Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juni 2008 - III ZR 38/07

bei uns veröffentlicht am12.06.2008
vorgehend
Landgericht Köln, 5 O 56/05, 30.08.2005
Oberlandesgericht Köln, 7 U 136/05, 18.01.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 38/07
Verkündet am:
12. Juni 2008
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 252, 839 D; HGB § 131; NRWRettG §§ 18 f., 22
Zur Amtshaftung wegen Verweigerung einer nicht übertragbaren Genehmigung
zum Krankentransport nach dem nordrhein-westfälischen Rettungsgesetz
, wenn das Vermögen der antragstellenden offenen Handelsgesellschaft
nachträglich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den einzigen verbleibenden
Gesellschafter übergeht.
BGH, Urteil vom 12. Juni 2008 - III ZR 38/07 - OLG Köln
LG Köln
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Juni 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter
Dr. Kapsa, Dörr, Dr. Herrmann und die Richterin Harsdorf-Gebhardt

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 18. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat der Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger verlangt aus dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung von dem beklagten Landkreis Schadensersatz wegen einer zunächst verweigerten Genehmigung zur Durchführung von Krankentransporten nach § 18 des nordrhein-westfälischen Gesetzes über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmer (Rettungsgesetz NRW - RettG NRW) vom 24. November 1992 (GV NRW S. 458).
2
Der Kläger und seine Ehefrau waren alleinige Gesellschafter des Krankentransportunternehmens A. oHG (im Folgenden: oHG). Unter dem 23. September 1996 beantragte diese bei der Kreisordnungsbehörde des Beklagten die Erteilung einer Genehmigung zur Wahrnehmung von Aufgaben des Krankentransports im Kreisgebiet. Sachstandsanfragen der Gesellschaft im April und Mai 1997 sowie eine weitere Nachfrage vom Juni 1997 blieben ohne Ergebnis. Mit Wirkung vom 1. Juni 1998 schied die Ehefrau des Klägers aus der oHG aus; der Kläger führte das Unternehmen unter derselben Firma, jedoch ohne den gesellschaftsrechtlichen Zusatz als Einzelkaufmann fort. Am 30. September 1998 erhob die oHG gegen den Beklagten Untätigkeitsklage. Mit Bescheid vom 22. Dezember 1998 lehnte dieser wegen Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses (§ 19 Abs. 4 RettG NRW) den Genehmigungsantrag ab. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren verpflichtete das Verwaltungsgericht Köln unter Aufhebung dieses Bescheids in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2000 den Beklagten durch rechtskräftig gewordenes Urteil vom 5. September 2001, den Antrag vom 23. September 1996 für vier Krankentransportwagen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Im November 2001 gründete der Kläger die A. GmbH (nachstehend: GmbH), der der Beklagte unter dem 26. Juni 2002 auf der Grundlage des Antrags vom 23. September 1996 für zwei Krankentransportwagen nunmehr die begehrte Genehmigung erteilte. Die GmbH nahm ihren Geschäftsbetrieb zum 1. Juli 2002 auf. In der Folgezeit wurde ihr der Einsatz weiterer Krankentransportwagen genehmigt.
3
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Genehmigung des Krankentransportunternehmens habe bis zum 1. Januar 1997 erfolgen müssen. Er hätte dann den Betrieb mit dem 1. Juni 1997 beginnen können. Sein Schaden belaufe sich für den Zeitraum vom 1. Juni 1997 bis zum 1. Juli 2002, bezogen auf vier Krankentransportwagen, auf 2.209.037 €. Zu berücksichtigen sei aber weiter , dass es bei einer früheren Geschäftsaufnahme auch zu einer entsprechend früheren Aufstockung um zwei Fahrzeuge unter Erhöhung des Gewinns auf insgesamt 3.504.747 € gekommen wäre. Mit der Klage hat er in der Hauptsache Zahlung eines Teilbetrags von 2.755.068 € nebst Zinsen gefordert.
4
Das Landgericht hat durch ein Grund- und Teilurteil die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, soweit der Kläger Entschädigung dafür verlange , dass ihm die Genehmigung für vier Krankentransportwagen nicht bis zum 1. April 1997 erteilt worden sei, und hat im Übrigen (Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 1997) die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht den Stichtag für die Erteilung der Genehmigung auf den 1. Januar 1998 verschoben und für das Jahr 1997 die Klage insgesamt abgewiesen ; die weitergehende Berufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit seiner vom erkennenden Senat zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe


5
Die Revision bleibt ohne Erfolg.

I.


6
Das Berufungsgericht bejaht dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 839 BGB, weil der Beklagte den Antrag vom 23. September 1996 nicht bis zum 1. Januar 1998 positiv beschieden habe. Ab dem 22. Dezember 1998 finde das Klagebegehren seine Grundlage außerdem in § 39 Abs. 1 Buchst. b NW OBG. Bezüglich der Zeit davor liege eine pflichtwidrig -schuldhafte Verzögerung der Bearbeitung des Antrags vor. Es sei auch nicht ansatzweise ersichtlich, warum über diesen nicht wenigstens bis Ende 1997 hätte entschieden werden können.
7
Der Kläger sei aktivlegitimiert. Er sei befugt, im eigenen Namen sowohl den ihm als Einzelkaufmann entstandenen Schaden als auch den der GmbH geltend zu machen. Der Kläger habe mit Wirkung zum 1. Juni 1998 im Wege der Anwachsung als Gesamtrechtsnachfolger alle Ansprüche der oHG erworben. Das gelte auch für Ansprüche im Zusammenhang mit der Bescheidung des Antrags vom 23. September 1996. Er sei ferner Alleingesellschafter und Geschäftsführer der GmbH. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei anerkannt, dass der geschäftsführende Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft den Vermögensnachteil seiner Gesellschaft im eigenen Namen geltend machen könne. Im Übrigen komme es für den überwiegenden Teil des Schadenszeitraums auf diese Rechtsprechung nicht einmal an. Geschädigt worden sei bis zum 31. Mai 1998 die oHG, deren Ansprüche auf den Kläger übergegangen seien, und ab 1. Juni 1998 unmittelbar der Kläger selbst. Wäre die Genehmigung zeitgerecht erteilt worden, hätte dieser entweder in eigener Person oder durch eine zu gründende GmbH von der Genehmigung Gebrauch machen können.
8
Ablehnungsbescheid Der des Beklagten vom 22. Dezember 1998 sei rechts- und amtspflichtwidrig. An verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, die die Rechtswidrigkeit einer Verwaltungsmaßnahme rechtskräftig feststellten, seien die Zivilgerichte gebunden. Dem stehe nicht entgegen, dass die Verpflichtungsklage hier von der nicht mehr existenten oHG erhoben worden sei. Es handele sich dabei lediglich um eine unrichtige Parteibezeichnung; tatsächlich sei der Kläger Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gewesen. Unabhängig von der Bindungswirkung sei der Bescheid vom 22. Dezember 1998 a- ber auch nach der Auffassung des Berufungsgerichts rechtswidrig, weil er die Voraussetzungen des § 19 Abs. 4 RettG NRW nicht hinreichend berücksichtigt habe. Dabei sei unerheblich, dass der Antrag vom 23. September 1996 sich nicht auf eine bestimmte Anzahl von Krankenwagen bezogen habe. Der Beklagte sei nämlich gehalten gewesen, auf eine Vervollständigung des Antrags hinzuwirken.
9
Allerdings stehe dem Anspruch des Klägers für einen Zeitraum von neun Monaten (1. April bis 31. Dezember 1997) die Vorschrift des § 839 Abs. 3 BGB entgegen. Der Kläger habe es versäumt, rechtzeitig eine Untätigkeitsklage zu erheben. Die Klage sei erst am 30. September 1998 bei Gericht eingegangen und sei damit neun Monate zu spät erfolgt.
10
Der Schadensersatzanspruch sei nicht verjährt. Mit Erhalt des Bescheids vom 22. Dezember 1998 habe der Kläger zwar von allen maßgeblichen Tatsachen Kenntnis gehabt. Die Verjährung sei jedoch durch das verwaltungsgerichtliche Verfahren unterbrochen worden, auch wenn die Untätigkeitsklage durch die nicht mehr existierende oHG erhoben worden sei. Die Verjährungsfrist sei deswegen erst Anfang November 2004 abgelaufen. Indessen habe der Versicherer des Beklagten bereits mit Schreiben vom 3. Juni 2004 bis zum 31. Dezember 2004 auf die Einrede der Verjährung verzichtet, soweit diese noch nicht eingetreten sei. Am 21. Dezember 2004 habe der Kläger aber den Erlass eines Mahnbescheids beantragt, der auch "demnächst" zugestellt worden sei. Ein Mitverschulden falle dem Kläger ebenso wenig zur Last.

II.


11
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
12
1. Die Bediensteten des Beklagten haben ihre gegenüber der oHG bestehenden Amtspflichten schuldhaft sowohl dadurch verletzt, dass sie die Entscheidung über den Genehmigungsantrag vom 23. September 1996 unverhältnismäßig verzögert haben, als auch dadurch, dass sie später zu einer fehlerhaften Ablehnungsentscheidung gelangt sind.
13
a) Im Rechtsstaat hat jede Behörde die Amtspflicht, Anträge mit der gebotenen Beschleunigung zu bearbeiten und, sobald deren Prüfung abgeschlossen ist, ungesäumt zu bescheiden (Senatsurteil BGHZ 170, 260, 266 Rn. 17 m.w.N.). Nach den Feststellungen des Landgerichts war die dem Beklagten zuzubilligende angemessene Bearbeitungszeit mindestens am 1. April 1997 abgelaufen. Das Berufungsurteil ist in diesem Punkt unklar und widersprüchlich. Das Berufungsgericht meint einerseits, es sei auch nicht ansatzweise ersichtlich , warum über den Genehmigungsantrag nicht wenigstens bis Ende 1997 entschieden worden sei, versagt aber andererseits gleichzeitig, und nicht etwa nur hilfsweise, dem Kläger Schadensersatz für den Zeitraum zwischen dem 1. April und dem 31. Dezember 1997 wegen der in § 839 Abs. 3 BGB - beim Nichtgebrauch von Rechtsmitteln - bestimmten Haftungsbeschränkung. Im Ergebnis kommt es auf diese Unklarheiten indes nicht an, weil auch die im Revisionsverfahren nicht angegriffene Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB den Beklagten als Revisionskläger nicht beschwert. Der Beklagte kann die Verzögerung schließlich auch nicht damit verteidigen, dass der Antrag vor der erst im Widerspruchsverfahren erfolgten Konkretisierung der Genehmigungsvoraussetzun- gen nach § 20 RettG NRW (unter anderem Anzahl der Krankenwagen) nicht bescheidungsfähig gewesen sei. Mit Recht wirft ihm das Berufungsgericht insoweit vor, er sei gehalten gewesen, auf eine Vervollständigung des Antrags hinzuwirken (siehe Kupfer in Steegmann, Recht des Feuerschutzes und des Rettungsdienstes in Nordrhein-Westfalen, 4. Aufl., § 20 RettG Rn. 30), zumal die oHG sogar ausdrücklich um einen entsprechenden Hinweis gebeten hatte.
14
Dass b) die Ablehnung des Genehmigungsantrags rechtswidrig war, steht aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts Köln vom 5. September 2001 für den Amtshaftungsprozess bindend fest. Auf die Hilfserwägungen des Berufungsgerichts zur eigenen materiellrechtlichen Beurteilung der Genehmigungserfordernisse kommt es nicht an.
15
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind die Zivilgerichte im Amtshaftungsprozess an rechtskräftige Entscheidungen von Verwaltungsgerichten im Rahmen ihrer Rechtskraftwirkung (§ 121 VwGO) gebunden (vgl. nur BGHZ 146, 153, 156; 161, 305, 309; zuletzt Urteil vom 7. Februar 2008 - III ZR 76/07 - WM 2008, 660, 661 Rn. 10 m.w.N.; für BGHZ vorgesehen). Die Bindungswirkung erfasst in persönlicher Hinsicht die Beteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (§ 63 VwGO) und ihre Rechtsnachfolger und ist sachlich auf den Streitgegenstand beschränkt. Bei Verpflichtungsklagen erstreckt sie sich, soweit keine Veränderung der entscheidungserheblichen Sach- und Rechtslage zu berücksichtigen ist, auch auf die Beurteilung der Verwaltungsgerichte , dass die ablehnenden Bescheide rechtswidrig gewesen seien (Senatsurteile BGHZ 119, 365, 368 und vom 7. Februar 2008 aaO Rn. 11).
16
bb) Dieselben Grundsätze gelten hier. Dass die Verpflichtungsklage nicht vom Kläger, sondern namens der oHG erhoben worden war, steht nicht entgegen.
17
(1) Dem Berufungsgericht ist darin zu folgen, dass Klagepartei der gegen den Beklagten erhobenen Verpflichtungsklage in Wahrheit nicht die damals nicht mehr existierende oHG, sondern nach der Übernahme des Geschäfts ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven der jetzt auch den Amtshaftungsprozess führende Kläger war. Scheidet aus einer Personengesellschaft der zweitletzte Gesellschafter aus, so erlischt die Gesellschaft durch Konfusion. Der verbleibende Gesellschafter wird ihr Gesamtrechtsnachfolger (BGHZ 48, 203, 206; 71, 296, 300; 113, 132, 133; BGH, Urteil vom 6. Mai 1993 - IX ZR 73/92 - NJW 1993, 1917, 1918 und Urteil vom 15. März 2004 - II ZR 247/01 - ZIP 2004, 1047, 1048; Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., § 131 Rn. 35; Lorz in Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 140 Rn. 39; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht , 4. Aufl., § 8 IV 2 b, § 11 V 3 a aa). Infolge dessen konnte die beendete oHG nicht mehr Partei eines gerichtlichen Verfahrens sein. Parteibezeichnungen sind jedoch auslegungsfähig (siehe nur BGH, Urteil vom 27. November 2007 - X ZR 144/06 - NJW-RR 2008, 582, 583 Rn. 7 m.w.N.). Maßgebend ist, wie die Bezeichnung bei objektiver Deutung aus der Sicht der Empfänger (Gericht und Gegenpartei) zu verstehen ist. Bei objektiv unrichtiger oder auch mehrdeutiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen , die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll. Im Zweifel wird man aber davon ausgehen müssen, dass niemand eine Klage für eine nicht vorhandene Person veranlasst, sondern dass er, falls er mit der Klageerhebung seine eigenen Belange wahrnimmt, im eigenen Namen handelt (RGZ 157, 369, 375 f.). Dies gilt zumal dann, wenn - wie hier - der jetzige Einzelkaufmann , auf den das Handelsgeschäft mit Aktiven und Passiven überge- gangen ist, lediglich noch den hinfällig gewordenen gesellschaftsrechtlichen Firmenzusatz verwendet (RGZ 86, 63, 65 f.; siehe auch BGH, Urteil vom 19. Februar 2002 - VI ZR 394/00 - NJW 2002, 1430, 1431 zum Erwerb sämtlicher Geschäftsanteile an einer Kommanditgesellschaft durch eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung). Für einen gegenteiligen Willen des Klägers besteht kein Anhalt.
18
(2) In der Sache hat das Verwaltungsgericht zugunsten des Klägers festgestellt , dass der den Genehmigungsantrag der oHG ablehnende Bescheid rechtswidrig war. Der Beklagte habe die Ablehnung nicht auf § 19 RettG NRW, dessen Anwendung allein streitig sei, stützen dürfen. Dass ferner auch die vom Verwaltungsgericht einer weiteren Prüfung der Verwaltungsbehörde vorbehaltenen Genehmigungsvoraussetzungen (Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebs, Zuverlässigkeit und Eignung der geschäftsführenden Personen) gegeben waren, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass der Beklagte die beantragte Genehmigung nachträglich erteilt hat. Bedenken in dieser Hinsicht hat der Beklagte weder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch in den Tatsacheninstanzen des vorliegenden Rechtsstreits geäußert. Infolgedessen bedurfte es dazu auch keines zusätzlichen Sachvortrags des Klägers.
19
2. Für die Frage, ob die Amtspflichtverletzung den behaupteten Schaden verursacht hat, ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des Amtsträgers genommen hätten und wie sich in diesem Falle die Vermögenslage des Verletzten darstellen würde (vgl. BGHZ 129, 226, 232 f.; Urteil vom 22. Juli 2004 - III ZR 154/03 - NVwZ-RR 2005, 5, 6). Für den Streitfall bedeutet dies:
20
a) Der Kläger ist so zu stellen, wie die oHG und er bei pflichtgemäßer Erteilung der Genehmigung bis spätestens zum Ende des Jahres 1997 (oben 1 a) gestanden hätten. In diesem Fall hätte die oHG nach fünfmonatiger Vorbereitungszeit entsprechend dem Klagevorbringen Ende Mai 1998 ihren Geschäftsbetrieb im Kreisgebiet des Beklagten aufnehmen können. Der Verlust des von diesem Zeitpunkt an zu erwartenden Gewinns wäre grundsätzlich ein nach § 252 BGB ersatzfähiger Schaden, zunächst der oHG. Die Ersatzpflicht des Beklagten erstreckt sich jedoch auch auf alle in der Folgezeit entgangenen Gewinne des Klägers, weil dieser mit Wirkung vom 1. Juni 1998 kraft Gesamtrechtsnachfolge in die Gläubigerstellung der oHG eingerückt war und der Schadensumfang sich nunmehr nach seiner Person bemisst (vgl. für Leistungsstörungen vor der Abtretung: Palandt/Grüneberg, BGB, 67. Aufl., § 398 Rn. 18a).
21
b) Allerdings weist die Revision mit Recht darauf hin, dass der Kläger persönlich anschließend nicht mehr in gleicher Weise über die erforderliche Genehmigung für Krankentransporte verfügt hätte. Von der Rechtsnachfolge in das Gesellschaftsvermögen ausgenommen sind höchstpersönliche und nicht übertragbare Rechte, somit grundsätzlich auch die der Gesellschaft erteilten öffentlich-rechtlichen Erlaubnisse (vgl. Baumbach/Hopt, aaO, § 131 Rn. 35, § 140 Rn. 25; Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, aaO, § 140 Rn. 39; Heymann /Emmerich, HGB, 2. Aufl., § 142 Rn. 26; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, 5. Aufl., § 142 Rn. 30). Hierzu gehört in Nordrhein-Westfalen auch die Genehmigung für die Ausübung von Notfallrettung oder Krankentransport (vgl. OVG Münster GewA 2003, 291; 2004, 73; Prütting, RettG für NRW, 3. Aufl., § 18 Rn. 33, § 22 Rn. 9). Eine Weiterübertragung der Genehmigung ist nach § 22 Abs. 1 Satz 3 RettG NRW ausdrücklich ausgeschlossen. Das Rettungsgesetz ist insoweit strenger als das Personenbeförderungsgesetz (§ 2 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3), das in § 19 insbesondere die vorläufige Fortführung des Betriebs nach dem Tode des Unternehmers mit der Möglichkeit einer beschränkten Übertragung der Befugnis durch den Erben kennt. Entsprechendes gilt zwar zumindest bei gesetzlicher Erbfolge nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in Übereinstimmung mit der Auffassung des zuständigen Landesministers trotz fehlender Ausnahmebestimmungen auch für das nordrhein-westfälische Rettungsgesetz (GewA 2003, 291, 292). Von derartigen Besonderheiten abgesehen entspricht es in der Rechtsprechung jedoch für den Fall der Auflösung einer Personenhandelsgesellschaft und Übernahme des Handelsgeschäfts durch einen der früheren Gesellschafter (BVerwG VRS 18, 396, 397; BSG ZIP 1992, 426, 427 f.) sowie für den Wechsel des Komplementärs einer Kommanditgesellschaft (BVerwGE 37, 130, 131 ff.) wohl einhelliger Auffassung, dass eine der Gesellschaft erteilte, nicht übertragbare gewerberechtliche Erlaubnis nicht mit auf den Rechtsnachfolger übergeht. Lediglich für die nur formwechselnde Umwandlung einer GmbH in eine GmbH & Co. KG nach dem Umwandlungsgesetz hat der Bundesfinanzhof unterschieden, dass die der GmbH erteilte personenbezogene Erlaubnis zur Ausübung eines Handwerks und deren Eintragung in die Handwerksrolle zulassungsrechtlich fortgelten (BFHE 203, 553, 555 ff.).
22
c) Der Senat muss diese Fragen nicht allgemein entscheiden. Es geht hier um den Sonderfall, dass mit der Übernahme des Betriebs durch den bisher geschäftsführenden Gesellschafter nicht nur die personellen und sächlichen Mittel des Unternehmens weitgehend erhalten bleiben, sondern auch die zuvor im Genehmigungsverfahren als zuverlässig und fachlich geeignet nachgewiesene Person (§ 19 Abs. 1 und 3 RettG NRW) das Unternehmen fortführt. Bei einer solchen Sachlage verdient das Unternehmen, ungeachtet des zivilrechtlichen Wechsels in Rechtsform und Rechtsträgerschaft, als eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb Bestandsschutz. Dazu führen nicht zuletzt verfas- sungsrechtliche Erwägungen unter Berücksichtigung des in Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG normierten Grundrechtschutzes. Erforderlich ist daher zumindest die Möglichkeit einer vorläufigen Weiterführung des Betriebs unter entsprechender Anwendung des § 19 PBefG (dafür etwa Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht , 3. Aufl., § 19 PBefG Rn. 1; a.A. Gaiser, DB 2000, 361, 364). Für die Feststellung eines weiteren ersatzfähigen Schadens des Klägers auch in der Folgezeit reicht es aber aus, dass ihm aus denselben Gründen zur Fortsetzung des Betriebs vom Beklagten eine neue Genehmigung hätte erteilt werden müssen (§§ 252 BGB, 287 ZPO).
23
d) Soweit der Kläger endlich entsprechend der späteren tatsächlichen Entwicklung sein Krankentransportunternehmen im Kreisgebiet des Beklagten nicht als Einzelkaufmann, sondern bei Erteilung der notwendigen Genehmigung in der Rechtsform einer Einmann-GmbH betrieben hätte, könnte er auch den ihr entgangenen Gewinn als eigenen Schaden einklagen. Zu Recht verweist das Berufungsgericht insofern auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, auch des erkennenden Senats (BGHZ 61, 380, 382 ff.; Senatsurteile vom 6. Oktober 1988 - III ZR 143/87 - NJW-RR 1989, 684; Urteil vom 23. März 1995 - III ZR 80/93 - NJW-RR 1995, 864 f.; Urteil vom 18. Mai 2000 - III ZR 180/99 - NJW 2000, 2672, 2675). Hiernach kann der geschäftsführende Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft, wenn er in seinen Rechten verletzt wird und dadurch seiner Gesellschaft ein Vermögensnachteil entsteht, diesen grundsätzlich als eigenen Schaden gegen den Schädiger geltend machen. Die Einmanngesellschaft erscheint dann praktisch als ein in besonderer Form verwalteter Teil des dem Alleingesellschafter gehörenden Vermögens. Das muss, wie in der dem Urteil vom 23. März 1995 (aaO) zugrunde liegenden Fallgestaltung, gerade auch bei dem vorliegenden Sachverhalt gelten, in dem der zum Zeitpunkt der Amtspflichtverletzung noch nicht gegründeten GmbH keine eigenen Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zustehen.
24
3. Da der Kläger den Vorprozess trotz unrichtiger Parteibezeichnung als Berechtigter im eigenen Namen geführt hat, bestehen außerdem gegen die Ansicht des Berufungsgerichts keine Bedenken, hierdurch sei analog § 209 Abs. 1 BGB a.F. die Verjährung unterbrochen worden (hierzu Senatsurteile BGHZ 95, 238, 242 ff.; 97, 97, 110 f.; 122, 317, 323 f.; Beschluss des Senats vom 12. Oktober 2006 - III ZR 144/05 - NVwZ 2007, 362, 366).
Schlick Kapsa Dörr
Herrmann Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 30.08.2005 - 5 O 56/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 18.01.2007 - 7 U 136/05 -

