Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Sept. 2012 - XI ZR 476/11

bei uns veröffentlicht am11.09.2012
vorgehend
Landgericht Kassel, 8 O 1266/08, 16.02.2010
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 14 U 174/10, 11.10.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 476/11
vom
11. September 2012
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers, die Richter Dr. Grüneberg, Maihold und Pamp und die Richterin
Dr. Menges
am 11. September 2012

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 11. Oktober 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 57.500 €

Gründe:


I.

1
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes auf Schadensersatz wegen einer angeblich fehlerhaften Anlageberatung in Anspruch.
2
Der Ehemann der Klägerin, selbstständiger Apotheker, der seine Ansprüche gegen die Beklagte an seine Ehefrau abgetreten hat (im Folgenden: Zedent), wandte sich auf Empfehlung einer Studienkollegin telefonisch an die beklagte Bank, um eine Beteiligung an der F. Medienfonds GmbH und Co. KG (im Folgenden: Medienfonds) zu erwerben. Nach einem Telefonat mit einer Mitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin L. , dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, übermittelte ihm die Beklagte einen Zeichnungsschein über eine Beteiligung an dem Medienfonds in Höhe von 50.000 € zuzüglich 5% Agio, den er am 6. Dezember 2003 unterschrieb und an die Beklagte zurücksandte. Die Beklagte erhielt für den Vertrieb der Fondsbeteiligung eine Provision von 8,25%, die aus dem Agio sowie aus einer im Prospekt ausgewiesenen Vergütung für die Eigenkapitalvermittlung bezahlt wurde. Darauf wurde der Zedent von der Beklagten nicht hingewiesen.
3
Die Klägerin begehrt Erstattung der von ihrem Ehemann für die Fondsbeteiligung und auf das Agio geleisteten Zahlungen nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Übertragung der Beteiligung an dem Medienfonds sowie Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz künftigen Schadens aus der Beteiligung und des Annahmeverzugs der Beklagten hinsichtlich der Übertragung der Fondsbeteiligung.
4
Das Landgericht hat nach Vernehmung der Zeugin L. und des Zedenten die Klage abgewiesen, da zwischen diesem und der Beklagten kein Anlageberatungsvertrag , sondern lediglich ein Anlagevermittlungsvertrag zustande gekommen sei. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass sich der Zedent nicht mit einem Beratungsersuchen an die Beklagte gewandt habe und diese auch nur als Anlagevermittler tätig geworden sei. Deswegen habe sie nicht ungefragt auf die empfangene Rückvergütung hinweisen müssen.
5
Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht, das eine eigene Beweisaufnahme nicht durchgeführt hat, der Klage im Wesentlichen stattgege- ben. Es ist der Auffassung gewesen, aufgrund der Beweisaufnahme stehe fest, dass eine Anlageberatung erfolgt sei. Die Zeugin L. habe dem Zedenten, der in dem Telefonat sein besonderes Interesse an einer Altersvorsorge zum Ausdruck gebracht habe, die Beteiligung an dem Medienfonds als gut geeignet empfohlen. Den damit geschlossenen Beratungsvertrag habe die Beklagte verletzt , weil sie den Zedenten nicht ungefragt darüber aufgeklärt habe, dass sie für den Vertrieb der Beteiligung an dem Medienfonds eine umsatzunabhängige Provision erhalten habe.
6
Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten.

II.

7
Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, weil das angegriffene Urteil den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Mai 2004 - XI ZB 39/03, BGHZ 159, 135, 139 f., vom 9. Februar 2010 - XI ZR 140/09, BKR 2010, 515, 516 und vom 29. November 2011 - XI ZR 50/11, juris Rn. 10). Aus demselben Grund sind das angefochtene Urteil gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
8
1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass eine Bank verpflichtet ist, einen Anleger über an sie fließende Rückvergütungen aus einer offen ausgewiesenen Vertriebsprovision oder einem Agio aufzuklären , wenn zwischen beiden - konkludent - ein Beratungsvertrag ge- schlossen worden ist (vgl. Senatsurteile vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f., vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 11 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 Rn. 31; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 13, vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5 und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20).
9
Diese Pflicht besteht hingegen nicht bei einem Auskunftsvertrag, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stillschweigend zustande kommt, wenn ein Anlagevermittler ohne Beratung ein Anlageprodukt vertreibt, der Anlageinteressent erkennbar die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse des Vermittlers in Anspruch nehmen will und dieser die gewünschte Tätigkeit beginnt (BGH, Urteile vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99, WM 2000, 426, 427, vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 116,vom 12. Mai 2005 - III ZR 413/04, WM 2005, 1219, 1220, vom 11. Januar 2007 - III ZR 193/05, WM 2007, 585 Rn. 10 und vom 25. Oktober 2007 - III ZR 100/06, WM 2007, 2228 Rn. 7 mwN). Das gilt ebenso, wenn eine Bank ohne Beratung ein Anlageprodukt vertreibt (vgl. auch Senatsurteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 11 f.).
10
2. Das Berufungsgericht hat jedoch den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil es zur Beantwortung der Frage, ob der Zedent und die Beklagte einen Beratungsvertrag oder einen Auskunftsvertrag geschlossen haben, die erstinstanzlich vernommenen Zeugen entgegen § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO nicht erneut vernommen hat, obwohl es deren Aussage anders gewürdigt hat als das Landgericht.
11
a) Das Berufungsgericht ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des Gerichts des ersten Rechtszuges gebun- den. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil, ist in aller Regel eine erneute Beweisaufnahme geboten (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1487, NJW 2011, 49 Rn. 14; BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 5, vom 9. Februar 2010 - XI ZR 140/09, BKR 2010, 515, 516 und vom 21. März 2012 - XII ZR 18/11, NJW-RR 2012, 704 Rn. 6). Das Berufungsgericht ist in einem solchen Fall nach § 398 ZPO verpflichtet, in erster Instanz vernommene Zeugen erneut zu vernehmen, wenn es deren protokollierte Aussagen anders als die Vorinstanz verstehen oder würdigen will (BVerfG, NJW 2011, 49 Rn. 14; BGH, Beschlüsse vom 21. Juni 2011 - II ZR 103/10, WM 2011, 1533 Rn. 7, vom 10. November 2010 - IV ZR 122/09, NJW 2011, 1364 Rn. 6, vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 5 f. und Urteil vom 22. Mai 2002 - VIII ZR 337/00, NJW-RR 2002, 1500). Unterlässt es dies und wendet damit § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO fehlerhaft an, ist die dadurch benachteiligte Partei in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör nach § 103 Abs. 1 GG verletzt (BVerfG, NJW 2005, 1487; BGH, Beschlüsse vom 5. April 2006 - IV ZR 253/05, VersR 2006, 949 Rn. 1, vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJWRR 2009, 1291 Rn. 4, vom 9. Februar 2010 - XI ZR 140/09, BKR 2010, 515, 516 und vom 21. März 2012 - XII ZR 18/11, NJW-RR 2012, 704 Rn. 6).
12
Die erneute Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben , wenn sich das Rechtsmittelgericht lediglich auf Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (BGH, Urteile vom 19. Juni 1991 - VIII ZR 116/90, WM 1991, 1896, 1897 f. und vom 10. März 1998 - VI ZR 30/97, NJW 1998, 2222, 2223 sowie Beschlüsse vom 9. Februar 2010 - XI ZR 140/09, BKR 2010, 515, 516 und vom 21. März 2012 - XII ZR 18/11, NJW-RR 2012, 704 Rn. 7).
13
b) Danach verletzt das Berufungsurteil Art. 103 Abs. 1 GG.
14
aa) Das Landgericht hat den von der Klägerin zu erbringenden Beweis des - konkludenten - Abschlusses eines Beratungsvertrags als nicht geführt angesehen. Es hat sich dafür auf die Aussage der von ihm vernommenen Zeugin L. gestützt, der es in Übereinstimmung mit dem protokollierten Wortlaut dieser Vernehmung entnimmt, der Zedent habe keine Beratung gewünscht und ihm sei die Anlage von der Beklagten nicht empfohlen worden. Der Aussage des ebenfalls als Zeugen vernommenen Zedenten ist das Landgericht nicht gefolgt, da dieser ein erhebliches Interesse an einem für ihn günstigen Ausgang des Rechtsstreits habe und zu der weiter streitigen Tatsache, ob ihm der Prospekt vor Zeichnung der Anlage zugesandt worden sei, die Unwahrheit gesagt habe.
15
Das Berufungsgericht hat die Beweisaufnahme abweichend vom Landgericht gewürdigt, ohne sich durch erneute Vernehmung der Zeugen einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Im Gegensatz zum Landgericht ist es auf Grundlage beider Zeugenaussagen zu der Überzeugung gelangt, der Zedent habe vor dem Kauf der Beteiligung eine eigene Einschätzung und Empfehlung der Zeugin eingeholt, worin ein Beratungsgespräch zu sehen sei. Die Zeugin habe dem Zedenten die Beteiligung an dem Medienfonds wegen seiner steuerlichen Interessen als geeignet empfohlen.
16
bb) Diese abweichende Würdigung der Zeugenaussagen durch das Rechtsmittelgericht war nicht ausnahmsweise ohne erneute Vernehmung zulässig , weil weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe der Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit ihrer Aussage von Bedeutung gewesen wären. Insbesondere konnte sich das Berufungsgericht bei seiner abweichenden Würdigung nicht ausschließlich auf den protokollierten Inhalt der Beweisaufnahme stützen.
17
(1) Das Berufungsgericht hat der Aussage der Zeugin L. eine von den Feststellungen des Landgerichts abweichende Bedeutung zugemessen, ohne dass sich dafür eine Stütze in der ihm zur Verfügung stehenden protokollierten Vernehmung dieser Zeugin findet. Nach der Darstellung im Berufungsurteil (S. 9) soll die Zeugin die Beteiligung an dem Medienfonds wegen der steuerlichen Interessen des Zedenten "als gut geeignet empfohlen" haben. Eine solche Angabe der Zeugin findet sich weder im landgerichtlichen Urteil noch in der protokollierten Aussage. In der genannten Weise hat sich ausschließlich der Zedent geäußert.
18
(2) Auf die protokollierte Aussage des Zedenten durfte sich das Berufungsgericht ohne eigene Vernehmung nicht stützen, da ihr das Landgericht aufgrund einer Würdigung der Glaubwürdigkeit des Zedenten nicht gefolgt ist. Für das Landgericht war entscheidend, dass der Zedent bei seiner Zeugenaussage von seinem erheblichen Interesse am Ausgang des Rechtsstreits nicht unbeeinflusst geblieben sei und zu einer anderen Tatsache die Unwahrheit gesagt habe. Danach war es dem Berufungsgericht verwehrt, ohne erneute Vernehmung von der Verlässlichkeit der Aussage des Zedenten auszugehen.
19
3. Das angefochtene Urteil beruht auf dieser Verletzung des rechtlichen Gehörs. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einer abweichenden Entscheidung gelangt wäre, wenn es beide Zeugen erneut vernommen hätte.
20
4. Im weiteren Verfahren werden bei Klärung der Frage, ob die Beklagte mit dem Zedenten konkludent einen Beratungsvertrag oder - was hier auch in Betracht kommt - einen Auskunftsvertrag geschlossen hat, neben der Verneh- mung der Zeugen alle objektiven Umstände des vorliegenden Vertriebsgesprächs umfassend zu würdigen sein. Insbesondere bedarf der Klärung, welche Beratungsleistung die Beklagte konkret erbracht hat, wenn ihr die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Zedenten, der nicht ihr Kunde war, unbekannt geblieben sein sollten.
Wiechers Grüneberg Maihold Pamp Menges

Vorinstanzen:
LG Kassel, Entscheidung vom 16.02.2010 - 8 O 1266/08 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 11.10.2011 - 14 U 174/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Sept. 2012 - XI ZR 476/11

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur
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Tenor         1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 19.11.2014, Az. 1 O 250/13, wird zurückgewiesen.2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithel

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

22
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts muss eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, aber darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält.
11
Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Nach den bisher getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht eine vorsätzliche Verletzung der der Beklagten obliegenden Pflicht, den Kläger über die Rückvergütungen zu unterrichten, zu Unrecht verneint.
13
(2) Aufgrund des Beratungsvertrags war die Beklagte verpflichtet, den Kläger darüber aufzuklären, dass sie von der C. für die Vermittlung der Fondsanteile das Agio in voller Höhe bekam. Für die Berater der Beklagten bestand danach ein ganz erheblicher Anreiz, Anlegern gerade eine Fondsbeteiligung der C. zu empfehlen. Darüber und den damit verbundenen Interessenkonflikt musste die Beklagte den Kläger im Rahmen des Beratungsgesprächs informieren, um ihn in die Lage zu versetzen, das Umsatzinteresse der Beklagten einschätzen und beurteilen zu können, ob die Beklagte und ihr Berater die Fondsbeteiligung nur deshalb empfahlen, weil sie selbst daran verdienten (vgl. Senatsurteil BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23). Das gilt vorliegend umso mehr, als der Interessenkonflikt noch dadurch gesteigert wurde, dass die Beklagte für die Übernahme einer Platzierungsgarantie eine Vergütung von weiteren 3% des Kommanditkapitals erhielt und für ihre Gebietsfilialen, die die für sie festgelegten Platzierungsquoten zu 100% erfüllten, von der C. eine zusätzliche Vermittlungsgebühr von 100.000 € gezahlt wurde. Durch dieses gesteigerte Anreizsystem bestand eine erhöhte Gefahr, dass die im Kundeninteresse zu erfolgende anleger- und objektgerechte Beratung nicht oder nur unzureichend vorgenommen wurde.
5
aa) Zwar lagen im Zeitpunkt des ersten Beratungsgesprächs im Dezember 1997 die Entscheidungen des Senats zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) und vom 20. Januar 2009 (XI ZR 510/07, WM 2009, 405 f.) noch nicht vor. Der Senat hat aber bereits in den Jahren 1989 und 1990 in zwei Entscheidungen (Urteile vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 und vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464) bei vermittelten Warentermingeschäften heimliche Kick-back-Vereinbarungen zwischen Anlagenvermittler und Broker missbilligt, den Vermittler zur Herausgabe der Rückvergütungen nach §§ 675, 667 BGB für verpflichtet gehalten und dem Berufungsgericht aufgegeben , Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zu prüfen. In der Literatur sind diese Entscheidungen zu Recht dahin verstanden worden, dass die Verheimlichung der Rückvergütung nicht nur in Bezug auf die bloße Herausgabepflicht eine Täuschung des Kunden darstellt, sondern auch deswegen, weil die Rückvergütungen die Tätigkeit des Vermittlers zuungunsten des Anlegers beeinflussen (vgl. Nassall, WuB IV A § 826 BGB 8.89 unter 3.; Wach, EWiR 1989, 765, 766). Aufgrund dessen war für eine Bank bereits ab diesem Zeitpunkt erkennbar, dass auch im Verhältnis zu ihren Kunden bei der - allein in deren Interesse erfolgenden - Beratung über eine Kapitalanlage eine Aufklärungspflicht über solche Umstände besteht, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden.
20
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die Beklagte aus dem Beratungsvertrag verpflichtet war, den Zedenten über an sie fließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senats- urteile vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 11 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 = ZIP 2009, 2380 Rn. 31; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 13 und vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 62/99 Verkündet am:
13. Januar 2000
Freitag
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
------------------------------------
BGB § 675 Abs. 2 F.: 21. Juli 1999
Zur Haftung des Kapitalanlagevermittlers, der es unterläßt, das Anlagekonzept auf
wirtschaftliche Plausibilität hin zu prüfen (im Anschluß an Senatsurteil vom 13. Mai
1993 - III ZR 25/92 = NJW-RR 1993, 1114).
BGH, Urt. v. 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - OLG Hamm
LG Detmold
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Januar 1999 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 66.000 DM nebst 4 v.H. Zinsen seit dem 18. Juli 1997 abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Beklagte vermittelte dem Kläger von der P. GmbH angebotene Kapitalanlagen. Nach Gesprächen mit dem Beklagten unterzeichnete der Kläger am 2. August 1993 einen Beteiligungsantrag über 30.000 DM zuzüglich einer Abschlußgebühr von 10 %, die der P. GmbH zufließen sollte. Nach Annahme des Antrages durch die P. GmbH zahlte der Kläger über einen Treuhänder 33.000 DM an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die von der P. GmbH als alleiniger Geschäftsführerin und Vertreterin geführt wurde.
Am 30. Januar 1994 und am 7. Oktober 1994 zeichnete der Kläger - wiederum durch Vermittlung des Beklagten - weitere Beteiligungen über 30.000 DM und 3.000 DM, jeweils zuzüglich Abschlußgebühr, und entrichtete die entsprechenden Beträge (33.000 DM sowie 3.300 DM) an die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in der die P. GmbH die Gelder der Anleger sammelte.
Nach dem prospektierten Anlagekonzept sollten 91 % der Beteiligungssumme als Kapitalsicherheit in US-Staatsanleihen (Triple A-Papieren) angelegt , die restlichen 9 % sollten für Termingeschäfte verwandt werden. Die realisierten Erträge sollten zu je 50 % der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und der P. GmbH zustehen.
Die P. GmbH geriet 1995 in Vermögensverfall; über ihr Vermögen wurde das Konkursverfahren eröffnet. Es stellte sich heraus, daß sie nach dem Schneeballsystem gearbeitet hatte.
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch, weil dieser Auskunftspflichten, die ihm als Anlagevermittler obgelegen hätten,
schlecht erfüllt habe. Der Beklagte schulde ihm daher in Höhe von insgesamt 69.300 DM Erstattung der Aufwendungen, die ihm durch die Beteiligung an dem Anlagemodell der P. GmbH entstanden seien. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist überwiegend begründet; sie führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Zwischen dem Kläger und dem die Kapitalanlage vermittelnden Beklagten sei ein Auskunftsvertrag zustande gekommen. Den Beklagten habe die Verpflichtung getroffen, sich über das Kapitalanlagesystem der P. GmbH zu informieren, den Kläger auf Besonderheiten hinzuweisen und eventuelle Informationslücken zu offenbaren. Hätte der Beklagte den Prospekt der P. GmbH kritisch auf innere Schlüssigkeit untersucht, hätte ihm auffallen können, daß das im Prospekt beschriebene Konzept zumindest fragwürdig erscheine. Zu den Informationspflichten eines Kapitalanlagevermittlers habe es ferner gehört, bei Anlageobjekten auf dem sogenannten grauen Kapitalmarkt die einschlägi-
gen Informationsdienste und die von der Verbraucherzentrale B. herausgegebene Liste der unseriösen Geldanlageangebote auszuwerten. Das habe der Beklagte unterlassen.
In dem Verhalten des Beklagten könne aber letztlich ein Verstoß gegen die von ihm zu fordernde Sorgfalt nicht gesehen werden. Der Beklagte habe vielmehr darauf vertrauen dürfen, daß die der Beschreibung im Prospekt und den kritischen Anmerkungen in der Fachpresse zu entnehmenden Bedenken ausgeräumt seien. Denn eine Vielzahl von als Rechtsanwalt, Notar, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater tätigen Personen habe sich mit der P. GmbH befaßt und ihre teils internen Informationen nicht zum Anlaß genommen, sich davon zu distanzieren. Es komme hinzu, daß die Kapitalanleger von 1989 bis 1993/1994 ordnungsgemäß bedient worden seien, der Beklagte selbst Geld bei der P. GmbH angelegt und gute Erfahrungen gemacht habe.

II.


Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten in einem entscheidenden Punkt der rechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Dem Berufungsgericht ist darin zu folgen, daß die Parteien stillschweigend einen Auskunftsvertrag geschlossen haben.
Im Rahmen der Anlagevermittlung kommt zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent deutlich macht, daß er,
auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt (Senatsurteil vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 = NJW-RR 1993, 1114 m.w.N.). Die tatsächlichen Voraussetzungen für einen solchen stillschweigenden Vertragsschluß zwischen dem Kläger und dem Beklagten persönlich hat das Berufungsgericht festgestellt. Es hat den Beklagten auch rechtsfehlerfrei als bloßen Anlagevermittler, nicht als Anlageberater , angesehen und danach seine vertraglichen Pflichten im Rahmen des Auskunftsvertrages bestimmt. Die Revision teilt diesen Ausgangspunkt.
2. Der zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler zustande gekommene Auskunftsvertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluß des Interessenten von besonderer Bedeutung sind. Dazu bedarf es - jedenfalls grundsätzlich - vorab der eigenen Information des Anlagevermittlers hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage und der Bonität des Kapitalsuchenden. Denn ohne zutreffende Angaben über die hierfür maßgeblichen Umstände kann der Anlageinteressent sein Engagement nicht zuverlässig beurteilen und keine sachgerechte Anlageentscheidung treffen. Liegen dazu objektive Daten nicht vor oder verfügt der Anlagevermittler mangels Einholung entsprechender Informationen insoweit nur über unzureichende Kenntnisse, so muß er dies dem anderen Teil zumindest offenlegen (Senatsurteil vom 13. Mai 1993 aaO S. 1115 m.w.N.).

a) Das Berufungsgericht ist im wesentlichen von diesen Grundsätzen ausgegangen und hat den beklagten Kapitalanlagevermittler für verpflichtet gehalten, das Kapitalanlagekonzept anhand des hierzu zur Verfügung stehenden Prospekts auf innere Plausibilität zu überprüfen. Bei fehlender Plausibilität
müsse er Nachforschungen anstellen oder den Kapitalanlageinteressenten über Informationslücken unterrichten.
Der Auffassung des Berufungsgerichts ist beizutreten. Kapitalanlagevermittler sind unabhängig davon, ob sie besonderes Vertrauen genießen, verpflichtet , das Anlagekonzept, bezüglich dessen sie Auskunft erteilen sollen, (wenigstens) auf Plausibilität, insbesondere auf wirtschaftliche Tragfähigkeit hin, zu prüfen. Sonst können sie keine sachgerechten Auskünfte erteilen. Fehlende Sachkunde muß der Anlagevermittler dem Vertragspartner offenlegen.

b) Die Plausibilitätsprüfung ist hier - wie die Revision mit Recht hervorhebt - unterblieben. Das stellt das Berufungsgericht zwar nicht ausdrücklich im Tatbestand fest. Den Entscheidungsgründen ist aber zu entnehmen, daß es davon ausgeht, der Beklagte habe die Schlüssigkeit des Anlagekonzepts nicht geprüft. Denn es legt dar, was dem Beklagten hätte auffallen können, wenn er den Prospekt untersucht hätte. Der Beklagte hat sich auch nicht darauf berufen , die Plausibilität einer Anlage bei der P. GmbH überprüft zu haben. Er hat sich vielmehr damit verteidigt, ihm seien diverse positive Auskünfte von Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern bekannt gewesen. Anhaltspunkte dafür , daß es sich bei der P. GmbH möglicherweise um ein unseriöses Unternehmen handele, habe er nicht gehabt und deshalb selbst erheblich in das Anlagemodell der P. GmbH investiert.
Dieser Einwand schließt - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - eine schuldhafte Verletzung des Auskunftsvertrages nicht aus.

c) Der Beklagte war der Plausibilitätsprüfung - und sich gegebenenfalls daran anschließender Ermittlungen - nur dann enthoben, wenn er bei pflichtgemäßer Prüfung der ihm vorliegenden Informationen davon ausgehen durfte,
bereits auf dieser Grundlage zuverlässig Auskunft zur Wirtschaftlichkeit und Sicherheit der Kapitalanlage bei der P. GmbH erteilen zu können. So lag der Fall hier jedoch nicht.
aa) Die von dem Beklagten geltend gemachte Einsichtnahme in den "positiven Prüfbericht" des Wirtschaftsprüfers W. vom 23. Februar 1993 bzw. 23. März 1994 konnte ebensowenig wie die Bestätigungsvermerke vom 24. Mai 1993 und 26. Oktober 1992 eine Plausibilitätsprüfung ersetzen (vgl. BGHZ 100, 117, 123). Der Wirtschaftsprüfer hatte die ordnungsgemäße Abwicklung des Zahlungsverkehrs auf den Anderkonten des Treuhänders untersucht und festgestellt, daß der Geschäftsablauf bezüglich der finanziellen Abwicklung entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen ordnungsgemäß erfolgt sei. Für die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Anlagekonzepts gab dies erkennbar nichts her.
bb) Entsprechendes gilt für den Bericht des Rechtsanwalts und Notars B. vom 6. September 1991, der nach einer Überprüfung der Kapitalanlagesicherung zu dem Ergebnis gelangt war, die im Prospekt ausgewiesene "Kapitalsicherheit" über 91 % der Nettozeichnungshöhe werde tatsächlich gestellt. Das besagte nichts darüber, ob die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vom Beklagten erwartete Rendite von etwa 15 % realistisch war.
cc) Der Vermerk von Rechtsanwalt und Notar N. vom 28. Juli 1994 lag noch nicht vor, als die Parteien die Beteiligungsanträge des Klägers vom 2. August 1993 und 30. Januar 1994 besprachen; er hätte also höchstens Bedeutung für den letzten Beteiligungsantrag des Klägers vom 7. Oktober 1994 über 3.300 DM. Vor allem wurde durch den Vermerk von Rechtsanwalt und Notar N. weder die Sicherheit noch die Wirtschaftlichkeit einer Kapitalanlage bei der P. GmbH belegt; der Verfasser hatte ausdrücklich darauf hingewiesen,
daß es sich seiner Kenntnis entziehe, ob und wie die Absicherung der Einlage funktioniere. Zur Plausibilität der Renditeerwartungen hatte er überhaupt nicht Stellung genommen.
dd) Die Mitwirkung des Rechtsanwalts und Notars W. als Treuhänder mochte die Erwartung begründen, daß die Gelder der Anleger - solange sie in seiner Hand waren - ordnungsgemäß verwaltet wurden. Das bot aber keine Gewähr für die Wirtschaftlichkeit des Anlagekonzepts der P. GmbH.
ee) Das Berufungsgericht hat betont, daß der Beklagte selbst in Kapitalanlagen der P. GmbH investierte und dabei - zunächst - gute Erfahrungen machte. Deshalb durfte der Beklage eine Plausibilitätsprüfung jedoch nicht für entbehrlich halten. Die Tatsache, daß eine Kapitalanlage über eine gewisse Zeit sehr hoch rentiert - hier bis zu 1,915 % pro Monat - kann jedenfalls dann nicht als zuverlässiges Indiz für die Schlüssigkeit des Anlagekonzepts angesehen werden, wenn es um "konservative" Anlagen geht. Dazu muß aber das Anlagemodell der P. GmbH gerechnet werden; denn 91 % der Anlagegelder sollten in Triple A-Papiere fließen. Damit war eine solch hohe Rendite schwerlich zu erzielen.
ff) Nach dem festgestellten Sachverhalt lagen dem Beklagten mithin keine objektiven Informationen vor, die die Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage bei der P. GmbH verläßlich belegt hätten. Solche lieferten weder die Berichte bzw. Vermerke des Wirtschaftsprüfers W. noch die der Rechtsanwälte und Notare N. und B. Sie ergaben sich auch nicht aus den eigenen Erfahrungen des Beklagten mit der P. GmbH. Der Prospekt und die "Monatlichen Informationen", die der Beklagte zur Grundlage für die Erläuterungen gegenüber dem Kläger nahm, beruhten auf den Angaben der P. GmbH und waren deshalb ohne objektiven Aussagewert (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 1993 aaO). Der Beklagte
hätte sich daher selbst sachkundig machen müssen, bevor er zum Anlagemodell der P. GmbH Auskunft gab. Insbesondere hätte er die wirtschaftliche Plausibilität dieser Kapitalbeteiligung prüfen müssen; bei pflichtgemäßer Prüfung - entsprechend den v om Berufungsgericht angestellten Überlegungen - wäre ihm die, oben schon angesprochene, Fragwürdigkeit einer angeblich im wesentlichen mit fest verzinslichen Staatsanleihen erwarteten Rendite von 15 % aufgefallen. Der Beklagte beging eine schuldhafte Verletzung des mit dem Kläger geschlossenen Auskunftsvertrages, indem er ihm die Anlage bei der P. GmbH anhand des Prospekts und der "Monatlichen Informationen" darlegte, ohne gleichzeitig zu offenbaren, daß es sich dabei im Grunde nur um Erklärungen der Geschäftsführung der P. GmbH handelte und er weder deren Schlüssigkeit geprüft noch sonstige objektive Informationen zur Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage hatte. Nicht erst im Rechtsstreit, sondern schon bei den Besprechungen , die zu den Beteiligungsanträgen des Klägers führten, hätte der Beklagte darlegen müssen, daß er "davon, welche Geschäfte die Firma P., ihr Geschäftsführer G. und die zahlreichen mitwirkenden weiteren Gesellschaften und Einzelpersonen mit dem Geld der Anleger, weit entfernt von seinem Einblickbereich , tätigten ... keine Ahnung" hatte. Darin hätte keine, vom Berufungsgericht befürchtete, Überschüttung mit Informationen gelegen.
3. Das Berufungsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, offenlassen können, ob die im "Beteiligungsantrag" erklärte Haftungsfreistellung auch für den Beklagten gilt. Diese Frage ist in dem Sinne zu entscheiden, daß sich der Beklagte auf die Freistellungsklausel nicht berufen kann; denn es handelt sich dabei um eine den Vertragspartner unangemessen benachteiligende Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam ist.
Der Kläger hatte in den an die P. GmbH gerichteten Beteiligungsanträgen jeweils formularmäßig bestätigt,
"f) die beteiligten Firmen (ebenso Vermittler) sowie deren gesetzlicher Vertreter von jeglicher Haftung freizustellen. Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit sind davon ausgeschlossen ..."
Darin ist eine unzulässige Einschränkung der Haftung für die ordnungsgemäße Erfüllung einer sogenannten Kardinalpflicht zu sehen (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG, vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 1994 - VIII ZR 165/92 = BGHR AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 2 Haftungsfreizeichnung 4). Die Haftungsfreistellung unterscheidet nämlich nicht zwischen vertraglichen Haupt- und Nebenpflichten, umfaßt also bei einem Auskunftsvertrag, wie er hier zwischen den Parteien geschlossen wurde, auch die Auskunftsverpflichtung selbst. Die Erfüllung eines Auskunftsvertrages "steht und fällt" aber gerade mit der Erteilung einer richtigen und vollständigen Auskunft. Davon kann sich der Auskunftsverpflichtete nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen freizeichnen.
4. Soweit der Kläger Erstattung der am 7. Oktober 1994 eingelegten 3.300 DM nebst 4 v.H. Zinsen seit dem 18. Juli 1997 fordert, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden, da sie zur Endentscheidung reif ist (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Im übrigen ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

