Bundesgerichtshof Urteil, 27. Feb. 2018 - II ZR 193/16

bei uns veröffentlicht am27.02.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 193/16 Verkündet am:
27. Februar 2018
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:270218UIIZR193.16.0

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Drescher und die Richter Wöstmann, Born, Dr. Bernau und V. Sander

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Beklagten zu 1 und 4 wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. Juli 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als zum Nachteil der Beklagten zu 1 und 4 entschieden worden ist. In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin beteiligte sich 2004 mit einem Betrag in Höhe von 100.000 € an der M. GmbH & Co. KG (Fondsgesellschaft) mittelbar über die Beklagte zu 1 als Treuhänderin, wobei obligatorisch ein Teil der Kommanditbeteiligung in Höhe von 40.000 € über die Beklagte zu 4 finanziert und weitere 60.000 € aus Eigenmitteln der Klägerin erbracht wurden. Die Klägerin erhielt für die Jahre 2007 bis 2009 Ausschüttungen in Höhe von 1.046,92 €. Die Beklagte zu 1 war Gründungskommanditistin der Fondgesellschaft und Treuhänderin. Unternehmensgegenstand der Fondsgesellschaft war die Entwicklung , Herstellung, Vermarktung und Verwertung bzw. Lizenzierung von internationalen Filmprojekten sowie der Erwerb, das Halten und die Veräußerung von direkten und indirekten Beteiligungen an Gesellschaften, die mit der Entwicklung , Herstellung, Vermarktung und Verwertung bzw. Lizenzierung von internationalen Filmprojekten befasst waren. Die Fondsgesellschaft sollte die Stoffrechte erwerben und produzierte in unechter Auftragsproduktion durch beauftragte Produktionsdienstleister Filme, räumte die Verwertungsrechte an den Filmen jedoch zeitlich befristet einer Lizenznehmerin ein und erhielt dafür von dieser jährliche Zinszahlungen sowie eine fest vereinbarte Mindestschlusszahlung. Im Prospekt über die Anlage waren 90,44 % der Gesamtinvestitionskosten als Produktionskosten bezeichnet. Die Anlage bei der Fondsgesellschaft wies eine sogenannte Defeasence-Struktur auf. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 20. Dezember 2004 wurden die zu produzierenden Filme bestimmt. Den Lizenzvertrag mit der N. Inc. schloss die Fondsgesellschaft am 21. Dezember 2004 ab. Des Weiteren kam es zum Abschluss eines sogenannten Assumption Agreements zwischen der Fondsgesellschaft , der Produktionsdienstleisterin, der Lizenznehmerin und der Beklagten zu 4. Am 23. Dezember 2004 floss ein Großteil der von Anlegern eingeworbenen Gelder über die Produktionsdienstleisterin an die Lizenznehmerin ab, die das Geld an die schuldbeitretende Bank, die Beklagte zu 4, weiterleitete.
2
Die Klägerin hat mit Ihrer Klage die Zahlung von 60.000 € und die Rück- abwicklung ihrer Fondsbeteiligung begehrt.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagten zu 1 und 4 in der Hauptsache verurteilt , an die Klägerin 58.953,08 € nebst Zinsen zu zahlen, sie von sämtlichen Ansprüchen der Beklagten zu 4 aus dem der zur Finanzierung der Beteiligungen im Wert von 40.000 € aufgenommenen Darlehen und von etwaigen Nachteilen freizustellen, die sie dadurch erleidet, dass sie von den Finanzbehörden nicht von vornherein ohne Berücksichtigung der Beteiligung steuerlich veranlagt worden ist.
4
Die Beklagten zu 1 und 4 verfolgen ihren Klageabweisungsantrag mit der vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision der Beklagten zu 1 und 4 hat Erfolg und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Das Berufungsgericht hat, soweit für das Verfahren von Bedeutung, ausgeführt, dass die Beklagte zu 1 der Klägerin aus der Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne hafte. Die Beklagte zu 1 habe als Vertragspartnerin der Klägerin diese nicht hinreichend aufgeklärt. Sie hafte als Gründungskommanditistin. Die Beklagte zu 4 habe die verpflichtende Anteilsfinanzierung der Anleger mit einem Auszahlungsbetrag von 40 % des Kommanditanteils übernommen. Deshalb habe sie auch als für die Anleger zwingende Vertragspartnerin eine vorvertragliche Hinweispflicht wegen Wissensvorsprungs und habe die Pflicht, ihr bekannte Prospektmängel den Anlegern mitzuteilen.
7
