Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juli 2012 - IV ZR 122/11

bei uns veröffentlicht am11.07.2012
vorgehend
Landgericht Heilbronn, 4 O 280/09, 08.07.2010
Oberlandesgericht Stuttgart, 7 U 144/10, 12.05.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 122/11 Verkündet am:
11. Juli 2012
Bott
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und die Richterin
Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom11. Juli 2012

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. Mai 2011 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten, einem englischen Lebensversicherer , die Leistung von im Versicherungsschein vorgesehenen regelmäßigen Auszahlungen.
2
Die Beklagte bietet eine Kapitallebensversicherung "Wealthmaster Noble" an, bei der mit einer Einmalzahlung Anteile an einem "Pool mit garantiertem Wertzuwachs" erworben werden. Die Beklagte "garantiert" den Anlegern, dass der Wert des einzelnen Poolanteils nicht fallen kann. Der Vertragswert des Anlegers ist das Produkt aus der Anzahl der ihm zugewiesenen Poolanteile und dem Anteilswert. Das den verschiedenen Pools der Beklagten zugrunde liegende Gesamtvermögen wird von der Beklagten als Teil ihres Lebensversicherungsfonds am Aktienmarkt investiert.
3
Diese Lebensversicherung war im Streitfall Bestandteil des Anlagemodells "Europlan", das als weitere Bestandteile die Darlehensfinanzierung der Einmalzahlung und die Investition in einen Investmentfonds beinhaltete. In Deutschland wurde der "Europlan" unter anderem über die inzwischen insolvente E. AG als sogenannte "Masterdistributorin" und von dieser beauftragte Untervermittler, hier der inzwischen ebenfalls insolventen R. GmbH, deren Insolvenzverwalter dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten ist, vertrieben.
4
Geworben durch einen Untervermittler der vorgenannten Firma schloss auch der Kläger bei der Beklagten einen Lebensversicherungsvertrag "Wealthmaster Noble" mit Versicherungsbeginn zum 31. Oktober 2001 und einer Vertragslaufzeit von 69 Jahren ab und zahlte einen Einmalbetrag in Höhe von 100.000 €, mit dem er Anteile am "Euro-Pool 2000EINS", einem "Pool mit garantiertem Wertzuwachs" erwarb. Zur Finanzierung des Einmalbetrags nahm der Kläger ein Bankdarlehen auf und trat seine Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag zur Sicherheit an die Kreditgeberin ab. Die Darlehenszinsen sollten durch regelmäßige Auszahlungen aus der Lebensversicherung gedeckt werden. Daneben investierte der Kläger im Rahmen des "Europlan" in ein Wertpapierdepot , das bei Endfälligkeit zur Tilgung des Darlehens verwendet werden sollte.
5
Im Versicherungsschein waren vierteljährliche Auszahlungen für die Dauer von insgesamt 40 Jahren festgelegt und zwar in Höhe von 1.760 € vom 20. März 2002 bis zum 20. September 2011, in Höhe von 1.960 € vom 20. Dezember 2011 bis zum 20. September 2016 und in Höhe von 2.300 € vom 20. Dezember 2016 bis zum 20. März 2041.
6
Der Versicherungsschein enthält den folgenden Hinweis:
7
"Dieser Versicherungsschein besteht aus 3 Seiten, die in Verbindung mit C. M. Wealthmaster Noble Poli- cenbedingungen, Betr…., zu lesen sind."
8
Unter der Überschrift "Auszahlung" heißt es in Nr. 3 der Policenbedingungen unter anderem: "3.1 Auf schriftlichen Antrag des Versicherungsnehmers werden einige oder alle dem Vertrag zugeteilte Einheiten /Anteile von C. M. eingelöst und unter nachstehenden Bedingungen ein Betrag in Höhe des Rücknahmewerts der eingelösten Einheiten /Anteile (vorbehaltlich der Bestimmungen von Abschnitt 3.2) gezahlt: 3.1.1 C. M. behält sich das Recht vor, das Auszahlungsgesuch zu verweigern, wenn der Rücknahmewert der Einheiten/Anteile, die eingelöst werden oder in einem Fonds/Pool verbleiben sollen, nach dieser Einlösung geringer wäre als das von C. M. gestattete und dem Versicherungsnehmer zu diesem Zeitpunkt mitgeteilte Minimum. 3.1.2 Der Rücknahmepreis, auf den in diesem Abschnitt Bezug genommen wird, ist der Rücknahmepreis am Bewertungstermin unmittelbar im Anschluss an den Eingang des vorstehend genannten Gesuchs des Versicherungsnehmers, es sei denn, es wurden regelmäßige Auszahlungen erbeten. In diesem Fall ist es der Rücknahmepreis am Bewertungstermin unmittelbar vor dem/den vom Versicherungsnehmer ge- wählten Auszahlungsdatum/daten; … 3.1.5 Werden alle einem Vertrag zugeteilten Einheiten/ Anteile eingelöst, wird der Vertrag ebenfalls aufgeho- ben. …"
9
Die Beklagte nahm die Auszahlungen gemäß Versicherungsschein an die Bank vor, reduzierte jedoch zur Deckung dieser Auszahlungen die Anzahl der dem Kläger zugewiesenen Poolanteile, so dass der Vertragswert der Versicherung sank. Sie übersandte dem Kläger jährlich Kontoauszüge, aus denen sich unter anderem der deklarierte Wertzuwachs und der jeweils aktuelle Vertragswert ergaben.
10
Der Kläger wurde später von der Kreditgeberin zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im eigenen Namen ermächtigt.
11
Er hat beanstandet, dass er unter anderem über die zu erwartenden Renditen falsch informiert worden sei, und hat zunächst Ersatz der ihm durch die Beteiligung am "Europlan" entstandenen Schäden, insbesondere Freistellung von der Darlehensverbindlichkeit, gefordert. Nach rechtlichen Hinweisen des Berufungsgerichts hat er mit dem Hauptantrag Leistung der im Versicherungsschein festgelegten regelmäßigen Auszahlungen an sich verlangt und den Schadensersatzanspruch nur noch hilfsweise geltend gemacht.
12
Die Beklagte macht geltend, die regelmäßigen Auszahlungen stünden nach den Policenbedingungen und der Verbraucherinformation unter dem Vorbehalt einer ausreichenden Kapitaldeckung durch die Poolanteile. Gegenüber dem Schadensersatzanspruch hat sie sich unter anderem auf die Einrede der Verjährung berufen.

13
Das Landgericht hat den in erster Instanz ausschließlich geltend gemachten Schadensersatzanspruch als verjährt angesehen und die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung des Klägers den erstmals in zweiter Instanz gestellten Zahlungsantrag auf Leistung der regelmäßigen Auszahlungen abgewiesen, aber einem nach seiner Auffassung darin enthaltenen Feststellungsbegehren stattgegeben und festgestellt, dass die Beklagte zur Erfüllung des Auszahlungsplans verpflichtet ist. Hiergegen wendet sich die Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:


14
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der geänderte Hauptantrag zwar mangels Aktivlegitimation unbegründet, soweit er auf Leistung der Auszahlungen an den Kläger gerichtet ist, da dieser seine Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag an die kreditgewährende Bank abgetreten hat. In diesem Leistungsantrag sei jedoch als Minus ein Antrag auf Feststellung der Zahlungspflicht der Beklagten enthalten. Die Sicherungsabtretung stehe dem berechtigten Interesse des Klägers an der Feststellung nicht entgegen, da er Vertragspartner der Beklagten geblieben sei.
15
Die Beklagte sei zur Erfüllung des im Versicherungsschein vorgesehenen Auszahlungsplans verpflichtet. Die im Versicherungsschein enthaltenen Erklärungen zu den "regelmäßigen Auszahlungen" stellten Individualvereinbarungen dar und hätten als solche Vorrang gegenüber etwaigen abweichenden Regelungen in den Policenbedingungen. Die Einschränkung der Leistungspflicht in den Policenbedingungen sei im Übrigen überraschend, § 305c Abs. 1 BGB; jedenfalls verstoße die Regelung gegen das Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die "Verbraucherinformationen" seien bereits nicht wirksam in den Vertrag einbezogen. Die Leistungspflicht der Beklagten stehe daher nicht unter dem Vorbehalt einer ausreichenden Kapitaldeckung; vielmehr sei die Beklagte zu den Auszahlungen ohne Rücknahme von Poolanteilen verpflichtet.
16
II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache, da das Berufungsgericht zu der Frage, ob eine Verpflichtung zur Erfüllung der in den Versicherungsscheinen festgelegten Auszahlungspläne besteht, weitere Feststellungen treffen muss.
17
1. Die Klage ist zulässig.
18
a) Insbesondere ist die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte - die in jeder Lage des Verfahrens, auch noch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urteile vom 1. März 2011 - XI ZR 48/10, BGHZ 188, 373 Rn. 9; vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 17; vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 85) - gegeben. Sie folgt sowohl aus Art. 9 Abs. 1 Buchst. b als auch aus Art. 16 Abs. 1 i.V.m. Art. 15 Abs. 1 Buchst. c EuGVVO.
19
b) Das Berufungsgericht hat durch die Annahme, dass in dem Antrag auf Leistung der Auszahlungen an den Kläger als "weniger" der Antrag auf Feststellung der Zahlungspflicht enthalten ist, und die entspre- chende Umdeutung des Hauptantrags nicht gegen seine Bindung an den Klageantrag (§ 308 Abs. 1 ZPO) verstoßen. Die Bewertung von Klageanträgen durch den Tatrichter ist in der Revisionsinstanz uneingeschränkt nachprüfbar, da es hierbei um die Auslegung von Prozesserklärungen geht (BGH, Urteil vom 7. Mai 1998 - I ZR 85/96, NJW 1998, 3350 unter II 2 a m.w.N.). Die vom Berufungsgericht unter Beachtung des Klageziels vorgenommene Auslegung des Hauptantrags ist nicht zu beanstanden. In einem unzulässigen oder unbegründeten Zahlungsantrag kann unter Berücksichtigung von Inhalt und Ziel der Klage ein Feststellungsantrag als ein Minus enthalten sein (vgl. BGH, Urteile vom 18. März 2002 - II ZR 103/01 unter 2 m.w.N.; vom 1. Juli 1987 - VIII ZR 194/86, MDR 1988, 46; Senatsurteil vom 4. März 1992 - IV ZR 309/90, NJW-RR 1992, 771 unter

2).


