Berufungsgericht gleichwohl ausgesprochene Verwerfung ihrer Berufung kann daher keinen Bestand haben. 4. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die im ersten Rechtszug nicht beteiligten Kläger zu 2 und 3 allein rechtsmittelbefugt gewesen wären, die Berufung also von vornherein im eigenen Namen hätten einlegen können (vgl. Berger , Die subjektiven Grenzen der Rechtskraft bei der Prozeßstandschaft S. 211; zum markenrechtlichen Widerspruchsverfahren vgl. auch BPatG GRUR 2000, 815, 817 m.N.; offen gelassen von BGH, Beschluß vom 21. September 1994 aaO unter 2 b bb). Denn hier ist die Berufung zulässigerweise von der Klägerin zu 1 eingelegt worden, die Partei des erstinstanzlichen Verfahrens war und durch die Abweisung ihrer Klage formell beschwert ist. 5. Es trifft zwar zu, daß ein Parteiwechsel in der Berufungsinstanz grundsätzlich eine zulässige Berufung voraussetzt (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1994 - VII ZR 159/92 - WM 1994, 1212, 1213 unter 2 c; BGH, Be-
schluß vom 21. September 1994 aaO S. 3359 unter 2 b aa). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Parteiwechsel nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erklärt wird, da er eine bereits eingetretene Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht mehr beseitigen kann. Unproblematisch ist diese Voraussetzung auch dann, wenn man die Rechtsmittelbefugnis eines bisher am Verfahren nicht beteiligten Dritten bejaht und es für zulässig erachtet, daß dieser mit der Erklärung des Parteiwechsels - wie der Nebenintervenient gemäß § 66 Abs. 2 ZPO - zugleich das Rechtsmittel selbst einlegt. Zu fragen ist lediglich, welche Anforderungen an die Zulässigkeit einer allein von der ursprünglichen Partei eingelegten Berufung zu stellen sind, wenn der Parteiwechsel vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erklärt wird und lediglich die neue Partei das Rechtsmittel fristgerecht begründet. In einem solchen Fall kann die infolge des Parteiwechsels an die Stelle des ursprünglichen Berufungsklägers getretene neue Partei die Zulässigkeit der rechtzeitig eingelegten Berufung durch eine eigene fristgerechte Begründung wahren. Denn vor Ablauf der Begründungsfrist war die eingelegte Berufung jedenfalls noch nicht mangels Begründung unzulässig. Zumindest im hier vorliegenden Fall eines sachdienlichen Klägerwechsels, der der Zustimmung des Gegners nicht bedarf (vgl. BGHZ 65, 264, 268), ist keine prozessuale Notwendigkeit ersichtlich, statt oder neben einer rechtzeitigen Berufungsbegründung der neuen Kläger eine rechtzeitige Berufungsbegründung des ursprünglichen Rechtsmittelführers zu verlangen, zumal wenn dieser mit der Erklärung des Parteiwechsels aus dem Verfahren ausgeschieden ist (vgl. auch Pfeiffer LM § 263 ZPO Nr. 24 a.E.), und zwar im vorliegenden Fall aus gutem Grund, da neben der Klage des Rechtsinhabers im gleichen Prozeß kein Raum für eine gerichtliche Verfolgung desselben Anspruchs in Prozeßstandschaft ist und umgekehrt (vgl. BGHZ 123, 132, 136 m.N.).
Dem steht der Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 21. September 1994 aaO 3359 nicht entgegen, wie der VIII. Zivilsenat auf Anfrage bestätigt hat. Zwar ist dort (aaO unter 2 b aa) ausgeführt, der Klägerwechsel in zweiter Instanz setze eine zulässige Berufung des ursprünglichen Klägers voraus, an der es fehle, wenn dieser seine Berufung nicht rechtzeitig begründet habe. Auf dieser Erwägung beruht die Entscheidung des VIII. Zivilsenats aber letztlich nicht. Er hat die seiner Beurteilung unterliegende Berufung vielmehr aus anderen Gründen als unzulässig angesehen (aaO unter 2 b bb aaa) und die Frage, die der erkennende Senat nunmehr bejaht, ausdrücklich offengelassen, nämlich ob es aus Gründen der Prozeßökonomie ausnahmsweise zulässig sein kann, daß anstelle des in erster Instanz abgewiesenen Klägers ein Dritter in den Prozeß eintritt, bevor die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Berufung des ursprünglichen Klägers erfüllt sind, die Berufung also von Anfang an für den neuen Kläger begründet werden kann (aaO unter 2 b bb). 6. Es bleibt jedoch auch in diesem Fall bei der weiteren Voraussetzung der Zulässigkeit des Rechtsmittels, daß der Angriff des Rechtsmittelführers (auch) auf die Beseitigung der im vorinstanzlichen Urteil enthaltenen Beschwer gerichtet sein muß. Das Rechtsmittel ist unzulässig, wenn mit ihm lediglich im Wege der Klageänderung ein neuer, bislang nicht geltend gemachter Anspruch zur Entscheidung gestellt wird; vielmehr muß zumindest auch der in erster Instanz erhobene Klageanspruch wenigstens teilweise weiterverfolgt werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Oktober 2000 - VIII ZR 321/99 - ZIP 2000, 2222 f. m.N., vom 21. September 1994 aaO 3359 unter 2 b bb aaa und vom 17. September 1992 - IX ZB 45/92 - ZIP 1993, 64; BGH, Urteil vom 13. Juni 1996 - III ZR 40/96 - NJW-RR 1996, 1276; a.A. Pfeiffer aaO und Altmeppen ZIP 1992, 449, 450 f. und ZIP 1993, 65 ff.).
Diese Voraussetzung ist hier jedoch - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - erfüllt. Der Streitgegenstand hat sich dadurch, daß nunmehr die Rechtsinhaber anstelle des vermeintlichen Prozeßstandschafters ihren Anspruch auf Kindesunterhalt gegen den Beklagten weiterverfolgen, nicht geändert (vgl. Berger aaO S. 210). Die Kläger zu 2 und 3 begehren mit ihrem Rechtsmittel die Beseitigung der im vorinstanzlichen Urteil enthaltenen Beschwer , die auch die ihre ist, weil ihr Unterhaltsanspruch durch Sachurteil aberkannt wurde. Insoweit kann dahinstehen, ob sich, wenn diese Entscheidung rechtskräftig würde, deren Rechtskraft ausnahmsweise nicht gemäß § 1629 Abs. 3 Satz 2 BGB auf sie erstreckt, weil ein Fall der Prozeßstandschaft nicht vorgelegen hatte (so Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl. § 28 I 6 S. 265), oder ob der Rechtsträger an die im Ersturteil jedenfalls stillschweigend mitenthaltene Feststellung gebunden wäre, daß die als Prozeßstandschafter auftretende Partei prozeßführungsbefugt war (vgl. Berger aaO S. 180). Allein die Ungewißheit über die höchstrichterlich noch nicht geklärte Tragweite der Rechtskraft einer solchen Entscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1999 - VIII ZR 78/98 - ZIP 2000, 149, 150 m. Anm. Marotzke EWiR 2000, 405, 406; Musielak/Weth ZPO 3. Aufl. § 51 Rdn. 36) reicht aus, die Rechtsmittelbefugnis des Rechtsträgers zu bejahen, um ihm die Möglichkeit zu geben, der möglicherweise auch ihn bindenden Rechtskraft einer Sachabweisung zuvorzukommen (Berger aaO S. 185). Dies ist auch ein Gebot der Prozeßökonomie , da der Rechtsträger andernfalls darauf verwiesen wäre, einen weiteren Prozeß zu führen, nämlich entweder in einem zweiten Prozeß gegen den Beklagten geltend zu machen, die Partei des ersten Verfahrens sei nicht prozeßführungsbefugt gewesen und die Rechtskraft des Ersturteils stehe seiner Klage daher nicht entgegen (vgl. Grunsky aaO), oder aber die Rechtskraft des Erst-
urteils mit der Nichtigkeitsklage nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zu beseitigen (vgl. Berger aaO S. 185; vgl. auch BGHZ 84, 24, 28 ff. und 143, 122, 127). 7. Auch die Verwerfung der Berufung der Kläger zu 2 und 3 kann daher keinen Bestand haben. Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das nunmehr über die Kostenfolge des Ausscheidens der Klägerin zu 1 und hinsichtlich der Kläger zu 2 und 3 in der Sache zu entscheiden haben wird.
Hahne RiBGH Sprick ist urlaubsbedingt Weber-Monecke verhindert zu unterschreiben. Hahne Wagenitz Ahlt

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 419/01
vom
17. September 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO § 212 a a.F., § 233 Fb, Fd
Wenn ein Rechtsanwalt, der ein Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung
unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne das Datum der Zustellung in den Handakten
vermerkt zu haben, seine Bürokraft nur mündlich anweist, eine Rechtsmittelfrist
einzutragen, genügt er seiner Sorgfaltspflicht nur dann, wenn in seiner Kanzlei ausreichende
organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sind, daß die Anweisung
in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt.
BGH, Beschl. vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - OLG Karlsruhe
LG Heidelberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. September 2002 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge
und Stöhr

beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist wird zurückgewiesen.
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. Oktober 2001 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gegenstandswert: 42.033,54

Gründe:


I.