Der Prospekt kläre über die Mittelverwendung nicht hinreichend auf. So sei dort ein beispielhafter Investitions- und Finanzierungsplan dargestellt, wo unter der Überschrift "Mittelverwendung 90,44 %" der Gesamtinvestitionskosten als Produktionskosten bezeichnet seien. Dies erwecke bei den Anlegern den Eindruck, dass die von ihnen einbezahlten Gelder in Höhe von 90,44 % direkt ohne zwischenzeitliche Umleitung zur Herstellung der Filme aufgewendet würden. Tatsächlich fließe jedoch ein großer Anteil der Gelder am selben Tag an die Lizenznehmerin, die das Geld an die schuldbeitretende Bank weiterleite, so dass von den Anlagegeldern nur ein geringer Teil unmittelbar für die Produktion der Filme zur Verfügung stehe. Aus keiner Stelle des Prospekts gehe hervor, dass ein großer Teil der Anlagegelder zur Zahlung der Schuldbeitrittsgebühren an die schuldbeitretende Bank fließen solle.
8
Den Beklagten zu 1 und 4 sei im Gegensatz zur Klägerin der Geldfluss vom 23. Dezember 2004 bekannt gewesen. Dieser Gesichtspunkt sei hinweispflichtig gewesen, da es für den Anleger entscheidungserheblich sein könne, wie die von ihm investierten Gelder tatsächlich verwendet würden. Die darlehensweise Weiterleitung der von der Fondsgesellschaft an die Produktionsdienstleisterin überwiesenen Mittel an die Lizenznehmerin und von dort an die schuldbeitretende Bank stelle eine für Anleger wesentliche Abweichung von der im Prospekt zum Ausdruck gekommenen Zweckbestimmung der Anlagegelder dar. Die tatsächliche Realisierung eines Filmprojekts sei damit wirtschaftlich nicht mehr durch das Kapital der Fondsgesellschaft abgesichert gewesen, sondern von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Produktionsdienstleisterin abhängig, die hinsichtlich ihrer Ansprüche auf Rückzahlung des der Lizenznehmerin gewährten Darlehens deren Insolvenzrisiko trage. Dieses Risiko sei entgegen der Ansicht der Beklagten nicht deswegen irrelevant gewesen, etwa weil die Herstellung der Filme durch eine Fertigstellungsgarantie abgesichert gewesen sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich durch die Weiterleitung der Fondsmittel an die Beklagte zu 4 das Insolvenzrisiko der Anlage tatsächlich erhöht habe. Es müsse dem Anleger im Rahmen seiner Anlageentscheidung überlassen bleiben, ob er mit einer anderen als der im Prospekt beworbenen Mittelverwendung einverstanden sei.
9
II. Die Revisionsrügen gegen das Urteil des Berufungsgerichts greifen durch. Die Begründung des Berufungsurteils trägt die Verurteilung der Beklagten zu 1 und 4 nicht. Die Annahme einer Aufklärungspflichtverletzung durch die Beklagten zu 1 und 4 gegenüber der Klägerin, weil die Werbung für die Anlage mit einem unrichtigen Prospekt erfolgt sei, hält aufgrund der bisherigen Feststellungen einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
10
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 29. Juli 2014 - II ZB 30/12, ZIP 2014, 2284 Rn. 47) kann es einen Prospektfehler darstellen, wenn von einer Fondsgesellschaft bei einer Anlage mit einer sogenannten Defeasence-Struktur die Gelder vom Produktionsdienstleister über den Lizenznehmer an die Bank weitergeleitet werden, wenn dies im Prospekt nicht vorgesehen ist, sondern der Eindruck erweckt worden ist, das Fondskapital werde unmittelbar für die Filmproduktion eingesetzt. Vollständige Informationen über die Mittelverwendung sind, insbesondere über das Verhältnis zwischen den Mitteln, die für die Filmproduktion vorgesehen sind und Aufwendungen für andere Zwecke, bei Medienfonds von besonderer Bedeutung. Eine darlehensweise Weiterleitung von Mitteln an den Lizenznehmer stellt eine für den Anleger wesentliche Abweichung dar, wenn in dem Prospekt nicht zum Ausdruck kommt, dass die tatsächliche Realisierung eines Filmprojekts wirtschaftlich nicht vom Kapital der Fondsgesellschaft abgesichert ist, sondern von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Produktionsdienstleisters abhängt, der hinsichtlich seiner Ansprüche auf Rückzahlung des dem Lizenznehmer gewährten Darlehens dessen Insolvenzrisiko trägt.
11
Sämtliche Umstände, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind oder sein können, müssen im Prospekt zutreffend, verständlich und vollständig dargestellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, NJW 2010, 1077 Rn. 18 mwN). Für die Frage, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, kommt es nicht allein auf die darin wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern wesentlich auch darauf an, welches Gesamtbild er von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt. Dabei ist der Empfängerhorizont maßgeblich, wobei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die Kenntnis und Erfahrung eines durchschnittlichen Anlegers abzustellen ist, der als Adressat des Prospekts diesen sorgfältig und eingehend gelesen hat. Der Bundesgerichtshof kann die Auslegung uneingeschränkt selbst vornehmen, wenn der Beteiligungsprospekt - wie im vorliegenden Fall - über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus verwendet wurde, da ein Bedürfnis für eine einheitliche Auslegung besteht (vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 2017 - II ZR 344/15, ZIP 2017, 1267 Rn. 19).