20
So liegt der Fall hier. Der Leistungsantrag war unbegründet, da er trotz der Abtretung aller Rechte aus der Lebensversicherung an die Kreditgeberin auf Zahlung an den Kläger gerichtet war. Das mit dem neuen Hauptantrag verfolgte Ziel des Klägers war aber, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, nicht nur darauf gerichtet, einen Zahlungstitel zu erlangen, sondern auch auf die Klärung der Frage, ob die Beklagte zur Leistung der regelmäßigen Auszahlungen ohne Rücknahme von Poolanteilen verpflichtet ist. Würde die diesbezügliche Ungewissheit nicht beseitigt, müsste der Kläger weiterhin die von der Beklagten vorgenommene Minderung des Vertragswerts in Kauf nehmen oder die Darlehenszinsen aus Eigenmitteln aufbringen. Dieses Klageziel ergibt sich auch daraus, dass die Umstellung des Hauptantrags in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht als Reaktion auf den gerichtlichen Hinweis erfolgte, die Beklagte habe die Einschränkungen ihrer Zahlungspflicht gegebenenfalls nicht hinreichend klar zum Ausdruck ge- bracht. Der Kläger erstrebt also tatsächlich nicht nur Leistung der Beklagten an sich, sondern will in erster Linie die Ungewissheit über die Leistungspflicht beseitigt wissen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1987 aaO). Hierzu ist der Feststellungsantrag geeignet.
21
c) Gegenstand des Antrags ist entgegen der Auffassung der Revision ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Zwar hat das Berufungsgericht im Tenor nur die Zahlungspflicht festgestellt und offen gelassen, an wen die Zahlungen zu leisten sind. Gegen die Zulässigkeit des entsprechenden Antrags des Klägers bestehen aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - keine Bedenken. Durch die Bezugnahme auf den jeweiligen Versicherungsschein und durch Konkretisierung nach Betrag und Zahlungsdatum ist der Rechtsgrund der Zahlungspflicht klargestellt. Als Gläubigerin kommt gegenwärtig aufgrund der Sicherungsabtretung nur die Kreditgeberin in Betracht. Der Antrag ist daher auf die Feststellung eines konkreten Rechtsverhältnisses und nicht auf die - unzulässige (BGH, Urteil vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 289/99, NJW 2001, 445 unter II 2 m.w.N.) - Klärung einer abstrakten Rechtsfrage gerichtet.
22
d) Der Kläger hat auch ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, § 256 Abs. 1 ZPO.
23
aa) Zwar besteht das festzustellende Rechtsverhältnis nicht zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits, sondern zwischen der Beklagten und der kreditgewährenden Bank, an die der Kläger seine Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag abgetreten hat. Dass die Ermächtigung der Kreditgeberin nur die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen erfasst, steht der Zulässigkeit des auf Feststellung der Erfüllungsansprüche gerichteten Antrags aber nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Feststellungsantrag auch auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen der beklagten Partei und einem Dritten gerichtet sein, wenn dieses zugleich für die Rechtsbeziehungen der Parteien untereinander von Bedeutung ist und der Kläger an der alsbaldigen Klärung ein rechtliches Interesse hat (BGH, Urteile vom 25. Februar 1982 - II ZR 174/80, BGHZ 83, 122, 125 f.; vom 16. Juni 1993 - VIII ZR 222/92, NJW 1993, 2539, 2540 unter II 1; vom 2. Juli 2007 - II ZR 111/05, NJW 2008, 69, 71 Rn. 22, jeweils m.w.N.). Ausreichend ist, dass der Kläger vom Bestehen oder Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses in seinem Rechtsbereich wenigstens mittelbar betroffen wird (BGH, Urteil vom 16. Juni 1993 aaO). Der Kläger ist von dem streitgegenständlichen Rechtsverhältnis aufgrund seiner Stellung als Versicherungsnehmer und seiner Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag nicht nur mittelbar, sondern sogar unmittelbar betroffen. Da sich die Beklagte auf den Standpunkt stellt, die regelmäßigen Auszahlungen nur unter Rücknahme einer die Auszahlungen deckenden Anzahl von Poolanteilen vornehmen zu müssen, steht der Kläger vor der Wahl, entweder die Darlehenszinsen aus eigenen Mitteln zu decken oder eine Reduzierung der Anzahl der ihm zugewiesenen Poolanteile in Kauf zu nehmen.
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bb) Einem Feststellungsinteresse des Klägers steht weiter nicht entgegen, dass die Beklagte bisher alle beantragten Auszahlungen geleistet hat und bereit ist, diese auch weiterhin zu leisten, solange einlösbare Anteile vorhanden sind. Das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung setzt voraus, dass dem Recht oder der Rechtslage eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und das Feststellungsurteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH, Urteil vom 16. September 2008 - VI ZR 244/07, NJW 2009, 751, 752 unter III 1 b m.w.N.). Eine Ge- fährdung besteht, wenn der Beklagte ein Recht des Klägers ernstlich bestreitet (BGH, Urteil vom 7. Februar 1986 - V ZR 201/84, NJW 1986, 2507 unter II 1).
25
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagte bestreitet, zur Vornahme der regelmäßigen Auszahlungen ohne Reduzierung von Anteilen verpflichtet zu sein, und stellt sich stattdessen auf den Standpunkt , nur so lange Auszahlungen vornehmen zu müssen, wie auch ausreichende Anteile des Klägers im Pool vorhanden sind. Dementsprechend hat sie eine die regelmäßigen Auszahlungen deckende Anzahl von Poolanteilen zurückgenommen und dem Kläger mit den jährlichen Informationen die reduzierten Vertragswerte mitgeteilt. Da die Beklagte bereits aktuell ihre Verpflichtung zu regelmäßigen Auszahlungen ohne Reduzierung von Anteilen bestreitet, hat der Kläger an der alsbaldigen Feststellung einer vorbehaltlosen Zahlungspflicht ein rechtliches Interesse.
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2. Die Begründetheit des Feststellungsantrags kann der Senat nicht abschließend prüfen. Zur Klärung der Frage, ob die Beklagte aus dem Lebensversicherungsvertrag zur Leistung der im Versicherungsschein vorgesehenen "regelmäßigen Auszahlungen" verpflichtet ist, bedarf es weiterer Feststellungen des Berufungsgerichts.
27
a) Nach dem objektiven Erklärungsgehalt von Angebot und Annahme ist die Beklagte allerdings zur Vornahme der regelmäßigen Auszahlungen als Teil ihres Hauptleistungsversprechens verpflichtet. Der Kläger hat die vierteljährlichen Auszahlungen in der Anlage zu seinem Versicherungsantrag vom 1. August 2001 beantragt. Dieses Angebot hat die Beklagte durch Zusendung des dem Antrag inhaltlich entsprechenden Versicherungsscheins angenommen. Sowohl im Versicherungsantrag als auch im Versicherungsschein sind die Auszahlungen hinsichtlich Betrag und Auszahlungsdatum aufgeführt, ohne dass sie dort an weitere Voraussetzungen , insbesondere das Bestehen eines genügenden Versicherungswerts im Zeitpunkt der vorgesehenen Auszahlung, geknüpft sind. Ein über diese Auszahlungen hinaus gehender eventueller Mehrertrag aus der Lebensversicherung sollte den zusätzlichen Gewinn des Klägers darstellen. Nur dieser war betragsmäßig noch nicht festgelegt.
28
Die dem Versicherungsantrag entsprechende Wiedergabe der Auszahlungsbeträge auf Seite 2 des Versicherungsscheins kann daher aus objektiver Empfängersicht (§§ 133, 157 BGB) nicht anders verstanden werden, als dass diese Beträge zu den angegebenen Zahlungsterminen geleistet werden sollen und es sich damit um einen Bestandteil der vom Versicherer zugesagten Versicherungsleistung handelt.
29
Das ergibt sich auch daraus, dass die Aufteilung in der Höhe nach garantierte Zahlungen sowie der Höhe nach ungewisse Zusatzzahlungen aus einer Überschussbeteiligung der üblichen Praxis bei traditionell auf dem deutschen Versicherungsmarkt angebotenen Rentenversicherungen gegen Einmalzahlung entspricht. Die Angabe von festen Zahlbeträgen zu bestimmten Terminen ohne eine an dieser Stelle vorgenommene Einschränkung lässt die genannten Zahlungen als eine garantierte Versicherungsleistung erscheinen. Zusätzlich gestützt wird dieses Verständnis dadurch, dass in der "Erklärung des Antragstellers" in den Antragsformularen unter Buchstabe H. auf die "beantragten Versicherungsleistungen" Bezug genommen wird; unter Buchstabe "J. Wichtige Hinweise" wird darauf verwiesen, dass "ein Teil oder alle der Versicherungsleistungen" hinfällig werden können, wenn die Angaben des Antragstellers nicht zu- treffend sind. Beide Formulierungen lassen sich auf die unter F. in Verbindung mit der Anlage beantragten regelmäßigen Auszahlungen beziehen.
30
b) Diese Verpflichtung der Beklagten ist weder durch die "Policenbedingungen" , auf die im Versicherungsschein verwiesen wird, noch durch die "Verbraucherinformation" wirksam beschränkt oder an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft worden.
31
aa) Die "Verbraucherinformation" ist - wovon auch das Berufungsgericht ausgeht - bereits nicht Vertragsbestandteil geworden, da sich weder im Antrag noch im Versicherungsschein noch in den Policenbedingungen ein Hinweis darauf findet, dass diese Informationen als Allgemeine Geschäftsbedingungen den Vertragsinhalt mitbestimmen sollen; ein Einbeziehungshinweis i.S. von § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB fehlt. Grundlage für die Erteilung einer Verbraucherinformation war § 10a VAG in der vom 28. Dezember 2000 bis 30. April 2002 gültigen Fassung. Danach dient die Verbraucherinformation allein der Unterrichtung des Versicherungsnehmers über die - anderweitig geregelten - für das Versicherungsverhältnis maßgeblichen Tatsachen und Rechte, dagegen nicht einer abändernden Ausgestaltung jener Regelungen. Es handelt sich folglich nur um eine allgemeine Information, die allenfalls ergänzend zur Interpretation der Vertragsbedingungen herangezogen werden kann, insbesondere soweit diese erläuterungsbedürftig sein sollten. Die Qualität Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist ihr nicht beizumessen.
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bb) Dagegen sind die Policenbedingungen wirksam in den Vertrag einbezogen. Hierfür kann es dahinstehen, ob die vom Kläger unter Buchstabe H. des Antragsformulars abgegebene Erklärung über den Erhalt der Policenbedingungen, die sich ihrem Wortlaut nach eher als reine Empfangsbestätigung darstellt, für eine Einbeziehung gemäß § 305 BGB genügt. Denn eine Einbeziehung ist zumindest aufgrund des Hinweises im Versicherungsschein erfolgt.
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cc) Jedoch lässt sich diesen Policenbedingungen, insbesondere deren Nr. 3, nicht entnehmen, dass die beantragten und im Versicherungsschein wiedergegebenen Auszahlungen davon abhängig sein sollen , dass genügend Anteile mit einem ausreichenden Rücknahmewert zum vorgesehenen Auszahlungszeitpunkt vorhanden sind.
34
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach gefestigter Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer diese bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an (Senatsurteil vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85 und ständig).
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Danach ist nicht anzunehmen, dass die Regelungen unter Nr. 3.1 der Policenbedingungen auch auf solche Auszahlungen Anwendung finden sollen, die dem Versicherungsnehmer auf seinen Versicherungsantrag hin bereits im Versicherungsschein vorbehaltlos als zu erbringende Versicherungsleistung zugesagt sind. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer muss nicht damit rechnen, dass diese Leistung an weitere, im Versicherungsschein nicht genannte Voraussetzungen geknüpft sein soll. Er wird die Formulierung "Auf schriftlichen Antrag des Versicherungsnehmers" am Satzanfang der Klausel deshalb so verstehen, dass sie nur solche Anträge erfasst, die erst nach Vertragsschluss von ihm gestellt werden und über die der Versicherer nach Maßgabe der Versicherungsbedingungen neu zu entscheiden hat. Dagegen wird er die im Versicherungsantrag gestellten Auszahlungsanträge als durch die Aufnahme der entsprechenden Auszahlungen in den Versicherungsschein positiv beschieden ansehen.
36
Diesem Verständnis stehen auch die weiteren Bestimmungen unter Nr. 3.1.2 und Nr. 3.1.5 der Policenbedingungen nicht entgegen. Zwar wird in Abschnitt Nr. 3.1.2 hinsichtlich des Bewertungstermins zwischen einmaligen und regelmäßigen Auszahlungen differenziert; jedoch lässt sich auch daraus nicht der Schluss ziehen, dass bereits bei Vertragsanbahnung erbetene und mit dem Vertragsschluss vereinbarte Auszahlungen der Klausel unterliegen sollen. Zum einen müssen regelmäßige Auszahlungen nicht zwingend bei Vertragsschluss beantragt werden. Zum anderen wäre es wenig einleuchtend, dass auch für eine unter Buchstabe F. des Antragsformulars beantragte, im Versicherungsschein enthaltene , aber erst erheblich später fällig werdende unregelmäßige Auszahlung der "Bewertungstermin unmittelbar im Anschluss an den Eingang des vorstehend genannten Gesuchs des Versicherungsnehmers" maßgeblich sein soll. Diese Regelung spricht daher ebenfalls dafür, dass sie nur für nach Vertragsschluss beantragte, sofort fällige Auszahlungen Geltung beanspruchen will. Unter diesen Umständen kann auch der Nr. 3.1.5 der Policenbedingungen nur entnommen werden, dass sie die Rechtsfolgen einer Einlösung aller zugeteilten Anteile aufgrund nachträglicher Auszahlungsgesuche des Versicherungsnehmers regeln will.

