Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juli 2009 - II ZR 36/08

bei uns veröffentlicht am20.07.2009
vorgehend
Landgericht Bonn, 12 O 10/06, 02.11.2006
Oberlandesgericht Köln, 18 U 203/06, 10.01.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
UND TEILVERSÄUMNISURTEIL
II ZR 36/08 Verkündet am:
20. Juli 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GmbHG a.F. §§ 30, 31

a) Ein Gesellschafter, der für ein Bankdarlehen eine eigenkapitalersetzende Bürgschaft
gestellt hat, ist verpflichtet, die Gesellschaft von der Rückzahlungsverbindlichkeit
bei deren Fälligkeit freizustellen. Soweit stattdessen eine von der Gesellschaft
gestellte Sicherheit verwertet und der Gesellschafter durch die Anrechnung
des Verwertungserlöses von seiner Bürgschaftsschuld frei wird, steht dies einer
Auszahlung an den Gesellschafter gleich, auch wenn der Gesellschafter selbst
oder eine von ihm beherrschte Gesellschaft die Gesellschaftssicherheit erwirbt.

b) Die Höhe des Erstattungsanspruchs der Gesellschaft richtet sich allein nach der
durch die Verwertung der Gesellschaftssicherheit erlangten Befreiung von der
Bürgschaftsschuld und nicht nach dem Wert des Sicherungsguts.
BGH, Urteil und Teilversäumnisurteil vom 20. Juli 2009 - II ZR 36/08 - OLG Köln
LG Bonn
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Juli 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Strohn, Caliebe, Dr. Reichart und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 10. Januar 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als seine Berufung gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn vom 2. November 2006 hinsichtlich der Klageanträge zu 1, 3 und 5 zurückgewiesen wurde, sowie das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn vom 2. November 2006 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 147.416,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 132.915,25 € seit dem 21. Februar 2006 und aus weiteren 14.501,00 € seit dem 13. Februar 2007 zu zahlen. Der Beklagte zu 1 wird verurteilt, an den Kläger weitere 4.936,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21. Februar 2006 zu zahlen. Ihm wird vorbehalten, nach Zahlung an die Masse seine Rechte gegen den Kläger wegen des Betrages, den die T. GmbH ohne die rückgängig zu machende Zahlung als Insolvenzgläubigerin erhalten hätte, zu verfolgen.
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner dem Kläger Auskunft zu erteilen über die zukünftig gezahlten Kaufpreisraten gemäß dem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 12./13. November 2002 zwischen der B. Bank eG und der A. GmbH & Co. KG. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, an den Kläger weitere Zahlungen in Höhe der zukünftig noch erfolgenden Kaufpreiszahlung an die B. Bank eG aus dem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 12./13. November 2002 zu leisten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die durch die Streithilfe verursachten Kosten trägt der Streithelfer, im Übrigen tragen die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. M. T. GmbH (Schuldnerin), die durch Gesellschaftsvertrag vom 20. März 2001 mit einem Stammkapital von 25.000,00 € gegründet wurde. Gesellschafter sind D. K. (33,4 %) und die Beklagte zu 2 (66,6 %), Geschäftsführer war der Beklagte zu 1, der auch Geschäftsführer der Beklagten zu 2 ist, an der er unmittelbar 50 % der Geschäftsanteile hält sowie weitere 50 % über die Fa. T. GmbH, deren alleiniger Gesellschafter er ist.
2
Die Schuldnerin nahm bei der B. Bank eG im April und Mai 2001 drei Darlehen über insgesamt 1.005.166,00 DM zur Finanzierung des Erwerbs einer sog. Calling-Card-Plattform auf, die sie der Bank zur Sicherheit übereignete. Der Beklagte zu 1 hatte sich bereits am 19. Februar 2001 selbstschuldnerisch für alle bestehenden und zukünftigen Forderungen der Bank gegen die Schuldnerin "i.Gr." verbürgt.
3
Der im Juli 2002 fertig gestellte Jahresabschluss zum 31. Dezember 2001 ergab einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 170.254,44 DM. Am 11. November 2002 kündigte die B. Bank die der Schuldnerin gewährten Darlehen aus wichtigem Grund. Mit einem "Kauf- und Abtretungsvertrag" vom 12./13. November 2002 veräußerte die B. Bank die Calling-Card-Plattform an die A. GmbH & Co. KG (im folgenden: A. ), an der der Beklagte zu 1 alle Kapitalanteile hält, zum Preis von netto 541.472,37 €, der der Höhe ihrer Forderung gegen die Schuldnerin entspricht. Der Kaufpreis war in Raten bis März 2011 zu zahlen. Zahlungen auf den Kaufpreis sollten zur Tilgung der Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der B. Bank aus den Darlehen verwendet werden. Am 14. November 2002 stellte der Beklagte zu 1 für die Schuldnerin einen Insolvenzantrag. Das Verfahren wurde am 20. Dezember 2002 eröffnet.
4
Am 29. November 2002 schlossen der Beklagte zu 1, die A. und die B. Bank eine Teilzahlungsvereinbarung, in der festgehalten ist, dass sich neben dem Beklagten zu 1 und dem Minderheitsgesellschafter auch die A. für das Darlehen der B. Bank verbürgt hatte, der Kaufund Abtretungsvertrag vom 13. November 2002 im Rahmen der Inanspruch- nahme der eingegangenen Bürgschaft geschlossen wurde und mit dem Kaufund Abtretungsvertrag kein unbedingter Eigentumsübergang stattgefunden hat, sondern das Eigentum erst mit Zahlung der letzten Rate übergehen sollte. Die Ratenzahlung wurde bis März 2012 gestreckt, die Raten sollten von der A. "im Rahmen der Inanspruchnahme als selbstschuldnerischer Bürge" geleistet werden, aber auch in Erfüllung des Kauf- und Abtretungsvertrags. In mehreren Teilbeträgen zwischen 28. März 2003 und Februar 2006 wurden 147.416,25 € gezahlt.
5
Der Kläger hat mit der am 30. Januar 2006 eingereichten Klage von den Beklagten - neben der Verurteilung des Beklagten zu 1 zur Zahlung von 4.936,66 € für Mietzahlungen nach Insolvenzreife der Schuldnerin - die Erstattung des zwischenzeitlich an die B. Bank aufgrund des Kaufvertrags gezahlten Kaufpreises, Auskunft über weitere Zahlungen und ggf. Erstattung auch dieser Beträge sowie Feststellung der zukünftigen Ersatzpflicht bei weiteren Zahlungen verlangt. Die Beklagten haben u.a. Verjährung eingewandt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat den Beklagten zu 1 zur Zahlung von 4.936,66 € nebst Zinsen verurteilt und die weitergehende Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

