Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juli 2007 - I ZR 136/05

bei uns veröffentlicht am19.07.2007
vorgehend
Landgericht Köln, 15 O 735/03, 12.10.2004
Oberlandesgericht Köln, 12 U 8/05, 20.06.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
I ZR 136/05 Verkündet am:
19. Juli 2007
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Fehlende Unterschrift
§§ 418, 419, 542 Abs. 1

a) Die Entscheidung, durch die eine Wiedereinsetzung wegen Versäumung der
Einspruchsfrist gegen ein Versäumnisurteil versagt wird, muss auch dann
durch Urteil ergehen, wenn sie isoliert vorab und nicht zusammen mit der
Entscheidung über die nachgeholte Prozesshandlung sowie ohne mündliche
Verhandlung getroffen wird.

b) Fehlt auf einer Zustellungsurkunde die nach § 182 Abs. 2 Nr. 8 ZPO erforderliche
Unterschrift des Zustellers (hier: statt Unterschrift nur Paraphe), ist die
Zustellung nicht unwirksam. Die fehlende Unterschrift kann nachgeholt werden.
Eine entsprechend ergänzte Zustellungsurkunde hat nicht die Beweiskraft
des § 418 ZPO, sondern ist nach § 419 ZPO frei zu würdigen.
BGH, Vers.-Urt. v. 19. Juli 2007 - I ZR 136/05 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juli 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten werden die Beschlüsse des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 6. Dezember 2004 und 20. Juni 2005 und der Beschluss des Landgerichts Köln, 15. Zivilkammer, vom 12. Oktober 2004 aufgehoben.
Der Beklagten wird wegen der Versäumung der Einspruchsfrist gegen das Versäumnisurteil des Landgerichts Köln vom 12. Juli 2004 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren und das Revisionsverfahren wird abgesehen.
Die Entscheidung über die übrigen Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung des Berufungsgerichts vorbehalten.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger hat am 12. Juli 2004 gegen die Beklagte im schriftlichen Verfahren ein Versäumnisurteil über 80.784,11 € nebst Zinsen erwirkt. Nach der Zustellungsurkunde ist das Versäumnisurteil der Beklagten am 13. Juli 2004 im Wege der Ersatzzustellung an ihren erwachsenen ständigen Mitbewohner S. zugestellt worden. Die Beklagte hat gegen das Versäumnisurteil am 29. September 2004 Einspruch erhoben. Am 11. Oktober 2004 hat sie beantragt , ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist zu gewähren.
2
Hierzu hat die Beklagte geltend gemacht, sie habe vor dem 28. September 2004 weder von der Zustellung der Klage noch von der des Versäumnisurteils Kenntnis erlangt. Zu diesem Zeitpunkt habe ihr der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung angedroht. Sie sei von Anfang Juli bis Ende August 2004 nicht in Köln gewesen. Während ihrer Abwesenheit habe sie ihren Untermieter S. beauftragt, ihren Briefkasten zu leeren, ihre Post zu sichten, Briefe mit unklarem Inhalt zu öffnen und sie über Schriftstücke von Bedeutung zu informieren oder diese ihr zuzusenden. Der Untermieter habe in der Zeit ihrer Abwesenheit das Versäumnisurteil nicht entgegengenommen. Über den Erhalt von Gerichtspost habe er sie auch nicht unterrichtet, und sie habe das Versäumnisurteil auch nach der Rückkehr nicht vorgefunden.
3
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten mit Beschluss vom 12. Oktober 2004 zurückgewiesen.
4
Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht Köln mit Beschluss vom 6. Dezember 2004 zunächst als unzulässig verworfen, weil gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung nur das Rechtsmittel der Berufung statthaft sei. Auf die Gegenvorstellung der Beklagten hat das Oberlandesgericht den Beschluss vom 6. Dezember 2004 geändert und die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.
5
Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist zu gewähren. Der Kläger war im Revisionsverfahren trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten.

Entscheidungsgründe:


6
I. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
7
Die Beklagte habe nicht hinreichend glaubhaft gemacht, ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Einspruchsfrist gehindert gewesen zu sein. Nach der Zustellungsurkunde vom 13. Juli 2004 sei eine Übergabe des zuzustellenden Schriftstücks an den Untermieter S. der Beklagten und nicht nur eine Benachrichtigung über eine Zustellung oder eine Zustellung durch Einwurf in den Briefkasten erfolgt. Als öffentlicher Urkunde komme der Zustellungsurkunde volle Beweiskraft zu. Den nach § 418 Abs. 2 ZPO möglichen Gegenbeweis habe die Beklagte nicht geführt. Es sei schon fraglich, ob die Anordnung an S. ausgereicht habe. Die Anweisung sei unbestimmt und gewährleiste den Erhalt wichtiger Schriftstücke nicht im notwendigen Umfang.
8
Selbst wenn die Anordnung ausreichend gewesen sei, sei der Beklagten das Verschulden des Mitbewohners S. zuzurechnen, der zur Entgegennahme von zuzustellenden Schriftstücken bevollmächtigt gewesen sei. Die eidesstattliche Versicherung des S. sei nicht geeignet, den durch die Zustellungsurkunde erbrachten Beweis, dass die Zustellung an ihn erfolgt sei, zu erschüttern.
9
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
10
1. Über die Revision ist auf Antrag der Beklagten durch Versäumnisurteil gemäß § 555 Abs. 1, § 331 Abs. 1 ZPO zu entscheiden, weil der Revisionsbeklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten war.
11
2. Die Revision ist zulässig.
12
a) Das Oberlandesgericht hat zwar nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss entschieden. Daraus folgt jedoch nicht die Unzulässigkeit der Revision, auch wenn dieses Rechtsmittel nach § 542 Abs. 1 ZPO nur gegen Endurteile statthaft ist. Das ergibt sich aus dem Grundsatz der Meistbegünstigung, der im Fall einer nicht korrekten Form der Entscheidung eingreift. Hat das Gericht eine der Form nach unrichtige Entscheidung gewählt, steht den Parteien sowohl das Rechtsmittel zu, das nach der Art der ergangenen Entscheidung statthaft ist, als auch das Rechtsmittel, das bei einer in der richtigen Form getroffenen Entscheidung gegeben gewesen wäre (BGHZ 98, 362, 364; 152, 213, 216; Wieczorek /Prütting, ZPO, 3. Aufl., § 542 Rdn. 53; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., Vor § 511 Rdn. 30).
13
b) Im Streitfall hat das Landgericht über das Wiedereinsetzungsgesuch der Beklagten statt durch Urteil verfahrensfehlerhaft durch Beschluss entschieden.
14
Nach § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags und auf die Anfechtung der Entscheidung die Vorschriften anzuwenden, die für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Dabei macht es keinen Unterschied, ob über das Wiedereinsetzungsgesuch isoliert vorab oder zusammen mit der nachgeholten Prozesshandlung eine Entscheidung getroffen wird.
15
aa) Nach § 341 Abs. 2 ZPO in der Fassung vom 3. Dezember 1976 konnte das Gericht nach seinem Ermessen über die Unzulässigkeit des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss oder aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil befinden. Die Entscheidung durch Beschluss konnte die Partei mit der sofortigen Beschwerde, diejenige durch Urteil mit der Berufung anfechten (§ 341 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.). Zweck der am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Neuregelung ist es, dieses unübersichtliche Nebeneinander verschiedener Rechtsmittel zu bereinigen, durch die zwingende Urteilsform die Entscheidung aufzuwerten und eine einheitliche Behandlung sicherzustellen (Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 87). Die Neufassung des § 341 Abs. 2 ZPO sieht daher zwingend eine Entscheidung durch Urteil auch dann vor, wenn sie ohne mündliche Verhandlung getroffen wird (vgl. auch Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 14/4722, S. 86). Das Landgericht hätte daher über den Einspruch der Beklagten durch Urteil entscheiden müssen (vgl. Zöller/Herget aaO § 341 Rdn. 8 f.).
16
bb) Folglich hätte das Landgericht auch über die - regelmäßig unzweckmäßige - isolierte Versagung der Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einspruchsfrist gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Urteil erkennen müssen (a.A. Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 238 Rdn. 6; Münch- Komm.ZPO/Feiber, 2. Aufl., § 238 Rdn. 11; Musielak/Grandel, ZPO, 5. Aufl., § 238 Rdn. 4; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 28. Aufl., § 238 Rdn. 9).
17
Die Entscheidung durch Urteil entspricht auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschriften. § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO soll die Entscheidung über das Wiedereinsetzungsgesuch an die nachgeholte Prozesshandlung binden. Der Antrag auf Wiedereinsetzung nimmt deshalb denselben Gang wie die versäumte Prozesshandlung (Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 2, Abteilung 1, Begründung des Entwurfs §§ 206-208, S. 173). Dem Zweck des § 341 Abs. 2 ZPO n.F. entspricht es ebenfalls, die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag bei Versäumung der Einspruchsfrist gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 341 Abs. 2 ZPO stets durch Urteil und nicht durch Beschluss zu treffen, um verschiedene Rechtsmittel gegen in unterschiedlicher Form ergangene Entscheidungen auszuschließen.
18
cc) Hätte das Landgericht über das Wiedereinsetzungsgesuch richtigerweise durch Urteil erkannt, hätte die Beklagte das die Wiedereinsetzung versagende Urteil mit dem Rechtsmittel der Berufung und das die Berufung zurückweisende Urteil des Berufungsgerichts gegebenenfalls mit der Revision anfechten können (vgl. BGHZ 47, 289, 291 f.; Zöller/Greger aaO § 238 Rdn. 7). Der Umstand, dass das Landgericht verfahrensfehlerhaft nicht durch ein mit der Berufung anfechtbares Urteil entschieden und das Berufungsgericht die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten nicht durch ein gegebenenfalls mit der Revision anfechtbares Urteil zurückgewiesen haben, kann sich nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung nicht zum Nachteil der Beklagten auswirken.
19
3. Die Revision ist auch begründet.
20
a) Einer Entscheidung in der Sache steht nicht entgegen, dass das Oberlandesgericht die sofortige Beschwerde gegen den die Wiedereinsetzung versagenden Beschluss des Landgerichts zunächst mit Beschluss vom 6. Dezember 2004 als unzulässig mit der Begründung verworfen hat, die Beklagte hätte die landgerichtliche Entscheidung mit der Berufung anfechten müssen. Diese Entscheidung hat das Oberlandesgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 20. Juni 2005 auf die Gegenvorstellung der Beklagten hin in prozessual zulässiger Weise geändert (vgl. BGHZ 150, 133, 136).
21
b) Der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 20. Juni 2005 kann aber schon deshalb keinen Bestand haben, weil das Oberlandesgericht - ebenso wie schon das Landgericht - keine ausreichenden Feststellungen über die nach § 341 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu prüfende Zulässigkeit des Einspruchs getroffen hat.
22
aa) Die Vorinstanzen hätten zunächst von Amts wegen klären müssen, ob das Versäumnisurteil der Beklagten am 13. Juli 2004 durch Ersatzzustellung an den Mitbewohner S. nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugestellt worden war. Die Beklagte hat dies in Abrede gestellt. Die Zustellungsurkunde über die Ersatzzustellung an den Mitbewohner S. begründete entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts keinen vollen Beweis der in der Urkunde bezeugten Tatsachen nach § 418 ZPO.
23
bb) Die Zustellungsurkunde enthielt nicht die nach § 182 Abs. 2 Nr. 8 ZPO erforderliche Unterschrift des Zustellers.
24
Für eine Unterschrift reicht es aus, dass ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender, individuell gestalteter Namenszug vorliegt , der die Absicht erkennen lässt, eine volle Unterschrift zu leisten. Der Na- menszug kann flüchtig geschrieben sein und braucht weder die einzelnen Buchstaben klar erkennen zu lassen noch im Ganzen lesbar zu sein; ein Handzeichen genügt jedoch nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 8.10.1991 - XI ZB 6/91, NJW 1992, 243; OLG Frankfurt NJW 1993, 3079; Zöller/Stöber aaO § 182 Rdn. 12).
25
Diesen Anforderungen entspricht das auf der Zustellungsurkunde angebrachte Schriftzeichen des Zustellers nicht. Auch unter Heranziehung des Stempelaufdrucks mit dem vollständigen Vor- und Nachnamen des Zustellers besteht das Zeichen lediglich aus einer Paraphe, die als Unterschrift i.S. von § 182 Abs. 2 Nr. 8 ZPO nicht ausreicht.
26
Das Fehlen der Unterschrift des Zustellers führt nach der Neufassung der Zustellungsvorschriften durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens bei Zustellungen im gerichtlichen Verfahren vom 25. Juni 2001 (BGBl. I 1206) allerdings nicht zur Unwirksamkeit der Zustellung, weil die Beurkundung des Zustellungsvorgangs nach § 182 ZPO nur dem Nachweis der Zustellung dient und nicht konstitutiver Bestandteil der Zustellung ist (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs , BT-Drucks. 14/4554, S. 15; Zöller/Stöber aaO § 167 Rdn. 1; Musielak/Wolst aaO § 166 Rdn. 2). Die Unterschrift des Zustellers könnte deshalb noch nachgeholt werden (vgl. Zöller/Stöber aaO § 182 Rdn. 18; enger: Wieczorek/Rohe aaO § 182 Rdn. 36: Nachholung nur in engem zeitlichen Zusammenhang ). Die Beweiskraft der entsprechend ergänzten Zustellungsurkunde wäre vom Tatrichter, gegebenenfalls nach Vernehmung des Zustellers und des Mitbewohners S. der Beklagten, nach freier Überzeugung gemäß § 419 ZPO ohne Bindung an die Beweiskraft öffentlicher Urkunden nach § 418 ZPO zu würdigen.
27
c) Einer nachträglichen Einholung der Unterschrift des Zustellers auf der Zustellungsurkunde und zusätzlicher Beweiserhebungen über eine Zustellung des Versäumnisurteils am 13. Juli 2004 an den Mitbewohner S. der Beklagten bedarf es im Streitfall aber ausnahmsweise nicht. Dies gilt auch, wenn - wie vorliegend - eine Partei an sich behauptet, eine gerichtliche Frist eingehalten zu haben, und den Antrag auf Wiedereinsetzung daher schlüssig nur hilfsweise für den Fall der Fristversäumnis stellt (zur hilfsweisen Stellung des Wiedereinsetzungsantrags : BGH, Beschl. v. 16.1.2007 - VIII ZB 75/06, NJW 2007, 1457 Tz. 12). Aus Gründen der Verfahrensvereinfachung kann in derartigen Fällen, in denen es noch weiterer Beweiserhebungen zur Rechtzeitigkeit eines Rechtsbehelfs bedarf, andererseits aber schon jetzt davon auszugehen ist, dass selbst dann, wenn sich die Fristwahrung nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen lässt, jedenfalls Wiedereinsetzung zu gewähren wäre, dem Wiedereinsetzungsgesuch stattgegeben werden (BGH, Beschl. v. 27.2.2002 - I ZB 23/01, NJW-RR 2002, 1070 f.). So liegen die Dinge im vorliegenden Fall.
28
aa) Das Oberlandesgericht hat der Beklagten die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Unrecht verwehrt. Die Beklagte war ohne ihr Verschulden verhindert, die Einspruchsfrist von zwei Wochen nach § 339 Abs. 1 ZPO einzuhalten (§ 233 Abs. 1 ZPO).
29
bb) Die Beklagte traf kein eigenes Verschulden an der Versäumung der Einspruchsfrist. Sie hat durch ihre eidesstattliche Versicherung vom 29. September 2004 glaubhaft gemacht, dass sie sich in der Zeit vom 3. Juli bis 31. August 2004 nicht in Köln aufgehalten hat.
30
Die Beklagte musste allerdings Vorkehrungen treffen, dass sie von gerichtlichen Zustellungen Kenntnis erlangte. Denn sie musste mit einer gerichtlichen Zustellung eines Versäumnisurteils rechnen, nachdem ihr die Klage mit der Anordnung des schriftlichen Verfahrens am 5. März 2004 durch Niederlegung gemäß § 181 Abs. 1 ZPO zugestellt worden war. Dem durch die Zustel- lungsurkunde erbrachten vollen Beweis gemäß § 418 Abs. 1 ZPO über die Zustellung der Klageschrift hat die Beklagte mit ihrer gegenteiligen eidesstattlichen Versicherung nicht widerlegt. Die Klageschrift wurde ihr nach der Zustellungsurkunde vom 5. März 2004 durch Niederlegung in ihren Hausbriefkasten zugestellt. Nach ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 29. September 2004 war die Beklagte zum Zeitpunkt der Zustellung nicht verreist. Einen Grund, warum sie die Klageschrift nicht erhalten hat, hat die Beklagte nicht dargelegt.
31
Die getroffenen Vorkehrungen, die die Beklagte durch ihre eigene eidesstattliche Versicherung und die ihres Mitbewohners S. glaubhaft gemacht hat, um von einer gerichtlichen Zustellung Kenntnis zu erlangen, waren entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts jedoch ausreichend. Die Beklagte hat ihren Mitbewohner beauftragt, den Briefkasten zu leeren, die Briefe zu sichten, Briefe mit unklarem Inhalt zu öffnen und sie über Schriftstücke von Bedeutung zu unterrichten. Dass der Mitbewohner S. unzuverlässig war, ist nicht ersichtlich. Die Vorgehensweise, die die Beklagte mit ihrem Mitbewohner verabredet hatte, war auch bestimmt genug, um von Gerichtssendungen Kenntnis zu erhalten. Gerichtspost wird ein zuverlässiger Erwachsener stets als wesentlich ansehen. Förmliche gerichtliche Zustellungen sind auch ohne Weiteres erkennbar. Sie erfolgen gemäß § 190 ZPO i.V. mit der Anlage 2 der Zustellungsvordruckverordnung vom 12. Februar 2002 (BGBl. I S. 671, berichtigt S. 1019) in gelben Umschlägen. Diese enthalten als Absender das jeweilige Gericht, das Aktenzeichen sowie den Aufdruck "förmliche Zustellung". Auf der Rückseite ist unter der Überschrift "wichtiger Hinweis:" unter anderem der Vermerk enthalten: "Mit dieser Sendung werden Ihnen in gesetzlich vorgeschriebener Form die im Umschlag enthaltenen Schriftstücke förmlich zugestellt."
32
Die Beklagte durfte sich unter diesen Umständen darauf verlassen, dass ihr Mitbewohner S. sie von eingehender Gerichtspost verständigen würde.