37
dd) Bei einem anderen Verständnis verstößt die das Leistungsversprechen einschränkende Regelung gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
38
Dieses verlangt vom Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen , dass die Rechte und Pflichten des Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar dargestellt sind und die Klauseln darüber hinaus die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (Senatsurteile vom 26. September 2007 - IV ZR 252/06, VersR 2007, 1690 Rn. 16; vom 23. Februar 2005 - IV ZR 273/03, BGHZ 162, 210, 213 f.; vom 8. Oktober 1997 - IV ZR 220/96, BGHZ 136, 394, 401). Eine Regelung hält deshalb einer Inhaltskontrolle nach dem Transparenzgebot auch dann nicht stand, wenn sie an verschiedenen Stellen in den Bedingungen niedergelegt ist, die nur schwer miteinander in Zusammenhang zu bringen sind, oder wenn der Regelungsgehalt auf andere Weise durch die Verteilung auf mehrere Stellen verdunkelt wird (Senatsurteil vom 23. Februar 2005 aaO S. 214).
39
Diesen Anforderungen genügt die Regelung in den Policenbedingungen , sofern sie auch im Versicherungsantrag beantragte und in den Versicherungsschein aufgenommene Auszahlungen erfassen sollte, nicht. Die Klauseln verdeutlichen dem Versicherungsnehmer nicht hinreichend , dass auch gemäß Versicherungsschein versprochene Zahlungen dann nicht bis zum Schluss in voller Höhe erbracht werden können, wenn die verbleibenden Anteile nicht einen ausreichenden Wertzuwachs erreichen. Selbst wenn es als noch hinnehmbar angesehen wird, dass bei der Nennung der Auszahlungsbeträge auf Seite 2 des Versiche- rungsscheins jeglicher Vorbehalt im Hinblick auf die Wertentwicklung der Anteile fehlt, weil auf Seite 1 des Versicherungsscheins pauschal auf die Policenbedingungen verwiesen ist, so hätte dann jedenfalls in diesen Bedingungen ein klarer Hinweis auf die zusätzlichen Voraussetzungen für die Auszahlung enthalten sein müssen.
40
Eine klare und durchschaubare Darstellung in diesem Sinne hätte es erfordert, den Versicherungsnehmer unmissverständlich darauf hinzuweisen , dass es sich auch insoweit um den einschränkenden Bedingungen unterliegende Auszahlungsgesuche "auf schriftlichen Antrag des Versicherungsnehmers" sowie um eine Einlösung von Anteilen i.S. von Nr. 3.1 der Bedingungen handelt. Dies erschließt sich dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht, sondern kann allenfalls einer ihn überfordernden Gesamtschau der Regelungen entnommen werden. Dabei wäre ein eindeutiger Hinweis problemlos und somit "den Umständen nach" möglich gewesen.
41
Ferner fehlt in den Bedingungen ein ausreichend deutlicher Hinweis auf die wirtschaftlichen Nachteile vorzeitiger Auszahlungen, die insbesondere darin liegen, dass das Kapital aufgezehrt werden kann und dass weitere scheinbar vorbehaltlos festgelegte Auszahlungen nicht gesichert sind.
42
Die mangelnde Transparenz der Regelung wird auch durch die zusätzlichen Erläuterungen in der Verbraucherinformation nicht beseitigt. In deren Nr. 5.2.1 fehlt jeglicher Bezug der Aussage zu vorzeitigen Auszahlungen und Nr. 5.2.2 enthält lediglich den allgemeinen Hinweis auf eine verringerte Rendite aufgrund vorzeitiger Auszahlungen, macht aber nicht deutlich, dass dies die zugesagten Auszahlungen selbst in Frage stellen kann. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann dieser Aussage ebenfalls nur entnehmen, dass die von ihm erhoffte Gesamtrendite geringer ausfallen wird als wenn er auf vorzeitige Auszahlungen verzichtet. Er wird dies jedoch vornehmlich auf den zusätzlich zu bereits festgelegten Auszahlungsbeträgen erhofften Überschuss beziehen, dagegen nicht annehmen, dass von diesem Hinweis auch betragsmäßig festgelegte Auszahlungen betroffen sein sollen. Hierdurch wird die Gefahr, dass die als Versicherungsleistung aufgeführten Zahlungen summenmäßig am Ende nicht erbracht werden, eher verschleiert als aufgezeigt. Auch in Nr. 10 der Verbraucherinformation findet sich unter der Überschrift "Auszahlungen" kein deutlicher Hinweis darauf, dass in den Versicherungsschein betragsmäßig aufgenommene Auszahlungen vom Eintritt einer bestimmten Wertentwicklung abhängig sein sollen.
43
Der Hinweis auf das Risiko des Totalverlusts des eingesetzten Kapitals im Prospekt zum Europlan ist für die Frage der Transparenz der Regelungen in den Policenbedingungen unerheblich. Im "Beratungsprotokoll" wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beklagte für den Prospekt nicht verantwortlich ist, sowie darauf, dass für die Wealthmaster -Police das Antragsformular und die Versicherungsbedingungen allein verbindlich sind. Der Kläger hatte daher keinen Anlass, den Inhalt des Prospekts zur Beurteilung seiner Rechte und Pflichten aus dem Lebensversicherungsvertrag heranzuziehen.
44
c) Allerdings hätte das Berufungsgericht der unter Beweis gestellten Behauptung nachgehen müssen, der Vermittler habe dem Kläger mit der erforderlichen Klarheit erläutert, dass die im Versicherungsschein vorgesehenen regelmäßigen Auszahlungen nur gegen Rücknahme von Anteilen geleistet werden, und der Kläger habe diese Erläuterung verstanden und als Vertragsinhalt akzeptiert.
45
Zwar hat die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen und damit auch der hier in Rede stehenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu erfolgen, der am Willen und Interesse der beteiligten Verkehrskreise ausgerichtet sein muss, so dass es grundsätzlich auf das Verständnis der Versicherten in ihrer Gesamtheit und nicht nur auf das Verständnis der am vorliegenden Verfahren beteiligten Parteien ankommt. Jedoch erfährt dieser Grundsatz eine Einschränkung dann, wenn sich Verwender und Kunde oder Versicherter im Einzelfall über ein von dem Ergebnis objektiver Auslegung abweichendes Verständnis des Sinngehalts der Regelung - auch durch schlüssiges Handeln - einigen; dann geht diese übereinstimmende Vorstellung wie eine Individualvereinbarung dem Ergebnis der objektiven Auslegung vor (Senatsurteil vom 14. Juni 2006 - IV ZR 54/05, VersR 2006, 1246 unter II 3).
46
d) Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift gegenüber den Erfüllungsansprüchen nicht. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VVG a.F. verjährt der Erfüllungsanspruch in fünf Jahren, wobei der Lauf der Verjährung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F. erst mit Schluss des Jahres beginnt, in dem die Leistung verlangt werden kann. Das setzt die Fälligkeit des Anspruchs voraus (Senatsurteil vom 13. März 2002 - IV ZR 40/01, VersR 2002, 698 unter 2; st. Rspr.). Auch der Lauf der nunmehr geltenden Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB i.V.m. § 199 Abs. 1 BGB beginnt frühestens mit Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden, d.h. fällig geworden ist (BGH, Urteil vom 8. Juli 2008 - XI ZR 230/07, NJW-RR 2009, 378 m.w.N.; st. Rspr.). Der Feststellungsantrag bezieht sich auf Zahlungen, die ab dem 20. März 2011 fällig werden. Der den Feststellungsantrag beinhaltende geänderte Hauptantrag wurde bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 3. März 2011 gestellt, so dass eine Verjährung nicht in Betracht kommt.
47
III. Die Sache ist nicht entscheidungsreif, da das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen zum Vertragsgespräch treffen muss.
Mayen Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 08.07.2010- 4 O 280/09 Ko -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 12.05.2011- 7 U 144/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juli 2012 - IV ZR 122/11

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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juli 2012 - IV ZR 122/11 zitiert 12 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht

Zivilprozessordnung - ZPO | § 308 Bindung an die Parteianträge


(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen. (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch oh

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 12 Versicherungsperiode


Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juli 2012 - IV ZR 122/11 zitiert oder wird zitiert von 14 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juli 2012 - IV ZR 122/11 zitiert 11 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Nov. 2002 - III ZR 102/02

bei uns veröffentlicht am 28.11.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 102/02 Verkündet am: 28. November 2002 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ZPO § 545 Abs.