Der Kläger, der Alleinerbe seiner am 28. Dezember 1995 verstorbenen Ehefrau ist, hatte von den Beklagten aus übergegangenem Recht Schadensersatz und ein Schmerzensgeld wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung seiner Ehefrau begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit Urteil vom 24. Oktober 2001 hat das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Das Berufungsurteil ist seinem zweitinstanzlichen Prozeßbevoll-
mächtigten am 31. Oktober 2001 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 21. November 2001 erteilte dieser den Auftrag, gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Revision einzulegen. Der Auftrag ging am 22. November 2001 zusammen mit einer Kopie der (zweiten) Ausfertigung des Berufungsurteils, die einen Eingangsstempel vom 9. November 2001 aufwies, bei der Revisionsanwältin ein. Die Revisionsschrift vom 6. Dezember 2001 ging am selben Tage beim Bundesgerichtshof ein. Die Senatsvorsitzende verlängerte antragsgemäß die Frist zur Revisionsbegründung bis zum 8. Mai 2002. Nach Eingang der Revisionsbegründung am 17. April 2002 wies der Berichterstatter mit Verfügung vom 26. Juni 2002, der Revisionsanwältin zugegangen am 27. Juni 2002, darauf hin, daß die Zustellung des Berufungsurteils laut Empfangsbekenntnis am 31. Oktober 2001 erfolgt sei. Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2002 begehrt der Kläger unter Bezugnahme auf die Revisionsschrift vom 6. Dezember 2001 und die Revisionsbegründung vom 9. April 2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist. Die Revisionsanwältin habe aufgrund der eingereichten Unterlagen keinen Anlaß zu Zweifeln an der richtigen Berechnung der Revisionsfrist gehabt. Im Büro des Berufungsanwalts sei dessen für ihn als Angestellte tätige Ehefrau mit der Kontrolle und Überwachung der Frist beauftragt gewesen. Nach Zustellung des Berufungsurteils habe er seine Ehefrau angewiesen , die Revisionsfrist im Terminkalender zu notieren. Versehentlich habe seine Ehefrau weder die Rechtsmittelfrist noch eine Vorfrist eingetragen und auch keinen Vermerk in die Handakte aufgenommen. Die Urteilsausfertigung habe sie im Original an den Kläger weitergeleitet, ohne für die Akte eine Kopie zu fertigen. Als am 9. November 2001 eine zweite Ausfertigung des Berufungsurteils eingegangen sei, habe die Ehefrau des Berufungsanwalts von sich aus die Revisionsfrist für den 10. Dezember 2001 und die Vorfrist auf den 3. Dezember 2001 eingetragen. Der Berufungsanwalt selbst habe diesen
Posteingang nicht weiter beachtet, weil diese (zweite) Urteilsausfertigung ohne Empfangsbekenntnis eingegangen sei. Er habe sich an den im Terminkalender fehlerhaft eingetragenen Fristen orientiert.

II.

Die Revision ist unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 554 a Abs. 2 ZPO a.F., vgl. § 26 Nr. 7 EGZPO i.d.F. von Art. 3 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 - BGBl. I S. 1887). Sie ist erst am 6. Dezember 2001 und damit nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat ab Zustellung des Berufungsurteils (§ 552 ZPO a.F.) am 31. Oktober 2001 eingelegt worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist kann dem Kläger nicht gewährt werden. Der Antrag ist zwar zulässig und insbesondere innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 und 2 ZPO eingegangen. Er erweist sich jedoch als unbegründet. 1. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Daran fehlt es hier. Die Versäumung der Revisionsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Wie der Kläger selbst vorträgt, ist es zur Fristversäumung gekommen, weil der mit der Revisionseinlegung beauftragten Rechtsanwältin nicht das richtige Zustellungsdatum mitgeteilt worden ist. Dazu sei es gekommen, weil der Berufungsanwalt angenommen habe, seine Anweisung, den Fristablauf im
Terminkalender und in der Handakte einzutragen, sei richtig ausgeführt worden. Damit hat der Berufungsanwalt seiner Sorgfaltspflicht indessen nicht genügt.
a) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Erteilung des Rechtsmittelauftrags machte es nämlich erforderlich, das für den Lauf der Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu ermitteln (vgl. Senatsbeschluß vom 7. März 1995 - VI ZB 3/95 - VersR 1995, 931, 932; BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - NJW 1992, 574; Beschluß vom 28. Oktober 1993 - VII ZB 16/93 - VersR 1994, 873, 874; Beschluß vom 7. Dezember 1993 - XI ZR 207/93 - VersR 1994, 956). Da es für den Fristbeginn im Falle einer Zustellung gem. § 212 a ZPO a.F. darauf ankommt, wann der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat, bedarf es darüber eines besonderen Vermerks (Senatsbeschluß vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968, 1969). Um zu gewährleisten, daß ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, daß die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (Senatsbeschluß vom 26. März 1996 - VI ZB 1,2/96 - NJW 1996, 1900, 1901; vgl. BGH, Beschluß vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 1 m.w.N.). Dieses Sorgfaltsgebot hat der Berufungsanwalt verletzt, als er am 31. Oktober 2001 das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne zuvor die Notierung der Rechtsmittelfrist sichergestellt zu haben. Ihn trifft ein Organisationsverschulden , weil er keine Vorkehrungen dagegen getroffen hat, daß die Ausführung der Anweisung unterblieb. Nach Aktenlage ist davon auszugehen, daß die Anweisung hier in mündlicher Form erfolgt ist. Ob und gegebenenfalls auf welche Weise im Büro des Berufungsanwalts die Ausführung mündlich erteilter
Anweisungen kontrolliert wurde, ist nicht dargelegt. Zwar braucht ein Rechts- anwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen. Im allgemeinen darf er vielmehr darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Anweisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185 f.). Wenn aber ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Rechtsmittelfrist nur mündlich vermittelt wird, müssen in der Rechtsanwaltskanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die Anweisung in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt (BAGE 78, 184, 186). Das Fehlen jeder Sicherung bedeutet einen entscheidenden Organisationsmangel (BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - aaO). Dieser bleibt nicht deswegen folgenlos, weil der Berufungsanwalt hier eine Einzelanweisung erteilt hat, deren Befolgung die durch das Organisationsverschulden geschaffene Gefahrenlage noch rechtzeitig beseitigt hätte (vgl. BGH, Beschluß vom 9. Januar 2001 - VIII ZB 26/00 - NJW-RR 2001, 782, 783). Soweit der Bundesgerichtshof an anderer Stelle (vgl. Beschlüsse vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96 - NJW-RR 1998, 1360, 1361 und vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823) ausgeführt hat, auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen eines Rechtsanwalts komme es nicht an, wenn konkrete Anweisungen erteilt worden seien, deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte, lagen diesen Entscheidungen anders gelagerte Sachverhalte zugrunde.
b) Die Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses ist auch dann notwendig, wenn die Anweisung besteht, eine mit einem Eingangsstempel versehene Urteilsausfertigung zu den Handakten zu nehmen, denn ein solcher Stempel besagt für den Zeitpunkt der Zustellung nichts. Sein Datum braucht, wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, nicht mit dem allein maßgeblichen Datum übereinzustimmen , unter dem der Anwalt das Empfangsbekenntnis gem. § 212 a ZPO a.F.
unterzeichnet hat (BGH, Beschluß vom 13. März 1991 - XII ZB 22/91 - VersR 1992, 118, 119 m.w.N.).
c) Das Versäumnis des Berufungsanwalts war für die Versäumung ursächlich , denn wenn er das Empfangsbekenntnis erst nach Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung zurückgegeben hätte, wäre der Revisionsanwältin nicht ein falsches Zustellungsdatum mitgeteilt worden. Vielmehr ist davon auszugehen, daß ihr das in dem Vermerk notierte und für den Beginn der Rechtsmittelfrist maßgebende Datum genannt und die Revision demgemäß rechtzeitig eingelegt worden wäre. 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
6
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung nur unterzeichnen und zurückgeben, wenn sichergestellt ist, dass in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (Senatsbeschlüsse vom 26. März 1996 - VI ZB 1/96 und VI ZB 2/96 - VersR 1996, 1390 und vom 12. Januar 2010 - VI ZB 64/09 - z.V.b.; BGH, Beschluss vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 1 m.w.N.). Bescheinigt der Rechtsanwalt den Empfang eines ohne Handakten vorgelegten Urteils, so erhöht sich damit die Gefahr, dass die Fristnotierung unterbleibt und dies erst nach Fristablauf bemerkt wird. Um dieses Risiko auszuschließen, muss der Anwalt, falls er nicht selbst unverzüglich die notwendigen Eintragungen in der Handakte und im Fristenkalender vornimmt, durch eine besondere Einzelanweisung die erforderlichen Eintragungen veranlassen. Auf allgemeine Anordnungen darf er sich in einem solchen Fall nicht verlassen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. März 1992 - XII ZR 268/91 - VersR 1992, 1536; vom 16. September 1993 - VII ZB 20/93 - VersR 1994, 371 und vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - aaO). Weist er seine Bürokraft im Einzelfall mündlich an, die Rechtsmittelfrist einzutragen, müssen ausreichende organisatorische Vorkehrungen dafür getroffen sein, dass diese Anweisung nicht in Vergessenheit gerät (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - VersR 2003, 792, 793 und vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - VersR 2005, 94, 95; BGH, Beschlüsse vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - BGHR ZPO § 233 [Empfangsbekenntnis 6] und vom 27. September 2007 - IX ZA 14/07 - AnwBl 2008, 71).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 419/01
vom
17. September 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO § 212 a a.F., § 233 Fb, Fd
Wenn ein Rechtsanwalt, der ein Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung
unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne das Datum der Zustellung in den Handakten
vermerkt zu haben, seine Bürokraft nur mündlich anweist, eine Rechtsmittelfrist
einzutragen, genügt er seiner Sorgfaltspflicht nur dann, wenn in seiner Kanzlei ausreichende
organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sind, daß die Anweisung
in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt.
BGH, Beschl. vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - OLG Karlsruhe
LG Heidelberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. September 2002 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge
und Stöhr

beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist wird zurückgewiesen.
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. Oktober 2001 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gegenstandswert: 42.033,54

Gründe:


I.


Der Kläger, der Alleinerbe seiner am 28. Dezember 1995 verstorbenen Ehefrau ist, hatte von den Beklagten aus übergegangenem Recht Schadensersatz und ein Schmerzensgeld wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung seiner Ehefrau begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit Urteil vom 24. Oktober 2001 hat das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Das Berufungsurteil ist seinem zweitinstanzlichen Prozeßbevoll-
mächtigten am 31. Oktober 2001 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 21. November 2001 erteilte dieser den Auftrag, gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Revision einzulegen. Der Auftrag ging am 22. November 2001 zusammen mit einer Kopie der (zweiten) Ausfertigung des Berufungsurteils, die einen Eingangsstempel vom 9. November 2001 aufwies, bei der Revisionsanwältin ein. Die Revisionsschrift vom 6. Dezember 2001 ging am selben Tage beim Bundesgerichtshof ein. Die Senatsvorsitzende verlängerte antragsgemäß die Frist zur Revisionsbegründung bis zum 8. Mai 2002. Nach Eingang der Revisionsbegründung am 17. April 2002 wies der Berichterstatter mit Verfügung vom 26. Juni 2002, der Revisionsanwältin zugegangen am 27. Juni 2002, darauf hin, daß die Zustellung des Berufungsurteils laut Empfangsbekenntnis am 31. Oktober 2001 erfolgt sei. Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2002 begehrt der Kläger unter Bezugnahme auf die Revisionsschrift vom 6. Dezember 2001 und die Revisionsbegründung vom 9. April 2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist. Die Revisionsanwältin habe aufgrund der eingereichten Unterlagen keinen Anlaß zu Zweifeln an der richtigen Berechnung der Revisionsfrist gehabt. Im Büro des Berufungsanwalts sei dessen für ihn als Angestellte tätige Ehefrau mit der Kontrolle und Überwachung der Frist beauftragt gewesen. Nach Zustellung des Berufungsurteils habe er seine Ehefrau angewiesen , die Revisionsfrist im Terminkalender zu notieren. Versehentlich habe seine Ehefrau weder die Rechtsmittelfrist noch eine Vorfrist eingetragen und auch keinen Vermerk in die Handakte aufgenommen. Die Urteilsausfertigung habe sie im Original an den Kläger weitergeleitet, ohne für die Akte eine Kopie zu fertigen. Als am 9. November 2001 eine zweite Ausfertigung des Berufungsurteils eingegangen sei, habe die Ehefrau des Berufungsanwalts von sich aus die Revisionsfrist für den 10. Dezember 2001 und die Vorfrist auf den 3. Dezember 2001 eingetragen. Der Berufungsanwalt selbst habe diesen
Posteingang nicht weiter beachtet, weil diese (zweite) Urteilsausfertigung ohne Empfangsbekenntnis eingegangen sei. Er habe sich an den im Terminkalender fehlerhaft eingetragenen Fristen orientiert.

II.