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Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2019 - III ZR 67/18

bei uns veröffentlicht am 18.04.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 67/18 Verkündet am: 18. April 2019 P e l l o w s k i Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja MRK Art.

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Juni 2019 - III ZR 93/18

bei uns veröffentlicht am 27.06.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 93/18 Verkündet am: 27. Juni 2019 P e l l o w s k i Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Rückforde

Verwaltungsgericht Minden Urteil, 25. März 2015 - 3 K 1337/14

bei uns veröffentlicht am 25.03.2015

Tenor Die Klage wird auf Kosten der Klägerin abgewiesen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zu

Referenzen

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Die offene Handelsgesellschaft wird aufgelöst:

1.
durch den Ablauf der Zeit, für welche sie eingegangen ist;
2.
durch Beschluß der Gesellschafter;
3.
durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft;
4.
durch gerichtliche Entscheidung.

(2) Eine offene Handelsgesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, wird ferner aufgelöst:

1.
mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist;
2.
durch die Löschung wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(3) Folgende Gründe führen mangels abweichender vertraglicher Bestimmung zum Ausscheiden eines Gesellschafters:

1.
Tod des Gesellschafters,
2.
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters,
3.
Kündigung des Gesellschafters,
4.
Kündigung durch den Privatgläubiger des Gesellschafters,
5.
Eintritt von weiteren im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Fällen,
6.
Beschluß der Gesellschafter.
Der Gesellschafter scheidet mit dem Eintritt des ihn betreffenden Ereignisses aus, im Falle der Kündigung aber nicht vor Ablauf der Kündigungsfrist.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

10
1. a) Nach ständiger, seit langem bestehender Rechtsprechung des Senats sind die Zivilgerichte im Amtshaftungsprozess an rechtskräftige Entscheidungen von Verwaltungsgerichten im Rahmen ihrer Rechtskraftwirkung (§ 121 VwGO) gebunden (vgl. nur BGHZ 9, 329, 330 ff ; 103, 242, 244 f; 119, 365, 368; 134, 268, 273; 146, 153, 156; 161, 305, 309). Die Bindungswirkung erfasst in persönlicher Hinsicht die Beteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (§ 63 VwGO) und ihre Rechtsnachfolger und ist sachlich auf dessen Streitgegenstand beschränkt. In diesem Rahmen folgt die Bindung der Zivilgerichte aus der grundsätzlichen Gleichwertigkeit der Gerichtszweige.

Beteiligte am Verfahren sind

1.
der Kläger,
2.
der Beklagte,
3.
der Beigeladene (§ 65),
4.
der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht oder der Vertreter des öffentlichen Interesses, falls er von seiner Beteiligungsbefugnis Gebrauch macht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 247/01 Verkündet am:
15. März 2004
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Komplementär
-GmbH einer GmbH & Co. KG mit einem einzigen Kommanditisten
führt zum Ausscheiden der Komplementär-GmbH aus der KG (§§ 161
Abs. 2, 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB) und zur liquidationslosen Vollbeendigung der
KG unter Gesamtrechtsnachfolge des Kommanditisten; er haftet für Gesellschaftsverbindlichkeiten
nur mit dem übergegangenen Vermögen.

b) Prozessual sind auf einen solchen Rechtsübergang während eines laufenden
Rechtsstreits die §§ 239, 246 ZPO sinngemäß anzuwenden.

c) Zu den Voraussetzungen der Haftung eines Verfrachters gegenüber einer
Akkreditivbank aus § 826 BGB wegen Falschangaben in einem Konnossement.
BGH, Urteil vom 15. März 2004 - II ZR 247/01 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 15. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht
und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Graf und Dr. Strohn