Bundesgerichtshof Urteil, 13. März 2002 - IV ZR 40/01

bei uns veröffentlicht am 13.03.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 40/01 Verkündet am: 13. März 2002 Heinekamp Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _

Bundesgerichtshof Urteil, 18. März 2002 - II ZR 103/01

bei uns veröffentlicht am 18.03.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 103/01 Verkündet am: 18. März 2002 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Juli 2007 - II ZR 111/05

bei uns veröffentlicht am 02.07.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL UND VERSÄUMNISURTEIL II ZR 111/05 Verkündet am: 2. Juli 2007 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2007 - IV ZR 252/06

bei uns veröffentlicht am 26.09.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 252/06 Verkündetam: 26.September2007 Heinekamp Justizhauptsekretär alsUrkundsbeamter derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 01. März 2011 - XI ZR 48/10

bei uns veröffentlicht am 01.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 48/10 Verkündet am: 1. März 2011 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 09. März 2010 - XI ZR 93/09

bei uns veröffentlicht am 09.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 93/09 Verkündet am: 9. März 2010 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juni 2006 - IV ZR 54/05

bei uns veröffentlicht am 14.06.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 54/05 Verkündetam: 14.Juni2006 Fritz Justizangestellte alsUrkundsbeamtin derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vor

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juli 2008 - XI ZR 230/07

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 230/07 Verkündet am: 8. Juli 2008 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _______

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Sept. 2008 - VI ZR 244/07

bei uns veröffentlicht am 16.09.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL VI ZR 244/07 Verkündet am: 16. September 2008 Böhringer-Mangold, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: j

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Feb. 2005 - IV ZR 273/03

bei uns veröffentlicht am 23.02.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 273/03 Verkündet am: 23. Februar 2005 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja _____________________ AGBG
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juli 2012 - IV ZR 122/11.

Landgericht München I Endurteil, 06. Nov. 2015 - 25 O 8999/14

bei uns veröffentlicht am 06.11.2015

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vo

Landgericht Essen Urteil, 09. Juli 2014 - 18 O 45/14

bei uns veröffentlicht am 09.07.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgru

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 21. Mai 2014 - 9 U 75/11

bei uns veröffentlicht am 21.05.2014

Tenor I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn - Einzelrichter - vom 01.04.2011, 6 O 489/06 Bi, hinsichtlich der dortigen Beklagten zu 1 bezüglich des Ausspruchs über die Verzugszinsen teilweise

Referenzen

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

9
Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht zu Recht die - auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende (BGH, Urteile vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff. und vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 17 mwN) - internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht.
17
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht die - auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende (BGHZ 153, 82, 84 ff.; BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - Xa ZR 19/08, WM 2009, 1947, Tz. 9, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen ) - internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nach § 32 ZPO bejaht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 102/02
Verkündet am:
28. November 2002
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Die Revision kann auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des
Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) darauf gestützt werden, daß
das untere Gericht mit Unrecht seine internationale Zuständigkeit angenommen
oder verneint hat.
EuGVÜ Art. 5 Nr. 3; 13 Abs. 1 Nr. 3; 14 Abs. 1 2. Alt.; BGB § 661a
Für die auf eine Gewinnzusage i.S. des § 661a BGB gestützte Klage gegen eine
(natürliche oder juristische) Person, die in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates
ansässig ist, besteht am Wohnsitz des klagenden Verbrauchers
entweder die internationale Zuständigkeit für Verbrauchersachen (Art. 13 f.
EuGVÜ) oder der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ).
BGH, Urteil vom 28. November 2002 - III ZR 102/02 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die
Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Februar 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Beklagte ist eine in den Niederlanden ansässige Versandhandelsgesellschaft. Mit Schreiben vom 30. Juni 2000 sandte sie der in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaften Klägerin eine "Wichtige Benachrichtigung wegen Bargeld-Zuteilung aus Auswahl-Verfahren". Darin teilte die Beklagte der Klägerin mit, im Zuge einer "Extra-Auszahlung" würden noch vor dem 20. Juli 2000 12.300 DM vergeben. Weiter hieß es in dem Schreiben:
"Und stellen Sie sich vor, Frau M., Ihr Name wurde nicht nur nominiert, sondern sogar als Gewinner gezogen. Das heißt für Sie, der Bargeld-Betrag gehört jetzt schon Ihnen!"
Entsprechend der im Schreiben vom 30. Juni 2000 gegebenen Anleitung sandte die Klägerin der Beklagten den "Ziehungs-Bescheid" mit aufgeklebter "Zuteilungs-Marke" zurück. Die Beklagte zahlte nicht.
Die Klägerin macht geltend, die Beklagte schulde ihr aufgrund einer Gewinnzusage (§ 661a BGB) 12.300 DM nebst Zinsen. Die Beklagte hat gerügt , das angerufene Landgericht Mönchengladbach sei weder international noch örtlich zuständig. Sie könne nur an ihrem Sitz in den Niederlanden verklagt werden. Das Landgericht hat abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage angeordnet und durch Zwischenurteil entschieden, daß die Klage zulässig sei. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte weiterhin ihren Antrag, die Klage als unzulässig abzuweisen.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat das Landgericht Mönchengladbach für international und örtlich zuständig erachtet. Es könne dahinstehen, ob Mönchengladbach Gerichtsstand des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September
1968, BGBl. 1972 II S. 774, im folgenden: EuGVÜ) sei. Die internationale Zu- ständigkeit der deutschen Gerichte ergebe sich jedenfalls aus dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ). Denn die Klage werde auf ein deliktsähnliches Verhalten der Beklagten gestützt.

II.


Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.
Die Klage ist zulässig. Die deutschen Gerichte sind international zuständig.
1. Das Revisionsgericht ist befugt, die internationale Zuständigkeit zu prüfen. § 545 Abs. 2 ZPO n.F., der hier anzuwenden ist (vgl. § 26 Nr. 7 Satz 1 EGZPO), steht insoweit nicht entgegen. Die Vorschrift hat die Regelungen in den bisherigen §§ 10, 549 Abs. 2 ZPO übernommen. Sie bestimmt - entsprechend dem neu gefaßten § 513 Abs. 2 ZPO (bisher: § 512 a ZPO) - darüber hinaus, die Revision könne nicht darauf gestützt werden, daß das erstinstanzliche Gericht seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat (Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses BT-Drucks. 14/4722 S. 106, s. auch S. 94 zu § 513 Abs. 2-E und S. 107 zu § 547-E). Diese Regelung bezieht sich jedoch ungeachtet ihres weitgefaßten Wortlauts nicht auf die internationale Zuständigkeit (vgl. Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht 4. Aufl. 2001 Rn. 1008 f und 1855; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 60. Aufl. 2002 Übersicht § 38 Rn. 9; s. auch Albers aaO § 545 Rn. 17
a.E.; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl. 2002 § 280 Rn. 8; Zöller/Geimer aaO IZPR Rn. 38; s. auch BGH, Beschluß vom 17. September 2001 - VI ZR 105/02 - Umdruck S. 4; a.A. Reichold in Thomas/Putzo, ZPO 23. Aufl. 2001 § 545 Rn. 13; Zöller/Gummer aaO § 545 Rn. 16 und § 513 Rn. 8; vgl. ferner Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. 2002 § 545 Rn. 12 f).

