Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2017 - XII ZB 201/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:150217BXIIZB201.16.0
bei uns veröffentlicht am15.02.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
XII ZB 201/16 Verkündet am:
15. Februar 2017
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Im Rahmen der Prüfung der Leistungsfähigkeit für den Elternunterhalt ist der vom
Unterhaltsschuldner an sein minderjähriges Kind geleistete Betreuungsunterhalt
nicht zu monetarisieren.

b) Die Leistungsfähigkeit ist jedoch um dasjenige gemindert, was der Unterhaltsschuldner
an sein minderjähriges Kind neben der Betreuungsleistung als Barunterhalt
in der Form von Naturalunterhalt erbringt. Dieser errechnet sich nach dem
Tabellenunterhalt aus dem gemeinsamen Einkommen beider Elternteile unter
Abzug des halben Kindergelds und des vom anderen Elternteil geleisteten Barunterhalts.

c) Das dem betreuenden Elternteil zustehende hälftige Kindergeld ist kein unterhaltsrelevantes
Einkommen.

d) Trifft die Kinderbetreuung mit einer Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils
zusammen, ist nicht ein pauschaler Betreuungsbonus zu gewähren, sondern
hängt es von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab, inwieweit das erzielte
Einkommen ganz oder teilweise als überobligatorisch unberücksichtigt
bleibt.
BGH, Beschluss vom 15. Februar 2017 - XII ZB 201/16 - OLG Bamberg
AG Kronach
ECLI:DE:BGH:2017:150217BXIIZB201.16.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 7. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 14. März 2016 unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsbeschwerde aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefasst: Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kronach vom 10. Dezember 2014 unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde abgeändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller für die Zeit vom 22. September 2011 bis zum 31. Mai 2012 Unterhalt in Höhe von 2.867,37 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins ab dem 26. April 2013 zu zahlen. Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen. Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Der Antragsteller begehrt als Sozialhilfeträger von der Antragsgegnerin Elternunterhalt aus übergegangenem Recht.
2
Die Antragsgegnerin und ihre Schwester sind die Töchter des im Jahre 1952 geborenen S., der vom 15. September 2011 bis zum 31. Mai 2012 in einem Heim untergebracht war und während dieser Zeit von dem Antragsteller Sozialhilfe nach §§ 61 ff. SGB Xll (Hilfe zur Pflege) in Höhe von insgesamt 4.911,44 € bezog. Die vollschichtig erwerbstätige Antragsgegnerin erzielte ein bereinigtes Nettoeinkommen, das sich nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts nach Abzug zusätzlicher Altersversorgung und weiterer Kreditverbindlichkeiten auf Beträge zwischen 2.685,34 € und 3.165,34 € belief. Die Antragsgegnerin betreute in der hier relevanten Zeit ihren zunächst elf-, später zwölfjährigen Sohn, von dessen Vater sie getrennt lebte und der für das Kind Barunterhalt in Höhe von 235 € monatlich leistete. Die Schwester der Antragsgegnerin verfügte ebenfalls über für den Elternunterhalt einsetzbares Einkommen , und zwar monatlich bis April 2012 in Höhe von 63 € und ab Mai 2012 in Höhe von 130 €.
3
Von der Antragsgegnerin hat der Antragsteller anteiligen Unterhalt in Höhe von 4.357,19 € abzüglich bereits gezahlter 1.275 €, mithin noch 3.082,19 € verlangt. Das Familiengericht hat die Antragsgegnerin zur Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen verpflichtet. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht die Unterhaltspflicht auf 2.983,73 € nebst Zinsen reduziert. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Antragsgegnerin weiterhin die vollständige Abweisung des Zahlungsantrags.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist nur zu einem geringen Teil begründet.
5
1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Die Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin sei um den Betreuungsunterhalt für das bei ihr lebende Kind gemindert. Dieser sei anhand der Düsseldorfer Tabelle auf der Grundlage ihres bereinigten Nettoeinkommens zu bemessen und um einen Mehrbedarf an Fahrtkosten in Höhe von 50 € zu erhöhen. Abzusetzen seien aber lediglich die um das hälftige Kindergeld geminderten Beträge, weil nach dem Grundsatz der Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt das auf das Kind entfallende hälftige Kindergeld zur Bedarfsdeckung zu verwenden sei. Die Anrechnung des vom Kindesvater geleisteten Barunterhalts auf den Betreuungsunterhaltsbetrag habe aufgrund der Gleichwertigkeit von Barund Naturalunterhalt zu unterbleiben.
6
Der Antragsgegnerin könne weder ein Betreuungsbonus noch ein Abschlag für überobligatorische Tätigkeit zugerechnet werden, da Anhaltspunkte für einen erhöhten Betreuungsbedarf des Kindes nicht vorlägen.
7
2. Dies enthält bis auf die fehlerhafte Bestimmung des Unterhaltsbeginns keine Rechtsfehler zum Nachteil der Antragsgegnerin als alleiniger Rechtsbeschwerdeführerin.
8
a) Zutreffend hat das Oberlandesgericht dem Grunde nach einen Unterhaltsanspruch des Vaters gegen die Antragsgegnerin gemäß § 1601 BGB angenommen , der nach § 94 Abs. 1 SGB XII auf die Antragstellerin übergegangen ist. Die Feststellungen zum Unterhaltsbedarf des Vaters der Antragsgegnerin sowie zu den Einkommen der Antragsgegnerin und deren Schwester sind von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen und auch nicht zum Nachteil der Antragsgegnerin rechtsfehlerhaft.
9
b) Zu Unrecht hat das Oberlandesgericht den von der Antragsgegnerin für ihr Kind geleisteten Betreuungsunterhalt monetarisiert und von ihrem unterhaltsrelevanten Einkommen abgezogen. Die neben dem Barunterhalt (oder dem an dessen Stelle geleisteten Naturalunterhalt; vgl. Senatsbeschluss vom 7. Mai 2014 - XII ZB 258/13 - FamRZ 2014, 1138 Rn. 35) geschuldete Betreuung des Kindes der Antragsgegnerin ist nicht auf Geldleistung gerichtet und lässt sich deswegen auch nicht monetarisieren. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist die Betreuung des Kindes nicht unmittelbar einkommensmindernd, sondern kann sich unter den Voraussetzungen der §§ 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2, 1615 l Abs. 2 Satz 4 und 5 BGB die daneben geleistete Erwerbstätigkeit als überobligatorisch darstellen (Senatsbeschluss vom 11. November 2015 - XII ZB 7/15 - FamRZ 2016, 199 Rn. 17). Dann wäre das neben der Kinderbetreuung erzielte Einkommen im Rahmen der Unterhaltsbemessung nur anteilig zu berücksichtigen (Senatsbeschluss BGHZ 188, 50 = FamRZ 2011, 454 Rn. 17, 23 und Senatsurteil BGHZ 162, 384 = FamRZ 2005, 1154, 1156 f.).
10
c) Vom unterhaltsrelevanten Einkommen abzusetzen ist allerdings ein nicht anderweitig gedeckter vorrangiger Barunterhalt an das Kind (oder ein an dessen Stelle tretender Naturalunterhalt; vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 11. Januar 2017 - XII ZB 565/15 - juris Rn. 24 f., 28 f.).
11
Der Unterhaltsbedarf richtet sich beim Verwandtenunterhalt gemäß § 1610 Abs. 1 BGB nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt). Bei minderjährigen Kindern, die noch im Haushalt (mindestens) eines Elternteils leben, handelt es sich dabei um eine abgeleitete Lebensstellung. Sie leitet sich grundsätzlich von beiden Elternteilen ab, so dass bei der Bedarfsbemessung auf die zusammengerechneten Einkünfte beider Eltern abzu- stellen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Januar 2017 - XII ZB 565/15 - juris Rn. 25 und Senatsurteil vom 17. Dezember 2003 - XII ZR 224/00 - FamRZ 2004, 370, 373). Insoweit besteht auch kein Unterschied zu einem abgeleiteten Barunterhaltsanspruch eines volljährigen Kindes, der sich ebenfalls nach den zusammengerechneten Einkünften beider Elternteile bemisst (vgl. Senatsurteil vom 2. März 1994 - XII ZR 215/92 - FamRZ 1994, 696, 698).
12
Auf diesen Unterhaltsbedarf des Kindes ist gemäß § 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BGB das hälftige Kindergeld anzurechnen. Denn nach der gesetzlichen Regelung in § 1612 b Abs. 1 Satz 1 BGB entlastet das Kindergeld die Eltern minderjähriger Kinder zur Hälfte von ihrer Barunterhaltspflicht und steht zur anderen Hälfte dem betreuenden Elternteil (im Wechselmodell den betreuenden Elternteilen) zu (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Januar 2017 - XII ZB 565/15 - juris Rn. 47 ff. und vom 20. April 2016 - XII ZB 45/15 - FamRZ 2016, 1053 Rn. 23 ff.).
13
Der danach verbleibende Unterhaltsbedarf wird grundsätzlich überwiegend durch den Kindesunterhalt des barunterhaltspflichtigen Elternteils gedeckt. Allerdings ist dessen Unterhaltspflicht auf den Betrag begrenzt, den der Unterhaltspflichtige bei alleiniger Unterhaltshaftung auf der Grundlage seines Einkommens zu zahlen hätte (Senatsbeschluss vom 11. Januar 2017 - XII ZB 565/15 - juris Rn. 24 mwN). Auch dessen Barunterhaltspflicht wäre um das bei minderjährigen Kindern auf den Barunterhalt entfallende hälftige Kindergeld gemindert. Im vorliegenden Fall hat der Kindesvater nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts monatlich 235 € als Barunterhalt gezahlt.
14
Von den Erwerbseinkünften der Antragsgegnerin ist somit der Barunterhaltsbedarf ihres Kindes nach den gemeinsamen Einkünften der Eltern abzüglich des hälftigen Kindergelds und abzüglich des vom Kindesvater geleisteten Barunterhalts abzusetzen. Denn in dieser Höhe leistet sie neben dem Betreu- ungsunterhalt restlichen Barunterhalt in Form von Naturalunterhalt. Danach beträgt der nicht anderweitig gedeckte und deshalb von der Antragsgegnerin zu tragende, ihrem Kind in Naturalien erbrachte Barunterhalt offensichtlich weniger als die vom Oberlandesgericht bereits abgesetzten Beträge, so dass die von ihr allein eingelegte Rechtsbeschwerde insoweit keinen Erfolg hat.
15
d) Demgegenüber ist die andere Hälfte des Kindergelds, die die Antragsgegnerin als betreuender Elternteil erhält, nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen.
16
Zwar hat der Senat für eine weitere Unterhaltspflicht eines zum Kindesunterhalt barunterhaltspflichtigen Unterhaltsschuldners bereits entschieden, dass bei der Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens nicht der Tabellenunterhalt des Kindesunterhalts, sondern der um das hälftige Kindergeld geminderte tatsächliche Zahlbetrag des Kindesunterhalts abzusetzen ist (Senatsurteil vom 24. Juni 2009 - XII ZR 161/08 - FamRZ 2009, 1477 Rn. 22 ff.), so dass sich der auf ihn entfallende Kindergeldanteil einkommenserhöhend auswirkt.
17
Dieses kann auf die dem betreuenden Elternteil zustehende Kindergeldhälfte jedoch nicht übertragen werden. Denn anders als beim Barunterhaltspflichtigen mindert der auf den betreuenden Elternteil entfallende Kindergeldanteil nicht die von ihm zu erbringende Betreuungsleistung und damit den von ihm zu erbringenden Unterhalt. Das Kindergeld ist als zweckgebundene, existenzsichernde Leistung für das Kind zu verwenden und mindert dessen individuellen Unterhaltsbedarf. Das Wort "verwenden" bringt dabei zum Ausdruck, dass das Kind Anspruch auf die Auszahlung des Kindergelds oder die Erbringung entsprechender Naturalleistungen gegenüber demjenigen hat, der das Kindergeld ausgezahlt erhält. Die Hälfte des Kindergelds, die dem betreuenden Elternteil zusteht, unterstützt ihn bei der Erbringung der Betreuungsleistung (BT-Drucks.
16/1830 S. 30). Das geschieht beispielsweise, indem sie ihm Ausgaben ermöglicht , die im Zusammenhang mit der Betreuungsleistung entstehen, jedoch nicht zum unterhaltsrechtlichen Bedarf des Kindes zählen, wie etwa ein eigenes Eintrittsgeld des betreuenden Elternteils bei der Begleitung des Kindes zu einer Veranstaltung oder in eine Einrichtung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300, Rn. 54 f. und vom 24. Juni 2009 - XII ZR 161/08 - FamRZ 2009, 1477 Rn. 31 f.).
18
e) Nichts ist dagegen zu erinnern, dass das Oberlandesgericht der Antragsgegnerin weder einen pauschalen Betreuungsbonus belassen noch einen Abschlag für überobligationsmäßige Tätigkeit vorgenommen hat.
19
Trifft die Kinderbetreuung mit einer Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils zusammen, ist nach neuerer Senatsrechtsprechung nicht ein pauschaler Betreuungsbonus zu gewähren (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 229/11 - FamRZ 2013, 109 Rn. 29), sondern hängt es von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab, inwieweit das erzielte Einkommen ganz oder teilweise als überobligatorisch unberücksichtigt bleibt (Senatsbeschluss vom 11. November 2015 - XII ZB 7/15 - FamRZ 2016, 199 Rn. 17).
20
Eine Erwerbstätigkeit ist unterhaltsrechtlich als überobligatorisch zu bewerten , wenn der betreuende Elternteil erwerbstätig ist, obwohl ein Erwerbshindernis in Form der Kinderbetreuung besteht. Über die Anrechnung ist deshalb nach Treu und Glauben unter Beachtung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (vgl. für den Ehegattenunterhalt Senatsbeschluss vom 1. Oktober 2014 - XII ZB 185/13 - FamRZ 2014, 1987 Rn. 19 f. mwN und zum Kindesunterhalt Senatsurteil BGHZ 162, 384 = FamRZ 2005, 1154, 1156 f.).
21
Konkrete Umstände, die eine volle Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin neben der Betreuung ihres zunächst elf- und dann zwölfjährigen Sohnes hinderten , und diese deshalb als überobligatorisch erscheinen ließen, sind im vorliegenden Fall allerdings weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
22
f) Erfolg hat die Rechtsbeschwerde lediglich, soweit die Antragsgegnerin zur Unterhaltsleistung für die Zeit vom 15. bis 21. September 2011 verpflichtet worden ist. Gemäß § 94 Abs. 4 Satz 1 SGB XII kann der Träger der Sozialhilfe den übergegangenen Unterhalt für die Vergangenheit außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur von der Zeit an fordern, zu welcher er dem Unterhaltspflichtigen die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt hat. Im vorliegenden Fall, in dem nichts zu den Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB festgestellt oder ersichtlich ist, kann von einem Zugang der von der Antragstellerin ausgebrachten Rechtswahrungsanzeige vom 19. September 2011 erst am 22. September 2011 ausgegangen werden, so dass rückwirkend erst ab diesem Zeitpunkt übergegangener Unterhalt gefordert werden kann. Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Kronach, Entscheidung vom 10.12.2014 - 1 F 396/13 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 14.03.2016 - 7 UF 22/15 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2017 - XII ZB 201/16