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 18. Juli 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 6. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Bank mit Sitz in O. eröffnete am 12. Januar 1999 im Auftrag der in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässigen S. Ltd. ein unwiderrufliches Akkreditiv über 229.600,00 US-$ zugunsten der im Vereinigten Königreich domizilierten Si. Ltd., die ebenso wie die S. Ltd. zur Firmengruppe des inzwischen untergetauchten, unter Betrugsverdacht stehenden indischen Geschäftsmanns P. gehörte. Hintergrund des Akkreditivauftrags
war ein Kaufvertrag zwischen der S. Ltd. und der Si. Ltd. über eine Metallieferung von 8.000 kg "Indium Tin Alloy", die von G. nach D. verschifft werden sollten. Nach den Akkreditivbedingungen war Voraussetzung für die Auszahlung des Akkreditivbetrages durch die L.er Korrespondenzbank der Klägerin u.a. die Vorlage eines Konnossements mit Angabe des Schiffsnamens und datierter Verladebestätigung ("shipped on board"-Vermerk) des Verfrachters. Ein entsprechendes Dokument über die Verfrachtung von 8.000 kg "Indium Tin Alloy" in einem Container mit der Kennung M. hatte die in H. ansässige Beklagte als Verfrachterin auf Drängen P. bereits am 11. Januar 1999 ausgestellt, obwohl der Container an diesem Tag noch auf dem Landweg unterwegs war und erst am 14. Januar 1999 auf das Frachtschiff "MS Sa. Ma." verladen wurde. Spätestens an diesem Tag übergab die Beklagte das Konnossement an P., der hiermit am selben Tag die Auszahlung der Akkreditivsumme an die Si. Ltd. bei der L.er Korrespondenzbank der Klägerin erwirkte. Von ihr erhielt daraufhin die Klägerin das Konnossement in dreifacher Ausfertigung und indossierte es an die S. Ltd. weiter. Diese erteilte daraufhin am 25. Januar 1999 der Reederei Ma. die Weisung, das inzwischen in R. eingetroffene Frachtgut nach Sin. zu verschiffen. Am 14. Juli 1999 erstattete die Klägerin ihrer L.er Korrespondenzbank die ausgezahlte Akkreditivsumme von 229.500 US-$. Ihr Rückgriff gegenüber der S. Ltd. scheiterte an deren Insolvenz.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz in Höhe der 229.500 US-$ aus § 826 BGB, weil die Beklagte durch ihr in mehrfacher Hinsicht vorsätzlich falsch ausgestelltes Konnossement die Auszahlung der Akkreditivsumme an die Si. Ltd. ermöglicht habe. Das Landgericht hat der Klage mit Rücksicht auf den unstreitig falschen "shipped on board"-Vermerk
stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte Erfolg. Vor Erlaß des zweitin- stanzlichen Urteils war das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Komplementär -GmbH der Beklagten eröffnet und dessen Eröffnung über das Vermögen der Beklagten mangels Masse abgelehnt worden. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts.
I. Das Berufungsgericht geht in prozessualer Hinsicht allerdings zutreffend davon aus, daß der Rechtsstreit weder durch die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten (Beschluß des Insolvenzgerichts vom 12. Juni 2001) noch durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihrer Komplementär-GmbH am 31. Mai 2001 unterbrochen worden ist. § 240 ZPO greift mangels Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten nicht ein. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Komplementär-GmbH der Beklagten führte zwar - entgegen der Ansicht der Parteien in der Revisionsinstanz - nicht nur zur Auflösung der Beklagten, sondern gem. §§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB zum Ausscheiden der Komplementär-GmbH aus der Beklagten mit der Folge ihrer liquidationslosen Vollbeendigung unter Gesamtrechtsnachfolge ihres - nach übereinstimmendem Parteivortrag in der Revisionsinstanz - einzig verbliebenen Kommanditisten (vgl. Senat, BGHZ 45, 206; 113, 132, 133 f.; Baumbach/Hopt, HGB 31. Aufl. § 131 Rdn. 35; Anh. § 177 a Rdn. 45 zu b; a.A. bei "Simultaninsolvenz" von KG und Komplementär-GmbH K. Schmidt, GmbHR 2002, 1209, 1213 f.; derselbe in Scholz, GmbHG 9. Aufl. § 60 Rdn. 114; vor
§ 64 Nr. 120 ff.). Prozessual sind auf diesen Rechtsübergang während des Rechtsstreits die §§ 239, 246 ZPO sinngemäß anzuwenden (vgl. Sen.Beschl. v. 18. Februar 2002 - II ZR 331/00, ZIP 2002, 614 f.). Da die Beklagte zur Zeit des Rechtsübergangs durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten war (vgl. BGHZ 2, 227, 229 mit RGZ 71, 155) und ein Aussetzungsantrag gem. § 246 ZPO nicht gestellt worden ist, konnte der Rechtsstreit unter der bisherigen Parteibezeichnung (vgl. BGH, Urt. v. 19. Februar 2002 - VI ZR 394/00, NJW 2002, 1430 f.) mit Wirkung für den verbliebenen Kommanditisten als Rechtsnachfolger der Beklagten fortgesetzt werden (vgl. Senat, BGHZ 121, 263, 265; Urt. v. 1. Dezember 2003 - II ZR 161/02, Umdr. S. 5 f.). Das gilt auch für die Revisionsinstanz mit Rücksicht auf den Fortbestand der Prozeßvollmacht der vorinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten (§ 86 ZPO) und deren Befugnis zur Bestellung eines Revisionsanwalts (§ 81 ZPO).
Klarzustellen ist, daß der verbliebene Kommanditist nach den in BGHZ 113, 132, 134 ff. vorgezeichneten Grundsätzen für die Verbindlichkeiten der KG nur mit dem ihm zugefallenen Gesellschaftsvermögen haftet (vgl. BGHZ 113, 138), also - nach Wegfall des § 419 a.F. BGB - nur zur Duldung der Zwangsvollstreckung in jenes Vermögen zu verurteilen ist (vgl. Senat aaO, S. 138 f.). Eine weitergehende Haftung gem. § 171 f. HGB oder aus § 25 HGB, wenn der Kommanditist das Handelsgeschäft der KG fortführt, bleibt davon ebenso unberührt wie die Nachhaftung der ausgeschiedenen Komplementär-GmbH (§ 128 HGB).
II. In der Sache meint das Berufungsgericht, ein Schaden sei der Klägerin nicht schon durch die Auszahlung der Akkreditivsumme seitens ihrer Korrespondenzbank entstanden, weil sie dafür als Gegenleistung den dreifachen Satz des Konnossements erhalten habe, das trotz des falsch datierten Verladever-
merks "werthaltig" gewesen sei; denn die zugrundeliegende Ware sei tatsächlich verladen worden. Ein Schaden der Klägerin sei erst dadurch eingetreten, daß sie den dreifachen Satz des Konnossements ohne Absicherung an die S. Ltd. übergeben und ihr damit eine anderweitige Verfügung über die zugrundeliegende Ware ermöglicht habe.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Entgegen dem verfehlten Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist der Klägerin ein Schaden, dessen rechts- oder sittenwidrige Verursachung durch die Beklagte hier in Frage steht, bereits aufgrund der die Klägerin zur Erstattung verpflichtenden Auszahlung der Akkreditivsumme durch ihre L.er Korrespondenzbank entstanden. Ohne das - von der Beklagten ausgestellte - Konnossement hätte die Auszahlung nach den Akkreditivbedingungen nicht erfolgen können. Daß die Auszahlung Zug um Zug gegen Übergabe des Konnossements zu erfolgen hatte (vgl. Rabe, Seehandelsrecht 4. Aufl. vor § 556 Nr. 80), betrifft nicht die der Klägerin von ihrem Auftraggeber (S. Ltd.) geschuldete Gegenleistung in Gestalt der Erstattung des verauslagten Betrages, die an der Insolvenz der S. Ltd. scheiterte. Dieser Schaden ist der Beklagten jedenfalls objektiv dann zuzurechnen, wenn sie die Auszahlung der Akkreditivsumme durch Falschangaben in dem Konnossement herbeigeführt hat. Daß die Klägerin im Vertrauen auf die Seriosität des Geschäftsmanns P. den Dreifachsatz des Konnossements an die S. Ltd. weiter indossiert und ihr damit die Umdestination des Frachtguts ermöglicht hat, könnte allenfalls zu einem Mitverschulden der Klägerin führen, das aber gegenüber einer vorsätzlich fraudulösen Mitwirkung der Beklagten in den Hintergrund träte.
2. Richtig ist allerdings, daß die unstreitig falsche Angabe des Verschif- fungsdatums in dem Konnossement für sich allein als Schadensursache dann keine Rolle spielte, wenn das Frachtgut sich bei Vorlage des Konnossements gegenüber der Korrespondenzbank der Klägerin (am 14. Januar 1999) tatsächlich an Bord des in dem Konnossement bezeichneten Schiffs "Sa. Ma." befand, weil die Auszahlung der Akkreditivsumme dann auch bei Angabe des tatsächlichen Verladedatums (14. Januar 1999) zu erreichen gewesen wäre. Ob dies der Fall war, oder das Konnossement darüber hinaus weitere - möglicherweise bewußt falsche - Angaben der Beklagten insbesondere hinsichtlich der angeblichen Art und Menge der verschifften Ware enthielt, läßt sich wegen insoweit in sich widersprüchlicher Feststellungen des Berufungsgerichts nicht beurteilen. Das angefochtene Urteil nimmt gem. § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. in vollem Umfang auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug, aus dem hervorgeht, daß zwischen den Parteien umstritten ist, ob sich in dem an Bord des Schiffs verbrachten Container mit der Kennung M. die in dem Konnossement bezeichnete Ware befand. Demgegenüber geht das Berufungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils ohne weiteres davon aus, daß "die Ware" tatsächlich auf das Schiff verladen und verschifft worden sei. Damit liegt ein Widerspruch zwischen Tatbestand und Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils vor, der dessen rechtlicher Überprüfung entgegensteht und daher von Amts wegen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache führen muß (vgl. Sen.Urt. v. 13. Mai 1996 - II ZR 275/94, WM 1996, 1314; BGH, Urt. v. 17. April 1996 - VIII ZR 95/95, NJW 1996, 2235; Urt. v. 17. Mai 2000 - VIII ZR 216/99, WM 2000, 1871 f.). Der Senat macht dabei von der Möglichkeit der Zurückverweisung an einen anderen Senat des Berufungsgerichts Gebrauch (§ 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F.).
III. 1. Für die weitere Verhandlung und Entscheidung ist darauf hinzuwei- sen, daß eine etwaige Falschangabe hinsichtlich der verschifften Ware für die Auszahlung der Akkreditivsumme und damit für den Schaden der Klägerin insofern ursächlich wäre, als die Akkreditivbank die Auszahlung nur vornehmen darf, wenn sie zuvor die Übereinstimmung zwischen den Akkreditivbedingungen und den vorgelegten Dokumenten genau geprüft hat (vgl. Baumbach/Hopt, HGB 31. Aufl. VI Bankgeschäfte (11), ERA Art. 13 Rdn. 1; vgl. auch zum Grundsatz der Dokumentenstrenge, Sen.Urt. v. 2. Juli 1984 - II ZR 160/83, WM 1984, 1214; Urt. v. 10. Dezember 1970 - II ZR 132/68, WM 1971, 158 f.). Die Auszahlung hätte daher nicht erfolgen dürfen, wenn sich aus dem Konnossement die Verschiffung einer anderen als der nach der Handelsrechnung zu liefernden Ware ergeben hätte. Entgegen der Auffassung der Beklagten scheitert ihre Haftung nicht zwangsläufig daran, daß das von ihr ausgestellte Konnossement hinsichtlich der Warenbezeichnung formularmäßig die Einschränkung "said to contain" enthält. Hat der Aussteller des Konnossements - wie hier von der Klägerin behauptet - Grund zu der Annahme, daß die Warenangaben falsch sind, muß er seine Zweifel durch Anbringung eines entsprechenden Vermerks zum Ausdruck bringen, was dazu geführt hätte, daß das Konnossement "unrein" geworden wäre und eine Auszahlung nicht hätte stattfinden dürfen (vgl. Rabe aaO, § 645 Rdn. 3). In dem bewußten Unterlassen eines entsprechenden Vermerks durch die Beklagte kann ein unter § 826 BGB fallendes Verhalten gegenüber der Klägerin zu sehen sein (vgl. Herber, Seehandelsrecht, S. 430). Das gilt - entgegen der bisherigen Ansicht des Berufungsgerichts - erst recht dann, wenn sich die Beklagte bewußt in betrügerische Machenschaften P. gegenüber der Klägerin hat einbinden lassen.
2. Soweit es auf die Falschangabe hinsichtlich des Verladedatums in dem Konnossement der Beklagten ankommen sollte, entfällt deren Kausalität
für den Schaden der Klägerin nur dann, wenn die Ware auch tageszeitlich vor der Auszahlung der Akkreditivsumme vollständig auf das Schiff verladen war.
Röhricht Goette Kraemer
Graf Strohn
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1. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine Parteibezeichnung als Teil einer Prozesshandlung grundsätzlich der Auslegung zugänglich. Dabei ist maßgebend, wie die Bezeichnung bei objektiver Deutung aus der Sicht der Empfänger (Gericht und Gegenpartei) zu verstehen ist. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Bezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist (BGH, Urt. v. 24.01.1952 - III ZR 196/50, BGHZ 4, 328, 334; Urt. v. 26.02.1987 - VII ZR 58/86, NJW 1987, 1946 m.w.N.). Bei objektiv unrichtiger oder auch mehrdeutiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusprechen , die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll (BGH, aaO; Beschl. v. 28.03.1995 - X ARZ 255/95, NJW-RR 1995, 764 m.w.N.). Bei der Auslegung der Parteibezeichnung sind nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern auch der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwaiger beigefügter Anlagen zu berücksichtigen (so ausdrücklich BAG, Urt. v. 12.02.2004 - 2 AZR 136/03, BAG-Rep. 2004, 210; konkludent auch schon BGH, Urt. v. 16.05.1983 - VIII ZR 34/82, NJW 1983, 2448, wo das Auslegungsergebnis, dass ein bestimmtes falsch bezeichnetes Unternehmen verklagt worden sei, mit dem Klagevortrag und der vorprozessualen Korrespondenz begründet wurde). Dabei gilt der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhafter Bezeichnung scheitern darf, wenn diese Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen, auch dann, wenn statt der richtigen Bezeichnung irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden (juristischen oder natürlichen ) Person gewählt wird, solange nur aus dem Inhalt der Klageschrift und etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich wird, welche Partei tatsächlich gemeint ist (BAG aaO; so auch schon OLG Hamm, NJW-RR 1991, 188). Von der fehlerhaften Parteibezeichnung zu unterscheiden ist die irrtümliche Benennung der falschen, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person als Partei; diese wird Partei, weil es entscheidend auf den Willen des Klägers so, wie er objektiv geäußert ist, ankommt (BGHZ 4, 328, 334; NJW 1987, 1946).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 154/03
Verkündet am:
22. Juli 2004
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 839 (Fm); SGB VI § 16 F: 18.12.1989
Zu den Amtspflichten eines Rehabilitationsberaters des Trägers der gesetzlichen
Rentenversicherung gegenüber einem Versicherten im Zusammenhang
mit der Erlangung einer Arbeitsstelle.
BGH, Urteil vom 22. Juli 2004 - III ZR 154/03 - KG Berlin
LG Berlin
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts Berlin vom 11. April 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger, der im Jahr 1997 eine Arbeitsstelle suchte und wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen von der Beklagten, seinem Rentenversicherungsträger , berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation nach §§ 16 ff SGB VI beanspruchen konnte, führte am 10. November 1997 mit dem Geschäftsführer der I. GmbH ein Vorstellungsgespräch. Dem Kläger wurde die Bereitschaft zu einer Einstellung zum 1. Januar 1998 mitgeteilt ; zugleich wurde darauf hingewiesen, es sei von Vorteil, wenn er zuvor eine externe Schulung im Verkaufstraining ableiste. Der Kläger setzte sich daraufhin
mit dem für ihn zuständigen Rehabilitationsberater K. der Beklagten in Verbindung , der Anfang Dezember mit dem Arbeitgeber telefonischen Kontakt aufnahm und ihn dahin informierte, es komme sowohl die Übernahme der Kosten von Verkaufsschulungen als auch die Teilübernahme des Gehalts in Betracht, sofern ein unbefristeter Arbeitsvertrag geschlossen werde. Zum Abschluß eines Arbeitsvertrages mit dem Kläger kam es indes nicht. Vielmehr wurde der Arbeitsplatz zum 1. Januar 1998 anderweit vergeben.
Der Kläger, der erst mit Wirkung zum 16. September 19 98 eine Arbeitsstelle fand, nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen entgangenen Verdienstes in Höhe von 56.776,30 DM (= 29.029,26 €) nebst Zinsen mit der Behauptung in Anspruch, der Rehabilitationsberater der Beklagten habe sich um den Abschluß des Arbeitsvertrages kümmern wollen und habe ihn kurz vor Weihnachten 1997 darüber informiert, daß der Arbeitsvertrag stehe und nur noch die schriftliche Zusage der Beklagten für die Schulungsmaßnahme fehle. Da der Rehabilitationsberater die ihm gegenüber übernommene Tätigkeit tatsächlich nicht ausgeführt habe, sei ihm die Arbeitsstelle zum 1. Januar 1998 entgangen. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils un d zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Landgericht hat den Rehabilitationsberater K. der Beklagten und den MitarbeiterT. des Arbeitsamts H. Zeugen als vernommen. Nach deren Aussagen hat das Landgericht eine Amtspflichtverletzung verneint, weil die Behauptung des Klägers, der Zeuge K. werde sich um alles, insbesondere auch den Abschluß eines Arbeitsvertrages, kümmern und der Kläger brauche sich dementsprechend nicht selbst hierum zu bemühen, von den Zeugen nicht bestätigt worden sei. In der Berufungsinstanz hat der Kläger vor allem gerügt, das Landgericht habe sich nicht mit der Bestätigung des Herrn I. auseinandergesetzt und diesen und seine, des Klägers, Ehefrau nicht als Zeugen vernommen. In deren Wissen hatte er unter anderem gestellt, der Zeuge K. habe nach einer ersten Kontaktaufnahme mit dem Zeugen I. klären wollen, ob der Kläger geschult und ein Teil des Gehalts übernommen werden könne. Weil sich der Berater nicht mehr beim Zeugen I. gemeldet habe, sei dieser davon ausgegangen, daß der Kläger an der Erlangung des Arbeitsplatzes kein Interesse mehr habe. Aus dem in das Wissen der Zeugin Ku. gestellten Anruf kurz vor Weihnachten 1997 ergebe sich ferner, daß der Zeuge K. ihm nicht mitgeteilt habe, daß er sich um den Abschluß eines Arbeitsvertrages kümmern müsse. Schon gar nicht sei er auf die Möglichkeit hingewiesen worden, daß der Arbeitsvertrag unter der Bedingung der Gewährung von Förderungsleistungen der Beklagten geschlossen werden könne.
2. Da das Berufungsgericht diesen Beweisanträgen nicht nachgegangen ist, ist zugunsten des Klägers im Revisionsverfahren von dessen Sachdarstellung auszugehen. Danach ließe sich eine Amtspflichtverletzung des Rehabilitationsberaters der Beklagten nicht verneinen.
Der Kläger konnte von der Beklagten nach § 16 Abs. 1 SG B VI in der ursprünglichen Fassung vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2261; § 16 Abs. 1 Nr. 3 wurde mit Wirkung zum 1. Januar 1998 geändert durch das Rentenreformgesetz 1999 vom 16. Dezember 1997, BGBl. I S. 2998) berufsfördernde Leistungen beanspruchen, namentlich um einen Arbeitsplatz zu erlangen, der auf seine gesundheitliche Situation Rücksicht nahm. Hier ging es, wie die Beklagte im einzelnen dargelegt hat, insbesondere um die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 20 der Vereinbarung über berufliche Rehabilitation zwischen dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger und der Bundesanstalt für Arbeit vom 30. März 1994 (abgedruckt in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 16 SGB VI Anhang 2), die nach Absatz 1 in Betracht kommt, wenn der Arbeitgeber einem Behinderten die zum Erreichen der vollen Leistungsfähigkeit notwendigen beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten an einem Arbeitsplatz vermittelt oder einen seinem Leistungsvermögen angemessenen Dauerarbeitsplatz bietet. Es ist Aufgabe des Rehabilitationsberaters, dafür zu sorgen, daß diese Förderungsmöglichkeiten für den Versicherten erreichbar werden. Das schließt zwar nicht ein, daß der Rehabilitationsberater dem Versicherten einen bestimmten Arbeitsplatz verschaffen oder den ins Auge gefaßten Arbeitsvertrag "abschlußreif" vorbereiten muß und die Beklagte hierfür einzustehen hätte. Seine Betreuung des Versicherten muß jedoch dahin gehen, daß er die Voraussetzungen für eine Förderung klärt, den Versicherten zutreffend darüber informiert, welche Schritte dieser selbst gehen muß, und daß er auch - je nach Lage des Falles - Kontakt mit dem ins Auge gefaßten Arbeitgeber aufnimmt, um abzuklären, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Förderung für den Versicherten möglich erscheint. Im Rahmen dieser Kontaktaufnahme wird es ihm auch gegenüber einem Arbeitgeber, der nur bei der Gewährung von Eingliederungshilfe zu einer Einstellung bereit ist, oblie-
gen, ihn und den Versicherten auf die Möglichkeit eines - nach den Angaben der Beklagten den Üblichkeiten entsprechenden - Abschlusses des Arbeitsvertrages unter der Bedingung einer Leistungsgewährung durch die Beklagte aufmerksam zu machen. Hält der Berater den Versicherten vom Abschluß eines Arbeitsvertrages ab, weil er - wie der Kläger unter Beweisantritt behauptet hat - sich darum selbst zu kümmern verspricht, verletzt er seine Amtspflichten, wenn er in dieser Richtung untätig bleibt und den Versicherten nicht zeitgerecht über die Notwendigkeit dessen eigener Mitwirkung unterrichtet.
3. a) Das Berufungsgericht, das die Verletzung einer Amtspflicht offenläßt, verneint einen Schadensersatzanspruch des Klägers, weil es an der Darlegung eines hierauf beruhenden Schadens fehle. Maßgebend sei, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des Amtsträgers genommen hätten und wie sich in diesem Fall die Vermögenslage des Verletzten darstellen würde , wofür der Kläger die Darlegungs- und Beweislast trage. Nach dessen Vortrag sei es ungewiß, ob sich Herr I. auf den Abschluß eines Arbeitsvertrages unter der Bedingung der Leistungsgewährung der Beklagten eingelassen hätte. Dagegen spreche vor allem, daß der Kläger am 26. Januar 1998 an die Beklagte geschrieben habe, Herr I. habe nicht so lange warten können, bis die Beklagte eine schriftliche Entscheidung getroffen habe. Ungewiß sei der Abschluß eines Arbeitsvertrages auch dann, wenn der Rehabilitationsberater versucht hätte, den Vertrag für den Kläger auszuhandeln. Denn Herrn I. sei es darauf angekommen, daß die Beklagte die Kosten eines Verkaufstrainings sowie einen Großteil seines Gehalts übernommen hätte. Eine derartige Leistungsgewährung habe jedoch kurz vor Weihnachten 1997, als der Rehabilitationsberater dem Kläger nach dessen Vortrag den Abschluß eines Arbeitsvertrages als sicher hingestellt habe, noch nicht festgestanden. Selbst wenn Herrn
I. zu diesem Zeitpunkt die Leistungsgewährung zugesagt worden wäre, fehle es an Darlegungen des Klägers, ob der Arbeitsplatz noch nicht anderweitig besetzt gewesen sei. Entsprechendes gelte, wenn sich der Kläger kurz vor Weihnachten 1997 selbst um den Abschluß eines Arbeitsvertrages bemüht hätte.

b) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
aa) Im Ausgangspunkt zutreffend legt das Berufungsgericht seiner Prüfung für die Frage, ob der eingetretene Schaden auf der (unterstellten) Amtspflichtverletzung beruht, zugrunde, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des Amtsträgers genommen hätten und wie sich in diesem Fall die Vermögenslage des Verletzten darstellen würde. Insoweit obliegt dem Anspruchsteller grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast (vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 226, 232 f). Dabei kommen dem Geschädigten im Bereich der hier betroffenen haftungsausfüllenden Kausalität die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO zugute, die auch die Anforderungen an die Darlegung verringern (vgl. Senatsurteil aaO S. 233 m.w.N.). Zu einer weitergehenden Beweislastumkehr kann es kommen, wenn die Amtspflichtverletzung und eine zeitlich nachfolgende Schädigung feststehen, sofern nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung oder Wahrscheinlichkeit für den Ursachenzusammenhang sprechen (vgl. Senatsurteil aaO).
bb) Ob im vorliegenden Fall eine Beweislastumkehr in B etracht zu ziehen ist, was die Revisionserwiderung mit der Überlegung in Abrede stellt, für das Verhalten des Arbeitgebers lasse sich keine Lebenserfahrung anführen, bedarf keiner Entscheidung. Denn das Berufungsgericht überspannt die Darle-
gungslast des Klägers und läßt insbesondere wesentliches, auch unter Beweis gestelltes Vorbringen unberücksichtigt.
Nach dem Vorbringen des Klägers bestand im Zeitpunkt de s Vorstellungsgesprächs am 10. November 1997 jedenfalls die grundsätzliche Bereitschaft des Arbeitgebers zu einer Einstellung des Klägers zum 1. Januar 1998, wobei eine externe Schulung im Verkaufstraining als vorteilhaft bezeichnet wurde. Übereinstimmender Vortrag der Parteien ist es, daß der Rehabilitationsberater K. Anfang Dezember 1997 mit dem Arbeitgeber Kontakt aufnahm und die Förderungsmöglichkeiten mit diesem erörterte. Nach dem Vorbringen der Beklagten sicherte ihr Berater sowohl dem Kläger als auch dem Arbeitgeber die Förderung - unter der Bedingung des Abschlusses des Arbeitsvertrages - zu. Daß der Arbeitgeber im Zeitpunkt dieses für die Beurteilung maßgeblichen Gesprächs Anfang Dezember 1997 nicht bereit gewesen wäre, mit dem Kläger einen Arbeitsvertrag zu schließen, bzw. daß er den Arbeitsplatz zu diesem Zeitpunkt bereits anderweit vergeben hätte, ist nicht erkennbar. Hiergegen spricht vor allem die schriftliche Bestätigung des Arbeitgebers vom 15. Juli 1998, in der ausgeführt wird, er habe einen anderen Arbeitnehmer eingestellt, weil sich der Berater nach dem ersten Gespräch nicht mehr mit ihm in Verbindung gesetzt habe. Auch die Aussage des ZeugenK. und sein an die Beklagte gerichtetes Schreiben vom 10. November 1998 geben keinen Hinweis darauf, daß der Arbeitsplatz für den Kläger im Zeitpunkt seiner Kontaktaufnahme mit dem Arbeitgeber Anfang Dezember 1997 nicht erlangbar gewesen wäre. Es kommt hinzu, daß der Kläger sein Vorbringen insoweit in das Wissen des Zeugen I. gestellt hat.
Hing damit letztlich die von der Beklagten den Beteili gten in Aussicht gestellte Förderung von dem baldigen Abschluß eines Arbeitsvertrages ab, ergibt sich die Ursächlichkeit der dem Berater angelasteten Amtspflichtverletzung für den nachfolgenden Schaden in einer den Anforderungen des § 287 ZPO genügenden Weise. Denn nach dem Vorbringen des Klägers wurde er vom Abschluß eines Arbeitsvertrages nur deshalb abgehalten, weil der Berater ihm zugesagt hatte, er werde sich darum kümmern. Auf die - möglicherweise richtigen - Erwägungen des Berufungsgerichts, ob der Arbeitsplatz noch kurz vor Weihnachten 1997 zu besetzen gewesen sei, kommt es dann nicht an.
4. Im weiteren Verfahren besteht Gelegenheit, das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung und eines hierauf beruhenden Schadens anhand des unter Beweis gestellten Vorbringens festzustellen.
Schlick Wurm Streck
Dörr Galke

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Nach dem Tode des Unternehmers kann der Erbe den Betrieb vorläufig weiterführen oder diese Befugnis auf einen Dritten übertragen; das gleiche gilt für den Testamentsvollstrecker, Nachlaßpfleger oder Nachlaßverwalter während einer Testamentsvollstreckung, Nachlaßpflegschaft oder Nachlaßverwaltung.

(2) Die Befugnis erlischt, wenn nicht der Erbe oder der Dritte binnen drei Monaten nach Ablauf der für die Ausschlagung der Erbschaft vorgesehenen Frist oder die in Absatz 1 zweiter Halbsatz genannten Personen binnen drei Monaten nach der Annahme ihres Amtes oder ihrer Bestellung die Genehmigung beantragt haben; ein in der Person des Erben wirksam gewordener Fristablauf wirkt auch gegen den Nachlaßverwalter. Bei der Prüfung des Genehmigungsantrages ist § 13 Abs. 2 und 4 nicht anzuwenden. Wird dem Antrag stattgegeben, so ist als Zeitpunkt des Ablaufs der Genehmigung der Tag zu bestimmen, an dem die Genehmigung des Rechtsvorgängers abgelaufen sein würde.

(3) Bei Unternehmern mit Betriebspflicht nach § 21 hat die Genehmigungsbehörde dafür zu sorgen, daß der Betrieb keine Unterbrechung erfährt. Wird der Betrieb von den in Absatz 1 genannten Personen nicht vorläufig weitergeführt, so kann die Genehmigungsbehörde für die Übergangszeit zur Aufrechterhaltung des Betriebs eine einstweilige Erlaubnis nach § 20 an einen anderen erteilen.