6
I. Da die Beklagte zu 2 im Verhandlungstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war, ist über die Revision insoweit durch Teilversäumnisurteil zu entscheiden, das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung beruht (vgl. BGHZ 37, 79, 81). Die Revision des Klägers hat im Wesentlichen Erfolg und führt zur Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 147.416,25 €, zur Verurteilung zur Auskunftserteilung und zur Feststellung der Erstattungspflicht für weitere, sich aus der Auskunft ergebende Zahlungen.
7
II. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, zwar lägen die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 32 b GmbHG a.F. wegen kapitalersetzender Besicherung der Darlehen der B. Bank grundsätzlich vor. Nach dem Regelungskonzept des Gesetzes solle die Gesellschaft aber bei Besicherung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens durch den Gesellschafter so gestellt werden , wie sie stünde, wenn der Gesellschafter pflichtgemäß die Gesellschaft von den Forderungen des Darlehensgebers freigestellt hätte. Hätte der Beklagte zu 1 den Freistellungsanspruch der Schuldnerin erfüllt und das Darlehen getilgt, wäre das Eigentum an der sicherungsübereigneten Calling-Card-Plattform an die Schuldnerin zurückgefallen, so dass der Schuldnerin nur ihr Wert entzogen worden sei. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als wirtschaftlich betrachtet der bürgende Gesellschafter über eine ihm zuzuordnende Gesellschaft den sicherungsübereigneten Gegenstand zu einem Preis erworben habe, der allein an der Darlehensschuld und nicht an dem deutlich niedrigeren Wert der Anlage ausgerichtet gewesen sei. Von dem Wertersatzanspruch bezüglich der Calling-Card-Plattform habe sich der Beklagte zu 1 in entsprechender Anwendung des § 32 b Satz 3 GmbHG a.F. dadurch befreien können, dass er dem Kläger die Anlage vergeblich zur Verwertung angeboten habe.
8
III. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im wesentlichen nicht stand. Die Beklagten sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gem. §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 GmbHG a.F. analog (Rechtsprechungsregeln) zur Zahlung von weiteren 147.416,25 € als Gesamtschuldner verpflichtet und schulden Auskunft über die gemäß dem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 12./13. November 2002 zukünftig gezahlten Kaufpreisraten, in deren Höhe sie zu weiteren Zahlungen an den Kläger verpflichtet sind. Zurückweisen ist die Revision allein hinsichtlich des Klageantrags zu 4.
9
1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Ersatz der bisher auf den Kaufpreis gezahlten Raten in Höhe von 147.416,25 € gegen die Beklagten als Gesamtschuldner gem. §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 GmbHG a.F. analog (Rechtsprechungsregeln ) zu. Der Beklagte zu 1 ist in Höhe der geleisteten Zahlungen von der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft auf Kosten der Schuldnerin befreit worden.
10
a) Das Eigenkapitalersatzrecht in Gestalt der Novellenregeln (§§ 32 b, 32 a Abs. 2, 3 GmbHG a.F.) und der Rechtsprechungsregeln (§§ 30, 31 GmbHG a.F. analog) ist in Altfällen, in denen das Insolvenzverfahren vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) am 1. November 2008 eröffnet wurde, der Gesellschafter von seiner eigenkapitalersetzenden Bürgschaft aufgrund der Tilgung der Darlehensverbindlichkeit gegenüber dem Drittgläubiger befreit und damit der Erstattungsanspruch der Gesellschaft sowohl nach Novellen- wie auch nach Rechtsprechungsregeln entstanden ist, weiter anwendbar (Sen.Urt. v. 26. Januar 2009 - II ZR 260/07, z.V.b. in BGHZ 179, 249 Tz. 15 ff. "Gut Buschow" ).
11
b) Der Beklagte zu 1 hat sich - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - für die Verbindlichkeiten der Schuldnerin wirksam verbürgt. Dem steht nicht entgegen, dass die Schuldnerin, deren Gesellschaftsvertrag am 20. März 2001 beurkundet wurde, bei Abgabe der Bürgschaftserklärung am 19. Februar 2001 noch nicht gegründet war. Die Erklärung bezog sich auf die Verbindlichkeiten der späteren Vor-GmbH, die mit der eingetragenen GmbH identisch ist (vgl. Senat, BGHZ 91, 148, 151). Das folgt schon aus dem Wortlaut der Erklärung, sich "für künftige Forderungen der Bank gegen den Hauptschuldner M. GmbH i.Gr." zu verbürgen. Zudem hat der Beklagte zu 1 in der Teilzahlungsvereinbarung vom 29. November 2002 bestätigt, dass er sich für die Kredite der Schuldnerin verbürgt hat.
12
Die Bürgschaft ist nicht nach § 9 AGBG (jetzt: § 307 Abs. 1 BGB) unwirksam. Die formularmäßige Erweiterung der Bürgenhaftung für alle bestehenden und künftigen Verbindlichkeiten einer Gesellschaft überrascht regelmäßig den Bürgen nicht, der als Geschäftsführer, Allein- oder Mehrheitsgesellschafter der Hauptschuldnerin Art und Höhe ihrer Verbindlichkeiten bestimmen kann (vgl. BGHZ 130, 19, 30). Der Beklagte zu 1 konnte als Geschäftsführer und mittelbar an der Schuldnerin beteiligter Gesellschafter die Art und Höhe der Verbindlichkeiten der Schuldnerin mitbestimmen.
13
c) Die Bürgschaft des Beklagten zu 1 für die Darlehen der B. Bank von April/Mai 2001 war eigenkapitalersetzend. Da es aus der Sicht der Gesellschaft und ihrer Gläubiger keinen Unterschied macht, ob der Gesellschafter ihr in der Krise dadurch hilft, dass er ihr Darlehensmittel zuführt, oder ob er lediglich die Sicherheit zur Verfügung stellt, ohne welche ein außenstehender Dritter der GmbH kein Darlehen gewähren würde, ist die ein solches Darlehen sichernde Bürgschaft wie eine Einlagenleistung zu behandeln (vgl. Senat, BGHZ 67, 171, 182).
14
Die Bürgschaft war jedenfalls seit Juli 2001 eigenkapitalersetzend. Die Schuldnerin war seit diesem Zeitpunkt überschuldet. Das Berufungsgericht hat die Überschuldung im Zusammenhang mit der Verurteilung zur Erstattung der Mietzahlungen nach § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. rechtsfehlerfrei festgestellt.
15
d) Durch die Anrechnung der Kaufpreiszahlung für den Erwerb der Calling -Card-Plattform auf den Darlehensrückzahlungsanspruch der B.
Bank eG ist der Beklagte zu 1 in Höhe der geleisteten Zahlungen zu einem Zeitpunkt, als das Gesellschaftsvermögen die Stammkapitalziffer unterschritten hat, von der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft auf Kosten der Schuldnerin befreit worden. Das steht einer Auszahlung aus dem Vermögen der Schuldnerin gleich, so dass der Beklagte zu 1 entsprechend § 31 GmbHG a.F. zur Rückzahlung verpflichtet ist. Bei Insolvenzeröffnung bestand eine Unterbilanz in einer die geleisteten Zahlungen weit übersteigenden Höhe. Die Kaufpreisraten, die zur Befreiung von der Bürgschaftsverpflichtung in dieser Höhe geführt haben, sind erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gezahlt worden, nämlich in der Zeit zwischen März 2003 und Februar 2006.
16
Wegen der eigenkapitalersetzenden Funktion der Bürgschaft hätte der Beklagte zu 1 die Schuldnerin in der Krise vor der Inanspruchnahme durch die darlehensgewährende Volksbank bewahren und selbst die Mittel zur Rückführung des Kredits bereitstellen müssen (vgl. Sen.Urt. v. 9. Dezember 1991 - II ZR 43/91, ZIP 1992, 108, 109; v. 14. März 2005 - II ZR 129/03, ZIP 2005, 659, 660). Mit der Verwertung der Calling-Card-Plattform hat die Schuldnerin statt dessen, wirtschaftlich betrachtet, eine Zahlung aus ihrem Vermögen vorgenommen (vgl. Sen.Urt. v. 14. Oktober 1985 - II ZR 280/84, ZIP 1986, 30, 31; v. 9. Dezember 1991 aaO ZIP 1992, 108, 109). Dass nicht ein Dritter, sondern der Beklagte zu 1 - über die ihm zu 100% gehörende A. - die CallingCard -Plattform erworben hat, macht die Kaufpreiszahlungen nicht zu Leistungen auf seine Freistellungsverpflichtung gegenüber der Schuldnerin. Der Beklagte zu 1 erhält als Gegenleistung für den Kaufpreis das Eigentum an der Calling -Card-Plattform. Könnte der Beklagte zu 1 durch den Erwerb der Plattform die wie Eigenkapital zu behandelnde Bürgschaft ohne Ausgleichspflicht zum Erlöschen bringen, finanzierte er letztlich den Erwerb auf Kosten der Schuldnerin. Die Beteiligten konnten auch mit der Umwidmung der Zahlungen als Leistung auch auf die Bürgschaft der A. durch die Teilzahlungsvereinbarung vom 29. November 2002 nicht erreichen, dass die Kaufpreisraten als Leistung des Beklagten zu 1 auf seine Bürgschaft anzusehen sind und nicht dem Erwerb des Sicherungsgegenstandes dienen.
17
Der Ersatzanspruch ist entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht auf den Wert der Calling-Card-Plattform begrenzt. Entscheidend für die Höhe der Rückerstattung ist der Umfang der Befreiung von der eigenkapitalersetzenden Bürgschaft, die der Beklagte zu 1 erlangt hat. Diese richtet sich allein danach, in welcher Höhe die durch die Bürgschaft besicherte Darlehensforderung zurückgeführt worden und damit erloschen ist (vgl. Sen. Urt. v. 14. März 2005 - II ZR 129/03, ZIP 2005, 659). Auf den Wert der neben der Bürgschaft des Beklagten zu 1 von der Schuldnerin selbst gestellten Sicherheit kommt es nicht an. Zwar ist der Anspruch aus § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 GmbHG a.F. analog vorrangig auf die Rückgabe des verbotswidrig weggegebenen Gegenstandes gerichtet (vgl. zuletzt BGHZ 176, 62 Tz. 9 m.w.Nachw.). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist aber nicht die Calling-Card-Plattform der weggegebene Gegenstand. Aufgegeben hat die Schuldnerin vielmehr den gegen die Beklagten bestehenden Freistellungsanspruch. Für eine vergleichende schadensrechtliche Betrachtung, wie das Berufungsgericht sie angestellt hat, ist kein Raum.
18
Da als Verwertungserlös allein der gezahlte Veräußerungspreis maßgebend ist, ist es ohne Bedeutung, ob der Kaufpreis überhöht war. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit des Vertrages etwa wegen Sittenwidrigkeit bestehen im Übrigen nicht.
19
e) Die Beklagten können auch nicht in entsprechender Anwendung von § 32 b Satz 3 GmbHG a.F. den Zahlungsanspruch durch Übergabe und Übereignung der Calling-Card-Plattform abwenden. Danach kann der Gesellschaf- ter, wenn die Gesellschaft ein Darlehen zurückführt, für das er eine Sicherheit bestellt hatte, der Gesellschaft die Sicherheit zur Verfügung stellen. Die Beklagten haben die Calling-Card-Plattform nicht als Sicherheit gestellt. Die eigenkapitalersetzende Sicherheit war nicht die Calling-Card-Plattform, da diese aus dem Vermögen der Schuldnerin stammte, sondern die Bürgschaft des Beklagten zu 1, die dieser nicht zur Verwertung zur Verfügung stellen kann.
20
f) Beide Beklagten haften als Gesamtschuldner. Grundsätzlich unterliegen zwar nur Gesellschafter den Eigenkapitalersatzregeln. Lediglich die Beklagte zu 2 war Gesellschafterin der Schuldnerin. Der Beklagte zu 1 steht aber als mittelbarer Gesellschafter einem Gesellschafter gleich. Der GesellschafterGesellschafter ist einem Gesellschafter gleichzustellen, wenn er einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschafterin, vornehmlich auf Grund einer qualifizierten Mehrheit der Anteile oder Stimmrechte, ausüben kann (Sen.Urt. v. 21. November 2005 - II ZR 277/03, ZIP 2006, 279 Tz. 20 m.w.Nachw., insoweit in BGHZ 165, 106 nicht abgedruckt). Der Beklagte zu 1 ist mittelbar zu 66,6 % an der Schuldnerin beteiligt, weil er an der Beklagten zu 2 unmittelbar zu 50 % und zu weiteren 50 % über die in seinem alleinigen Besitz stehende Fa. GmbH mittelbar beteiligt ist.
21
Seine eigenkapitalersetzende Sicherheit ist der Beklagten zu 2 zuzurechnen. Neben dem Dritten, der mit dem Gesellschafter eine wirtschaftliche Einheit bildet, ist auch der nominelle Gesellschafter für die von dem Dritten erbrachten eigenkapitalersetzenden Leistungen verantwortlich (vgl. BGHZ 105, 168, 176).
22
g) Der Anspruch ist nicht verjährt. Bei Klageerhebung 2006 war die fünfjährige Verjährungsfrist (§ 31 Abs. 5 Satz 1 GmbHG a.F., Art. 229 § 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB) noch nicht abgelaufen. Die fünfjährige Ver- jährungsfrist beginnt frühestens mit der Verwertung der Sicherheit als dem Zeitpunkt der Auszahlung (Senat, BGHZ 173, 1 Tz. 27), die hier aufgrund der Teilzahlungsvereinbarung zeitlich gestreckt ist.
23
2. Der Kläger kann außerdem Auskunft über die darüber hinaus zukünftig gezahlten Kaufpreisraten verlangen (Klageantrag zu 3). Der Anspruch ist nicht auf eine künftige Leistung gerichtet (§ 259 ZPO), da der Auskunftsanspruch bereits mit der Veräußerung der Calling-Card-Plattform im November 2002 entstanden ist und die Zahlungen ihn nur im Sinne einer Fälligkeitsvoraussetzung aktualisieren (vgl. BGHZ 159, 66, 73; BGHZ 117, 264, 278f).
24
3. Der Klageantrag zu 4, gerichtet auf Zahlung des nach Auskunftserteilung zu beziffernden Betrags, ist unzulässig. Soweit der Kläger Auskunft für in der Vergangenheit bezahlte Kaufpreisraten erhalten hat, hat er den Klageantrag auf Zahlung entsprechend angepasst und den Anspruch beziffert. Eine auf die Erstattung zukünftiger Zahlungen gerichtete Leistungsklage ist unzulässig (§ 259 ZPO). Der Kläger hat keine Tatsachen vorgetragen, aufgrund derer die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass sich die Beklagten einer rechtzeitigen Leistung entziehen werden.
25
4. Der Klageantrag zu 5, mit dem der Kläger die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für zukünftige Zahlungen bis zur Höhe des Kaufpreises begehrt, ist dagegen begründet.
26
Das frühere Eigenkapitalersatzrecht ist auch auf die Erstattung für Kaufpreiszahlungen nach dem Inkrafttreten des MoMiG am 1. November 2008 anwendbar. Da das Insolvenzverfahren vor diesem Zeitpunkt eröffnet wurde (Art. 103 d Satz 1 EGInsO), sind weiter die bisherigen Vorschriften anzuwenden , auch soweit ein Erstattungsanspruch erst noch nach der Zahlung von weiteren Kaufpreisraten fällig wird. Der Erstattungsanspruch ist dem Grunde nach bereits fällig wird mit dem Kauf- und Übertragungsvertrag vom 12./13. November 2002 entstanden, mit dem die Sicherheit der Schuldnerin verwertet und die Verrechnung des Kaufpreises auf die Darlehen der B. Bank eG vereinbart wurde. Der Tatbestand der verbotenen Auszahlung wurde bereits mit dieser Verrechnungsvereinbarung erfüllt. Mit der Teilzahlungsabrede für die Kaufpreiszahlung wurde lediglich seine Vollendung im Sinn einer späteren Fälligkeit hinausgeschoben.
27
Bei Insolvenzantragstellung überstieg die Unterbilanz der Schuldnerin, deren Höhe den Anspruch aus §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 GmbHG a.F. analog begrenzt (vgl. BGHZ 67, 171, 179; 76, 326, 332; 81, 311, 319), den Kaufpreis und damit die Bürgschaftsverpflichtung in Höhe von 541.472,30 €. Verbindlichkeiten in einer Gesamthöhe von 839.406,58 € stand praktisch kein Vermögen der Schuldnerin gegenüber. Im Fall weiterer Kaufpreiszahlungen werden die Beklagten aufgrund der vereinbarten Anrechnung auf die Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der B. Bank eG von der Bürgschaftsverpflichtung frei, und damit entsteht ein Erstattungsanspruch in entsprechender Höhe.
Goette Strohn Caliebe Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 02.11.2006 - 12 O 10/06 -
OLG Köln, Entscheidung vom 10.01.2008 - 18 U 203/06 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juli 2009 - II ZR 36/08