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Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1603 Leistungsfähigkeit


(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. (2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren min

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1601 Unterhaltsverpflichtete


Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1610 Maß des Unterhalts


(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt). (2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf,

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 94 Übergang von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen


(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch
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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1613 Unterhalt für die Vergangenheit


(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine

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Referenzen

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Der Übergang des Anspruchs ist ausgeschlossen, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Der Übergang des Anspruchs ist auch ausgeschlossen, wenn die unterhaltspflichtige Person zum Personenkreis des § 19 gehört oder die unterhaltspflichtige Person mit der leistungsberechtigten Person vom zweiten Grad an verwandt ist. Gleiches gilt für Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades einer Person, die schwanger ist oder ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreut. § 93 Abs. 4 gilt entsprechend.

(1a) Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern sind nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100 000 Euro (Jahreseinkommensgrenze). Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen sind. Es wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen nach Satz 1 die Jahreseinkommensgrenze nicht überschreitet. Zur Widerlegung der Vermutung nach Satz 3 kann der jeweils für die Ausführung des Gesetzes zuständige Träger von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 zulassen. Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so ist § 117 anzuwenden. Die Sätze 1 bis 5 gelten nicht bei Leistungen nach dem Dritten Kapitel an minderjährige Kinder.

(2) Der Anspruch einer volljährigen unterhaltsberechtigten Person, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches oder pflegebedürftig im Sinne von § 61a ist, gegenüber ihren Eltern wegen Leistungen nach dem Siebten Kapitel geht nur in Höhe von bis zu 26 Euro, wegen Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel nur in Höhe von bis zu 20 Euro monatlich über. Es wird vermutet, dass der Anspruch in Höhe der genannten Beträge übergeht und mehrere Unterhaltspflichtige zu gleichen Teilen haften; die Vermutung kann widerlegt werden. Die in Satz 1 genannten Beträge verändern sich zum gleichen Zeitpunkt und um denselben Vomhundertsatz, um den sich das Kindergeld verändert.

(3) Ansprüche nach Absatz 1 und 2 gehen nicht über, soweit

1.
die unterhaltspflichtige Person Leistungsberechtigte nach dem Dritten und Vierten Kapitel ist oder bei Erfüllung des Anspruchs würde oder
2.
der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde.
Der Träger der Sozialhilfe hat die Einschränkung des Übergangs nach Satz 1 zu berücksichtigen, wenn er von ihren Voraussetzungen durch vorgelegte Nachweise oder auf andere Weise Kenntnis hat.

(4) Für die Vergangenheit kann der Träger der Sozialhilfe den übergegangenen Unterhalt außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur von der Zeit an fordern, zu welcher er dem Unterhaltspflichtigen die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt hat. Wenn die Leistung voraussichtlich auf längere Zeit erbracht werden muss, kann der Träger der Sozialhilfe bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe kann den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit der leistungsberechtigten Person auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unterhaltsanspruch abtreten lassen. Kosten, mit denen die leistungsberechtigte Person dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen. Über die Ansprüche nach den Absätzen 1, 2 bis 4 ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden.

35
(1) Lebt das unterhaltsberechtigte Kind im Haushalt des Unterhaltspflichtigen und seines neuen Ehegatten, richtet sich sein Unterhaltsanspruch im Rahmen des Familienunterhalts (§ 1360 a Abs. 1 BGB) - abgesehen vom Taschengeld - nicht auf eine Geldzahlung, sondern auf die Gewährung von Wohnung , Nahrung, Kleidung und sonstigen Leistungen in Form von Naturalien. Um im Rahmen des § 1581 BGB die damit einhergehende Einschränkung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen bestimmen zu können, ist es erforderlich, den Anspruch des Kindes auf Leistung von Naturalunterhalt zu monetarisieren. Der Geldwert dieses Naturalunterhaltsanspruchs wird dabei mindestens mit dem (hypothetischen) Anspruch auf Barunterhalt zu veranschlagen sein, den das Kind im Falle einer Trennung seiner Eltern gegen den Unterhaltspflichtigen hätte (vgl. auch OLG Hamburg FamRZ 1993, 1453, 1455). Dies gebietet auch der Grundsatz der Gleichbehandlung der minderjährigen Kinder aus neuer und geschiedener Ehe. Denn soweit die Lebensstellung aller Kinder des Unterhaltspflichtigen gleichermaßen durch seine Einkommensverhältnisse bestimmt wird, kann sich für das Kind aus neuer Ehe kein geringerer Unterhaltsbedarf ergeben. Daraus folgt auch, dass der als vorrangige Verbindlichkeit im Rahmen des § 1581 BGB abzuziehende (tatsächliche oder hypothetische ) Barunterhaltsanspruch der minderjährigen Kinder unter Einbeziehung aller dem Unterhaltspflichtigen zur Verfügung stehenden Mittel und damit - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - auch unter Einschluss des steuerrechtlichen Splittingvorteils zu bemessen ist (Senatsurteile vom 2. Juni 2010 - XII ZR 160/08 - FamRZ 2010, 1318 Rn. 21 und BGHZ 178, 79 = FamRZ 2008, 2189 Rn. 30).
17
Wie der Senat jedoch zum Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB hervorgehoben hat, kann einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils - teilweise - entgegenstehen, dass die ihm mögliche Erwerbstätigkeit zusammen mit der von ihm zu leistenden Betreuung und Erziehung des Kindes zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen kann. Insoweit lässt die vom Gesetz angeordnete Billigkeitsabwägung nach § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB Raum für eine Einbeziehung dieses Umstands unter dem Gesichtspunkt einer gerechten Lastenverteilung zwischen unterhaltsberechtigtem und unterhaltspflichtigem Elternteil im Einzelfall (Senatsurteil BGHZ 193, 78 = FamRZ 2012, 1040 Rn. 24 mwN). Ähnliches gilt bei der Bestimmung der Erwerbsobliegenheit des nach § 1573 Abs. 2 BGB oder § 1361 BGB zum Aufstockungsunterhalt verpflichteten Ehegatten (OLG Zweibrücken FamRZ 2002, 1565, 1566). Auch hier kann mit Rücksicht auf die sich aus Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit ergebende Gesamtbelastung im Einzelfall ein Teil des Erwerbseinkommens als überobligatorisch eingestuft werden.
24
aa) Dass zur Ermittlung des Bedarfs nach der Düsseldorfer Tabelle die Einkommen beider Elternteile einbezogen werden müssen, folgt beim Wechselmodell bereits zwingend daraus, dass kein Elternteil von der Barunterhaltspflicht befreit ist. Der Bedarf lässt sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht in zwei gesondert zu ermittelnde Beträge aufspalten, die für jeden Elternteil nach dessen jeweiliger alleiniger Unterhaltspflicht zu berechnen wären. Dadurch würde verkannt, dass der Unterhaltsbedarf des Kindes ein einheitlicher ist und sich grundsätzlich von beiden Elternteilen ableitet. Unterschiedliche Anteile der Eltern ergeben sich nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB erst aus deren individueller Leistungsfähigkeit und der daran orientierten Beteiligungsquote sowie daraus, dass die Unterhaltspflicht auf den Betrag begrenzt ist, den der Unterhaltspflichtige bei alleiniger Unterhaltshaftung auf der Grundlage seines Einkommens zu zahlen hätte (vgl. Senatsurteile BGHZ 164, 375 = FamRZ 2006, 99, 100 und vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06 - FamRZ 2008, 2104 Rn. 31).

(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).

(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.

24
aa) Dass zur Ermittlung des Bedarfs nach der Düsseldorfer Tabelle die Einkommen beider Elternteile einbezogen werden müssen, folgt beim Wechselmodell bereits zwingend daraus, dass kein Elternteil von der Barunterhaltspflicht befreit ist. Der Bedarf lässt sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht in zwei gesondert zu ermittelnde Beträge aufspalten, die für jeden Elternteil nach dessen jeweiliger alleiniger Unterhaltspflicht zu berechnen wären. Dadurch würde verkannt, dass der Unterhaltsbedarf des Kindes ein einheitlicher ist und sich grundsätzlich von beiden Elternteilen ableitet. Unterschiedliche Anteile der Eltern ergeben sich nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB erst aus deren individueller Leistungsfähigkeit und der daran orientierten Beteiligungsquote sowie daraus, dass die Unterhaltspflicht auf den Betrag begrenzt ist, den der Unterhaltspflichtige bei alleiniger Unterhaltshaftung auf der Grundlage seines Einkommens zu zahlen hätte (vgl. Senatsurteile BGHZ 164, 375 = FamRZ 2006, 99, 100 und vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06 - FamRZ 2008, 2104 Rn. 31).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 224/00 Verkündet am:
17. Dezember 2003
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Wird ein mitverdienender Ehegatte von seinem Elternteil auf Unterhalt in Anspruch
genommen, hängt seine Leistungsfähigkeit auch davon ab, ob sein angemessener
Unterhalt bereits ganz oder teilweise durch den Familienunterhalt gedeckt ist.

b) Auch bei durchschnittlichen Einkünften beider Ehegatten kann dabei nicht ohne
weiteres vom Verbrauch des gesamten Familieneinkommens ausgegangen werden
, sondern es müssen zur Bemessung des Familienunterhalts auch die Konsum
- und Spargewohnheiten der Familie berücksichtigt werden.