12
2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft einen Aufklärungsmangel im Hinblick auf die Weiterleitung der Gelder im Rahmen einer sogenannten Defeasence-Struktur der Anlage angenommen, da der Fondsprospekt den Eindruck erweckt habe, dass die Fondsmittel allein und unmittelbar der Filmproduktion zur Verfügung gestellt werden würden. Dabei hat es wesentlichen Tatsachenstoff nicht berücksichtigt. Das Berufungsgericht setzt sich nicht damit auseinander, dass die Filmprojekte erst in der Gesellschafterversammlung vom 20. Dezember 2004 ausgewählt wurden, was nach dem Prospekt vorgesehen war. Zugleich sollten laut dem Prospekt nach dieser Gesellschafterentscheidung , und zwar am 23. Dezember 2004, die während der Produktionsphase anfallenden Produktionskosten an die Produktionsdienstleisterin ausbezahlt werden. Wenn die Fondsmittel für die Produktion nach dem Anlagekonzept schon - offensichtlich aus steuerlichen Gründen - vor dem Anfallen der Produk- tionskosten an den Produktionsdienstleister gezahlt werden sollen, wird damit nicht der Eindruck erweckt, dass die Mittel ausschließlich unmittelbar für die Produktionskosten zur Verfügung gestellt werden. Vielmehr ist für einen durchschnittlichen Anleger ohne weiteres erkennbar, dass der Produktionsdienstleister die schon vor Entstehen der Produktionskosten entgegengenommenen Fondsgelder zumindest zinsbringend anlegen wird, bis er die entsprechenden Beträge für die Produktion der Filme benötigt. Da anderweitige Mitteilungen im Prospekt über Zahlungswege fehlen, kann allein die Angabe, dass ein bestimmter Prozentsatz des Fondsvermögens für die Aufbringung der Produktionskosten verwendet werden soll, bei einem durchschnittlichen Anleger nicht den Eindruck erwecken, die Fondsmittel würden unmittelbar für die Produktionskosten eingesetzt und eine anderweitige auch nur vorübergehende Einzahlung auf andere Konten, wie etwa Anlagekonten, komme nicht in Betracht.
13
3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Ein Prospektfehler kann zum derzeitigen Verfahrensstand nicht im Hinblick auf zusätzliche Insolvenzrisiken infolge der Weiterleitung der Fondsmittel angenommen werden.
14
Ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt hat das Berufungsgericht zwar geprüft, ob der nach seiner Auffassung bestehende Prospektmangel deshalb unerheblich sein könnte, wenn kein wesentliches Risiko durch die Zahlungsflüsse entstanden ist, weil die Herstellung der Filme durch eine Fertigstellungsgarantie abgesichert gewesen sein könnte. Es hat dabei aber dahingestellt sein lassen, ob sich das Insolvenzrisiko tatsächlich erhöht hat.
15
Der Bundesgerichtshof hat es als aufklärungspflichtiges Risiko angesehen , wenn im Rahmen einer sogenannten Defeasence-Struktur der Anlage die Fondsmittel an den Lizenznehmer und letztlich an die übernehmende Bank wei- tergeleitet werden, durch solche nicht zweckgebundenen Zahlungen sich aber ein erhebliches Insolvenzrisiko des Produktionsdienstleisters und damit auch das Risiko der Rückführung der an die Lizenznehmer weitergeleiteten Mittel zur Filmproduktion für die Fondsgesellschaft ergibt, es sei denn, es sind hinreichende Vorkehrungen zur Vermeidung dieser Risiken getroffen worden (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 - II ZB 1/12, ZIP 2014, 2121 Rn. 39). Mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts ist es ausgehend vom Vortrag der Beklagten zu 1 und 4 möglich, dass hier keine zusätzlichen Insolvenzrisiken der Fondsgesellschaft durch die Weiterleitung der Gelder entstanden sind, weil diese durch Fertigstellungs- und Erfüllungsgarantien abgesichert gewesen sein können.
16
III. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Drescher Wöstmann Born Bernau V. Sander
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 16.09.2015 - 32 O 25697/10 -
OLG München, Entscheidung vom 19.07.2016 - 5 U 3620/15 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 27. Feb. 2018 - II ZR 193/16