a) Wie oben (unter II. 2.c ff) ausgeführt, fällt dem Beklagten eine schuldhafte Verletzung des mit dem Kläger geschlossenen Auskunftsvertrages zur Last, weil er im Vermittlungsgespräch nicht offenlegte, daß er das Anlagekonzept der P. GmbH, dessen Fragwürdigkeit sich ihm schon im Blick auf die Höhe der angegebenen Rendite hätte aufdrängen müssen, weder auf Plausibilität hin geprüft noch sonstige objektive Informationen zur Wirtschaftlichkeit dieser Ka-
pitalanlage hatte. Wegen dieser positiven Vertragsverletzung ist der Beklagte dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet. Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, daß die in einem wesentlichen Punkt unvollständige Auskunft ursächlich für die Beteiligungsentscheidung des unstreitig auf eine sichere , "garantierte" Anlage bedachten Klägers war (vgl. Senatsurteil vom 9. Juli 1998 - III ZR 158/97 = NJW 1998, 2898, 2899; BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 = NJW 1995, 130, 132). In den Tatsacheninstanzen hat der Beklagte die Kausalität nicht in Zweifel gezogen. Zu Unrecht vermißt die Revisionserwiderung Vortrag des Klägers, daß er von der Beteiligung Abstand genommen hätte, wenn der Beklagte ihn auf das Ausstehen einer Plausibilitätsprüfung hingewiesen hätte. Die Darlegungs- und Beweislast lag bei dem Aufklärungspflichtigen, d.h. bei dem Beklagten (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89 = NJW 1992, 228, 231).

b) Der Kläger kann verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er sich an dem Anlagemodell der P. GmbH nicht beteiligt (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89 = NJW 1992, 228, 230). Erstattungsfähige Aufwendungen sind darum die vom Kläger im Zuge der Beteiligungsanträge vom 2. August 1993 und vom 30. Januar 1994 eingezahlten 66.000 DM.
Dagegen kann der Kläger nicht Ersatz der am 7. Oktober 1994 investierten weiteren 3.300 DM beanspruchen. Dabei handelte es sich nämlich um eine Renditezahlung aus der ersten Beteiligung an dem Anlagemodell der P. GmbH, die der Kläger durch Vermittlung des Beklagten sogleich wieder anlegte. Dieser Betrag kann nicht zu den Aufwendungen gerechnet werden, die dem Kläger erspart geblieben wären, wenn er die Anlageentscheidung nicht getroffen hätte. Der Kläger hätte im Falle, daß er sich an dem Anlagemodell nicht beteiligt hätte, auch keine wiederanlagefähige Ausschüttung erlangt.
Weitere Abzüge muß sich der Kläger - vorbehaltlich der im folgenden angesprochenen Frage des Mitverschuldens - nicht gefallen lassen. Die Behauptung des Beklagten, der Kläger habe - über den unstreitigen Betrag von 3.300 DM hinaus - Renditezahlungen erhalten, ist unsubstantiiert.

c) Das Berufungsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen dazu getroffen, ob den Kläger ein Mitverschulden (§ 254 BGB) trifft.
Zwar gibt derjenige, der einen Anlagevermittler als Sachkundigen hinzuzieht , zu erkennen, daß er auf dem betreffenden Fachgebiet nicht die erforderlichen Kenntnisse hat und auf fremde Hilfe angewiesen ist, so daß sein Vertrauen besonderen Schutz verdient. Dennoch kann unter besonderen Umständen der Einwand des Mitverschuldens begründet sein (vgl. Senatsurteil vom
13. Mai 1993 aaO). Anhaltspunkt hierfür könnte im Streitfall das Versprechen einer auch für Unkundige auffällig hohen Rendite sein. Insoweit wird das Berufungsgericht den Sachverhalt gegebenenfalls weiter aufklären und bewerten müssen.
Rinne Wurm Kapsa
Dörr Galke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 359/02
Verkündet am:
12. Februar 2004
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Zur Frage der Verpflichtung des Vermittlers einer prospektierten Kapitalanlage
zur Offenlegung von an ihn für den Vertrieb gezahlten "Innenprovisionen".
BGH, Urteil vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Streck, Dörr, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. September 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger zeichnete mit Beitrittserklärungen vom 1. Dezember 1996 und vom 13. Juni 1997 Beteiligungen als Kommanditist mit Beträgen von jeweils 80.000 DM plus 5 % Agio an der D. , Grundstücks- und Verwaltungs GmbH & Co. P. -A. /W. -G. 1 KG ("Grundrenditefonds P. -A. und W. -G. 1"; im folgenden: W.
1) und an der D. Grundstücks-EntwicklungsGmbH & Co. W. -G. 2 KG ("Grundrenditefonds W. -G. 2/Galerie
R. Straße"; im folgenden: W. 2). Diese Kapitalanlagen waren dem Kläger durch die Beklagte unter Verwendung der von den Objektgesellschaften herausgegebenen Prospekte vermittelt worden.
Der Kläger behauptet, beide Immobilienfonds befänden sich in einer katastrophalen wirtschaftlichen Lage, da die tatsächlichen Mieteinnahmen für die Gewerbeeinheiten in erheblichem Umfang hinter den zugesagten Mieten zurückgeblieben seien. Er verlangt von der Beklagten Ersatz der ihm durch den Erwerb der Beteiligungen entstandenen Aufwendungen, Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligungen, wobei er sich auf den geltend gemachten Schaden Ausschüttungen von insgesamt 5.600 DM anrechnen läßt. Die Haftung der Beklagten leitet der Kläger aus dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung - mit der Behauptung, die Prospekte für die beiden Immobilienfonds seien in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft gewesen - und daraus her, daß die Beklagte ihm gegenüber (vor-)vertragliche Aufklärungspflichten verletzt habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen und gegen seine Entscheidung die Revision zugelassen, "soweit der Kläger seinen vermeintlichen Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Beteiligung an W. 1 auf die nicht erfolgte Aufklärung über die an die Beklagte gezahlte weitere Provision stützt". Soweit sie nicht bereits durch das Berufungsgericht zugelassen worden ist, hat der Senat die Revision auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zugelassen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Die Revision rügt als Verfahrensfehler, das Berufungsgericht hätte nicht, wie geschehen, eine Entscheidung nach Lage der Akten (§§ 331a, 251a Abs. 2 ZPO) treffen dürfen. Darin liege ein Verstoß gegen § 285 Abs. 2 ZPO, weil das Berufungsgericht nach der Vernehmung von Zeugen durch die Berichterstatterin als beauftragte Richterin im darauf anberaumten Verhandlungstermin den Parteien keine Gelegenheit gegeben habe, "das Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund der Beweisverhandlungen vorzutragen".
Diese Rüge ist unbegründet. Im Streitfall haben beide Parteien nach der Zeugenvernehmung durch die - aufgrund einer vorausgegangenen Verhandlung vor dem Berufungsgericht - beauftragte Richterin des Berufungsgerichts zu dem Beweisergebnis schriftlich Stellung genommen. Im anschließenden Verhandlungstermin vor dem Senat des Oberlandesgerichts hat der zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte des Klägers erklärt, er werde keinen Antrag stellen. Daraufhin hat das Berufungsgericht, wie von den Beklagten beantragt, nach Lage der Akten entschieden. Dazu war es entgegen der Auffassung der Revision berechtigt; § 285 Abs. 2 ZPO stand nicht entgegen. Wie der Bundesgerichtshof bereits ausgesprochen hat (BGHZ 63, 94, 95), erfordert diese Vorschrift nicht eine Wiederholung bereits gestellter Anträge (durch die auf schrift-
sätzliches Vorbringen zur Beweisaufnahme hätte Bezug genommen werden können, § 137 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Sie soll nur gewährleisten, daß den Parteien Gelegenheit gegeben wird, über das Ergebnis der Beweisaufnahme unter Darlegung des Streitverhältnisses zu verhandeln (BGHZ aaO). Hatten die Parteien diese Gelegenheit, so ist, wenn eine Partei sich freiwillig durch ihre Säumnis oder das Nichtverhandeln ihres Anwalts der Verhandlungsmöglichkeit begeben hat, auch ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör Genüge getan (Stein/ Jonas/Leipold ZPO 21. Aufl. § 285 Rn. 9).

II.


Das Berufungsgericht verneint eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung im engeren Sinne, weil die Beklagte nur für den Vertrieb der Kommanditbeteiligungen zuständig gewesen sei und nicht zu dem von der Rechtsprechung in Betracht gezogenen Kreis der Prospektverantwortlichen gehört habe. Eine vom Kläger behauptete Mitwirkung der Beklagten an den Prospekten sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bewiesen , auch nicht, daß die Beklagte Einfluß auf die Konzeptionierung der Anlagefonds genommen habe. Auch ein Einfluß der Beklagten auf die Zusammensetzung des für die Fonds verantwortlichen Personenkreises, etwa die Benennung des Treuhänders, sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festzustellen. Schließlich ergebe sich eine maßgebliche Einflußnahme der Beklagten auf das gesamte Projekt nicht daraus, daß die Beklagte die einzige Vertriebsfirma gewesen wäre, die für einen Vertrieb der Objekte in Frage gekommen wäre.
Das Berufungsgericht lehnt auch eine Haftung der Beklagten gegenüber dem Kläger nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung im weiteren Sinne wegen eines ihr zur Last fallenden Verschuldens als Anlageberater oder -vermittler ab. In diesem Zusammenhang würdigt das Berufungsgericht die Tätigkeit der Beklagten als die eines Anlagevermittlers, nicht eines Anlageberaters: Die Beklagte sei schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht als unabhängige Beraterin aufgetreten, sondern als Werberin für das zu vermittelnde Kommanditkapital der Fondsgesellschaften. Insbesondere die Tatsache, daß die Beklagte das unternehmerische Konzept der Gewerbezentren nicht selbständig bewertet, sondern auch nach dem Vortrag des Klägers insoweit allein auf den Prospekt verwiesen und nur zu den steuerlichen Fragen ein Votum abgegeben habe, zeige, daß sie nur die Rolle der Anlagevermittlerin habe übernehmen wollen und dies den Anlegern auch deutlich gemacht habe.
Ihren Verpflichtungen als Anlagevermittlerin, so das Berufungsgericht weiter, sei die Beklagte nachgekommen. Weder sei der Beklagten anzulasten, daß sie fehlerhafte und unklare Prospekte verwendet, noch daß sie eine Plausibilitätsprüfung der Prospekte unterlassen habe. Die Emissionsprospekte für W. 1 und W. 2 erfüllten die in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen hinsichtlich Klarheit und Wahrheit. Auch die Verflechtung der Projektentwicklungsfirmen werde zutreffend offengelegt. Eine Verpflichtung, die Bonität der Mieter der Gewerbezentren zu prüfen, habe die Beklagte als Anlagevermittlerin nicht getroffen. Anhaltspunkte dafür, daß es zum damaligen Zeitpunkt Kenntnisse über betrügerisches Verhalten von Beteiligten gegeben habe, seien nicht ersichtlich. Darauf, ob die Mietgarantien im Zeitpunkt der Prospektherausgabe schon vertraglich eingeräumt worden waren und eine Bankbürgschaft in der prospektierten Höhe schon vorlag, komme es nicht an.
Die Beklagte habe sich die darauf bezogenen Verträge so lange nicht vorlegen zu lassen brauchen, als keine vernünftigen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben in den Prospekten aufgetreten seien.
Schließlich meint das Berufungsgericht, eine Haftung der Beklagten komme auch nicht deswegen in Betracht, weil sie den Kläger nicht über an sie gezahlte Innenprovisionen aufgeklärt habe. Eine Aufklärung über den Erhalt von Innenprovisionen sei nicht in jedem Fall geboten. Gegen eine grundsätzliche Aufklärungspflicht spreche, daß die Gefahr, verdeckte Kosten zu Lasten der Anleger dem eingezahlten Kapital zu entnehmen oder in anderen Posten zu verstecken, z.B. in überteuerten Grundstückspreisen, in erster Linie dann bestehe, wenn die Gesellschaften, zu deren Gunsten die Provisionen gezahlt würden, mit der Initiatorenseite wirtschaftlich, kapitalmäßig und persönlich verflochten seien und insoweit eine Interessenkollision zu Lasten der Anleger bestehe. Gebe es eine solche Verflechtung nicht, könne zwar nicht ausgeschlossen werden, daß die Provision zahlende Verkäuferin der Grundstücke diese Kosten bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt habe. Da der Kaufpreis den potentiellen Anlegern jedoch durch den Prospekt bekannt werde, seien sie über die anfallenden Kosten aufgeklärt und es bestehe die Möglichkeit zu prüfen, ob diese Kosten überteuert seien oder nicht. Überdies sei im Prospekt für W. 2 darauf hingewiesen worden, daß die Beklagte von den Verkäufern der Einkaufs- und Dienstleistungszentren eine weitere Vergütung (Werbekostenzuschuß) erhalte; die Anleger seien also darüber aufgeklärt worden , daß eine Innenprovision gezahlt werde. Die Aufklärung über die Höhe sei schon deswegen nicht erforderlich gewesen, weil es jedem Anleger unbenommen gewesen wäre, wegen der Tatsache, daß eine Innenprovision gezahlt wird, von einer Beteiligung abzusehen. Bei W. 1 fehle ein solcher Hinweis
zum Punkt Eigenkapitalbeschaffung. Dies sei indessen insoweit zutreffend, als die Beklagte bei diesem Fonds nicht von der Beteiligungsgesellschaft mit dem Vertrieb beauftragt worden sei, sondern die Beteiligungsgesellschaft die Firma D. P. -, E. - und M. AG mit der Beschaffung des fehlenden Gesellschaftskapitals betraut habe, die ihrerseits die Beklagte mit dem Vertrieb beauftragt habe. Die D. P. -, E. - und M. AG habe jedoch keine Vergütung erhalten, die über die im Pro- spekt genannte Vergütung hinausgehe, "sondern die an die Beklagte über ihren Anteil hinausgehenden 5 % Provision" unbestritten "aus ihrer Gewinnmarge bei der Veräußerung der Grundstücke gezahlt". Auch im Hinblick darauf, daß deswegen eine Überteuerung der Grundstücke nicht ersichtlich sei, sei eine Aufklärung im Prospekt nicht geboten gewesen.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinn (vgl. Siol DRiZ 2003, 204), wie sie an sich auch für Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds der vorliegenden Art in Betracht zu ziehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 - NJW 1995, 130), hier nicht als gegeben angesehen hat, weil die Beklagte nicht zu den Prospektverantwortlichen der Anlagemodelle W. 1 und W. 2 gehörte.