Die Revision ist unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 554 a Abs. 2 ZPO a.F., vgl. § 26 Nr. 7 EGZPO i.d.F. von Art. 3 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 - BGBl. I S. 1887). Sie ist erst am 6. Dezember 2001 und damit nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat ab Zustellung des Berufungsurteils (§ 552 ZPO a.F.) am 31. Oktober 2001 eingelegt worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist kann dem Kläger nicht gewährt werden. Der Antrag ist zwar zulässig und insbesondere innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 und 2 ZPO eingegangen. Er erweist sich jedoch als unbegründet. 1. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Daran fehlt es hier. Die Versäumung der Revisionsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Wie der Kläger selbst vorträgt, ist es zur Fristversäumung gekommen, weil der mit der Revisionseinlegung beauftragten Rechtsanwältin nicht das richtige Zustellungsdatum mitgeteilt worden ist. Dazu sei es gekommen, weil der Berufungsanwalt angenommen habe, seine Anweisung, den Fristablauf im
Terminkalender und in der Handakte einzutragen, sei richtig ausgeführt worden. Damit hat der Berufungsanwalt seiner Sorgfaltspflicht indessen nicht genügt.
a) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Erteilung des Rechtsmittelauftrags machte es nämlich erforderlich, das für den Lauf der Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu ermitteln (vgl. Senatsbeschluß vom 7. März 1995 - VI ZB 3/95 - VersR 1995, 931, 932; BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - NJW 1992, 574; Beschluß vom 28. Oktober 1993 - VII ZB 16/93 - VersR 1994, 873, 874; Beschluß vom 7. Dezember 1993 - XI ZR 207/93 - VersR 1994, 956). Da es für den Fristbeginn im Falle einer Zustellung gem. § 212 a ZPO a.F. darauf ankommt, wann der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat, bedarf es darüber eines besonderen Vermerks (Senatsbeschluß vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968, 1969). Um zu gewährleisten, daß ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, daß die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (Senatsbeschluß vom 26. März 1996 - VI ZB 1,2/96 - NJW 1996, 1900, 1901; vgl. BGH, Beschluß vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 1 m.w.N.). Dieses Sorgfaltsgebot hat der Berufungsanwalt verletzt, als er am 31. Oktober 2001 das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne zuvor die Notierung der Rechtsmittelfrist sichergestellt zu haben. Ihn trifft ein Organisationsverschulden , weil er keine Vorkehrungen dagegen getroffen hat, daß die Ausführung der Anweisung unterblieb. Nach Aktenlage ist davon auszugehen, daß die Anweisung hier in mündlicher Form erfolgt ist. Ob und gegebenenfalls auf welche Weise im Büro des Berufungsanwalts die Ausführung mündlich erteilter
Anweisungen kontrolliert wurde, ist nicht dargelegt. Zwar braucht ein Rechts- anwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen. Im allgemeinen darf er vielmehr darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Anweisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185 f.). Wenn aber ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Rechtsmittelfrist nur mündlich vermittelt wird, müssen in der Rechtsanwaltskanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die Anweisung in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt (BAGE 78, 184, 186). Das Fehlen jeder Sicherung bedeutet einen entscheidenden Organisationsmangel (BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - aaO). Dieser bleibt nicht deswegen folgenlos, weil der Berufungsanwalt hier eine Einzelanweisung erteilt hat, deren Befolgung die durch das Organisationsverschulden geschaffene Gefahrenlage noch rechtzeitig beseitigt hätte (vgl. BGH, Beschluß vom 9. Januar 2001 - VIII ZB 26/00 - NJW-RR 2001, 782, 783). Soweit der Bundesgerichtshof an anderer Stelle (vgl. Beschlüsse vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96 - NJW-RR 1998, 1360, 1361 und vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823) ausgeführt hat, auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen eines Rechtsanwalts komme es nicht an, wenn konkrete Anweisungen erteilt worden seien, deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte, lagen diesen Entscheidungen anders gelagerte Sachverhalte zugrunde.
b) Die Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses ist auch dann notwendig, wenn die Anweisung besteht, eine mit einem Eingangsstempel versehene Urteilsausfertigung zu den Handakten zu nehmen, denn ein solcher Stempel besagt für den Zeitpunkt der Zustellung nichts. Sein Datum braucht, wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, nicht mit dem allein maßgeblichen Datum übereinzustimmen , unter dem der Anwalt das Empfangsbekenntnis gem. § 212 a ZPO a.F.
unterzeichnet hat (BGH, Beschluß vom 13. März 1991 - XII ZB 22/91 - VersR 1992, 118, 119 m.w.N.).
c) Das Versäumnis des Berufungsanwalts war für die Versäumung ursächlich , denn wenn er das Empfangsbekenntnis erst nach Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung zurückgegeben hätte, wäre der Revisionsanwältin nicht ein falsches Zustellungsdatum mitgeteilt worden. Vielmehr ist davon auszugehen, daß ihr das in dem Vermerk notierte und für den Beginn der Rechtsmittelfrist maßgebende Datum genannt und die Revision demgemäß rechtzeitig eingelegt worden wäre. 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 399/01
vom
5. November 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO §§ 212 a.F., 233 Fb, Fd
Wenn ein Rechtsanwalt, der ein Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung
unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne das Datum der Zustellung in den Handakten
vermerkt zu haben, seine Bürokraft nur mündlich anweist, eine Rechtsmittelfrist
einzutragen, genügt er seiner Sorgfaltspflicht nur dann, wenn in seiner Kanzlei ausreichende
organisatorische Vorkehrungen dafür getroffen sind, daß eine korrekte
Fristeintragung erfolgt.
BGH, Beschluß vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. November 2002 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederich-
sen sowie die Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:
Der Antrag des Beklagten zu 3) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist wird zurückgewiesen.
Die Revision des Beklagten zu 3) gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 19. September 2001 wird als unzulässig verworfen.
Der Beklagte zu 3) trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gegenstandswert: 189.015, 66 DM)

Gründe:

I.


Das am 19. September 2001 verkündete Urteil des Oberlandesgerichts ist dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3) (zukünftig : Beklagter) am 15. Oktober 2001 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 19. November 2001 erteilte der Beklagte den Auftrag, gegen das Urteil des Oberlandesgerichts, das am 17. Oktober 2001 zugestellt worden sei, Revision einzulegen. Am selben Tage ging die Revisionsschrift beim Bundesgerichtshof ein. Nach Eingang der Revisionsbegründung wies der Berichterstatter mit Ver-
fügung vom 17. Juli 2002, dem Revisionsanwalt zugegangen am 19. Juli 2002, darauf hin, daß die Zustellung des Berufungsurteils laut Empfangsbekenntnis am 15. Oktober 2001 erfolgt sei. Mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 2. August 2002 begehrt der Beklagte unter Bezugnahme auf die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist. Zur Begründung führt er aus: Am 15. Oktober 2001 sei das Berufungsurteil im Büro des Berufungsanwalts eingegangen. Mit der Behandlung des Posteingangs, der Führung des Terminkalenders und der Fristenkontrolle sei zu jener Zeit die ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte S. betraut gewesen. Diese habe am selben Tag das Urteil nebst Empfangsbekenntnis dem Berufungsanwalt vorgelegt. Dieser habe das mit dem Datum des 15. Oktober 2001 vorbereitete Empfangsbekenntnis unterschrieben, mit ihr das weitere Vorgehen besprochen und insbesondere darauf hingewiesen, daß die Revisionsfrist entsprechend dem Eingangsstempel und Eingangsdatum zu notieren sei. Frau S. habe allerdings versehentlich nicht auch das Urteil mit dem Eingangsstempel 15. Oktober 2001 abgestempelt. Sie führe dies darauf zurück, daß sie es dem Berufungsanwalt aufgrund einer ausdrücklichen Weisung sofort vorgelegt habe, ohne - wie sonst üblich - sämtlichen Posteingang komplett abzustempeln. Nach Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses durch den Berufungsanwalt habe sie dieses vom Urteil entfernt und zum Postausgang für das Berufungsgericht gereicht, ohne nochmals zu überprüfen, ob auch das Urteil einen Eingangsstempel enthielt. Frau S. habe die Sache dann am 17. Oktober 2001 bearbeitet und das Urteil mit diesem aktuellen Tagesstempel versehen. Ausgehend von diesem Zustellungsdatum habe sie die Revisionsfrist auf Montag, den 19. November
2001 berechnet und in dem Schreiben an den eingeschalteten Korrespondenzanwalt mitgeteilt. Diese Mitteilung habe der Berufungsanwalt erst unterschrie- ben, nachdem ihm Frau S. auf Nachfrage bestätigt habe, daß der Eingangsstempel des Urteils den 17. Oktober 2001 ausweise und die Frist am Montag, dem 19. November 2001, ende. Am Nachmittag des 17. Oktober 2001 sei ihr der falsche Eingangsstempel aufgefallen. Sie habe das Datum dann aber - vermutlich wegen eines Migräneanfalls - lediglich in der Akte korrigiert.

II.

