Bundesgerichtshof Urteil, 18. Okt. 2007 - I ZR 100/05

bei uns veröffentlicht am18.10.2007
vorgehend
Landgericht Köln, 31 O 112/02, 25.11.2004
Oberlandesgericht Köln, 6 U 216/04, 10.06.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 100/05 Verkündet am:
18. Oktober 2007
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Dacheindeckungsplatten
GeschmMG § 1 Abs. 2 a.F.
Ein Muster (hier: Fassaden- und Dacheindeckungsplatten) kann auch dann eigentümlich
im Sinne des § 1 Abs. 2 GeschmMG a.F. sein, wenn es zwar eine
gängige geometrische Form verwendet, diese Form aber für den mit Durchschnittskönnen
und der Kenntnis des betreffenden Fachgebiets ausgestatteten
Mustergestalter im Hinblick auf vermeintliche funktionsbedingte Nachteile von
vornherein ausscheidet.
BGH, Urt. v. 18. Oktober 2007 - I ZR 100/05 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und
Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 10. Juni 2005 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Wettbewerber bei der Herstellung und dem Vertrieb von Decksteinen aus Schiefer für Fassaden- und Dacheindeckungen.
2
Die Beklagte ist Inhaberin der am 21. Juli 1998 angemeldeten und am 9. Dezember 1998 unter der Nr. 49807218 für "Fassaden- oder Dacheindeckungsplatten" eingetragenen und nachfolgend abgebildeten Geschmacksmuster F.1 7/98 und F.2 7/98
3
Die Beklagte ist weiter Inhaberin der am 26. August 1998 angemeldeten und am 5. Januar 1999 unter der Nr. 49808495 für "Fassaden- oder Dacheindeckungsplatten" eingetragenen und nachfolgend abgebildeten Geschmacksmuster Flos 13.8/98 und Flos 16.8/98
4
Es gibt verschiedene Arten, ein Dach mit Schiefer einzudecken, so die Altdeutsche Deckung, die Schuppenschablonendeckung und die Bogenschnittdeckung , jeweils mit zahlreichen Varianten. Dazu werden unterschiedlich gestaltete Decksteine verwendet. Vor der Anmeldung der Muster der Beklagten gab es u.a. die sog. Schuppenschablone (rechte Schuppe) und die sog. Bogenschnittschablone (Bogenschnittschablone rechts)
5
Bei der Bogenschnittschablone läuft eine der Seitenkanten in einem asymmetrischen Bogen, dem sog. Bogenschnitt, aus.
6
Die Schuppenschablone wird seit etwa 1850, die Bogenschnittschablone seit etwa 1980 (aus Asbestzement seit 1950) verwendet. Bei der Deckung mit diesen Steinen werden für die Rechtsdeckung und die Linksdeckung unterschiedlich gestaltete Decksteine benötigt, und zwar jeweils in einer auf diese Deckrichtung ausgerichteten Gestaltung. Die mustergemäßen Decksteine können dagegen wegen ihrer symmetrischen Form sowohl für die Rechts- als auch für die Linksdeckung verwendet werden.
7
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die eingetragenen Muster am Tag ihrer Anmeldung nicht schutzfähig waren. Sie hat vorgebracht, die Muster seien weder neu noch eigentümlich.
8
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Löschung der Muster Flos 13.8/98 sowie Flos 16.8/98 des Geschmacksmusters DE 49808495 sowie des Geschmacksmusters DE 49807218 einzuwilligen.
9
Die Beklagte hat ihre eingetragenen Muster als schutzfähig verteidigt.
10
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
11
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
12
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


13
I. Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Einwilligung in die Löschung der streitgegenständlichen Muster als unbegründet angesehen.
14
Die Prüfung der Schutzfähigkeit der Muster, die nach dem Geschmacksmustergesetz in dessen früherer Fassung vorzunehmen sei, habe auf das Erscheinungsbild der einzelnen Muster, also des einzelnen Decksteins, abzustellen. Da nur die Gestaltung des einzelnen Decksteins Gegenstand der Anmeldung und deshalb Schutzgegenstand sei, komme es nicht auf den ästhetischen Eindruck an, der entstehe, wenn die Steine auf dem Dach verlegt seien. Das Verlegebild hänge ohnehin nicht nur von der Form des Steins, sondern auch von der Art der Verlegung ab.
15
Die Muster seien neu. Der symmetrisch-gleichförmige und damit harmonische Gesamteindruck werde durch die einzelnen Entgegenhaltungen nicht vorweggenommen. Eine Kombination sämtlicher für den Gesamteindruck bestimmender Gestaltungselemente sei nicht als vorbekannt dargetan.

16
Die Geschmacksmuster seien auch eigentümlich im Sinne des § 1 Abs. 2 GeschmMG a.F. Da der Spielraum für die Gestaltung von Decksteinen relativ eng sei, genügten bereits verhältnismäßig geringe Abweichungen, um die erforderliche Gestaltungshöhe zu bejahen. Die hier maßgebenden Fachkreise würden zudem angesichts der Gestaltungsdichte in diesem Bereich auf gestalterische Feinheiten achten.
17
Die Neugestaltung sei im Zeitpunkt der Anmeldung nicht naheliegend gewesen, sondern über das Können eines Durchschnittsgestalters hinausgegangen. Die technische Möglichkeit, Eckabrundungen wie bei den Mustern zu gestalten, sei schon seit den fünfziger Jahren gegeben gewesen, als entsprechende Materialien und Werkzeuge zur Verfügung gestanden hätten. Obwohl es nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin 250 Schieferformen gebe, habe über Jahrzehnte kein Deckstein sämtliche jeweils den Gesamteindruck der Muster prägenden Gestaltungsmerkmale in sich vereint.
18
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Die Klage auf Einwilligung in die Löschung der angegriffenen Muster ist nicht begründet.
19
1. Grundlage der Löschungsklage ist § 10c Abs. 2 Nr. 1 GeschmMG a.F., der auf die angegriffenen Muster, die vor dem 28. Oktober 2001 eingetragen worden sind, weiterhin anwendbar ist (vgl. Begründung zu Art. 1 § 66 des Regierungsentwurfs des Geschmacksmusterreformgesetzes, BT-Drucks. 15/1075 S. 64).
20
2. Die Schutzfähigkeit von Geschmacksmustern, die wie die angegriffenen Muster vor dem 28. Oktober 2001 eingetragen worden sind, beurteilt sich noch nach dem Geschmacksmustergesetz in seiner vor dem Inkrafttreten des Geschmacksmusterreformgesetzes vom 12. März 2004 (BGBl. I S. 390) am 1. Juni 2004 geltenden Fassung (§ 66 Abs. 2 Satz 1 GeschmMG; vgl. BGH, Urt. v. 24.3.2005 - I ZR 131/02, GRUR 2005, 600, 603 = WRP 2005, 878 - Handtuchklemmen ).
21
3. Gegenstand der eingetragenen Muster der Beklagten ist jeweils die Gestaltung einzelner Decksteine als Fassaden- oder Dacheindeckungsplatten. Diese Gestaltungen sind geschmacksmusterfähig im Sinne des § 1 GeschmMG a.F., da sie sich auf selbständig verkehrsfähige Erzeugnisse beziehen und bestimmt und geeignet sind, auf den Formen- und Farbensinn des Betrachters zu wirken (vgl. BGH, Urt. v. 16.10.1986 - I ZR 6/85, GRUR 1987, 518, 519 - Kotflügel ). Die betreffenden Erzeugnisse sind nicht Zwischenfabrikate, sondern Endprodukte, die gerade auch im Hinblick auf ihre besondere Gestaltung erworben werden und im Verlegeverbund mit anderen in verschiedener Weise verwendet werden können. Der Umstand, dass die Fassaden- oder Dacheindeckungsplatten nicht bereits für sich allein auf den Geschmackssinn wirken, sondern ihre eigene ästhetische Wirkung in einem Verlegeverbund entfalten sollen, steht der Musterfähigkeit nicht entgegen (vgl. dazu auch BGH GRUR 1987, 518, 519 - Kotflügel; Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein, Geschmacksmustergesetz , 2. Aufl. 1997, § 1 Rdn. 12).
22
4. Nach der zutreffenden Beurteilung des Berufungsgerichts bestimmt sich die Schutzfähigkeit der Muster allein danach, welchen ästhetischen Gehalt die hinterlegten Abbildungen erkennbar machen (vgl. BGH, Urt. v. 18.4.1996 - I ZR 160/94, GRUR 1996, 767, 769 - Holzstühle; Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein aaO § 1 Rdn. 20, jeweils m.w.N.). Auf die besonderen Verlegebilder, die durch Verlegung von mustergemäßen Decksteinen als Fassaden- oder Dacheindeckungsplatten erreicht werden können, kommt es für die Beurteilung der Schutzfähigkeit der Muster nicht an. Wie das Berufungsgericht festgestellt hat und im Übrigen auch unstreitig ist, hängt das entstehende Verlegebild zudem nicht nur von der Form des Steins, sondern auch von der jeweiligen Art der Verlegung ab. Aus dieser ergibt sich auch, ob und gegebenenfalls in welcher Weise Teile der mustergemäßen Decksteine verdeckt werden.
23
5. Die tatrichterliche Beurteilung der Neuheit der Muster wird von der Revision nicht in Frage gestellt. Für die Beurteilung, ob ein Muster neu im Sinne des § 1 Abs. 2 GeschmMG a.F. ist, kommt es nicht darauf an, ob seine Form als solche - etwa als geometrische Form - schon vor dem Anmeldezeitpunkt bekannt war. Entscheidend ist vielmehr, ob und welche Gestaltungen gerade auf dem in Rede stehenden Gebiet vorhanden gewesen sind (vgl. BGH, Urt. v. 16.4.1975 - I ZR 16/74, GRUR 1976, 261, 263 - Gemäldewand).
24
6. Die eingetragenen Muster haben entgegen der Ansicht der Revision auch die erforderliche Eigentümlichkeit.
25
a) Ein Muster oder Modell ist eigentümlich im Sinne des § 1 Abs. 2 GeschmMG a.F., wenn es in den für die ästhetische Wirkung maßgebenden Merkmalen als das Ergebnis einer eigenpersönlichen, form- oder farbenschöpferischen Tätigkeit erscheint, die über das Durchschnittskönnen eines Mustergestalters mit der Kenntnis des betreffenden Fachgebiets hinausgeht (vgl. BGH, Urt. v. 20.5.1974 - I ZR 136/72, GRUR 1975, 81, 83 - Dreifachkombinationsschalter ; Urt. v. 21.1.1977 - I ZR 68/75, GRUR 1977, 547, 549 f. - Kettenkerze; vgl. weiter Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein aaO § 1 Rdn. 32; Nirk/Kurtze, Geschmacksmustergesetz, 2. Aufl., § 1 Rdn. 159). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Gestaltung ein künstlerischer Wert zugesprochen werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 15.2.2001 - I ZR 333/98, GRUR 2001, 503, 505 = WRP 2001, 946 - Sitz-Liegemöbel).