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juli 2009 - II ZR 36/08

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 30 Kapitalerhaltung


(1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 259 Klage wegen Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung


Klage auf künftige Leistung kann außer den Fällen der §§ 257, 258 erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 31 Erstattung verbotener Rückzahlungen


(1) Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden. (2) War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschafts
Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juli 2009 - II ZR 36/08 zitiert 7 §§.

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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

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(1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktiengesetzes) erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind. Satz 1 ist zudem nicht anzuwenden auf die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.

(2) Eingezahlte Nachschüsse können, soweit sie nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sind, an die Gesellschafter zurückgezahlt werden. Die Zurückzahlung darf nicht vor Ablauf von drei Monaten erfolgen, nachdem der Rückzahlungsbeschluß nach § 12 bekanntgemacht ist. Im Fall des § 28 Abs. 2 ist die Zurückzahlung von Nachschüssen vor der Volleinzahlung des Stammkapitals unzulässig. Zurückgezahlte Nachschüsse gelten als nicht eingezogen.

(1) Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden.

(2) War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist.

(3) Ist die Erstattung von dem Empfänger nicht zu erlangen, so haften für den zu erstattenden Betrag, soweit er zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist, die übrigen Gesellschafter nach Verhältnis ihrer Geschäftsanteile. Beiträge, welche von einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, werden nach dem bezeichneten Verhältnis auf die übrigen verteilt.

(4) Zahlungen, welche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen zu leisten sind, können den Verpflichteten nicht erlassen werden.

(5) Die Ansprüche der Gesellschaft verjähren in den Fällen des Absatzes 1 in zehn Jahren sowie in den Fällen des Absatzes 3 in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Tages, an welchem die Zahlung, deren Erstattung beansprucht wird, geleistet ist. In den Fällen des Absatzes 1 findet § 19 Abs. 6 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(6) Für die in den Fällen des Absatzes 3 geleistete Erstattung einer Zahlung sind den Gesellschaftern die Geschäftsführer, welchen in betreff der geleisteten Zahlung ein Verschulden zur Last fällt, solidarisch zum Ersatz verpflichtet. Die Bestimmungen in § 43 Abs. 1 und 4 finden entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 260/07 Verkündet am:
26. Januar 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
"GutBuschow"
GmbHG §§ 30, 31, 32 a, 32 b (idF vor dem 1. November 2008);

a) Das Eigenkapitalersatzrecht in Gestalt der Novellenregeln (§§ 32 a, 32 b GmbHG
a.F.) und der Rechtsprechungsregeln (§§ 30, 31 GmbH a.F. analog) findet gemäß
der Überleitungsnorm des Art. 103 d EGInsO wie nach allgemeinen Grundsätzen
des intertemporalen Rechts auf "Altfälle", in denen das Insolvenzverfahren vor Inkrafttreten
des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung
von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) eröffnet
worden ist, als zur Zeit der Verwirklichung des Entstehungstatbestandes des
Schuldverhältnisses geltendes "altes" Gesetzesrecht weiterhin Anwendung.

b) Die Rückzahlungspflicht des bürgenden Gesellschafters nach Novellen- wie nach
Rechtsprechungsregeln wird nicht durch das Vorhandensein einer Mehrzahl von
Sicherheiten - hier: verlängerter Eigentumsvorbehalt und Wechselbürgschaft - berührt
, solange sich unter den Sicherungsgebern auch ein Gesellschafter befindet.
Da wirtschaftlich dessen Kreditsicherheit in der Krise der Gesellschaft funktionales
Eigenkapital darstellt, darf dieses nicht auf dem Umweg über eine Leistung an
den Gesellschaftsgläubiger aus dem Gesellschaftsvermögen dem Gesellschafter
"zurückgewährt" werden.
BGH, Urteil vom 26. Januar 2009 - II ZR 260/07 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Januar 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Caliebe, Dr. Reichart und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Schlussurteil des 24. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. September 2007 - mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 - aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionsverfahren, an den 5. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin), deren geschäftsführender (Allein-)Gesellschafter der Beklagte zu 2 war. Die Schuldnerin kaufte am 24. September 1999 zum Preise von 81.855,00 DM und am 28. Oktober 1999 für 40.500,00 DM Jungbullen unter verlängertem Eigentumsvorbehalt von der Beklagten zu 1. Im Gegenzug akzeptierte sie zwei Wechsel über 85.026,90 DM und 41.807,80 DM, die am 24. bzw. 28. März 2000 fällig wurden; die gegenüber den Kaufpreisschulden höheren Wechselverbindlichkeiten resultierten daraus, dass die Beklagte zu 1 der Schuldnerin weitere finanzielle Mittel zur Begleichung von Futtermittelrechnungen und anderen Verbindlichkeiten vorstrecken musste. Für die Wechselforderung über 41.807,80 DM übernahm der Beklagte zu 2 als Gesellschafter der Schuldnerin - als weitere Sicherheit - eine Wechselbürgschaft. Am 28. März 2000 löste er zwei aus dem Weiterverkauf der Bullen stammende Verrechnungsschecks über das Konto der AH. GmbH, deren Geschäftsführer er ebenfalls war, bei der Commerzbank R. ein, die den Gegenwert der Wechselforderungen an die Beklagte zu 1 zahlte; dieser "Umweg" war nach dem Eingeständnis des Beklagten zu 2 erforderlich, weil das ebenfalls bei der Commerzbank R. bestehende Geschäftskonto der Schuldnerin sich im Debet befand und zudem bereits durch Drittgläubiger gepfändet war. Auf Eigenantrag der Schuldnerin vom 29. März 2000 wurde über deren Vermögen das Insolvenzverfahren am 1. Juni 2000, 0.00 Uhr, eröffnet.
2
Der Kläger hat die Beklagte zu 1 unter dem Blickwinkel der Insolvenzanfechtung und den Beklagten zu 2 aus Eigenkapitalersatzrecht gesamtschuldnerisch auf Erstattung im Umfang der zweiten Wechselforderung über 41.807,80 DM (= 21.375,99 €) sowie darüber hinaus die Beklagte zu 1 allein in Höhe der ersten Wechselforderung über 85.026,90 DM (= 43.473,56 €) in Anspruch genommen. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage gegen beide Beklagten abgewiesen, das Oberlandesgericht unter dem Blickwinkel einer vermeintlichen Verjährung. Auf die Revision des Klägers hat der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs durch Urteil vom 9. Februar 2006 (IX ZR 98/04) das Urteil des Oberlandesgerichts vom 23. April 2004 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil die Klageforderung nicht verjährt und im Übrigen der Rechtsstreit bislang nicht entscheidungsreif sei.
3
Das Oberlandesgericht hat daraufhin nach Beweisaufnahme zunächst durch - mittlerweile rechtskräftiges - Teilurteil vom 20. Juli 2007 die Klage gegen die Beklagte zu 1 und anschließend durch Schlussurteil vom 14. September 2007 auch die Klage gegen den Beklagten zu 2 wiederum abgewiesen. Gegen das Schlussurteil des Berufungsgerichts richtet sich die - von dem erkennenden Senat - zugelassene Revision des Klägers, mit der dieser seine Klage gegenüber dem Beklagten zu 2 unter dem Blickwinkel einer eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistung wegen der von diesem übernommenen Avalbürgschaft für die zweite Wechselverbindlichkeit weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