33
cc) Ein etwaiges Verschulden des Mitbewohners S. muss sich die Beklagte entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts nicht zurechnen lassen.
34
Eine Zurechnung eines möglicherweise gegebenen Verschuldens des S. nach § 85 Abs. 2 ZPO scheidet aus, weil S. nicht Bevollmächtigter im Sinne dieser Vorschrift war. Dazu reichte die mit S. getroffene Vereinbarung, sich in der dargestellten Weise um die Post der Beklagten zu kümmern, nicht aus. S. war lediglich eine Hilfsperson, die der Beklagten half, ihren Obliegenheiten bei möglichen Zustellungen nachzukommen. Für ein etwaiges Verschulden des S. im Zusammenhang mit der Zustellung des Versäumnisurteils und der Information der Beklagten haftet diese nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 28.7.1999 - VIII ZB 3/99, NJW-RR 2000, 444, 445; Beschl. v. 6.6.2001 - VIII ZB 8/01, NJW-RR 2002, 137).
35
III. Die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht und das Revisionsverfahren sind gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben, weil sie bei richtiger Entscheidung des Landgerichts nicht angefallen wären.
36
Eine Entscheidung über die übrigen Kosten ist der Endentscheidung des Berufungsgerichts in der Hauptsache vorbehalten, bei dem das Berufungsverfahren gegen das Urteil des Landgerichts vom 20. Juli 2005 anhängig ist, durch das der Einspruch gegen das Versäumnisurteil als unzulässig verworfen worden ist (vgl. hierzu auch BGH, Beschl. v. 21.12.2005 - XII ZB 33/05, NJW 2006, 693, 695).
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Bergmann
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 12.10.2004 - 15 O 735/03 -
OLG Köln, Entscheidung vom 20.06.2005 - 12 U 8/05 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juli 2007 - I ZR 136/05

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juli 2007 - I ZR 136/05

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 21 Nichterhebung von Kosten


(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A
Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juli 2007 - I ZR 136/05 zitiert 17 §§.

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(1) Die Revision findet gegen die in der Berufungsinstanz erlassenen Endurteile nach Maßgabe der folgenden Vorschriften statt. (2) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verf

Zivilprozessordnung - ZPO | § 555 Allgemeine Verfahrensgrundsätze


(1) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben, die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Einer Güteverhandlung

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(1) Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann das Schriftstück zugestellt werden1.in der Wohnung einem erwachsenen Familienang

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Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Dez. 2008 - XII ZB 125/06

bei uns veröffentlicht am 17.12.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 125/06 vom 17. Dezember 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 240, 303, 511 Abs. 1 a) Hat das Landgericht fehlerhaft durch Beschluss statt durch Urteil entschied

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2018 - IX ZA 14/18

bei uns veröffentlicht am 22.11.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZA 14/18 vom 22. November 2018 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 Satz 1 I, § 700 Abs. 1, § 339 Verfolgt der Kläger eine erhebliche Forderung mit einem Mahnbescheid

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(1) Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann das Schriftstück zugestellt werden

1.
in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner,
2.
in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person,
3.
in Gemeinschaftseinrichtungen dem Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter.

(2) Die Zustellung an eine der in Absatz 1 bezeichneten Personen ist unwirksam, wenn diese an dem Rechtsstreit als Gegner der Person, der zugestellt werden soll, beteiligt ist.

(1) Zum Nachweis der Zustellung nach den §§ 171, 177 bis 181 ist eine Urkunde auf dem hierfür vorgesehenen Formular anzufertigen. Für diese Zustellungsurkunde gilt § 418.

(2) Die Zustellungsurkunde muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Person, der zugestellt werden soll,
2.
die Bezeichnung der Person, an die der Brief oder das Schriftstück übergeben wurde,
3.
im Falle des § 171 die Angabe, dass die Vollmachtsurkunde vorgelegen hat,
4.
im Falle der §§ 178, 180 die Angabe des Grundes, der diese Zustellung rechtfertigt und wenn nach § 181 verfahren wurde, die Bemerkung, wie die schriftliche Mitteilung abgegeben wurde,
5.
im Falle des § 179 die Erwähnung, wer die Annahme verweigert hat und dass der Brief am Ort der Zustellung zurückgelassen oder an den Absender zurückgesandt wurde,
6.
die Bemerkung, dass der Tag der Zustellung auf dem Umschlag, der das zuzustellende Schriftstück enthält, vermerkt ist,
7.
den Ort, das Datum und auf Anordnung der Geschäftsstelle auch die Uhrzeit der Zustellung,
8.
Name, Vorname und Unterschrift des Zustellers sowie die Angabe des beauftragten Unternehmens oder der ersuchten Behörde.

(3) Die Zustellungsurkunde ist der Geschäftsstelle in Urschrift oder als elektronisches Dokument unverzüglich zurückzuleiten.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob der Einspruch an sich statthaft und ob er in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, so ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfen.

(2) Das Urteil kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(1) Zum Nachweis der Zustellung nach den §§ 171, 177 bis 181 ist eine Urkunde auf dem hierfür vorgesehenen Formular anzufertigen. Für diese Zustellungsurkunde gilt § 418.

(2) Die Zustellungsurkunde muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Person, der zugestellt werden soll,
2.
die Bezeichnung der Person, an die der Brief oder das Schriftstück übergeben wurde,
3.
im Falle des § 171 die Angabe, dass die Vollmachtsurkunde vorgelegen hat,
4.
im Falle der §§ 178, 180 die Angabe des Grundes, der diese Zustellung rechtfertigt und wenn nach § 181 verfahren wurde, die Bemerkung, wie die schriftliche Mitteilung abgegeben wurde,
5.
im Falle des § 179 die Erwähnung, wer die Annahme verweigert hat und dass der Brief am Ort der Zustellung zurückgelassen oder an den Absender zurückgesandt wurde,
6.
die Bemerkung, dass der Tag der Zustellung auf dem Umschlag, der das zuzustellende Schriftstück enthält, vermerkt ist,
7.
den Ort, das Datum und auf Anordnung der Geschäftsstelle auch die Uhrzeit der Zustellung,
8.
Name, Vorname und Unterschrift des Zustellers sowie die Angabe des beauftragten Unternehmens oder der ersuchten Behörde.