Die Revision ist unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 554 a Abs. 2 ZPO a.F.). Sie ist erst am 19. November 2001 und damit nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat ab Zustellung des Berufungsurteils (§ 552 ZPO a.F.) am 15. Oktober 2001 eingelegt worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist kann dem Beklagten nicht gewährt werden. Der Antrag ist zwar zulässig und insbesondere innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 und 2 ZPO eingegangen. Er erweist sich jedoch als unbegründet. 1. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Dies ist hier nicht der Fall. Die Versäumung der Revisionsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Beklagte nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Wie der Beklagte selbst vorträgt, ist es zur Fristversäumung gekommen, weil dem mit der Revisionseinlegung beauftragten Rechtsanwalt nicht das richtige Zustellungsdatum mitgeteilt worden ist. Dazu sei es gekommen, weil der Berufungsanwalt angenommen habe, sein mündlicher Hinweis an Frau S. beim
Unterschreiben des Empfangsbekenntnisses, die Revisionsfrist entsprechend dem Eingangsstempel und Eingangsdatum zu notieren, sei richtig ausgeführt worden, und das Datum des Eingangsstempels auf dem Berufungsurteil stimme - gemäß der Antwort bei der Nachfrage am 17. Oktober 2001 - mit dem Datum der Urteilszustellung überein. Damit hat der Berufungsanwalt seiner Sorgfaltspflicht indessen nicht genügt.
a) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Erteilung des Rechtsmittelauftrags machte es nämlich erforderlich, das für den Lauf der Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu ermitteln und festzuhalten (vgl. Senatsbeschluß vom 7. März 1995 - VI ZB 3/95 - VersR 1995, 931, 932; BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - NJW 1992, 574; Beschluß vom 28. Oktober 1993 - VII ZB 16/93 - VersR 1994, 873, 874; Beschluß vom 7. Dezember 1993 - XI ZR 207/93 - VersR 1994, 956). Da es für den Fristbeginn im Falle einer Zustellung gem. § 212 a ZPO a.F. darauf ankommt, wann der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat, bedarf es darüber eines besonderen Vermerks (Senatsbeschluß vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968, 1969). Um zu gewährleisten, daß ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, daß die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (Senatsbeschluß vom 26. März 1996 - VI ZB 1,2/96 - NJW 1996, 1900, 1901; vgl. BGH, Beschluß vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 1 m.w.N.). Dieses Sorgfaltsgebot hat der Berufungsanwalt verletzt, als er am 15. Oktober 2001 das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne zuvor die Notierung der Rechtsmittelfrist sichergestellt zu haben.
Zwar braucht ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen. Im allgemeinen darf er vielmehr darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Anweisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185 f.). Wenn aber ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Rechtsmittelfrist nur mündlich vermittelt wird, müssen in der Rechtsanwaltskanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die Anweisung in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt (vgl. Senatsbeschluß vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - zur Veröffentlichung bestimmt; BAGE 78, 184, 186). Den Berufungsanwalt des Beklagten trifft ein Organisationsverschulden, weil er keine Vorkehrungen dagegen getroffen hat, daß die Umsetzung seines mündlichen Hinweises unterblieb. Ob und gegebenenfalls auf welche Weise im Büro des Berufungsanwalts die Ausführung mündlich erteilter Anweisungen kontrolliert wurde, ist nicht dargelegt. Der allgemeine Vortrag, die Arbeiten der Bürofachangestellten würden wöchentlich stichprobenartig kontrolliert, reicht hierfür nicht aus. Auch fehlt jeder Vortrag dazu, in welcher Weise in dem Anwaltsbüro die Notierung von Fristen kontrolliert wird. Dieses Fehlen jeder Sicherung bedeutet einen entscheidenden Organisationsmangel (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 -, aaO). Im übrigen erfolgte hier aufgrund einer ausdrücklichen Anweisung des Berufungsanwalts eine vom üblichen Ablauf abweichende Handhabung. Dies gab in besonderer Weise Anlaß sicherzustellen , daß die konkrete Fristeintragung richtig erfolgte.
b) Die Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses ist auch dann notwendig, wenn die Anweisung besteht, eine mit einem Eingangsstempel versehene Urteilsausfertigung zu den Handakten zu nehmen, denn ein solcher Stempel besagt für den Zeitpunkt der Zustellung nichts. Es besteht die Gefahr, daß dieses Datum nicht mit dem allein
maßgeblichen Datum übereinstimmt, unter dem der Anwalt das Empfangsbekenntnis gem. § 212 a ZPO a.F. unterzeichnet hat (BGH, Beschluß vom 13. März 1991 - XII ZB 22/91 - VersR 1992, 118, 119 m.w.N.). Demgemäß liegt ein weiterer Sorgfaltsverstoß des Berufungsanwalts der Beklagten darin, daß er am 17. Oktober 2001 zwar nach der Übereinstimmung zwischen dem Eingangsstempel auf dem Urteil und der Mitteilung des Ablaufs der Revisionsfrist an den Korrespondenzanwalt fragte, jedoch nicht nachprüfte, ob die Mitteilung mit dem - für die Fristwahrung ausschlaggebenden Empfangsbekenntnis – übereinstimmte.
c) Das Versäumnis des Berufungsanwalts war für die Versäumung ursächlich. Wenn er das Empfangsbekenntnis erst nach Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung zurückgegeben hätte, wäre der Revisionsanwältin nicht ein falsches Zustellungsdatum mitgeteilt worden. Vielmehr ist davon auszugehen, daß ihr das in dem Vermerk notierte und für den Beginn der Rechtsmittelfrist maßgebende Datum genannt und die Revision demgemäß rechtzeitig eingelegt worden wäre. 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 50/03
vom
4. November 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) In einer Anwaltskanzlei müssen organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen
sein, daß eine mündliche Einzelanweisung über die Eintragung einer an eine
Fachangestellte nur mündlich mitgeteilten Berufungsfrist in Vergessenheit gerät
und die Fristeintragung deshalb unterbleibt.

b) Werden die (gegen das Vergessen einer lediglich mündlichen Anweisung) getroffenen
organisatorischen Vorkehrungen nicht mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung
gegen die Versäumung der Berufungsfrist vorgetragen und glaubhaft gemacht
, ist ein Organisationsverschulden des Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2
ZPO) zu vermuten und der Antrag zurückzuweisen.
BGH, Beschluß vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - LG Saarbrücken
AG Saarbrücken
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. November 2003 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluß der 13. Zivilkammer A des Landgerichts Saarbrücken vom 8. Juli 2003 wird als unzulässig verworfen. Der Kläger hat auch die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 1.565,74

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 17. April 2003 die Klage abgewiesen. Die Berufungsfrist lief am 30. Mai 2003 ab. Die Berufung des Klägers ist am 17. Juni 2003 zusammen mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beim Landgericht eingegangen. Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, er habe am 13. Mai 2003 seine Prozeßbevollmächtigten mit der Durchführung des Berufungsverfahrens beauftragt. Der die Sache bearbeitende Assessor T. habe die Unterlagen zur Neuanlage der Akte, Notierung der Berufungsfrist auf den 30. Mai 2003 und der Berufungsbegründungsfrist auf den 30. Juni 2003 an die Fachangestellte C. verfügt. Bei einer
routinemäßigen Durchsicht der Akte zur Vorbereitung der Berufungsbegründung am 13. Juni 2003 habe T. festgestellt, daß die Berufung nicht eingelegt war und die Berufungsfrist und die Berufungsbegründungsfrist im Terminbuch nicht eingetragen gewesen seien. Auf Frage habe die Mitarbeiterin C. mitgeteilt, sie habe trotz entsprechender Weisung versäumt, die Fristen einzutragen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 8. Juli 2003 die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen und seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen. Der Kläger habe nichts dazu vorgetragen, in welcher Form der Fristenkalender bei seinen Prozeßbevollmächtigten geführt werde, ob hier eine Wiedervorlagefrist verfügt und ob der Zustellungstag in der Handakte vermerkt worden sei. Eine Überprüfung, ob die Fristeneintragung und -überwachung ausreichend organisiert gewesen sei, sei nicht möglich. Von einem fehlenden Verschulden des zweitinstanzlichen Anwalts an der Fristversäumung könne daher nicht ausgegangen werden. Gegen den ihm am 18. Juli 2003 zugestellten Beschluß des Landgerichts hat der Kläger am 12. August 2003 Rechtsbeschwerde eingelegt und diese innerhalb verlängerter Begründungsfrist am 18. September 2003 begründet.

II.