4
I. Die (erneute) Revision des Klägers in Bezug auf den Beklagten zu 2 ist wiederum begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Schlussurteils zur Zurückverweisung der Sache, diesmal an einen anderen Senat des Berufungsgerichts (§§ 562, 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
5
II. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
6
Nach dem nunmehr schlüssigen - allerdings vom Beklagten zu 2 bestrittenen - Vortrag des Klägers habe sich die Schuldnerin zwar bereits im Zeitpunkt der Begebung des zweiten Wechsels über 41.807,80 DM und der gleichzeitigen Übernahme der Wechselbürgschaft durch den Beklagten zu 2 in einer wirtschaftlichen Krise aufgrund von Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung sowie Kreditunwürdigkeit befunden; ob dies zutreffe, könne jedoch dahingestellt bleiben. Denn unabhängig davon scheide eine Haftung des Beklagten zu 2 nach §§ 32 a, 32 b GmbHG wie auch gemäß §§ 30, 31 GmbHG schon deshalb aus, weil diese Vorschriften im vorliegenden Fall nicht einschlägig seien. Bei der Hingabe der Wechselbürgschaft des Beklagten zu 2 handele es sich weder um ein Darlehen noch um eine diesem wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung. Das Ursprungsgeschäft zwischen der Schuldnerin und der Beklagten zu 1 sei ein branchenübliches Austauschgeschäft, bei dem die Stundung des Kaufpreises bis zur Weiterveräußerung der Tiere wie auch die Verbürgung des Beklagten zu 2 für die ausgereichten Wechsel nichts Ungewöhnliches seien. Durch die Bürgschaft des Beklagten zu 2 habe die Schuldnerin nichts erlangt; vielmehr sei dadurch lediglich die Kaufpreisforderung der Beklagten zu 1 neben dem verlängerten Eigentumsvorbehalt subsidiär abgesichert worden. Auch sei der Schuldnerin durch die Begleichung der von vornherein mit dem verlängerten Eigentumsvorbehalt belasteten Kaufpreisforderung weder Stammkapital entzogen worden noch habe sie aufgrund der Verbürgung des Beklagten zu 2 einen anderen Nachteil erlitten.
7
III. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
8
1. Für das Revisionsverfahren ist - aufgrund der entsprechenden Unterstellung des Berufungsgerichts - von dem schlüssigen Vorbringen des Klägers auszugehen, dass bei Übernahme der Avalbürgschaft durch den Beklagten zu 2 am 28. Oktober 1999 für den an demselben Tag begebenen zweiten Wechsel die Schuldnerin nicht nur kreditunwürdig, sondern weitergehend sogar insolvenzreif - und zwar sowohl zahlungsunfähig als auch überschuldet - war.
9
2. Danach war hier der Anwendungsbereich eigenkapitalersatzrechtlicher Anspruchsnormen gegenüber dem Beklagten zu 2 sowohl nach Novellenregeln (§§ 32 b, 32 a Abs. 2, 3 GmbHG a.F.) als auch nach Rechtsprechungsregeln (§§ 30, 31 GmbH a.F. analog) - entgegen der verfehlten, den Normgehalt dieser Vorschriften offenbar verkennenden Ansicht des Berufungsgerichts - eröffnet. Denn der Beklagte zu 2 hat in der Krise der Schuldnerin (vgl. zur Eigenständig- keit der Tatbestände der Insolvenzreife einerseits und der Kreditunwürdigkeit andererseits: Sen.Urt. v. 3. April 2006 - II ZR 332/05, ZIP 2006, 996 m.w.Nachw.) die Wechselbürgschaft für die von dieser als Akzeptantin eingegangene Wechselverbindlichkeit und die zugrunde liegende Kaufpreisschuld gegenüber der Beklagten zu 1 übernommen; seine Gesellschaftersicherheit war daher von Anfang an eigenkapitalersetzend.
10
a) In der fortbestehenden Krise der Schuldnerin löste die Tilgung der Wechselforderung und zugleich der zugrunde liegenden, darlehensgleich gestundeten Kaufpreisforderung der Beklagten zu 1 als Drittgläubigerin aus Gesellschaftsmitteln am 28. März 2000 einen Rückzahlungsanspruch der Schuldnerin gegen den Beklagten zu 2 sowohl nach §§ 32 b Abs. 1, 32 a Abs. 2, 3 GmbHG a.F. als auch nach Rechtsprechungsregeln analog § 31 Abs. 1 GmbHG a.F. aus, weil dieser durch die Tilgung der Schuld aus gebundenem Vermögen der GmbH von seiner (vorrangigen) Sicherungspflicht befreit wurde (st. Senatsrechtsprechung: vgl. nur Sen.Urt. v. 14. März 2005 - II ZR 129/03, ZIP 2005, 659; v. 23. Februar 2004 - II ZR 207/01, ZIP 2004, 1049 - jew. m.w.Nachw.). Die Anwendung sowohl der Novellen- als auch der Rechtsprechungsregeln beruht in dieser Fallkonstellation auf folgender Erwägung: Zahlt der Gesellschafter selbst aufgrund der Bürgschaft an den Gläubiger, kann er gegen die Gesellschaft keinen Rückgriff nehmen. Diese Lage darf sich für ihn nicht verbessern, wenn die Gesellschaft von sich aus den Gläubiger befriedigt und dadurch den Gesellschafter von seiner Bürgschaftsverpflichtung befreit, vielmehr muss er der Gesellschaft dann den sozusagen für ihn verauslagten Betrag erstatten (Sen.Urt. v. 2. April 1990 - II ZR 149/89, ZIP 1990, 642, 643; v. 9. Dezember 1991 - II ZR 43/91, ZIP 1992, 108 f.). Aus diesem Grund ist in der Rechtsprechung des Senats entschieden, dass der bürgende Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft freistellungspflichtig ist, wenn die Krise eintritt und der Gläubiger Leistung von der Gesellschaft fordert (vgl. nur Sen.Urt. v.
14. März 2005 und v. 23. Februar 2004 - jeweils aaO; Sen.Urt. v. 6. Juli 1998 - II ZR 284/94, ZIP 1998, 1437; h.M.: vgl. nur Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. §§ 32 a, 32 b Rdn. 177 m. umfangr. Nachw.).
11
b) Die Rückzahlungspflicht des bürgenden Gesellschafters nach Novellen - wie nach Rechtsprechungsregeln wird nicht durch das Vorhandensein einer Mehrzahl von Sicherheiten - hier: verlängerter Eigentumsvorbehalt zugunsten der Beklagten zu 1 und Wechselbürgschaft des Beklagten zu 2 - berührt, solange sich unter den Sicherungsgebern - wie im vorliegenden Fall - auch ein Gesellschafter befindet. Da wirtschaftlich dessen Kreditsicherheit in der Krise der Gesellschaft funktionales Eigenkapital darstellt, darf dieses nicht auf dem Umweg über eine Leistung an den Gesellschaftsgläubiger aus dem Gesellschaftsvermögen dem Gesellschafter "zurückgewährt" werden. Das gilt auch dann, wenn der Drittgläubiger im Falle der Doppelsicherung aus einer reinen Gesellschaftssicherheit Befriedigung erlangt (Sen.Urt. v. 9. Dezember 1991, ZIP aaO S. 108 f.). Der Beklagte zu 2 wäre auch in diesem Fall der Schuldnerin gegenüber schon vor deren Inanspruchnahme durch die Beklagte zu 1 freistellungspflichtig gewesen.
12
c) Dem Rückzahlungsanspruch der Schuldnerin nach Novellen- bzw. Rechtsprechungsregeln steht auch nicht die besondere wechselrechtliche Vorschrift des Art. 31 Abs. 4 WG entgegen. Danach gilt zwar die Wechselbürgschaft grundsätzlich für den Aussteller (hier: die Beklagte zu 1) als wechselmäßigen Hauptschuldner, wenn - wie im vorliegenden Fall - nicht in der Erklärung angegeben ist, für wen sie übernommen wird. Indessen kann es sich im Verhältnis zwischen Akzeptanten, Wechselbürgen und Aussteller vor Begebung des Wechsels an einen Dritten anders verhalten, weil die Vorschrift eine widerlegbare Auslegungsregel enthält (Senat, BGHZ 22, 148, 152 f.). So lag es hier, weil die Beklagte zu 1 durch die Avalbürgschaft des Beklagten zu 2 nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unstreitig eine zusätzliche Sicherheit für ihre Forderung aus dem Verkauf der ungemästeten Tiere gegen die Schuldnerin erhalten sollte. Dann aber war die Bürgschaft auch für die Schuldnerin als Akzeptantin des Wechsels übernommen.
13
d) Angesichts dessen ist die Annahme des Berufungsgerichts, bei dem Verkauf der Tiere unter Stundung des Kaufpreises wie auch der Verbürgung für die ausgereichten Wechsel habe es sich um einen verkehrsüblichen Vorgang gehandelt, für das Bestehen eines Zahlungsanspruchs des Klägers gegen den Beklagten zu 2 nach §§ 32, 32 a Abs. 2 GmbHG a.F. wie auch gemäß § 31 Abs. 1 GmbHG a.F. unerheblich. Ebenso verfehlt ist die Ansicht des Berufungsgerichts , der Schuldnerin sei weder Stammkapital entzogen worden noch habe sie aufgrund der Verbürgung des Beklagten zu 2 einen anderen Nachteil erlitten. Vielmehr stellte, wie dargelegt, die Kreditrückführung - hier durch Begleichung der Wechselverbindlichkeit mit den Mitteln der erhaltenen Scheckvaluta aus dem Weiterverkauf der Tiere - eine Auszahlung aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft zugunsten des - frei werdenden - bürgenden Beklagten zu 2 im Sinne der Eigenkapitalersatzregeln dar.
14
IV. Das festgestellte bzw. zu unterstellende Rechtsverhältnis ist bezüglich der aufgezeigten Rechtsfehler des Berufungsurteils im Hinblick auf die Anwendbarkeit der eigenkapitalersatzrechtlichen Novellen- und Rechtsprechungsregeln nicht etwa deshalb anders zu beurteilen und die angefochtene Entscheidung stellt sich insbesondere nicht etwa aus anderen Gründen ganz oder teilweise als im Ergebnis richtig dar (§ 561 ZPO), weil aufgrund des zwischenzeitlich während des anhängigen Nichtzulassungsbeschwerde- bzw. Revisionsverfahrens am 1. November 2008 in Kraft getretenen Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) die Novellenregeln der §§ 32 a, b GmbHG a.F. aufgehoben (Art. 1 Nr. 22 MoMiG), ihr Regelungsgehalt (teilweise gleichlautend) in das Insolvenzrecht, d.h. insbesondere in die Vorschriften der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 und 5, 44 a, 135, 143 InsO n.F. verlagert (Art. 9 Nr. 5, 6, 8, 9 MoMiG) und die sog. Rechtsprechungsregeln (§§ 30, 31 GmbHG a.F. analog) durch das neu eingefügte "Nichtanwendungsgesetz" des § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n.F. (Art. 1 Nr. 20 MoMiG) ebenfalls aufgehoben worden sind.
15
Auf den vorliegenden "Altfall", in dem die - zu unterstellende - verbotene Befreiung des Gesellschafters von seiner eigenkapitalersetzenden Wechselbürgschaft aufgrund der Tilgung der darlehensgleichen Verbindlichkeit gegenüber dem Drittgläubiger und damit die Entstehung des Erstattungsanspruchs der Gesellschaft sowohl nach Novellen- wie auch nach Rechtsprechungsregeln vor dem Inkrafttreten des MoMiG lag, ist nicht etwa das neue Recht "rückwirkend" anwendbar; vielmehr gilt insoweit das zur Zeit der Verwirklichung des Entstehungstatbestandes des Schuldverhältnisses geltende "alte Recht" weiter.
16
1. Hinsichtlich des novellenrechtlichen Erstattungsanspruchs aus §§ 32 b, 32 a Abs. 2, 3 GmbHG a.F. - der sachlich einen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraussetzenden Anfechtungstatbestand darstellte (vgl. Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG 5. Aufl. § 32 b Rdn. 2; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG 18. Aufl. § 32 b Rdn. 1; K. Schmidt, ZIP 1999, 1820, 1822; ders. in Scholz, GmbHG 10. Aufl. §§ 32 a, 32 b Rdn. 185; zur Parallelität mit § 135 InsO bzw. § 32 a KO: Senat, BGHZ 123, 289, 293) - ergibt sich die Anwendbarkeit des alten Rechts auf den vorliegenden Altfall bereits aus der Überleitungsvorschrift in Art. 103 d EGInsO, der auf die vor dem Inkrafttreten des MoMiG am 1. November 2008 eröffneten Insolvenzverfahren die weitere Anwendung der "bis dahin geltenden gesetzlichen Vorschriften" anordnet.
Zu diesen "gesetzlichen Vorschriften" gehören ersichtlich nicht nur solche, die - wie § 135 InsO a.F. - in der Insolvenzordnung geregelt waren, sondern selbstverständlich auch die damit konkurrierenden "parallelen" Anspruchsnormen der Novellenregeln gemäß §§ 32 b, 32 a GmbHG a.F. (vgl. dazu Goette, Einführung in das neue GmbH-Recht, Einf. Rdn. 83-85).
17
2. a) Auch die Fortgeltung der sog. Rechtsprechungsregeln lässt sich für den vorliegenden "Altfall" des vor Inkrafttreten des MoMiG eröffneten Insolvenzverfahrens bereits aus der genannten Überleitungsnorm des Art. 103 d EGInsO ableiten, da es sich bei den analog angewendeten §§ 30, 31 GmbHG a.F. ebenfalls um "bis dahin geltende gesetzliche Vorschriften" handelte, die mit solchen aus §§ 32 b, 32 a GmbHG a.F. und Anfechtungsansprüchen gemäß § 135 InsO a.F. konkurrierten; es ist nicht ersichtlich, dass nach der Überleitungsvorschrift diese gesetzlichen Ansprüche nach §§ 30, 31 GmbHG a.F. analog nur deshalb von der Fortgeltung in Altfällen ausgeschlossen sein sollten, weil sie - nicht anders als die Novellenregeln - im GmbHG verortet waren.
18
Bei einem derartigen - allein sachgerechten - Verständnis der Überleitungsnorm des Art. 103 d EGInsO steht der Anwendbarkeit der Rechtsprechungsregeln analog §§ 30, 31 GmbHG a.F. auf den vorliegenden "Altfall" das durch das MoMiG neu in das GmbHG eingefügte "Nichtanwendungsgesetz" des § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n.F. schon deshalb nicht entgegen, weil für diesen eine - "spezielle" - Überleitungsvorschrift nicht existiert (Goette aaO Einf. Rdn. 84 f.; Altmeppen, NJW 2008, 3601; diesen Aspekt nicht beachtend und i. Erg. a.A. Hirte/Knof/Mock, NZG 2009, 48 ff.; a.A. auch Holzer, ZIP 2009, 206 ff.).
19
b) Selbst wenn man die Fortgeltung der Rechtsprechungsregeln analog §§ 30, 31 GmbHG a.F. für die betreffenden "Altfälle" nicht schon aus Art. 103 d EGInsO herleiten wollte, so folgte sie trotz des "Nichtanwendungsgesetzes" des § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n.F. aus den dann - in Ermangelung einer insoweit einschlägigen Übergangsregelung - heranzuziehenden allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts (vgl. Wedemann, GmbHR 2008, 1131, 1134; ähnlich Goette aaO Einf. Rdn. 84 f.; Altmeppen aaO S. 3601; Bormann/Urlichs, GmbHR Sonderheft Okt. 2008, 37, 50 f.).
20
Danach untersteht ein Schuldverhältnis nach seinen Voraussetzungen, seinem Inhalt und seinen Wirkungen dem Recht, das zur Zeit seiner Entstehung galt (Art. 170, 229 § 5, 232 § 1 EGBGB analog; vgl. auch Senat, BGHZ 44, 192, 194 m.w.Nachw.; h.M.: vgl. nur Palandt/Heinrichs, BGB 68. Aufl. Einl. vor § 241 Rdn. 14 m. umfangr. Rechtsprechungsnachw.; Wedemann aaO S. 1134 - zu § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n.F.; im Ergebnis auch: BAG, Urt. v. 1. Dezember 2004 - 7 AZR 198/04, NJW 2005, 2333, 2334).
21
Für die "Nichtanwendungsvorschrift" des § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n.F. hat das MoMiG - anders als etwa für die Änderungen zur verdeckten Sacheinlage und zum Hin- und Herzahlen in § 19 Abs. 4 und 5 GmbHG n.F., die nach § 3 Abs. 4 EGGmbHG grundsätzlich auch auf Einlageleistungen vor dem 1. November 2008 anzuwenden sind - keine ausdrückliche Rückwirkung auf in der Vergangenheit liegende "Auszahlungen" i.S. der Rechtsprechungsregeln (§§ 30, 31 GmbHG a.F.) angeordnet. Eine solche "rückwirkende" Übergangsregelung lässt sich auch nicht im Wege der Auslegung aus den Zielen des MoMiG oder systematischen Erwägungen ableiten; vielmehr geht aus dem Gesetzgebungsverfahren sogar im Gegenteil hervor, dass die Vorschriften in § 3 EGGmbHG - die zu § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n.F. keine Regelung treffen - "sämtliche Übergangsregelungen, die aufgrund der Änderungen des GmbHG erforderlich geworden sind", enthalten (vgl. Begr RegE § 3 EGGmbHG, bei Goette aaO Seite 342).
22
c) Danach sind auf den vorliegenden "Altfall" auch die Vorschriften der Rechtsprechungsregeln (§§ 30, 31 GmbHG a.F. analog), unter deren Geltung sich der gesamte Entstehungstatbestand (vgl. dazu schon: RGZ 76, 394, 397) des Anspruchs aufgrund der nach Eigenkapitalersatzrecht verbotenen "Rückzahlung" vom 28. März 2000 verwirklicht hat, weiterhin anzuwenden.
23
V. Wegen der aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das Berufungsurteil der Aufhebung (§ 562 ZPO). Aufgrund der danach gebotenen Zurückverweisung der Sache wird ein anderer Senat des Berufungsgerichts unter Zugrundelegung der weiterhin auf das streitige Rechtsverhältnis anwendbaren eigenkapitalersatzrechtlichen Vorschriften des alten Rechts (§§ 32 a, b GmbHG a.F. bzw. §§ 30, 31 GmbHG a.F. analog) die fehlenden Feststellungen zu den - bislang nur unterstellten - Voraussetzungen einer Krisensituation im Zeitpunkt der Wechselbegebung entsprechend dem schlüssigen und unter Beweis gestellten - vom Beklagten zu 2 substantiiert bestrittenen - Vorbringen des Klägers zu treffen haben.
24
Sollte sich danach etwa eine Insolvenzreife der Schuldnerin - sei es in Form von Zahlungsunfähigkeit, sei es aufgrund einer Überschuldung - im Zeitpunkt der Wechselbegebung nicht feststellen lassen, wäre auch der davon unabhängige , selbständige Krisentatbestand einer - vom Kläger ebenfalls behaupteten - Kreditunwürdigkeit der Schuldnerin zu prüfen.
25
Soweit das Berufungsgericht bisher bei seiner Beweiswürdigung im Anschluss an die Aussage des Zeugen R. den Verkauf der Tiere unter Stundung des Kaufpreises und gleichzeitiger Verbürgung für die ausgereichten Wechsel als "verkehrsüblich" bezeichnet hat, wird dieser Umstand - sofern er auf der Grundlage der erneuten Berufungsverhandlung etwa als potentielles Indiz für das Fehlen einer Kreditunwürdigkeit der Schuldnerin angesehen wer- den sollte - kritisch zu überprüfen sein. Insbesondere wird dabei zu berücksichtigen sein, dass der Schuldnerin nicht nur flüssige Mittel für eine sofortige Tilgung der Kaufpreisforderung fehlten, sondern dass sie darüber hinaus unstreitig nicht dazu in der Lage war, Futtermittelrechnungen und sonstige Verbindlichkeiten aus eigenen Mitteln zu begleichen, so dass auch insoweit die Beklagte zu 1 mit einer Kreditierung gegen Wechselakzepte in Vorlage treten musste. Soweit nach Darstellung des Oberlandesgerichts in diesem Zusammenhang der Zeuge R. bekundet hat, es sei für die Beklagte zu 1 üblich gewesen, bei einem Kunden in Form einer GmbH durch den Geschäftsführer per Aval unterschreiben zu lassen, so ist das differenziert zu sehen: Zum einen hat der Zeuge weiter bekundet, dass bei dem ersten Wechsel die Avalbürgschaft unterlassen worden sei, weil im Kaufvertrag vermerkt gewesen sei, dass dieser Wechsel durch die späteren Erlöse eingelöst werden sollte. Zum anderen genügte bei dem zweiten Wechsel - obwohl er einen gleich gelagerten Sachverhalt betraf - eine entsprechende Vorgehensweise offenbar nicht; denn in diesem Fall wurde zusätzlich die Avalbürgschaft vom Beklagten zu 2 als Gesellschafter persönlich - und nicht etwa in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer für die Gesellschaft - verlangt und auch übernommen.
Goette Kurzwelly Caliebe Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 17.12.2002 - 1 O 259/02 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 14.09.2007 - 24 U 43/03 -