(3) Die Zustellungsurkunde ist der Geschäftsstelle in Urschrift oder als elektronisches Dokument unverzüglich zurückzuleiten.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

Inwiefern Durchstreichungen, Radierungen, Einschaltungen oder sonstige äußere Mängel die Beweiskraft einer Urkunde ganz oder teilweise aufheben oder mindern, entscheidet das Gericht nach freier Überzeugung.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

(1) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben, die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

(2) Die Vorschriften der §§ 348 bis 350 sind nicht anzuwenden.

(3) Ein Anerkenntnisurteil ergeht nur auf gesonderten Antrag des Klägers.

(1) Beantragt der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen. Dies gilt nicht für Vorbringen zur Zuständigkeit des Gerichts nach § 29 Abs. 2, § 38.

(2) Soweit es den Klageantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall, ist die Klage abzuweisen.

(3) Hat der Beklagte entgegen § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 nicht rechtzeitig angezeigt, dass er sich gegen die Klage verteidigen wolle, so trifft auf Antrag des Klägers das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung; dies gilt nicht, wenn die Erklärung des Beklagten noch eingeht, bevor das von den Richtern unterschriebene Urteil der Geschäftsstelle übermittelt ist. Der Antrag kann schon in der Klageschrift gestellt werden. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist auch insoweit zulässig, als das Vorbringen des Klägers den Klageantrag in einer Nebenforderung nicht rechtfertigt, sofern der Kläger vor der Entscheidung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

(1) Die Revision findet gegen die in der Berufungsinstanz erlassenen Endurteile nach Maßgabe der folgenden Vorschriften statt.

(2) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entschieden worden ist, findet die Revision nicht statt. Dasselbe gilt für Urteile über die vorzeitige Besitzeinweisung im Enteignungsverfahren oder im Umlegungsverfahren.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob der Einspruch an sich statthaft und ob er in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, so ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfen.

(2) Das Urteil kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob der Einspruch an sich statthaft und ob er in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, so ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfen.

(2) Das Urteil kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob der Einspruch an sich statthaft und ob er in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, so ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfen.

(2) Das Urteil kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(1) Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann das Schriftstück zugestellt werden

1.
in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner,
2.
in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person,
3.
in Gemeinschaftseinrichtungen dem Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter.

(2) Die Zustellung an eine der in Absatz 1 bezeichneten Personen ist unwirksam, wenn diese an dem Rechtsstreit als Gegner der Person, der zugestellt werden soll, beteiligt ist.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

(1) Zum Nachweis der Zustellung nach den §§ 171, 177 bis 181 ist eine Urkunde auf dem hierfür vorgesehenen Formular anzufertigen. Für diese Zustellungsurkunde gilt § 418.

(2) Die Zustellungsurkunde muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Person, der zugestellt werden soll,
2.
die Bezeichnung der Person, an die der Brief oder das Schriftstück übergeben wurde,
3.
im Falle des § 171 die Angabe, dass die Vollmachtsurkunde vorgelegen hat,
4.
im Falle der §§ 178, 180 die Angabe des Grundes, der diese Zustellung rechtfertigt und wenn nach § 181 verfahren wurde, die Bemerkung, wie die schriftliche Mitteilung abgegeben wurde,
5.
im Falle des § 179 die Erwähnung, wer die Annahme verweigert hat und dass der Brief am Ort der Zustellung zurückgelassen oder an den Absender zurückgesandt wurde,
6.
die Bemerkung, dass der Tag der Zustellung auf dem Umschlag, der das zuzustellende Schriftstück enthält, vermerkt ist,
7.
den Ort, das Datum und auf Anordnung der Geschäftsstelle auch die Uhrzeit der Zustellung,
8.
Name, Vorname und Unterschrift des Zustellers sowie die Angabe des beauftragten Unternehmens oder der ersuchten Behörde.

(3) Die Zustellungsurkunde ist der Geschäftsstelle in Urschrift oder als elektronisches Dokument unverzüglich zurückzuleiten.

Inwiefern Durchstreichungen, Radierungen, Einschaltungen oder sonstige äußere Mängel die Beweiskraft einer Urkunde ganz oder teilweise aufheben oder mindern, entscheidet das Gericht nach freier Überzeugung.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 75/06
vom
16. Januar 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 233 A, 522 Abs. 1
Über einen Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung einer Frist zur Begründung
eines Rechtsmittels ist erst und nur dann zu entscheiden, wenn nicht festgestellt
werden kann, dass die Frist gewahrt ist.
BGH, Beschluss vom 16. Januar 2007 - VIII ZB 75/06 - LG München I
AG München
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Januar 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Milger,
den Richter Dr. Koch und die Richterin Dr. Hessel

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts München I, 14. Zivilkammer, vom 16. Juni 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 1.047,96 €

Gründe:

I.