a) Hinsichtlich des § 549 Abs. 2 ZPO a.F., der die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Gerichts des ersten Rechtszuges sowie die Frage nach der Zuständigkeit des Arbeitsgerichts und dem Vorliegen einer Familiensache der revisionsrechtlichen Prüfung entzogen hatte, war anerkannt, daß er für die internationale Zuständigkeit nicht - auch nicht entsprechend - galt. Die internationale Zuständigkeit war in jedem Verfahrensabschnitt, auch im Revisionsverfahren , von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., vgl. BGHZ - GSZ - 44, 46; BGHZ 115, 90, 91; 134, 127, 129 f; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1998 - IX ZR 196/97 - NJW 1999, 1395 f; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 21. Aufl. 1993 §§ 549, 550 Rn. 56). Weder dem Wortlaut des § 545 Abs. 2 ZPO (n.F.) noch der Gesetzesbegründung ist ein ausreichender Hinweis darauf zu entnehmen, daß der Gesetzgeber daran etwas ändern wollte.
aa) Gemäß § 545 Abs. 2 ZPO (n.F.) erstreckt sich die revisionsrechtliche Prüfung nicht darauf, daß das Gericht des ersten Rechtszuges "seine" Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat. Damit kann allein die Zuständigkeitsverteilung unter den deutschen Gerichten gemeint sein, nämlich die Frage der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit, ferner - abweichend vom bisherigen Recht - der funktionellen Zuständigkeit, der Abgrenzung zwischen Zivilkammer und Kammer für Handelssachen sowie zwischen Prozeßgericht und Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. Musielak/Ball aaO Rn. 13
a.E.), nicht jedoch diejenige zwischen den deutschen und den ausländischen Gerichten.
bb) Die Gesetzesbegründung (Begründung aaO) verweist darauf, daß im Interesse der Verfahrensbeschleunigung und der Entlastung des Revisionsgerichts Rechtsmittelstreitigkeiten, die allein auf die Frage der Zuständigkeit "des Gerichts" gestützt werden, vermieden werden sollen. Die in den Vorinstanzen geleistete Sacharbeit solle nicht wegen fehlender Zuständigkeit hinfällig werden. Diese Hinweise sind zu allgemein, als daß angenommen werden könnte, der Gesetzgeber habe die internationale Zuständigkeit ebenso wie die Zuständigkeitsverteilung unter den - unterstelltermaßen gleichwertigen (BGHZ 44, 46, 49) - innerstaatlichen Gerichten der revisionsrechtlichen Nachprüfung entziehen wollen. Die internationale Zuständigkeit hat nämlich ein ungleich größeres Gewicht. Sie betrifft die Abgrenzung zu den Souveränitätsrechten anderer Staaten. Es handelt sich darum, inwieweit die deutschen Gerichte in Rechtssachen mit Auslandsbeziehungen eine Entscheidungsbefugnis in Anspruch nehmen können (vgl. BGHZ aaO 51).
Es kommt hinzu, daß die internationale Zuständigkeit - anders als die örtliche, sachliche, funktionelle und ähnliche innerstaatliche Zuständigkeit - über das Verfahrensrecht entscheidet, dem der Rechtsstreit unterliegt. Denn nur das deutsche Gericht wendet deutsches Prozeßrecht, das ausländische Gericht aber sein eigenes Verfahrensrecht an. Darüber hinaus hängt von der internationalen Zuständigkeit nicht selten ab, nach welchem materiellen Recht die Rechtssache entschieden wird. Wird die deutsche internationale Zuständigkeit bejaht, so bestimmt das deutsche internationale Privatrecht, nach welchem materiellen Recht das streitige Rechtsverhältnis zu beurteilen ist; wird
aber die deutsche internationale Zuständigkeit verneint (und ruft deshalb der Kläger ein ausländisches Gericht an), so entscheidet dieses nach dem internationalen Privatrecht seines Landes über die anzuwendende Rechtsnorm. Demgemäß kann die Entscheidung über die internationale Zuständigkeit - im Gegensatz zu der Zuständigkeitsabgrenzung unter den deutschen Gerichten - die sachliche Entscheidung des Prozesses vorwegnehmen (BGHZ aaO 50; Geimer aaO Rn. 1009).

b) Die Auffassung, daß § 545 Abs. 2 ZPO (n.F.) die revisionsrechtliche Prüfung der internationalen Zuständigkeit nicht hindert, wahrt schließlich die Beachtung der Vorlagepflichten nach dem EuGVÜ und dem hierzu abgeschlossenen Protokoll betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof vom 3. Juni 1971 (BGBl. 1972 II S. 846, künftig: Protokoll). Danach können in der Bundesrepublik Deutschland nur die obersten Gerichtshöfe des Bundes (Art. 2 Nr. 1 des Protokolls) und andere Gerichte, sofern sie als Rechtsmittelgericht entscheiden (Art. 2 Nr. 2 des Protokolls), dem Gerichtshof eine Auslegungsfrage zur Vorabentscheidung vorlegen. Diese Vorlageberechtigung ginge ins Leere, wenn der Bundesgerichtshof aufgrund des § 545 Abs. 2 ZPO n.F. die internationale Zuständigkeit nicht mehr zu prüfen hätte. Entsprechendes gälte dann nämlich auch für die Berufungsgerichte (vgl. § 513 Abs. 2 ZPO n.F.), so daß es in der Bundesrepublik Deutschland kein Gericht gäbe, das berechtigt wäre, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Fragen zur Auslegung des EuGVÜ (und des am selben Tag und am selben Ort unterzeichneten Protokolls sowie des Protokolls vom 3. Juni 1971 ) vorzulegen. Ein solches Ergebnis wäre aber mit der im Protokoll vom
3. Juni 1971 bestimmten Vorlageregelung unvereinbar (vgl. zu den völkerver- trags- und sekundärrechtlichen Kontrollpflichten Staudinger IPRax 2001, 298, 299 f).
2. Die mithin zulässige revisionsrechtliche Prüfung ergibt, daß im Streitfall die deutschen Gerichte entweder gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 zweite Alternative EuGVÜ oder gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ international zuständig sind.

a) Grundsätzlich sind natürliche Personen, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates des EuGVÜ haben, vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen (Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ); entsprechendes gilt für Gesellschaften und juristische Personen, die ihren Sitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates haben (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 53 Abs. 1 Satz 1 EuGVÜ ). Abweichend von dieser Regel können in einem Vertragsstaat ansässige (natürliche oder juristische) Personen vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaates verklagt werden, wenn dort einer der in Art. 5 ff EuGVÜ genannten Wahlgerichtsstände besteht (Art. 3 Abs. 1 EuGVÜ; vgl. auch Musielak/Weth, ZPO 2. Aufl. 2000 Art. 3 EuGVÜ Rn. 1). So liegt der Streitfall. Die in den Niederlanden ansässige Beklagte kann vor einem deutschen Gericht verklagt werden , weil in der Bundesrepublik Deutschland entweder die internationale Zuständigkeit für Verbrauchersachen (Art. 13, 14 EuGVÜ) oder der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) begründet ist.

b) Für Klagen aus einem Vertrag, den eine Person zu einem Zweck abgeschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person (Verbraucher) zugerechnet werden kann, bestimmt sich die Zuständig-
keit nach den Art. 13 ff. EuGVÜ für "andere Verträge" (als Teilzahlungskauf oder Darlehen), wenn sie die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand haben, sofern dem Vertragsschluß in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist und der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluß des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 zweite Alternative EuGVÜ). Es handelt sich bei dieser Zuständigkeit um einen Sonderfall des Gerichtsstandes des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz EuGVÜ). Während Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz EuGVÜ sich allgemein auf Klagen aus Vertrag bezieht, erfaßt Art. 13 EuGVÜ bestimmte Arten von Verträgen, die ein Verbraucher geschlossen hat (EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - Rs. C-96/00 - NJW 2002, 2697, 2698). Die in Art. 13 EuGVÜ verwendeten Begriffe sind autonom auszulegen, wobei in erster Linie die Systematik und die Zielsetzung des Übereinkommens zu berücksichtigen sind, um dessen volle Wirksamkeit zu sichern (EuGH aaO).
Die vorliegende auf eine Gewinnzusage im Sinne des § 661a BGB gestützte Klage kann als Klage aus einem Verbrauchervertrag (Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ) angesehen werden.
aa) Zwar handelt es sich bei der Gewinnzusage oder vergleichbaren Mitteilung der Beklagten nicht um einen Vertrag, sondern um ein einseitiges Rechtsgeschäft oder eine geschäftsähnliche Handlung (vgl. Lorenz, NJW 2000, 3305, 3307; Palandt/Sprau, BGB 61. Aufl. 2002 § 661a Rn. 2; Ring, Fernabsatzgesetz 2002 Art. 2 Abs. 4 Rn. 172). Die vertragliche Natur des Klageanspruchs kann auch nicht daraus hergeleitet werden, daß eine untrennbare Verbindung zwischen der Gewinnzusage und der Warenbestellung bestanden
hätte (vgl. EuGH aaO S. 2699). Es ist nicht ersichtlich, daß die Klägerin bei der Beklagten Waren bestellt oder die Beklagte die Auszahlung des Gewinns von einer Warenbestellung abhängig gemacht hätte.
bb) Die an die Klägerin gerichtete Gewinnbenachrichtigung der Beklagten zielte jedoch auf eine Vertragsanbahnung. Die Klägerin, die unstreitig Verbraucherin im vorbeschriebenen Sinn war, sollte hierdurch veranlaßt werden, bei der Beklagten Waren zu bestellen (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 zweite Alternative und lit. a EuGVÜ). Denn sie wurde in dem Schreiben der Beklagten vom 30. Juni 2000 aufgefordert, von der Klägerin angebotene "Schnäppchen" zu nutzen. Auch das in Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b EuGVÜ bestimmte Erfordernis, daß der Verbraucher in dem Staat seines Wohnsitzes die zum Abschluß des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat, war - zumindest dem Rechtsgedanken nach - erfüllt. Die Klägerin versah entsprechend den Anweisungen der Beklagten im Schreiben vom 30. Juni 2000 den Ziehungsbescheid mit der Zuteilungsmarke und schickte ihn am 7. Juli 2000 zurück.
cc) Sind aber die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ gegeben , dann konnte die in der Bundesrepublik Deutschland wohnende Klägerin ihre "Klage eines Verbrauchers" gegen die in den Niederlanden ansässige Beklagte wahlweise vor den niederländischen (Art. 14 Abs. 1 erste Alternative EuGVÜ) oder - wie geschehen - vor den deutschen Gerichten (Art. 14 Abs. 1 zweite Alternative EuGVÜ) erheben.