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden.

(2) War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist.

(3) Ist die Erstattung von dem Empfänger nicht zu erlangen, so haften für den zu erstattenden Betrag, soweit er zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist, die übrigen Gesellschafter nach Verhältnis ihrer Geschäftsanteile. Beiträge, welche von einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, werden nach dem bezeichneten Verhältnis auf die übrigen verteilt.

(4) Zahlungen, welche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen zu leisten sind, können den Verpflichteten nicht erlassen werden.

(5) Die Ansprüche der Gesellschaft verjähren in den Fällen des Absatzes 1 in zehn Jahren sowie in den Fällen des Absatzes 3 in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Tages, an welchem die Zahlung, deren Erstattung beansprucht wird, geleistet ist. In den Fällen des Absatzes 1 findet § 19 Abs. 6 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(6) Für die in den Fällen des Absatzes 3 geleistete Erstattung einer Zahlung sind den Gesellschaftern die Geschäftsführer, welchen in betreff der geleisteten Zahlung ein Verschulden zur Last fällt, solidarisch zum Ersatz verpflichtet. Die Bestimmungen in § 43 Abs. 1 und 4 finden entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 129/03 Verkündet am:
14. März 2005
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GmbHG §§ 30, 31, 32 a, 32 b
Tilgt der Gesellschafter eine gegen ihn bestehende Darlehensforderung der
GmbH durch Überweisung auf ein im Debet geführtes Gesellschaftskonto, für
das er eine eigenkapitalersetzende Bürgschaft übernommen hat, so liegt in der
mit dem Zahlungsvorgang verbundenen Verminderung seiner Bürgschaftsschuld
eine verbotene Einlagenrückgewähr an den Gesellschafter.
BGH, Urteil vom 14. März 2005 - II ZR 129/03 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 14. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und
Dr. Gehrlein