1
Das Urteil des Amtsgerichts, mit dem die Beklagte verurteilt worden ist, einer Mieterhöhung zuzustimmen, ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 31. Januar 2006 zugestellt worden. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 27. Februar 2006 Berufung eingelegt. Auf den Antrag ihres Prozessbevollmächtigten vom 31. März 2006 hat das Berufungsgericht die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 2. Mai 2006 verlängert. http://www.juris.de/jportal/portal/t/4m5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE061502301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/4m5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE061502301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/4m5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE067803301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/4m5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE067803301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 3 -
2
Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2006, der bei dem Berufungsgericht am 8. Juni 2006 eingegangen ist, hat die Beklagte gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Berufungsbegründung - die dem Schriftsatz vom 7. Juni 2006 nochmals angeheftet war - von ihrem Prozessbevollmächtigten am 2. Mai 2006 in den Nachtbriefkasten der Justizbehörden geworfen worden sei. Zur Glaubhaftmachung hat sie eine anwaltliche Versicherung ihres Prozessbevollmächtigten vorgelegt, in der dieser an Eides statt versichert , am 2. Mai 2006 die Berufungsbegründungsschrift angefertigt und dann persönlich gegen 18.00 Uhr in den Nachtbriefkasten der Justizbehörden eingeworfen zu haben.
3
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag und die Berufung der Beklagten durch Beschluss als unzulässig verworfen. Dagegen wendet die Beklagte sich mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
5
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO auch zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Die Beklagte hat vorgetragen , die Berufungsbegründung sei von ihrem Prozessbevollmächtigten am 2. Mai 2006 - und damit noch rechtzeitig am Tag des Fristablaufs - in den Nachtbriefkasten der Justizbehörden geworfen worden. Nach ihrem Vorbringen hat das Berufungsgericht den fristgerecht eingegangenen Schriftsatz nicht berücksichtigt und sie damit in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Zur Beseitigung dieser Ge- http://www.juris.de/jportal/portal/t/4m5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE061502301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 4 - hörsverletzung erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (vgl. Senatsbeschluss vom 19. September 2006 - VIII ZB 42/05, juris, unter II 1).
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
7
a) Das Berufungsgericht durfte die Berufung der Beklagten nicht ohne weitere Sachaufklärung mit der Begründung nach § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig verwerfen, eine Berufungsbegründung sei erst am 8. Juni 2006 - und damit verspätet - eingereicht worden. Das Berufungsgericht hätte von Amts wegen klären müssen, ob die Behauptung der Beklagten zutrifft, ihr Prozessbevollmächtigter habe die Berufungsbegründungsschrift bereits am 2. Mai 2006 - und somit fristgerecht - in den Nachtbriefkasten der Justizbehörden eingeworfen.
8
Das Berufungsgericht hat nach § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Bei der Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels gilt, auch soweit es um die Rechtzeitigkeit der Begründung des Rechtsmittels geht, der so genannte Freibeweis (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1999 - VI ZB 30/99, NJW 2000, 814, unter II 2 m.w.Nachw.). Danach ist das Gericht weder von einem Beweisantritt der Parteien abhängig noch auf die gesetzlichen Beweismittel beschränkt (Senatsbeschluss vom 30. Januar 1991 - VIII ZB 44/90, VersR 1991, 896, unter II 2 b m.w.Nachw.). Im Rahmen des Freibeweises können deshalb auch eidesstattliche Versicherungen berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 27. Mai 2003 - VI ZB 77/02, NJW 2003, 2460, unter II 2; BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1999, aaO, jeweils m.w.Nachw.).
9
Das Berufungsgericht hätte daher prüfen müssen, ob die von der Beklagten vorgelegte anwaltliche Versicherung ihres Prozessbevollmächtigten, in der dieser an Eides statt versichert, am 2. Mai 2006 die Berufungsbegründungsschrift angefertigt und dann persönlich gegen 18.00 Uhr in den Nachtbriefkasten der Justizbehörden eingeworfen zu haben, hinreichenden Beweis für die entsprechende Behauptung der Beklagten erbringt.
10
Eine eidesstattliche Versicherung reicht allerdings für sich genommen regelmäßig nicht zum Nachweis der Fristwahrung aus (BGH, Beschluss vom 27. Mai 2003, aaO; BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1999, aaO, m.w.Nachw.). Denn die eidesstattliche Versicherung ist lediglich auf Glaubhaftmachung angelegt, für die schon eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des behaupteten Geschehensablaufs genügt (Senatsbeschluss vom 30. Januar 1991, aaO, unter II 2 a m.w.Nachw.). Die Rechtzeitigkeit des Eingangs der Berufungsbegründung muss indessen - wie auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels - zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen werden; an die Überzeugungsbildung werden insoweit keine geringeren oder höheren Anforderungen gestellt als sonst (BGH, Beschluss vom 5. Juli 2000 - XII ZB 110/00, NJW-RR 2001, 280; Senatsbeschluss vom 30. Januar 1991, aaO, m.w.Nachw.).
11
Falls das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass die vorgelegte eidesstattliche Versicherung keinen vollen Beweis für die fristgerechte Einreichung der Berufungsbegründung erbringt, hätte es die Parteien hierauf hinweisen (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Januar 1991, aaO, unter II 2 c m.w.Nachw.) und ihnen Gelegenheit geben müssen, Zeugenbeweis anzutreten oder auf andere Beweismittel zurückzugreifen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2003, aaO; BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1999, aaO). Sodann hätte es - auf Antrag der Beklagten oder von Amts wegen - über die behaupte- ten Umstände Beweis erheben müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Januar 1991, aaO). Dabei wäre nach Lage der Dinge vor allem eine Vernehmung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in Betracht zu ziehen gewesen.
12
b) Den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten durfte das Berufungsgericht gleichfalls nicht verwerfen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Verfahrensstand vor Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist bei verständiger Würdigung nur für den Fall der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gestellt. Über den Wiedereinsetzungsantrag ist daher erst und nur dann zu entscheiden , wenn nicht festgestellt werden kann, dass die Beklagte die Frist zur Begründung der Berufung gewahrt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2003, aaO). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, da noch ungeklärt ist, ob der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Berufungsbegründung noch am 2. Mai 2006 in den Nachtbriefkasten der Justizbehörden eingeworfen hat.
13
c) Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann nach alledem keinen Bestand haben. Da es noch weiterer tatsächlicher Aufklärung bedarf, ist die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
14
Bei der Prüfung, ob die Beklagte die Berufungsbegründungsfrist gewahrt hat, wird das Berufungsgericht auch das Vorbringen der Rechtsbeschwerde zu würdigen haben, die Geschäftsstelle des Berufungsgerichts habe die dem Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten vom 7. Juni 2006 angeheftete Berufungsbegründung vom 2. Mai 2006, die als Original bei den Akten hätte verbleiben müssen, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt; dies sei als Indiz zu werten, dass die Geschäftsstelle auch die am 2. Mai 2006 in den Nachtbriefkasten eingeworfene Berufungsbegründung nicht ordnungsgemäß zu den Akten genommen habe.
15
Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, die Berufungsbegründungsfrist sei versäumt, wird es hinsichtlich des hilfsweise gestellten Wiedereinsetzungsantrags zu berücksichtigen haben, dass die Wiedereinsetzungsfrist nicht - wie das Berufungsgericht angenommen hat - zwei Wochen, sondern einen Monat beträgt, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten (§ 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Diese Frist war bei Eingang des Wiedereinsetzungsantrags beim Berufungsgericht am 8. Juni 2006 nicht abgelaufen, gleich ob für den Fristbeginn (§ 234 Abs. 2 ZPO) auf den Tag abgestellt wird, an dem das Sekretariat des Beklagtenvertreters (16. Mai 2006) oder an dem der Beklagtenvertreter selbst (23. Mai 2006) Kenntnis von der Fristversäumung erlangte. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Koch Dr. Hessel
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 19.01.2006 - 413 C 3340/05 -
LG München I, Entscheidung vom 16.06.2006 - 14 S 3895/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 23/01
vom
27. Februar 2002
in der Beschwerdesache
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 27. Februar 2002
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter
Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluß des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen - 1. Zivilsenat - vom 28. August 2001 aufgehoben.
Der Klägerin wird wegen der Versäumung der Berufungsfrist gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 26. April 2001 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25.564,59 ? (= 50.000 DM) festgesetzt.

Gründe:


I. Die Klägerin nimmt, nachdem sie die Klage gegen die Beklagte zu 1 im ersten Rechtszug zurückgenommen hat, die Beklagte zu 2 auf Unterlassung und Auskunftserteilung in Anspruch, weil sie meint, ihr Urheberrecht an einem Werbeprospekt, den sie für die Beklagte zu 2 im Jahr 1997 angefertigt hat, werde durch einen von dieser im Jahr 2000 herausgegebenen Werbeprospekt
verletzt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 2. Mai 2001 zugestellt worden. Die Klägerin hat gegen das Urteil mit vom 5. Juni 2001 - dem Dienstag nach Pfingsten - datierendem Schriftsatz Berufung eingelegt. Der Vorsitzende des Berufungssenats hat die Klägerin mit Schreiben vom 21. Juni 2001 darauf hingewiesen, daß das Rechtsmittel erst am 8. Juni 2001 und damit verspätet beim Oberlandesgericht eingegangen sei. Die Klägerin hat hierauf mit Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 4. Juli 2001, der beim Berufungsgericht am 5. Juli 2001 eingetroffen ist, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zugleich hat sie erneut Berufung eingelegt und diese sachlich begründet.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat die Klägerin vorgebracht , die Berufungsschrift sei tatsächlich am 5. Juni 2001 kurz nach 16.00 Uhr von der seit Januar 2001 bei Rechtsanwalt S. , der bei der Vorbereitung der Berufungsbegründung zugearbeitet habe, beschäftigten Praktikantin M. W. in den Briefkasten des Berufungsgerichts eingeworfen worden. Die Praktikantin W. habe sich im Anschluß daran in die Kanzlei des Rechtsanwalts S. begeben, dessen Frage, ob sie den Schriftsatz auftragsgemäß eingeworfen habe, bejaht und in der Handakte einen entsprechenden Vermerk angebracht. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin, Rechtsanwalt N. , habe auf seine am 5. Juni 2001 zwischen 16.00 Uhr und 17.00 Uhr erfolgte telefonische Nachfrage dementsprechend von Rechtsanwalt S. bestätigt bekommen , daß der Schriftsatz in den Briefkasten des Berufungsgerichts gelangt sei. Bei diesem Geschehensablauf sei es unerklärlich, wie die fristgerecht eingereichte Berufungsschrift den Eingangsstempel des Berufungsgerichts vom
8. Juni 2001 erhalten habe. Zumindest aber fehle es an einem Verschulden der Prozeûbevollmächtigten der Klägerin an der Fristversäumung.
Zum Nachweis für die Richtigkeit ihres Vorbringens hat die Klägerin u.a. eidesstattliche Versicherungen ihres Prozeûbevollmächtigten Rechtsanwalt N. , der in dessen Kanzlei als Mitarbeiterin tätigen Frau I. K. , des Rechtsanwalts S. und der PraktikantinW. sowie eine Kopie des von dieser unter dem 5. Juni 2001 gefertigten Aktenvermerks vorgelegt. Des weiteren hat sie die Mitarbeiterin K. , den Rechtsanwalt S. und die Praktikantin W. auch als Zeugen für die Richtigkeit ihres Sachvortrags benannt.
Das Berufungsgericht hat den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und deren Berufung als unzulässig verworfen.
II. Die dagegen gerichtete, gemäû § 519 b Abs. 2 2. Halbs., §§ 547, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte, formgerecht und innerhalb der Frist des § 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO eingelegte und damit zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag für unbegründet erachtet, weil die Klägerin nicht glaubhaft gemacht habe, daû ihren Prozeûbevollmächtigten Rechtsanwalt N. , dessen Verhalten sie sich zurechnen lassen müsse, kein Verschulden an der Versäumung der Berufungsfrist treffe. Die Darstellung in der eidesstattlichen Versicherung der Praktikantin W. , wonach diese die Berufungsschrift bereits am 5. Juni 2001 in den Briefkasten des Oberlandesgerichts eingeworfen habe, stelle sich nach den Umstän-
den und insbesondere unter Berücksichtigung der dienstlichen Stellungnahmen des in der Eingangsstelle des Gerichts tätig gewesenen Verwaltungsamtmanns B. nicht als überwiegend wahrscheinlich dar. An der damit anzunehmenden Fristversäumung treffe den Rechtsanwalt N. ein Verschulden, weil er den Botengang zum Oberlandesgericht unter den gegebenen Umständen der Praktikantin W. nicht hätte anvertrauen dürfen.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Der angefochtene Beschluû kann schon deshalb keinen Bestand haben , weil das Berufungsgericht keine hinreichenden Feststellungen zu den - von Amts wegen zu prüfenden - Voraussetzungen der Zulässigkeit der Berufung getroffen hat. Das Berufungsgericht hat das Vorbringen der Klägerin, sie habe die Berufungsschrift am 5. Juni 2001 und damit noch rechtzeitig in den Briefkasten des Berufungsgerichts eingeworfen, allein anhand des Eingangsstempels , der eingeholten dienstlichen Stellungnahmen und der vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen geprüft. Das war bei der gegebenen Sachlage verfahrensrechtlich nicht ausreichend. Zwar gilt für die Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels, auch soweit es um die Rechtzeitigkeit der Einlegung und in diesem Rahmen um die Entkräftung des aus einem Stempel ersichtlichen Eingangsdatums geht, der sogenannte Freibeweis. Dadurch werden die Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung aber nicht herabgesetzt; zur Beweisführung hinsichtlich der Zulässigkeitsvoraussetzungen ist voller Beweis zu erbringen. Reichen dazu die auch im Rahmen des Freibeweises zu erbringenden eidesstattlichen Versicherungen nicht aus, so muû auf die Vernehmung der Beweispersonen als Zeugen zurückgegriffen werden (vgl. zu Vorstehendem BGH, Beschl. v. 4.6.1992 - IX ZB 10/92, NJW-
RR 1992, 1338, 1339; Beschl. v. 7.12.1999 - VI ZB 30/99, NJW 2000, 814; Urt. v. 24.4.2001 - VI ZR 258/00, NJW 2001, 2722, 2723, jeweils m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hätte das Berufungsgericht, da es die von der Klägerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen für nicht ausreichend erachtet hat, zur Feststellung der Rechtzeitigkeit der Berufungseinlegung grundsätzlich den von der Klägerin insoweit angetretenen Zeugenbeweis erheben müssen.

b) Dem braucht in vorliegendem Fall jedoch ausnahmsweise nicht nachgegangen zu werden. Denn der Klägerin ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie glaubhaft gemacht hat, daû sie ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten (§§ 233, 236 Abs. 2 ZPO).
Der Umstand, daû die Klägerin an sich behauptet, die Frist zur Einlegung der Berufung gewahrt zu haben, steht der beantragten Wiedereinsetzung nicht grundsätzlich entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist es zulässig, die Einhaltung der Frist zu behaupten und den Wiedereinsetzungsantrag für den Fall zu stellen, daû das Gericht den Beweis für die Fristwahrung nicht als geführt ansieht (BGH, Beschl. v. 27.11.1996 - XII ZB 177/96, NJW 1997, 1312); dementsprechend ist der Wiedereinsetzungsantrag auch als Hilfsantrag statthaft (vgl. BGH NJW-RR 1992, 1338 f.; NJW 2000, 814 f.; NJW 2001, 2722 f.). Das muû aus Gründen der Verfahrensvereinfachung auch in den Fällen gelten, in denen es einerseits zur Feststellung der Rechtzeitigkeit der Berufung noch weiterer Beweiserhebungen bedarf, andererseits aber schon jetzt davon auszugehen ist, daû selbst dann, wenn
sich die Fristwahrung nicht mit der erforderlichen Überzeugung feststellen läût, jedenfalls Wiedereinsetzung zu gewähren wäre. So liegt es hier.
Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, wäre eine - unterstellte - Fristversäumung angesichts des glaubhaft gemachten Sachverhalts nicht auf ein Verschulden des Prozeûbevollmächtigten zurückzuführen, für das die Klägerin nach § 85 Abs. 2 ZPO einzustehen hätte. Das Berufungsgericht hat vorliegend die Anforderungen an die Anwaltspflichten überspannt.
Das Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt allerdings zutreffend davon ausgegangen, daû sich ein Anwalt bei der Wahrung prozessualer Fristen für bloûe Hilfstätigkeiten, wie vor allem Botengänge, auch solcher Hilfskräfte bedienen kann, die nicht die Qualifikation besitzen, die für die selbständige Fristenberechnung und Fristenkontrolle verlangt wird (BGH, Beschl. v. 13.1.1988 - IVa ZB 13/87, NJW 1988, 2045; Beschl. v. 3.7.1992 - V ZB 11/92, BGHR ZPO § 233 - Büropersonal 5). Wegen der geringen Anforderungen, die an einen Botengang gestellt werden, kann dieser nach der Rechtsprechung auch schon Auszubildenden im ersten Lehrjahr übertragen werden (BGH, Urt. v. 17.12.1997 - IV ZR 93/97, BGHR ZPO § 233 - Büropersonal 12). Vorliegend hat die Klägerin glaubhaft gemacht, daû die mit dem Botengang betraute Praktikantin W. bereits vier Monate in einem Anwaltsbüro angestellt war; sie war von einem der in diesem Büro tätigen Rechtsanwälte damit betraut worden, die Handakte des streitgegenständlichen Verfahrens abzuholen, da dieser Anwalt aufgrund einer mit dem Prozeûbevollmächtigten der Klägerin getroffenen Vereinbarung eine gutachtliche Stellungnahme zur Vorbereitung der Berufungsbegründung in dieser Sache fertigen wollte. Die Klägerin hat weiter glaubhaft gemacht , daû sich ihr Prozeûbevollmächtigter zuvor bei seinem Kollegen telefo-
nisch vergewissert hat, ob der Praktikantin die Berufungsschrift zum Einwurf in den Nachtbriefkasten anvertraut werden könne. Erst nachdem dies bestätigt und der Praktikantin der Weg zu dem nur wenige Minuten entfernten Oberlandesgericht , das sich ebenso wie die Kanzlei des Prozeûbevollmächtigten der Klägerin und des eingeschalteten Kollegen in der S. straûe in B. befindet, erläutert worden ist, sind ihr die Handakten mit der Berufungsschrift ausgehändigt worden. Angesichts dieses glaubhaft gemachten Sachverhalts hatte der Prozeûbevollmächtigte der Klägerin keine Veranlassung, an der Zuverlässigkeit der Praktikantin zur Erledigung des in Rede stehenden Botengangs zu zweifeln, zumal die Praktikantin ohnehin mit der Abholung der Handakten in dieser Sache betraut war. Ob die Praktikantin auch in der gebotenen Weise über den drohenden Fristablauf und die Notwendigkeit der Fristwahrung unterrichtet worden war, kann vorliegend ausnahmsweise dahinstehen. Denn die Klägerin hat glaubhaft gemacht, daû sich ihr Prozeûbevollmächtigter noch am selben Tage telefonisch bei seinem Kollegen Gewiûheit über den Einwurf der Berufungsschrift in den Nachtbriefkasten verschafft hat; die Praktikantin hat den rechtzeitigen Einwurf gegenüber ihrem Vorgesetzten bestätigt und in dessen Gegenwart einen entsprechenden Vermerk auf dem in der Handakte befindlichen Exemplar der Berufungsschrift vom 5. Juni 2001 angebracht. Mehr kann an Kontrolle für eine Routinetätigkeit wie einen Botengang nicht verlangt und zugemutet werden (BGHR ZPO § 233 - Büropersonal 12).
III. Der angefochtene Beschluû war nach alledem aufzuheben und der Klägerin wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung zu gewähren.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Schaffert

(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.