c) Zur Darlegungs- und Beweislast des seinem Elternteil unterhaltspflichtigen Ehegatten
in einem solchen Fall (im Anschluß an Senatsurteil vom 15. Oktober 2003
- XII ZR 122/00 zur Veröffentlichung bestimmt).
BGH, Urteil vom 17. Dezember 2003 - XII ZR 224/00 - OLG Frankfurt/Main
AG Friedberg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. November 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Juni 2000 insoweit aufgehoben, als die Klage wegen der folgenden Unterhaltsansprüche abgewiesen wurde: für die Zeit vom 26. April bis 30. Juni 1996: in Höhe von monatlich 580 DM, für Juli und August 1996: in Höhe von monatlich 493,48 DM, für September 1996 bis Januar 1997: in Höhe von monatlich 580 DM, für Februar 1997: in Höhe von 496,80 DM, für März bis November 1997: in Höhe von monatlich 580 DM. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht als Träger der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend. Die 1925 geborene Mutter der Beklagten lebt seit dem 12. Juli 1994 aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit in einem Altenheim. Bis zum 28. Januar 1996 konnte sie die Kosten des Heimaufenthalts aus ihrem Renteneinkommen und ihrem - bis auf einen Betrag von 4.500 DM eingesetzten - Vermögen bestreiten. Seit dem 29. Januar 1996 gewährt der Kläger der Mutter Hilfe zur Pflege gemäß § 68 BSHG und erteilte dieser hierüber unter dem 24. April 1996 einen entsprechenden Bescheid. Bereits mit Schreiben vom 9. August 1995 hatte der Kläger die Beklagte, die ab Juli 1995 für ihre Mutter Sozialhilfe beantragt hatte, über die Hilfegewährung und den gesetzlichen Übergang von Unterhaltsansprüchen auf den Träger der Sozialhilfe unterrichtet. Mit Bescheid vom 25. April 1996 teilte der Kläger der Beklagten mit, daß sich die Aufwendungen der Sozialhilfe auf monatlich ca. 2.350 DM - ab 29. Januar 1996 - beliefen und forderte sie gemäß § 116 BSHG zur Auskunftserteilung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf, damit geprüft werden könne, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sie Unterhaltsbeiträge zu leisten habe. Das Heim berechnete für die Mutter bis einschließlich August 1996 zunächst Kosten entsprechend der Versorgungsstufe II von monatlich rund 3.630 DM; nach Abzug der Renteneinkünfte verblieb ein ungedeckter Betrag von monatlich rund 2.427 DM. Vom 1. September 1996 an wurden zunächst Kosten nach Pflegestufe 0 angesetzt (monatlich rund 3.500 DM), weil die Mutter nach dem Inkrafttreten der zweiten Stufe der Pflegeversicherung vom medizinischen Dienst der Krankenkasse in Pflegestufe 0 eingestuft worden war. Nachdem aufgrund eines entsprechenden Urteils des Sozialgerichts rückwirkend
zum 1. Juli 1996 Leistungen der Pflegeversicherung für die vollstationäre Pflege in der Pflegestufe I in Höhe von monatlich 2.000 DM gewährt worden waren, stufte das Heim die Mutter rückwirkend zum 1. Juli 1996 in Pflegestufe I ein und berechnete höhere Heimkosten. Daraufhin erstellte der Kläger für die Zeit ab Juli 1996 eine Nachberechnung, nach der sich der ungedeckte Bedarf der Mutter für die Zeit bis einschließlich November 1997 auf Beträge zwischen monatlich rund 493 DM und rund 869 DM beläuft. Die Beklagte ist verheiratet. Aus ihrer Ehe ist ein am 26. Juni 1981 geborener Sohn hervorgegangen, der in dem hier maßgeblichen Zeitraum noch die Schule besuchte. Die Beklagte ist halbtags erwerbstätig und erzielte 1996/97 ein Jahresbruttoeinkommen von rund 29.000 DM. Ihr vollschichtig berufstätiger Ehemann verdiente rund 117.300 DM brutto im Jahr. Die Beklagte bewohnt mit ihrer Familie eine im hälftigen Miteigentum der Eheleute stehende Doppelhaushälfte mit einer Wohnfläche von 103,61 m², für deren Finanzierung noch Kreditverbindlichkeiten bestehen. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei ihrer Mutter gegenüber in Höhe von monatlich 580 DM unterhaltspflichtig. Zu Zahlungen in dieser Höhe sei sie unter Berücksichtigung der Unterhaltsansprüche gegenüber ihrem Ehemann sowie des Vorteils des Wohnens im eigenen Haus in der Lage. Mit der Klage hat der Kläger die Beklagte auf Unterhalt für die Mutter für die Zeit vom 29. Januar 1996 bis zum 30. November 1997 im Wege einer Teilklage in Anspruch genommen. Ausgehend von einem monatlichen Unterhaltsanspruch von 580 DM hat er unter Berücksichtigung von der Beklagten - unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - geleisteter Zahlungen eine restliche Unterhaltsforderung von 8.232,13 DM zuzüglich Zinsen geltend gemacht.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hält sich nicht für leistungsfähig. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat der Klage in Höhe von 1.346,13 DM nebst Zinsen stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Es hat angenommen, daß die Beklagte monatlichen Unterhalt von 300 DM schulde; auf den sich für den Klagezeitraum ergebenden Unterhaltsanspruch von 6.630 DM habe sie 5.283,87 DM gezahlt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers, mit der er - unter Berücksichtigung der vorgenannten Zahlungen der Beklagten - die Unterhaltsforderung in Höhe von (insgesamt) 7.532,13 DM zuzüglich Zinsen weiterverfolgt hat, zurückgewiesen und auf die Anschlußberufung der Beklagten die Klage antragsgemäß in vollem Umfang abgewiesen. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Klägers, mit der er die Verurteilung der Beklagten in dem im Berufungsverfahren beantragten Umfang erstrebt.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg. Es führt in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. 1. Die Forderung des Klägers auf monatliche Unterhaltszahlungen von 580 DM ist für Juli und August 1996 sowie für Februar 1997 in der geltend gemachten Höhe nicht gerechtfertigt. Nach der Nachberechnung des Klägers sind in diesen Monaten geringere Sozialhilfeleistungen für die Mutter erbracht wor-
den, und zwar für Juli und August 1996 monatlich 493,48 DM und für Februar 1997 496,80 DM. Entgegen der Auffassung des Klägers kann er die Klageforderung nicht auf die in den anderen Monaten erbrachten höheren Sozialhilfeleistungen stützen, da er durchgehend nur eine monatliche Unterhaltsforderung von 580 DM geltend macht. Wegen des in den genannten Monaten verlangten höheren Unterhalts hat die Revision deshalb keinen Erfolg. 2. Darüber hinaus sind nicht für den gesamten hier maßgeblichen Zeitraum die Voraussetzungen erfüllt, unter denen Unterhalt für eine vor Klageerhebung liegende Zeit, wie er vorliegend ausschließlich in Rede steht, verlangt werden kann. Daß die Beklagte in Verzug gekommen war und deshalb nach § 1613 Abs. 1 BGB in der bis zum 30. Juni 1998 geltenden Fassung Unterhalt für einen vor der Rechtshängigkeit des Anspruchs liegenden Zeitraum gefordert werden kann, ist nicht festgestellt worden. Bei Unterhaltsansprüchen, die nach § 91 Abs. 1 Satz 1 BSHG in der Fassung vom 23. Juni 1993 (BGBl. I 944) kraft Gesetzes auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen sind, wirkt der Übergang des Anspruchs nach der hier anzuwendenden Bestimmung des § 91 Abs. 3 Satz 1 BSHG in der Fassung vom 23. Juni 1993 - außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts - aber nur dann auf den Beginn der Hilfe zurück, wenn dem Unterhaltspflichtigen der Bedarf unverzüglich nach Kenntnis des Trägers der Sozialhilfe schriftlich mitgeteilt wurde. Dabei ist der Zeitpunkt der Kenntnis im Sinne des § 5 Abs. 1 BSHG maßgebend (vgl. BRDrucks. 121/93 S. 219), weshalb es darauf ankommt, wann dem Träger der Sozialhilfe bekannt geworden ist, daß die Voraussetzungen für die Gewährung der Sozialhilfe vorlagen. Da der Mutter (erst) ab 29. Januar 1996 Sozialhilfe geleistet wurde, kann der Kläger als Träger der Sozialhilfe schwerlich bereits am 9. August 1995, als er die Beklagte über die Hilfegewährung unterrichtete, Kenntnis im Sinne des
§ 5 BSHG gehabt haben (vgl. zum Zeitpunkt der Kenntnis: LPK-BSHG 4. Aufl. § 91 Rdn. 57; Scholz FamRZ 1994, 1, 2 f.). Eine vor Kenntniserlangung erfolgte Mitteilung des Bedarfs kann indessen die Rechtswirkungen des § 91 Abs. 3 Satz 1 BSHG in der hier anzuwendenden Fassung nicht zur Folge haben. Das Schreiben des Klägers vom 25. April 1996, mit dem der Beklagten u.a. die Höhe der Sozialhilfeleistungen für die Mutter mitgeteilt wurde, erfüllt zwar die Voraussetzungen des § 91 Abs. 3 Satz 1 BSHG, ist aber nicht mehr unverzüglich im Sinne der Bestimmung erfolgt (vgl. Senatsurteil vom 21. Juni 1989 - IVb ZR 73/88 - FamRZ 1989, 1054, 1055; LPK-BSHG aaO § 91 Rdn. 57; Scholz aaO S. 3). Dieses Schreiben eröffnete deshalb erst vom Zugang bei der Beklagten an die Möglichkeit ihrer Inanspruchnahme (vgl. Senatsurteil vom 21. Juni 1989 aaO; Schellhorn/Jirasek/Seipp BSHG 14. Aufl. § 91 Rdn. 62; Oesterreicher /Schelter/Kunz/ Decker BSHG § 91 Rdn. 157). Da der Zugang des Schreibens nicht vor dem 26. April 1996 erfolgt sein kann, scheidet eine Inanspruchnahme für die Zeit bis zum 25. April 1996 aus. Wegen der bis dahin geltend gemachten Unterhaltsansprüche ist die Revision deshalb ebenfalls unbegründet. 3. Die aus § 1601 BGB folgende Unterhaltspflicht der Beklagten für ihre Mutter steht dem Grunde nach nicht im Streit. Der Unterhaltsbedarf der Mutter wird durch ihre Unterbringung in einem Altenheim bestimmt, deren Angemessenheit von der Beklagten nicht bezweifelt wird. In Höhe der nicht durch das Einkommen und Vermögen der Mutter gedeckten Heimkosten ist diese deshalb als unterhaltsbedürftig anzusehen, soweit die betreffenden Kosten zutreffend angesetzt worden sind. Der Unterhaltsbedürftigkeit steht nicht entgegen, daß die Mutter noch über Vermögen in Höhe von 4.500 DM verfügt, von dessen Verwertung die Gewährung von Sozialhilfe nach § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG in Verbindung mit § 1
Abs. 1 Nr. 1 b der hierzu ergangenen Durchführungsverordnung vom 11. Febru- ar 1988 in der Fassung der Verordnung vom 23. Oktober 1991 nicht abhängig gemacht werden darf. Zwar ist ein - nicht minderjähriger - Unterhaltsberechtigter im Verhältnis zu dem Unterhaltspflichtigen grundsätzlich gehalten, vorhandenes Vermögen zu verwerten, soweit ihm dies - auch unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten - zumutbar ist. Das schließt es indessen nicht aus, dem Unterhaltsberechtigten eine gewisse Vermögensreserve als sogenannten Notgroschen für Fälle plötzlich auftretenden (Sonder-)Bedarfs zu belassen (vgl. Senatsurteil vom 5. November 1997 - XII ZR 20/96 - FamRZ 1998, 367, 369 für ein volljähriges Kind; BGH, Urteil vom 5. Dezember 1956 - IV ZR 215/56 - FamRZ 1957, 120 für einen 74 Jahre alten Vater, der Elternrente nach § 17 Abs. 1 Nr. 5 BEG beantragt hatte). Zu einer anderen Beurteilung besteht auch im Rahmen der Inanspruchnahme auf Zahlung von Elternunterhalt kein Anlaß (anderer Ansicht OLG Köln FamRZ 2001, 437). Auch betagte, in einem Heim lebende Eltern können - ebenso wie andere ältere Menschen - noch Notfallreserven benötigen, deren Auflösung ihnen deshalb nicht angesonnen werden kann (vgl. etwa Paletta FamRZ 2001, 1639 f. der darauf hinweist, daß die Kapitalreserve in der Regel jedenfalls dazu dienen soll, die Beerdigungskosten zu bestreiten). Was die Höhe des sogenannten Notgroschens anbelangt, schließt sich der Senat der im Schrifttum wohl herrschenden Meinung an, nach der regelmäßig zumindest der Schonbetrag nach § 88 Abs. 1 Nr. 1 BSHG in Verbindung mit der Durchführungsverordnung anzusetzen ist (vgl. Derleder FuR 1991, 1, 7 f.; Duderstadt Erwachsenenunterhalt 3. Aufl. Anm. 3.2; Gerhardt in Handbuch des Fachanwalts Familienrecht 4. Aufl. 6. Kap. Rdn. 206; Günther Anwaltshandbuch § 12 Rdn. 27; Heiß/Hußmann Unterhaltsrecht Kap. 16 Rdn. 20; Müller FPR 1995, 190, 191; Erdrich in Scholz/ Stein Praxishandbuch Familienrecht Teil J Rdn. 33; Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 5. Aufl. § 2 Rdn. 614; Mergler/Zink BSHG § 91 Rdn. 38).
4. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2000, 1391 f. veröffentlicht ist, hat angenommen, die Beklagte sei zur Zahlung von Elternunterhalt nicht leistungsfähig. Hierzu hat es ausgeführt: Ein Ehegatte sei nicht verpflichtet, dem anderen Geldmittel zur Verfügung zu stellen, damit dieser Unterhaltsleistungen für seine Eltern erbringen könne. Deshalb verbiete sich eine Berechnung der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Kindes, die darauf beruhe, das Einkommen der Ehegatten zu addieren, hiervon die Familienlasten abzuziehen und den verbleibenden Rest hälftig aufzuteilen. Der sich daraus rechnerisch ergebende Betrag stelle kein Einkommen des Unterhaltspflichtigen dar, vielmehr habe er gegenüber seinem Ehegatten nur einen - nicht auf Geldleistung gerichteten - Anspruch auf angemessenen Familienunterhalt. Auch gegen die von dem Kläger angewandte Methode zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit bestünden Bedenken. Es gehe nicht an, den Naturalunterhaltsanspruch der Beklagten gegen ihren Ehemann zu ermitteln und den der Beklagten im Verhältnis zu ihrer Mutter zustehenden Selbstbehalt entsprechend zu kürzen mit der Folge, daß die Beklagte zumindest teilweise leistungsfähig sei. Denn diese Methode führe letztlich dazu, daß der Ehepartner des unterhaltspflichtigen Kindes zumindest indirekt den Unterhalt der Schwiegereltern, denen gegenüber er nicht unterhaltspflichtig sei, finanzieren müsse, und zwar auf Kosten seines eigenen Lebenszuschnitts. Im Bereich von nicht erheblich über dem Durchschnitt liegenden Einkünften der Ehegatten, wie sie auch im vorliegenden Fall vorhanden seien, entspreche es in der Regel der Lebensgestaltung der Familie, daß beide Ehegatten ihre jeweiligen Einkünfte - mit Ausnahme kleinerer Beträge für ihren persönlichen Bedarf - voll für den Familienunterhalt zur Verfügung stellen würden mit der Folge, daß die Familie einen entsprechend höheren Lebensstandard genieße. Dieser Lebensstandard werde beeinträchtigt, wenn das unterhaltspflichtige Kind einen Teil seiner Einkünfte für den Elternunterhalt abzweigen müsse. Eine andere Bewertung sei nur dann
gerechtfertigt, wenn das unterhaltspflichtige Kind von seinem Ehegatten aus- kömmlich unterhalten werde. Davon könne indessen nur bei überdurchschnittlich guten wirtschaftlichen Verhältnissen des Ehepartners ausgegangen werden , weil in solchen Fällen nur eine relativ geringfügige Beeinträchtigung des Lebenszuschnitts der Familie eintrete, die selbst unter Berücksichtigung des Vorrangs der Familie vor dem Aszendentenunterhalt hingenommen werden könne. Deshalb komme es in der Regel allein auf das Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes an. Nur wenn dieses den - auch für den hier maßgeblichen Zeitraum - mit monatlich mindestens 2.250 DM (incl. 800 DM Warmmiete) anzusetzenden Selbstbehalt übersteige, komme eine Unterhaltsverpflichtung in Betracht. Da das Einkommen der Beklagten unter diesem Selbstbehalt liege, sei sie nicht leistungsfähig. Selbst wenn dieser Auffassung nicht gefolgt und das Einkommen des Ehegatten des Unterhaltspflichtigen berücksichtigt werde, führe dies aber nicht zwangsläufig zur Annahme der Leistungsfähigkeit. Insofern sei nämlich zu beachten, daß eine Steigerung der Leistungsfähigkeit nicht deshalb angenommen werden könne, weil der Unterhaltspflichtige mit einem gut verdienenden Partner verheiratet sei. Vielmehr sei dann eine Kontrollberechnung erforderlich, um festzustellen, ob der Unterhaltspflichtige auch ohne Berücksichtigung des Ehepartners leistungsfähig wäre. Diese Kontrollberechnung, die von fiktiven Einkünften aus einer vollschichtigen Tätigkeit ausgehe - was im Rahmen des Aszendentenunterhalts durchaus fraglich sei -, führe im vorliegenden Fall ebenfalls zu dem Ergebnis, daß es an der erforderlichen Leistungsfähigkeit der Beklagten fehle. Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Wie der Senat inzwischen - in Anknüpfung an sein Urteil vom 11. Februar 1987 (- IVb ZR 81/85 - FamRZ 1987, 472, 473 f.) - entschieden hat,
kann auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende angemessene Selbstbehalt insoweit gewahrt sein, als er durch den ihm von seinem Ehegatten zu leistenden Familienunterhalt sein Auskommen findet. Die Höhe des von jedem Ehegatten zu leistenden Familienunterhalts richtet sich nach dem Verhältnis der beiderseitigen unterhaltsrechtlich relevanten Nettoeinkommen. Soweit das Einkommen eines Ehegatten zur Bestreitung des angemessenen Familienunterhalts nicht benötigt wird, steht es ihm selbst zur Verfügung und kann folglich für Unterhaltszwecke eingesetzt werden, sofern der angemessene Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen insgesamt gewahrt ist. Der nicht unterhaltspflichtige Ehegatte wird in solchen Fällen nicht mittelbar zum Unterhalt herangezogen, denn sein eigener angemessener Familienunterhalt ist gedeckt; die durch Unterhaltsleistungen bedingte Schmälerung des Einkommens seines Ehegatten braucht er nicht zu kompensieren, da auch dessen angemessener Unterhalt gesichert ist (Senatsurteil vom 15. Oktober 2003 - XII ZR 122/00 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