26
b) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Prüfung der Eigentümlichkeit und ihres Grades - anders als die Prüfung der Neuheit - nicht durch einen Einzelvergleich des zu prüfenden Musters mit Entgegenhaltungen , sondern durch einen Gesamtvergleich mit den vorbekannten Formgestaltungen vorzunehmen ist (vgl. BGH GRUR 2001, 503, 505 - SitzLiegemöbel , m.w.N.). Nur durch einen solchen Vergleich mit der (gerade) auf dem betreffenden Gebiet geleisteten formgestalterischen Vorarbeit in ihrer Gesamtheit und in Verbindung mit den zur Verfügung stehenden freien Formen lässt sich feststellen, ob ein Muster einen schöpferischen Gehalt aufweist, wie er für den Geschmacksmusterschutz erforderlich ist und welcher - den Schutzumfang bestimmender - Eigentümlichkeitsgrad erreicht ist (vgl. BGH GRUR 1996, 767, 769 - Holzstühle, m.w.N.). Der Gesamtvergleich muss ausgehen von der Feststellung des Gesamteindrucks des Musters und der Gestaltungsmerkmale , auf denen dieser Gesamteindruck beruht.
27
c) Für die Beurteilung, welchen ästhetischen Gesamteindruck ein Muster oder Modell macht und durch welche Eigenschaften dieser Gesamteindruck bestimmt wird, ist - anders als das Berufungsgericht möglicherweise gemeint hat - die Auffassung des für geschmackliche und ästhetische Fragen aufgeschlossenen und mit ihnen einigermaßen vertrauten Durchschnittsbetrachters maßgebend (vgl. BGH GRUR 2001, 503, 505 - Sitz-Liegemöbel, m.w.N.). Für den Vergleich des so ermittelten ästhetischen Gesamteindrucks des Musters oder Modells mit den vorbekannten Formgestaltungen kommt es jedoch nicht darauf an, welche Kenntnis ein Durchschnittsbetrachter von dem bereits vorhandenen Formenschatz besitzt. Entscheidend ist vielmehr - wie bei der Beurteilung der Frage der Neuheit des Musters oder Modells -, welche Formgestaltungen bei den inländischen Fachkreisen als bekannt anzusehen sind; denn von deren Durchschnittskönnen und Durchschnittswissen soll sich das Muster oder Modell durch seine schöpferische Eigentümlichkeit abheben (vgl. BGH GRUR 1977, 547, 550 - Kettenkerze).
28
d) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei dargelegt, der ästhetische Gesamteindruck der Muster werde maßgeblich durch das Zusammenspiel von zwei Gestaltungselementen geprägt. Zum einen wiesen die Steine die Grundform eines gleichseitigen Vierecks (in Form eines Rhombus oder Quadrats) auf, dessen eine Ecke abgerundet sei (sog. Eckabrundung). Zum anderen bildeten diese Eckabrundungen den Ausschnitt eines Kreisbogens. Die Rundung verlaufe dementsprechend symmetrisch zu einer gedachten eckhalbierenden Diagonalen (sog. symmetrische Eckabrundung). Die Kombination dieser Elemente verleihe dem Gesamtbild der Decksteine einen symmetrisch-gleichförmigen und damit harmonischen Eindruck.
29
e) Bei seinem Gesamtvergleich der angegriffenen Muster mit den vorbekannten Decksteingestaltungen hat das Berufungsgericht weiter rechtsfehlerfrei ausgeführt, der von Symmetrie geprägte Gesamteindruck der Muster sei eigentümlich. Die vorbekannten Decksteine wiesen jeweils nur einzelne der Merkmale auf, die für den Gesamteindruck der Muster prägend seien. Sie hätten stets ein "unregelmäßiges" und gerade nicht symmetrisches und ausgewogenes Erscheinungsbild. Auch wenn einzelne Gestaltungsänderungen wie der Schritt vom Rechteck zum Quadrat in zeichnerischer oder handwerklicher Sicht keine besonderen Fähigkeiten erforderten, ergebe der Vergleich der bekannten Formen mit den Mustern doch einen anderen Gesamteindruck. Dies gelte auch für die in der Preisliste der Klägerin aus dem Jahr 1986 angebotenen Decksteine. Die "Spezial-Wabendeckung", der eine quadratische Grundform zugrunde liege, weise keine Eckabrundung, sondern nur eine "abgeschnittene" Ecke auf. Die beiden sog. Rechteck-Schablonen hätten zwar (rechts bzw. links) eine Eckab- rundung, aber die Form eines Rechtecks und vermittelten daher keinen symmetrischen und ausgewogenen Eindruck.
30
f) Der Umstand, dass die Gestaltung der Muster mit technischen Vorteilen verbunden ist, hindert nicht, den Mustern Eigentümlichkeit beizumessen. Die Schutzfähigkeit nach § 1 Abs. 2 GeschmMG a.F. ist nur ausgeschlossen, soweit es sich um Formgestaltungen handelt, die objektiv ausschließlich technisch bedingt sind. Der Geschmacksmusterfähigkeit steht bei einem Gebrauchszwecken dienenden Erzeugnis nicht entgegen, dass seine Gestaltung in dem maßgeblichen Merkmal zugleich oder sogar in erster Linie dem Gebrauchszweck dient und ihn fördert, der ästhetische Gehalt demnach in die ihrem Zweck gemäß gestaltete Gebrauchsform eingegangen ist (vgl. BGH, Urt. v. 1.10.1980 - I ZR 111/78, GRUR 1981, 269, 271 - Haushaltsschneidemaschine II, mit Anm. Gerstenberg; BGH GRUR 2005, 600, 603 - Handtuchklemmen, m.w.N.).
31
Die mustergemäßen Decksteine weisen gegenüber Decksteinen mit anderen Formen unstreitig den Vorteil der vielseitigen Verwendbarkeit auf. So werden z.B. bei der sog. Bogenschnittdeckung für die Rechtsdeckung und die Linksdeckung eines Daches zwei verschiedene Decksteine benötigt, rechte Decksteine mit dem Bogenschnitt an der linken Längsseite und linke Decksteine mit dem Bogenschnitt an der rechten Längsseite. Mustergemäße Decksteine können demgegenüber sowohl für die Rechtsdeckung als auch für die Linksdeckung und die Deckung "nach unten" verwendet werden. Diesen technischen Vorteil besitzen jedoch neben Decksteinen in der Form eines Quadrats oder Rhombus unstreitig auch Decksteine für die sog. Wabendeckung. Dies sind Decksteine mit einer quadratischen Grundform, bei der eine der vier Ecken unter einem Winkel von etwa 45° zu den angrenzenden Kanten abgeschnitten ist. Die mustergemäßen Decksteine besitzen allerdings den weiteren Vorteil, dass mit ihnen - wie mit den sog. Bogenschnittformen - ein Verlegebild erreicht werden kann, das sich durch eine geschwungene, "wellige" Linienführung auszeichnet. Dies ist aber kein technischer, sondern ein ästhetischer Vorteil beim Einsatz der mustergemäßen Decksteine.
32
g) Aus der Sicht des für geschmackliche und ästhetische Fragen aufgeschlossenen und damit einigermaßen vertrauten Durchschnittsbetrachters weisen die Muster der Beklagten im Vergleich zu den auf dem Gebiet der Fassaden - und Dacheindeckungsplatten vorbekannten Formen einen deutlich abweichenden Gesamteindruck auf. Bei nicht nur oberflächlicher Betrachtung fällt im Vergleich zu den vorbekannten Formen der symmetrisch-gleichförmige und damit harmonische Eindruck auf. Ein Durchschnittsbetrachter ohne Kenntnisse von dem besonderen Sachgebiet hätte allerdings kaum erkannt, dass diese Formen für Fassaden- und Dacheindeckungsplatten zur Zeit der Anmeldung ungewöhnlich waren. Dies ist jedoch für die Beurteilung der Eigentümlichkeit ohne Bedeutung, da es dabei - wie oben unter c) dargelegt - nicht auf die Kenntnis des Durchschnittsbetrachters von dem bereits vorhandenen Formenschatz ankommt.
33
h) Die Muster der Beklagten haben auch die notwendige Gestaltungshöhe. Dagegen spricht nicht, dass die Muster jeweils geometrische Formen verwenden , die als solche vorbekannt waren. Entscheidend ist vielmehr, dass die Gestaltung der Muster für die Verwendung bei Fassaden- und Dacheindeckungsplatten im Gesamtvergleich mit den vorbekannten Decksteingestaltungen das Durchschnittskönnen eines Mustergestalters auf diesem Gebiet in schutzbegründender Weise übersteigt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei der Gestaltung von Decksteinen funktionsbedingt (u.a. mit Rücksicht auf eine größtmögliche Materialausbeute und die Fachregel des Dachdeckerhandwerks) ein verhältnismäßig enger Gestaltungsspielraum besteht. Der Mustergestalter hat durch eine vom Herkömmlichen abweichende ästhetische Gestaltung der Decksteine die Aufgabe gelöst, mit einem vielseitig verwendbaren Stein Verlegebilder zu erzielen, die den vorbekannten Deckbildern mit einer "welligen" Linienführung entsprechen.
34
Die geometrischen Formen der angegriffenen Muster hat deren Gestalter nicht geschaffen; es handelt sich um vorbekannte Formen. Seine gestalterische Leistung liegt in der Wahl dieser Formen als sinnvolle Formen von Fassadenund Dacheindeckungsplatten in der Beurteilung, dass auch solche symmetrisch -gleichförmigen Decksteine fachgerecht verlegt werden können. Bei einer solchen Nutzung schlichter geometrischer Formen dürfen allerdings die Anforderungen an die Gestaltungshöhe nicht zu niedrig angesetzt werden (vgl. dazu auch BGH GRUR 1975, 81, 83 - Dreifachkombinationsschalter). Im vorliegenden Fall ist jedoch eine gestalterische Leistung gegeben, die das Durchschnittskönnen eines Mustergestalters auf dem betreffenden Gebiet in einem für den Geschmacksmusterschutz hinreichenden Maß übersteigt, wie bereits daraus ersichtlich ist, dass die technische Möglichkeit zur mustergemäßen Gestaltung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts schon seit den fünfziger Jahren gegeben war, aber vor den angegriffenen Mustern nicht benutzt worden ist (vgl. dazu auch Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein aaO § 1 Rdn. 44). Selbst die in der Preisliste der Klägerin aus dem Jahr 1986 angebotenen Decksteine für die "Spezial-Wabendeckung" und die sog. Rechteck-Schablonen hatten - auch im Hinblick auf die Fachregel des Deutschen Dachdeckerhandwerks - bis zur Anmeldung der Geschmacksmuster keinen Anlass gegeben, Decksteine in dieser Form zu schaffen.
35
III. Die Revision der Klägerin ist danach zurückzuweisen.
36
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm v. Ungern-Sternberg Büscher
Schaffert Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 25.11.2004 - 31 O 112/02 -
OLG Köln, Entscheidung vom 10.06.2005 - 6 U 216/04 -