(2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil auch eine längere Frist bestimmen.

(3) Muss die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 oder § 180 nicht ausführbar, kann das zuzustellende Schriftstück auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden. Wird die Post mit der Ausführung der Zustellung beauftragt, ist das zuzustellende Schriftstück am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle niederzulegen. Über die Niederlegung ist eine schriftliche Mitteilung auf dem vorgesehenen Formular unter der Anschrift der Person, der zugestellt werden soll, in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abzugeben oder, wenn das nicht möglich ist, an der Tür der Wohnung, des Geschäftsraums oder der Gemeinschaftseinrichtung anzuheften. Das Schriftstück gilt mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

(2) Das niedergelegte Schriftstück ist drei Monate zur Abholung bereitzuhalten. Nicht abgeholte Schriftstücke sind danach an den Absender zurückzusenden.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Zustellung Formulare einzuführen.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 33/05
vom
21. Dezember 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein mit "Berufungsbegründung" überschriebener Schriftsatz genügt den Anforderungen
dann, wenn darin "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der Berufungsantrag
mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich
beantragen, …" angekündigt wird.
Nr. 2
Zur Zulässigkeit und Begründetheit einer Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss
, mit dem das Berufungsgericht den (hilfsweise) gestellten Antrag auf
Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wegen
Anwaltsverschuldens zurückgewiesen und sich die Verwerfung der Berufung
vorbehalten hat, wenn diese Frist in Wirklichkeit nicht versäumt ist.
Zur Entscheidung über die Kosten der Rechtsbeschwerde in einem solchen
Fall.
BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05 - OLG Düsseldorf
AG Mönchengladbach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Dezember 2005 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterin
Weber-Monecke, den Richter Fuchs und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. November 2004 aufgehoben. Der Antrag der Beklagten, ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung und der Wiedereinsetzung zu gewähren, ist gegenstandslos. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgesehen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG). Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde bleibt der Endentscheidung des Berufungsgerichts vorbehalten. Beschwerdewert: 16.689 €

Gründe:

I.

1
Die Beklagten sind die Töchter des Klägers. Dieser war durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts vom 22. November 1994 verurteilt worden, ihnen rückständigen und laufenden Unterhalt zu zahlen.
2
Der Vollstreckungsabwehrklage des Klägers, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil wegen der für den Zeitraum vom 22. November 1994 bis 2. März 1997 titulierten Ansprüche in Höhe von 32.640 DM für unzulässig zu erklären, gab das Amtsgericht statt und wies die auf Zahlung weiteren Unterhalts gerichtete Widerklage der Beklagten ab.
3
Gegen dieses ihnen am 2. April 2004 zugestellte Urteil legten die Beklagten am 30. April 2004 Berufung ein. Am letzten Tag der auf ihren Antrag bis zum 1. Juli 2004 verlängerten Berufungsbegründungsfrist reichte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten einen mit "Berufungsbegründung" überschriebenen Schriftsatz ein, in dem es eingangs heißt: "stelle ich hiermit zunächst Prozesskostenhilfeantrag…" und sodann: "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, das Urteil des Amtsgerichts … betreffend die ausgeurteilte Klageforderung aufzuheben und die Klage kostenpflichtig abzuweisen."
4
In dem folgenden, mit "Begründung" überschriebenen Abschnitt, der sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzt , heißt es auf Seite 7:
5
"Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden."
6
Mit Beschluss vom 24. September 2004, den Beklagten zugestellt am 6. Oktober 2004, bewilligte das Berufungsgericht die begehrte Prozesskostenhilfe.
7
Auf den Hinweis des Berufungsgerichts vom 10. November 2004, bislang liege weder ein Antrag auf Wiedereinsetzung noch eine - unbedingte - Berufungsbegründung nebst Berufungsantrag vor, beantragten die Beklagten vorsorglich , ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung sowie der Wiedereinsetzungsfrist zu gewähren.
8
Diesen Antrag wies das Gericht mit Beschluss vom 19. November 2004 zurück und behielt sich vor, die Berufung der Beklagten demnächst als unzulässig zu verwerfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.