Die Rechtsbeschwerde des Klägers ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2, 238, 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nicht zulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist entgegen der Ansicht des Klägers zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 ZPO) nicht erforderlich.
1. Eine Divergenz (vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 – NJW-RR 2003, 1366; BGHZ 151, 221, 225 f.) macht die Rechtsbeschwerde nicht geltend. 2. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 – aaO; BGHZ aaO). Das kann insbesondere auch bei einer Verletzung von Verfahrensgrundrechten der Fall sein, etwa wenn der angefochtene Beschluß die Partei in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG; vgl. BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - VersR 2003, 1144, 1146, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) oder wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. mit dem Rechtsstaatsprinzip; vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 - aaO) beeinträchtigt. Eine Verletzung von Verfahrensgrundrechten muß nach den Darlegungen des Beschwerdeführers im Einzelfall klar zutage treten, also offenkundig sein; ferner muß die angefochtene Entscheidung hierauf beruhen (vgl. BGHZ aaO und BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - aaO). Ein solcher Zulassungsgrund liegt hier nicht vor. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht nicht auf einem entscheidungserheblichen klar zutage tretenden Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte des Klägers; sie ist zudem einzelfallbezogen und erfordert deshalb keine korrigierende Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
a) Dies gilt insbesondere, soweit das Berufungsgericht Angaben zur allgemeinen Organisation und Fristenkontrolle vermißt, obwohl der Kläger eine
Einzelanweisung seines Berufungsanwalts im konkreten Fall zur Fristeintragung vorgetragen hat, die von der Fachangestellten versehentlich nicht berücksichtigt worden sei. Die Rechtsbeschwerde verkennt die für einen solchen Fall in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Das ist hier nicht der Fall. Die Versäumung der Berufungsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. aa) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Einlegung des Rechtsmittels setzt voraus, daß die Berufungsschrift rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muß der Anwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen (vgl. BGH, Beschluß vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00 - VersR 2002, 380, 381). Dabei setzt eine wirksame Fristenkontrolle voraus, daß Fristen zur Einlegung und Begründung von Rechtsbehelfen deutlich als solche gekennzeichnet werden. Sie müssen so notiert werden, daß sie sich von gewöhnlichen Wiedervorlagefristen unterscheiden (vgl. BGH, Beschluß vom 21. Juni 2000 - XII ZB 93/00 - VersR 2001, 607, 608). Ferner obliegt dem Prozeßbevollmächtigten eine wirksame Ausgangskontrolle, durch die gewährleistet wird, daß fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hinausgehen. Er hat sicherzustellen , daß eine Frist im Fristenkalender erst dann als erledigt gekennzeichnet wird, wenn der Schriftsatz abgesandt oder zumindest postfertig gemacht ist (vgl. BGH, Beschluß vom 2. März 2000 - V ZB 1/00 - VersR 2000, 1564). Daß die Organisation der Fristenkontrolle im Büro seines Prozeßbevollmächtigten diesen Anforderungen genügt hätte, hat der Kläger weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Das Berufungsgericht hat hiernach ohne Rechtsfehler ein
Verschulden des Klägers bzw. seines Prozeßbevollmächtigten für nicht ausgeschlossen erachtet und dementsprechend den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1995 - I ZB 15/95 - VersR 1996, 256, 257 und vom 9. Juni 1994 - I ZB 5/94 - VersR 1995, 72, 73). bb) Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang darauf, vorliegend komme es auf die allgemeine Organisation der Fristenkontrolle im Büro der Prozeßbevollmächtigten des Klägers nicht an, weil die Fachangestellte eine auf den konkreten Fall bezogene Einzelanweisung zur Fristeintragung versehentlich nicht befolgt habe. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers hierzu nicht übergangen und nicht gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen. Allerdings braucht ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - VersR 1992, 764, 765). Im allgemeinen kann er ferner darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Weisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185, 186). In der Anwaltskanzlei müssen jedoch ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die mündliche Einzelanweisung über die Eintragung einer an eine Fachangestellte nur mündlich mitgeteilten Berufungsfrist in Vergessenheit gerät und die Fristeintragung unterbleibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - NJW 2002, 3782, 3783 und vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435, 436). Wenn ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Berufungsfrist nur mündlich vermittelt wird, dann bedeutet das Fehlen jeder Sicherung einen entscheidenden Organisationsmangel (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - aaO).

b) Aus demselben Grund ist auch keine Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anzunehmen. Der Rechtsbeschwerde kann nicht darin gefolgt werden, daß auch bei Beachtung der erforderlichen Organisationsmaßnahmen die Fehlleistung der Büroangestellten nicht vermieden worden wäre. Sie verkennt, daß es nicht darum geht, die Möglichkeit eines Fehlers auszuschließen. Es muß vielmehr Vorsorge dagegen getroffen werden, die Folgen eines Fehlers von Büroangestellten möglichst zu vermeiden. Das aber wäre durch eine Kontrolle der Fristeintragung erreicht worden, beispielsweise in Form der vom Berufungsgericht vermißten Wiedervorlageanweisung, wozu selbstverständlich auch deren Vermerk gehört, oder durch einen deutlich sichtbaren Vermerk auf der Handakte, wenn dessen Bearbeitung durch eine weitere Person sichergestellt worden wäre.
c) Nach alledem ist die Rechtsbeschwerde auch nicht deshalb zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil das Berufungsgericht gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinsichtlich einer auf den konkreten Fall bezogenen Einzelanweisung verstoßen hätte. Die hierzu aufgestellten Grundsätze (etwa zum Vertrauen auf die Ausführung durch eine bisher zuverlässige Büroangestellte - vgl. BGH, Beschluß vom 18. Februar 1998 - VIII ZB 1/98 - NJW-RR 1998, 932) betrafen die Übermittlung eines Schriftsatzes an das Rechtsmittelgericht oder eine eigenmächtige Berechnung der
Rechtsmittelfrist trotz anderweitigem Vermerk auf einem Handzettel (vgl. BGH, Beschluß vom 23. November 2000 - IX ZB 83/00 - VersR 2002, 211 f.). Hier dagegen geht es um die unterlassene Ausführung einer lediglich mündlich erteilten Anweisung über die Eintragung einer Rechtsmittelfrist, die schon aufgrund allgemeiner Anweisung hätte sichergestellt werden müssen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
11
Zwar darf ein Rechtsanwalt grundsätzlich darauf vertrauen, dass seine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete schriftliche Einzelweisung befolgt. Deshalb ist er im Allgemeinen nicht verpflichtet , sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (vgl. Senatsbeschlüsse vom 21. April 2010 - XII ZB 64/09 - FamRZ 2010,1067 und vom 9. Dezember 2009 - XII ZB 154/09 - MDR 2010, 400 jeweils mwN). Erteilt der Rechtsanwalt dagegen lediglich eine mündliche Anweisung, eine Rechtsmittelfrist einzutragen, müssen ausreichende Sicherheitsvorkehrungen dagegen getroffen werden, dass diese nicht in Vergessenheit gerät und die Eintragung der Frist unterbleibt (Senatsbeschluss vom 25. März 2009 - XII ZB 150/08 - FamRZ 2009, 1132 mwN). Daran fehlt es hier.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 50/03
vom
4. November 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) In einer Anwaltskanzlei müssen organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen
sein, daß eine mündliche Einzelanweisung über die Eintragung einer an eine
Fachangestellte nur mündlich mitgeteilten Berufungsfrist in Vergessenheit gerät
und die Fristeintragung deshalb unterbleibt.

b) Werden die (gegen das Vergessen einer lediglich mündlichen Anweisung) getroffenen
organisatorischen Vorkehrungen nicht mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung
gegen die Versäumung der Berufungsfrist vorgetragen und glaubhaft gemacht
, ist ein Organisationsverschulden des Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2
ZPO) zu vermuten und der Antrag zurückzuweisen.
BGH, Beschluß vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - LG Saarbrücken
AG Saarbrücken
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. November 2003 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluß der 13. Zivilkammer A des Landgerichts Saarbrücken vom 8. Juli 2003 wird als unzulässig verworfen. Der Kläger hat auch die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 1.565,74

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 17. April 2003 die Klage abgewiesen. Die Berufungsfrist lief am 30. Mai 2003 ab. Die Berufung des Klägers ist am 17. Juni 2003 zusammen mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beim Landgericht eingegangen. Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, er habe am 13. Mai 2003 seine Prozeßbevollmächtigten mit der Durchführung des Berufungsverfahrens beauftragt. Der die Sache bearbeitende Assessor T. habe die Unterlagen zur Neuanlage der Akte, Notierung der Berufungsfrist auf den 30. Mai 2003 und der Berufungsbegründungsfrist auf den 30. Juni 2003 an die Fachangestellte C. verfügt. Bei einer
routinemäßigen Durchsicht der Akte zur Vorbereitung der Berufungsbegründung am 13. Juni 2003 habe T. festgestellt, daß die Berufung nicht eingelegt war und die Berufungsfrist und die Berufungsbegründungsfrist im Terminbuch nicht eingetragen gewesen seien. Auf Frage habe die Mitarbeiterin C. mitgeteilt, sie habe trotz entsprechender Weisung versäumt, die Fristen einzutragen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 8. Juli 2003 die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen und seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen. Der Kläger habe nichts dazu vorgetragen, in welcher Form der Fristenkalender bei seinen Prozeßbevollmächtigten geführt werde, ob hier eine Wiedervorlagefrist verfügt und ob der Zustellungstag in der Handakte vermerkt worden sei. Eine Überprüfung, ob die Fristeneintragung und -überwachung ausreichend organisiert gewesen sei, sei nicht möglich. Von einem fehlenden Verschulden des zweitinstanzlichen Anwalts an der Fristversäumung könne daher nicht ausgegangen werden. Gegen den ihm am 18. Juli 2003 zugestellten Beschluß des Landgerichts hat der Kläger am 12. August 2003 Rechtsbeschwerde eingelegt und diese innerhalb verlängerter Begründungsfrist am 18. September 2003 begründet.