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in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Handtuchklemmen
Der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz gegen eine vermeidbare
Herkunftstäuschung hat nicht nur zur Voraussetzung, daß das nachgeahmte
Erzeugnis wettbewerbliche Eigenart besitzt. Erforderlich ist grundsätzlich
auch, daß das Erzeugnis bei den maßgeblichen Verkehrskreisen eine
gewisse Bekanntheit erreicht hat, da eine Herkunftstäuschung in aller Regel
bereits begrifflich nicht möglich ist, wenn dem Verkehr nicht bekannt ist, daß
es ein Original gibt.
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vom 24. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 12. April 2002 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 7. November 2000 weitergehend dahin abgeändert, daß auch der Unterlassungsantrag betreffend Geschirrtuch -Halter (Ausspruch zu I. 1. des Berufungsurteils) abgewiesen wird.
Im übrigen Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte zu 1 verkauft bundesweit in eigenen Filialen sowie in Verkaufsstellen bei Einzelhändlern Röstkaffee, aber auch zahlreiche Gebrauchsartikel. Die Beklagte zu 2 ist eine Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1 und vertreibt die Produkte über das Internet.
Im April 2000 nahmen die Beklagten den Vertrieb der beiden im Klageantrag abgebildeten Geschirrtuch-Halter auf.
Die Klägerin war Inhaberin des am 27. Juni 1997 angemeldeten Geschmacksmusters Nr. M 97 05 880.7, das nach Beendigung der fünfjährigen Schutzdauer gelöscht worden ist:
Eine diesem Geschmacksmuster entsprechende Handtuchklemme vertreibt die Klägerin unter der Bezeichnung "g. " (Anlage K 2). Sie trägt vor, sie habe unter umfangreichem Werbeaufwand mit diesem Halter nach der Markteinführung im Jahre 1997 erhebliche Umsätze erzielt. Daneben vertreibe sie seit Oktober 1999 die nachstehend abgebildete Handtuchklemme "g. II" (Anlage K 3). Diese weist - anders als die ältere Version "g. " - neben der Öffnung für das Handtuch keine tropfenförmigen Punkte auf.

Die Klägerin ist der Ansicht, daß die Beklagten durch den Vertrieb ihrer Geschirrtuch-Halter das Klagegeschmacksmuster verletzten und zudem - unter dem Gesichtspunkt der sklavischen Nachahmung und der vermeidbaren Herkunftstäuschung - wettbewerbswidrig handelten.
Die Klageanträge wegen des Vertriebs eines Notizrollen-Halters, den die Klägerin in gleicher Weise beanstandet hat, sind durch das Berufungsgericht abgewiesen worden und nicht mehr Gegenstand des Verfahrens.
Die Klägerin hat, soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung, beantragt ,
I. die Beklagten zu verurteilen,
1. es zu unterlassen,

a) im geschäftlichen Verkehr Geschirrtuch-Halter in einer Gestaltung anzubieten, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen wie nachstehend wiedergegeben:


b) …
2. ihr - der Klägerin - Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Ziffer I. 1. a) … begangen haben, und zwar unter Angabe der Menge, der Liefermonate,
des Rechnungswerts und der Abnehmer der in Rede stehenden Gegenstände mit Firma und Adresse sowie unter Angabe der Werbemittel, der Auflage, der verteilten Stückzahlen, gegliedert nach Kalendermonaten sowie Empfänger mit Firma und Anschrift;
II. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus den in Ziffer I. 1. a) … genannten Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
Die Beklagten haben ein rechtswidriges Verhalten in Abrede gestellt. Das Geschmacksmuster der Klägerin sei nicht eigentümlich; den angeblich nachgeahmten Produkten fehle bereits die wettbewerbliche Eigenart.
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt.
Die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung wegen des Vertriebs der Geschirrtuch-Halter hatte nur insofern Erfolg, als das Berufungsgericht die Verurteilung zur Auskunftserteilung und die Feststellung der Schadensersatzpflicht auf die Zeit seit dem 18. April 2000 beschränkt hat.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, daß die Klageansprüche nach § 1 UWG (a.F.) unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung begründet seien. Die Nebenansprüche auf Auskunftserteilung und auf Feststellung der Schadensersatzpflicht seien allerdings auf die Zeit nach der ersten festgestellten Verletzungshandlung (18.4.2000) zu beschränken. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Klageansprüche auf Geschmacksmusterrecht gestützt werden könnten.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die von der Klägerin vertriebenen Handtuchklemmen seien Erzeugnisse von wettbewerblicher Eigenart. Auch wenn der - grundsätzlich gemeinfreie - Klemmschlitz beibehalten werde, könnten für einen Geschirrtuch-Halter vielfältige abweichende Gestaltungen gewählt werden. Es gebe auf dem Markt einfache Aufhängehaken, Küchenstangen, Handtuchschienen für einzelne Geschirrtuchhaken usw. Danach spreche alles dafür, daß die Formgestaltung der Handtuchklemme "g. " nicht nur geeignet sei, Herkunftsvorstellungen zu wecken, sondern daß der Verkehr mit ihr auch tatsächlich Herkunftsvorstellungen verbinde. Die Handtuchklemme habe bereits zum Kollisionszeitpunkt aufgrund der erzielten Umsätze bei den maßgeblichen Verkehrskreisen eine gewisse Bekanntheit erreicht. Die Handtuchklemmen der Klägerin seien bis Ende 2000 im Einzelhandel zu einem Preis von 11 DM, danach von 12,50 DM abgegeben worden. Seit dem 1. Januar 2002 betrage der Preis 6,50 €. Im Jahre 1998 habe die Klägerin weltweit 109.870 Stück verkauft, im Jahre 1999 99.749 Stück (bei einem Netto-
umsatz von etwa 195.000 €) und in der Zeit vom 1. Januar bis zum 20. April 2000 40.793 Stück (Nettoumsatz etwa 80.000 €).
Die Beklagten hätten die Handtuchklemme "g. " weitgehend identisch unter Verwendung des gleichen Materials (mattpoliertem Edelstahl) nachgebaut. Trotz der etwas abweichenden Klemmöffnung stimmten die Halter der Parteien im Gesamteindruck sehr weitgehend überein. Daraus ergebe sich die Gefahr von Verwechslungen hinsichtlich der betrieblichen Herkunft.
Der Verkehr werde die Produkte der Parteien allerdings nicht unmittelbar verwechseln oder glauben, bei den Geschirrtuch-Haltern der Beklagten handele es sich um eine neue Produktlinie der Klägerin. Vielmehr gehe der Verkehr davon aus, die in den Filialen und sonstigen Verkaufsstellen der Beklagten ständig wechselnd angebotenen Gebrauchsartikel würden im Auftrag der Beklagten zu einem vorgegebenen Zeitpunkt hergestellt, um dann binnen kurzem in den Verkaufsstellen oder über das Internet abgesetzt zu werden. Wegen der großen Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Produkte liege e s aber für den Verkehr außerordentlich nahe anzunehmen, das Produkt der Beklagten sei eine Abwandlung der Handtuchklemme "g. ", die exklusiv für die Beklagte zu 1 hergestellt worden sei. Dies geschehe jedoch im Einverständnis mit dem Hersteller des Ursprungsprodukts aufgrund geschäftlicher oder organisatorischer Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen.
Eine Herkunftstäuschung werde nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Geschirrtuch-Halter der Beklagten auf der Verpackung mit der Handelsmarke "T. " gekennzeichnet seien. Die Produkte der Beklagten würden auch unverpackt angeboten und beworben, z.B. in den Schaufenstern der Filialen und im Internet.
Den Beklagten sei es zuzumuten, sich bei der Gestaltung ihrer Geschirrtuch -Halter weiter von der Gestaltung der Handtuchklemme "g. " zu entfernen. Es sei ihnen allerdings nicht verwehrt, einen Geschirrtuch-Halter aus mattpoliertem Edelstahl mit Klemmschlitz zu vertreiben.
Die Beklagten hätten auch schuldhaft gehandelt.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Klägerin stehen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz zu.
1. Nach Erlaß des Berufungsurteils ist am 8. Juli 2004 das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414) in Kraft getreten und zugleich das frühere Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb außer Kraft getreten (§ 22 UWG). Diese Rechtsänderung ist auch im Revisionsverfahren zu beachten.
Die in die Zukunft gerichteten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche der Klägerin, die auf Wiederholungsgefahr gestützt sind, können nur bestehen, wenn das beanstandete Wettbewerbsverhalten der Beklagten zur Zeit seiner Begehung solche Unterlassungsansprüche begründet hat und diese Ansprüche auch auf der Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage noch gegeben sind (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.2004 - I ZR 326/01, GRUR 2005, 166, 167 = WRP 2005, 88 - Puppenausstattungen, m.w.N.). Die Frage, ob der Klägerin Schadensersatzansprüche und - als Hilfsansprüche zur Durchsetzung der Schadensersatzansprüche - Auskunftsansprüche zustehen, richtet sich nach dem zur Zeit der beanstandeten Handlung geltenden Recht und somit hier nach § 1 UWG a.F.
2. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gegen die Verwertung eines fremden Leistungsergebnisses unabhängig vom Bestehen eines Schutzes aus Geschmacksmusterrecht gegeben sein können, wenn besondere Begleitumstände vorliegen, die außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestands liegen (vgl. - zu § 1 UWG a.F. - BGH, Urt. v. 12.12.2002 - I ZR 221/00, GRUR 2003, 359, 360 = WRP 2003, 496 - Pflegebett, m.w.N.; vgl. weiter - zu § 4 Nr. 9 UWG - Harte/Henning/Sambuc, UWG, § 4 Nr. 9 Rdn. 5; Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 UWG Rdn. 9.6, 9.8; Fezer/Götting, UWG, § 4-9 Rdn. 29; Gloy/Loschelder/Eck, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., § 43 Rdn. 4 f.).
3. Nach den zu § 1 UWG a.F. entwickelten Grundsätzen, die nunmehr in §§ 3, 4 Nr. 9 Buchst. a UWG verankert sind, können Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz begründet sein, wenn bei dem Vertrieb von Nachahmungen eines wettbewerblich eigenartigen Erzeugnisses die Gefahr einer Herkunftstäuschung besteht und der Nachahmer zumutbare und geeignete Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlassen hat (vgl. BGH, Urt. v. 15.7.2004 - I ZR 142/01, GRUR 2004, 941, 943 = WRP 2004, 1498 - Metallbett; BGH GRUR 2005, 166, 167 - Puppenausstattungen ).

a) Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.2001 - I ZR 199/99, GRUR 2002, 275, 276 = WRP 2002, 207 - Noppenbahnen; BGH GRUR 2003, 359, 360 - Pflegebett). Die wettbewerbliche Eigenart kann sich auch aus Merkmalen ergeben , die durch den Gebrauchszweck bedingt, aber willkürlich wählbar und
austauschbar sind (vgl. BGH, Urt. v. 7.2.2002 - I ZR 289/99, GRUR 2002, 820, 822 = WRP 2002, 1054 - Bremszangen; BGH GRUR 2003, 359, 360 - Pflegebett ). Für das Vorliegen der wettbewerblichen Eigenart ist eine Bekanntheit des betreffenden Erzeugnisses nicht Voraussetzung.