(4) Im Falle der Erwerbs- oder Geschäftsunfähigkeit des Unternehmers oder der für die Führung der Geschäfte bestellten Person darf ein Dritter das Unternehmen bis zu einem Jahr weiterführen. In ausreichend begründeten Sonderfällen kann diese Frist um sechs Monate verlängert werden.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 180/99
Verkündet am:
18. Mai 2000
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
------------------------------------
BGB § 839 Cb, Fi

a) Zur Frage der Amtspflichtwidrigkeit (Unvertretbarkeit) einer Anklage der
Staatsanwaltschaft wegen Brandstiftung.

b) Vom Schutzzweck der Amtspflicht der Staatsanwaltschaft, keine unzulässige
Anklage zu erheben, ist, wenn es um den Vorwurf der Brandstiftung
geht, auch die Vermeidung von Vermögensschäden des Angeschuldigten
umfaßt, die dadurch entstehen, daß der Feuerversicherer ihm die Brandschadenentschädigung
infolge der Anklageerhebung nicht auszahlt.

c) Hat eine amtspflichtwidrige Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft gegen
die Geschäftsführer und einzigen Gesellschafter einer GmbH wegen
Brandstiftung zur Folge, daß der Feuerversicherer die Zahlung der Entschädigung
für den Brandschaden der versicherten GmbH (weiter) zurückhält
, so ist bezüglich der dadurch eingetretenen Vermögenseinbußen die
GmbH geschützter "Dritter" der Amtspflicht der Staatsanwaltschaft, keine
unzulässige Anklage zu erheben.
BGH, Urteil vom 18. Mai 2000 - III ZR 180/99 -OLG Oldenburg
LG Aurich
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 14. Mai 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 328.291,66 DM abgewiesen worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Kläger sind die einzigen Gesellschafter und Geschäftsführer der F. & M. GmbH, die auf dem Grundstück A. E. in E. Fischwaren produzierte.
Am Abend des 10. September 1995 brach ein Feuer aus, durch das die Betriebsgebäude der Gesellschaft weitgehend zerstört wurden. Die Staatsanwaltschaft A. ermittelte gegen die Kläger wegen des Verdachts der gemeinschaftlichen vorsätzlichen Brandstiftung und des Versicherungsbetruges. Unter dem 5. Juni 1996 erhob sie Anklage wegen dieses Vorwurfs. Die Strafkammer lehnte jedoch die Eröffnung des Hauptverfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts gegen die Kläger ab.
Die Kläger haben das beklagte Land auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung in Anspruch genommen. Sie haben geltend gemacht, die Staatsanwaltschaft habe sowohl bei der Einleitung und späteren monatelangen Aufrechterhaltung der Ermittlungen als auch bei der Anklageerhebung pflichtwidrig gehandelt. Den eingeklagten, aus eigenem wie aus abgetretenem Recht der F. & M. GmbH hergeleiteten Gesamtschaden von 884.174,57 DM haben sie - abgesehen von im Ermittlungsverfahren aufgewendeten Anwalts- und Sachverständigenkosten von insgesamt 40.366,45 DM - mit dem Hinweis darauf , daß vor dem Abschluß des strafrechtlichen Verfahrens keine Auszahlungen seitens der Versicherungen erfolgt seien, als "Betriebsunterbrechungsschaden" errechnet.
Das Landgericht hat den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, wobei es jedoch in den Entscheidungsgründen seines Urteils zum Ausdruck gebracht hat, daß nur in der Entscheidung der Staatsanwaltschaft über die Anklageerhebung, nicht auch in der Einleitung und Fortführung des Ermittlungsverfahrens, eine Amtspflichtverletzung gelegen habe. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des beklagten Landes - unter Zurückweisung der Berufung der Kläger - die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision der Kläger, die ihren Anspruch insgesamt weiterverfolgen, hat der Senat mit Beschluß vom 22. Dezember 1999 angenommen, soweit die Klage in Höhe von 328.291,66 DM abgewiesen worden ist; im übrigen hat er sie nicht angenommen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt in dem Umfang, in dem sie vom Senat angenommen worden ist, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Soweit es um die Einleitung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen die Kläger und die Art und den Umfang desselben bis zu der abschließenden Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 5. Juni 1996 geht, sind die dar-
aus hergeleiteten Schadensersatzansprüche wegen Amtspflichtverletzung durch das Urteil des Berufungsgerichts, das in diesem Umfang durch den Beschluß des Senats über die Nichtannahme der Revision Rechtskraft erlangt hat, abgewiesen. Hierbei handelt es sich im Anschluß an die Berechnung der Klageforderung durch die Kläger um einen Teilbetrag von (884.174,57 DM ./. 328.291,66 DM =) 555.882,91 DM. Das Revisionsverfahren betrifft nach der Teilannahme der Revision einen restlichen Schadensersatzanspruch von 328.291,66 DM (787.900 DM : 12 x 5 "Betriebsunterbrechungsschaden", der durch die Erhebung der Anklage vom 5. Juni 1996 statt einer Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen die Kläger verursacht worden sein soll).

II.


1. Das Berufungsgericht meint, die Erhebung der Anklage sei - zumindest gegen den Kläger zu 2 - in keiner Weise zu beanstanden. Zum einen seien ausreichende Anhaltspunkte für eine (vorsätzliche) Brandstiftung vorhanden gewesen. Zum anderen habe eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür gesprochen , daß die Hauptverhandlung eine Tatbegehung durch den Kläger zu 2 ergeben werde. Dieser sei durch verschiedene und in ihrer Häufung bemerkenswerte Indizien belastet worden, die in der Anklageschrift aufgelistet und bewertet worden seien. Der Kläger zu 2 sei kurz vor Ausbruch des Brandes zweimal am Tatort gewesen. Sein Alibi für den Zeitpunkt der Brandentstehung hätte ihn nicht maßgeblich entlasten können, da es ohne weiteres zu bewerkstelligen gewesen wäre, einen Brand mit zeitlicher Verzögerung zu legen. Außerdem habe nach dem Verhalten, das der Kläger zu 2 kurz vor dem Ausbruch
des Feuers gegenüber dem Zeugen B. an den Tag gelegt hatte, einiges dafür gesprochen, daß er ein Interesse daran gehabt habe, den Zeugen von dem Betriebsgebäude fernzuhalten, bzw. daß er ihn zumindest dort nicht ohne Aufsicht habe agieren lassen wollen. Ein Motiv für die Tat habe sich daraus ergeben , daß die GmbH in nicht unerheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten gesteckt habe oder diese ihr doch zumindest bevorgestanden hätten. Zwei wichtige Kunden seien verloren gegangen. Außerdem habe eine hohe zivilrechtliche Forderung gedroht. Ferner habe eine Prüfung der hygienischen Verhältnisse des Betriebs angestanden, die man bislang hinausgeschoben gehabt habe. Letztlich sei noch hinzugekommen, daß die Pläne für eine Betriebsverlagerung kurz zuvor gescheitert gewesen seien. Vor dem Hintergrund dieses Ermittlungsergebnisses sei die Annahme, daß die in der Hauptverhandlung zu erhebenden Beweise mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu einer Verurteilung führen würden, ohne weiteres vertretbar gewesen.
Hieraus - so das Berufungsgericht weiter - ergebe sich auch die Unbegründetheit der Klage des Klägers zu 1 bezogen auf die Anklageerhebung. Der Versicherer hätte nämlich die Zahlung der Versicherungssumme auch dann zurückgehalten, wenn der Staatsanwalt die Anklage nur gegen den Kläger zu 2 erhoben hätte.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß nach der Rechtsprechung des Senats bestimmte Maßnahmen der Staatsanwaltschaft, zu denen auch die Entschließung zur Erhebung der öffentlichen Klage nach § 170 Abs. 1 StPO gehört, im Amtshaftungsprozeß nicht auf ihre "Richtigkeit", son-
dern nur daraufhin zu überprüfen sind, ob sie - bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege - vertretbar sind (Senatsurteile vom 21. April 1988 - III ZR 255/86 - NJW 1989, 96, vom 24. Februar 1994 - III ZR 76/92 - NJW 1994, 3162 und vom 16. Oktober 1997 - III ZR 23/96 - NJW 1998, 751).
Die Würdigung des Sachverhalts unter diesem Gesichtspunkt ist Sache des Tatrichters, die vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden kann, ob der Tatrichter den Begriff der Vertretbarkeit verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt hat (Senatsurteil vom 16. Oktober 1997, aaO). Dazu gehört allerdings auch, daß der Tatrichter die rechtlichen Voraussetzungen, unter denen die in Rede stehende Maßnahme der Staatsanwaltschaft (hier: nach § 170 Abs. 1 StPO) stand, zutreffend erfaßt hat und seine Würdigung vor diesem Hintergrund hinreichend konkret, aus sich heraus "geschlossen" und nachvollziehbar ist.
Daran fehlt es hier.

b) Die Staatsanwaltschaft durfte nur Anklage gegen die beiden Kläger erheben, wenn die Ermittlungen hierzu genügenden Anlaß boten, d.h. hinreichenden Tatverdacht im Sinne einer gemeinschaftlichen vorsätzlichen Brandstiftung in Tateinheit mit Versicherungsbetrug ergeben hatten (§§ 170 Abs. 1, 203 StPO; vgl. Senatsurteil vom 18. Juni 1970 - III ZR 95/68 - NJW 1970, 1543; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 170 Rn. 1; ders. aaO § 203 Rn. 2). Hinreichender Verdacht bedeutet die Feststellung von Tatsachen, die nach praktischer Erfahrung zu einer Verurteilung in einer Hauptverhandlung
mit vollgültigen Beweisen führen werden. Die Staatsanwaltschaft hat nicht die Frage der Täterschaft und Schuld restlos bis in alle Einzelheiten zu klären, sondern nur einen hinreichenden Tat- und Schuldverdacht zu ermitteln, der eine Verurteilung wahrscheinlich macht. Dabei müssen zwar gewisse Belastungsmomente erwiesen sein, jedoch darf die Aufklärung von Widersprüchen zwischen den Angaben des Beschuldigten und den vorhandenen Beweisergebnissen der Hauptverhandlung überlassen bleiben (Senatsurteil vom 18. Juni 1970 aaO). Der unbestimmte Rechtsbegriff "hinreichender Tatverdacht" läßt einen nicht unerheblichen Beurteilungsspielraum, zumal es sich (auch) um eine Prognose handelt. Entscheidend ist letztlich die - vertretbare - eigene Prognose des Staatsanwalts, daß er selbst nach Sach- und Rechtslage wahrscheinlich am Ende einer Hauptverhandlung zum Antrag auf Verurteilung gelangen werde (Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 170 Rn. 1).
Das Berufungsgericht hat dies alles im Ansatz nicht verkannt. Seine Subsumtion ist jedoch weder aus sich heraus noch in Verbindung mit seinen Bezugnahmen auf Einzelheiten der Anklageschrift vollständig und schlüssig, soweit es zu dem Ergebnis gelangt, es sei nach dem zum Zeitpunkt der Anklageerhebung vorliegenden Verfahrensstoff hinreichend wahrscheinlich gewesen , daß die Hauptverhandlung eine Tatbegehung durch den Kläger zu 2 erweisen werde. Von einem hinreichenden Tatverdacht gegen den Kläger zu 1 geht das Berufungsgericht nach dem Zusammenhang seiner Ausführungen offenbar selbst nicht aus.
aa) Dabei mag im Revisionsverfahren mit dem Berufungsgericht davon ausgegangen werden - ohne daß dies vertieft zu werden braucht -, daß die Staatsanwaltschaft aus den ihr vorliegenden sachverständigen Stellungnah-
men über die Entstehung des Brandes derjenigen des Sachverständigen B. folgen, mithin eine vorsätzliche Brandstiftung als naheliegend annehmen und die abschließende Klärung der Brandursache der Hauptverhandlung vor der Strafkammer überlassen durfte.
bb) Dem Berufungsgericht kann auch darin gefolgt werden, daß sich aus den nicht unerheblichen Schwierigkeiten, in der sich seinerzeit die F. & M. GmbH befand, ein denkbares Motiv für eine etwaige Täterschaft der Kläger ergeben konnte, ohne daß die insoweit in der Anklageschrift bzw. im Urteil des Berufungsgerichts angesprochenen wirtschaftlichen Gesichtspunkte allerdings für sich den Schluß aufdrängten, daß es sich um eine Brandstiftung im Interesse der F. & M. GmbH bzw. der Kläger als Gesellschafter dieser Firma gehandelt haben muß.
cc) Jedenfalls reichen die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht, um die "Vertretbarkeit" der Anklage gegen die Kläger zu begründen.
(1) Wenn das Berufungsurteil Ausführungen zum Tatverdacht gegen den Kläger zu 1 vermissen läßt, so liegt dies ersichtlich daran, daß es keine konkreten Anhaltspunkte für eine persönliche Tatbegehung oder eine Veranlassung der Tat durch den Kläger zu 1 gibt und die bloße Möglichkeit - selbst im Sinne einer aus der Motivlage hergeleiteten Plausibilität -, daß (auch) der Kläger zu 1 hinter der Brandstiftung "stecken" konnte, von vornherein nicht für eine Verurteilung ausreichen konnte. Damit erweist sich aber - was das Berufungsgericht bei seiner Würdigung unberücksichtigt läßt - die Anklage des Staatsanwalts als auf den ersten Blick ohne tatsächliche Grundlage, soweit sie beiden Klägern gemeinschaftliche Brandstiftung anlastet, ohne näher darauf
einzugehen, wie nach der Vorstellung des Staatsanwalts die persönliche Tatausführung durch die Angeschuldigten stattgefunden haben soll, und ohne die Möglichkeit der Täterschaft dritter Personen nachvollziehbar auszuschließen.
(2) Soweit das Berufungsgericht, was den Kläger zu 2 angeht, die Vertretbarkeit der Annahme hinreichenden Tatverdachts aus "in ihrer Häufung bemerkenswerten Indizien" herleitet, die in der Anklageschrift aufgelistet und bewertet worden seien, erörtert es nur folgendes:
Der Kläger zu 2 sei kurz vor Ausbruch des Brandes zweimal am Tatort gewesen. Irgendeine nähere zeitliche Einordnung wird insoweit nicht vorgenommen. Es kann sich nach den in der Anklageschrift angeführten Tatsachen nur darum handeln, daß der Kläger zu 2 zu einem nicht näher festgehaltenen Zeitpunkt eine Salzheringsmaschine repariert hatte und sich dann zwischen etwa 20 Uhr und etwa 20.45 Uhr zusammen mit dem Werkmeister, der die Maschinen überprüfte, noch einmal in die Firma begab. Welche konkreten Handlungen dem Kläger zu 2 angelastet werden könnten, bleibt offen.
Das Alibi des Klägers zu 2 (durch Familienangehörige) für den Zeitpunkt der Brandentstehung habe ihn nicht maßgeblich entlasten können, da es ohne weiteres zu bewerkstelligen gewesen sei, einen Brand mit zeitlicher Verzögerung zu legen. Auch insoweit werden nur Vermutungen geäußert bzw. Möglichkeiten angesprochen, ohne Hinweis auf konkrete Anhaltspunkte für eine bestimmte Vorgehensweise des Klägers zu 2.
Außerdem habe nach dem Verhalten, das der Kläger zu 2 kurz vor dem Ausbruch des Feuers gegenüber dem Zeugen B. an den Tag gelegt habe, einiges dafür gesprochen, daß er ein Interesse daran gehabt habe, den Zeugen von dem Betriebsgebäude fernzuhalten, bzw. daß er ihn zumindest dort nicht ohne Aufsicht habe agieren lassen wollen. Dies betrifft die Aussage des Zeugen B., der Kläger zu 2 sei darüber, daß er, der Zeuge B., unbedingt selbst einen Probelauf mit der reparierten Salzheringsmaschine machen wollte, offensichtlich sehr verärgert gewesen. Konkrete Bezüge zu einer Brandlegung durch den Kläger zu 2 ergeben sich daraus nicht. Wie die Revision mit Recht rügt, ist den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils auch nicht zu entnehmen, ob und inwieweit der Kläger zu 2 den Zeugen B. während des Aufenthalts in der Firma beaufsichtigt haben soll.
(3) Insgesamt ermangelt es der Anklageschrift an greifbaren positiven Hinweisen auf eine Täterschaft des Klägers zu 2, und solche sind - im vorliegenden Amtshaftungsprozeß - auch nicht dem Urteil des Berufungsgerichts zu entnehmen. Das läßt nach dem im Revisionsverfahren vorliegenden Prozeßstoff nur den Schluß zu, daß die Staatsanwaltschaft bei der Erhebung der Anklage gegen die Kläger zu 1 und 2 nicht mit deren Verurteilung, sondern - falls das Hauptverfahren überhaupt eröffnet werden sollte - mit einem Freispruch rechnen mußte, falls sich in der Hauptverhandlung nicht noch unvorhergesehene Beweise ergeben würden. Die Erhebung der Anklage auf einer so ungesicherten tatsächlichen Grundlage widerspricht der Strafprozeßordnung und war daher amtspflichtwidrig.
Nach dem objektivierten Sorgfaltsmaßstab, der im Rahmen des § 839 BGB gilt (vgl. etwa Senatsurteil vom 18. Juni 1998 - III ZR 100/97 - NVwZ
1998, 1329), ist insoweit auch von einem Verschulden der Staatsanwaltschaft auszugehen. Es kommt hier im Hinblick darauf, daß das Berufungsgericht die Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft als nicht amtspflichtwidrig beurteilt hat, auch nicht der Grundsatz zur Anwendung, daß einen Beamten in der Regel kein Verschulden trifft, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (sog. Kollegialitätsrichtlinie; vgl. Senatsurteile BGHZ 97, 97, 107 und vom 16. Oktober 1997 - III ZR 23/96 - NJW 1998, 751). Denn das Berufungsgericht hat die Anklageerhebung lediglich nach einem gegenüber der eigenen Prüfungspflicht der Staatsanwaltschaft reduzierten Prüfungsmaßstab gebilligt (vgl. Senatsurteil vom 16. Oktober 1997 aaO).

III.