c) Wäre hingegen für die Zuständigkeit für Verbrauchersachen (Art. 13 ff. EuGVÜ) entscheidend auf den - hier nicht erfolgten - Abschluß eines Vertra-
ges abzustellen, wären die deutschen Gerichte jedenfalls aufgrund des Gerichtsstandes der unerlaubten Handlung zuständig.
aa) Gemäß Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ können in einem Vertragsstaat ansässige (natürliche oder juristische) Personen auch vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaats verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Nr. 3; Art. 53 Abs. 1 Satz 1 EuGVÜ). Der Begriff der "unerlaubten Handlung" im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ ist als autonomer Begriff anzusehen. Um eine einheitliche Lösung in allen Mitgliedsstaaten zu gewährleisten, ist davon auszugehen, daß sich der Begriff der "unerlaubten Handlung" auf Klagen bezieht, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird und die nicht an einen Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ anknüpfen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 11. Juli 2002 aaO; Urteil vom 27. September 1988 - Rs. 189/87 - EuGHE 1988, 5565, 5585 = NJW 1988, 3088, 3089 m. Anm. Geimer; vgl. auch BGH, Urteil vom 11. Februar 1988 - I ZR 201/86 - NJW 1988, 1466, 1467). So läge der Streitfall, wenn für den Gerichtsstand des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz EuGVÜ) und, was hier in Frage steht, die Zuständigkeit für Verbrauchersachen (Art. 13 ff. EuGVÜ) die Anknüpfung an die mit der Gewinnzusage betriebene Vertragsanbahnung nicht genügte. Die Haftung wegen Gewinnzusage (§ 661a BGB) wäre dann als nichtvertragliche deliktische oder deliktsähnliche Haftung - nicht als eine solche wegen zurechenbar gesetzten Rechtsscheins (vgl. Lorenz aaO S. 3306, 3308) - aufzufassen.
Mit der Einführung des § 661a BGB wollte der Gesetzgeber einer verbreiteten und wettbewerbsrechtlich unzulässigen Praxis entgegenwirken, daß Unternehmer Verbrauchern Mitteilungen über angebliche Gewinne übersenden , um sie zur Bestellung von Waren zu veranlassen, die Gewinne auf Nachfrage aber nicht aushändigen (vgl. Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro BT-Drucks. 14/2658 S. 48 f, Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates BT-Drucks. 14/2920 S. 15; Lorenz aaO S. 3306 m.w.N.). Damit wurde - österreichischem Vorbild folgend (Lorenz IPRax 2002, 192) - eine Tendenz der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsschlüssen im Fernabsatz (ABl. EG Nr. L 144 S. 19) aufgegriffen, wettbewerbsrechtliche Verstöße allgemein-zivilrechtlich zu ahnden (Lorenz NJW 2000, 3306; vgl. auch Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem vorgenannten Gesetzentwurf BT-Drucks. 14/3195 S. 33 f; Ring aaO Rn. 167-169). Die unlautere Werbung mittels Vortäuschung scheinbarer Gewinne sollte unterbunden werden, indem dem Verbraucher gesetzlich eingeräumt wurde, den Unternehmer beim Wort zu nehmen und die Leistung des mitgeteilten Gewinns zu verlangen (Begründung Fernabsatzgesetz aaO S. 49; Bericht aaO S. 34). Darin ist jedenfalls eine Haftung wegen "unerlaubter Handlung" - im oben beschriebenen weitgefaßten Sinn des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ - zu sehen. Der Unternehmer wird für sein - in der Regel vorsätzlich abgegebenes (vgl. Lorenz aaO S. 3306, 3307) - täuschendes Versprechen "bestraft" , indem er gemäß § 661a BGB hierfür dem Verbraucher auf Erfüllung haftet (vgl. Gegenäußerung aaO; Rauscher/Schülke, The European Legal Fo-
rum 2000/01, 334, 337). Diese deliktische Qualifikation einer Klage aus Ge- winnzusage wahrt zugleich die Parallelität zu den Wettbewerbssachen (vgl. Lorenz aaO S. 3308 und 3309; s. aber dagegen ders. IPRax 2002, 192, 194 f; Rauscher/Schülke aaO), die nach allgemeiner Auffassung unter den Gerichtsstand der "unerlaubten Handlung" im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ fallen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 1988 aaO; Gottwald in MünchKomm ZPO 2. Aufl. 2001 Schlußanhang IZPR Art. 5 EuGVÜ Rn. 37; Wieczorek /Schütze/Hausmann, ZPO 3. Aufl. 1994 Anh. § 40 Art. 5 EuGVÜ Rn. 51; Albers aaO Rn. 17; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO 22. Aufl. 1999 Art. 5 EuGVÜ Rn. 10; Auer in Bülow/ Böckstiegel/Geimer/Schütze, Der internationale Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen Art. 5 EuGVÜ Rn. 100; Geimer /Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht 1997 Art. 5 EuGVÜ Rn. 151; Schlosser, EuGVÜ 1996 Art. 5 Rn. 16; Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht 6. Aufl. 1998 Art. 5 EuGVÜ Rn. 57; Lorenz IPRax 2002, 192, 194).
Der Anspruch aus Gewinnzusage wäre im übrigen auch dann dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) zuzuordnen, wenn es sich um einen gesetzlichen Fall der culpa in contrahendo handelte (vgl. Lorenz aaO 3307, 3309; EuGH, Urteil vom 17. September 2002 - Rs. C 334/00 - NJW 2002, 3159 f).
bb) Der gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ maßgebliche Ort, "an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist", liegt sowohl an dem Ort, an dem der Schaden eingetreten ist, als auch an dem Ort des ursächlichen Geschehens (EuGH, Urteil vom 30. November 1976 - Rs. 21/76 - EuGHE 1976, 1735, 1746 f und vom 7. März 1995 - Rs. C-68/93 - EuGHE 1995 I S. 415, 460;
Gottwald aaO Rn. 42; Auer aaO Rn. 107). Dementsprechend konnte die Be- klagte an dem für den Wohnsitz der Klägerin zuständigen Gericht verklagt werden. Dort trat nämlich mit dem Empfang des scheinbaren Gewinnversprechens der Erfolg der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) ein (vgl. Rauscher /Schülke aaO S. 338; Lorenz NJW 2000, 3308, 3309).
3. Einer Vorlage wegen der hier vorgenommenen Auslegung der Art. 13 und 5 Nr. 3 EuGVÜ nach Art. 2 f des Protokolls vom 3. Juni 1971 bedarf es nicht. Zwar ist die Auslegungsfrage in der für den vorliegenden Rechtsstreit erheblichen Form noch nicht Gegenstand einer Entscheidung des Gerichtshofes gewesen. Eine Vorlage ist aber - ebenso wie im Falle des Art. 177 Abs. 3 EWG-Vertrag und des Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag - entbehrlich, wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts so offenkundig ist, daß für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 - EuGHE 1982, 3415; BVerfG NJW 1988, 1456; BGHZ 109, 29, 35; BGH, Urteil vom 12. Mai 1993 - VIII ZR 110/92 - BGHR EGÜbk Art. 6 Nr. 3 Zuständigkeit 1). So liegt es hier. Die auf eine Gewinnzusage oder eine vergleichbare Mitteilung (§ 661a BGB) gestützte Klage ist in Anlehnung an die Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 11. Juli 2002 (aaO) und 17. September 2002 (aaO) dem internationalen Gerichtsstand für Verbrauchersachen (Art. 13 f EuGVÜ) oder der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) zuzuordnen. Daß weder die eine noch die andere Vorschrift anwendbar ist und sich die Beklagte auf den allgemeinen Gerichtsstand des Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ berufen könnte, hält der Senat im Hinblick auf die genannten Entscheidungen des Gerichtshofs für ausgeschlossen. Er ist davon überzeugt, daß die gleiche Gewißheit für die Gerichte der übrigen Vertragsstaaten und den Europäischen Gerichtshof selbst besteht (vgl. EUGH, BVerfG und BGHZ aaO).