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 27. März 2003 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 23. Oktober 2001, 4. Kammer für Handelssachen, wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelzüge trägt der Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Verwalter in dem im Jahre 1998 eröffneten Konkursverfahren über das Vermögen der W. Vertriebsgesellschaft mbH (nachfolgend: Gemeinschuldnerin ).
Ende des Jahres 1996 bestand bei der Gemeinschuldnerin ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in Höhe von 434.572,06 DM, der bis zum 31. Dezember 1997 um weitere 82.000,00 DM anwuchs. Zu diesem Zeit-
punkt belief sich eine Darlehensforderung der Gemeinschuldnerin gegen den Beklagten, ihren Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer, auf (mindestens ) 56.335,72 DM. Kurz vor Eröffnung des Konkursverfahrens überwies der Beklagte auf ein durch eine von ihm übernommene selbstschuldnerische Bürgschaft gesichertes Konto der Gemeinschuldnerin bei der N. Sparkasse B. (nachfolgend: Sparkasse) einen Betrag von 134.213,00 DM. Das Konto der Gemeinschuldnerin wurde vor und nach der Zahlung des Beklagten im Debet geführt.
Mit der Behauptung, der Darlehensanspruch der Gemeinschuldnerin bestehe fort, macht der Kläger eine - seinem Vergütungsanspruch als Konkursverwalter entsprechende - Teilforderung von 13.456,00 DM gegen den Beklagten geltend. Nach Stattgabe durch das Landgericht hat das Oberlandesgericht die Klage auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Mit seiner - von dem Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Leistende könne mit einer Zahlung mehrere Tilgungszwecke verbinden. Darum habe der Beklagte durch seine Überweisung sowohl seine Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Gemeinschuldnerin erfüllt als auch den von der Gemeinschuldnerin in Anspruch genommenen Kontokorrentkredit vermindert. Da dem Beklagten aufgrund seiner Zahlung ein Rückforderungsanspruch gegen die Gemeinschuldnerin nicht zustehe, seien die Eigenkapitalersatzregeln unanwendbar.
II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Die Klage auf Zahlung von 6.879,94 € (13.456,00 DM) ist gemäß §§ 30, 31 GmbHG (analog) begründet, weil die überschuldete Gemeinschuldnerin die Darlehenszahlung des Beklagten zur Teilrückführung des von dem Beklagten durch seine Bürgschaft gesicherten Kredits der Sparkasse verwendet hat.
1. Rückzahlungen auf einen Kredit, die eine notleidende Gesellschaft an einen Fremdgläubiger geleistet hat, sind als Einlagenrückgewähr an einen Gesellschafter zu betrachten, wenn dieser sich für den Kredit in einer Lage verbürgt hat, in der ein unmittelbar von ihm gewährtes Darlehen als Kapitalersatz zu behandeln gewesen wäre. Eine Kreditrückführung aus Mitteln des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens stellt in Höhe der Befreiung von der Bürgschaftsschuld eine Auszahlung an den bürgenden Gesellschafter im Sinne des § 30 Abs. 1 GmbHG dar (BGHZ 81, 252, 260; Sen.Urt. v. 2. Juni 1997 - II ZR 211/95, NJW 1997, 3171; Sen.Urt. v. 9. Dezember 1991 - II ZR 43/91, NJW 1992, 1166; Sen.Urt. v. 2. April 1990 - II ZR 149/89, NJW 1990, 2260).
2. Es kann zugunsten des Beklagten davon ausgegangen werden, daß er durch seine Zahlung auf das Konto der Gemeinschuldnerin sowohl seine Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Gemeinschuldnerin als auch den Kontokorrentkredit der Gemeinschuldnerin gegenüber der Sparkasse getilgt hat. Auch bei diesen tatsächlichen Gegebenheiten ist die Klage - wie die Revision zutreffend ausführt - begründet.
Da die Gemeinschuldnerin nach den unangegriffenen tatrichterlichen Feststellungen überschuldet war, kam der Bürgschaft des Beklagten, was das Berufungsgericht verkannt hat, eigenkapitalersetzender Charakter zu. Durch
seine Überweisung auf das debitorische Konto der Gemeinschuldnerin hat der Beklagte eine Doppelzahlung bewirkt: Einmal wurde die Darlehensforderung der Gemeinschuldnerin erfüllt; zum anderen hat die Gemeinschuldnerin als Folge dieses Zahlungswegs die wiedererlangten Darlehensmittel (zwangsläufig) als Eigengelder zur Rückführung des von ihr in Anspruch genommenen Kontokorrentkredits verwendet. In Höhe der Darlehensrückzahlung wurde mithin die Kontokorrentverbindlichkeit der Gemeinschuldnerin durch den Einsatz eigener Vermögenswerte verringert. Da mit der Überweisung des Beklagten von 134.213,00 DM ein Darlehensanspruch der Gemeinschuldnerin von (mindestens ) 56.335,72 DM getilgt wurde, hat sie in diesem Umfang den Kontokorrentkredit aus Eigenmitteln beglichen. In dem Zahlungsvorgang ist, weil der Beklagte dadurch von seiner unter den Voraussetzungen des Eigenkapitalersatzes gestellten Bürgschaft (teilweise) befreit wurde, eine Einlagenrückgewähr zu erkennen. Mithin ist die auf Zahlung von 13.456,00 DM gerichtete Teilklage begründet.
Röhricht Goette Kurzwelly
Münke Gehrlein

(1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktiengesetzes) erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind. Satz 1 ist zudem nicht anzuwenden auf die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.

(2) Eingezahlte Nachschüsse können, soweit sie nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sind, an die Gesellschafter zurückgezahlt werden. Die Zurückzahlung darf nicht vor Ablauf von drei Monaten erfolgen, nachdem der Rückzahlungsbeschluß nach § 12 bekanntgemacht ist. Im Fall des § 28 Abs. 2 ist die Zurückzahlung von Nachschüssen vor der Volleinzahlung des Stammkapitals unzulässig. Zurückgezahlte Nachschüsse gelten als nicht eingezogen.

(1) Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden.

(2) War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist.

(3) Ist die Erstattung von dem Empfänger nicht zu erlangen, so haften für den zu erstattenden Betrag, soweit er zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist, die übrigen Gesellschafter nach Verhältnis ihrer Geschäftsanteile. Beiträge, welche von einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, werden nach dem bezeichneten Verhältnis auf die übrigen verteilt.

(4) Zahlungen, welche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen zu leisten sind, können den Verpflichteten nicht erlassen werden.

(5) Die Ansprüche der Gesellschaft verjähren in den Fällen des Absatzes 1 in zehn Jahren sowie in den Fällen des Absatzes 3 in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Tages, an welchem die Zahlung, deren Erstattung beansprucht wird, geleistet ist. In den Fällen des Absatzes 1 findet § 19 Abs. 6 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(6) Für die in den Fällen des Absatzes 3 geleistete Erstattung einer Zahlung sind den Gesellschaftern die Geschäftsführer, welchen in betreff der geleisteten Zahlung ein Verschulden zur Last fällt, solidarisch zum Ersatz verpflichtet. Die Bestimmungen in § 43 Abs. 1 und 4 finden entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 277/03 Verkündet am:
21. November 2005
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja (außer III.)
BGHR: ja
GmbHG § 32 a Abs. 3 Satz 3

a) Das Sanierungsprivileg des § 32 a Abs. 3 Satz 3 GmbHG befreit von der Anwendung
des gesamten Kapitalersatzrechts, d.h. sowohl der Novellenregeln als auch
der Rechtsprechungsregeln zum Eigenkapitalersatz.