Das klageabweisende Urteil läßt sich danach in dem Umfang, in dem es der revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegt, mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung, es liege keine Amtspflichtverletzung der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Anklageerhebung gegen die Kläger vor, nicht halten. Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).
1. a) Das Berufungsgericht äußert Zweifel - enthält sich jedoch insoweit, aus seiner Sicht folgerichtig, einer Entscheidung -, ob der geltend gemachte Schaden, der dadurch entstanden sein soll, daß das strafrechtliche Ermittlungsverfahren (hier: die Erhebung der Anklage anstelle einer Einstellung des
Verfahrens) gegen die Kläger die Auszahlung der Versicherungssumme verzögert habe, in den Schutzbereich der in Rede stehenden Amtspflichten der Staatsanwaltschaft fällt. Hierzu erwägt das Berufungsgericht: Die Wahrung oder gar Förderung zivilrechtlicher Interessen, wie des Interesses an der Auszahlung der Versicherungssumme, sei nicht Sinn und Zweck eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Müßte der Staatsanwalt bei seiner Amtsführung zumindest mittelbar auch solche Vermögensinteressen im Auge haben, würde hierdurch ein kaum beherrschbares und mit den Interessen einer geordneten Strafrechtspflege schlechterdings nicht zu vereinbarendes Haftungsrisiko entstehen. Denn es seien vielfältige Konstellationen denkbar, unter denen die Erledigung eines zivilrechtlichen Anspruchs von dem vorherigen Abschluß eines Ermittlungsverfahrens abhängig sei oder von den Beteiligten abhängig gemacht werde. Zudem sei es für die Ermittlungsbehörden noch nicht einmal stets abschätzbar, welche zivilrechtlichen Interessen hinter einem Ermittlungsverfahren stünden. Von derartigen Unwägbarkeiten und Risiken dürfe die Tätigkeit des Staatsanwalts nicht beeinflußt werden. Setze man sie einem solchen Haftungsrisiko aus, trete zwangsläufig eine Beschränkung der Amtsführung ein, die mit einer geordneten Strafrechtspflege kaum vereinbar sein dürfte. Dies gelte auch dann, wenn man berücksichtige, daß die Amtsführung des Staatsanwalts im Amtshaftungsprozeß nur unter ganz eingeschränkten Voraussetzungen überprüft werden könne.

b) Diese Bedenken teilt der Senat, was den hier von den Klägern aus der amtspflichtwidrigen Anklageerhebung gegen sie hergeleiteten Vermögensschaden angeht, nicht.
Daß die Kläger in bezug auf die Amtspflicht der Staatsanwaltschaft, keine nach den gesetzlichen Vorschriften unzulässige Anklage gegen sie zu erheben (vielmehr - nach den Gegebenheiten des vorliegenden Falls - das Verfahren nach dem Abschluß der Ermittlungen einzustellen), als Betroffene des Ermittlungsverfahrens "Dritte" im Sinne des § 839 BGB sind (zu diesem Begriff vgl. etwa BGHZ 134, 268, 276), steht außer Frage. Das Berufungsgericht hat allerdings im Ansatz mit Recht hervorgehoben, daß eine Person, der gegenüber eine Amtspflicht zu erfüllen ist, nicht in allen ihren Belangen immer als Dritter anzusehen sein muß. Vielmehr ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt werden soll. Es kommt danach auf den Schutzzweck der Amtspflicht an (BGHZ 110, 1, 9; 117, 83, 90; 134, 268, 276). Aber auch unter diesem Gesichtspunkt läßt sich nicht bezweifeln, daß die Vermeidung von Vermögensschäden, die durch eine unzulässige (unvertretbare) Anklageerhebung bei dem (rechtswidrig) Angeschuldigten eintreten, vom Schutzweck der Amtspflicht, keine gesetzlich unzulässige Anklage zu erheben, umfaßt wird. Es geht in diesem Zusammenhang nicht, wie nach dem gedanklichen Ansatz des Berufungsgerichts, um die "Wahrung oder gar Förderung" zivilrechtlicher Interessen, sondern um die Vermeidung von Vermögensschäden , wie sie erfahrungsgemäß häufig mit strafrechtlichen Ermittlungsverfahren - insbesondere im Falle der Anklageerhebung - einhergehen. Geht es - wie hier - um den Vorwurf der vorsätzlichen Brandstiftung bzw. des Versicherungsbetruges , so gehört es zu den typischen Nebenfolgen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, daß der Versicherer die Auszahlung der Feuerversicherungssumme ganz oder zu einem erheblichen Teil bis zur Einstellung des Verfahrens zurückstellt (vgl. § 17 Abs. 2 b AFB), wodurch nicht selten die wirtschaftliche Existenz des Betroffenen bedroht sein kann. Der Senat hat bereits
in seinem Urteil vom 21. April 1988 (aaO) ausgeführt, daß die Staatsanwaltschaft dies im Rahmen ihrer im Ermittlungsverfahren zu treffenden Entscheidungen bedenken muß.
Soweit das Berufungsgericht hierdurch die Staatsanwaltschaft einem für eine geordnete Rechtspflege unerträglichen Risiko ausgesetzt sieht, wird diesem Gesichtspunkt hinreichend dadurch Rechnung getragen, daß die Entschließungen der Staatsanwaltschaft, wie ausgeführt, im Amtshaftungsprozeß ohnehin nur auf ihre "Vertretbarkeit" überprüft werden können.
2. Wenn das Berufungsgericht schließlich die Frage aufwirft, ob und in welcher Weise eine verzögerte Auszahlung der Versicherungssumme an die F. & M. GmbH überhaupt zu einer Vermögenseinbuße bei den Klägern geführt hat, so steht auch dieser Gesichtspunkt nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt einem Schadensersatzanspruch der Kläger aus Amtspflichtverletzung der Staatsanwaltschaft nicht entgegen. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß dann, wenn der Alleingesellschafter einer GmbH von einem Dritten schuldhaft verletzt wird und der Schaden an seinem "Sondervermögen", seiner Gesellschaft, eintritt, es nach Lage des Falles im Verhältnis zum Kläger so angesehen werden kann, daß ihn persönlich ein Schaden getroffen hat (BGHZ 61, 380; BGH, Urteile vom 8. Februar 1977 - VI ZR 249/74 - VersR 1977, 374, vom 6. Oktober 1988 - III ZR 143/87 - WM 1988, 1851 und vom 23. März 1995 - III ZR 80/93 - BGHR BGB § 249 Schaden 8; vgl. auch BGHZ 106, 313, 315). Es kann offenbleiben, ob die Grundgedanken dieser Rechtsprechung (s. insbesondere die vertiefenden Ausführungen in dem Urteil vom 8. Februar 1977 aaO) auf den hier vorliegenden Fall einer Zwei-Personen-Gesellschaft, in der die beiden einzigen Gesell-
schafter (Brüder) zugleich die Geschäftsführung ausgeübt und sich dadurch gleichberechtigt wirtschaftlich betätigt haben, übertragbar wären. Solcher Überlegungen bedarf es im Streitfall schon deshalb nicht, weil die Kläger ihren Schadensersatzanspruch auch - und zwar, wie ihre Ausführungen zur Höhe nahelegen, wohl vorrangig - aus abgetretenem Recht der F. & M. GmbH herleiten und nach den vorstehenden Ausführungen ein unmittelbarer Schadensersatzanspruch der Zessionarin gegen das beklagte Land wegen Amtspflichtverletzung der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Erhebung der Anklage gegen die Kläger in Betracht kommt. Davon, daß die F. & M. GmbH infolge der (weiteren) Zurückstellung der Auszahlung der Feuerversicherungssumme durch den Versicherer als Versicherungsnehmerin einen Schaden erlitten hat, ist im Revisionsverfahren auszugehen (vgl. auch nachstehend zu IV). Bezüglich eines solchen Schadens, der im Zusammenhang mit § 17 Abs. 2 b AFB darauf beruht, daß eine "polizeiliche oder strafrichterliche Untersuchung aus Anlaß des Schadens gegen den Versicherungsnehmer" (hier: gegen seine gesetzlichen Vertreter) eingeleitet worden war, ist amtshaftungsrechtlich auch die F. & M. GmbH geschützter "Dritter" der oben (1 b) erörterten Amtspflicht der Staatsanwaltschaft, keine nach den gesetzlichen Vorschriften unzulässige Anklage zu erheben, sondern statt dessen nach dem Abschluß der Ermittlungen das Verfahren gegen die Beschuldigten mangels hinreichenden Tatverdachts einzustellen. Denn das Ermittlungsverfahren gegen die Kläger, die zugleich Geschäftsführer und die einzigen Gesellschafter der F. & M. GmbH waren, betraf - was die besagten typischen und schwerwiegenden Folgen für die Feuerversicherung anging - unmittelbar die GmbH als Versicherungsnehmerin.

IV.


Im Umfang der Aufhebung des angefochtenen Urteils muß die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Revisionsgerichts in der Sache selbst (vgl. § 565 Abs. 3 ZPO) sind insoweit nicht gegeben, auch nicht für den Erlaß eines Zwischenurteils über den Grund (§ 304 Abs. 1 ZPO) des Zahlungsanspruchs, soweit dieser aus der Erhebung der Anklage (statt der Verfahrenseinstellung) gegen die Kläger hergeleitet wird. Bei Schadensersatzklagen reicht zwar für ein Grundurteil die hohe Wahrscheinlichkeit, daß irgendein Schaden entstanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1998 - V ZR 319/96 - NJW 1998, 1709). Die Schadensberechnung muß aber wenigstens schlüssig sein. Hierfür bedarf es eines konkreten Vortrags der Kläger, welche Versicherungsleistungen im Falle einer Einstellung des Ermittlungsverfahrens statt der Anklageerhebung vom 5. Juni 1996 wann zur Auszahlung gekommen wären, wann sie nach den tatsächlichen Abläufen ausgezahlt wurden und welche Vermögenseinbußen durch diese Verzögerung eingetreten sind. Die Berechnung eines abstrakten "Betriebsunterbrechungsschadens", der nicht auf diese konkreten Abläufe abstellt , reicht nicht aus.
Nach dem Gang des bisherigen Verfahrens in den Tatsacheninstanzen muß den Klägern Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vortrags in diesem Punkt gegeben werden.
Rinne Streck Schlick Kapsa Galke

Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 144/05
Verkündet am:
12. Oktober 2006
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG
des Rates vom 29. Juli 1991 (ABl.EG 1991 Nr. L 268 S. 69) Art. 5 Abs. 1 Buchst. o, Art. 6
Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii; Richtlinie 89/662/EWG des Rates vom 11. Dezember 1989 (ABl.EG
1989 Nr. L 395 S. 13) Art. 5 Abs. 1, Art. 7, Art. 8; BGB §§ 839 (H), 852 Abs. 1 (a.F.)
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Art. 234 EG folgende Fragen
zur Vorabentscheidung vorgelegt:

a) Verleihen die Bestimmungen des Art. 5 Abs. 1 Buchst. o und des Art. 6 Abs. 1 Buchst. b
Ziffer iii der Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung gesundheitlicher
Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit frischem Fleisch in der Fassung
der Richtlinie 91/497/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 (ABl.EG 1991 Nr. L 268 S. 69)
in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1, Art. 7 und Art. 8 der Richtlinie 89/662/EWG des Rates vom
11. Dezember 1989 zur Regelung der veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen
Handel im Hinblick auf den gemeinsamen Binnenmarkt (ABl.EG 1989 Nr. L 395 S. 13)
den Produzenten und Vermarktern von Schweinefleisch eine Rechtsposition, die bei Umsetzungs
- oder Anwendungsfehlern einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch
auslösen kann?

b) Können sich die Produzenten und Vermarkter von Schweinefleisch - unabhängig von der
Beantwortung der ersten Frage - zur Begründung eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs
bei einer gegen das europäische Gemeinschaftsrecht verstoßenden Umsetzung
und Anwendung der genannten Richtlinien auf eine Verletzung von Art. 30 EGV (=
Art. 28 EG) berufen?

c) Verlangt das Gemeinschaftsrecht, dass die Verjährung des gemeinschaftsrechtlichen
Staatshaftungsanspruchs im Hinblick auf ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226
EG unterbrochen oder ihr Lauf bis zu dessen Beendigung jedenfalls dann gehemmt wird,
wenn es an einem effektiven innerstaatlichen Rechtsbehelf fehlt, den Mitgliedstaat zur Umsetzung
einer Richtlinie zu zwingen?

d) Beginnt die Verjährungsfrist für einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch,
der auf die unzureichende Umsetzung einer Richtlinie und ein damit einhergehendes (faktisches
) Importverbot gegründet ist, unabhängig von dem anwendbaren nationalen Recht erst
mit deren vollständiger Umsetzung oder kann die Verjährungsfrist in Übereinstimmung mit
dem nationalen Recht schon dann zu laufen beginnen, wenn erste Schadensfolgen bereits
eingetreten und weitere Schadensfolgen absehbar sind? Sollte die vollständige Umsetzung
den Verjährungsbeginn beeinflussen, gilt dies dann allgemein oder nur, wenn die Richtlinie
dem Einzelnen ein Recht verleiht?

e) Bestehen unter dem Gesichtspunkt, dass die Mitgliedstaaten die schadensersatzrechtlichen
Voraussetzungen für den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht ungünstiger
ausgestalten dürfen als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen, und
dass die Erlangung einer Entschädigung nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig
erschwert werden darf, allgemein Bedenken gegen eine nationale Regelung, nach der die
Ersatzpflicht nicht eintritt, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den
Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden? Bestehen auch dann Bedenken
gegen diesen "Vorrang des Primärrechtsschutzes", wenn er unter dem Vorbehalt steht,
dass er dem Betroffenen zumutbar sein muss? Ist er bereits dann im Sinne des europäischen
Gemeinschaftsrechts unzumutbar, wenn das angegangene Gericht die in Rede stehenden
gemeinschaftsrechtlichen Fragen voraussichtlich nicht ohne Vorlage an den Gerichtshof
der Europäischen Gemeinschaften beantworten könnte oder wenn bereits ein Vertragsverletzungsverfahren
nach Art. 226 EG anhängig ist?
BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2006 - III ZR 144/05 -OLG Köln
LG Köln
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Oktober 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Streck, Dörr und
Dr. Herrmann

beschlossen:
I. Die Entscheidung über die Revision der Beklagten wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Art. 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Verleihen die Bestimmungen des Art. 5 Abs. 1 Buchst. o und des Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii der Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit frischem Fleisch in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 (ABl.EG 1991 Nr. L 268 S. 69) in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1, Art. 7 und Art. 8 der Richtlinie 89/662/EWG des Rates vom 11. Dezember 1989 zur Regelung der veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel im Hinblick auf den gemeinsamen Binnenmarkt (ABl.EG 1989 Nr. L 395 S. 13) den Produzenten und Vermarktern von Schweinefleisch eine Rechtsposition, die bei Umsetzungs - oder Anwendungsfehlern einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch auslösen kann? 2. Können sich die Produzenten und Vermarkter von Schweinefleisch - unabhängig von der Beantwortung der ersten Frage - zur Begründung eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs bei einer gegen das europäische Gemeinschaftsrecht verstoßenden Umsetzung und Anwendung der genannten Richtlinien auf eine Verletzung von Art. 30 EGV (= Art. 28 EG) berufen? 3. Verlangt das Gemeinschaftsrecht, dass die Verjährung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs im Hinblick auf ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG unterbrochen oder ihr Lauf bis zu dessen Beendigung jedenfalls dann gehemmt wird, wenn es an einem effektiven innerstaatlichen Rechtsbehelf fehlt, den Mitgliedstaat zur Umsetzung einer Richtlinie zu zwingen? 4. Beginnt die Verjährungsfrist für einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch, der auf die unzureichende Umsetzung einer Richtlinie und ein damit einhergehendes (faktisches) Importverbot gegründet ist, unabhängig von dem anwendbaren nationalen Recht erst mit deren vollständiger Umsetzung oder kann die Verjährungsfrist in Übereinstimmung mit dem nationalen Recht schon dann zu laufen beginnen, wenn erste Schadensfolgen bereits eingetreten und weitere Schadensfolgen absehbar sind? Sollte die vollständige Umsetzung den Verjährungsbeginn beein- flussen, gilt dies dann allgemein oder nur, wenn die Richtlinie dem Einzelnen ein Recht verleiht? 5. Bestehen unter dem Gesichtspunkt, dass die Mitgliedstaaten die schadensersatzrechtlichen Voraussetzungen für den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht ungünstiger ausgestalten dürfen als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen, und dass die Erlangung einer Entschädigung nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden darf, allgemein Bedenken gegen eine nationale Regelung, nach der die Ersatzpflicht nicht eintritt, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden? Bestehen auch dann Bedenken gegen diesen "Vorrang des Primärrechtsschutzes" , wenn er unter dem Vorbehalt steht, dass er dem Betroffenen zumutbar sein muss? Ist er bereits dann im Sinne des europäischen Gemeinschaftsrechts unzumutbar, wenn das angegangene Gericht die in Rede stehenden gemeinschaftsrechtlichen Fragen voraussichtlich nicht ohne Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften beantworten könnte oder wenn bereits ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG anhängig ist?

Gründe:


I.