a) Für den Prospektinhalt müssen in erster Linie diejenigen einstehen, die für die Geschicke des Unternehmens und damit für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich sind. Das sind namentlich die Initiatoren, Gründer und
Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management der Gesellschaft bilden oder sie beherrschen (BGHZ 71, 284, 287 ff; Siol aaO S. 207), einschließlich der sogenannten "Hintermänner" (BGHZ 72, 382, 387; 79, 337, 340; 83, 222, 224; 115, 213, 217 f; 145, 121, 127). Darüber hinaus haften auch diejenigen, die aufgrund ihrer beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder aufgrund ihrer Fachkunde eine Art Garantenstellung einnehmen und durch ihre Mitwirkung an der Prospektgestaltung nach außen hin in Erscheinung getreten sind (BGHZ 77, 172, 176 f; 111, 314, 319 f; BGH, Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91 - NJW-RR 1992, 879, 883; Siol aaO S. 207).
Vorliegend erschöpfte sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Mitwirkung der Beklagten an W. 1 und W. 2 in der Übernahme des Vertriebs. Eine weitergehende verantwortliche Mitwirkung im Sinne einer Mitgestaltung der Anlagemodelle oder der (Mit-)Verantwortlichkeit für die Prospekte hat es aufgrund seiner Beweisaufnahme nicht festzustellen vermocht.

b) Die Rügen, die die Revision gegen diese Würdigung, die weitgehend im tatrichterlichen Bereich liegt und daher als solche im Revisionsverfahren nur auf Rechtsfehler überprüft werden kann, erhebt, sind unbegründet.
aa) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe den Hinweis des Klägers darauf übergangen, daß die Beklagte selbst "keinen Schöpfer der Prospekte" benennen könne, der mit eigenen gedanklichen Leistungen die Prospekte verfaßt habe. Indessen führt dieses Vorbringen - ebenso wie das weitere Vorbringen der Revision, bei den vorliegenden Anlagen habe "die Trennung von Initiatoren und Vertrieb nicht mehr der Praxis entsprochen" - mangels weiterer konkreter Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zu dem Schluß, die
Beklagte gehöre neben dem in den Prospekten genannten Prospektherausgeber und den weiteren nach dem Inhalt der Prospekte als Initiatoren in Betracht zu ziehenden Personen zu den Initiatoren oder den sonst Prospektverantwortlichen. Die Übernahme des Vertriebs begründet für sich nicht die Verantwortlichkeit für den dabei verwendeten Prospekt nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinn.
bb) Es ist entgegen der Revision auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht daraus, daß bestimmte Formulierungen im Prospekt (für W.
2) darauf abzielen, (auch) den Vertrieb "aus der Haftung zu nehmen", keine Schlüsse in Richtung darauf gezogen hat, hier sei die Vertreibergesellschaft selbst auch Mitherausgeberin des Prospekts gewesen.
2. Folgerichtig hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten, soweit sie die in Rede stehenden Vermögensanlagen (Fondsbeteiligungen) unter Verwendung von Prospekten vertrieben hat, nur nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung im weiteren Sinn (vgl. BGHZ 83, 222, 227; Siol aaO S. 204), also nur unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß bzw. wegen einer ihr zur Last fallenden Pflichtverletzung als Anlageberater oder Anlagevermittler in Betracht gezogen.

a) Hierbei hat das Berufungsgericht die von der Beklagten bei dem Vertrieb der Anlagen entwickelte Tätigkeit gegenüber dem Kläger rechtsfehlerfrei als Anlagevermittlung, nicht als Anlageberatung, eingeordnet.
aa) Das Berufungsgericht hat die für die Abgrenzung maßgeblichen Merkmale (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 - NJW-RR 1993,
1114 f; fortgeführt mit Urteil vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - NJW-RR 2000, 998) zutreffend erkannt und tatrichterlich einwandfrei umgesetzt.
bb) Soweit die Revision rügt, diese Einordnung widerspreche der Lebenserfahrung , versucht sie nur in unzulässiger Weise, ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen. Einen Erfahrungssatz, wonach der Vertrieb von "Fondskonzepten" stets als "Beratung" erfolgt, wie die Revision meint, gibt es nicht. Es mag allerdings sein, daß die Vertriebsunternehmen ihren Außendienstmitarbeitern empfehlen, sich gegenüber ihrem Kundenkreis als Berater zu gerieren, um ihr Produkt besser "verkaufen" zu können. Das ändert aber grundsätzlich nichts daran, daß sich bei einer objektiven Gesamtwürdigung der maßgeblichen Umstände der Werbung des Kunden der betreffende Vorgang in der Vermittlung der Vermögensanlage erschöpfen kann, auch wenn - je nach Sachlage - der Vermittler selbst im Rahmen des Vermittlungsvorgangs dem Kunden nähere Hinweise und Informationen, etwa über steuerliche Aspekte, gibt.

b) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß der Anlagevermittler im Rahmen des zwischen ihm und dem Anlageinteressenten stillschweigend zustande gekommenen Vertrags auf Auskunftserteilung zu richtiger und vollständiger Information über alle tatsächlichen Umstände verpflichtet ist, die für den Anlageinteressenten von besonderer Bedeutung sind. Vertreibt er die Anlage anhand eines Prospekts, so muß er, um seiner Auskunftspflicht nachzukommen , im Rahmen der geschuldeten "Plausibilitätsprüfung" (Senatsurteil vom 13. Januar 2000 aaO) den Prospekt jedenfalls darauf überprüfen, ob er ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die
darin enthaltenen Informationen, soweit er das mit zumutbarem Aufwand zu überprüfen in der Lage ist, sachlich vollständig und richtig sind.

c) Soweit das Berufungsgericht meint, der Beklagten seien keine Verstöße gegen ihre (vor-)vertraglichen Aufklärungspflichten als Anlagevermittlerin vorzuwerfen, begegnet dies jedoch, wie die Revision mit Recht rügt, durchgreifenden rechtlichen Bedenken in bezug auf die von der Beklagten vereinnahmten Innenprovisionen, die in den Prospekten nicht hinreichend ausgewiesen waren.
aa) Es ist im Revisionsverfahren bezüglich der Innenprovisionen von folgendem Sachverhalt auszugehen:
(1) Nach dem Investitionsplan für W. 1 sollte der Gesamtaufwand für diese Anlage 62.845.301 DM betragen. Hiervon waren 27 Mio. DM zuzüglich 5 % Agio als zusätzliches Eigenkapital (Kommanditkapital) für die Objektgesellschaft von den Anlegern zu beschaffen.
Der Prospekt für W. 1 enthielt einen Hinweis darauf, daß die Objektgesellschaft ("Beteiligungsfirma") die D. P. -, E. - und M. AG, welche laut Prospekt als Generalübernehmer der Baumaßnahme fungierte, mit der Beschaffung des Eigenkapitals beauftragt hatte oder beauftragen werde. Ein Preis (Provisionshöhe) wurde hier nicht genannt. Das Berufungsgericht geht allerdings nach dem Zusammenhang seiner Ausführungen im Anschluß an den Vortrag der Beklagten von einer "im Prospekt genannten" Vergütung von 20 % aus, wobei es ersichtlich die prospektierten Angaben (im Investitionsplan, Anlage I zum Gesellschaftsvertrag) über Kosten der Eigen-
kapitalbeschaffung (4,032 Mio. DM = ca. 15 % von 27 Mio. DM) und Agio (1,344 Mio. DM = ca. 5 % von 27 Mio DM) in den Blick genommen hat. Die Revision des Klägers bringt hiergegen für sich keine Rügen an.
Die Beklagte hat nach eigenem Vortrag jedoch insgesamt 25 % erhalten, und zwar weitere 5 % (= 1,35 Mio. DM) aufgrund des von der D. P. -, E. - und M. AG an sie weitergegebenen Auftrags aus deren "Gewinn"; letzteres war nach dem Sinn und Zweck dieser Zahlungen ebenfalls eine (weitere) Innenprovision.
Diese weitere Innenprovision wurde im Prospekt nicht ausgewiesen.
(2) Bezüglich W. 2, bei dem der prospektierte Gesamtaufwand 37.920.000 DM betragen sollte, wovon 19.200.000 DM (ohne Agio) als zusätzliches Eigenkapital (Kommanditkapital) für die Objektgesellschaft von den Anlegern aufzubringen waren, enthält das Berufungsurteil keine Feststellungen über den Umfang der an die Beklagte als Vertriebsfirma insgesamt gezahlten (Innen-)Provisionen. Das waren zunächst einmal die im Prospekt als solche ausgewiesenen 11 % von 27 Mio. DM (5 % Agio und weitere 6 % des vermittelten Kommanditkapitals). Der Kläger hat im Berufungsverfahren weitere Zahlungen an die Beklagte, insbesondere seitens der Veräußerer der Galerie R. Straße (A. Immobilien- und Vermögensverwaltung AG) und der W. -Galerie 2 (D. P. -, E. - und M. AG), in Höhe von ca. 14 % behauptet; die Beklagte, die in den Tatsacheninstanzen diesem Vorbringen nicht entgegengetreten ist, legt in ihrer Revisionserwiderung denselben Betrag zugrunde. Revisionsrechtlich ist also davon auszugehen , daß die Beklagte weitere 14 %, insgesamt also 25 %, bezogen auf das
von ihr beschaffte Kommanditkapital von 19.200.000 DM, an Innenprovisionen erhalten hat.
Hiervon deckte der Prospekt über die bereits genannten 11 % hinaus nur auf, daß die Vermittlungsgesellschaft eine "weitere Vergütung (Werbungskostenzuschuß ) ... von den Verkäufern der Einkaufs- und Dienstleistungszentren ... erhält ...", ohne jedoch weitere Beträge zu nennen.
bb) Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Vergütungen, die der Veräußerer an eine von ihm beauftragte Vertriebsgesellschaft zahlt (sog. Innenprovision), in einem Prospekt ausgewiesen werden müssen, ist höchstrichterlich nicht geklärt und im Schrifttum sowie in der Rechtsprechung der Instanzgerichte umstritten (vgl. zum Meinungsstand die Hinweise in dem Urteil BGHZ 145, 121, 129; außerdem Gallandi WM 2000, 279; Kiethe NZG 2001, 107; Rohlfing MDR 2002, 738; Schirp/Mosgo BKR 2002, 354). In den Urteilen BGHZ 145, 121 und vom 13. November 2003 - VII ZR 26/03 - NJW 2004, 288), die Bauträgermodelle betreffen, hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs diese Frage ausdrücklich offengelassen, ebenso der V. Zivilsenat für den Fall des Verkaufs von Eigentumswohnungen (Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02 - NJW 2003, 1811, 1812).
Nach Auffassung des erkennenden Senats besteht eine Pflicht zur Ausweisung von Innenprovisionen bei dem Vertrieb von Anlagemodellen der Art, wie sie im Streitfall dem Publikum unter Verwendung von Prospekten angeboten wurden - also insbesondere auch von geschlossenen Immobilienfonds -, zwar nicht in jedem Fall, wohl aber ab einer gewissen Größenordnung derartiger Provisionen. Unabhängig von der Gesamthöhe der Innenprovisionen müs-
sen im Prospekt diesbezügliche Angaben zutreffend sein; eine Irreführungsgefahr darf nicht bestehen.
(1) Insbesondere bei einer aus Immobilien bestehenden Vermögensanlage können sich aus der Existenz und der Höhe solcher Innenprovisionen - die als solche nicht die Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellen - Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und Rentabilität der Anlage ergeben. Dies gilt für den Fall, daß, wie hier, Kapitalanleger sich an einer Immobiliengesellschaft beteiligen, nicht nur in bezug auf Provisionszahlungen der Objektgesellschaft an die Vertriebsfirma als Teil des "Gesamtaufwands" , sondern auch in bezug auf Provisionszahlungen eines in das Anlagemodell einbezogenen Unternehmens, das seinerseits das betreffende Objekt (Grundstück und Bauvorhaben) an die Objektgesellschaft veräußert hat, zumal bei diesem Veräußerungsvorgang eine eigentliche geldwerte "Vermittlung" überhaupt nicht stattfindet.
Wie der Bundesgerichtshof für den Fall des Verkaufs einer (dort "gebrauchten" ) Immobilie ausgesprochen hat, begründet allerdings der Umstand, daß bei dem Käufer eine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit des erworbenen Renditeobjekts entstehen kann, für sich selbst dann noch keine Offenbarungspflicht , wenn die Höhe der Provision(en) tatsächlich zu einem Kaufpreis führt, der den objektiven Wert der Immobilie - erheblich - übersteigt (BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02 - NJW 2003, 1811 f). Der Käufer hat nämlich grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Erwerb des Objekts zu dessen Verkehrswert. Bis zu den Grenzen der Sittenwidrigkeit und des Wuchers (zu diesem Fall vgl. BGHZ 146, 298, 301 ff) bleibt es vielmehr den Vertragsparteien überlassen, welchen Preis sie vereinbaren. Mithin besteht für den
Verkäufer grundsätzlich selbst dann keine Pflicht zur Offenlegung über den Wert des Kaufobjektes, wenn dieser erheblich unter dem geforderten Preis liegt. Im Regelfall muß der Verkäufer auch den Käufer nicht auf ein für diesen ungünstiges Geschäft hinweisen, sondern darf davon ausgehen, daß sich sein künftiger Vertragspartner selbst über Art und Umfang seiner Vertragspflichten im eigenen Interesse Klarheit verschafft (Urteil vom 14. März 2003 aaO m.w.N.; vgl. auch - für den Erwerb finanzierende Kreditinstitute - BGH, Urteil vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01 - NJW 2003, 424); unberührt bleiben Schadensersatzansprüche des Käufers für den Fall, daß der Verkäufer oder eine Person, deren er sich zur Erfüllung seiner vorvertraglichen Pflichten bedient, Angaben zur Rendite gemacht hat, die sich als unzutreffend erweisen, oder Schadensersatzansprüche aus einem besonderen Beratungsvertrag (Urteil vom 14. März 2003 aaO). Nichts anderes dürfte in der Regel in den Fällen gelten, in denen ein wesentlicher Teil des Anlageobjekts aus einem von dem Veräußerer (neu) zu errichtenden Bauwerk besteht. Es ist im Grundsatz Sache des Unternehmers, wie er den Preis für sein Werk kalkuliert, insbesondere auch, was er darin für den "Vertrieb" ansetzt. Umgekehrt muß auch der Erwerber einer noch zu bebauenden Immobilie immer damit rechnen, daß der ihm genannte Erwerbspreis einen gewissen Vertriebskostenanteil enthält.
(2) Der Aufklärungsbedarf für den Anlageinteressenten (Verbraucher) ist jedoch - jedenfalls zu diesem erörterten Punkt - typischerweise größer, wenn und soweit ihm das Anlage-"Modell" vom Anbieter oder vom Vertreiber mittels eines Prospekts vorgestellt wird.
Anlagemodelle wie etwa auch geschlossene Immobilienfonds sind dadurch gekennzeichnet, daß die Initiatoren, sogenannte Hintermänner und Pro-
spektherausgeber maßgeblichen Einfluß auf die Vorbereitung und Durchführung haben und mit den Prospektinformationen, für die sie verantwortlich sind, Vertrauen der Erwerber in Anspruch nehmen. Die zur Akquisition verwendeten Prospekte dienen dazu, dem Erwerber die für die Anlageentscheidung erforderlichen Informationen zu liefern, damit er die Anlage beurteilen und die Risiken einschätzen kann (vgl. BGHZ 77, 172, 176; 145, 121, 125). Solche Prospekte sind naturgemäß allgemein dahin ausgerichtet, die angebotenen Anlagen als (besonders) werthaltig und rentabel herauszustellen. Sie erwecken regelmäßig den Anschein, daß der Preis der Anlage - abgesehen von in den "Gesamtaufwand" mit hineingenommenen einzelnen Dienstleistungen, die häufig im wesentlichen auf Steuerersparnisse abzielen - jedenfalls in einem angemessenen Verhältnis zu den vom Veräußerer für sie erbrachten sachlichen Leistungen steht. Das schließt nach dem nächstliegenden Verständnis durchschnittlicher Verbraucher normalerweise zugleich die Vorstellung aus, in dem "Gesamtaufwand" (Preis) könnten so außergewöhnliche Gewinnspannen für den Veräußerer oder Vergütungen für den Vertreiber (letztere in Form von Innenprovisionen ) stecken, daß die Werthaltigkeit und Rentabilität der Anlage von vornherein in Frage gestellt sein könnte.
Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung des Umstandes, daß für den Anleger der Prospekt bei solchen Modellen oftmals die einzige oder jedenfalls die wichtigste Informationsquelle und damit die maßgebliche Grundlage für seine Anlageentscheidung ist (BGHZ 145, 121, 125) und daß dem Anleger eine nähere Prüfung der Werthaltigkeit bei derart komplexen Vorhaben kaum möglich ist, eine besondere Schutzwürdigkeit des Anlegers. Mit der Schutzwürdigkeit des Anlegers korrespondiert die Verpflichtung der Prospektverantwortlichen und derjenigen, die sich des Prospekts zum Vertrieb bedienen, im
Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten Auskunftserteilung sämtliche für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstände wahrheitsgemäß und vollständig darzustellen (vgl. BGHZ 123, 106, 109 f).
(3) Zu den für die Anlageentscheidung des Anlegers "bedeutsamen" Umständen gehört es aber - im Hinblick auf die erörterte Verknüpfung mit der Werthaltigkeit des Objekts - auch, wenn in dem Gesamtaufwand für eine Immobilienanlage , die im Prospekt als rentables Renditeobjekt dargestellt wird, erheblich überdurchschnittliche Innenprovisionen stecken. Dabei mag allerdings die übliche Provisionshöhe für normale Maklerleistungen (etwa 3 bzw. 6 %; vgl. BGHZ 125, 135, 129) nicht unbedingt den für eine Übertragung auf den geschäftsmäßigen Vertrieb solcher Anlagemodelle geeigneten Vergleichsmaßstab darstellen. Nach einzelnen Hinweisen im Schrifttum sollen in diesem Bereich Innenprovisionen um 15 % als üblich gelten (Kiethe aaO S. 110; vgl. auch Schirp/Mosgo aaO S. 359). Selbst wenn dies zutreffen sollte, braucht jedoch der Verbraucher nicht ohne weiteres mit (internen) Vertriebskosten , die der Kapitalanlage nicht zugute kommen, in dieser Größenordnung zu rechnen.
cc) Der Senat ist der Auffassung, daß der Anleger über einen "Abfluß" dieser Art, jedenfalls dann, wenn er 15 % überschreitet, generell unterrichtet werden muß.
Eine nähere Festlegung erübrigt sich im Streitfall. Denn hier liegt eine objektive Pflichtverletzung schon darin, daß die in den Prospekten gemachten Angaben, was die Innenprovisionen angeht, unvollständig (unrichtig) und irreführend waren.