II.

Die Rechtsbeschwerde des Klägers ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2, 238, 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nicht zulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist entgegen der Ansicht des Klägers zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 ZPO) nicht erforderlich.
1. Eine Divergenz (vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 – NJW-RR 2003, 1366; BGHZ 151, 221, 225 f.) macht die Rechtsbeschwerde nicht geltend. 2. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 – aaO; BGHZ aaO). Das kann insbesondere auch bei einer Verletzung von Verfahrensgrundrechten der Fall sein, etwa wenn der angefochtene Beschluß die Partei in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG; vgl. BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - VersR 2003, 1144, 1146, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) oder wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. mit dem Rechtsstaatsprinzip; vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 - aaO) beeinträchtigt. Eine Verletzung von Verfahrensgrundrechten muß nach den Darlegungen des Beschwerdeführers im Einzelfall klar zutage treten, also offenkundig sein; ferner muß die angefochtene Entscheidung hierauf beruhen (vgl. BGHZ aaO und BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - aaO). Ein solcher Zulassungsgrund liegt hier nicht vor. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht nicht auf einem entscheidungserheblichen klar zutage tretenden Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte des Klägers; sie ist zudem einzelfallbezogen und erfordert deshalb keine korrigierende Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
a) Dies gilt insbesondere, soweit das Berufungsgericht Angaben zur allgemeinen Organisation und Fristenkontrolle vermißt, obwohl der Kläger eine
Einzelanweisung seines Berufungsanwalts im konkreten Fall zur Fristeintragung vorgetragen hat, die von der Fachangestellten versehentlich nicht berücksichtigt worden sei. Die Rechtsbeschwerde verkennt die für einen solchen Fall in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Das ist hier nicht der Fall. Die Versäumung der Berufungsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. aa) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Einlegung des Rechtsmittels setzt voraus, daß die Berufungsschrift rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muß der Anwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen (vgl. BGH, Beschluß vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00 - VersR 2002, 380, 381). Dabei setzt eine wirksame Fristenkontrolle voraus, daß Fristen zur Einlegung und Begründung von Rechtsbehelfen deutlich als solche gekennzeichnet werden. Sie müssen so notiert werden, daß sie sich von gewöhnlichen Wiedervorlagefristen unterscheiden (vgl. BGH, Beschluß vom 21. Juni 2000 - XII ZB 93/00 - VersR 2001, 607, 608). Ferner obliegt dem Prozeßbevollmächtigten eine wirksame Ausgangskontrolle, durch die gewährleistet wird, daß fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hinausgehen. Er hat sicherzustellen , daß eine Frist im Fristenkalender erst dann als erledigt gekennzeichnet wird, wenn der Schriftsatz abgesandt oder zumindest postfertig gemacht ist (vgl. BGH, Beschluß vom 2. März 2000 - V ZB 1/00 - VersR 2000, 1564). Daß die Organisation der Fristenkontrolle im Büro seines Prozeßbevollmächtigten diesen Anforderungen genügt hätte, hat der Kläger weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Das Berufungsgericht hat hiernach ohne Rechtsfehler ein
Verschulden des Klägers bzw. seines Prozeßbevollmächtigten für nicht ausgeschlossen erachtet und dementsprechend den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1995 - I ZB 15/95 - VersR 1996, 256, 257 und vom 9. Juni 1994 - I ZB 5/94 - VersR 1995, 72, 73). bb) Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang darauf, vorliegend komme es auf die allgemeine Organisation der Fristenkontrolle im Büro der Prozeßbevollmächtigten des Klägers nicht an, weil die Fachangestellte eine auf den konkreten Fall bezogene Einzelanweisung zur Fristeintragung versehentlich nicht befolgt habe. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers hierzu nicht übergangen und nicht gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen. Allerdings braucht ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - VersR 1992, 764, 765). Im allgemeinen kann er ferner darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Weisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185, 186). In der Anwaltskanzlei müssen jedoch ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die mündliche Einzelanweisung über die Eintragung einer an eine Fachangestellte nur mündlich mitgeteilten Berufungsfrist in Vergessenheit gerät und die Fristeintragung unterbleibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - NJW 2002, 3782, 3783 und vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435, 436). Wenn ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Berufungsfrist nur mündlich vermittelt wird, dann bedeutet das Fehlen jeder Sicherung einen entscheidenden Organisationsmangel (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - aaO).

b) Aus demselben Grund ist auch keine Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anzunehmen. Der Rechtsbeschwerde kann nicht darin gefolgt werden, daß auch bei Beachtung der erforderlichen Organisationsmaßnahmen die Fehlleistung der Büroangestellten nicht vermieden worden wäre. Sie verkennt, daß es nicht darum geht, die Möglichkeit eines Fehlers auszuschließen. Es muß vielmehr Vorsorge dagegen getroffen werden, die Folgen eines Fehlers von Büroangestellten möglichst zu vermeiden. Das aber wäre durch eine Kontrolle der Fristeintragung erreicht worden, beispielsweise in Form der vom Berufungsgericht vermißten Wiedervorlageanweisung, wozu selbstverständlich auch deren Vermerk gehört, oder durch einen deutlich sichtbaren Vermerk auf der Handakte, wenn dessen Bearbeitung durch eine weitere Person sichergestellt worden wäre.
c) Nach alledem ist die Rechtsbeschwerde auch nicht deshalb zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil das Berufungsgericht gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinsichtlich einer auf den konkreten Fall bezogenen Einzelanweisung verstoßen hätte. Die hierzu aufgestellten Grundsätze (etwa zum Vertrauen auf die Ausführung durch eine bisher zuverlässige Büroangestellte - vgl. BGH, Beschluß vom 18. Februar 1998 - VIII ZB 1/98 - NJW-RR 1998, 932) betrafen die Übermittlung eines Schriftsatzes an das Rechtsmittelgericht oder eine eigenmächtige Berechnung der
Rechtsmittelfrist trotz anderweitigem Vermerk auf einem Handzettel (vgl. BGH, Beschluß vom 23. November 2000 - IX ZB 83/00 - VersR 2002, 211 f.). Hier dagegen geht es um die unterlassene Ausführung einer lediglich mündlich erteilten Anweisung über die Eintragung einer Rechtsmittelfrist, die schon aufgrund allgemeiner Anweisung hätte sichergestellt werden müssen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 419/01
vom
17. September 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO § 212 a a.F., § 233 Fb, Fd
Wenn ein Rechtsanwalt, der ein Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung
unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne das Datum der Zustellung in den Handakten
vermerkt zu haben, seine Bürokraft nur mündlich anweist, eine Rechtsmittelfrist
einzutragen, genügt er seiner Sorgfaltspflicht nur dann, wenn in seiner Kanzlei ausreichende
organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sind, daß die Anweisung
in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt.
BGH, Beschl. vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - OLG Karlsruhe
LG Heidelberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. September 2002 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge
und Stöhr

beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist wird zurückgewiesen.
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. Oktober 2001 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gegenstandswert: 42.033,54

Gründe:


I.