1
Die Klägerin - ein Branchenverband genossenschaftlich organisierter dänischer Schlachthofgesellschaften und Schweinezüchter - begehrt aus abgetretenem Recht ihrer Mitglieder von der beklagten Bundesrepublik Deutschland Schadensersatz wegen der Verletzung europäischen Gemeinschaftsrechts. Gegenstand des Verfahrens ist der von der Klägerin erhobene Vorwurf, die Beklagte habe von Anfang 1993 bis 1999 entgegen dem geltenden Gemeinschaftsrecht faktisch ein Importverbot verhängt, das sich auf Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen aus Dänemark bezogen habe. Hierdurch sei den Schweinezüchtern und Schlachthofgesellschaften in der genannten Zeit ein Schaden von mindestens 280.000.000 DM entstanden.
2
Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde. In Dänemark wurde Anfang der neunziger Jahre das "Male-Pig-Projekt" zur Aufzucht nicht kastrierter männlicher Schweine ins Leben gerufen. Diese - nach der Behauptung der Klägerin wirtschaftlich vorteilhaftere - Aufzucht birgt die Gefahr, dass das Fleisch beim Erhitzen einen strengen Geruch bzw. Geschmack, den sogenannten Geschlechtsgeruch, aufweisen kann, wobei diese Gefahr mit zunehmendem Alter und Gewicht der Schweine zum Schlachtzeitpunkt zunimmt. Nach Auffassung der dänischen Forschung lässt sich diese Geruchsbelastung bereits beim Schlachtvorgang durch Prüfung des Skatolgehalts, eines im Darm gebildeten Abbauprodukts, feststellen. Dementsprechend wurden in Dänemark im Rahmen des Male-Pig-Projekts unter zentraler Steuerung durch die Klägerin und die Schlachthofgesellschaften in sämtlichen Schlachtlinien der Schlachthöfe Skatolmesseinrichtungen installiert, um geruchsbelastetes Fleisch feststellen und aussortieren zu können. Nach Auffassung der deutschen Seite geht die Geruchsbelastung auf das Hormon Androstenon zurück, dessen Bildung durch eine frühe Kastration ausgeschaltet werden könne; der Skatolgehalt sei für sich allein betrachtet kein Maß für den Geschlechtsgeruch und seine Prüfung führe daher zu keinen zuverlässigen Ergebnissen.
3
Der gemeinschaftsrechtliche Rahmen sah wie folgt aus: Durch die Richtlinie 89/622/EWG des Rates vom 11. Dezember 1989 zur Regelung der veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel im Hinblick auf den gemeinsamen Binnenmarkt (ABl.EG 1989 Nr. L 395 S. 13) wurde das bisherige System der Grenzkontrollen zugunsten einer durch den Versandmitgliedstaat durchzuführenden veterinärrechtlichen Kontrolle abgelöst; der zuständigen Behörde an den Bestimmungsorten sollte nur eine nicht diskriminierende veterinärrechtliche Kontrolle im Stichprobenverfahren vorbehalten bleiben. In Art. 8 dieser Richtlinie ist ein Verfahren zur Regelung des Falls vorgesehen, dass die Übereinstimmung des Fleisches mit den geltenden gesundheitlichen Vorschriften von den zuständigen Behörden des Bestimmungs- und des Ursprungslands unterschiedlich beurteilt wird. In der Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 über die gesundheitlichen Bedingungen für die Gewinnung und das Inverkehrbringen von frischem Fleisch, die durch die bis zum 1. Januar 1993 umzusetzende Richtlinie 91/497/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 (ABl.EG 1991 Nr. L 268 S. 69) geändert und neu gefasst worden ist, heißt es in Art. 5 Abs. 1 Buchst. o, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass der amtliche Tierarzt Fleisch, das einen starken Geschlechtsgeruch aufweist, für genussuntauglich erklärt. Nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii tragen die Mitgliedstaaten Sorge dafür, dass Fleisch - unbeschadet der in Art. 5 Abs. 1 Buchst. o vorgesehenen Fälle - von nicht kastrierten männlichen Schweinen mit einem Tierkörpergewicht von mehr als 80 kg ein besonderes Kennzeichen trägt und einer Hitzebehandlung unterzogen wird, außer wenn der Betrieb durch eine nach dem Verfahren des Art. 16 anerkannte bzw. - wenn kein entsprechender Beschluss gefasst worden ist - durch eine von den zuständigen Behörden anerkannte Methode sicherstellen kann, dass Schlachtkörper mit einem starken Geschlechtsgeruch festgestellt werden können.
4
Die Beklagte teilte den obersten Veterinärbehörden der Mitgliedstaaten durch den Bundesminister für Gesundheit mit Schreiben vom 18. und 26. Januar 1993, die nachrichtlich an die obersten Landesveterinärbehörden und die obersten Lebensmittelüberwachungsbehörden gerichtet waren, mit, die Regelung in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 64/433/EWG werde in der Weise in nationales deutsches Recht umgesetzt, dass unabhängig von der Gewichtsgrenze ein Wert von 0,5 µg/g Androstenon festgesetzt werde. Bei Überschreitung dieses Wertes weise das Fleisch einen starken Geschlechtsgeruch auf und sei nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. o untauglich zum Genuss für Menschen. Als Methode zum Nachweis des Androstenons werde nur der modifizierte Immunoenzymtest nach Prof. Claus als spezifisch anerkannt. Das Fleisch männlicher , nicht kastrierter Schweine, bei dem dieser Wert überschritten werde, dürfe nicht als frisches Fleisch in die Bundesrepublik Deutschland verbracht werden. Weiter heißt es in den Schreiben, im Einvernehmen mit der EG-Kommission und dem Rat (s. Protokollerklärung zu Art. 6 Abs. 1 Buchst. b) bei Beschluss der Richtlinie 91/497/EWG werde für alle Sendungen von Schweinefleisch aus anderen Mitgliedstaaten Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/622/EWG angewandt. Schweinefleischsendungen würden am Bestimmungsort , unabhängig von ihrer Genusstauglichkeitskennzeichnung, auf die Einhaltung des Grenzwertes überprüft und bei Überschreitung des Wertes beanstandet. Dementsprechend wurden in der Folgezeit zahlreiche Lieferungen von Schweinefleisch aus Dänemark von den zuständigen deutschen Behörden geprüft und bei Überschreitung des Androstenongrenzwertes beanstandet und zurückgewiesen.
5
Nachdem die Beklagte und die Kommission keine Einigung über die Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Normen finden konnten, stellte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften auf die von der Kommission im Jahr 1996 erhobene Vertragsverletzungsklage durch Urteil vom 12. November 1998 (Rs. C-102/96, Slg. 1998, I-6890) einen Verstoß der Beklagten gegen die genannten Richtlinienbestimmungen fest.
6
Die Klägerin hat den geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf die Behauptung gestützt, die dänischen Schweinezüchter und Schlachthofgesellschaften hätten im Hinblick auf das gemeinschaftswidrige Verhalten der Beklagten zunächst die Produktion nicht kastrierter männlicher Schweine vermindert und im Oktober 1993 nahezu vollständig eingestellt. Um den Export von Schweinefleisch nach Deutschland nicht zu gefährden, seien männliche Schweine in dem notwendigen Umfang kastriert aufgezogen worden. In der Zeit zwischen 1993 und 1999 seien etwa 39 Millionen kastriert aufgezogene Schweine für die Vermarktung in Deutschland geschlachtet worden. Bei der Vermarktung einer entsprechenden Menge unkastrierter männlicher Schweine hätten sich für sie Kosteneinsparungen von mindestens 280.000.000 DM ergeben.
7
Das Landgericht (LRE 48, 207) hat die Klage im Hinblick auf die Beantragung eines Mahnbescheids am 6. Dezember 1999 für die Zeit ab 7. Dezember 1996 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und sie insoweit als verjährt abgewiesen, als es um Ersatzansprüche für Schäden geht, die bis zum 6. Dezember 1996 entstanden sind. Das Berufungsgericht (LRE 51, 370) hat die Klage insgesamt dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

II.