b) Die Revision beanstandet ohne Erfolg, daß das Berufungsgericht den Handtuchklemmen der Klägerin wettbewerbliche Eigenart zuerkannt hat.
aa) Das Berufungsgericht hat seine Ansicht damit begründet, daß die Klägerin für ihre "g. "- Handtuchklemmen eine sehr eigenwillige, schlicht und formschön anmutende Gestaltung gewählt habe. Sie habe eine rechteckige Grundplatte bestimmter Größe verwendet und die Vorderseite der Halter derart nach außen gewölbt, daß sie in etwa an das Format eines Löschkissens erinnere. Auf der Vorderseite habe sie eine tropfenförmige Erweiterung angebracht, die es ermögliche, das Handtuch in den aus mattpoliertem Edelstahl gefertigten Halter einzuhängen. Das Design sei besonders gelungen und hebe sich - abgesehen von den Geschirrtuch-Haltern der Beklagten - deutlich von allen anderen auf dem Markt vertriebenen Haltern ab.
bb) Diese Ausführungen werden nicht durch den Hinweis der Revision in Frage gestellt, es gebe vorbekannte Produkte mit rechteckiger Grundplatte, da diese Produkte sonst augenfällig anders als die "g. "- Handtuchklemmen gestaltet sind.
Ebenso ist es im Ergebnis unschädlich, daß das Berufungsgericht bei der Beurteilung der wettbewerblichen Eigenart nicht das Vorbringen der Beklagten berücksichtigt hat, das Unternehmen S. -Versand habe in seinem aktuellen Angebot Küchentuch-Halter aus mattpoliertem Edelstahl, deren Klemmschlitze in Form einer "ausgeschnittenen Hand" oder eines "ausgeschnittenen
Weinglases" gestaltet seien. Die Beklagten haben nicht behauptet, daß die Küchentuch -Halter des S. -Versands schon zur Zeit der Markteinführung der "g. "-Halter vertrieben worden seien, und haben zudem nichts zur Marktbedeutung der Produkte des S. -Versands vorgetragen.
Es bestehen deshalb auch keine Anhaltspunkte dafür, daß die ursprünglich gegebene wettbewerbliche Eigenart der "g. "-Halter später entfallen sein könnte. Der Umstand allein, daß neben einer als wettbewerbswidrige Nachahmung beanstandeten Gestaltung zeitgleich oder während eines Verletzungsverfahrens ähnliche andere auf den Markt kommen, steht im übrigen der Annahme der wettbewerblichen Eigenart nicht entgegen. Dem Betroffenen darf durch mehrere etwa gleichzeitige Nachahmungshandlungen nicht die Möglichkeit zur Gegenwehr genommen werden (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.1984 - I ZR 128/82, GRUR 1985, 876, 878 = WRP 1985, 397 - Tchibo/Rolex I; vgl. auch Baumbach /Hefermehl/Köhler aaO § 4 UWG Rdn. 9.26).

c) Der Grad der wettbewerblichen Eigenart eines Erzeugnisses kann durch seine tatsächliche Bekanntheit im Verkehr verstärkt werden (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.2000 - I ZR 90/98, GRUR 2001, 251, 253 = WRP 2001, 153 - Messerkennzeichnung ). Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zu den erzielten Umsätzen und den getätigten Werbeaufwendungen reichen aber jedenfalls nicht aus, um eine ins Gewicht fallende Steigerung der wettbewerblichen Eigenart der "g. "-Halter zu begründen.

d) Auch wenn danach den "g. "-Haltern zu Recht wettbewerbliche Eigenart beigemessen wurde, hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen , daß die Beklagten durch den Vertrieb der beanstandeten GeschirrtuchHalter eine wettbewerbswidrige vermeidbare Herkunftstäuschung begangen haben.

aa) Der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz gegen eine vermeidbare Herkunftstäuschung hat nicht nur zur Voraussetzung, daß das nachgeahmte Erzeugnis wettbewerbliche Eigenart besitzt. Erforderlich ist grundsätzlich auch, daß das Erzeugnis bei den maßgeblichen Verkehrskreisen eine gewisse Bekanntheit erreicht hat (BGH GRUR 2005, 166, 167 - Puppenausstattungen ; vgl. auch Harte/Henning/Sambuc aaO § 4 Nr. 9 Rdn. 67; Baumbach /Hefermehl/Köhler aaO § 4 UWG Rdn. 9.41; a.A. Piper in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1 Rdn. 631). Eine Herkunftstäuschung ist in aller Regel bereits begrifflich nicht möglich, wenn dem Verkehr nicht bekannt ist, daß es ein Original gibt (vgl. Baumbach/Hefermehl/Köhler aaO § 4 UWG Rdn. 9.41; a.A. Krüger /v. Gamm, WRP 2004, 978, 984). Anderes gilt etwa für Fälle, in denen Original und (insbesondere billigere) Nachahmung nebeneinander vertrieben werden , so daß der Verkehr beides unmittelbar miteinander vergleichen kann. Beim Fehlen einer gewissen Bekanntheit kann allerdings eine wettbewerbswidrige Behinderung in Betracht kommen.
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die Handtuchklemme "g. " eine gewisse Verkehrsbekanntheit besitzt.
bb) Das Berufungsgericht ist bei der Prüfung, ob die beanstandeten Geschirrtuch -Halter zur Herkunftstäuschung geeignet sind, zutreffend davon ausgegangen , daß die Ähnlichkeit der beiderseitigen Erzeu gnisse nach ihrem jeweiligen Gesamteindruck zu beurteilen ist (vgl. BGH, Urt. v. 21.2.2002 - I ZR 265/99, GRUR 2002, 629, 632 = WRP 2002, 1058 - Blendsegel; BGH GRUR 2005, 166, 168 - Puppenausstattungen). Es hat jedoch rechtsfehlerhaft angenommen, daß die Beklagten die Handtuchklemme "g. " weitgehend identisch nachgeahmt hätten und sich bereits aus den vorhandenen Übereinstimmungen eine rechtlich relevante Gefahr betrieblicher Herkunftsverwechs-
lungen ergebe. Die dazu gegebene Begründung, die Abweichungen bei der Gestaltung der Klemmöffnung seien bei den beanstandeten GeschirrtuchHaltern marginal, ist ersichtlich unzutreffend. Der Gesamteindruck der "g. "Halter wird maßgeblich durch die tropfenförmigen, mittig angeordneten und symmetrischen Klemmöffnungen mitbestimmt. Demgegenüber weisen die angegriffenen Geschirrtuch-Halter betont asymmetrische, etwas breitere Klemmöffnungen in der Umrißform eines Küchenbeils bzw. einer Küchenzange auf.
Von einer vermeidbaren Täuschung über die Herkunft im Sinne des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes kann nicht gesprochen werden, wenn die übernommenen Gestaltungsmerkmale nicht geeignet sind, im Verkehr auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen (vgl. BGHZ 141, 329, 340 - Tele-Info-CD; BGH GRUR 2001, 251, 253 - Messerkennzeichnung ; BGH GRUR 2005, 166, 168 - Puppenausstattungen). Gleiches gilt, wenn die übernommenen Gestaltungsmerkmale dem freizuhaltenden Stand der Technik angehören und - unter Berücksichtigung des Gebrauchszwecks, der Verkäuflichkeit der Ware sowie der Verbrauchererwartung - der angemessenen Lösung einer technischen Aufgabe dienen (vgl. BGH GRUR 2002, 820, 822 - Bremszangen; vgl. weiter Harte/Henning/Sambuc aaO § 4 Nr. 9 Rdn. 85 f.; Baumbach/Hefermehl/Köhler aaO § 4 UWG Rdn. 9.49; Fezer/ Götting aaO § 4-9 Rdn. 59; Gloy/Loschelder/Eck aaO § 43 Rdn. 63 ff.). Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß Wettbewerbern ohne einen Sonderrechtsschutz nicht allgemein verwehrt werden kann, einen Klemmhalter aus mattpoliertem Edelstahl zu vertreiben, der einen Klemmschlitz als Aufhängevorrichtung aufweist. Es hätte aber weiter berücksichtigen müssen, daß dies ebenso gilt für die Wahl einer rechteckigen Grundplatte, der Größenverhältnisse und der Art der Vorwölbung desjenigen Teils der Handtuchklemme, der zur Aufnahme des Tuchs bestimmt ist. Auch diese Merkmale sind jeweils für sich gesehen angemessene technische Mittel zur Gestaltung einer Handtuchklemme
und können deshalb nicht zugunsten eines einzelnen Wettbewerbers monopolisiert werden. Dies bedeutet, daß wesentliche, den unbefangenen Gesamteindruck bestimmende Merkmale der "g. "-Halter nicht geeignet sind, die Beurteilung , daß eine wettbewerbsrechtlich relevante Herkunftstäuschung vorliegt, zu stützen. Dies hat zwar nicht zur Folge, daß der Vertrieb identischer oder nahezu identischer Nachahmungen wettbewerbsrechtlich zulässig wäre; die danach berücksichtigungsfähigen Übereinstimmungen zwischen den "g. "Handtuchklemmen und den beanstandeten Geschirrtuch-Haltern sind aber angesichts der augenfälligen Abweichungen nicht ausreichend, um den Vorwurf einer vermeidbaren Herkunftstäuschung zu begründen.
Eine etwa gegebene Gefahr eines Irrtums der angesprochenen Verkehrskreise über die Herkunft der beanstandeten Geschirrtuch-Halter wäre unter den gegebenen Umständen hinzunehmen, da andernfalls wettbewerbsrechtlicher Schutz auch für Elemente gewährt würde, die von Wettbewerbern bei Fehlen eines Sonderrechtsschutzes als angemessene technische Lösung übernommen werden dürfen.
III. Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob die Klägerin ihre Klage mit Erfolg auf Ansprüche aus dem im Tatbestand angeführten Geschmacksmuster Nr. M 97 05 880.7 stützen kann.
1. Bei dem in die Zukunft gerichteten Unterlassungsantrag ist dies schon deshalb nicht der Fall, weil das Geschmacksmuster mit Verfügung vom 28. April 2003 - während des Revisionsverfahrens - nach Nichtzahlung der Verlängerungsgebühr gelöscht worden ist. Die Veränderung der Schutzrechtslage ist auch in der Revisionsinstanz zu beachten (vgl. BGH GRUR 2004, 941 - Metallbett

).