b) In der vorgenannten Entscheidung brauchte der Senat die Frage, unter welchen Umständen ein Unterhaltspflichtiger sein unter dem Selbstbehalt liegendes eigenes Einkommen für den Elternunterhalt einzusetzen hat, allerdings nicht abschließend zu beurteilen. Denn der damals zugrundeliegende Sachverhalt war zum einen durch gehobene Einkommensverhältnisse des Ehemannes der Unterhaltspflichtigen und zum anderen dadurch geprägt, daß dieses Einkommen den tatrichterlich angesetzten Familienunterhalt ganz erheblich überstieg. Im vorliegenden Fall ist indessen darüber zu befinden, wie die Leistungsfähigkeit eines verheirateten Unterhaltspflichtigen bei Einkünften unterhalb des Selbstbehalts allgemein zu beurteilen ist. aa) Auch insofern kommt dem Gesichtspunkt maßgebende Bedeutung zu, ob und gegebenenfalls inwieweit das Einkommen des Unterhaltspflichtigen
zur Bestreitung des vorrangigen angemessenen Familienunterhalts benötigt wird. Das hängt wiederum davon ab, wie der geschuldete Familienunterhalt zu bemessen ist. Da dieser gemäß § 1360 a BGB seinem Umfang nach alles umfaßt , was für die Haushaltsführung und die Deckung der persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und eventueller Kinder erforderlich ist, und sich an den ehelichen Verhältnissen ausrichtet, kann er nicht generell mit den Mindestselbstbehalten des Unterhaltspflichtigen und seines Ehegatten - gegebenenfalls unter Hinzurechnung des für den Kindesunterhalt erforderlichen Betrages - angesetzt werden (so aber Gerhardt aaO 6. Kap. Rdn. 207 b). Denn der Ehegatte des Unterhaltspflichtigen steht außerhalb dessen Unterhaltsrechtsverhältnisses zu seinen Eltern und ist rechtlich nicht verpflichtet, sich zu deren Gunsten in seiner Lebensführung einzuschränken (vgl. insofern für die Ehefrau des Unterhaltspflichtigen Senatsurteil vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860, 865). Was die Ehegatten für ihren Familienunterhalt benötigen, muß vielmehr - ebenso wie der eigene angemessene Bedarf eines Unterhaltspflichtigen - nach den im Einzelfall maßgebenden Verhältnissen, insbesondere unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensstellung, des Einkommens, Vermögens und sozialen Rangs, bestimmt werden. Es entspricht nämlich der Erfahrung, daß der Lebensstandard sich hieran ausrichtet, bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen also ein einfacherer Lebenszuschnitt anzutreffen ist als bei günstigeren Einkommensverhältnissen (vgl. Senatsurteile vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 266/99 - FamRZ 2002, 1698, 1700 und vom 19. Februar 2003 aaO S. 864). Wie der Familienunterhaltsbedarf danach zu bemessen ist, obliegt der tatrichterlichen Beurteilung des Einzelfalls. Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Seine Annahme, Einkünfte in der Größenordnung, wie sie von der Beklagten und ihrem Ehemann erzielt worden seien, dienten im wesentlichen zur Finanzierung der Lebensführung, läßt sich nicht damit verein-
baren, daß die Sparquote in Deutschland (nach den Angaben der Deutschen Bundesbank abgedruckt u.a. in Fischer Weltalmanach 2004 Sp. 277) in den Jahren 1996 und 1997 etwas mehr als 10 % des verfügbaren Einkommens betrug. Da mit Rücksicht darauf nicht ohne weiteres von einem Verbrauch des gesamten Familieneinkommens ausgegangen werden kann, muß der für seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit darlegungsbelastete Unterhaltspflichtige dann, wenn das Familieneinkommen die ihm und seinem Ehegatten zuzubilligenden Mindestselbstbehaltssätze übersteigt, vortragen, wie sich der Familienunterhalt gestaltet und ob und gegebenenfalls welche Beträge zur Vermögensbildung verwendet werden. Soweit das Einkommen der Ehegatten nicht für den Familienunterhalt verwendet, sondern der Vermögensbildung zugeführt wird, ist der Ansatz eines aus den Einkommensverhältnissen abgeleiteten Familienunterhaltsbedarfs möglicherweise nicht gerechtfertigt. Denn vermögensbildende Maßnahmen des Unterhaltspflichtigen dürfen sich - soweit es nicht etwa um die Finanzierung eines angemessenen Eigenheims oder in angemessenem Rahmen betriebene zusätzliche Altersversorgung geht (vgl. hierzu Senatsurteil vom 19. März 2003 - XII ZR 123/00 - FamRZ 2003, 1179, 1180 ff.) - nicht zu Lasten eines unterhaltsberechtigten Elternteils auswirken. In diesem Sinne bedeutsame Anhaltspunkte kann auch der Träger der Sozialhilfe geltend machen, da er nach § 116 Abs. 1 BSHG von dem Unterhaltspflichtigen und seinem nicht getrenntlebenden Ehegatten Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse verlangen kann, soweit die Durchführung dieses Gesetzes es erfordert. Je nach dem, wie der Familienunterhalt danach zu bemessen ist, kann ein Teil des Einkommens des Unterhaltspflichtigen für die Zahlung von Elternunterhalt einzusetzen sein. Ist der Familienunterhalt nämlich einerseits höher als die für die Eheleute maßgeblichen Mindestselbstbehaltsätze, andererseits aber niedriger als das beiderseitige unterhaltsrelevante Einkommen, so steht
dem Unterhaltspflichtigen - der zum Familienunterhalt nur so viel beitragen muß, wie es dem Verhältnis der beiderseitigen Einkünfte entspricht -, ein Teil seines Einkommens zur Verfügung mit der Folge, daß er insoweit unterhaltsrechtlich leistungsfähig sein kann, ohne daß es darauf ankommt, ob sein Einkommen über dem Mindestselbstbehalt liegt. Denn sein angemessener Unterhalt ist im Rahmen des Familienunterhalts gewährleistet (ebenso Wendl/Pauling aaO § 2 Rdn. 645; Luthin/Seidel Handbuch des Unterhaltsrechts 9. Aufl. Rdn. 5084 f.; Günther aaO § 12 Rdn. 96; Heiß/Hußmann aaO 13. Kap. Rdn. 42; Henrich Anm. zu LG Bielefeld FamRZ 1992, 589, 590). bb) Die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen mit einem unter dem Selbstbehalt liegenden Einkommen kann sich aber auch dann ergeben, wenn er neben der Haushaltsführung zum Beispiel einer geringfügigen Nebenbeschäftigung nachgeht, das hieraus erzielte Einkommen jedoch tatsächlich für eigene Zwecke verwenden kann. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn der Unterhaltspflichtige seine Verpflichtung, zum Familienunterhalt beizutragen, bereits durch die allein übernommene Haushaltsführung erfüllt, seine Einkünfte für den Familienunterhalt nicht eingesetzt zu werden brauchen und ihm deshalb verbleiben (ebenso Luthin/Seidel aaO Rdn. 5079). Leistungsfähig kann ein Unterhaltspflichtiger aber auch dann sein, wenn und soweit er sein Einkommen tatsächlich für den Familienunterhalt einsetzt, hierzu aber rechtlich nicht verpflichtet ist, weil er bereits durch die ebenfalls übernommene Haushaltsführung zum Familienunterhalt beiträgt. Da die Ehegatten allerdings ihre persönliche und wirtschaftliche Lebensführung in gemeinsamer Verantwortung bestimmen können (vgl. BVerfG FamRZ 2002, 527, 528), steht es ihnen grundsätzlich auch frei, Vereinbarungen über die innerfamiliäre Arbeitsteilung zu treffen, die einen Ehegatten mehr belasten als den anderen. Die Mitwirkung an einer solchen Gestaltung ist einem Ehegatten im Verhältnis
zu seinen unterhaltsberechtigten Eltern nach Treu und Glauben jedenfalls dann verwehrt, wenn ein erhebliches Mißverhältnis der beiderseitigen Beiträge zum Familienunterhalt vorliegt. In einem solchen Fall ist darauf abzustellen, in welchem Umfang der Unterhaltspflichtige rechtlich gehalten ist, über die Haushaltsführung hinaus zum Familienunterhalt beizutragen. Auch unter diesem Gesichtspunkt können sich für den Elternunterhalt einsetzbare Mittel ergeben (vgl. Wendl/Pauling aaO § 2 Rdn. 645; Günther aaO § 12 Rdn. 94). cc) Schließlich kann es Fallgestaltungen geben, bei denen davon auszugehen ist, daß der Unterhaltspflichtige die ihm zur Verfügung stehenden Geldmittel nicht benötigt, weil der von seinem Ehegatten zu leistende Familienunterhalt so auskömmlich ist, daß er bereits daraus angemessen unterhalten werden kann (vgl. Senatsurteile vom 11. Februar 1987 aaO S. 473 f. und vom 15. Oktober 2003). Hierzu wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, von solchen Einkommensverhältnissen sei etwa auszugehen, wenn das bereinigte Einkommen dem doppelten Selbstbehalt der Ehegatten entspreche (so Günther aaO § 12 Rdn. 99), oder wenn es im Bereich der letzten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle liege (so Müller FamRZ 2002, 570, 571 f.), was vom Ergebnis her vergleichbar ist. Die Würdigung entsprechender Verhältnisse als einen auskömmlichen Familienunterhalt gewährleistend kann jedenfalls im Grundsatz nicht beanstandet werden. 5. Ausgehend hiervon begegnet es rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht die Beklagte nicht für verpflichtet gehalten hat, Unterhalt für ihre Mutter zu zahlen.
a) Einkommensverhältnisse, bei denen unabhängig von dem Einkommen der Beklagten auf die Gewährung auskömmlichen Familienunterhalts geschlossen werden kann, liegen zwar nicht vor. Nach dem vom Berufungsgericht in
Bezug genommenen Vorbringen des Klägers verfügte die Beklagte über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.425,23 DM. Nach Abzug der vom Berufungsgericht festgestellten Fahrtkosten (monatlich 199 DM) sowie der Kosten der Zusatzkrankenversicherung (monatlich 96,45 DM) verblieb ein bereinigtes Einkommen von rund 1.130 DM. Das bereinigte monatliche Nettoeinkommen des Ehemannes der Beklagten belief sich auf rund 5.379 DM. Nach dem zusammengerechneten Einkommen der Ehegatten von 6.509 DM war für den Unterhalt des Sohnes ein Betrag von 875 DM (entsprechend dem Tabellenunterhalt gemäß Gruppe 8, 3. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle) zuzüglich der mit rund 194 DM festgestellten Kosten der Krankenversicherung, mithin insgesamt 1.069 DM, anzusetzen. Danach verblieben Gesamteinkünfte von 5.440 DM. Ein Wohnvorteil ist nach den von der Revision nicht angegriffenen und aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Ausführungen des Berufungsgerichts nicht hinzuzurechnen. Insofern begegnet es weder Bedenken, daß das Berufungsgericht nicht auf den objektiven Wohnwert des Familienheims abgestellt, noch daß es gleichermaßen Zins- und Tilgungsleistungen auf die zur Finanzierung aufgenommenen Darlehen berücksichtigt hat (vgl. Senatsurteil vom 19. März 2003 aaO S. 1181 f.). Entgegen der Auffassung der Revision ist es nicht ermessensfehlerhaft, daß das Berufungsgericht von einem Mindestselbstbehalt der unterhaltspflichtigen Beklagten von 2.250 DM ausgegangen ist. Dieser Betrag entspricht vielmehr unter Berücksichtigung der besonderen Lebensverhältnisse, die bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt vorliegen, den Mitteln, die einem Unterhaltspflichtigen selbst bei nur durchschnittlichen Einkommensverhältnissen mindestens zu belassen sind (vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 aaO S. 1700 f.). Der genannte Betrag kann auch bereits für die Zeit ab Januar 1996 zugrundegelegt werden, auch wenn erstmals zum 1. Juli 1998 in der Düsseldorfer Tabelle Selbstbehaltsätze im Rahmen des Aszendentenunterhalts auf-
geführt worden sind. Denn der Betrag von 2.250 DM errechnet sich aus dem gegenüber einem volljährigen Kind anzuerkennenden Selbstbehalt von 1.800 DM zuzüglich eines Zuschlags von 25 %. Der (normale) angemessene Selbstbehalt belief sich aber schon zum 1. Januar 1996 auf 1.800 DM (vgl. Anm. 5 der Düsseldorfer Tabelle, Stand: 1. Januar 1996). Der Revision kann ferner nicht in der Auffassung gefolgt werden, daß der Selbstbehalt der Beklagten deshalb herabzusetzen sei, weil die auf sie entfallenden anteiligen Wohnkosten geringer seien als der in dem Selbstbehalt mit monatlich 800 DM enthaltene Betrag für die Warmmiete. Es unterliegt grundsätzlich der freien Disposition des Unterhaltspflichtigen, wie er die ihm zu belassenden Mittel nutzt. Ihm ist es deshalb nicht verwehrt, seine Bedürfnisse anders als in den Unterhaltstabellen zu gewichten und sich zum Beispiel mit einer preiswerteren Wohnung zu begnügen, um zusätzliche Mittel für andere Zwecke einsetzen zu können (Senatsurteil vom 25. Juni 2003 - XII ZR 63/00 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Eine Herabsetzung des der Beklagten zuzubilligenden Selbstbehalts ist deshalb nicht veranlaßt. Ausgehend von einem für die Beklagte und ihren Ehemann anzusetzenden Mindestselbstbehalt von insgesamt 4.000 DM (2.250 DM + 1.750 DM) erreichen die Gesamteinkünfte den doppelten Selbstbehalt aber bei weitem nicht.
b) Das bedeutet indessen noch nicht, daß im vorliegenden Fall keine freien Mittel zum Elternunterhalt zur Verfügung stünden. Die tatrichterliche Beurteilung , daß Einkünfte in der hier vorliegenden Größenordnung - abgesehen von kleinen Beträgen für den persönlichen Bedarf - nach der Lebenserfahrung in voller Höhe für den Familienunterhalt verwendet werden, begegnet nämlich durchgreifenden rechtlichen Bedenken. In welcher Höhe der Familienunterhalt anzusetzen ist, bedarf der tatrichterlichen Würdigung unter Berücksichtigung
der Umstände des Einzelfalls. Da das Berufungsgericht solche Feststellungen, insbesondere zu Konsum- und etwaigen Spargewohnheiten der Ehegatten, nicht getroffen hat, kann das angefochtene Urteil in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang keinen Bestand haben. Es ist deshalb insoweit aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird die zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Beklagten erforderlichen Feststellungen - nach ergänzendem Sachvortrag - nachzuholen haben. 6. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
a) Wenn die zu treffenden Feststellungen des Berufungsgerichts ergeben sollten, daß das Einkommen der Beklagten und ihres Ehemannes nicht in voller Höhe für den Familienunterhalt verwendet wurde, sondern teilweise der Vermögensbildung diente, dürfte die Beklagte in Höhe des insofern auf sie entfallenden Anteils als leistungsfähig anzusehen sein. Eine Notwendigkeit, in angemessenem Rahmen zusätzliche Altersvorsorge zu betreiben, dürfte neben dem Immobilieneigentum nicht bestehen.
b) Falls dagegen festgestellt werden sollte, daß das Einkommen der Eheleute in voller Höhe für den Familienunterhalt verwendet wurde, wird zu prüfen sein, ob die Beklagte rechtlich verpflichtet war, das von ihr erzielte Einkommen insgesamt für den Familienunterhalt zur Verfügung zu stellen oder ob deshalb, weil sie erwerbstätig war und evtl. zusätzlich die volle oder überwiegende Haushaltsführung und Kinderbetreuung übernommen hat, ein erhebliches Mißverhältnis der beiderseitigen Beiträge zum Familienunterhalt vorliegt (vgl. unter 4 b bb).
c) Was die Höhe der ungedeckten Heimkosten anbelangt, so läßt sich nach den getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob das Heim - etwa nach den §§ 1 ff. des Art. 49 a des Pflege-Versicherungsgesetzes
vom 26. Mai 1994 (BGBl. I 1014) - berechtigt war, rückwirkend ab 1. Juli 1996 höhere Kosten in Rechnung zu stellen. Im weiteren Verfahren wird deshalb zu prüfen sein, ob die hierfür erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen erfüllt waren.
d) Das Berufungsgericht wird sich schließlich die Frage vorzulegen haben , ob die geltend gemachten Unterhaltsansprüche mit Rücksicht darauf, daß die Klageerhebung erst im Oktober 1998 erfolgt ist, teilweise verwirkt sind (vgl. hierzu Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 aaO S. 1698, 1699 f.).
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Ahlt
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aa) Dass zur Ermittlung des Bedarfs nach der Düsseldorfer Tabelle die Einkommen beider Elternteile einbezogen werden müssen, folgt beim Wechselmodell bereits zwingend daraus, dass kein Elternteil von der Barunterhaltspflicht befreit ist. Der Bedarf lässt sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht in zwei gesondert zu ermittelnde Beträge aufspalten, die für jeden Elternteil nach dessen jeweiliger alleiniger Unterhaltspflicht zu berechnen wären. Dadurch würde verkannt, dass der Unterhaltsbedarf des Kindes ein einheitlicher ist und sich grundsätzlich von beiden Elternteilen ableitet. Unterschiedliche Anteile der Eltern ergeben sich nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB erst aus deren individueller Leistungsfähigkeit und der daran orientierten Beteiligungsquote sowie daraus, dass die Unterhaltspflicht auf den Betrag begrenzt ist, den der Unterhaltspflichtige bei alleiniger Unterhaltshaftung auf der Grundlage seines Einkommens zu zahlen hätte (vgl. Senatsurteile BGHZ 164, 375 = FamRZ 2006, 99, 100 und vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06 - FamRZ 2008, 2104 Rn. 31).