8
allgemeinen Die Voraussetzungen für einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften geklärt. Danach kommt eine Haftung des Mitgliedstaats in Betracht, wenn die verletzte Gemeinschaftsrechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesem Verstoß und dem dem Einzelnen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (vgl. EuGH, Urteil vom 30. September 2003 - Rs. C-224/01 - Köbler - Slg. 2003, I-10290, 10305 zu Rn. 30, 31 mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Der vorliegende Fall wirft die Frage auf, inwieweit sich die betroffenen Produzenten und Vermarkter von Schweinefleisch bei der Verletzung harmonisierender Richtlinien gegebenenfalls auf Rechte beziehen können, die ihnen das Primärrecht verleiht. Darüber hinaus sieht der Senat einen Klärungsbedarf hinsichtlich der Einflussnahme von Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts auf die prinzipiell dem nationalen Recht überlassene Regelung der näheren Ausgestaltung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs, insbesondere in Bezug auf seine Verjährung und auf den Vorrang des Primärrechtsschutzes.
9
1. a) Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften war mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt, insbesondere was die Verlautbarung der Beklagten durch das Schreiben des Bundesministers für Gesundheit vom 26. Januar 1993 angeht, bereits in dem auf Klage der Kommission eingeleiteten Verfahren gemäß Art. 169 EGV (= Art. 226 EG) in der Rechtssache C-102/96 befasst. Er hat hierbei die für das anhängige Verfahren zu übernehmende Feststellung getroffen , dass die Beklagte mit der im Schreiben vom 26. Januar 1993 angekündigten Praxis, Schlachtkörper von nicht kastrierten männlichen Schweinen der Kennzeichnung und Hitzebehandlung bereits dann zu unterwerfen, wenn das Fleisch unabhängig vom Körpergewicht der Tiere einen Androstenongehalt von mehr 0,5 µg/g - festgestellt unter Anwendung des modifizierten Immunoenzymtests nach Prof. Claus - aufweist, und dass sie das Fleisch bei Überschreitung dieses Grenzwertes als mit einem starken Geschlechtsgeruch belastet betrachtet , der die Genussuntauglichkeit des Fleisches für den menschlichen Verzehr nach sich zieht, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. o und Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG sowie aus Art. 5 Abs. 1, Art. 7 und Art. 8 der Richtlinie 89/662/EWG verstoßen hat.
10
b) Dem ist hinzuzufügen, dass die Beklagte die Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG über mehrere Jahre nicht in das nationale Recht umgesetzt hat, so dass die für den Vollzug zuständigen innerstaatlichen Behörden der Länder ihre Kontrollen - deren Umfang im Einzelnen streitig ist - auf einer mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbaren Grundlage wahrnahmen. So sah § 17 Abs. 1 der Fleischhygieneverordnung (FlHV) in der Fassung vom 7. November 1991 (BGBl. I S. 2066) über den 1. Januar 1993 - das Datum der in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 91/497/EWG geforderten Umsetzung - hinaus vor, dass frisches Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen mit einem Schlachtgewicht über 40 kg weder eingeführt noch sonst in den Geltungsbereich der Verordnung verbracht werden durfte. Hiervon waren nach § 17 Abs. 2 FlHV nur Schlachtkörper über 40 kg aus Mitgliedstaaten ausge- nommen, die unter besonderer Kennzeichnung unmittelbar aus Schlachtbetrieben in Freibankbetriebe oder nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 FlHV zugelassene Verarbeitungsbetriebe verbracht wurden. Die Ausnahme nach § 17 Abs. 2 FlHV wurde durch Art. 82 des EWR-Ausführungsgesetzes vom 27. April 1993 (BGBl. I S. 512), gültig ab 1. Januar 1994, nur dahin erweitert, dass auch Schlachtkörper über 40 kg aus anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum mit Ausnahme von Island und Norwegen unter besonderer Kennzeichnung in Freibankbetriebe oder nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 FlHV zugelassene Verarbeitungsbetriebe verbracht werden durften.
11
In § 17 Abs. 1 FlHV in der Fassung vom 15. März 1995 (BGBl. I S. 327) blieb das Einfuhrverbot von frischem Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen (unter Wegfall der Gewichtsgrenze, also grundsätzlich in einem weiteren Umfang) aufrecht erhalten. Abweichend durfte jedoch nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 FlHV das frische Fleisch aus anderen Mitgliedstaaten oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum mit Ausnahme von Island verbracht werden, wenn es mit einem geeigneten Immunoenzymtest oder einer gaschromatographischen Methode auf 5-alpha-Androstenon untersucht und die Höchstmenge von 0,5 µg/g Fett dabei nicht überschritten worden war. Diese Ausnahmeregelung entsprach im Wesentlichen der Verlautbarung der Beklagten vom 26. Januar 1993. In der seit dem 31. Dezember 1996 gültigen Fassung vom 19. Dezember 1996 (BGBl. I S. 2120; vgl. auch Bekanntmachung der Neufassung vom 21. Mai 1997, BGBl. I S. 1138) wurde die Ausnahmeregelung dahin gelockert, dass nicht mehr eine bestimmte Untersuchungsmethode , sondern lediglich ein geeigneter Test verlangt wurde, wobei es aber weiterhin auf den gleichen Grenzwert ankam. Die Änderungsverordnungen vom 6. November 1997 (BGBl. I S. 2665) und 3. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2786) beließen es bei diesem Rechtszustand. Erst durch die Ände- rungsverordnung vom 24. März 1999 (BGBl. I S. 498), gültig ab 1. April 1999, wurde das Importverbot für frisches Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen auf Tiere mit einem Gewicht des Tierkörpers von über 80 kg aus anderen Mitgliedstaaten oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beschränkt (§ 17 Abs. 1 Nr. 1d FlHV) und als Ausnahme hierzu die Einfuhr gestattet, wenn der Herkunftsschlachtbetrieb durch Anwendung einer von der zuständigen Behörde anerkannten Methode sicherstellt, dass Tierkörper mit starkem Geschlechtsgeruch festgestellt werden können (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 FlHV). Dies entsprach den Anforderungen in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii der Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG.
12
c) Der Senat hält es für zweifelhaft, ob sich aus den genannten Richtlinien Rechte der Produzenten und Vermarkter von Schweinefleisch ergeben. Die auf Art. 43 EGV (= Art. 37 EG) gestützte Richtlinie 89/662/EWG bezweckt zur Verwirklichung des Binnenmarkts eine Verlagerung der grundsätzlich dem Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier dienenden Kontrollen im Veterinärbereich von den Binnengrenzen in den Versandmitgliedstaat. Das führt zwar - auch mit Rücksicht auf die Harmonisierung der Anforderungen - zu einer gewollten Förderung der Entfaltung von Grundfreiheiten. Über diese den Warenverkehr begünstigende Wirkung hinaus lässt sich nach Auffassung des Senats nicht feststellen, dass den Produzenten und Vermarktern von landwirtschaftlichen Erzeugnissen durch die Richtlinie Rechte verliehen würden, die darüber hinausgehen, sich nach Maßgabe innerstaatlicher Rechtsbehelfe gegen eine gemeinschaftsrechtswidrige Kontrolle zur Wehr zu setzen.
13
Auch soweit es um die ebenfalls auf Art. 43 EGV gestützte Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der allgemein auf den Gründungsvertrag gestütz- ten Richtlinie 91/497/EWG geht, steht die Einführung eines harmonisierten Systems gesundheitsbehördlicher Kontrollen im Vordergrund, das neben dem Schutz der Gesundheit unter Einbeziehung der Richtlinie 89/662/EWG auch die Gleichbehandlung der Waren gewährleistet (vgl. EuGH, Urteil vom 12. November 1998, Slg. 1998, I-6890, 6901 Rn. 26). Dass sich aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. o der Richtlinie 64/433/EWG, der genussuntaugliches Fleisch vom Markt fernhalten will, ein Recht des Produzenten oder Vermarkters ergeben könnte, erscheint dem Senat ausgeschlossen. Mittelbar kann man allerdings Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii entnehmen, dass das Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen unter den dort genannten Voraussetzungen als frisches Fleisch vertrieben werden darf und weder einer Kennzeichnung bedarf noch einer Hitzebehandlung zu unterziehen ist. Der Gesamtzusammenhang der Vorschriften, die sich auf die Ausgestaltung der Kontrollen beziehen, spricht aus der Sicht des Senats jedoch eher gegen eine Verleihung von Rechten an Erzeuger und Vermarkter landwirtschaftlicher Produkte.
14
näheren Der Klärung der angesprochenen Gesichtspunkte dient die erste Vorlagefrage.
15
Auch d) wenn die genannten Richtlinien den Schweinezüchtern und Schlachthofgesellschaften keine Rechte verleihen sollten, hält es der Senat in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen für möglich, dass sie sich zur Begründung eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf die Verletzung der Warenverkehrsfreiheit (Art. 30 EGV = Art. 28 EG) berufen können. Die Revision hält zwar eine Heranziehung von Vorschriften des Primärrechts für unzulässig, wenn - wie hier - für einen bestimmten Rechtsbereich das Gemeinschaftsrecht durch Sekundärrecht harmonisiert ist. Richtig ist, dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften verschiedentlich ausgesprochen hat, für die Frage, ob ein Mitgliedstaat seine Verpflichtungen aus Art. 189 Abs. 3 EGV (= Art. 249 Abs. 3 EG) erfüllt habe, komme es ausschließlich auf den Gehalt der Richtlinie an und nicht auf das Primärrecht (vgl. nur EuGH, Urteile vom 12. Oktober 1993 - Rs. C 37/92 - Vanacker und Lesage - Slg. 1993, I-4975, 4978 Rn. 9; vom 11. Juli 1996 - Rs. C 427/93 u.a. - Bristol-Myers Squibb u.a. - Slg. 1996, I-3514, 3527 Rn. 25; allgemein zur Prüfung am Maßstab des harmonisierenden Rechts Urteil vom 13. Dezember 2001 - Rs. C 324/99 - DaimlerChrysler - Slg. 2001, I-9918, 9930, 9933 Rn. 32, 44). Daraus folgt nach Auffassung des Senats indes nicht, dass man sich nicht auf eine Verletzung von Art. 30 EGV berufen dürfe, wenn das harmonisierende Recht nicht richtig umgesetzt wird. Erfüllt der Mitgliedstaat das harmonisierende und damit mögliche Grundfreiheiten näher konkretisierende und ausgestaltende Gemeinschaftsrecht , ist er seinen Verpflichtungen nachgekommen. Ihm kann dann nicht vorgeworfen werden, er habe die Grundfreiheiten nicht ausreichend beachtet. Lässt er es jedoch - wie hier - gerade an einer Umsetzung fehlen, so dass die die Grundfreiheiten fördernden harmonisierenden Schritte nicht verwirklicht werden, verletzt er zugleich die betroffene Grundfreiheit, mögen sich aus den Richtlinien auch keine Rechte Einzelner ergeben. Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, bei Fehlen einer harmonisierenden Regelung hätte sie sich mit ihren Maßnahmen im Rahmen des Art. 36 EGV (= Art. 30 EG) gehalten. Mit diesen Überlegungen wird der die Warenverkehrsfreiheit fördernde und Maßnahmen nach Art. 36 EGV begrenzende Inhalt der hier in Rede stehenden Richtlinien verkannt.
16
Soweit der Senat sieht, hält auch der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften - in Übereinstimmung mit der Auffassung der Kommission und des Generalanwalts (vgl. EuGH, Schlussanträge vom 3. Februar 1998 - Slg. 1998, I-6873, 6878, 6886 ff Rn. 5, 14, 16) - eine Überprüfung am Maßstab des Art. 30 EGV für zulässig (vgl. EuGH, Urteil vom 12. November 1998, aaO S. 6902 Rn. 30). Um letzte Zweifel zu beseitigen, die sich daraus ergeben, dass der Gerichtshof insoweit keine Vertragsverletzung festgestellt hat, wird die zweite Vorlagefrage gestellt. An ihrer Beantwortung besteht aus Sicht des Senats wegen ihrer weiterreichenden allgemeinen Bedeutung auch dann ein erhebliches Interesse, wenn der Gerichtshof die Verleihung von Rechten aufgrund der genannten Richtlinien annehmen sollte.
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2. Ist davon auszugehen, dass durch die Schreiben der Beklagten vom 18. und 26. Januar 1993 und die verspätete Umsetzung der Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG verliehene Rechte der Produzenten und Vermarkter verletzt worden sind, kommt dem Grunde nach eine Haftung der Beklagten aus dem gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch in Betracht. Denn der Senat hätte keine Zweifel, dass es sich insoweit um einen qualifizierten Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht handeln würde, auf dem der von der Klägerin behauptete Schaden beruht.
18
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat entschieden, die Mitgliedstaaten hätten die Folgen eines verursachten Schadens, für den sie nach dem Gemeinschaftsrecht einzustehen hätten, im Rahmen ihres nationalen Haftungsrechts zu beheben. Mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung sei es Sache der nationalen Rechtsordnung, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und das Verfahren für die Klagen auszugestalten, die den vollen Schutz der dem Einzelnen aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenen Rechte gewährleisten sollen. Dabei dürften die im Schadensersatzrecht der einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten Voraussetzungen nicht ungünstiger sein als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen (Grundsatz der Gleichwertigkeit ), und nicht so ausgestaltet sein, dass sie die Erlangung einer Entschädi- gung praktisch unmöglich machten oder übermäßig erschwerten (Grundsatz der Effektivität; vgl. EuGH, Urteile vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und C-9/90 - Francovich - Slg. 1991, I-5403, 5415 f Rn. 42, 43; vom 5. März 1996 - Rs. C-46/93 und C-48/93 - Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996, I-1131, 1153, 1155, 1157 Rn. 67, 74, 83; vom 10. Juli 1997 – Rs. C-261/95 – Palmisani – Slg. 1997, I-4037, 4046 Rn. 27). Da es an einer unmittelbar anzuwendenden Verjährungsvorschrift im Gemeinschaftsrecht fehlt - die Regelung des Art. 46 (= Art. 43 a.F.) der Satzung der Gerichtshofs betrifft die aus außervertraglicher Haftung der Gemeinschaften hergeleiteten Ansprüche -, ist die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede nach nationalem Recht zu prüfen.
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a) Nach der zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Neuregelung des Verjährungsrechts durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre (§ 195 BGB). Einer längeren Verjährungsfrist unterliegen Rechte an einem Grundstück (§ 196 BGB) und sonstige, in § 197 BGB aufgeführte Ansprüche , um die es vorliegend nicht geht. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Dieser regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen z.B. Amtshaftungsansprüche nach nationalem Recht wegen amtspflichtwidrigen Verhaltens eines Beamten im haftungsrechtlichen Sinn (§ 839 BGB), für die die öffentliche Hand nach Art. 34 GG zu haften hat, und Entschädigungsansprüche aus dem richterrechtlich entwickelten Institut des enteignungsgleichen Eingriffs; auch der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch verjährt nach dieser Regelung. Der Senat hat keine Bedenken, dass diese Regelung den oben (vor a) wiedergegebenen Anforderungen gerecht wird, die der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Ausgestaltung der Folgen des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs an das nationale Recht gerichtet hat. Dies gilt insbesondere auch für die Dauer der Verjährungsfrist , die zwar hinter der in Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs zurückzubleiben scheint, aber angesichts ihres kenntnisabhängigen Laufs dem Geschädigten eine ausreichende Zeit gibt, seine Ansprüche geltend zu machen.
20
b) Für die Frage, ob die Ansprüche der Klägerin im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits verjährt waren, ist nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 EGBGB jedoch das frühere Recht anzuwenden. Nach diesem Recht betrug die regelmäßige Verjährungsfrist 30 Jahre (§ 195 BGB a.F.). Diese Regelung war gesetzlich durch eine Reihe von Ausnahmetatbeständen zweiund vierjähriger Fristen durchbrochen. Für Amtshaftungsansprüche richtete sich die Verjährung nach § 852 Abs. 1 BGB a.F., einer verjährungsrechtlichen Sondervorschrift aus dem Recht der unerlaubten Handlungen, an der sich im Wesentlichen die Regelverjährung nach neuem Recht orientiert hat. Denn diese Ansprüche verjährten grundsätzlich in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangte. Demgegenüber verjährten Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff - von landesrechtlichen Besonderheiten abgesehen - in der regelmäßigen Frist von 30 Jahren (vgl. Senatsurteil BGHZ 117, 287, 294).
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aa) In welcher Frist der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch verjährt, ist bisher höchstrichterlich nicht entschieden worden. Der Gesetzgeber hat davon abgesehen, nach der Entwicklung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hierfür besondere Regelungen vorzusehen, und hat die Frage der Rechtspraxis überlassen. Probleme sind deswegen - soweit ersichtlich - noch nicht aufgetreten. So wird es etwa als selbstverständlich angesehen, dass die Spruchkörper, die mit Amtshaftungssachen befasst sind, auch über den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch befinden.
22
bb) Die Klägerin meint, mangels einer speziellen Verjährungsregelung für den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch unterliege dieser unmittelbar der Regelverjährung von 30 Jahren. Dies sei im Übrigen auch deshalb sachgerecht, weil er sich von der Amtshaftung, bei der das schuldhafte Fehlverhalten eines einzelnen Beamten im Mittelpunkt der Beurteilung stehe und die Haftung auf den Staat nur übergeleitet werde, grundlegend unterscheide und eine größere Nähe zu den Ansprüchen aus enteignungsgleichem Eingriff aufweise , bei denen es um eine Entschädigung für rechtswidrige Eingriffe in eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition gehe.
23
cc) Nach Auffassung des Senats ist die Verjährungsregelung des § 852 Abs. 1 BGB a.F. auch auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch anzuwenden. Das entspricht auch der überwiegenden Meinung in der Fachliteratur (vgl. Maurer, in: Festschrift für Boujong, 1996, S. 591, 606; Streinz/Leible, ZIP 1996, 1931, 1938; Huff, NJW 1996, 3190, 3191; Deckert, EuR 1997, 203, 233; Hidien, Die gemeinschaftsrechtliche Staatshaftung der EU-Mitgliedstaaten, 1999, S. 71; Berg, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2000, Art. 288 EGV Rn. 94; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 288 EG-Vertrag Rn. 58; Gellermann, in: Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 288 EGV Rn. 56; Mankowski, in: Rengeling/Middeke/Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 2. Aufl. 2003, § 37 Rn. 131; Schulze , in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2005, Kapitel 16 Rn. 47; für eine analoge Anwendung des Art. 46 [= Art. 43 a.F]. der Sat- zung des Gerichtshofs Prieß, NVwZ 1993, 118, 124; Detterbeck, VerwArch 85 [1994], 159, 190 f; Detterbeck/Windthorst/Sproll, Staatshaftungsrecht, 2000, § 6 Rn. 79; vom Stein, in: Anwaltkommentar BGB, 2005, § 839 Rn. 37; wohl auch Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl. 1998, S. 520). Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, wie man das dogmatische Verhältnis beider Ansprüche zueinander betrachtet, ob etwa der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch nur gemeinschaftsrechtlich geforderte Mindestvoraussetzungen in einem einheitlichen Haftungssystem bestimmt oder ob es sich um zwei Ansprüche handelt, die in ihren Voraussetzungen und Folgen unabhängig voneinander sind (zu Unterschieden und Gemeinsamkeiten der Ansprüche in der Rechtsprechung des Senats vgl. Dörr, DVBl. 2006, 598 ff). Aus der Sicht des Senats spricht für eine Anwendung der Verjährungsregelung für Amtshaftungsansprüche zum einen das Rechtsschutzziel: der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch zielt - anders als der enteignungsgleiche Eingriff - auf einen vollständigen Schadensausgleich. Zum anderen bestehen, insbesondere wenn es - wie im Regelfall - um die Beurteilung behördlichen Verhaltens geht, weitgehende Parallelen, da es zu den Amtspflichten der nationalen Behörden gehört, das Gemeinschaftsrecht zu beachten. Ginge es daher vorliegend um die Rechtmäßigkeit von konkreten Kontrollmaßnahmen, könnten ohne weiteres die Haftungsvoraussetzungen sowohl für den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch als auch den nationalen Amtshaftungsanspruch erfüllt sein. Der Senat hält es deshalb für nicht sachgerecht, in Fällen legislativen Unrechts, in denen es an der für Amtshaftungsansprüche erforderlichen Verletzung einer gegenüber einem Dritten bestehenden Amtspflicht fehlt, und deshalb lediglich eine Haftung unter den Voraussetzungen des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs in Betracht kommt, eine vom Amtshaftungsrecht abweichende Verjährungsfrist anzuwenden.
24
Der Senat verkennt nicht, dass das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften es in ständiger Rechtsprechung abgelehnt hat, wegen der Verjährung im Gemeinschaftsrecht wurzelnder Ansprüche auf Rückzahlung rechtswidrig gewährter Beihilfen oder Zuschüsse im Wege der Analogie Vorschriften des nationalen Rechts oder für andere Sachverhalte einschlägige gemeinschaftsrechtliche Vorschriften heranzuziehen, weil eine Verjährungsfrist vom Gemeinschaftsgesetzgeber grundsätzlich im voraus festgelegt werden müsse, um ihre Aufgabe, die Rechtssicherheit zu gewährleisten, erfüllen zu können (vgl. EuG, Urteile vom 15. September 1998 - Rs. T-126/96 und T-127/96, Slg. 1998, II-3442, 3462 f Rn. 67, 68; vom 17. September 2003 - Rs. T-137/01, Slg. 2003, II-3106, 3140 f Rn. 122, 123). Diese Rechtsprechung , die die Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Normen betrifft, kann jedoch nach Auffassung des Senats nicht auf die Verjährung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs übertragen werden, den der Gerichtshof in seinen Voraussetzungen entwickelt und für dessen Folgen er auf das nationale Recht verwiesen hat. Der Senat sieht daher - vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - keine Rechtssätze des Gemeinschaftsrechts, die die Befugnis der nationalen Gerichte beschränken könnten, im Wege der Auslegung, die die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Gleichwertigkeit und der Effektivität beachtet, zur entsprechenden Anwendung der für die Amtshaftung geltenden Verjährungsvorschriften zu gelangen.
25
c) Geht man von der dreijährigen Frist des § 852 Abs. 1 BGB a.F. für die Verjährung der Ansprüche der Klägerin aus, kommt es im Weiteren auf deren Beginn und etwaige Hemmungs- oder Unterbrechungstatbestände an.
26
aa) Grundsätzlich beginnt die Verjährungsfrist mit der Kenntnis des Geschädigten vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen. Soweit es um den hier geltend gemachten Schaden geht, der sich daraus ergeben soll, dass die Vermarktung nicht kastrierter männlicher Schweine höhere Erlöse erbracht hätte als die tatsächliche Vermarktung kastrierter Schweine, ergibt sich aus dem gesamten Vorbringen der Klägerin über das Male-Pig-Projekt und dessen alsbaldige Drosselung und nahezu vollständige Einstellung, dass die Beteiligten bereits im Jahr 1993 Kenntnis von den Schäden erlangten, die ihnen entstanden waren bzw. entstehen würden, wenn sie, um Verluste auf einem bedeutsamen Markt zu vermeiden, zur Vermarktung kastrierter Schweine zurückkehrten. Prinzipiell war ihnen auch bekannt, dass dies auf den Verlautbarungen der Beklagten beruhte, die angekündigt hatte, die Richtlinie 64/433/EWG nicht in der vorgeschriebenen Form umsetzen zu wollen. Sie hatten auch von entsprechenden Kontrollmaßnahmen der Landesbehörden Kenntnis.
27
Für den Bereich der Amtshaftung genügt es im Allgemeinen, dass der Geschädigte die tatsächlichen Umstände kennt, die eine schuldhafte Amtspflichtverletzung als nahe liegend, eine Amtshaftungsklage - sei es auch nur als Feststellungsklage - mithin als so aussichtsreich erscheinen lassen, dass dem Verletzten die Erhebung der Klage zugemutet werden kann (vgl. Senatsurteil BGHZ 122, 317, 325). Dagegen setzt § 852 Abs. 1 BGB a.F. aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit grundsätzlich nicht voraus, dass der Geschädigte aus den ihm bekannten Tatsachen auch die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Allerdings kann Rechtsunkenntnis im Einzelfall bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage den Verjährungsbeginn hinausschieben (vgl. Senatsurteil BGHZ 150, 172, 186 m.w.N.).
28
So liegt es hier. Der Senat hält für das Jahr 1993, als die Klägerin Kenntnis vom eingetretenen und absehbaren Schaden erlangte, mit dem Berufungsgericht die Rechtslage, soweit es um den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch geht, noch für so unsicher und zweifelhaft, dass der Klägerin die Erhebung einer Klage nicht zumutbar war. Zwar hätten sich mit dem Export befasste Unternehmen im Wege des Primärrechtsschutzes gegen ungerechtfertigte Kontrollmaßnahmen und Zurückweisungen von Lieferungen bereits damals zur Wehr setzen können. Die Voraussetzungen, unter denen gegen im Kern legislatives Unrecht, wie es in den Verlautbarungen des Bundesministers für Gesundheit angekündigt wurde, Schadensersatz zu erlangen war, waren indes zu diesem Zeitpunkt noch nicht hinreichend geklärt. Zwar hatte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bereits in seinem Urteil vom 19. November 1991 (Rs. C-6/90 und C-9/90 - Francovich - Slg. 1991, I-5403, 5413 ff Rn. 31 bis 40) die Grundlagen und Voraussetzungen für einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch näher umschrieben. Das Urteil , das den Fall einer nicht umgesetzten Richtlinie betraf, mit der Einzelnen Rechte verliehen wurden, ließ jedoch noch einige Fragen offen, die Gegenstand des Vorlagebeschlusses des Senats vom 28. Januar 1993 gewesen sind und den Klärungsbedarf auch für die hier vorliegende Fallkonstellation belegten (III ZR 127/91 - NVwZ 1993, 601; vgl. auch die Wiedergabe im Senatsurteil BGHZ 134, 30, 34). Der Senat ist daher der Auffassung, dass es der Klägerin erst im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 5. März 1996 (Rs. C-46/93 und C-48/93 - Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996, I-1131) zumutbar war, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Denn durch dieses Urteil wurde geklärt, dass auch in Fällen legislativen Unrechts eine Ersatzpflicht eintritt, die nicht auf Schäden an bestimmten individuellen Rechtsgütern beschränkt ist, den entgangenen Gewinn mit einschließt und Zeiträume erfassen kann, die vor Erlass eines Ur- teils liegen, mit dem der Gerichtshof einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht feststellt. Billigt man der Klägerin eine Frist von drei Monaten zu, um die Auswirkungen der genannten Entscheidung auf ihre Situation zu überprüfen, wäre ihr daher Mitte des Jahres 1996 die Erhebung einer Schadensersatzklage zuzumuten gewesen.
29
bb) Demgegenüber teilt der Senat nicht die Auffassung des Berufungsgerichts , die Klägerin hätte, nachdem zwischenzeitlich die Klage der Kommission gegen die Beklagte beim Gerichtshof anhängig gewesen sei, den Ausgang dieses Verfahrens abwarten dürfen, ohne Auswirkungen auf die Verjährung ihres Anspruchs gewärtigen zu müssen.
30
Der Beginn des Laufs der Verjährungsfrist hängt nach § 852 Abs. 1 BGB a.F. allein von der Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen ab. Dann ist er in der Regel in der Lage, eine - die Verjährung unterbrechende (oder nach neuem Recht hemmende) - hinreichend aussichtsreiche und ihm daher zumutbare Klage zu erheben (vgl. BGHZ 102, 246, 248; Senatsurteile BGHZ 122, 317, 324 f; BGHZ 138, 247, 252). Risikolos muss eine solche Klage nicht sein, um dem Geschädigten zugemutet werden zu können. Deswegen hat es auf den Lauf der Verjährungsfrist grundsätzlich keinen Einfluss, wenn bestimmte Fragen in einem Parallelverfahren – dort vielleicht schon in der Revisionsinstanz - ebenfalls zu beantworten sind und der Geschädigte den Ausgang eines solchen Verfahrens abwarten möchte. Will er unter solchen Umständen den Ablauf der Verjährung vermeiden, muss er einen Verzicht des Gegners auf die Einrede der Verjährung herbeiführen oder mit ihm ein "pactum de non petendo" schließen (vgl. etwa Senatsurteil vom 23. April 1998 - III ZR 7/97 - NJW 1998, 2274, 2276 f).
31
Unberührt hiervon bleibt freilich eine Klage des Geschädigten, mit der er sich im Wege des Primärrechtsschutzes gegen die rechtswidrigen staatlichen Maßnahmen selbst wendet. Insoweit kommt der Inanspruchnahme fachgerichtlichen Primärrechtsschutzes im Sinn des § 839 Abs. 3 BGB verjährungsunterbrechende Wirkung analog § 209 Abs. 1, § 211 BGB a.F. auch für den Amtshaftungsprozess zu (vgl. Senatsurteile BGHZ 95, 238, 242; BGHZ 122, 317, 323 f). Dem Vertragsverletzungsverfahren kann indes eine solche Bedeutung nicht beigemessen werden. Auch wenn die Kommission vielfach - wie hier - auf die Beschwerde eines von einem Gemeinschaftsrechtsverstoß Betroffenen hin tätig wird, bleibt es ihrem Ermessen überlassen, ob sie nach der Einleitung der in Art. 226 EG vorgesehenen Schritte Klage vor dem Gerichtshof erhebt. Auch wenn das Rechtsschutzinteresse für ein Vertragsverletzungsverfahren, dessen Streitgegenstand durch die mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission bestimmt wird, nicht dadurch wegfällt, dass der Mitgliedstaat nach Ablauf der gemäß Art. 226 Abs. 2 EG gesetzten Frist den gerügten Mangel behebt, sondern fortbesteht, weil die Grundlage für eine Haftung des Mitgliedstaates geschaffen werden kann (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 30. Mai 1991 - Rs. C-361/88 - Slg. 1991, I-2596, 2605 Rn. 31), handelt es sich doch um ein objektives Verfahren, das der Einflussnahme möglicher Betroffener entzogen ist und anders als eine vom Betroffenen im Primärrechtsschutz erhobene Klage dem Schädiger nicht vermittelt, mit welchen Schadensersatzansprüchen er nach Abschluss dieses Verfahrens noch zu rechnen hat. Wollte man, wie dies von der Klägerin vertreten wird, einem Vertragsverletzungsverfahren grundsätzlich verjährungsunterbrechende Bedeutung beimessen oder jedenfalls in Fällen, in denen nach nationalem Recht zumutbare Rechtsmittel des Primärrechtsschutzes nicht zur Verfügung stehen, würde dies auf eine Sonderbehandlung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs hinauslaufen, die für vergleichbare Verfahren nach nationalem Recht ohne Parallele wäre und den aus der Sicht des Senats wünschenswerten Gleichlauf der Folgen bei Verstößen gegen das nationale Recht und das Gemeinschaftsrecht stören würde. Nach dem Verständnis des Senats werden ähnliche Fragen auch im Anwendungsbereich des Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs entsprechend gesehen. Denn das Gericht erster Instanz hat in einem Fall außervertraglicher Haftung (Art. 288 Abs. 2 EG) wegen Ungültigkeit einer Norm entschieden, weder den Schwierigkeiten, die mit einer solchen Klage verbunden seien, noch dem Zeitpunkt der Feststellung der Ungültigkeit der Verordnung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften komme für die Klagefrist Bedeutung zu. Vielmehr sei es Sache eines jeden Geschädigten, von den Organen der Gemeinschaft Ersatz zu verlangen oder innerhalb der Frist Klage zu erheben (vgl. EuG, Urteil vom 16. April 1997, Rs. T-20/94 - Hartmann - Slg. 1997, II-598, 628 f Rn. 115 f, 118).
32
Da der Senat jedoch nicht auszuschließen vermag, dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften es zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts für erforderlich hält, dass der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch nicht verjähren darf, solange ein Vertragsverletzungsverfahren anhängig ist, bittet er um nähere Klärung im Sinne der dritten Vorlagefrage.
33
d) Bestehen gegen die Anwendbarkeit des § 852 Abs. 1 BGB a.F. und die Auffassung des Senats, das Vertragsverletzungsverfahren habe auf die Verjährung keinen Einfluss, keine gemeinschaftsrechtlichen Bedenken, kommt in Betracht, dass die an die Klägerin abgetretenen Ansprüche der drei Schlachthofgesellschaften und der mehr als 15.000 Schweinezüchter ganz oder teilweise verjährt sind. Denn im Zeitpunkt der Zustellung des am 6. Dezember 1999 beantragten Mahnbescheids, die der Erhebung der Klage nach § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. gleichsteht, waren seit Mitte 1996, als der Klägerin die Erhebung einer Schadensersatzklage zumutbar war, mehr als drei Jahre verstrichen.
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aa) Wie bereits ausgeführt, knüpft der Lauf der Verjährungsfrist an die Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen an. Dabei genügt es für die Kenntnis des Schadens, dass dem Geschädigten das Vorliegen eines Schadens und das Schadensgeschehen in seinen Grundzügen bekannt sind. Deshalb stellt sich der gesamte aus einer unerlaubten Handlung entstehende Schaden hinsichtlich der Erlangung der Kenntnis als eine Einheit dar und nicht als Summe einzelner selbständiger Schadensfolgen (vgl. BGHZ 67, 372, 373; BGH, Urteil vom 20. Juni 1991 - IX ZR 226/90 - NJW 1991, 2833, 2835). Die Kenntnis eines bereits entstandenen Schadens umfasst daher auch die Kenntnis der weiteren nachteiligen Folgen, die im Zeitpunkt der Erlangung der Kenntnis noch nicht eingetreten, aber bei verständiger Würdigung voraussehbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 1991 aaO). Aufgrund dieses Grundsatzes der "Schadenseinheit", der auch in das seit dem 1. Januar 2002 geltende Verjährungsrecht übernommen wurde (vgl. BT-Drucks. 14/7052 S. 180 zur Fassung des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB: Anspruch "entstanden" statt "fällig"), spielt es für die Verjährung grundsätzlich keine Rolle, dass sich der hier geltend gemachte Schaden mit jedem der 39 Millionen kastriert aufgezogenen Schweine in der Zeit von 1993 bis 1999 nach und nach verwirklicht und in dem gesamten Zeitraum auf den eingeklagten Betrag summiert haben soll. Insoweit bestehen Unterschiede zum Lauf der Frist des Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs, die ab Eintritt des den Ansprüchen zugrunde liegenden Ereignisses und nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht eher läuft, als die Voraussetzungen der Ersatzpflicht erfüllt sind und sich insbesondere der zu ersetzende Schaden konkretisiert hat (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Januar 1982 - Rs. C-256/80 u.a. - Birra Wührer SpA u.a. - Slg. 1982, 85, 106 Rn. 8, 10; EuG, Urteil vom 16. April 1997 - Rs. T-20/94 - Hartmann - Slg. 1997, II-598, 626 Rn. 107), so dass bei fortlaufenden Schädigungen, etwa aufgrund einer rechtswidrigen Verordnung, die Verjährungsfrist für jeden kontinuierlich eingetretenen, täglich neu entstandenen Schaden gesondert zu berechnen ist (EuG, Urteil vom 16. April 1997 aaO S. 631 Rn. 132; vom 25. November 1998 - Rs. T-222/97 - Steffens - Slg. 1998, II-4177, 4186 Rn. 34).
35
Vor dem Hintergrund der nationalen Rechtslage vertritt die Beklagte den Standpunkt, die Ansprüche seien insgesamt verjährt, da nach dem Vortrag der Klägerin alle Schadensfolgen auf ihre Verlautbarungen im Januar 1993 und auf die Beanstandungen von dänischem Schweinefleisch im weiteren Verlauf dieses Jahres zurückzuführen seien. Dabei handelt es sich zwar um mehrfache Handlungen, die jede für sich - auch in Bezug auf jeden Zedenten - verjährungsrechtlich gesondert zu betrachten wären. Geht man jedoch davon aus, dass alle Zedenten bereits durch die der Beklagten vorgeworfenen Handlungen betroffen waren, hätte in der Tat prozessual kein Hindernis bestanden, im Jahr 1996 den bereits eingetretenen Schaden einzuklagen und bezüglich des absehbaren künftigen Schadens die Ersatzpflicht der Beklagten feststellen zu lassen.
36
bb) Das Landgericht hat demgegenüber angenommen, ungeachtet des Grundsatzes der Schadenseinheit sei hier zu berücksichtigen, dass der geltend gemachte Schaden nicht allein auf eine abgeschlossene Handlung im Jahr 1993 zurückzuführen sei, sondern auch auf das weitere Verhalten der Beklagten , die es über mehrere Jahre schuldhaft unterlassen habe, den gemeinschaftswidrigen Zustand, den sie mit den Verlautbarungen im Januar 1993 und der Nichtumsetzung der Richtlinie 64/433/EWG geschaffen habe, wieder zu beseitigen.