9
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO statthaft (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 155, 21, 22) und zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (vgl. BGHZ 151, 221, 227 f.). Sie ist auch begründet, weil das Berufungsgericht die Anforderungen an eine zulässige Berufungsbegründung überspannt hat.
10
1. Die Beklagten haben die Frist zur Begründung ihrer Berufung gewahrt, so dass sich die Frage der Wiedereinsetzung und auch der Wahrung der Wiedereinsetzungsfrist nicht stellt.
11
Der hier innerhalb verlängerter Begründungsfrist eingegangene, eingangs als "Berufungsbegründung" (und nicht etwa als Entwurf einer solchen) bezeichnete und von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschriebene Schriftsatz genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO.
12
a) Zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass nicht nur eine bedingt eingelegte Berufung unzulässig ist, sondern auch eine unbedingt eingelegte Berufung, wenn innerhalb der Begründungsfrist nur ein Schriftsatz eingeht, dem nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen ist, ob er zur Begründung der Berufung bestimmt ist. Das ist auch dann der Fall, wenn von einer Bedingung abhängig gemacht wird, ob er als Berufungsbegründung gelten soll.
13
Wird ein Rechtsmittel oder seine Begründung zulässigerweise mit einem Antrag auf Prozesskostenhilfe verbunden, muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, er wolle eine (künftige) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Sind aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründungsschrift erfüllt, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufungsbegründung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995 und vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungsbegründung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich , die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des Prozesskostenhilfegesuchs" bezeichnet wird, von einer "beabsichtigten Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung der Prozesskostenhilfe" begründet werde (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 m.N.).
14
Demgegenüber ist dem hier zu beurteilenden Schriftsatz eine solche eindeutige , jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist im Gegenteil mit "Berufungsbegründung" überschrieben und enthält auch im Folgenden keine Einschränkung dahin, dass er entgegen dieser Überschrift nicht oder noch nicht oder nur unter einer bestimmten Bedingung als solche gelten solle. Die Wendung "Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden" bezieht sich ersichtlich nicht nur auf den gestellten Prozesskostenhilfeantrag , sondern lässt im Gegenteil erkennen, dass die Beklagten eine Entscheidung in der Sache erstreben und die prozessualen Voraussetzungen hierfür als erfüllt ansehen.
15
Zu einer gegenteiligen Auslegung des Schriftsatzes besteht auch schon deshalb kein Anlass, weil bei einer bereits eingelegten Berufung keine plausiblen Gründe ersichtlich sind, die den Prozessbevollmächtigten hätten bewegen können, einen den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügenden Schriftsatz nicht als solche einzureichen. Für die Frage, ob neben einem Antrag auf Prozesskostenhilfe zugleich auch schon das Rechtsmittel eingelegt werden soll oder nicht, mögen zwar regelmäßig Kostengesichtspunkte eine Rolle spielen. Ist das Rechtsmittel bereits eingelegt, erübrigen sich derartige Überlegungen regelmäßig. Im hier vorliegenden Fall würden Kostengesichtspunkte sogar - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - gegen dessen Auslegung sprechen. Denn bei Einlegung der Berufung der Beklagten entsprach der Streitwert deren erstinstanzlicher Beschwer (einschließlich der Abweisung ihrer Widerklage). Dabei wäre es bei der notwendigen Verwerfung der Berufung geblieben, wenn der hier zu beurteilende Schriftsatz nicht dazu bestimmt gewesen wäre, die Berufung zu begründen und den Umfang der Anfechtung zu kennzeichnen. Allein als Berufungsbegründung konnte dieser Schriftsatz demgegenüber infolge des eingeschränkten Berufungsantrages, mit dem die Abweisung der Widerklage hingenommen wurde, zu einem geringeren Streitwert und damit zu geringeren Kosten führen.
16
Jedenfalls ist vernünftigerweise nicht davon auszugehen, dass eine Partei Prozesskostenhilfe für eine bereits eingelegte Berufung begehrt, zugleich aber die mit der Versäumung einer Rechtsmittelbegründungsfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will. Vielmehr ist im Zweifel anzunehmen, dass ein inhaltlich den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügender Schriftsatz auch als Berufungsbegründung dienen soll, wenn eine solche erforderlich und nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (vgl. zur Berufungsschrift Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554 und vom 20. Juli 2005 aaO).
17
b) Dem steht - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - insbesondere nicht entgegen, dass in diesem Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der - eingeschränkte - Berufungsantrag mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen" eingeleitet wird.
18
aa) Selbst wenn darin mit dem Berufungsgericht ein bedingter Berufungsantrag zu sehen wäre, könnte zumindest in Zweifel gezogen werden, ob eine Berufungsbegründung allein wegen eines solchen Antrages nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügt. Denn diese Vorschrift regelt nur, auch soweit sie einen Berufungsantrag verlangt, die formellen Anforderungen an die Berufungsbegründungsschrift. Deshalb erscheint fraglich, ob dieser Antrag auch schon bei Ablauf der Berufungsbegründungsfrist einen in jeder Hinsicht zulässigen Inhalt haben muss. Ob eine Berufung mit einem von der Ge- währung von Prozesskostenhilfe abhängig gemachten Berufungsantrag auch dann zulässig ist, wenn diese Bedingung erst nach Ablauf der Frist eintritt oder fallen gelassen wird, ist daher nicht unumstritten (unzulässig: OLG Karlsruhe OLGR 1986, 197, 200; zulässig: Baumbach/Lauterbach/Albers ZPO 64. Aufl. § 520 Rdn. 18).
19
bb) Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung, da der hier gestellte Berufungsantrag nicht unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe stand.
20
Die dem Wortlaut des Berufungsantrags vorausgestellte Wendung "werde ich beantragen, …" ist eine übliche, regelmäßig nicht beanstandete und nicht zu beanstandende Formulierung, mit der der Umfang des Berufungsbegehrens gekennzeichnet und zugleich angekündigt wird, welcher Antrag demnächst in der mündlichen Berufungsverhandlung verlesen werden soll. Auch für die Wendung "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, …", gilt grundsätzlich nichts anderes, und zwar auch dann nicht, wenn - wie hier - im gleichen Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe begehrt wird.
21
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem nämlich nicht zu entnehmen, dass zunächst "nur" Prozesskostenhilfe begehrt werde und die Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils oder deren Umfang in der Schwebe gehalten werden solle. Vielmehr ist diese temporale Staffelung (zunächst / nach Bewilligung) mangels konkreter entgegenstehender Anhaltspunkte nicht im Sinne einer Bedingung zu verstehen, sondern als Ausdruck des legitimen Wunsches , über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe möge vorab entschieden werden, gegebenenfalls verbunden mit der - unschädlichen - Ankündigung, die weitere Durchführung des Rechtsmittels solle vom Umfang der Bewilligung abhängig gemacht werden (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554), oder der Anwalt beabsichtige, erst nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufzutreten und den Antrag zu verlesen.
22
Unerheblich ist jedenfalls, ob der hier zu beurteilende Schriftsatz etwa dahin auszulegen ist, dass lediglich die genaue Formulierung des Berufungsantrages (unter Berücksichtigung sich aus der Prozesskostenbewilligung gegebenenfalls ergebender Bedenken oder Anregungen) vorbehalten bleiben sollte, oder ob es zwar bei der Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils verbleiben solle, soweit dem Abänderungsbegehren des Klägers entsprochen wurde, die Beklagten sich aber vorbehalten, bei nur eingeschränkter Bewilligung der Prozesskostenhilfe den Berufungsantrag in der mündlichen Verhandlung nur noch im Umfang der Prozesskostenhilfebewilligung zu stellen. Beides stünde der Zulässigkeit der Berufung nämlich nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1975 aaO S. 2014 unter 2 a).
23
2. Der Rechtsbeschwerde war der Erfolg auch nicht etwa deshalb zu versagen , weil die Entscheidung des Berufungsgerichts, Wiedereinsetzung nicht zu gewähren, als im Ergebnis richtig und nur in der Begründung falsch anzusehen wäre. Eine Wiedereinsetzung in eine nicht versäumte Frist sieht das Gesetz nicht vor und kann daher auch nicht gewährt werden.
24
Ein gleichwohl - auch hilfsweise - gestellter Wiedereinsetzungsantrag ist dann gegenstandslos (Senatsbeschluss vom 15. Februar 1995 - XII ZB 7/95 - NJW 1995, 2112, 2113).
25
Deswegen ist ein Beschluss, der einen solchen Antrag zurückweist, auch ohne zugleich das Rechtsmittel zu verwerfen, auf die Rechtsbeschwerde hiergegen zur Klarstellung aufzuheben. Denn das Berufungsgericht hätte diesen Antrag als gegenstandslos behandeln müssen, statt ihn wegen Anwaltsver- schuldens als unbegründet zurückzuweisen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Juli 2004 - XII ZB 50/04 - unveröffentlicht).
26
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Prozessbevollmächtigte einer Partei, der in erster Linie die Auffassung vertritt, die Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist gewahrt zu haben, aus anwaltlicher Vorsorge gezwungen ist, gegen einen derartigen Beschluss Rechtsbeschwerde einzulegen. Ihm ist nicht zuzumuten, die angekündigte gesonderte Verwerfung des Rechtsmittels abzuwarten und erst dagegen Rechtsmittel einzulegen, weil dieses dann nicht mehr hilfsweise auch auf Wiedereinsetzungsgründe gestützt werden kann (vgl. Zöller/Gummer/Heßler ZPO 25. Aufl. § 522 Rdn. 16 m.N.).
27
3. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben, weil sie bei richtiger Entscheidung des Berufungsgerichts nicht angefallen wären.
28
Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde ist der Endentscheidung des Berufungsgerichts in der Hauptsache vorzubehalten (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2000 - II ZB 20/99 - NJW 2000, 3284, 3286) und wird an deren Ergebnis auszurichten sein.
29
Diese Kosten unabhängig vom Erfolg in der Hauptsache den Beklagten aufzuerlegen wäre nicht gerechtfertigt. Denn ihre Rechtsbeschwerde hat Erfolg, und eine unmittelbare Anwendung des § 238 Abs. 4 ZPO, demzufolge die Kosten der Wiedereinsetzung dem Antragsteller zur Last fallen, kommt hier nicht in Betracht, da es einer Wiedereinsetzung nicht bedurfte. Auch eine entsprechende Anwendung ist nicht gerechtfertigt, da diese Vorschrift - wie auch § 344 ZPO - ihren Grund in der Säumnis der Partei hat, hier aber keine Frist versäumt wurde. Umgekehrt gilt dies auch zugunsten des Klägers. Denn er hat der beantragten Wiedereinsetzung nicht widersprochen und sich der Rechtsbeschwerde nicht widersetzt. Aus § 238 Abs. 4, 2. Halbs. ZPO ist die Wertung des Gesetzes ersichtlich, dass die Kosten einer Entscheidung über die Frage der Wiedereinsetzung nur dann (unabhängig vom Ausgang der Hauptsache) dem Gegner des Antragstellers aufzuerlegen sind, wenn und soweit er sie durch unbegründeten Widerspruch gegen die Wiedereinsetzung verursacht hat.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Vézina

Vorinstanzen:
AG Mönchengladbach, Entscheidung vom 26.03.2004 - 30 F 156/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.11.2004 - II-5 UF 115/04 -