2. Der Ablauf der Schutzdauer des Klagegeschmacksmusters läßt jedoch Auskunfts- und Schadensersatzansprüche wegen Verletzungen des Schutzrechts , die während seines Bestehens begangen worden sind, unberührt. Das Berufungsgericht wird deshalb nunmehr zu prüfen haben, ob solche Ansprüche gegeben sind.
Die Schutzfähigkeit eines Geschmacksmusters, das - wie das Klagegeschmacksmuster - vor dem 28. Oktober 2001 eingetragen worden ist, beurteilt sich noch nach dem Geschmacksmustergesetz in seiner vor dem Inkrafttreten des Geschmacksmusterreformgesetzes vom 12. März 2004 (BGBl. I S. 390) am 1. Juni 2004 geltenden Fassung (§ 66 Abs. 2 Satz 1 GeschmMG). Nach § 1 GeschmMG a.F. scheidet ein Geschmacksmusterschutz nur aus, soweit es sich um Formgestaltungen handelt, die objektiv ausschließlich technisch bedingt sind (vgl. BGH, Urt. v. 1.10.1980 - I ZR 111/78, GRUR 1981, 269, 271 f. - Haushaltsschneidemaschine II; Eichmann/v. Falckenstein, GeschmMG, 2. Aufl. 1997, § 1 Rdn. 13, 51; Nirk/Kurtze, GeschmMG, 2. Aufl. 1997, § 1 Rdn. 107 f., 176). Darin unterscheidet sich der Geschmacksmusterschutz vom ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz, aus dem - wie dargelegt - bereits dann kein Schutz gegen die Übernahme von Gestaltungsmerkmalen hergeleitet werden kann, wenn diese dem freizuhaltenden Stand der Technik angehören und - unter Berücksichtigung des Gebrauchszwecks, der Verkäuflichkeit der Ware sowie der Verbrauchererwartung - der angemessenen Lösung einer technischen Aufgabe dienen. Dem Schutz nach § 1 GeschmMG a.F. steht da-
gegen bei einem Gebrauchszwecken dienenden Erzeugnis nicht entgegen, daß seine Gestaltung in dem maßgeblichen Merkmal zugleich oder sogar in erster Linie dem Gebrauchszweck dient und ihn fördert (vgl. BGH GRUR 1981, 269, 271 f. - Haushaltsschneidemaschine II).
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Büscher

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 333/98 Verkündet am:
15. Februar 2001
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Sitz-Liegemöbel
GeschmMG § 1 Abs. 2, § 7 Abs. 3 Nr. 2
Sind bei der Einzelanmeldung eines Modells als Geschmacksmuster mehrere
Fotografien hinterlegt worden, die das Modell in verschiedenen Ausführungsformen
zeigen, sind die hinterlegten Fotografien rechtlich als eine einzige Darstellung
im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 2 GeschmMG anzusehen. Abweichungen
der Fotografien voneinander führen demgemäß nicht zu einer Vermehrung der
Schutzgegenstände, sondern müssen bei der Bestimmung des Schutzgegenstands
des Musters außer Betracht bleiben.
BGH, Urt. v. 15. Februar 2001 - I ZR 333/98 - OLG Hamm
LG Bielefeld
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Februar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm,
Pokrant und Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. Oktober 1998 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der II. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld vom 16. Dezember 1997 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittel werden den Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin und die Beklagte zu 1 stehen bei dem Vertrieb von Polstermöbeln miteinander im Wettbewerb. Die Beklagte zu 2 ist die persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1.
Die Klägerin ist Inhaberin eines Geschmacksmusters für ein umwandelbares Sitz-Liegemöbel (Nr. M 9602513.1), das am 20. März 1996 bei dem Deutschen Patentamt angemeldet und am 9. September 1996 eingetragen wurde. Das Muster wurde durch elf Abbildungen dargestellt, von denen nachstehend drei wiedergegeben sind (im Verfahren als Anlagen B 1, B 3 und B 8 bezeichnet):
Anlage B 1:
Anlage B 3:

Anlage B 8:
Unter der Bezeichnung "H. " vertreibt die Klägerin eine Polstergarnitur aus einem der Musteranmeldung entsprechenden Sitz-Liegemöbel und einem Sessel.
Die Klägerin ist weiter Inhaberin eines international hinterlegten Geschmacksmusters - u.a. für "Transformable sofas" - (DM/036 859), das am 3. Juli 1996 eingetragen wurde.
Die Beklagte zu 1 vertreibt unter der Bezeichnung "P. " eine Polstergarnitur aus Sofa und Sessel. Das Sofa hat das aus der nachstehend wiedergegebenen Anlage K 1 ersichtliche Aussehen:

Die Klägerin hat den Vertrieb dieser Polstergarnitur als Verletzung ihrer Geschmacksmuster und als Wettbewerbsverstoß beanstandet. Mit ihrer Klage hat sie demgemäß begehrt, die Beklagten zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung zu verurteilen sowie ihre Schadensersatzpflicht festzustellen.

Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Gegen die Ansprüche aus Geschmacksmusterrecht haben sie vorgebracht, der Klägerin stehe schon deshalb kein Schutzrecht zu, weil die eingereichten Bilddarstellungen voneinander abwichen, so daß unklar bleibe, für welches Modell Geschmacksmusterschutz begehrt worden sei. Die auf den hinterlegten Bilddarstellungen übereinstimmend erkennbare Gestaltung sei nur eine Kombination vorbekannter Elemente ohne ausreichende Gestaltungshöhe.
Das Landgericht hat angenommen, daß die Beklagten das an dem Sofa bestehende Geschmacksmuster der Klägerin Nr. M 9602513.1 verletzt haben. Insoweit hat es entsprechend den Klageanträgen wie folgt erkannt:
1. Die Beklagten werden verurteilt, es zu unterlassen, das SitzLiegemöbel wie aus der als Anlage K 1 beigefügten Abbildung ersichtlich anzubieten, anbieten zu lassen, zu vertreiben oder vertreiben zu lassen oder sonst in irgendeiner Weise in den geschäftlichen Verkehr zu bringen oder für dieses Sitz-Liegemöbel Werbung zu betreiben oder Werbung betreiben zu lassen.
2. Den Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung gemäß Ziffer 1 ein Ordnungsgeld und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht, wobei das einzelne Ordnungsgeld 500.000,-- DM, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf und letztere an dem Geschäftsführer der Beklagten zu 2 zu vollziehen ist.
3. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin bezüglich des unter Ziffer 1 bezeichneten Sitz-Liegemöbels Auskunft zu erteilen über die Hersteller bzw. Lieferanten unter Angabe der Namen und Anschriften, über die bestellten und bezogenen Stückzahlen , über die ausgelieferten Stückzahlen unter Angabe der belieferten gewerblichen Kunden mit Namen und Anschriften und der einzelnen und der gesamten Verkaufspreise. Dabei bleibt den Beklagten vorbehalten, die Namen und Anschriften ihrer Kunden statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen; die Beklagten tragen in diesem Falle die durch die Einschaltung des Wirtschaftsprüfers entstehenden Kosten; der Wirtschaftsprüfer wird ermächtigt, der Klägerin mitzuteilen , ob ein konkret genannter Kunde in der erteilten Auskunft enthalten ist.
4. Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.
Die weitergehenden Klageanträge hat das Landgericht abgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin aus Geschmacksmusterrecht verneint.
Das Geschmacksmuster Nr. M 9602513.1 sei allerdings - entgegen der Ansicht der Beklagten - wirksam angemeldet worden. Dem stehe nicht entgegen , daß die hinterlegten Abbildungen Sofas zeigten, die hinsichtlich eines Gestaltungselements (des sog. Polstertropfens) voneinander abwichen, weil die Klägerin ihr Geschmacksmusterrecht auf Eigentümlichkeiten in der Gestaltung stütze, die auf allen Abbildungen zu finden seien.
Die für die Neuheit des Modells sprechende Vermutung sei nicht widerlegt.
Das Klagemodell weise jedoch - unabhängig von seiner zusätzlichen Funktion als Liegesofa - nach seinem Erscheinungsbild als Sitzmöbel nicht die nach § 1 Abs. 2 GeschmMG erforderliche Gestaltungshöhe auf. Aus einem Gesamtvergleich der vorbekannten Formgestaltungen ergebe sich, daß das Klagemodell nur eine Kombination vorbekannter Gestaltungselemente sei.
Die Klägerin sehe als prägende Gestaltungselemente ihres Geschmacksmusters an, daß
1. die Rückenlehne eines mit zwei aneinander angrenzenden Schenkeln konzipierten Ecksofas die Ecke des Sofas gerundet durchlaufe;