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 3. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 21. Januar 2015 aufgehoben.

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Schleswig vom 17. März 2014 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller 558 € nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Dezember 2013 zu zahlen.

Die Antragsgegnerin wird weiter verpflichtet, an den Antragsteller ab August 2013 monatlich jeweils

- ein Viertel des gesetzlichen Kindergelds für ein erstes Kind für das Kind M.        , geboren am 20. Dezember 2000, mithin monatlich 46 € für den Zeitraum August 2013 bis Dezember 2015 und monatlich 47,50 € für den Zeitraum ab Januar 2016,

- ein Viertel des gesetzlichen Kindergelds für ein zweites Kind für das Kind N.         , geboren am 8. Juni 2003, mithin monatlich 46 € für den Zeitraum August 2013 bis Dezember 2015 und monatlich 47,50 € für den Zeitraum ab Januar 2016,

- ein Viertel des gesetzlichen Kindergelds für ein drittes Kind für das Kind R.          , geboren am 16. März 2005, mithin monatlich 47,50 € für den Zeitraum August 2013 bis Dezember 2015 und monatlich 49 € für den Zeitraum ab Januar 2016

zu zahlen. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten aller Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben.

Von Rechts wegen

Gründe

I.

1

Die Beteiligten sind geschiedene Eheleute. Aus ihrer Ehe sind die drei gemeinsamen minderjährigen Kinder M. (geboren im Dezember 2000), N. (geboren im Juni 2003) und R. (geboren im März 2005) hervorgegangen. Die Kinder halten sich im wöchentlichen Wechsel im jeweiligen Haushalt des einen und des anderen Beteiligten auf. Es besteht auch im Übrigen Einigkeit darüber, dass die Beteiligten ihre Kinder paritätisch und somit in einem Wechselmodell betreuen. Keiner der Beteiligten leistet aufgrund seiner Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern bislang Zahlungen an den anderen Teil. Die im öffentlichen Dienst beschäftigte Antragsgegnerin bezieht das gesetzliche Kindergeld für alle drei Kinder.