Im Prospekt für W. 1 gab es, wie oben ausgeführt, Hinweise auf Innenprovisionen in einer Größenordnung von 20 % ("Kosten der Eigenkapitalbeschaffung" ; "Agio"). Mit weiteren Innenprovisionszahlungen (5 %) brauchte der Anlageinteressent nicht zu rechnen.
Im Prospekt für W. 2 verschleierte der bloße Hinweis, daß von seiten der Verkäufer der Einkaufs- und Dienstleistungszentren noch eine "weitere Vergütung (Werbungskostenzuschuß)" gezahlt werde, den Umstand, daß diese Zahlungen (weitere 14 %) betragsmäßig noch über die - ohnehin nicht unbeträchtlichen - Provisionszahlungen (insgesamt 11 %) hinausgingen, die die Beteiligungsgesellschaft selbst zu erbringen hatte.
Die insoweit unvollständigen Prospektangaben waren geeignet, beim Kläger (Anlageinteressent) Fehlvorstellungen über die geflossenen Innenprovisionen und damit über die Werthaltigkeit der Anlagen hervorzurufen.

III.


Die Beurteilung des Berufungsgerichts läßt sich danach, soweit das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung der Beklagten als Vermittlerin der vorliegenden Anlagen verneint hat, nicht aufrechterhalten.
Da Entscheidungsreife im Revisionsrechtszug nicht gegeben ist (vgl. § 563 Abs. 3 ZPO), muß die Sache zur tatrichterlichen Prüfung der weiteren Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs des Klägers gegen die Beklagte an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Schlick Streck Dörr Galke Herrmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 413/04
Verkündet am:
12. Mai 2005
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Für das Zustandekommen eines Auskunftsvertrages kann es genügen,
wenn der Anleger den Anlagevermittler um einen Beratungstermin bittet
und der Anlagevermittler dann Angaben zu der fraglichen Anlage macht.
BGH, Urteil vom 12. Mai 2005 - III ZR 413/04 - OLG Hamm
LG Detmold
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. September 2004 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Nach Gesprächen mit dem Beklagten beteiligte sich die Kl ägerin unter anderem mit Anträgen vom 27. April 1992, 3. September 1993 und 8. April 1994 an BGB-Gesellschaften, die von der P. C. GmbH als alleiniger Geschäftsführerin und Vertreterin geführt wurden. Hierauf zahlte sie an den Treuhänder der BGB-Gesellschaften "P. C. GbR …" - einschließlich einer 10 %igen Abschlußgebühr, die der P. C. GmbH zufließen sollte - insgesamt 57.900 DM (= 29.603,80 €).
Der Beklagte hatte der Klägerin erklärt, 91 % ihrer Anlage beiP. C. seien abgesichert und es seien Renditen zwischen 0,4 % und 2 % p.m. zu erwarten. Nach dem prospektierten Anlagekonzept waren Arbitrage-Geschäfte mit Triple A-Staatsanleihen geplant.
DieP. C. GmbH geriet 1995 in Vermöge nsverfall; über ihr Vermögen wurde das Konkursverfahren eröffnet. Es stellte sich heraus, daß sie nach dem Schneeballsystem gearbeitet hatte.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch, weil er Auskunftspflichten, die ihm als Anlagevermittler obgelegen hätten, schlecht erfüllt habe. Der Beklagte schulde ihr daher Erstattung der Aufwendungen, die ihr durch die Beteiligung an dem Anlagemodell der P. C. GmbH entstanden seien. Ihre Anspruchsberechtigung werde nicht dadurch infrage gestellt , daß sie später ihre Ansprüche gegen die P. C. GmbH und deren Geschäftsführer G. , gegen den Notar W. , die FT C. GmbH, den Kaufmann K. , den Kaufmann M. -B. "sowie weitere(r) in Betracht kommende(r) Firmen und Personen" an den Beklagten als Vorsitzenden des Vereins der P. C. Geschädigten e.V. abgetreten habe.
Das Landgericht hat der Klägerin - unter Berücksichtigun g, daß sie von P. C. angebliche Renditezahlungen erhielt - 17.920,60 € nebst Zinsen zugesprochen und die weitergehende Klage abgewiesen. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren, die Klage vollständig abzuweisen, weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin sei aktivlegitimiert, weil die mit dem V erein derP. C. Geschädigten e.V. getroffene Abtretungsvereinbarung gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG, § 134 BGB unwirksam sei.
Der Beklagte und nicht eine durch diesen vertretene C. GmbH habe der Klägerin die Anlage bei P. C. vermittelt. Im Zuge der Anlagevermittlung sei zwischen den Parteien ein Auskunftsvertrag zustande gekommen. Seiner Auskunftspflicht habe der Beklagte indes nicht genügt. Das Anlagekonzept von P. C. sei fragwürdig gewesen. Nach dem Prospekt habe eine konservative Anlagestrategie, nämlich Arbitrage-Geschäfte mit Triple A-Staatsanleihen , verfolgt werden sollen. Der Beklagte habe sich bei der gebotenen Plausibilitätsprüfung fragen und diese Zweifel der Klägerin offenbaren müssen, wie mit solchen weitgehend risikolosen Geschäften dauerhaft Renditen zwischen 4,8 % und 24 % p.a. erzielt werden könnten. Denn andere - spekulativ einsetzbare - Anlagegelder als diejenigen, mit denen der Erwerb der amerikanischen Staatsanleihen hätte finanziert werden sollen, hätten nicht zur Verfügung gestanden.

II.


Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Schadensersa tzanspruch in Höhe des zuerkannten Betrages zu.
1. Die Klägerin ist anspruchsberechtigt. Wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht, umfaßt die vorgerichtliche Abtretung die Schadensersatzforderung der Klägerin gegen den Beklagten nicht. Die von der Klägerin und dem Beklagten als Vorstand des Vereins derP. C. Geschädigten e.V. getroffene "Abtretungsvereinbarung" - die der Senat selbst auslegen kann, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind - nennt als Anspruchsgegner namentlich die P. C. GmbH und deren Geschäftsführer, eine FT C. GmbH, den an dem Anlagemodell beteiligten Notar und zwei Kaufleute , nicht jedoch den Beklagten. Es ist auch auszuschließen, daß die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten unter der Sammelbezeichnung "Ansprüche gegen … weitere(r) in Betracht kommende(r) Firmen und Personen" hat abtreten wollen. Denn ihre Abtretungserklärung richtete sich gerade an den Beklagten als "(Zessionar) Vereinsvorsitzender Verein P. C. Geschädigter e.V.".
2. Die Klägerin kann von dem Beklagten Schadensersatz beanspruchen, weil er einen mit ihr geschlossenen Auskunftsvertrag schuldhaft verletzt hat.

a) Im Rahmen der Anlagevermittlung kommt zwischen dem A nlageinteressenten und dem Anlagevermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent deutlich macht, daß
er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt. Ein solcher Vertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluß des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (Senatsurteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 - NJW-RR 1993, 1114, vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - ZIP 2000, 355, 356 und vom 11. September 2003 - III ZR 381/02 - NJW-RR 2003, 1690).

b) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenomme n, zwischen den Parteien sei ein Auskunftsvertrag im vorbeschriebenen Sinn zustande gekommen. Das wird von den im Berufungsurteil in Bezug genommenen und insoweit unstreitigen Feststellungen des Landgerichts getragen. Danach erfuhr die Klägerin von P. C. , als der Beklagte ihrem Sohn dieses Anlagemodell in dessen Wohnung vorstellte. Sie vereinbarte damals einen Beratungstermin mit dem Beklagten, bei dem dieser das Beteiligungskonzept erörterte und die hohe Rendite aufzeigte.
aa) Die Revision wendet gegen die Annahme einer vertr aglichen Auskunftspflicht ein, nach dem Vorbringen des Beklagten sei die Klägerin schon vor ihrer ersten Zeichnung fest entschlossen gewesen, sich bei P. C. zu beteiligen. Sie habe es nämlich abgelehnt, eine detaillierte Vermögensberatung entgegenzunehmen, und immer nur die Kapitalanlage P. C. gewünscht. Von anderen, ihr vom Beklagten angebotenen Kapitalanlagen habe sie nichts wissen wollen. Diese Umstände stellen die Würdigung des Berufungsgerichts indes nicht durchgreifend in Frage (§ 286 ZPO).
Die Klägerin mag das Anlagemodell P. C. als für sie attraktiv angesehen haben, nachdem sie es bei Gelegenheit eines Werbegesprächs des Beklagten mit ihrem Sohn kennengelernt hatte. Sie wünschte aber dennoch einen eigenen Beratungstermin. Das durfte das Berufungsgericht dahin verstehen, daß die Klägerin von dem als sachkundig eingeschätzten Beklagten dann eine verbindliche Auskunft zur Anlage beiP. C. erwartete. Ließ sich der Beklagte - wie geschehen - auf ein solches Ersuchen ein, ist der Auskunftsvertrag zustande gekommen.
bb) Ohne Erfolg greift die Revision die Feststellung d es Berufungsgerichts an, der durch die Anlagevermittlung begründete Auskunftsvertrag sei mit dem Beklagten und nicht mit der C. GmbH zustande gekommen. Die - bestrittene - Behauptung des Beklagten, er habe sich der Klägerin ausdrücklich als Vertreter der C. GmbH vorgestellt, blieb beweislos. Die vom Beklagten verwandten formularmäßigen Beteiligungsanträge enthielten teilweise den Stempel derA. GmbH - die hier nicht im Spiel ist -, aber keinen Hinweis auf die C. GmbH. Daß der Beklagte für die C. GmbH auftreten wollte, konnte sich deshalb nicht schon daraus ergeben, daß er in dem Antragsformular seinen Namen in die Spalte "Der Antrag wird eingereicht von Mitarbeiter Nr. 771 Namen des Mitarbeiters: …" eintrug. Zwar hatte die Klägerin jedenfalls nach dem Vorbringen des Beklagten noch ihre persönlichen Daten in dem ihr von dem Beklagten vorgelegten "Leitfaden" der C. GmbH, in dem es eingangs unter anderem hieß "Gehen Sie ihn gemeinsam mit Ihrem C. FINANZBERATER", vermerkt. Dem durfte das Berufungsgericht aber, weil sich die C. -Vermögensanalyse nicht konkret auf die hier maßgeblichen Anlagegeschäfte bezog, geringeres Gewicht beimessen (§ 286 ZPO) als den Beteiligungsanträgen. Letztere nannten, wie schon erwähnt, die C. GmbH nicht; sie
boten damit aus Sicht der Klägerin keinen Anhalt dafür, daß die Anlagevermittlung nicht durch den tatsächlich tätigen Beklagten, sondern durch eine C. GmbH erfolgt sein könnte.
Ob die Klägerin jedenfalls bei Zeichnung des letzten B eteiligungsantrags vom Dezember 1994 oder Januar 1995 wußte, daß der Beklagte als "Mitarbeiter" der C. GmbH handelte, ist unerheblich. Denn die Vorinstanzen haben dem Beklagten ohnehin die Vermittlung dieses Beteiligungsvertrages nicht zugerechnet.

c) Frei von Rechtsfehlern ist weiter die Würdigung des B erufungsgerichts , der Beklagte habe den mit der Klägerin geschlossenen Auskunftsvertrag schuldhaft verletzt.
aa) Kapitalanlagevermittler sind unabhängig davon, ob sie besonderes Vertrauen genießen, verpflichtet, das Anlagekonzept, bezüglich dessen sie Auskunft erteilen sollen, (wenigstens) auf Plausibilität, insbesondere auf wirtschaftliche Tragfähigkeit hin, zu prüfen. Sonst können sie keine sachgerechten Auskünfte erteilen. Fehlende Sachkunde muß der Anlagevermittler dem Vertragspartner offenlegen (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2000 aaO S. 356).
bb) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgeg angen. Es hat den Beklagten auch zu Recht nicht deshalb der Plausibilitätsprüfung als enthoben angesehen, weil sich aus Prüfvermerken von Wirtschaftsprüfern ergab , daß der Geschäftsablauf, insbesondere der Mittelzufluß und die Mittelverwendung , nach den vertraglichen Vereinbarungen erfolgt sei; den Beklagten entlastete ferner nicht der Informationsbrief von "kapital-markt intern" vom
22. Mai 1992, wonach P. C. als "seriöser als zahlreiche Vergleichsofferten" angesehen wurde. Diese Unterlagen besagten erkennbar nichts darüber , ob das Anlagekonzept von P. C. tragfähig und die von dem Beklagten in Aussicht gestellte Rendite von 4,8 % bis 24 % p.a. realistisch war (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2000 aaO).
cc) Bei mithin gebotener Plausibilitätsprüfung hätte d em Beklagten die Fragwürdigkeit des Anlagekonzepts von P. C. auffallen müssen. Die von dem Beklagten erwartete Rendite von bis zu 24 % p.a. konnte mit der von P. C. prospektierten Anlagestrategie schwerlich erzielt werden.
Dem Berufungsurteil ist zu entnehmen, daß im Prospekt n icht spekulative , sondern weitgehend risikolose Geschäfte konservativen Charakters angekündigt wurden. Gegen diese Feststellung wendet sich die Revision vergeblich. Sie macht geltend, das Berufungsgericht habe Vortrag des Beklagten übergangen (§ 286 ZPO), demzufolge das Anlagekapital zu 100 % habe spekulativ arbeiten sollen; es hätten TED-Spread- und NOB-Spread-Tradings geschlossen werden sollen, bei denen sehr hohe Renditen gewunken hätten.
Die Rüge ist unbegründet. Nach dem - von dem Beklagten beispielhaft vorgelegten - Prospekt waren TED-Spread- und NOB-Spread-Geschäfte, die nach der Behauptung des Beklagten Spekulation waren, zugleich aber außerordentliche Gewinnchancen boten, gerade nicht geplant; sie wurden "zur Zeit nicht angeboten" (S. 10 des Prospekts). Vielmehr sollte laut Prospekt Staatsanleihen -Arbitrage-Handel mit Triple A-Staatsanleihen, also mit Wertpapieren höchster Bonität, betrieben werden. Die Arbitrage war laut Prospekt von Spekulationsgeschäften zu unterscheiden. Es handele sich um ein Geschäft, das
Preisunterschiede für dasselbe Objekt an verschiedenen Märkten - vor allem Börsen - zur Gewinnerzielung ausnutze. Voraussetzung sei eine schnelle Nachrichtenübermittlung sowie eine Kursdifferenz, die höher sei als die anfallenden Kosten. Da per Arbitrage nur örtliche Kursdifferenzen ausgenutzt würden , sei sie theoretisch risikolos. Die Triple A-Staatsanleihen würden ausschließlich von der "Summe der einzelnen monatlichen Beträge der GbR" von der Broker-Gesellschaft geordert und dem Gesamtpool zugeführt (S. 10 des Prospekts). Diesen Prospektangaben durfte das Berufungsgericht durchaus entnehmen, P. C. habe - zumindest für einen wesentlichen Teil der Anlagegelder - eine konservative, "theoretisch risikolose" Anlagestrategie angekündigt. Damit war aber, wie auf der Hand liegt und die Revision nicht bezweifelt , eine Rendite zwischen 4,8 % und 24 % p.a. nicht zu erzielen. Auf die Frage, wie die weiter prospektierte "91 %ige Kapitalsicherheit" (vgl. S. 5, 6, 7, 11, 13, 18 des Prospekts) gewährleistet war, kam es nicht mehr an.
dd) Nach der nicht angegriffenen Feststellung des Beruf ungsgerichts hat der Beklagte die vorbeschriebenen, im Zuge der Plausibilitätsprüfung gebotenen Überlegungen nicht angestellt. Hatte der Beklagte aber die Schlüssigkeit des prospektierten Anlagekonzepts nicht geprüft, dann hätte er auf die Erklärung , es seien Renditen in einer Größenordnung zwischen 4,8 % und 24 % jährlich zu erwarten, verzichten oder zumindest offenbaren müssen, daß es sich um eine rein subjektive Einschätzung handelte, die er ohne Prüfung des Anlagekonzepts abgebe (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2000 aaO S. 357). Wenn der Beklagte Kraftfahrer war, keine gesonderte Ausbildung im Finanzdienstleistungssektor hatte und deshalb das Anlagekonzept nicht durchschauen konnte, hätte er dies gegenüber der Klägerin aufdecken oder von der Anlagevermittlung überhaupt Abstand nehmen müssen.

d) Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die Kausalität der Vertragsverletzung für den der Klägerin entstandenen Schaden bejaht und ein Mitverschulden der Klägerin verneint hat, lassen Rechtsfehler nicht erkennen.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke
10
2. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere des jetzt zuständigen erkennenden Senats, ist anerkannt, dass im Rahmen der hier interessierenden Anlagevermittlung zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend zustande kommt, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt (BGHZ 100, 117, 118 f.; Senatsurteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 - NJW-RR 1993, 1114; vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - NJW-RR 2000, 998; vom 13. Juni 2002 - III ZR 166/01 - NJW 2002, 2641, 2642; vom 11. September 2003 - III ZR 381/02 - NJW-RR 2003, 1690 und vom 12. Mai 2005 - III ZR 413/04 - NJW 2005, 1120, 1121; zuletzt Urteil vom 19. Oktober 2006 - III ZR 122/05 - ZIP 2006, 2221 Rn. 9). Der Feststellung weiterer besonderer Merkmale unter den Gesamtumständen des Falles, wie sie das Berufungsgericht unter Hinweis auf das einen anderen Sachverhalt betreffende Senatsurteil vom 16. Juni 1988 - III ZR 182/87 (BGHR BGB § 676 Auskunftsvertrag
1) verlangt, etwa eines eigenen wirtschaftlichen Interesses des Vermittlers an dem Geschäftsabschluss, bedarf es in dieser Fallgestaltung nicht. Ebenso wenig ist von entscheidender Bedeutung, ob der Vermittler den Kapitalsuchenden innerhalb seiner Rechtsbeziehungen mit dem Kapitalanleger vertritt und inwieweit jener seinerseits unter dem Gesichtspunkt des § 278 BGB für Fehler des Vermittlers einzustehen hat. Die dargestellte Senatsrechtsprechung trägt zum Schutz des Anlegers bereits typisierend der Interessenlage und den Besonderheiten bei der Vermittlung von Kapitalanlagen Rechnung. Diese werden geprägt durch die regelmäßig erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für den Kapitalanleger und einen zugleich auf seiner Seite ebenso regelmäßig bestehenden Aufklärungsbedarf, der in der großen Mehrzahl der Fälle hinreichend nur durch den Vermittler befriedigt werden kann, und zudem umgekehrt durch die von dem Vermittler im Allgemeinen zu erwartende und auch nach eigenem Verständnis bestehende Sachkunde (in diesem Sinne schon BGHZ 74, 103, 106 f.).
7
b) Auf der Grundlage dieses Vortrags können Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagte, die sich beim Vertrieb der Kapitalanlage ihres Handelsvertreters als Erfüllungsgehilfen bedient hat, nicht ausgeschlossen werden. Vielmehr ist, wie auch das Berufungsgericht erwägt, eine Haftung der Beklagten aus einem zwischen ihr und den Anlageinteressenten geschlossenen Auskunftsvertrag in Betracht zu ziehen. Ein solcher Vertrag mit Haftungsfolgen kommt im Rahmen der Anlagevermittlung zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt. Ein solcher Vertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (vgl.
11
a) Eine solche Plausibilitätsprüfung kann allenfalls im Rahmen eines reinen Auskunftsvertrages ausreichend sein. Ein solcher kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stillschweigend zustande , wenn ein reiner Anlagevermittler (zur Unterscheidung zwischen Anlagevermittler und Anlageberater vgl. BGH, Urteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92, WM 1993, 1238, 1239 und vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, WM 2004, 631, 633, insofern in BGHZ 158, 110 nicht abgedruckt ) ohne Beratung ein Anlageprodukt vertreibt und der Anlageinteressent erkennbar die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse des Vermittlers in Anspruch nehmen will und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt (BGHZ 158, 110, 116; BGH, Urteile vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99, WM 2000, 426, 427, vom 12. Mai 2005 - III ZR 413/04, WM 2005, 1219, 1220, vom 11. Januar 2007 - III ZR 193/05, WM 2007, 585, 586 Tz. 10 und vom 25. Oktober 2007 - III ZR 100/06, WM 2007, 2228, 2229 Tz. 7 m.w. Nachw.).

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Das Prozessgericht kann nach seinem Ermessen die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anordnen.

(2) Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter bei der Vernehmung die Stellung der von einer Partei angeregten Frage verweigert, so kann das Prozessgericht die nachträgliche Vernehmung des Zeugen über diese Frage anordnen.

(3) Bei der wiederholten oder der nachträglichen Vernehmung kann der Richter statt der nochmaligen Beeidigung den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den früher geleisteten Eid versichern lassen.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

5
Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist eine erneute Beweisaufnahme zwingend geboten. Insbesondere muss das Berufungsgericht die bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals gemäß § 398 Abs. 1 ZPO vernehmen, wenn es deren Aussagen anders würdigen will als die Vorinstanz (BGH, Urteil vom 28. November 1995 - XI ZR 37/97, NJW 1996, 663, unter III 3; Senatsurteil vom 8. Dezember 1999 - VIII ZR 340/98, NJW 2000, 1199, unter II 2 a, st. Rspr.). Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (Senatsurteil vom 19. Juni 1991 - VIII ZR 116/90, NJW 1991, 3285, unter II 2 b aa; BGH, Urteil vom 10. März 1998 - VI ZR 30/97, NJW 1998, 2222, unter II 1 b). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung nicht vor.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 140/09
vom
9. Februar 2010
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Grüneberg und Maihold
am 9. Februar 2010

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 23. März 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 60.151,77 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten zu 2), einer Bank (im Folgenden: Beklagte), Schadensersatz im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage bei der V. KG, (im Folgenden: Filmfonds).
2
Der Kläger ist langjähriger Kunde der Beklagten. Mit Zeichnungsschein vom 28. November 2000 beteiligte er sich mit einer Kommanditeinlage über 100.000 DM zuzüglich 5.000 DM Agio an dem Filmfonds. Auf diese Kapitalanlage war der Kläger von der Zeugin S. , einer Mitarbeiterin der Beklagten, aufmerksam gemacht worden. Bei dem Gespräch war dem Kläger auch der Verkaufsprospekt des Filmfonds ausgehändigt worden. In der Folgezeit erhielt der Kläger Ausschüttungen des Fonds in Höhe von 1.533,88 €. Im Jahr 2002 geriet der Filmfonds in eine wirtschaftliche Schieflage.
3
Der Kläger hält den Verkaufsprospekt hinsichtlich der Belehrung über die Risiken der Anlage, insbesondere das Risiko eines Totalverlustes, für fehlerhaft. Die Zeugin S. habe diesen Fehler nicht richtig gestellt. Vielmehr habe sie erläutert, der Fonds sei besonders gesichert und eine - unstreitig nicht abgeschlossene - Erlösausfallversicherung werde eintreten, falls ein Film nicht erfolgreich sein werde. Die Beklagte behauptet, den Kläger auf das Totalausfallrisiko hingewiesen zu haben.
4
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten - unter Abzug der Ausschüttungen - die Rückzahlung der Beteiligungssumme von 52.151,77 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus seiner Beteiligung an dem Filmfonds und die Feststellung, dass die Beklagte den Kläger von etwaigen Nachteilen freizustellen hat, die dieser dadurch erleidet, dass er die Schadensersatzleistung im Jahre des Zuflusses zu einem höheren Steuersatz als im Jahr 2000 zu versteuern hat.
5
Das Landgericht hat der Klage gegen die Beklagte bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben, weil es aufgrund der Anhörung des Klägers und der Aussage der Zeugin S. ein Aufklärungsdefizit über das im Prospekt zu positiv gezeichnete Bild von der Sicherheit der Anlage angenommen hat. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Dies hat es im Wesentlichen wie folgt be- gründet: Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung des zwischen den Parteien im November 2000 zustande gekommenen Anlagevermittlungsvertrages. Zwar sei der Fondsprospekt im Hinblick auf die Risikodarstellung fehlerhaft, weil dieser das Gesamtbild eines nur begrenzten wirtschaftlichen Risikos vermittle, obwohl ein Totalverlustrisiko bestehe. Nach dem Ergebnis der vor dem Landgericht erfolgten Beweisaufnahme sei aber erwiesen, dass die Zeugin S. den Kläger bei dem Vermittlungsgespräch auf das Risiko eines Totalverlustes hingewiesen habe. Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