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 27. Feb. 2018 - II ZR 193/16

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen
Bundesgerichtshof Urteil, 27. Feb. 2018 - II ZR 193/16 zitiert 2 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Feb. 2018 - II ZR 193/16 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Feb. 2018 - II ZR 193/16 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juli 2014 - II ZB 30/12

bei uns veröffentlicht am 29.07.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 30/12 vom 29. Juli 2014 in dem Musterverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 276 Cc Ein Prospekt hat sachlich richtig und vollständig über die Risiken der steuerlichen Anerkennung

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Dez. 2009 - II ZR 15/08

bei uns veröffentlicht am 07.12.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 15/08 Verkündet am: 7. Dezember 2009 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Mai 2017 - II ZR 344/15

bei uns veröffentlicht am 09.05.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 344/15 Verkündet am: 9. Mai 2017 Stoll Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juli 2014 - II ZB 1/12

bei uns veröffentlicht am 29.07.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II Z B 1 / 1 2 vom 29. Juli 2014 in dem Musterverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja KapMuG § 1 Abs. 1 a.F. Generelle Feststellungen zur Art und Weise der Schadensberechnung können Gegenstan
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 27. Feb. 2018 - II ZR 193/16.

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2019 - II ZB 18/17

bei uns veröffentlicht am 22.01.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 18/17 vom 22. Januar 2019 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 311 Abs. 3 Satz 2 Eine Prospektverantwortlichkeit trifft auch diejenigen, die aufgrund ihrer besonderen

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2019 - II ZR 275/17

bei uns veröffentlicht am 19.02.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 275/17 Verkündet am: 19. Februar 2019 Ginter Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Referenzen