2

Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin in dem vorliegenden Verfahren auf Auskehrung des hälftigen Kindergelds für den Zeitraum ab April 2013 in Anspruch. Die Antragsgegnerin ist dem Anspruch unter anderem mit der Begründung entgegengetreten, dass sie in diesem Zeitraum die erforderlichen Aufwendungen insbesondere für Bekleidung, Schulutensilien, Mobilität und Versicherungen für die drei Kinder allein getragen habe und eine unterhaltsrechtliche Berücksichtigung dieser Leistungen insoweit noch ausstehe. Hilfsweise hat sie wegen dieser Aufwendungen die Aufrechnung mit Gegenforderungen in einer Gesamthöhe von 4.431,92 € erklärt. Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin antragsgemäß dazu verpflichtet, für den Zeitraum ab August 2013 laufend das hälftige Kindergeld für die Kinder M. und N. in monatlicher Höhe von 92 € und für das Kind R. in Höhe von 95 € sowie für den Zeitraum von April bis Juli 2013 einen Rückstandsbetrag in Höhe von 1.116 € nebst Zinsen an den Antragsteller zu zahlen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.

3

Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie weiterhin eine Abweisung der Zahlungsanträge erstrebt.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde hat teilweise Erfolg.

5

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, die in FamRZ 2015, 965 veröffentlicht ist, im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:

6

Da der Antragsteller die gemeinsamen Kinder hälftig betreue und auch Baraufwendungen durch die Unterhaltung der Kinder jedenfalls im Hinblick auf Wohn- und Verpflegungskosten habe, stehe ihm intern die Hälfte des Kindergelds zu, welches entgegen § 1612 b BGB allein der Antragsgegnerin zugeflossen sei. Als Anspruchsgrundlage für das Begehren des Antragstellers auf hälftigen Ausgleich des von der Antragsgegnerin bereits empfangenen und künftig zu beziehenden Kindergelds komme ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch in Betracht, mit dem nicht nur erbrachte Unterhaltsleistungen, sondern auch vorweggenommene staatliche Sozialleistungen ausgeglichen werden könnten. Es bestünden keine Bedenken dagegen, den Anspruch auf Kindergeldausgleich isoliert ohne gleichzeitige Abrechnung des Gesamtunterhalts geltend zu machen. Zwar sei ein Gesamtausgleich einschließlich des Kindergelds praktisch und sinnvoll. Solange aber ein Gesamtausgleich und eine damit einhergehende unterhaltsrechtliche Abrechnung des Kindergelds von beiden Elternteilen nicht geltend gemacht werde, müsse eine isolierte Durchsetzung möglich sein, weil sonst eine unnötige Erweiterung des Verfahrens drohe. Dem stehe auch der Gedanke des § 1612 b BGB nicht entgegen. Im Normalfall, in dem der das Kindergeld beziehende Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung erfülle und der andere barunterhaltspflichtig sei, stelle sich die Frage nach dem Kindergeldausgleich nicht, weil das Kindergeld hälftig auf die Barunterhaltspflicht des anderen Elternteils angerechnet werde. Es gebe aber auch in dieser Konstellation Ausnahmefälle, wie beispielsweise bei einem Obhutswechsel des Kindes, in denen ein Ausgleich des Kindergelds zu erfolgen habe. Dies sei auch zulässig, weil das Kindergeld nicht Teil des Kindesunterhalts sei und daher keinen bloß unselbständigen Rechnungsposten in einer möglichen Gesamtabrechnung darstelle. Die isolierte Geltendmachung führe zudem nicht zu einem unbilligen Ergebnis, denn wenn der andere Elternteil im Anschluss an den isolierten Kindergeldausgleich noch einen unterhaltsrechtlichen Gesamtausgleich geltend machen wolle, könne und müsse die Entscheidung zum isolierten Kindergeldausgleich in der dortigen Abrechnung berücksichtigt und das Kindergeld bei beiden Elternteilen hälftig als empfangene Leistung in die Abrechnung eingestellt werden. Die Hilfsaufrechnung der Antragsgegnerin mit behaupteten monatlichen Mehraufwendungen greife nicht durch, weil mangels Vortrags zu den Einkünften der Antragsgegnerin nicht dargetan sei, in welchem Verhältnis die Kindeseltern zum Barunterhalt der Kinder beizutragen hätten. Schon aus diesem Grund könne von etwaigen Mehraufwendungen im Verhältnis zum Antragsteller, der nach den vorgelegten Einkommensunterlagen nur knapp über dem notwendigen Selbstbehalt liegen dürfte, nicht auf eine Berechtigung geschlossen werden, das volle Kindergeld nach eigenem Belieben einzusetzen.

7

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

8

a) Mit Recht und mit zutreffender Begründung hat das Beschwerdegericht allerdings erkannt, dass sich ein etwaiger Anspruch des Antragstellers auf Ausgleich des hälftigen Kindergelds nicht - wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint - auf § 430 BGB stützen kann.

9

Ein Anspruch nach § 430 BGB kommt nur dann in Betracht, wenn der Tatbestand einer Gesamtgläubigerschaft nach § 428 BGB vorliegt, mithin mehrere Personen eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt sind, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist. Ein solcherart ausgestaltetes Forderungsrecht beider kindergeldberechtigter Elternteile gegenüber der Familienkasse besteht nicht. Das auf der Grundlage des Einkommensteuergesetzes gewährte staatliche Kindergeld wird gemäß §§ 31 Satz 3, 62 ff. EStG als vorweggenommene Steuervergütung an die Eltern gezahlt. Auch wenn beide Elternteile - jeder für sich genommen - die Voraussetzungen der §§ 62 f. EStG für die Gewährung von Kindergeld erfüllen, wird nach § 64 Abs. 1 EStG nur an einen der beiden Anspruchsberechtigten die Auszahlung des (gesamten) Kindergelds vorgenommen. § 64 Abs. 2 EStG enthält Bestimmungen dazu, welcher der beiden Berechtigten das Kindergeld bekommt. Ist das Kind überwiegend im Haushalt eines Berechtigten aufgenommen und hat es dort seinen Lebensmittelpunkt, erhält dieser Berechtigte nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG das Kindergeld. Ist das Kind in einen gemeinsamen Haushalt aufgenommen, bestimmen die Berechtigten nach § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG untereinander, wer das Kindergeld erhält; können sie sich nicht einigen, trifft das Familiengericht eine für die Familienkasse bindende Entscheidung (§ 64 Abs. 2 Satz 3 EStG). § 64 Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG sind entsprechend anwendbar, wenn das Kind - wie bei einem Wechselmodell - in den getrennten Haushalten beider Berechtigter nahezu gleichwertig aufgenommen worden ist (vgl. BFH Beschluss vom 15. Januar 2014 - V B 31/13 - juris Rn. 4 und FamRZ 2005, 1173, 1174). Kindergeld kann daher bei konkurrierenden Berechtigungen nur derjenige Elternteil beziehen, der nach den gesetzlichen Bestimmungen des § 64 Abs. 2 EStG hierzu berufen ist; dies schließt die Annahme einer Gesamtgläubigerschaft der Eltern gegenüber der Familienkasse aus (vgl. bereits Senatsurteil vom 11. Mai 1988 - IVb ZR 89/87 - FamRZ 1988, 834 zu § 3 BKGG 1964).

10

b) Ebenfalls im Ausgangspunkt zutreffend ist die Auffassung des Beschwerdegerichts, dass sich ein Anspruch des Antragstellers auf Auskehrung des hälftigen Kindergelds aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs ergeben kann.

11

aa) Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich für solche Fälle anerkannt, in denen ein Elternteil für den Unterhalt eines gemeinsamen Kindes aufgekommen ist und dadurch dessen Unterhaltsanspruch erfüllt hat, obwohl (auch) der andere Elternteil ganz oder teilweise unterhaltspflichtig war. Der Anspruch beruht auf der Unterhaltspflicht beider Eltern gegenüber ihrem Kind und ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Unterhaltslast im Verhältnis zwischen ihnen entsprechend ihrem Leistungsvermögen gerecht zu verteilen (vgl. Senatsurteile vom 25. Mai 1994 - XII ZR 78/93 - FamRZ 1994, 1102, 1103 mwN und vom 26. April 1989 - IVb ZR 42/88 - FamRZ 1989, 850, 851).

12

bb) Der Anspruch eines Elternteils auf Ausgleich des dem anderen Elternteil gezahlten Kindergelds ist ein Unterfall des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs (Senatsurteile BGHZ 150, 12, 29 = FamRZ 2002, 536, 541 und vom 16. April 1997 - XII ZR 233/95 - FamRZ 1997, 806, 809; vgl. bereits Senatsurteil vom 11. Mai 1988 - IVb ZR 89/87 - FamRZ 1988, 834), obwohl in diesem Fall nicht geleisteter Unterhalt, sondern eine vorweggenommene Steuervergütung bzw. eine staatliche Sozialleistung im Rahmen des Familienlastenausgleichs ausgeglichen werden soll. Über den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch können auch solche staatlichen Leistungen ausgeglichen werden, die beiden Eltern zur Erleichterung des Kindesunterhalts zugutekommen sollen, aber nur einem Elternteil tatsächlich zugeflossen sind (vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 770). Ein diesbezüglicher familienrechtlicher Ausgleichsanspruch wegen des staatlichen Kindergelds wird freilich nur in seltenen Fällen in Betracht kommen, weil die in § 1612 b Abs. 1 BGB geregelte bedarfsmindernde Anrechnung des Kindergelds auf den Unterhalt einen besonderen Ausgleich zwischen den Eltern regelmäßig entbehrlich macht. Auch bei der Praktizierung eines Wechselmodells wird das von einem Elternteil bezogene staatliche Kindergeld meistens im Rahmen des unterhaltsrechtlichen Gesamtausgleichs zwischen den Elternteilen angerechnet oder verrechnet werden können.

13

Dies ändert jedoch nichts daran, dass es bei dem Anspruch auf Familienlastenausgleich um ein eigenes Recht des jeweiligen Elternteils geht, der den anderen Elternteil auch unmittelbar auf Auszahlung des - gegebenenfalls anteiligen - Kindergelds in Anspruch nehmen kann (vgl. Senatsurteile BGHZ 150, 12, 29 = FamRZ 2002, 536, 541 und vom 16. April 1997 - XII ZR 233/95 - FamRZ 1997, 806, 809). Ein unbedingter und in jeder denkbaren Fallgestaltung zu wahrender Vorrang einer möglichen unterhaltsrechtlichen Abwicklung des Kindergeldausgleichs besteht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht (vgl. bereits Senatsurteil vom 11. Mai 1988 - IVb ZR 89/87 - FamRZ 1988, 834). Es gibt deshalb auch keinen ausreichenden Grund, den Eltern beim Vorliegen eines Wechselmodells in jedem Einzelfall eine - von ihnen möglicherweise gar nicht gewünschte - unterhaltsrechtliche Gesamtabrechnung unter Einschluss des Kindergeldausgleichs aufzuzwingen; es ist vielmehr nicht von vornherein ausgeschlossen, einen Anspruch auf Auskehrung des Kindergelds selbständig geltend zu machen, wenn und solange es an einem unterhaltsrechtlichen Gesamtausgleich zwischen den unterhaltspflichtigen Eltern fehlt (zu weiteren möglichen Anwendungsfällen für einen gesonderten Kindergeldausgleich vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 781).

14

c) Die hier obwaltenden Umstände rechtfertigen es allerdings entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts nicht, die Hälfte des gesetzlichen Kindergelds für die drei gemeinsamen minderjährigen Kinder an den Antragsteller auszukehren.

15

aa) Der Senat hat bereits mehrfach ausgeführt, dass bei einem strengen Wechselmodell beide Elternteile für den Barunterhaltsbedarf des Kindes einzustehen haben. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich in diesem Fall nach den beiderseitigen zusammengerechneten Einkünften der Eltern und umfasst neben dem sich daraus ergebenden Regelbedarf insbesondere die nach den Umständen angemessenen Mehrkosten, die durch die Aufteilung der Betreuung im Rahmen eines Wechselmodells entstehen (Senatsbeschlüsse vom 5. November 2014 - XII ZB 599/13 - FamRZ 2015, 536 Rn. 18 und vom 12. März 2014 - XII ZB 234/13 - FamRZ 2014, 917 Rn. 29). Hierzu können neben den Fahrtkosten insbesondere erhöhte Unterkunftskosten gehören, weil der im Tabellenbetrag enthaltene - und in einigen unterhaltsrechtlichen Leitlinien (z.B. Ziff. 21.5.2. der Süddeutschen Leitlinien) mit 20 % des Barunterhaltsanspruchs angesetzte - Anteil für die Deckung des Wohnbedarfs des Kindes möglicherweise nicht auskömmlich ist, um die Kosten für die Vorhaltung von zwei eingerichteten Kinderzimmern in den Wohnungen der beiden Elternteile vollständig abzubilden (vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 449).