6
Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, weil das angegriffene Urteil den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. Senatsbeschlüsse, BGHZ 159, 135, 139 f. und vom 18. Januar 2005 - XI ZR 340/03, BGH-Report 2005, 939 f.). Aus demselben Grunde ist das angefochtene Urteil gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
7
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Fondsprospekt fehlerhaft ist, weil der Prospekt bei einer Gesamtschau hinsichtlich des Risikos eines Totalverlusts einen unrichtigen Eindruck vermittelt (vgl. BGH, Urteile vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06, WM 2007, 1503, Tz. 15 und vom 6. März 2008 - III ZR 298/05, WM 2008, 725, Tz. 22). Damit steht die Pflichtverletzung des Anlageberaters aufgrund der Übergabe des falschen Prospektes fest (Senatsbeschluss vom 17. September 2009 - XI ZR 264/08, BKR 2009, 471, Tz. 5). Sie entfällt nur dann, wenn er diesen Fehler berichtigt hat. Dafür, dass er dies getan hat, ist der Anlageberater und nicht etwa der Anleger beweispflichtig (Senatsbeschluss aaO). Soweit das Berufungsgericht nicht geprüft hat, ob nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (Senat BGHZ 123, 126, 128) von dem Zustandekommen eines Anlageberatungsvertrages statt des von ihm angenommenen Anlagevermittlungsvertrages auszugehen ist, hat sich dies nicht entscheidungserheblich ausgewirkt.
8
2. Das Berufungsgericht hat indes den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil es zur Beantwortung der Frage, ob die Beklagte den Prospektfehler in dem Beratungsgespräch mit dem Kläger richtig gestellt hat, die erstinstanzlich vernommene Zeugin entgegen § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO nicht erneut vernommen hat, obwohl es deren Aussage anders gewürdigt hat als das Landgericht.
9
a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist eine erneute Beweisaufnahme zwingend geboten (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1487; BGH, Beschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291, Tz. 5). Insbesondere muss das Berufungsgericht die bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals gemäß § 398 Abs. 1 ZPO vernehmen , wenn es deren Aussagen anders würdigen will als die Vorinstanz (BGH, Urteile vom 28. November 1995 - XI ZR 37/95, WM 1996, 196, 198 und vom 8. Dezember 1999 - VIII ZR 340/98, NJW 2000, 1199, 1200). Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (BGH, Urteile vom 19. Juni 1991 - VIII ZR 116/90, NJW 1991, 3285, 3286 und vom 10. März 1998 - VI ZR 30/97, NJW 1998, 2222, 2223). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung nicht vor. Insoweit ist auch unschädlich, dass die Beschwerde nicht ausdrücklich die Verletzung der § 398 Abs. 1, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gerügt hat; es genügt, dass sie die abweichende Beweiswürdigung des Berufungsgerichts beanstandet und hierin eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG sieht.
10
b) Nach diesen Maßgaben ist Art. 103 Abs. 1 GG hier verletzt. Das Landgericht hat den von der Beklagten zu erbringenden Beweis über die Berichtigung des Prospektfehlers als nicht geführt angesehen. Es hat die Aussage der von ihm vernommenen Zeugin S. dahin gewürdigt, dass sie den Kläger anhand des Prospekts beraten und sie damit dem in dem Prospekt zu positiv gezeichneten Bild von der Sicherheit der Anlage nicht entgegengewirkt habe. Aufgrund dessen hat das Landgericht ausdrücklich ein Aufklärungsdefizit festgestellt. Das Berufungsgericht hat demgegenüber gemeint, dass sich der Aussage der Zeugin eine ausreichende Aufklärung über das Totalausfallrisiko entnehmen lasse. Somit hat das Berufungsgericht die Zeugenaussage ebenfalls für ergiebig erachtet, aber abweichend gewürdigt, ohne sich durch erneute Vernehmung der Zeugin einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Zudem hätte es in diesem Fall auch den Kläger, der eine solche Aufklärung bei seiner Anhörung vor dem Landgericht verneint hat, aus Gründen der prozessualen Waffengleichheit nochmals anhören müssen (vgl. BVerfG, NJW 2001, 2531; 2008, 2170, 2171).
11
c) Das angefochtene Urteil beruht auf dieser Verletzung des rechtlichen Gehörs. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einer abweichenden Entscheidung gelangt wäre, wenn es die Zeugin erneut vernom- men und auch den Kläger nochmals angehört hätte. Sollte danach von einem Beratungsfehler der Beklagten auszugehen sein, könnte sich der Kläger in Bezug auf die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen. Es obliegt dann dem Aufklärungspflichtigen, hier also der Beklagten, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGHZ 61, 118, 122; 124, 151, 159 f.; Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274, Tz. 22). Das Verschulden der Beklagten ist gemäß § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) zu vermuten, so dass sich die Beklagte insoweit entlasten muss (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 17. September 2009 - XI ZR 264/08, BKR 2009, 471, Tz. 6 ff.). Die übrigen Anspruchsvoraussetzungen hat der Kläger ebenfalls schlüssig dargelegt.
Wiechers Joeres Mayen Grüneberg Maihold Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 22.07.2008 - 28 O 19706/07 -
OLG München, Entscheidung vom 23.03.2009 - 17 U 4337/08 -
6
a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist eine erneute Beweisaufnahme zwingend geboten. Das gilt insbesondere für die erneute Vernehmung von Zeugen, die grundsätzlich gemäß § 398 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Berufungsgerichts steht. Das Berufungsgericht ist deshalb verpflichtet, einen in erster Instanz vernommenen Zeugen erneut zu vernehmen, wenn es die protokollierte Aussage anders als die Vorinstanz verstehen oder würdigen will (BGH Beschlüsse vom 21. Juni 2011 - II ZR 103/10 - MDR 2011, 1133 Rn. 7; vom 10. November 2010 - IV ZR 122/09 - NJW 2011, 1364 Rn. 5 f.; vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09 - NJW-RR 2009, 1291 Rn. 5 f.; BGH Urteil vom 22. Mai 2002 - VIII ZR 337/00 - NJW-RR 2002, 1500). Unterlässt es dies, so verletzt es das rechtliche Gehör der benachteiligten Partei.

(1) Das Prozessgericht kann nach seinem Ermessen die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anordnen.

(2) Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter bei der Vernehmung die Stellung der von einer Partei angeregten Frage verweigert, so kann das Prozessgericht die nachträgliche Vernehmung des Zeugen über diese Frage anordnen.

(3) Bei der wiederholten oder der nachträglichen Vernehmung kann der Richter statt der nochmaligen Beeidigung den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den früher geleisteten Eid versichern lassen.

7
Grundsätzlich steht es allerdings im Ermessen des Berufungsgerichts, ob es Zeugen, die in der Vorinstanz bereits vernommen worden sind, nach § 398 Abs. 1 ZPO erneut vernimmt. Das Berufungsgericht ist zur nochmaligen Vernehmung jedoch verpflichtet, wenn es die protokollierten Zeugenaussagen anders verstehen oder würdigen will als die Vorinstanz. Eine erneute Vernehmung kann in diesem Fall allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Berufungsgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (st. Rspr., siehe etwa BGH, Beschluss vom 24. März 2010 - VIII ZR 270/09, BauR 2010, 1095 Rn. 7). Insbesondere wenn das erstinstanzliche Gericht über streitige Äußerungen und die Umstände, unter denen sie gemacht worden sind, Zeugen vernommen hat und es auf Grund einer Würdigung der Aussagen zu einem bestimmten Ergebnis gekommen ist, kann das Berufungsgericht diese Auslegung nicht verwerfen und zum gegenteiligen Ergebnis kommen, ohne zuvor die Zeugen erneut vernom- men zu haben (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2006 - IV ZR 130/05, NJW 2007, 372 Rn. 23). So hat der Bundesgerichtshof etwa eine Pflicht zur nochmaligen Vernehmung eines Zeugen angenommen, wenn das erstinstanzliche Gericht die Worte "es war besprochen worden" dahin verstanden hat, der Zeuge habe damit ausdrücken wollen, die Parteien seien sich im Gespräch über den besprochenen Punkt einig geworden, während das Berufungsgericht diese Äußerung lediglich im Sinne einer ergebnislosen Erörterung werten will (BGH, Urteil vom 22. Mai 2002 - VIII ZR 337/00, NJW-RR 2002, 1500 f.; ebenso BGH, Beschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 5 f.).
5
Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist eine erneute Beweisaufnahme zwingend geboten. Insbesondere muss das Berufungsgericht die bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals gemäß § 398 Abs. 1 ZPO vernehmen, wenn es deren Aussagen anders würdigen will als die Vorinstanz (BGH, Urteil vom 28. November 1995 - XI ZR 37/97, NJW 1996, 663, unter III 3; Senatsurteil vom 8. Dezember 1999 - VIII ZR 340/98, NJW 2000, 1199, unter II 2 a, st. Rspr.). Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (Senatsurteil vom 19. Juni 1991 - VIII ZR 116/90, NJW 1991, 3285, unter II 2 b aa; BGH, Urteil vom 10. März 1998 - VI ZR 30/97, NJW 1998, 2222, unter II 1 b). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung nicht vor.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

1
Der Beklagte rügt zu Recht eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG durch rechtsfehlerhafte Anwendung der prozessualen Vorschrift des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Auf dieser Verletzung beruht das angefochtene Urteil.
5
Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist eine erneute Beweisaufnahme zwingend geboten. Insbesondere muss das Berufungsgericht die bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals gemäß § 398 Abs. 1 ZPO vernehmen, wenn es deren Aussagen anders würdigen will als die Vorinstanz (BGH, Urteil vom 28. November 1995 - XI ZR 37/97, NJW 1996, 663, unter III 3; Senatsurteil vom 8. Dezember 1999 - VIII ZR 340/98, NJW 2000, 1199, unter II 2 a, st. Rspr.). Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (Senatsurteil vom 19. Juni 1991 - VIII ZR 116/90, NJW 1991, 3285, unter II 2 b aa; BGH, Urteil vom 10. März 1998 - VI ZR 30/97, NJW 1998, 2222, unter II 1 b). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung nicht vor.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 140/09
vom
9. Februar 2010
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Grüneberg und Maihold
am 9. Februar 2010

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 23. März 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 60.151,77 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten zu 2), einer Bank (im Folgenden: Beklagte), Schadensersatz im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage bei der V. KG, (im Folgenden: Filmfonds).
2
Der Kläger ist langjähriger Kunde der Beklagten. Mit Zeichnungsschein vom 28. November 2000 beteiligte er sich mit einer Kommanditeinlage über 100.000 DM zuzüglich 5.000 DM Agio an dem Filmfonds. Auf diese Kapitalanlage war der Kläger von der Zeugin S. , einer Mitarbeiterin der Beklagten, aufmerksam gemacht worden. Bei dem Gespräch war dem Kläger auch der Verkaufsprospekt des Filmfonds ausgehändigt worden. In der Folgezeit erhielt der Kläger Ausschüttungen des Fonds in Höhe von 1.533,88 €. Im Jahr 2002 geriet der Filmfonds in eine wirtschaftliche Schieflage.
3
Der Kläger hält den Verkaufsprospekt hinsichtlich der Belehrung über die Risiken der Anlage, insbesondere das Risiko eines Totalverlustes, für fehlerhaft. Die Zeugin S. habe diesen Fehler nicht richtig gestellt. Vielmehr habe sie erläutert, der Fonds sei besonders gesichert und eine - unstreitig nicht abgeschlossene - Erlösausfallversicherung werde eintreten, falls ein Film nicht erfolgreich sein werde. Die Beklagte behauptet, den Kläger auf das Totalausfallrisiko hingewiesen zu haben.
4
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten - unter Abzug der Ausschüttungen - die Rückzahlung der Beteiligungssumme von 52.151,77 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus seiner Beteiligung an dem Filmfonds und die Feststellung, dass die Beklagte den Kläger von etwaigen Nachteilen freizustellen hat, die dieser dadurch erleidet, dass er die Schadensersatzleistung im Jahre des Zuflusses zu einem höheren Steuersatz als im Jahr 2000 zu versteuern hat.
5
Das Landgericht hat der Klage gegen die Beklagte bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben, weil es aufgrund der Anhörung des Klägers und der Aussage der Zeugin S. ein Aufklärungsdefizit über das im Prospekt zu positiv gezeichnete Bild von der Sicherheit der Anlage angenommen hat. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Dies hat es im Wesentlichen wie folgt be- gründet: Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung des zwischen den Parteien im November 2000 zustande gekommenen Anlagevermittlungsvertrages. Zwar sei der Fondsprospekt im Hinblick auf die Risikodarstellung fehlerhaft, weil dieser das Gesamtbild eines nur begrenzten wirtschaftlichen Risikos vermittle, obwohl ein Totalverlustrisiko bestehe. Nach dem Ergebnis der vor dem Landgericht erfolgten Beweisaufnahme sei aber erwiesen, dass die Zeugin S. den Kläger bei dem Vermittlungsgespräch auf das Risiko eines Totalverlustes hingewiesen habe. Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