2. die Rückenlehne als durchlaufende, weiche Überwurfpolsterung ausgeführt sei, deren Weichheit sich dem Betrachter optisch durch Einsteppnähte vermittele;
3. die Vorderkanten des Sitzpolsters gerundet seien;
4. ein Schenkel des Sitzpolsters eine s-förmig geschwungene Vorderkante aufweise, die in das am Schenkelende vorhandene Armlehnenabschlußelement übergreife;
5. das Sofa einen stoffbezogenen geschlossenen Unterbau habe;
6. das Verhältnis (Maß-Gestaltungsverhältnis) zwischen dem Sokkel und dem Oberteil des Ecksofas besonders bestimmt sei.
Die Merkmale 1 (durchlaufende Ecke), 2 (Überwurfpolsterung) und 5 (stoffbezogener Unterbau) seien bereits durch ein Vormodell der Klägerin, das sog. U. sofa, vorweggenommen. Ebenfalls vorbekannt sei die Rundung der Vorderkante des Sitzpolsters (Merkmal 3). Auch die geschwungene Vorderkante des längeren Sofaschenkels (Merkmal 4) könne die Eigentümlichkeit des Klagemodells nicht begründen, weil es sich dabei um ein im allgemeinen Trend liegendes Gestaltungsmerkmal gehandelt habe. Ebenso stelle das als Merkmal 6 angeführte Maßverhältnis kein besonderes Gestaltungselement dar.
Unter Berufung auf eigene Sachkunde hat das Berufungsgericht weiter ausgeführt, daß auch die gewählte Kombination der vorbekannten Elemente als solche keine ausreichende Gestaltungshöhe begründen könne.

Der Klägerin stünden ebenso keine Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz zu. Die bloße Nachahmung der fremden Leistung genüge dazu nicht. Zusätzliche Umstände, die eine Nachahmung des Klagemodells durch die Beklagten als wettbewerbswidrig erscheinen lassen könnten, habe die Klägerin nicht dargetan.
Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe der Klägerin haben Erfolg. Das Berufungsgericht hat der Klägerin zu Unrecht Ansprüche aus Geschmacksmusterrecht versagt.
II. Die Klägerin hat gegen die Beklagten wegen der Verletzung ihres Geschmacksmusters Nr. M 9602513.1 den geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung (§ 14a Abs. 1 Satz 1 GeschmMG).
1. Das Geschmacksmuster ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts schutzfähig.

a) Wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat, ist das Geschmacksmuster wirksam angemeldet worden, obwohl die fotografischen Darstellungen , mit denen das "Umwandelbare Sitz-Liegemöbel" im Wege der Einzelanmeldung als Modell angemeldet worden ist, das Möbel in zwei verschiedenen Ausführungsformen zeigen. Bei dem Modell auf den hinterlegten Fotos B 1 bis B 7 läuft die Sitzlehne des linken Sofaschenkels in einem "Polstertropfen" aus. Die Abbildungen B 8 bis B 11 stellen dagegen ein Modell dar, dessen linker Sofaschenkel durch eine Armlehne abgeschlossen wird, um ein Sitzsegment verlängert ist und an dem äußeren Sitzpolster eine leichte Vorwölbung der Vorderkante aufweist, die dem Sofa auf den Abbildungen B 1 bis B 7 fehlt.

Auch in dieser Form ist durch das Geschmacksmuster eine bestimmte ästhetische Gestaltung, für die Schutz beansprucht wird, offenbart worden. Der Schutzgegenstand des Geschmacksmusters ist aber auf das begrenzt, was durch die Fotografien einheitlich wiedergegeben wird. Mit der Einzelanmeldung ist Schutz nur für ein einheitliches Muster beansprucht worden; die hinterlegten Fotografien sind deshalb rechtlich als eine einzige Darstellung im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 2 GeschmMG anzusehen (vgl. Nirk/Kurtze, Geschmacksmustergesetz , 2. Aufl., § 7 Rdn. 47). Abweichungen der Fotografien voneinander führen demgemäß nicht zu einer Vermehrung der Schutzgegenstände, sondern müssen bei der Bestimmung des Schutzgegenstands des Musters außer Betracht bleiben (vgl. v. Gamm, Geschmacksmustergesetz, 2. Aufl., § 7 Rdn. 29).

b) Das Berufungsgericht hat die Neuheit des Klagemusters rechtsfehlerfrei und von den Parteien nicht beanstandet bejaht.