b) Der Sanierungszweck i.S. von § 32 a Abs. 3 Satz 3 GmbHG erfordert, dass
- neben dem im Regelfall als selbstverständlich zu vermutenden Sanierungswillen
- nach der pflichtgemäßen Einschätzung eines objektiven Dritten im Augenblick
des Anteilserwerbs die Gesellschaft objektiv sanierungsfähig ist und die für
ihre Sanierung konkret in Angriff genommenen Maßnahmen zusammen objektiv
geeignet sind, die Gesellschaft in überschaubarer Zeit durchgreifend zu sanieren.
BGH, Urteil vom 21. November 2005 - II ZR 277/03 - OLG Rostock
LG Schwerin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Caliebe und
Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 24. Juli 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die klagende Landeshauptstadt S. wollte zur Förderung der Region die Kongresshalle und die Halle am Fernsehturm in S. durch Privatisierung beider Objekte sanieren und zu Veranstaltungszentren ausbauen (sog. S.er Hallenprojekt ). Zu diesem Zweck schlossen die Parteien am 5. Juni 1997 fünf im Wesentlichen gleichlautende notarielle Erbbaurechtsverträge, in denen die Klägerin der Beklagten an den Hallengrundstücken Erbbaurechte bestellte und diese sich verpflichtete, auf der Grundlage ihrer Konzeption vom 19. Februar 1997 die darin angegebenen Summen in die Sanierung und Modernisierung zu investieren , die Grundstücke mit den Bauwerken als multifunktionale Veranstaltungszentren herzurichten und zu nutzen sowie die Bau- vorhaben bis zu einem bestimmten Termin fertig zu stellen. Die Wirksamkeit der Erbbaurechtsverträge war von der Bewilligung eines - von der Beklagten bereits am 3. April 1997 beantragten - Investitionszuschusses durch das Wirtschaftsministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern abhängig. Der am 29. September 1997 erlassene entsprechende Bewilligungsbescheid stand unter der auflösenden Bedingung des Nachweises der Gesamtfinanzierung des Vorhabens durch die Beklagte; die hierfür zunächst bis zum 30. Juni 1998 gesetzte Frist wurde durch Änderungsbescheid von demselben Tage bis 15. Oktober 1998 verlängert.
2
Bereits am 1. März 1998 war über das Vermögen der Beklagten das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet worden. Um das dadurch gefährdete Hallenprojekt doch noch zu realisieren, entschloss man sich auf der Führungsebene der Klägerin, durch Mitwirkung bei der Sanierung der Beklagten die Aufhebung des Insolvenzverfahrens zu erreichen und der Beklagten - unter Beteiligung eines neuen Investors - die Fortführung des Projekts zu ermöglichen. Dementsprechend beauftragte am 1. Oktober 1998 auf Veranlassung der Klägerin deren hundertprozentige Tochtergesellschaft, die W. Wohnungsgesellschaft mbH (im Folgenden: W.), die Geschäftsleitung der Sch. GmbH, deren Alleingesellschafterin die W. ist, ihrerseits die Geschäftsführung der H. GmbH (im Folgenden: H.), deren Alleingesellschafterin die Sch. GmbH war, anzuweisen, der Beklagten ein Darlehen von 5 Mio. DM auszureichen sowie einen weiteren Betrag von 1,26 Mio. DM zur Verfügung zu stellen; zu diesem Zweck händigte die W. vereinbarungsgemäß am 7. Oktober 1998 dem Ersten Stellvertretenden Oberbürgermeister der Klägerin, Sche., einen Scheck über 6,26 Mio. DM zugunsten der Beklagten aus, den dieser mit Treuhandauftrag vom selben Tage dem Notar Dr. S. in Ha. zur Hinterlegung auf Notaranderkonto übergab. Entsprechend dem Gesamtplan trat der Alleingesellschafter der Beklagten , Ho. Schu., am 9. Oktober 1998 seinen Geschäftsanteil von 100.000,00 DM an dieser Gesellschaft an die als Holdinggesellschaft neu gegründete G. GmbH (im Folgenden: G.) ab; deren Alleingesellschafter war zunächst der stellvertretende Leiter des Liegenschaftsamts der Klägerin, J., während zum Alleingeschäftsführer der Stellvertretende Oberbürgermeister Sche. bestellt wurde. Noch an demselben Tag wurde das Stammkapital der Beklagten um 900.000,00 DM auf 1 Mio. DM erhöht, wobei die G. auch diese neue Stammeinlage übernahm. Ebenfalls am 9. Oktober 1998 veräußerte J. von dem von ihm gehaltenen Stammkapital der G. zunächst einen Teilgeschäftsanteil von 15 % an den neuen Geschäftsführer der Beklagten, M., und sodann einen weiteren Anteil von 21 % zum Preis von 1,26 Mio. DM an die H.. Die H. bestätigte in dem notariellen Übertragungsvertrag ihre Zusage, der G. zur Verwendung zugunsten der Beklagten ein Darlehen von 5 Mio. DM zur Verfügung zu stellen, sobald der Vertrag - mit Einstellung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Beklagten und nach verbindlicher Unterzeichnung eines Generalübernehmervertrags zwischen der Beklagten und der SG. GmbH und Co. OHG (im Folgenden: SG.) - wirksam geworden ist.
3
12. Oktober Am 1998 stellte das Amtsgericht S. das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Beklagten mit Zustimmung aller Gläubiger ein. Am 15. Oktober 1998 schloss die Beklagte zum Nachweis der Gesamtfinanzierung des Hallenprojektes mit der SG. den Generalübernehmervertrag und reichte ihn bei dem Wirtschaftsministerium des Landes MecklenburgVorpommern ein. Am 16. Oktober 1998 schloss die H. mit der Beklagten den Darlehensvertrag über 5 Mio. DM, in dem es unter anderem heißt, die W. gewähre, "in Erfüllung oben genannter Verpflichtungen der H. Bauprojekt GmbH der SH. Hallengesellschaft mbH ein Darlehen in Höhe von 5 Mio. DM". Entsprechend dem vereinbarungsgemäß neu formulierten Treuhandauftrag zahlte der Notar S. in der Folgezeit das hinterlegte Geld u.a. an die Beklagte (1,26 Mio. DM) und an Gesamtvollstreckungsgläubiger - soweit diese nicht auf ihre Forderungen verzichtet hatten - sowie auch an die Klägerin aus; diese erhielt den von der Beklagten für den Erwerb der Erbbaurechte geschuldeten Preis von insgesamt 1.712.415,37 DM (Hauptforderung: 1.653.755,00 DM; Zinsen: 58.660,37 DM). Durch Bescheid vom 26. Oktober 1998 stellte das Wirtschaftsministerium fest, dass mit dem Abschluss des Generalübernehmervertrages der Nachweis der Gesamtfinanzierung nicht gelungen und damit die auflösende Bedingung des Zuwendungsbescheides vom 29. September 1997 eingetreten sei. Dagegen erhob die Beklagte Klage vor dem Verwaltungsgericht, über die bislang noch nicht entschieden worden ist.
4
Die Beklagte hat mit dem Bauvorhaben nicht begonnen; mittlerweile hat die SG. den Generalübernehmervertrag gekündigt. In der Folgezeit kündigte zunächst die W. das Darlehen über 5 Mio. DM; vorsorglich sprach auch die H. im Hinblick darauf, dass Streit darüber entstanden war, wer als Darlehensgeber anzusehen sei, die Darlehenskündigung gegenüber der Beklagten aus.
5
Die Klägerin macht mit der Klage ihren Heimfallanspruch nach den Erbbaurechtsverträgen geltend. Demgegenüber hat sich die Beklagte hilfsweise auf ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe der Aufwendungen für den Erwerb der Erbbaurechte im Umfang von insgesamt 1.712.415,37 DM (= 875.544,04 €) berufen. Auf Veranlassung der Klägerin trat die H. sämtliche Rechte aus dem Darlehensvertrag mit der Beklagten an die W. ab, die ihrerseits durch Vereinbarung vom 29. März 1999 der Klägerin ihren Darlehensrückzahlungsanspruch in Höhe von 1.712.415,37 DM abtrat. Mit diesem abgetretenen Darlehensrückgewähranspruch hat die Klägerin die Aufrechnung gegenüber der von der Beklagten mit dem Zurückbehaltungsrecht geltend gemachten Forderung erklärt.
6
Das Landgericht hat der Klage auf Rückübertragung der Erbbaurechte nur Zug um Zug gegen Zahlung der von der Beklagten geltend gemachten Aufwendungen von 875.544,04 € stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht deren Zug-um-Zug-Verpflichtung entfallen lassen. Dabei hat es die Aufrechnung der Klägerin für wirksam erachtet, weil diese sich, auch wenn das der Beklagten gewährte Darlehen eigenkapitalersetzend gewesen sei, auf das Sanierungsprivileg des § 32 a Abs. 3 Satz 3 GmbHG berufen könne. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung der vom Landgericht ausgesprochenen Zug-umZug -Verurteilung.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
9
Zurückbehaltungsrecht Ein der Beklagten wegen ihres Anspruchs auf Rückzahlung des für die Bestellung der Erbbaurechte gezahlten Entgelts bestehe nicht, weil dieser Anspruch infolge der Aufrechnung der Klägerin mit dem ihr abgetretenen Darlehensrückzahlungsanspruch erloschen sei. Die Aufrechnung sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie einer unzulässigen Rückzahlung des eigenkapitalersetzenden Darlehens gleichstehe. Dabei könne dahinstehen , ob das Darlehen, aus dem die Klägerin ihre zur Aufrechnung gestellte Forderung ableite, der Beklagten von der W. oder von der H. zum Zwecke der Sanierung geleistet worden sei. Bei der W. sei ohnehin zweifelhaft, ob sie den Beschränkungen des Eigenkapitalersatzrechts als einem Gesellschafter gleichstehende Dritte unterliege. Sofern - was nahe liege - die H. Darlehensgeberin gewesen sei, so sei zwar aufgrund ihrer durch die 21%ige Beteiligung an der G. erworbenen mittelbaren Gesellschafterstellung an der Beklagten die Darlehensgewährung an diese eigenkapita lersetzend. Gleichwohl fänden gemäß § 32 a Abs. 3 Satz 3 GmbHG die Regeln über den Eigenkapitalersatz keine Anwendung, weil der H. das Sanierungsprivileg zugute komme. Der Erwerb der mittelbaren Gesellschafterstellung während der unzweifelhaft nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens bestehenden Krise der Beklagten begründe auch dann die Privilegierung, wenn - wie hier - der Sanierungskredit erst kurze Zeit später ausgereicht worden sei. Denn letztlich liege bei wertender Betrachtung ein einheitlicher Vorgang vor, da in der Urkunde über den Erwerb der Geschäftsanteile der G. durch die H. bereits deren bestätigende verbindliche Zusage enthalten gewesen sei, der G. zugunsten der Beklagten das Darlehen über 5 Mio. DM zur Verfügung zu stellen, sobald der Geschäftsanteilsübertragsvertrag wirksam geworden sei. Zweck des Anteilserwerbs durch die H. sei die Überwindung der Krise der Beklagten gewesen; dabei sei allein deren subjektive Motivation ausreichend gewesen, ohne dass es im konkreten Fall für die Anwendung des Sanierungsprivilegs auf die objekti- ve Sanierungsfähigkeit der Gesellschaft oder die Eignung der Finanzierung für die Sanierung angekommen sei.
10
II. Diese Beurteilung hält im entscheidenden Punkt revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
11
1. Die in der Revisionsinstanz allein noch umstrittene Aufrechnung der Klägerin gegenüber dem von der Beklagten mit dem Zurückbehaltungsrecht geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung des Entgelts für die Erbbaurechte ist allerdings nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil - wie die Revision meint - das der Beklagten gewährte Darlehen (nur) den Rechtsprechungsregeln zum Eigenkapitalersatz analog den §§ 30, 31 GmbHG unterliegt und auf diese das Sanierungsprivileg des § 32 a Abs. 3 Satz 3 GmbHG keine Anwendung findet.
12
Diese Ansicht der Beklagten ist offensichtlich verfehlt, weil schon aus der unmissverständlichen Formulierung in § 32 a Abs. 3 Satz 3 GmbHG: "Regeln über den Eigenkapitalersatz" folgt, dass das Sanierungsprivileg von der Anwendung des gesamten geltenden Kapitalersatzrechts - d.h. sowohl der Novellenregeln als auch der Rechtsprechungsregeln zum Eigenkapitalersatz - befreit (vgl. dazu die entsprechende Entwurfsbegründung zum gleichlautenden Wortlaut in § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG: RegE KapAEG, BT-Drucks. 13/7141, S. 12). Auch unter dem Aspekt der materiellen Gleichbehandlung der vom Kapitalersatzrecht Betroffenen und zur Vermeidung eines Leerlaufens des Gesetzeszwecks ist es geboten, den sachlichen Geltungsbereich von Regel- und Ausnahmetatbestand einheitlich zu bestimmen (vgl. Dauner-Lieb in: von Gerkan/Hommelhoff, Handbuch des Kapitalersatzrechts Rdn. 4.21 f.; Hueck/ Fastrich in: Baumbach/Hueck, GmbHG 17. Aufl. § 32 a Rdn. 75; Lutter/ Hommelhoff, GmbHG 16. Aufl. § 32 a/b Rdn. 79; Pentz, GmbHR 1999, 437, 450; Dörrie, ZIP 1999, 12, 15).
13
2. Demgegenüber lässt sich die zur Zulässigkeit der Aufrechnung führende Anwendung des Sanierungsprivilegs gemäß § 32 a Abs. 3 Satz 3 GmbHG zugunsten der Klägerin entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - unabhängig davon, ob auch die übrigen, von diesem bejahten Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sind - nicht allein mit der subjektiven Motivation der H., die (mittelbare) Gesellschafterstellung zum Zwecke der Sanierung der Beklagten zu erwerben, begründen.
14
Nach dem Wortlaut des § 32 a Abs. 3 Satz 3 GmbHG muss der Gesellschafter die Geschäftsanteile "zum Zweck der Überwindung der Krise" erwerben. Der Sanierungszweck ist dabei - soll das Privileg überhaupt einen vernünftigen Sinn haben - vorrangig objektiv zu bestimmen. Danach müssen - neben dem im Regelfall als selbstverständlich zu vermutenden Sanierungswillen - nach der pflichtgemäßen Einschätzung eines objektiven Dritten im Augenblick des Anteilserwerbs die Gesellschaft (objektiv) sanierungsfähig und die für ihre Sanierung konkret in Angriff genommenen Maßnahmen zusammen objektiv geeignet sein, die Gesellschaft in überschaubarer Zeit durchgreifend zu sanieren (hM: vgl. Lutter/Hommelhoff aaO § 32 a/b Rdn. 84; Roth/Altmeppen, GmbHG 5. Aufl. § 32 a Rdn. 62; eingehend: Dauner-Lieb aaO Rdn. 4.55 ff.; Pentz aaO S. 450; ders. in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. § 32 a Rdn. 120 ff.; Dörrie aaO S. 14; Casper/Ullrich, GmbHR 2000, 472, 476; a.A.: Grunewald in: Festschrift Bezzenberger S. 87; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 9. Aufl. §§ 32 a, 32 b Rdn. 198). Auf die lediglich subjektive Motivation des Sanierers kann es nach dem Gesetzeszweck schon deshalb nicht entscheidend ankommen, weil andernfalls die schutzwürdigen Interessen der übrigen Gesell- schaftsgläubiger in ihrer Wertigkeit nur von dessen Behauptung, er verfolge Sanierungsabsichten, abhingen und deren Befriedigungschancen allein in seiner Hand lägen.
15
Regelmäßig kann die vorzunehmende "ex ante"-Prognose nur auf der Grundlage eines dokumentierten Sanierungskonzepts relevant sein, das zugleich den Nachweis für den subjektiven Sanierungszweck des Anteilserwerbs liefert. Jedoch hängt die Privilegierung der Sanierungsleistungen nicht von dem tatsächlichen Eintritt des Sanierungserfolges ab.
16
III. Die auf dem vorstehend aufgezeigten Rechtsfehler beruhende Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
17
Zu 1. der erforderlichen objektiven Sanierungsfähigkeit der Beklagten und der objektiven Eignung der für ihre Sanierung in Angriff genommenen Maßnahmen hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Solche lassen sich auch - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht mit einer für eine Endentscheidung des Revisionsgerichts ausreichenden Sicherheit den sonstigen Feststellungen des angefochtenen Urteils entnehmen. Insbesondere kann hier allein dem Umstand, dass das Gesamtvollstreckungsverfahren mit Zustimmung aller Gläubiger eingestellt worden ist, nicht mit hinreichender Deutlichkeit ein - die Sanierungsfähigkeit und die objektive Eignung der Maßnahme indizierender - durchgreifender Sanierungserfolg entnommen werden, da das Hallenprojekt - von dem die weitere Existenz der Beklagten abhing - nach Versagung des Investitionszuschusses gescheitert ist, bevor überhaupt mit einer Erfolg versprechenden Realisierung begonnen worden wäre; letztlich sind die vorinstanzlichen Gerichte bei ihren Entscheidungen auch davon ausgegangen, dass die Unternehmenskrise der Beklagten jedenfalls während der Dauer des vorliegenden Prozesses nicht als überwunden angesehen werden kann.
18
2. Entgegen der Ansicht der Klägerin vermag der Senat auch nicht auf der Grundlage der bislang in den Vorinstanzen festgestellten Tatsachen die abschließende Feststellung zu treffen, dass das der Beklagten gewährte Darlehen mangels unmittelbarer oder wenigstens hinreichend qualifizierter mittelbarer Gesellschafterstellung der Darlehensgeberin nicht eigenkapitalersetzend war und aus diesem Grunde die Aufrechnung der Klägerin ohne weiteres zulässig gewesen wäre.
19
a) Soweit das Berufungsgericht eine Darlehensgewährung der H. an die Beklagte unterstellt hat, fehlen allerdings - wie die Klägerin mit ihrer Gegenrüge im Ansatz zu Recht beanstandet - aussagekräftige, klare Feststellungen zu einer Rechtsstellung der H. als (mittelbarer) Gesellschafterin der Beklagten, die das grundsätzliche Eingreifen der Eigenkapitalersatzregeln als gesichert erscheinen lässt; vielmehr hat es offenbar eine solche Rechtsstellung im Anschluss an das landgerichtliche Urteil ebenfalls als gegeben unterstellt.
20
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist derjenige, der nur über einen Mittels- oder Strohmann an einer Gesellschaft beteiligt ist, in Bezug auf seine Haftung für Kapitalaufbringung und -erhaltung wie auch hinsichtlich seiner Kredithilfen für die Gesellschaft im Rahmen der Eigenkapitalersatzregeln einem unmittelbaren Gesellschafter gleichzustellen (vgl. BGHZ 31, 258; 118, 107, 110 ff.; ebenso BGH, Urt. v. 3. November 1976 - I ZR 156/74, WM 1977, 73, 75). Das gleiche gilt für den Gesellschafter-Gesellschafter, also denjenigen, der an einer Gesellschafterin der Gesellschaft beteiligt ist, jedenfalls dann, wenn er - etwa über eine zwischengeschaltete Holding - einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschafterin, vornehmlich aufgrund einer qualifizierten Mehrheit der Anteile oder der Stimmrechte, ausüben kann (Senat, BGHZ 81, 311, 315 f.; Urt. v. 24. September 1990 - II ZR 174/89, NJW 1991, 357, 358; v. 21. Juni 1999 - II ZR 70/98, NJW 1999, 2822; vgl. auch Senat, Urteile v. 13. Dezember 2005 - II ZR 206/02, ZIP 2005, 117 f. sowie II ZR 256/02, ZIP 2005, 250 f. - jeweils zur sog. "Existenzvernichtungshaftung"). Mit ihrer Beteiligung - und den entsprechenden Stimmrechten - von lediglich 21 % an der GVG als 100%iger Muttergesellschaft der Beklagten konnte die H. freilich keinen bestimmenden Einfluss auf diese ausüben, da sie noch nicht einmal über eine Sperrminorität von 25 % verfügte. Sie war auch - jedenfalls formalrechtlich - nicht mit dem Mehrheitsgesellschafter der G., J., verbunden.
21
Aus diesen Umständen sowie der Darstellung der Klägerin in der Revisionsinstanz , J. habe die Geschäftsanteile an der G. auf eigene Kosten und eigenes Risiko erworben, lässt sich indessen angesichts der weiter festgestellten unstreitigen Tatsachen eine Anwendung der Eigenkapitalersatzregeln im Hinblick auf andere verlässliche Umstände rechtlicher oder tatsächlicher Art, die der H. im Zusammenwirken mit J. wegen der gleichgerichteten Interessenlage eine Beherrschungsmöglichkeit hinsichtlich der Beklagten eröffneten, nicht von vornherein ausschließen.
22
Die Klägerin übersieht nämlich, dass sie, obwohl Gebietskörperschaft, in der Gesamtkonstellation des vorliegenden Falles einer gesellschaftergleichen Behandlung im Sinne des verbundenen, sogar herrschenden Unternehmens unterworfen sein kann. Eine Gebietskörperschaft kann sich - sowohl mittels einer von ihr abhängigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft als auch gesell- schaftsrechtlich über eine Tochtergesellschaft - an einer GmbH beteiligen und auf diese Weise bestimmen, ob die Gesellschaft mit Eigenkapital oder gesellschaftereigenem Fremdkapital ausgestattet werden soll; in derartigen Fällen trägt sie die Finanzierungsfolgenverantwortung im Sinne von § 32 a Abs. 3 GmbHG (Senat, BGHZ 105, 168, 177).
23
den Nach Feststellungen beherrschte die Klägerin als Gebietskörperschaft die W. als 100%ige Tochtergesellschaft und hatte über deren 100%ige Tochtergesellschaft, die Sch. GmbH, mittelbar bestimmenden Einfluss auf die H. als wiederum 100%ige Tochtergesellschaft der Sch. GmbH, den sie auch gerade durch die Anweisung auf Ausreichung des Darlehens von 5 Mio. DM an die Beklagte ausübte. Außerdem drängt sich auf, dass die Klägerin durch ihre handelnden Organe maßgeblichen Einfluss auf Gründung und Leitung der als Holdinggesellschaft fungierenden G. nahm: das wird insbesondere an der Einsetzung ihres maßgeblich in die Sanierungsplanung eingebundenen Ersten Stellvertretenden Oberbürgermeisters Sche. als Geschäftsführer und an der - nach dem Beklagtenvortrag zu unterstellenden - nur formalen Zeichnung der Anteile der G. Holding durch den Stellvertretenden Leiter ihres Liegenschaftsamts J. deutlich. Dass etwa J. - in dieser ungewöhnlichen Situation - nicht ausschließlich das Interesse der Klägerin als seines Dienstherrn verfolgt hätte, ist weder ersichtlich noch auch nur nahe liegend, da sowohl er als auch Sche. das gesamte Sanierungskonzept ausschließlich im Interesse der Klägerin entwickelt und durchgeführt haben und sie zudem durch ihre Amts- und Treuepflichten gegenüber ihrem Dienstherrn gebunden waren. Angesichts dessen drängt sich die Gleichrichtung und Gleichschaltung der Interessen und der Entscheidungen zwischen der H. und dem formalen Mehrheitsgesellschafter J. - vermittelt durch die Klägerin als das gesamte Hallenprojekt beherrschendes und steuerndes "Unternehmen" - auf.
24
b) Vor diesem Hintergrund gilt für den Fall, dass die W. formal als Darlehensgeberin anzusehen sein sollte, aufgrund der dargestellten Herrschafts- und Beherrschungsverhältnisse im Ergebnis nichts anderes.
25
Die IV. Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es - gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien - die noch erforderlichen Feststellungen treffen kann.
Goette Kurzwelly Kraemer
Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG Schwerin, Entscheidung vom 19.03.2002 - 1 O 237/00 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 24.07.2003 - 7 U 62/02 -