16

Für den so ermittelten Bedarf (Regelbedarf und etwaiger Mehrbedarf) haben die Eltern anteilig aufzukommen, wobei auf den Verteilungsmaßstab der Einkommens- und Vermögensverhältnisse (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB) zurückzugreifen ist. Weil zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass die Eltern beim Wechselmodell einen Teil des Unterhalts in Natur decken (vgl. Senatsbeschluss vom 12. März 2014 - XII ZB 234/13 - FamRZ 2014, 917 Rn. 29 und Senatsurteil vom 21. Dezember 2005 - XII ZR 126/03 - FamRZ 2006, 1015, 1017), findet ein unterhaltsrechtlicher Ausgleich zwischen den Eltern typischerweise nur in Form einer den Tabellenunterhalt nicht erreichenden Ausgleichszahlung statt (vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 449).

17

bb) Umstritten ist beim Vorliegen eines Wechselmodells die Aufteilung des gesetzlichen Kindergelds zwischen den Elternteilen.

18

(1) Hierzu werden im Wesentlichen die folgenden Auffassungen vertreten (vgl. zur Darstellung des Streitstandes auch Wohlgemuth FamRZ 2015, 808 f. mit Berechnungsbeispielen):

19

Mit dem Beschwerdegericht geht eine Auffassung davon aus, dass das Kindergeld getrennt von der übrigen unterhaltsrechtlichen Gesamtabrechnung in Ansatz zu bringen und jedem Elternteil - ohne Rücksicht auf seine Einkommensverhältnisse - zur Hälfte gutzubringen sei (OLG Düsseldorf FamRZ 2014, 567, 569; Poppen in Büte/Poppen/Menne Unterhaltsrecht 3. Aufl. § 1612 b BGB Rn. 11; Wohlgemuth FamRZ 2015, 808, 809 und FamRZ 2014, 84, 85; Ehinger in Ehinger/Griesche/Rasch Handbuch Unterhaltsrecht 7. Aufl. Kap. A Rn. 269; vgl. auch Thesen des Arbeitskreises 15 des 20. Deutschen Familiengerichtstages, Brühler Schriften zum Familienrecht S. 136).

20

Nach einer anderen Auffassung kann der gesamte Kindergeldausgleich zwar ebenfalls außerhalb einer unterhaltsrechtlichen Gesamtabrechnung vorgenommen werden, allerdings nach dem Maßstab des § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB, so dass jedem Elternteil derjenige Anteil am Kindergeld zugerechnet wird, welcher der aus seinen Einkommensverhältnissen hergeleiteten prozentualen Beteiligung am Unterhalt entspricht (Schürmann in Sünderhauf u.a. Vom starren Residenzmodell zum individuellen Wechselmodell Schriftenreihe des ISUV Band 7 S. 53, 60).

21

Nach einer weiteren Meinung soll grundsätzlich die Hälfte des Kindergelds bedarfsmindernd bei der Berechnung des Barunterhalts berücksichtigt und dadurch bewirkt werden, dass der auf den Barunterhalt entfallende Anteil des Kindergelds nach der einkommensabhängigen Beteiligungsquote der Eltern am Barunterhalt und der auf die Betreuung entfallende Anteil des Kindergelds hälftig zwischen den Eltern ausgeglichen wird (vgl. OLG Dresden FamRZ 2016, 470, 472 f.; Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 450; FA-FamR/Seiler 10. Aufl. Kap. 6 Rn. 352 f.; Bausch/Gutdeutsch/Seiler FamRZ 2012, 258, 259; Finke FamFR 2013, 488; Knittel JAmt 2014, 289, 290).

22

(2) Die letztgenannte Auffassung trifft zu.

23

(a) Nach § 1612 b Abs. 1 Nr. 1 BGB ist das auf das Kind entfallende Kindergeld zur Hälfte zur Deckung seines Barbedarfs zu verwenden, wenn ein Elternteil im Sinne von § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt. In allen anderen Fällen erfolgt die Anrechnung des Kindergelds gemäß § 1612 b Abs. 1 Nr. 2 BGB in voller Höhe auf den Barbedarf. Die Anrechnungsregel des § 1612 b Abs. 1 Nr. 1 BGB ist auf Fälle getrennt lebender Eltern zugeschnitten, in denen (nur) einer der beiden Elternteile das minderjährige Kind betreut, während der andere zur Zahlung des Barunterhalts verpflichtet ist. Mit der Auffangvorschrift des § 1612 b Abs. 1 Nr. 2 BGB wollte der Gesetzgeber ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs hingegen solche Fälle in den Blick nehmen, in denen das Kind entweder wegen Volljährigkeit einer Betreuung nicht mehr bedarf oder die Betreuung eines minderjährigen Kindes (etwa bei Fremdunterbringung) nicht wenigstens durch einen der beiden Elternteile erfolgt und deshalb von ihnen nur Barunterhalt zu leisten ist (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 30; vgl. auch Senatsbeschluss vom 7. Mai 2014 - XII ZB 258/13 - FamRZ 2014, 1138 Rn. 37).

24

Keine dieser beiden Konstellationen, die der Gesetzgeber den beiden Anrechnungsregeln des § 1612 b Abs. 1 BGB zugrunde gelegt hat, liegt bei einem Wechselmodell vor. Indessen beruht die gemäß § 1612 b Abs. 1 Nr. 1 BGB vorgesehene Halbanrechnung des Kindergelds auf der grundlegenden gesetzgeberischen Erwägung, dass betreuende Elternteile mit der anderen Hälfte des Kindergelds bei der Erbringung ihrer Betreuungsleistungen unterstützt werden sollen (BT-Drucks. 16/1830 S. 30; vgl. auch Senatsbeschluss vom 7. Mai 2014 - XII ZB 258/13 - FamRZ 2014, 1138 Rn. 38). Dieser Zweck wird, was letztlich auch das Beschwerdegericht nicht anders sieht, bei der gleichwertigen Betreuung des Kindes durch beide Elternteile im Rahmen eines Wechselmodells nicht verfehlt. Eine Vollanrechnung des gesetzlichen Kindergelds auf den Barunterhaltsbedarf würde zudem dazu führen, dass der Kindergeldausgleich im Hinblick auf die im Wechselmodell gleichwertig erbrachten Betreuungsleistungen zu Gunsten des besserverdienenden Elternteils verzerrt würde (vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 450; Bausch/Gutdeutsch/Seiler FamRZ 2012, 258, 259; FAKomm-FamR/Müting 5. Aufl. § 1606 BGB Rn. 34a; Finke FamFR 2013, 488; Wohlgemuth FPR 2013, 157; Knittel JAmt 2014, 289, 290).

25

(b) Die Anrechnung des staatlichen Kindergelds auf den Barbedarf des Kindes nach Maßgabe des § 1612 b Abs. 1 BGB ist auch bei beiderseitiger Barunterhaltspflicht im Wechselmodell zwingend. Wie sich bereits aus seinem Wortlaut ergibt ("in allen anderen Fällen"), liegt dem Gesetz die Konzeption zugrunde, dass das gezahlte Kindergeld stets - je nach Sachverhaltsgestaltung entweder zur Hälfte oder vollständig - zweckgebunden als Einkommen des Kindes zu behandeln ist und deshalb ein bedarfsmindernder Vorwegabzug des Kindergelds vom Barunterhalt stattzufinden hat (vgl. insoweit bereits Senatsurteil BGHZ 164, 375, 382 ff. = FamRZ 2006, 99, 101 ff.). Eine Kindergeldverteilung, die sich - wie die vom Beschwerdegericht für richtig befundene einkommensunabhängige Halbteilung zwischen den Elternteilen - von jeder Anrechnung des Kindergelds auf den Barunterhaltsbedarf des Kindes löst, lässt sich mit dem Gesetz insoweit nicht in Einklang bringen.

26

Etwas anderes kann auch nicht aus § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB hergeleitet werden. Nach dieser Vorschrift erfüllt der Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes. Diese Regelung betrifft den Fall des sogenannten Residenzmodells und der damit verbundenen herkömmlichen Aufteilung von Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung. Die im Rahmen eines Wechselmodells geleistete Kinderbetreuung kann demgegenüber für keinen Elternteil zur Befreiung von der Barunterhaltspflicht führen; dies muss schon deshalb gelten, weil anderenfalls beide Elternteile vom Barunterhalt befreit wären, obwohl nur der Betreuungsbedarf des Kindes gedeckt wäre. § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB ist deshalb beim Wechselmodell generell unanwendbar (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 2014 - XII ZB 599/13 - FamRZ 2015, 236 Rn. 17). Die Vorschrift beruht auf der grundsätzlichen Annahme, dass die Eltern die ihnen ursprünglich gemeinsam obliegende Verpflichtung zur Leistung von Barunterhalt einerseits und Betreuungsunterhalt andererseits funktional vollständig zwischen sich aufgeteilt haben. Ausschließlich für diesen Fall ist die Gleichwertigkeit der beiderseitigen Unterhaltsleistungen fingiert worden, so dass sich der Vorschrift kein Rechtsgedanke dahingehend entnehmen lässt, die von den Eltern erbrachten Unterhaltsleistungen müssten auch dann in jeder Hinsicht als gleichwertig angesehen werden, wenn es - wie beim Wechselmodell - an einer solchen vollständigen funktionalen Aufteilung fehlt. Als gleichwertig sind deshalb beim Wechselmodell ohne weiteres nur die von den Eltern erbrachten paritätischen Betreuungsleistungen anzusehen. Soweit es den von beiden Elternteilen geschuldeten Barunterhalt betrifft, verbleibt es bei dem Grundsatz des § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB, dass die Eltern nach Maßgabe ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse zum Unterhalt des Kindes beizutragen haben und ihre diesbezüglichen Beiträge daher auch unterschiedlich bewertet werden müssen.

27

(c) Die hälftige Anrechnung des Kindergelds auf den Barbedarf des Kindes nach § 1612 b Abs. 1 Nr. 1 BGB hat beim Wechselmodell zur notwendigen Folge, dass der besser verdienende Elternteil durch das Kindergeld in einem größerem Umfang entlastet wird. Ist der schlechter verdienende Elternteil unterhaltsrechtlich nicht leistungsfähig, kommt der auf den Barunterhalt entfallende Anteil des Kindergelds infolge der Anrechnung allein dem leistungsfähigen Elternteil zu Gute. Dem kann auch nicht ohne weiteres entgegengehalten werden, dass beim Wechselmodell auch der leistungsunfähige Elternteil - worauf das Beschwerdegericht hingewiesen hat - in der Zeit, in der sich das Kind in seinem Haushalt aufhält, jedenfalls durch Wohnungsgewährung und Verpflegung Naturalunterhaltsleistungen erbringt. Denn Wohnungsgewährung und Verpflegung, die dem Kind beim Wechselmodell durch einen Elternteil erbracht werden, erfassen nur einen (relativ) geringen Teil des - im Übrigen allein vom leistungsfähigen Elternteil aufzubringenden - sächlichen Gesamtbedarfs des Kindes. Es erscheint deshalb ebenfalls nicht angemessen, den in einem deutlich größeren Umfang zum Barunterhalt herangezogenen Elternteil wirtschaftlich lediglich durch die Hälfte des auf den Barunterhalt entfallenden Anteils am Kindergeld zu entlasten. Die sich daraus ergebenden Wertungskonflikte hat das Gesetz durch die Anrechnungsregel des § 1612 b Abs. 1 Nr. 1 BGB zugunsten des Elternteils aufgelöst, der sich aufgrund seines höheren Einkommens in größerem Umfang am Barunterhalt für das Kind beteiligen muss.

28

cc) Gemessen an den vorstehenden Ausführungen gilt für den hier verfahrensgegenständlichen Kindergeldausgleich das Folgende:

29

(1) Die auf den Barunterhalt entfallende Hälfte des Kindergelds ist nach dem Maßstab der elterlichen Einkommensverhältnisse (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB) zu verteilen. Verlangt der nicht kindergeldbezugsberechtigte Elternteil insoweit die Hälfte des auf den Barunterhalt entfallenden Kindergeldanteils, ist es grundsätzlich seine Sache, die Haftungsanteile der Eltern am Barunterhalt darzulegen und zu beweisen. Eine solche Darlegung wird zudem in der Regel einen gesonderten Kindergeldausgleich entbehrlich machen, weil dann eine Gesamtabrechnung über den unterhaltsrechtlichen Ausgleich zwischen den Eltern unter An- und Verrechnung des an einen Elternteil gezahlten Kindergelds möglich ist. Ein Anspruch auf hälftige Auskehrung des auf den Barunterhalt entfallenden Kindergeldanteils wird beim Wechselmodell auch dann in Betracht kommen, wenn beide Elternteile nicht leistungsfähig sind.