c) Die Beurteilung, daß dem Klagemuster die nach § 1 Abs. 2 GeschmMG erforderliche Eigentümlichkeit fehle, wird jedoch von der Revision mit Erfolg angegriffen.
(1) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Prüfung der Eigentümlichkeit und ihres Grades - anders als die Prüfung der Neuheit - nicht durch einen Einzelvergleich des Klagemusters mit Entgegenhaltungen vorzunehmen ist, sondern durch einen Gesamtvergleich mit den vorbekannten Formgestaltungen (vgl. BGH, Urt. v. 18.4.1996 - I ZR 160/94, GRUR 1996, 767, 769 - Holzstühle; Urt. v. 13.7.2000 - I ZR 219/98, GRUR 2000, 1023, 1025 = WRP 2000, 1312 - 3-Speichen-Felgenrad). Dabei hat das Berufungsgericht an sich zutreffend auch auf den Grundsatz hingewiesen, daß
die Anforderungen an die für den Geschmacksmusterschutz erforderliche Gestaltungshöhe nicht zu niedrig angesetzt werden dürfen, wenn ein Muster lediglich vorbekannte Formelemente kombiniert (vgl. BGH, Urt. v. 24.9.1987 - I ZR 142/85, GRUR 1988, 369, 370 - Messergriff).
Das Berufungsgericht hat jedoch - wie die Revision zu Recht rügt - nicht berücksichtigt, daß der Gesamtvergleich mit den vorbekannten Formgestaltungen ausgehen muß von der Feststellung des Gesamteindrucks des Musters und der Gestaltungsmerkmale, auf denen dieser Gesamteindruck beruht (vgl. BGH GRUR 1996, 767, 769 - Holzstühle; BGH, Urt. v. 11.12.1997 - I ZR 134/95, GRUR 1998, 379, 382 = WRP 1998, 406 - Lunette). Statt dessen hat das Berufungsgericht seiner Prüfung der Eigentümlichkeit lediglich die Merkmalsbeschreibung, in der die Klägerin die äußeren Merkmale des Klagemusters zusammengefaßt hat, zugrunde gelegt. Eine solche Merkmalsbeschreibung kann aber die Feststellung des Gesamteindrucks nicht ersetzen. Sie kann zwar eine wichtige Hilfe sein für das Herausarbeiten derjenigen Merkmale eines Geschmacksmusters, die den ästhetischen Gesamteindruck bestimmen, und wesentlich dazu beitragen, die Rechtsfindung nachvollziehbar zu machen. Letztlich ist aber auf den ästhetischen Gesamteindruck selbst abzustellen. Zu dessen Ermittlung ist es über die äußere Beschreibung der Merkmale des Klagemusters hinaus erforderlich, die einzelnen Formen des Klagemusters in bezug auf ihre Maßgeblichkeit für den Gesamteindruck zu bewerten und zu gewichten (vgl. BGH GRUR 2000, 1023, 1025 - 3-SpeichenFelgenrad , m.w.N.). Dies hat das Berufungsgericht zu Unrecht unterlassen.
(2) Der Senat kann jedoch im Streitfall die Beurteilung des Gesamteindrucks der maßgeblichen ästhetischen Merkmale und seiner Besonderheiten gegenüber dem vorbekannten Formenschatz selbst - unter Heranziehung der
Ausführungen des Landgerichts und der Revision - vornehmen, da das Klagegeschmacksmuster und der entgegengehaltene Formenschatz zum unstreitigen Sachverhalt gehören (vgl. BGH GRUR 1998, 379, 381 - Lunette, m.w.N.). Auf der gegebenen Sachverhaltsgrundlage kann die Schutzfähigkeit des Klagemodells auch ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen beurteilt werden, weil es insoweit gerade auf die Anschauungen des für geschmackliche und ästhetische Fragen aufgeschlossenen und mit ihnen einigermaßen vertrauten Durchschnittsbetrachters ankommt (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.1979 - I ZR 166/76, GRUR 1979, 332, 336 - Brombeerleuchte; Urt. v. 7.11.1980 - I ZR 57/78, GRUR 1981, 273, 274 - Leuchtenglas, m.w.N.; Nirk/Kurtze aaO § 1 Rdn. 164; Eichmann/v. Falckenstein, Geschmacksmustergesetz, 2. Aufl., § 1 Rdn. 37). Dabei ist, anders als dies im Berufungsurteil möglicherweise anklingt, weder der persönliche Geschmack des Richters maßgebend noch der Umstand, ob der Gestaltung ein künstlerischer Wert zugesprochen werden kann (vgl. dazu auch - zum Urheberrecht - BGH, Urt. v. 3.2.1988 - I ZR 142/86, GRUR 1988, 812, 814 - Ein bißchen Frieden; Urt. v. 13.4.2000 - I ZR 282/97, GRUR 2000, 703, 705 f. = WRP 2000, 1243 - Mattscheibe; vgl. weiter v. Gamm aaO § 1 Rdn. 65 m.w.N.).
aa) Das Klagemuster vermittelt - in der aus allen Bilddarstellungen einheitlich zu entnehmenden Gestaltung - trotz seines funktionsbedingten Umfangs den Eindruck lässiger Weichheit. Dieser wird maßgeblich dadurch bestimmt , daß - gerade auch durch das Fehlen sichtbarer Holzteile - alles Gerade , Kantige, Hochgestellte, hart Begrenzende vermieden wird. Statt dessen prägen fließende Linien das Gesamtbild. Die Sitzlehne wirkt zurückgenommen; das Polster, das die Lehne nicht völlig bedeckt, ist mit einer gewissen Lässigkeit als Überwurfpolster darauf gelegt. Die Gliederung der Polster wird ganz den
- teilweise unregelmäßig wie "Knautschlinien" verlaufenden - Steppnähten überlassen, wodurch zugleich die Weichheit der Polsterung optisch vermittelt wird. Der breite Sitzteil erhält durch eine s-förmig ausgebildete Vorderkante einen beide Schenkel des Klagemodells umfassenden Schwung, der bei einem Möbel dieser Masse besonders auffällt und dadurch auch in besonderer Weise prägend wirkt. Die Massigkeit des Unterbaus, der deutlich höher als die Sitzpolsterung ist, ist dadurch zurückgenommen, daß dieser gegenüber der Vorderkante des Sitzpolsters zurückversetzt und mit einer Stoffumhüllung senkrecht drapiert ist. Die Zweitfunktion des Möbels als Liegemöbel (insbesondere die Funktion des Sockels als Bettkasten) wird auf diese Weise geschickt verdeckt. Der Eindruck des breit Hingelagerten wird dadurch betont, daß die überwurfgepolsterten Sitzlehnen zu den Schenkeln hin abfallen und nicht bis zu deren Ende reichen. Sie werden vielmehr von Rundungen der Sitzpolsterung unterfangen. Insgesamt ist es trotz des großen Möbelvolumens gelungen, die Elemente des Klagemusters harmonisch aufeinander abzustimmen.
bb) Die bei dem Klagemuster angewandten Gestaltungselemente sind allerdings als solche weitgehend vorbekannt. Dies hat das Berufungsgericht für die von der Klägerin in ihrer Merkmalsbeschreibung unter 1., 2., 3. und 5. als prägend genannten Gestaltungselemente rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen festgestellt. Die s-förmige Ausbildung der Vorderkante der Sitzfläche stellt dagegen ein neues Element dar, das dem Sitzmöbel einen beide Schenkel übergreifenden Schwung gibt und maßgeblich dessen Charakter mitprägt. Die Revision rügt zu Recht die Annahme des Berufungsgerichts, dieses Gestaltungselement habe im allgemeinen Trend gelegen, da für eine solche Annahme eine tragfähige Grundlage fehlt. Die insoweit darlegungspflichtigen Beklagten haben ihre Behauptung eines Trends lediglich auf Unterlagen gestützt, denen zwar entnommen werden könnte, daß es einen Trend gegeben
habe, Polster von Sitzmöbeln durch Rundungen an der Vorderkante zu gestalten. Eine s-förmige Rundung einer Vorderkante der Sitzpolsterung wie bei dem Klagemuster, die bewirkt, daß beide Schenkel eines Ecksofas mit großzügiger Geste zusammengefaßt werden, war aber durch die Vorgaben der vorbekannten Modelle nicht nahegelegt.
cc) Wie die Revision zu Recht geltend macht, ist das Klagemodell - auch soweit es vorbekannte Gestaltungselemente kombiniert hat - eigenschöpferisch gestaltet. Die ästhetische Durchformung des Klagemodells stellt keineswegs eine mehr oder weniger beliebige Zusammenfügung vorbekannter oder im Trend liegender Gestaltungselemente dar, wie das Berufungsgericht ohne Begründung gemeint hat. Die Eigentümlichkeit des Klagemusters wird vielmehr besonders deutlich, wenn es mit den von den Beklagten als vorbekannt angeführten Gestaltungen verglichen wird.
Die eigene Gebrauchsmusteranmeldung der Klägerin (Nr. 295 02 828.9) hat mit dem Klagemuster nur die Darstellung eines funktionsgleichen Möbels gemeinsam.
Das sog. U. -Modell (Anlage B 12), ein eigenes Vormodell der Klägerin, und das Modell "C. " (Anlage B 14) weisen zwar schon eine Reihe von Gestaltungselementen auf, die sich in dem Klagemodell wiederfinden, verdeutlichen aber auch durch die vorhandenen Unterschiede die Besonderheiten der Gestaltung des Klagemusters. Diese beiden vorbekannten Muster wirken - gerade im Vergleich zu diesem - recht steif. Das "C. "-Modell erweckt durch seine - als betonte Seitenbegrenzungen ausgestalteten - Armlehnen und einen zweiteiligen Unterbau den Eindruck in sich geschlossener Massigkeit, der auch durch die Überwurfpolsterung und die leichte Vorwölbung des Sitzpolsters nicht
verwischt wird. Das sog. U. -Modell wird dagegen vergleichsweise stark durch seinen glatten, geraden Sockel und durch seine Holzteile (eine quer verlaufende Holzapplikation, eine Armlehnenstütze und Holzfüße) geprägt, die dem Modell eine Struktur einziehen. Sockel und Oberteil erscheinen als zwei deutlich getrennte Teile. Die geraden Kanten des Sitzpolsters und die steiler gestellte Sitzlehne vermitteln, trotz des darüber gelegten Überwurfpolsters, insgesamt einen bieder-steifen Eindruck.
Von diesem vorbekannten Formenschatz ist es ein recht deutlicher Schritt zu dem Klagemuster, der das Durchschnittsschaffen eines mit der Kenntnis des Fachgebiets vertrauten Mustergestalters übersteigt (vgl. BGH GRUR 1998, 379, 382 - Lunette, m.w.N.). Dies gilt um so mehr angesichts der nicht einfachen Aufgabe des Mustergestalters, einer Polstergarnitur ein ästhetisch ansprechendes Ä ußeres zu geben, die als umwandelbares SitzLiegemöbel in der Form eines Ecksofas eine Mehrfachfunktion erfüllen muß, aber als reines Sitzmöbel erscheinen soll. Diese Aufgabe ist bei dem Klagemodell , wie gerade auch die vorbekannten Modelle zeigen, mit überdurchschnittlichem Können gelöst worden.
2. Das danach schutzfähige Geschmacksmuster ist von den Beklagten unzulässig nachgebildet worden (§ 5 Abs. 1 GeschmMG). Relevante Abweichungen des beanstandeten Modells von dem Klagemuster sind nicht erkennbar und von den Beklagten auch nicht geltend gemacht worden.
III. Die Beklagten haften der Klägerin gemäß § 14a Abs. 1 GeschmMG auf Schadensersatz. Aus den gesamten Umständen ergibt sich, daß sie das Schutzrecht der Klägerin - wie schon das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - jedenfalls fahrlässig verletzt haben. Wegen des unmittelbaren Wettbe-
werbsverhältnisses der Parteien ist mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten, daß der Klägerin durch den Vertrieb der Nachbildung ein Schaden entstanden ist.
IV. Die Ansprüche der Klägerin auf Auskunftserteilung sind ebenfalls begründet, weil sie die begehrten Auskünfte zur Durchsetzung ihres Schadensersatzanspruchs benötigt (§ 14a Abs. 3 GeschmMG i.V. mit § 101a UrhG, § 242 BGB).
V. Da die Klägerin ihre Klageanträge bereits auf das Geschmacksmuster Nr. M 9602513.1 stützen kann, kann die Frage offenbleiben, ob die Ansprüche auch aufgrund des international registrierten Geschmacksmusters DM/036 859 oder aus ergänzendem Leistungsschutz (§ 1 UWG) begründet wären.
VI. Auf die Revision der Klägerin war danach das Berufungsurteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Büscher

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)