47
(4.2) Das Oberlandesgericht hat hiervon ausgehend zu Recht angenommen , dass der Prospekt fehlerhaft ist, weil er nicht darüber informiert, dass die im Prospekt unter der Überschrift „Mittelverwendung“ als Produktionskosten ausgewiesenen Mittel des Fonds (S. 40 des Prospekts) in Höhe von etwa 80 % vom Produktionsdienstleister als Darlehen an den Lizenznehmer weitergeleitet werden, damit das für die Schuldübernahme aufzubringende Entgelt entrichtet werden kann. Die vollständige Information über die Mittelverwendung, insbesondere über das Verhältnis zwischen den Mitteln, die für die Filmproduktion vorgesehen sind, und Aufwendungen für andere Zwecke ist bei einem Medienfonds von wesentlicher Bedeutung (vgl. BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07, ZIP 2008, 1481 Rn. 22). Das Oberlandesgericht hat insoweit rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Prospekt den Eindruck erweckt, das Fondskapital werde in Höhe von 87,2 % unmittelbar für die Filmproduktion eingesetzt. Dies zu Grunde gelegt, musste der Anleger nicht damit rechnen, dass der Produktionsdienstleister über die für die Filmproduktion zur Verfügung gestellten Mittel anderweitig verfügen würde. Die darlehensweise Weiterleitung dieser Mittel an den Lizenznehmer stellt eine für den Anleger wesentliche Abweichung von der im Prospekt zum Ausdruck kommenden Zweckbestimmung dar, weil die tatsächliche Realisierung eines Filmprojekts damit wirtschaftlich nicht mehr durch das Kapital der Fondsgesellschaft abgesichert ist, sondern von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Produktionsdienstleisters abhängt , der hinsichtlich seiner Ansprüche auf Rückzahlung des dem Lizenznehmer gewährten Darlehens dessen Insolvenzrisiko trägt (vgl. OLG München, ZIP 2010, 1744, 1748).
18
a) Der Prospekt vom 17. März 2004 war unrichtig. Ein Emissionsprospekt hat dem Anleger ein zutreffendes Bild von der angebotenen Kapitalbeteiligung zu vermitteln. Dazu gehört, dass sämtliche Umstände, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind oder sein können, zutreffend, verständlich und vollständig dargestellt werden (Senat, BGHZ 123, 106, 109 f.; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Tz. 7; v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707; v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104, 1106). Zu den für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umständen gehört , sofern die Anlagegesellschaft - wie hier in den ersten Jahren - im Wesentlichen in eine Beteiligung an einem dritten Unternehmen investiert, die Darstellung des Geschäftsmodells dieses Unternehmens sowie der damit verbundenen Chancen und Risiken.
19
a) Für die Frage, ob ein Emissionsprospekt unrichtig oder unvollständig ist, kommt es nicht allein auf die darin wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern wesentlich auch darauf an, welches Gesamtbild er von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt (BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 - II ZB 30/12, ZIP 2014, 2284 Rn. 66; Urteil vom 5. März 2013 - II ZR 252/11, ZIP 2013, 773 Rn. 14; Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 37). Dabei ist auf den Empfängerhorizont abzustellen, wobei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die Kenntnisse und Erfahrungen eines durchschnittlichen Anlegers abzustellen ist, der als Adressat des Prospekts in Betracht kommt und der den Prospekt sorgfältig und eingehend gelesen hat (BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 - II ZB 30/12, ZIP 2014, 2284 Rn. 66 mwN; Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 25). Der Senat kann die Auslegung uneingeschränkt selbst vornehmen, weil der Beteiligungsprospekt über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus verwendet wurde und daher ein Bedürfnis nach einer einheitlichen Auslegung besteht (BGH, Urteil vom 21. Juni 2016 - II ZR 331/14, ZIP 2016, 1478 Rn. 15; Urteil vom 23. Oktober 2012 - II ZR 294/11, ZIP 2013, 315 Rn. 11 mwN).