30

Insoweit fehlt es an hinreichenden Feststellungen des Beschwerdegerichts. Der Antragsteller behauptet im Übrigen schon selbst nicht, dass er in gleichem Umfang wie die Antragsgegnerin zur Tragung des Barunterhalts für die Kinder verpflichtet wäre. Denn während er selbst vorträgt, aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit keine (nennenswert) über dem notwendigen Selbstbehalt liegenden Einkünfte zu erwirtschaften, geht er andererseits davon aus, dass die Antragsgegnerin bei Ausschöpfung ihrer Erwerbsmöglichkeiten und Ausweitung ihrer Tätigkeit bei der Post ein deutlich höheres Nettoeinkommen erzielen könne.

31

(2) Anders verhält es sich mit dem auf den Betreuungsunterhalt entfallenden Anteil am Kindergeld. Dieser steht den Elternteilen beim Wechselmodell aufgrund der von ihren gleichwertig erbrachten Betreuungsleistungen hälftig zu.

32

Auch wenn ein Elternteil nur über Einkünfte unterhalb des notwendigen Selbstbehalts verfügt und sich deshalb an der Aufbringung des Barunterhalts nicht beteiligen muss, kann er von dem anderen Elternteil im Wege des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs jedenfalls die Auskehrung eines Viertels des Kindergelds - nämlich die Hälfte des auf den Betreuungsunterhalt entfallenden Anteils am Kindergeld - verlangen (vgl. Volker FuR 2013, 550, 554). Diesen Anspruch kann auch der Antragsteller geltend machen.

33

(3) Mit Recht und mit zutreffender Begründung hat das Beschwerdegericht der Hilfsaufrechnung der Antragsgegnerin mit den von ihr geltend gemachten Eigenaufwendungen für den Bedarf der Kinder - etwa Bekleidung, Schulutensilien oder Taschengeld - den Erfolg versagt. Da es an Feststellungen zu den Einkommensverhältnissen der Beteiligten - gerade auch mangels Vortrags der Antragsgegnerin zu den eigenen Einkommensverhältnissen - fehlt, lässt sich nicht beurteilen, in welchem Umfang die Antragsgegnerin ohnehin zur Tragung des Barbedarfs der Kinder verpflichtet gewesen wäre. Insoweit wäre es Sache der Antragsgegnerin gewesen, im Rahmen einer unterhaltsrechtlichen Gesamtabrechnung darzulegen, dass dem Antragssteller nach Anrechnung der von der Antragsgegnerin für die Kinder erbrachten Eigenleistungen auch unter Berücksichtigung des Betreuungsanteils des an die Antragsgegnerin gezahlten Kindergelds kein Ausgleichsanspruch mehr verbleibt.

34

d) Somit kann der Antragsteller im Wege des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs die Auskehrung eines Viertels des gesetzlichen Kindergelds für die Kinder an sich verlangen. Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch unterliegt zwar der Schranke des § 1613 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsbeschluss vom 17. April 2013 - XII ZB 329/12 - FamRZ 2013, 1027 Rn. 14 mwN), was auch für den Anspruch eines Elternteils auf Ausgleich des dem anderen Elternteil gewährten Kindergelds gilt (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1988 - IVb ZR 89/87 - FamRZ 1988, 834 und vom 3. April 1996 - XII ZR 86/95 - FamRZ 1996, 725, 726). Die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB liegen entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde aber schon seit April 2013 vor, weil dem Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vom 11. April 2013 ein hinreichend deutliches Verlangen nach Auskehrung des hälftigen Kindergelds zu entnehmen ist.

Dose                   Klinkhammer                       Schilling

             Botur                              Guhling

24
aa) Dass zur Ermittlung des Bedarfs nach der Düsseldorfer Tabelle die Einkommen beider Elternteile einbezogen werden müssen, folgt beim Wechselmodell bereits zwingend daraus, dass kein Elternteil von der Barunterhaltspflicht befreit ist. Der Bedarf lässt sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht in zwei gesondert zu ermittelnde Beträge aufspalten, die für jeden Elternteil nach dessen jeweiliger alleiniger Unterhaltspflicht zu berechnen wären. Dadurch würde verkannt, dass der Unterhaltsbedarf des Kindes ein einheitlicher ist und sich grundsätzlich von beiden Elternteilen ableitet. Unterschiedliche Anteile der Eltern ergeben sich nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB erst aus deren individueller Leistungsfähigkeit und der daran orientierten Beteiligungsquote sowie daraus, dass die Unterhaltspflicht auf den Betrag begrenzt ist, den der Unterhaltspflichtige bei alleiniger Unterhaltshaftung auf der Grundlage seines Einkommens zu zahlen hätte (vgl. Senatsurteile BGHZ 164, 375 = FamRZ 2006, 99, 100 und vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06 - FamRZ 2008, 2104 Rn. 31).
22
a) Der Senat hat - nach Erlass der angefochtenen Entscheidung - die Streitfrage, ob der das Einkommen des Unterhaltspflichtigen mindernde Unterhalt für ein minderjähriges Kind mit dem Zahl- oder Tabellenbetrag abzuziehen ist, für die Bedarfsermittlung gemäß § 1578 Abs. 1 BGB im erstgenannten Sinne entschieden (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - zur Veröffentlichung bestimmt).
54
cc) Die gesetzliche Regelung ist nicht wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Bereits nach der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Regelung in § 1612 b Abs. 5 BGB (a.F.) wurde der Kindergeldanteil des barunterhaltspflichtigen Elternteils zur Deckung des Existenzminimums des Kindes herangezogen, während der Anteil des betreuenden Elternteils davon verschont blieb. Das Bundesverfassungsgericht hat diese ungleiche Heranziehung der Kindergeldanteile in seinem Beschluss vom 9. April 2003 (FamRZ 2003, 1370, 1375 f.) als sachlich gerechtfertigt gebilligt und einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG verneint. Zwar hatte sich das BVerfG nur mit der Vorschrift des § 1612 b Abs. 5 BGB (a.F.) zu befassen, deren Aufgabe (nur) die Sicherung des Existenzminimums war, während die Neuregelung des § 1612 b Abs. 1 BGB im Ergebnis zu einer weitergehenden Heranziehung des Kindergelds über den Ehegattenunterhalt führt. Aber auch die Anwendung des § 1612 b Abs. 5 BGB (a.F.) konnte schon zu dem Ergebnis führen, dass durch die Heranziehung des dem barunterhaltspflichtigen Elternteil zustehenden Kindergeldanteils das Existenzminimum des Kindes gesichert war, während dem betreuenden Elternteil sein ungekürzter Kindergeldanteil verblieb. Demnach stand es dem Gesetzgeber nach der Verfassung aber ebenfalls frei, das zu berücksichtigende Kindergeld generell als Einkommen des Kindes anzusehen und es zur Deckung des Unterhaltsbedarfs des Kindes heranzuziehen. Dass damit der nunmehr nachrangige Ehegattenunterhalt - als teilweise Kompensation des Nachrangs (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 29) - teilweise erhöht worden ist, ist nicht sachwidrig.
22
a) Der Senat hat - nach Erlass der angefochtenen Entscheidung - die Streitfrage, ob der das Einkommen des Unterhaltspflichtigen mindernde Unterhalt für ein minderjähriges Kind mit dem Zahl- oder Tabellenbetrag abzuziehen ist, für die Bedarfsermittlung gemäß § 1578 Abs. 1 BGB im erstgenannten Sinne entschieden (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - zur Veröffentlichung bestimmt).
29
Ob an dieser Rechtsprechung für den Schuldner des Ehegattenunterhalts festzuhalten ist oder ob die Kindesbetreuung lediglich die Erwerbsverpflichtung des Unterhaltspflichtigen zu reduzieren vermag, kann hier dahingestellt bleiben. Denn die Kinder waren im Juni 2010, als der Antragsgegner die Betreuung übernommen hatte, bereits 15 und 16 Jahre alt. Dass die Betreuung der Kinder in diesem Alter eine besondere Erschwernis darstellt, ist weder vom Oberlandesgericht festgestellt noch sonst ersichtlich.
19
bb) Das Beschwerdegericht hat sich im Hinblick auf seine hiervon abweichende Auffassung nicht die Frage vorgelegt, ob die vollschichtige Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin als überobligationsmäßig zu bewerten ist. Die Rechtsbeschwerde macht insofern unter Hinweis auf das Vorbringen der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren geltend, es lägen kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt vor. Beide Kinder litten an der Nierenerkrankung Nephrokalzinose, die eine fortwährende medizinische Überwachung und intensive Betreuung der Kinder erfordere. Ihnen müssten regelmäßig Medikamente verabreicht und eine dem Krankheitsbild angemessene Verpflegung zur Verfügung gestellt werden. Außerdem müssten sie regelmäßig zu Kontrolluntersuchungen in eine Universitätsklinik gebracht werden. Die Kinder nähmen auch an außerschulischen Freizeitaktivitäten teil. Beide besuchten das Schwimmtraining, E. nehme Geigen- und M. Tennisunterricht, weshalb Fahrdienste der Mutter notwendig seien. In dem zeitlichen Rahmen, der ihr durch die Betreuung der Kinder in der Ganztagseinrichtung eröffnet werde, könne diese ihre mit erheblichen Fahrleistungen verbundene Tätigkeit als Vertreterin auch nicht ausüben.

(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Der Übergang des Anspruchs ist ausgeschlossen, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Der Übergang des Anspruchs ist auch ausgeschlossen, wenn die unterhaltspflichtige Person zum Personenkreis des § 19 gehört oder die unterhaltspflichtige Person mit der leistungsberechtigten Person vom zweiten Grad an verwandt ist. Gleiches gilt für Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades einer Person, die schwanger ist oder ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreut. § 93 Abs. 4 gilt entsprechend.

(1a) Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern sind nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100 000 Euro (Jahreseinkommensgrenze). Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen sind. Es wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen nach Satz 1 die Jahreseinkommensgrenze nicht überschreitet. Zur Widerlegung der Vermutung nach Satz 3 kann der jeweils für die Ausführung des Gesetzes zuständige Träger von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 zulassen. Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so ist § 117 anzuwenden. Die Sätze 1 bis 5 gelten nicht bei Leistungen nach dem Dritten Kapitel an minderjährige Kinder.

(2) Der Anspruch einer volljährigen unterhaltsberechtigten Person, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches oder pflegebedürftig im Sinne von § 61a ist, gegenüber ihren Eltern wegen Leistungen nach dem Siebten Kapitel geht nur in Höhe von bis zu 26 Euro, wegen Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel nur in Höhe von bis zu 20 Euro monatlich über. Es wird vermutet, dass der Anspruch in Höhe der genannten Beträge übergeht und mehrere Unterhaltspflichtige zu gleichen Teilen haften; die Vermutung kann widerlegt werden. Die in Satz 1 genannten Beträge verändern sich zum gleichen Zeitpunkt und um denselben Vomhundertsatz, um den sich das Kindergeld verändert.

(3) Ansprüche nach Absatz 1 und 2 gehen nicht über, soweit

1.
die unterhaltspflichtige Person Leistungsberechtigte nach dem Dritten und Vierten Kapitel ist oder bei Erfüllung des Anspruchs würde oder
2.
der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde.
Der Träger der Sozialhilfe hat die Einschränkung des Übergangs nach Satz 1 zu berücksichtigen, wenn er von ihren Voraussetzungen durch vorgelegte Nachweise oder auf andere Weise Kenntnis hat.

(4) Für die Vergangenheit kann der Träger der Sozialhilfe den übergegangenen Unterhalt außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur von der Zeit an fordern, zu welcher er dem Unterhaltspflichtigen die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt hat. Wenn die Leistung voraussichtlich auf längere Zeit erbracht werden muss, kann der Träger der Sozialhilfe bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe kann den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit der leistungsberechtigten Person auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unterhaltsanspruch abtreten lassen. Kosten, mit denen die leistungsberechtigte Person dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen. Über die Ansprüche nach den Absätzen 1, 2 bis 4 ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden.

(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Der Unterhalt wird ab dem Ersten des Monats, in den die bezeichneten Ereignisse fallen, geschuldet, wenn der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zu diesem Zeitpunkt bestanden hat.

(2) Der Berechtigte kann für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des Absatzes 1 Erfüllung verlangen

1.
wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf); nach Ablauf eines Jahres seit seiner Entstehung kann dieser Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn vorher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Anspruch rechtshängig geworden ist;
2.
für den Zeitraum, in dem er
a)
aus rechtlichen Gründen oder
b)
aus tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Unterhaltspflichtigen fallen,
an der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert war.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 kann Erfüllung nicht, nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt werden, soweit die volle oder die sofortige Erfüllung für den Verpflichteten eine unbillige Härte bedeuten würde. Dies gilt auch, soweit ein Dritter vom Verpflichteten Ersatz verlangt, weil er anstelle des Verpflichteten Unterhalt gewährt hat.