(1) Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden.

(2) War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist.

(3) Ist die Erstattung von dem Empfänger nicht zu erlangen, so haften für den zu erstattenden Betrag, soweit er zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist, die übrigen Gesellschafter nach Verhältnis ihrer Geschäftsanteile. Beiträge, welche von einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, werden nach dem bezeichneten Verhältnis auf die übrigen verteilt.

(4) Zahlungen, welche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen zu leisten sind, können den Verpflichteten nicht erlassen werden.

(5) Die Ansprüche der Gesellschaft verjähren in den Fällen des Absatzes 1 in zehn Jahren sowie in den Fällen des Absatzes 3 in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Tages, an welchem die Zahlung, deren Erstattung beansprucht wird, geleistet ist. In den Fällen des Absatzes 1 findet § 19 Abs. 6 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(6) Für die in den Fällen des Absatzes 3 geleistete Erstattung einer Zahlung sind den Gesellschaftern die Geschäftsführer, welchen in betreff der geleisteten Zahlung ein Verschulden zur Last fällt, solidarisch zum Ersatz verpflichtet. Die Bestimmungen in § 43 Abs. 1 und 4 finden entsprechende Anwendung.

Klage auf künftige Leistung kann außer den Fällen der §§ 257, 258 erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.

(1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktiengesetzes) erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind. Satz 1 ist zudem nicht anzuwenden auf die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.

(2) Eingezahlte Nachschüsse können, soweit sie nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sind, an die Gesellschafter zurückgezahlt werden. Die Zurückzahlung darf nicht vor Ablauf von drei Monaten erfolgen, nachdem der Rückzahlungsbeschluß nach § 12 bekanntgemacht ist. Im Fall des § 28 Abs. 2 ist die Zurückzahlung von Nachschüssen vor der Volleinzahlung des Stammkapitals unzulässig. Zurückgezahlte Nachschüsse gelten als nicht eingezogen.