6
Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, weil das angegriffene Urteil den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. Senatsbeschlüsse, BGHZ 159, 135, 139 f. und vom 18. Januar 2005 - XI ZR 340/03, BGH-Report 2005, 939 f.). Aus demselben Grunde ist das angefochtene Urteil gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
7
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Fondsprospekt fehlerhaft ist, weil der Prospekt bei einer Gesamtschau hinsichtlich des Risikos eines Totalverlusts einen unrichtigen Eindruck vermittelt (vgl. BGH, Urteile vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06, WM 2007, 1503, Tz. 15 und vom 6. März 2008 - III ZR 298/05, WM 2008, 725, Tz. 22). Damit steht die Pflichtverletzung des Anlageberaters aufgrund der Übergabe des falschen Prospektes fest (Senatsbeschluss vom 17. September 2009 - XI ZR 264/08, BKR 2009, 471, Tz. 5). Sie entfällt nur dann, wenn er diesen Fehler berichtigt hat. Dafür, dass er dies getan hat, ist der Anlageberater und nicht etwa der Anleger beweispflichtig (Senatsbeschluss aaO). Soweit das Berufungsgericht nicht geprüft hat, ob nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (Senat BGHZ 123, 126, 128) von dem Zustandekommen eines Anlageberatungsvertrages statt des von ihm angenommenen Anlagevermittlungsvertrages auszugehen ist, hat sich dies nicht entscheidungserheblich ausgewirkt.
8
2. Das Berufungsgericht hat indes den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil es zur Beantwortung der Frage, ob die Beklagte den Prospektfehler in dem Beratungsgespräch mit dem Kläger richtig gestellt hat, die erstinstanzlich vernommene Zeugin entgegen § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO nicht erneut vernommen hat, obwohl es deren Aussage anders gewürdigt hat als das Landgericht.
9
a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist eine erneute Beweisaufnahme zwingend geboten (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1487; BGH, Beschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291, Tz. 5). Insbesondere muss das Berufungsgericht die bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals gemäß § 398 Abs. 1 ZPO vernehmen , wenn es deren Aussagen anders würdigen will als die Vorinstanz (BGH, Urteile vom 28. November 1995 - XI ZR 37/95, WM 1996, 196, 198 und vom 8. Dezember 1999 - VIII ZR 340/98, NJW 2000, 1199, 1200). Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (BGH, Urteile vom 19. Juni 1991 - VIII ZR 116/90, NJW 1991, 3285, 3286 und vom 10. März 1998 - VI ZR 30/97, NJW 1998, 2222, 2223). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung nicht vor. Insoweit ist auch unschädlich, dass die Beschwerde nicht ausdrücklich die Verletzung der § 398 Abs. 1, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gerügt hat; es genügt, dass sie die abweichende Beweiswürdigung des Berufungsgerichts beanstandet und hierin eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG sieht.
10
b) Nach diesen Maßgaben ist Art. 103 Abs. 1 GG hier verletzt. Das Landgericht hat den von der Beklagten zu erbringenden Beweis über die Berichtigung des Prospektfehlers als nicht geführt angesehen. Es hat die Aussage der von ihm vernommenen Zeugin S. dahin gewürdigt, dass sie den Kläger anhand des Prospekts beraten und sie damit dem in dem Prospekt zu positiv gezeichneten Bild von der Sicherheit der Anlage nicht entgegengewirkt habe. Aufgrund dessen hat das Landgericht ausdrücklich ein Aufklärungsdefizit festgestellt. Das Berufungsgericht hat demgegenüber gemeint, dass sich der Aussage der Zeugin eine ausreichende Aufklärung über das Totalausfallrisiko entnehmen lasse. Somit hat das Berufungsgericht die Zeugenaussage ebenfalls für ergiebig erachtet, aber abweichend gewürdigt, ohne sich durch erneute Vernehmung der Zeugin einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Zudem hätte es in diesem Fall auch den Kläger, der eine solche Aufklärung bei seiner Anhörung vor dem Landgericht verneint hat, aus Gründen der prozessualen Waffengleichheit nochmals anhören müssen (vgl. BVerfG, NJW 2001, 2531; 2008, 2170, 2171).
11
c) Das angefochtene Urteil beruht auf dieser Verletzung des rechtlichen Gehörs. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einer abweichenden Entscheidung gelangt wäre, wenn es die Zeugin erneut vernom- men und auch den Kläger nochmals angehört hätte. Sollte danach von einem Beratungsfehler der Beklagten auszugehen sein, könnte sich der Kläger in Bezug auf die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen. Es obliegt dann dem Aufklärungspflichtigen, hier also der Beklagten, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGHZ 61, 118, 122; 124, 151, 159 f.; Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274, Tz. 22). Das Verschulden der Beklagten ist gemäß § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) zu vermuten, so dass sich die Beklagte insoweit entlasten muss (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 17. September 2009 - XI ZR 264/08, BKR 2009, 471, Tz. 6 ff.). Die übrigen Anspruchsvoraussetzungen hat der Kläger ebenfalls schlüssig dargelegt.
Wiechers Joeres Mayen Grüneberg Maihold Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 22.07.2008 - 28 O 19706/07 -
OLG München, Entscheidung vom 23.03.2009 - 17 U 4337/08 -
6
a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist eine erneute Beweisaufnahme zwingend geboten. Das gilt insbesondere für die erneute Vernehmung von Zeugen, die grundsätzlich gemäß § 398 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Berufungsgerichts steht. Das Berufungsgericht ist deshalb verpflichtet, einen in erster Instanz vernommenen Zeugen erneut zu vernehmen, wenn es die protokollierte Aussage anders als die Vorinstanz verstehen oder würdigen will (BGH Beschlüsse vom 21. Juni 2011 - II ZR 103/10 - MDR 2011, 1133 Rn. 7; vom 10. November 2010 - IV ZR 122/09 - NJW 2011, 1364 Rn. 5 f.; vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09 - NJW-RR 2009, 1291 Rn. 5 f.; BGH Urteil vom 22. Mai 2002 - VIII ZR 337/00 - NJW-RR 2002, 1500). Unterlässt es dies, so verletzt es das rechtliche Gehör der benachteiligten Partei.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 140/09
vom
9. Februar 2010
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Grüneberg und Maihold
am 9. Februar 2010

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 23. März 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 60.151,77 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten zu 2), einer Bank (im Folgenden: Beklagte), Schadensersatz im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage bei der V. KG, (im Folgenden: Filmfonds).
2
Der Kläger ist langjähriger Kunde der Beklagten. Mit Zeichnungsschein vom 28. November 2000 beteiligte er sich mit einer Kommanditeinlage über 100.000 DM zuzüglich 5.000 DM Agio an dem Filmfonds. Auf diese Kapitalanlage war der Kläger von der Zeugin S. , einer Mitarbeiterin der Beklagten, aufmerksam gemacht worden. Bei dem Gespräch war dem Kläger auch der Verkaufsprospekt des Filmfonds ausgehändigt worden. In der Folgezeit erhielt der Kläger Ausschüttungen des Fonds in Höhe von 1.533,88 €. Im Jahr 2002 geriet der Filmfonds in eine wirtschaftliche Schieflage.
3
Der Kläger hält den Verkaufsprospekt hinsichtlich der Belehrung über die Risiken der Anlage, insbesondere das Risiko eines Totalverlustes, für fehlerhaft. Die Zeugin S. habe diesen Fehler nicht richtig gestellt. Vielmehr habe sie erläutert, der Fonds sei besonders gesichert und eine - unstreitig nicht abgeschlossene - Erlösausfallversicherung werde eintreten, falls ein Film nicht erfolgreich sein werde. Die Beklagte behauptet, den Kläger auf das Totalausfallrisiko hingewiesen zu haben.
4
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten - unter Abzug der Ausschüttungen - die Rückzahlung der Beteiligungssumme von 52.151,77 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus seiner Beteiligung an dem Filmfonds und die Feststellung, dass die Beklagte den Kläger von etwaigen Nachteilen freizustellen hat, die dieser dadurch erleidet, dass er die Schadensersatzleistung im Jahre des Zuflusses zu einem höheren Steuersatz als im Jahr 2000 zu versteuern hat.
5
Das Landgericht hat der Klage gegen die Beklagte bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben, weil es aufgrund der Anhörung des Klägers und der Aussage der Zeugin S. ein Aufklärungsdefizit über das im Prospekt zu positiv gezeichnete Bild von der Sicherheit der Anlage angenommen hat. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Dies hat es im Wesentlichen wie folgt be- gründet: Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung des zwischen den Parteien im November 2000 zustande gekommenen Anlagevermittlungsvertrages. Zwar sei der Fondsprospekt im Hinblick auf die Risikodarstellung fehlerhaft, weil dieser das Gesamtbild eines nur begrenzten wirtschaftlichen Risikos vermittle, obwohl ein Totalverlustrisiko bestehe. Nach dem Ergebnis der vor dem Landgericht erfolgten Beweisaufnahme sei aber erwiesen, dass die Zeugin S. den Kläger bei dem Vermittlungsgespräch auf das Risiko eines Totalverlustes hingewiesen habe. Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

6
Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, weil das angegriffene Urteil den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. Senatsbeschlüsse, BGHZ 159, 135, 139 f. und vom 18. Januar 2005 - XI ZR 340/03, BGH-Report 2005, 939 f.). Aus demselben Grunde ist das angefochtene Urteil gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
7
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Fondsprospekt fehlerhaft ist, weil der Prospekt bei einer Gesamtschau hinsichtlich des Risikos eines Totalverlusts einen unrichtigen Eindruck vermittelt (vgl. BGH, Urteile vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06, WM 2007, 1503, Tz. 15 und vom 6. März 2008 - III ZR 298/05, WM 2008, 725, Tz. 22). Damit steht die Pflichtverletzung des Anlageberaters aufgrund der Übergabe des falschen Prospektes fest (Senatsbeschluss vom 17. September 2009 - XI ZR 264/08, BKR 2009, 471, Tz. 5). Sie entfällt nur dann, wenn er diesen Fehler berichtigt hat. Dafür, dass er dies getan hat, ist der Anlageberater und nicht etwa der Anleger beweispflichtig (Senatsbeschluss aaO). Soweit das Berufungsgericht nicht geprüft hat, ob nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (Senat BGHZ 123, 126, 128) von dem Zustandekommen eines Anlageberatungsvertrages statt des von ihm angenommenen Anlagevermittlungsvertrages auszugehen ist, hat sich dies nicht entscheidungserheblich ausgewirkt.
8
2. Das Berufungsgericht hat indes den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil es zur Beantwortung der Frage, ob die Beklagte den Prospektfehler in dem Beratungsgespräch mit dem Kläger richtig gestellt hat, die erstinstanzlich vernommene Zeugin entgegen § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO nicht erneut vernommen hat, obwohl es deren Aussage anders gewürdigt hat als das Landgericht.
9
a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist eine erneute Beweisaufnahme zwingend geboten (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1487; BGH, Beschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291, Tz. 5). Insbesondere muss das Berufungsgericht die bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals gemäß § 398 Abs. 1 ZPO vernehmen , wenn es deren Aussagen anders würdigen will als die Vorinstanz (BGH, Urteile vom 28. November 1995 - XI ZR 37/95, WM 1996, 196, 198 und vom 8. Dezember 1999 - VIII ZR 340/98, NJW 2000, 1199, 1200). Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (BGH, Urteile vom 19. Juni 1991 - VIII ZR 116/90, NJW 1991, 3285, 3286 und vom 10. März 1998 - VI ZR 30/97, NJW 1998, 2222, 2223). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung nicht vor. Insoweit ist auch unschädlich, dass die Beschwerde nicht ausdrücklich die Verletzung der § 398 Abs. 1, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gerügt hat; es genügt, dass sie die abweichende Beweiswürdigung des Berufungsgerichts beanstandet und hierin eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG sieht.
10
b) Nach diesen Maßgaben ist Art. 103 Abs. 1 GG hier verletzt. Das Landgericht hat den von der Beklagten zu erbringenden Beweis über die Berichtigung des Prospektfehlers als nicht geführt angesehen. Es hat die Aussage der von ihm vernommenen Zeugin S. dahin gewürdigt, dass sie den Kläger anhand des Prospekts beraten und sie damit dem in dem Prospekt zu positiv gezeichneten Bild von der Sicherheit der Anlage nicht entgegengewirkt habe. Aufgrund dessen hat das Landgericht ausdrücklich ein Aufklärungsdefizit festgestellt. Das Berufungsgericht hat demgegenüber gemeint, dass sich der Aussage der Zeugin eine ausreichende Aufklärung über das Totalausfallrisiko entnehmen lasse. Somit hat das Berufungsgericht die Zeugenaussage ebenfalls für ergiebig erachtet, aber abweichend gewürdigt, ohne sich durch erneute Vernehmung der Zeugin einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Zudem hätte es in diesem Fall auch den Kläger, der eine solche Aufklärung bei seiner Anhörung vor dem Landgericht verneint hat, aus Gründen der prozessualen Waffengleichheit nochmals anhören müssen (vgl. BVerfG, NJW 2001, 2531; 2008, 2170, 2171).
11
c) Das angefochtene Urteil beruht auf dieser Verletzung des rechtlichen Gehörs. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einer abweichenden Entscheidung gelangt wäre, wenn es die Zeugin erneut vernom- men und auch den Kläger nochmals angehört hätte. Sollte danach von einem Beratungsfehler der Beklagten auszugehen sein, könnte sich der Kläger in Bezug auf die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen. Es obliegt dann dem Aufklärungspflichtigen, hier also der Beklagten, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGHZ 61, 118, 122; 124, 151, 159 f.; Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274, Tz. 22). Das Verschulden der Beklagten ist gemäß § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) zu vermuten, so dass sich die Beklagte insoweit entlasten muss (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 17. September 2009 - XI ZR 264/08, BKR 2009, 471, Tz. 6 ff.). Die übrigen Anspruchsvoraussetzungen hat der Kläger ebenfalls schlüssig dargelegt.
Wiechers Joeres Mayen Grüneberg Maihold Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 22.07.2008 - 28 O 19706/07 -
OLG München, Entscheidung vom 23.03.2009 - 17 U 4337/08 -
6
a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist eine erneute Beweisaufnahme zwingend geboten. Das gilt insbesondere für die erneute Vernehmung von Zeugen, die grundsätzlich gemäß § 398 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Berufungsgerichts steht. Das Berufungsgericht ist deshalb verpflichtet, einen in erster Instanz vernommenen Zeugen erneut zu vernehmen, wenn es die protokollierte Aussage anders als die Vorinstanz verstehen oder würdigen will (BGH Beschlüsse vom 21. Juni 2011 - II ZR 103/10 - MDR 2011, 1133 Rn. 7; vom 10. November 2010 - IV ZR 122/09 - NJW 2011, 1364 Rn. 5 f.; vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09 - NJW-RR 2009, 1291 Rn. 5 f.; BGH Urteil vom 22. Mai 2002 - VIII ZR 337/00 - NJW-RR 2002, 1500). Unterlässt es dies, so verletzt es das rechtliche Gehör der benachteiligten Partei.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.