37
Daran ist richtig, dass mehrere unerlaubte Handlungen, auch soweit sie sich in gleichartiger Weise wiederholen, zu einer gesonderten verjährungsrechtlichen Betrachtung führen, weil jede Verletzungshandlung eine neue Schädigung und einen neuen Schadensersatzanspruch erzeugt (vgl. BGHZ 71, 86, 94; Senatsurteile BGHZ 97, 97, 110; BGHZ 98, 77, 83; vom 20. Februar 2003 - III ZR 224/01 - NJW 2003, 1308, 1313). Dabei bewirkt der Umstand, dass die wiederholten schadenstiftenden Handlungen möglicherweise Ausfluss eines einheitlichen Entschlusses sind, nicht, dass die Verjährung erst mit der letzten unerlaubten Handlung für alle beginnt. Denn strafrechtliche Begriffe, wie der der natürlichen Handlungseinheit oder der fortgesetzten Handlung, sind für die Verjährung deliktischer Ansprüche nicht maßgebend (vgl. BGHZ 71, 86, 94; Senatsurteil vom 20. Februar 2003 aaO).
38
Geht man daher davon aus, dass auch die weitere Unterlassung der Umsetzung der Richtlinie 64/433/EWG, zu der die Beklagte gemeinschaftsrechtlich verpflichtet war (Art. 249 Abs. 3 EG), einer Handlung gleichzustellen ist und der Verzicht der dänischen Schlachthofgesellschaften und Schweinezüchter auf die Vermarktung unkastrierter männlicher Schweine unmittelbar im Sinn des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf diesen Unterlassungen beruht, wurden auch in der Folgezeit bis 1999 Schadensersatzansprüche begründet, die einer eigenen Verjährung unterliegen konnten. Danach wäre die Auffassung des Landgerichts, bei Annahme einer dreijährigen Verjährungsfrist seien alle Ansprüche verjährt, die bis zum 6. Dezember 1996 entstanden seien, nicht zu beanstanden. Das stünde auch - im praktischen Ergebnis - mit der Auslegung und Anwendung des Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs im Einklang.
39
cc) Das Berufungsgericht sieht in dem Verhalten der Beklagten eine bis zur Herstellung einer gemeinschaftsrechtskonformen innerstaatlichen Rechtslage andauernde Dauerhandlung, für deren Folgen die Verjährung erst mit dem Ende der Verletzungshandlung beginne.
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Im Ausgangspunkt wird in Rechtsprechung und Literatur angenommen, dass bei einer (einheitlichen) Dauerhandlung die Verjährung erst mit deren Beendigung beginnt (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1973 - I ZR 136/71 - NJW 1973, 2285; RG JW 1932, 938, 939; OLG Frankfurt, VersR 1989, 260, 261 bei einer auf falscher Anschuldigung beruhenden Inhaftierung; Stein, in: MünchKomm -BGB, 3. Aufl. 1997, § 852 Rn. 23; Grothe, in: MünchKomm-BGB, 4. Aufl. 2001, § 198 Rn. 4; Staudinger/Peters, BGB, Neubearb. 2004, § 199 Rn. 21; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl. 2006, § 199 Rn. 21), wobei insoweit darauf abgestellt wird, dass der deliktische Eingriff bis zur Beendigung der Handlung fortdauere. Die Abgrenzung zu einer wiederholten Handlung, deren Verjährung sich nach den zu bb) genannten Maßstäben richtet, ist jedoch praktisch kaum möglich (in diesem Sinn auch Grothe, in: MünchKomm-BGB, aaO und Bd. 1a, 4. Aufl. 2003, § 199 Rn. 13; Staudinger/Peters aaO). Weil eine Dauerhandlung sich häufig aus sie unterstützenden Einzelakten zusammensetzt, aus denen jeweils Ansprüche hergeleitet werden können, hat sie in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine eher theoretische Bedeutung erlangt: Im Allgemeinen ist in den zugrunde liegenden Fällen ein wiederholtes, selbständige verjährungsrechtliche Folgen auslösendes Verhalten angenommen und eine Dauerhandlung abgelehnt (vgl. BGH, Urteile vom 26. Januar 1984 - I ZR 195/81 - NJW 1985, 1023, 1024; vom 14. Januar 1999 - I ZR 203/96 - GRUR 1999, 751, 754; in der Sache BGH, Urteil vom 18. Februar 1972 - I ZR 82/70 - GRUR 1972, 558, 560 ging es um einen Beseitigungsanspruch ; vgl. auch RGZ 106, 283, 286; RGZ 134, 335, 340 f) oder deren Vorlie- gen offen gelassen worden (vgl. BGH, Urteil vom 17. April 2002 - VIII ZR 139/01 - NJW-RR 2002, 1256, 1257).
41
Diese Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen auch in der vorliegenden Sache. Es ist eine Frage des Blickwinkels, ob man in der Fortdauer einer Rechtslage, die seit Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie 64/433/EWG nicht mehr mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stand, eine - in einer Unterlassung bestehende - Dauerhandlung sieht oder ob man die verschiedenen Versuche einer Änderung der Fleischhygieneverordnung (s. oben 1 b), die allerdings über mehrere Jahre unzureichend blieben, als selbständige Handlungen bewertet, die zu einer Wiederholung oder Fortdauer weiterer gleichartiger Schäden führten.
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Für die Auslegung des nationalen Rechts geht der Senat wie das Landgericht von mehrfachen, wiederholten Handlungen aus. Hierfür spricht nicht nur eine natürliche Betrachtungsweise, sondern auch der Umstand, dass die gedankliche Konstruktion einer Dauerhandlung mit der Nichtumsetzung der Richtlinie nur ein - wenngleich wichtiges - Element des Geschehens herausgreift, zu dem auch die - im Einzelnen streitige - Kontrollpraxis der Landesbehörden im Vollzug der Rechtslage nach der Fleischhygieneverordnung gehört. Ein Bedürfnis für eine andere Betrachtungsweise ist nicht geboten. Vielmehr sprechen Sinn und Zweck der dem materiellen Recht zugeordneten Regeln über die Verjährung , die durch den Gedanken des Schuldnerschutzes sowie des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit gekennzeichnet sind, gegen ein Hinausschieben des Verjährungsbeginns, weil die Voraussetzungen, gegen den Ersatzpflichtigen klageweise vorzugehen, schon zu einem früheren Zeitpunkt gegeben sind.
43
Ob das Gemeinschaftsrecht eine andere Beurteilung erfordert, ist dem Senat nicht gewiss. Die Klägerin vertritt diese Auffassung unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Juli 1991 (Rs. C-208/90 - Emmott - Slg. 1991, I-4292). In dieser Rechtssache hat der Gerichtshof entschieden, ein Mitgliedstaat könne sich bis zum Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Umsetzung einer Richtlinie nicht auf die Verspätung einer Klage berufen, die ein Einzelner zum Schutz der ihm durch die Bestimmungen dieser Richtlinie verliehenen Rechte gegen ihn erhoben habe; die Klagefrist des nationalen Rechts könne erst zu diesem Zeitpunkt beginnen (vgl. EuGH aaO S. 4299 Rn. 21 bis 23). Ob die Grundsätze dieser Entscheidung auf die Verjährung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs zu übertragen sind, erscheint dem Senat nicht selbstverständlich. Zum einen würde dies generell wohl schon voraussetzen, dass die hier in Rede stehenden Richtlinien den Produzenten und Vermarktern von Schweinefleisch Rechte verleihen (s. oben 1 c und die erste Vorlagefrage). Zum anderen betrifft das Urteil in der Rechtssache Emmott unmittelbar die Gewährung der durch die Richtlinie verliehenen Rechte. Dass für die Verjährung eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichtumsetzung der Richtlinie dasselbe gelten müsste, hält der Senat nicht für zwingend , zumal die Voraussetzungen für einen gemeinschaftsrechtlichen Schadensersatzanspruch durch das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Brasserie du Pêcheur allgemein geklärt waren und die Vertragsverletzung der Beklagten durch das Urteil vom 12. November 1998 (Rs. C-102/96 - Slg. 1998, I-6890) feststand. Zur Durchsetzung der sekundärrechtlichen Ansprüche der Klägerin bedurfte es - anders als für die Wahrnehmung verliehener Rechte - einer Umsetzung der Richtlinie also nicht.
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Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ein Hinausschieben des Verjährungsbeginns bis zur Umsetzung der Richtlinie 64/433/EWG gebieten. Die Klägerin hat zwar auf die Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano vom 7. September 2004 in der Rechtssache C-226/03 P (Slg. 2004, I-11423) hingewiesen, in denen dieser im Zusammenhang mit verschiedenen unzutreffenden Angaben im Rahmen einer Zuschussgewährung ausgeführt habe, der Grundsatz, dass die Verjährungsfrist Rechtssicherheit gewährleiste, schütze diejenigen, die gegen eine Verpflichtung aus dem Gemeinschaftsrecht verstoßen hätten, nur dann, wenn der Verstoß beendet werde, nicht aber, wenn sie sich in einer Position fortdauernder Rechtswidrigkeit befänden (vgl. aaO S. 11435 Rn. 51 bis 53). Dem hat sich der Gerichtshof in seinem Urteil vom 2. Dezember 2004 (Slg. 2004, I-11440, 11458 Rn. 17 f) angeschlossen. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die Klägerin sich auf diese Rechtsausführungen deshalb nicht unmittelbar beziehen kann, weil es in der angeführten Sache um die Auslegung und Anwendung einer Gemeinschaftsverordnung ging, nach deren ausdrücklicher Bestimmung der Beginn der Verjährungsfrist sowohl bei andauernden als auch bei wiederholten Unregelmäßigkeiten auf den Tag hinausgeschoben wird, an dem die Unregelmäßigkeit beendet wird (vgl. Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung [EG, Euratom] Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften - ABl.EG Nr. L 312 S. 1). Hier geht es indes um eine prinzipiell den nationalen Gerichten vorbehaltene Auslegung nationaler Verjährungsvorschriften, die auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch anzuwenden sind.
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Aus der Sicht des Senats spricht gegen eine Übernahme der Grundsätze aus dem Urteil in der Rechtssache Emmott auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch, dass auch der Gerichtshof in späteren Urteilen hervorgehoben hat, die Entscheidung in der Rechtssache Emmott sei durch die besonderen Umstände dieses Falls gerechtfertigt gewesen, weil der Klägerin durch den Ablauf der Klagefrist jede Möglichkeit genommen worden sei, ihren auf die Richtlinie gestützten Anspruch auf Gleichbehandlung geltend zu machen (vgl. EuGH, Urteile vom 27. Oktober 1993 - Rs. C-338/91 - Stehenhorst -Neerings - Slg. 1993, I-5497, 5503 Rn. 19; vom 6. Dezember 1994 - Rs. C-410/92 - Johnson - Slg. 1994, I-5501, 5510 Rn. 25 f; vom 17. Juli 1997 - Rs. C-114/95 und C-115/95 - Texaco und Olieselskabet Danmark - Slg. 1997, I-4267, 4287 Rn. 47, 48; vom 2. Dezember 1997 - Rs. C-188/95 - Fantask - Slg. 1997, I-6820, 6839 Rn. 51). So hat es der Gerichtshof in der Rechtssache Fantask ausdrücklich gebilligt, dass sich die dänische Regierung, die auf Erstattung richtlinienwidriger Abgaben in Anspruch genommen wurde, auf die vom Zeitpunkt der Fälligkeit an laufende fünfjährige nationale Verjährungsfrist berief (Urteil Fantask aaO S. 6839 Rn. 52). Auch in der Rechtssache Texaco hat er entschieden, dass das Gemeinschaftsrecht es nicht verbietet, dass die nationale Verjährungsfrist für einen Anspruch auf Erstattung gemeinschaftswidriger Abgaben zu einem früheren Zeitpunkt als dem der Abschaffung dieser Abgaben beginnt (Urteil Texaco aaO S. 4287 Rn. 49).
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Da der Senat nicht mit hinreichender Sicherheit einzuschätzen vermag, ob der Gerichtshof ein Hinausschieben des Beginns der Verjährungsfrist bis zur Umsetzung der Richtlinie für geboten hält, bittet er um Beantwortung der vierten Vorlagefrage. An ihrer Beantwortung besteht, da sie sich in allen Fällen von Umsetzungsfehlern bei Richtlinien stellen kann, ein allgemeines Interesse.
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3. Die Parteien streiten schließlich noch darüber, ob Ansprüche der Klägerin nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen sind. Nach dieser Bestimmung tritt die Ersatzpflicht bei einer Amtspflichtverletzung nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

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Die Beklagte meint in diesem Zusammenhang, es komme nicht allein auf das Verhalten der Klägerin bzw. der dänischen Schweinezüchter und Schlachthofgesellschaften an, sondern auch auf das der mit dem Import und Export befassten Unternehmen wie der mit der Klägerin verbundenen Firma E. -F. , die jeweils gegen Beanstandungen Rechtsschutz hätten in Anspruch nehmen können. Demgegenüber ist die Klägerin unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofs vom 8. März 2001 (Rs. C-397/98 und C-410/98 - Metallgesellschaft - Slg. 2001, I-1760, 1792 Rn. 106) der Auffassung, § 839 Abs. 3 BGB sei im Hinblick auf den Effektivitätsgrundsatz überhaupt nicht auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch anwendbar. Allenfalls könne beachtlich sein, ob der Anspruch durch ein Mitverschulden gemindert wäre.
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Der Senat ist der Auffassung, dass der Effektivitätsgrundsatz bei sachgerechter Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht beeinträchtigt wird. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 5. März 1996 (Rs. C-46/93 und C-48/93 - Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996, I-1131, 1157 Rn. 84) entschieden, das nationale Gericht dürfe bei der Bestimmung des ersatzfähigen Schadens prüfen, ob sich der Geschädigte in angemessener Form um die Verhinderung des Schadenseintritts oder um die Begrenzung des Schadensumfangs bemüht und ob er insbesondere rechtzeitig von allen ihm zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch gemacht habe. Dabei hat er auch den Fall eines vollständigen Anspruchsverlusts erwogen (aaO Rn. 85). Deswegen hält der Senat § 839 Abs. 3 BGB auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch grundsätzlich für anwendbar (vgl. BGHZ 156, 294, 297 f m.w.N.). Er hält dies auch für geboten, weil eine andere Handhabung in Fällen eines gemeinschaftswidrigen Verwaltungsvollzugs, der Amtshaftungsansprüche und den ge- meinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch auslösen kann, das nationale Recht ohne hinreichenden Grund unterlaufen würde. Dies könnte auch die Gefahr auslösen, Fragen der Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu stark in den Schadensersatzprozess zu verlagern, und damit den Einfluss des Gemeinschaftsrechts insgesamt schwächen. Nach dem Verständnis des Senats hat der Gerichtshof seine Rechtsprechung im Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-397/98 und C-410/98 nicht geändert, sondern - im Kern - ausgesprochen, dass der Geschädigte nur auf eine zumutbare Rechtsschutzmöglichkeit verwiesen werden darf, an der es in dem ihm zur Entscheidung stehenden Fall im nationalen Recht fehlte. In der vorliegenden Sache neigt der Senat ebenfalls dazu, dass der Klägerin nicht vorgehalten werden kann, die Exportunternehmen hätten sich nicht gegen etwaige Einfuhrbeschränkungen zur Wehr gesetzt.
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Gleichwohl möchte der Senat dem Gerichtshof mit der fünften Vorlagefrage Gelegenheit geben, seine Position im Hinblick auf die wiedergegebene Rechtsprechung zu verdeutlichen. Nach Auffassung des Senats ist es von besonderer Bedeutung, sich im Rahmen einer bestehenden und zumutbaren Möglichkeit des Primärrechtsschutzes auf die Wirkungen des Gemeinschaftsrechts zu berufen, ohne dass die Zumutbarkeit schon deshalb zu verneinen wäre , weil der nationale Richter, was nicht von vornherein zu übersehen ist, die gemeinschaftsrechtlichen Fragen nicht ohne Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften beantworten kann oder weil bereits ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG anhängig ist. Im Übrigen ist dem Senat aus seiner Rechtspraxis bekannt, dass die nationalen Gerichte gerade in Fällen der fehlenden Umsetzung von Richtlinien vielfach in der Lage sind, auch ohne Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Verletzung des Gemeinschaftsrechts festzustellen und Rechtsschutz zu gewähren.
Schlick Wurm Streck
Dörr Herrmann
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 30.01.2004 - 1 O 459/00 -
OLG Köln, Entscheidung vom 02.06.2005 - 7 U 29/04 -