39
Die Unangemessenheit der gewählten Gestaltung lässt sich aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen auch nicht aus dem Umstand herleiten, dass das Fondskapital bei wirtschaftlicher Betrachtung zu 80% nicht für die Deckung der Herstellungskosten der Filmproduktionen eingesetzt wurde, sondern diese Mittel vom Produktionsdienstleister an den Lizenznehmer zur Deckung des Schuldübernahmeentgelts weitergeleitet wurden und diese Vorgehensweise bereits bei Herausgabe des Fondsprospekts vorherzusehen war. Von einer Unangemessenheit der gewählten Gestaltung könnte auszugehen sein, wenn die Durchleitung der Gelder über den Produktionsdienstleister an die Musterbeklag- te zu 2 keinem wirtschaftlich vernünftigen Zweck, sondern ausschließlich der Steuerersparnis diente. Von einem wirtschaftlichen vernünftigen Zweck kann jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn die Gestaltung - abgesehen von den steuerlichen Vorteilen - wirtschaftlich nachteilig ist. Ob diese Gestaltung für die Fondsgesellschaft absehbare Nachteile mit sich brachte, so dass zumindest ein ernst zu nehmendes Risiko bestand, dass der alleinige Zweck dieser Gestaltung darin gesehen werden kann, die steuerlichen Vorteile der Investition in Filmproduktionen zu sichern, kann daher davon abhängen, ob allein die Fondsgesellschaft das Risiko zu tragen hatte, dass der an die Musterbeklagte zu 2 weitergeleitete Produktionskostenanteil vom Lizenznehmer aufgebracht werden kann, um das Darlehen des Produktionsdienstleisters zurückzuführen. Nach den Vorgaben des BMF-Schreibens vom 23. Februar 2001 (IV A 6-S 2241-8/01, sog. Medienerlass), nach dessen Vorgaben die Filmproduktionen durchgeführt werden sollten, musste der jeweilige Produktionsdienstleister die Verträge mit Dritten zur Herstellung der Filme im eigenen oder im Namen des Fonds, aber stets auf Rechnung des Fonds abschließen sowie die tatsächlich entstandenen Produktionskosten gegenüber dem Fonds auf der Grundlage testierter Kostenberichte nachweisen (Ziff. I. a] des Medienerlasses). Die Fondsgesellschaft sollte danach auch bei der späteren Ausführung der Filmproduktionen das volle wirtschaftliche Risiko zu tragen haben (Schwarz in v. Hartlieb/Schwarz, Handbuch des Film-, Fernseh- und Videorechts, 5. Aufl., 85. Kap. Rn. 1). Hiervon ausgehend liegt ein erhebliches Interesse der Fondsgesellschaft nahe, dass die von ihr an den Produktionsdienstleister gezahlten Mittel für die Filmproduktion verwandt werden. Eine nicht zweckgebundene Zahlung könnte demgegenüber erhebliche Nachteile mit sich bringen, wenn die Fondsgesellschaft absehbar neben dem Herstellungsrisiko zusätzlich das Insolvenzrisiko des Produktionsdienstleisters und damit mittelbar auch das Risiko der Rückführung der an den Lizenznehmer weitergeleiteten Mittel zur Filmpro- duktion tragen müsste. Zu der Frage, ob zur Vermeidung dieser Risiken hinreichende Vorkehrungen getroffen waren, hat das Oberlandesgericht keine Feststellungen getroffen.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.