Der Kläger, der Alleinerbe seiner am 28. Dezember 1995 verstorbenen Ehefrau ist, hatte von den Beklagten aus übergegangenem Recht Schadensersatz und ein Schmerzensgeld wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung seiner Ehefrau begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit Urteil vom 24. Oktober 2001 hat das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Das Berufungsurteil ist seinem zweitinstanzlichen Prozeßbevoll-
mächtigten am 31. Oktober 2001 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 21. November 2001 erteilte dieser den Auftrag, gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Revision einzulegen. Der Auftrag ging am 22. November 2001 zusammen mit einer Kopie der (zweiten) Ausfertigung des Berufungsurteils, die einen Eingangsstempel vom 9. November 2001 aufwies, bei der Revisionsanwältin ein. Die Revisionsschrift vom 6. Dezember 2001 ging am selben Tage beim Bundesgerichtshof ein. Die Senatsvorsitzende verlängerte antragsgemäß die Frist zur Revisionsbegründung bis zum 8. Mai 2002. Nach Eingang der Revisionsbegründung am 17. April 2002 wies der Berichterstatter mit Verfügung vom 26. Juni 2002, der Revisionsanwältin zugegangen am 27. Juni 2002, darauf hin, daß die Zustellung des Berufungsurteils laut Empfangsbekenntnis am 31. Oktober 2001 erfolgt sei. Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2002 begehrt der Kläger unter Bezugnahme auf die Revisionsschrift vom 6. Dezember 2001 und die Revisionsbegründung vom 9. April 2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist. Die Revisionsanwältin habe aufgrund der eingereichten Unterlagen keinen Anlaß zu Zweifeln an der richtigen Berechnung der Revisionsfrist gehabt. Im Büro des Berufungsanwalts sei dessen für ihn als Angestellte tätige Ehefrau mit der Kontrolle und Überwachung der Frist beauftragt gewesen. Nach Zustellung des Berufungsurteils habe er seine Ehefrau angewiesen , die Revisionsfrist im Terminkalender zu notieren. Versehentlich habe seine Ehefrau weder die Rechtsmittelfrist noch eine Vorfrist eingetragen und auch keinen Vermerk in die Handakte aufgenommen. Die Urteilsausfertigung habe sie im Original an den Kläger weitergeleitet, ohne für die Akte eine Kopie zu fertigen. Als am 9. November 2001 eine zweite Ausfertigung des Berufungsurteils eingegangen sei, habe die Ehefrau des Berufungsanwalts von sich aus die Revisionsfrist für den 10. Dezember 2001 und die Vorfrist auf den 3. Dezember 2001 eingetragen. Der Berufungsanwalt selbst habe diesen
Posteingang nicht weiter beachtet, weil diese (zweite) Urteilsausfertigung ohne Empfangsbekenntnis eingegangen sei. Er habe sich an den im Terminkalender fehlerhaft eingetragenen Fristen orientiert.

II.

Die Revision ist unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 554 a Abs. 2 ZPO a.F., vgl. § 26 Nr. 7 EGZPO i.d.F. von Art. 3 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 - BGBl. I S. 1887). Sie ist erst am 6. Dezember 2001 und damit nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat ab Zustellung des Berufungsurteils (§ 552 ZPO a.F.) am 31. Oktober 2001 eingelegt worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist kann dem Kläger nicht gewährt werden. Der Antrag ist zwar zulässig und insbesondere innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 und 2 ZPO eingegangen. Er erweist sich jedoch als unbegründet. 1. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Daran fehlt es hier. Die Versäumung der Revisionsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Wie der Kläger selbst vorträgt, ist es zur Fristversäumung gekommen, weil der mit der Revisionseinlegung beauftragten Rechtsanwältin nicht das richtige Zustellungsdatum mitgeteilt worden ist. Dazu sei es gekommen, weil der Berufungsanwalt angenommen habe, seine Anweisung, den Fristablauf im
Terminkalender und in der Handakte einzutragen, sei richtig ausgeführt worden. Damit hat der Berufungsanwalt seiner Sorgfaltspflicht indessen nicht genügt.
a) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Erteilung des Rechtsmittelauftrags machte es nämlich erforderlich, das für den Lauf der Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu ermitteln (vgl. Senatsbeschluß vom 7. März 1995 - VI ZB 3/95 - VersR 1995, 931, 932; BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - NJW 1992, 574; Beschluß vom 28. Oktober 1993 - VII ZB 16/93 - VersR 1994, 873, 874; Beschluß vom 7. Dezember 1993 - XI ZR 207/93 - VersR 1994, 956). Da es für den Fristbeginn im Falle einer Zustellung gem. § 212 a ZPO a.F. darauf ankommt, wann der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat, bedarf es darüber eines besonderen Vermerks (Senatsbeschluß vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968, 1969). Um zu gewährleisten, daß ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, daß die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (Senatsbeschluß vom 26. März 1996 - VI ZB 1,2/96 - NJW 1996, 1900, 1901; vgl. BGH, Beschluß vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 1 m.w.N.). Dieses Sorgfaltsgebot hat der Berufungsanwalt verletzt, als er am 31. Oktober 2001 das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne zuvor die Notierung der Rechtsmittelfrist sichergestellt zu haben. Ihn trifft ein Organisationsverschulden , weil er keine Vorkehrungen dagegen getroffen hat, daß die Ausführung der Anweisung unterblieb. Nach Aktenlage ist davon auszugehen, daß die Anweisung hier in mündlicher Form erfolgt ist. Ob und gegebenenfalls auf welche Weise im Büro des Berufungsanwalts die Ausführung mündlich erteilter
Anweisungen kontrolliert wurde, ist nicht dargelegt. Zwar braucht ein Rechts- anwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen. Im allgemeinen darf er vielmehr darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Anweisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185 f.). Wenn aber ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Rechtsmittelfrist nur mündlich vermittelt wird, müssen in der Rechtsanwaltskanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die Anweisung in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt (BAGE 78, 184, 186). Das Fehlen jeder Sicherung bedeutet einen entscheidenden Organisationsmangel (BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - aaO). Dieser bleibt nicht deswegen folgenlos, weil der Berufungsanwalt hier eine Einzelanweisung erteilt hat, deren Befolgung die durch das Organisationsverschulden geschaffene Gefahrenlage noch rechtzeitig beseitigt hätte (vgl. BGH, Beschluß vom 9. Januar 2001 - VIII ZB 26/00 - NJW-RR 2001, 782, 783). Soweit der Bundesgerichtshof an anderer Stelle (vgl. Beschlüsse vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96 - NJW-RR 1998, 1360, 1361 und vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823) ausgeführt hat, auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen eines Rechtsanwalts komme es nicht an, wenn konkrete Anweisungen erteilt worden seien, deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte, lagen diesen Entscheidungen anders gelagerte Sachverhalte zugrunde.
b) Die Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses ist auch dann notwendig, wenn die Anweisung besteht, eine mit einem Eingangsstempel versehene Urteilsausfertigung zu den Handakten zu nehmen, denn ein solcher Stempel besagt für den Zeitpunkt der Zustellung nichts. Sein Datum braucht, wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, nicht mit dem allein maßgeblichen Datum übereinzustimmen , unter dem der Anwalt das Empfangsbekenntnis gem. § 212 a ZPO a.F.
unterzeichnet hat (BGH, Beschluß vom 13. März 1991 - XII ZB 22/91 - VersR 1992, 118, 119 m.w.N.).
c) Das Versäumnis des Berufungsanwalts war für die Versäumung ursächlich , denn wenn er das Empfangsbekenntnis erst nach Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung zurückgegeben hätte, wäre der Revisionsanwältin nicht ein falsches Zustellungsdatum mitgeteilt worden. Vielmehr ist davon auszugehen, daß ihr das in dem Vermerk notierte und für den Beginn der Rechtsmittelfrist maßgebende Datum genannt und die Revision demgemäß rechtzeitig eingelegt worden wäre. 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
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Er hat in seinem Wiedereinsetzungsgesuch darauf hingewiesen, dass die zuständige Kanzleiangestellte aufgrund des stattgefundenen Kanzleiumzugs, der hiermit verbundenen zahlreichen Aufgaben und der starken Frequentierung der Kanzlei durch diverse Lieferanten, technische Dienstleister und sonstigen Publikumsverkehr überlastet gewesen und die Anweisung zur Änderung der falsch erstellten Rechtsmittelschrift darüber in Vergessenheit geraten sei. In einer solchen Situation, in der die unverzügliche Korrektur nicht sichergestellt war, durfte der Prozessbevollmächtigte sich nicht allein auf die Kanzleiangestellte verlassen, sondern hätte die unverzügliche Korrektur der einseitigen Rechtsmittelschrift verlangen müssen und diese erst danach unterzeichnen dürfen , um eine vorzeitige Löschung der Rechtsmittelfrist zu verhindern. Einen so wichtigen Vorgang wie das Absenden einer Rechtsmittelschrift durfte der Rechtsanwalt seiner in der konkreten Situation ersichtlich überforderten Mitarbeiterin nicht allein überlassen. Das sich daraus ergebende Organisationsverschulden des Beklagtenvertreters ist dem Beklagten nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.