4. Die Beklagte hat die Kosten der erfolglosen Rechtsmittel gegen das Zwischenurteil des Landgerichts zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO; vgl. Zöller/Greger aaO § 280 Rn. 8 a.E.).
Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 103/01 Verkündet am:
18. März 2002
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. März 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht, die
Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Kraemer und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. Januar 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind die alleinigen Gesellschafter einer im Frühjahr 1998 gegründeten OHG, die in B./L. einen Handel mit Textilien betreiben sollte.
Der Kläger nimmt die Beklagten gesamtschuldnerisch auf Zahlung für eine Lieferung von Textilien aus seinem Modehaus in Anspruch, die er im Mai
1998 vereinbarungsgemäß in den L. gesandt hatte und für die er von der Gesellschaft 119.000,00 DM netto in Monatsraten von 17.000,00 DM ab 30. Juni 1998 hätte erhalten sollen. Er verlangt von den Beklagten unter Berücksichtigung des auf ihn selbst entfallenden Verlustanteils 79.333,33 DM.
Die Parteien streiten darüber, ob die seinerzeit gelieferte Ware den getroffenen Vereinbarungen entsprach und mangelfrei war. Der Beklagte zu 2 beruft sich zudem auf Aufwendungsersatzansprüche. Die Parteien haben den Gesellschaftsvertrag alsbald nach Entstehen ihrer Meinungsverschiedenheiten wechselseitig gekündigt.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage für unbegründet gehalten. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache.
1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, daß der geltend gemachte Anspruch aus einem als Drittgeschäft zu wertenden Kaufvertrag des Klägers mit der Gesellschaft herrühre und die Voraussetzungen für eine unmittelbare Inanspruchnahme der Beklagten gegeben seien, da die Gesellschaft offenbar nicht über nennenswertes eigenes Vermögen verfüge. Zutreffend geht es auch davon aus, daß die Drittgläubigerforderung des Klägers wegen der Beendigung der Gesellschaft grundsätzlich nur noch als unselbständiger Rechnungsposten in der erforderlichen Auseinandersetzungsrechnung zu
berücksichtigen, aber nicht mehr selbständig einklagbar ist. Das rechtfertigt die Abweisung der Klage jedoch nicht.
2. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil v. 9. März 1992 - II ZR 195/90, NJW 1992, 2757, 2758 m.w.N.; Urteil v. 15. Mai 2000 - II ZR 6/99, ZIP 2000, 1208, 1210) enthält die Leistungsklage eines Gesellschafters , mit der er nach Auflösung der Gesellschaft einen auf das Gesellschaftsverhältnis gegründeten Zahlungsanspruch geltend macht, ohne weiteres einen entsprechenden Feststellungsantrag, in den sein Zahlungsantrag umzudeuten ist. Das hat das Berufungsgericht übersehen, wie die Revision mit Recht rügt.
3. Der Senat kann die rechtsfehlerhaft unterbliebene Entscheidung über das in dem Zahlungsverlangen des Klägers enthaltene Feststellungsbegehren nicht selbst treffen. Das Feststellungsverlangen geht dahin, daû eine bestimmte Forderung als Rechnungsposten in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen sei. Das bedeutet, daû die einzustellende Forderung nicht nur der Art nach, sondern auch zur Höhe bestimmt sein muû, da anderenfalls ihre rechnerische Berücksichtigung nicht möglich wäre, was dem Feststellungsbegehren jeden Sinn nähme. Die Beklagten bestreiten, daû die Lieferung des Klägers vertragsgemäû war, und erheben damit Einwendungen zu Grund und Höhe des klägerischen Anspruchs. Dessen Feststellung setzt daher voraus, daû die Frage geklärt ist, inwieweit die Lieferung ordnungsgemäû war und der Kläger seine
Verkäuferpflichten erfüllt hat. Die Sache muû deshalb an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es die nötigen Feststellungen trifft.
Röhricht Hesselberger Henze
Kraemer Münke

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

22
Das notwendige Feststellungsinteresse ist gegeben, weil sich die Kläger Eigentumsrechten (BGHZ 27, 190 ff.) am Vermögen des Beklagten zu 1 berühmen , die einer entsprechenden Feststellung zugänglich sind. Die Kläger haben dem Beklagten zu 1 in diesem Rechtsstreit wiederholt im Blick auf das streitige Grundstück einschließlich seiner Bebauung die Befugnisse eines bloßen Grundstückstreuhänders zugesprochen, für sich selbst aber die Treugeberstellung als Eigentümer in Anspruch genommen. Obwohl die Kläger zu 2 ff. nur für den Kläger zu 1 und nicht auch für sich selbst ein Treuhandverhältnis behaupten und es darum ihnen gegenüber um die Feststellung eines Drittrechtsverhältnisses geht, liegt das erforderliche Feststellungsinteresse vor, weil die begehrte Feststellung für die Rechtsbeziehungen des Beklagten zu 1 zu den Klägern zu 2 ff. als seinen Mitgliedern von Bedeutung ist (vgl. BGHZ 83, 122, 125 f.; BGH Urt. v. 16. Juni 1993 - VIII ZR 222/92, NJW 1993, 2539 f.).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VI ZR 244/07 Verkündet am:
16. September 2008
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Art. 12

a) Zur Zulässigkeit der Klage eines Theaterverlags auf Feststellung, dass der Inszenierung
, Aufführung und Veröffentlichung eines Theaterstücks Persönlichkeitsrechte
nicht entgegenstehen.

b) Zur Frage der Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts bei kunstspezifischer
Betrachtung eines Theaterstücks mit Wirklichkeitsbezug unter Vermengung
tatsächlicher und fiktiver Schilderungen ("Ehrensache").
BGH, Versäumnisurteil vom 16. September 2008 - VI ZR 244/07 - OLG Köln
LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom
16. September 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Wellner,
Pauge, Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 18. September 2007 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 14. Februar 2007 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagte ist die Mutter der am 31. Mai 2004 verstorbenen F.. Die damals 14 Jahre alte Tochter wurde auf einem Parkplatz von einem türkischen Heranwachsenden nach einem gemeinsam mit der 13jährigen Freundin von F. und einem Freund des Täters unternommenen Ausflug mit zahlreichen Messerstichen getötet. Die Freundin wurde von dem Freund des Täters ebenfalls mit Messerstichen lebensgefährlich verletzt. Das Tatgeschehen erregte wegen seiner Brutalität großes Aufsehen und war als sogenannter "Hagener Mädchenmord -Fall" Gegenstand bundesweiter Medienberichte. Die beiden Täter sind rechtskräftig zu langjährigen Jugendstrafen verurteilt worden.
2
Die Klägerin ist der Theaterverlag des Dramatikers Lutz Hübner, der im Jahr 2005 im Auftrag der Theater & Philharmonie Essen GmbH das Jugendtheaterstück "Ehrensache" schrieb. Die Verwertung sämtlicher Urheberrechte einschließlich aller Nebenrechte an dem Stück übertrug er der Klägerin, die ihrerseits Aufführungsrechte an verschiedene Theater vergab. Am 9. Dezember 2005 wurde das Stück uraufgeführt.
3
Die Beklagte hat sich in zahlreichen gerichtlichen Verfahren gegen Aufführungen des Stücks gewandt. Sie sieht in dem Bühnenstück "Ehrensache" eine teilweise detailgetreue Darstellung des Geschehens um den Tod ihrer Tochter, die in der Hauptfigur der "Ellena" unschwer wiederzuerkennen sei. Durch die Konzentration auf charakterliche und moralische Schwächen und die Hinzudichtung unwahrer Tatsachen erscheine F. in der Figur der "Ellena" in einem extrem negativen Licht, welches das Lebensbild ihrer Tochter entstelle und deren postmortalen Achtungsanspruch verletze.
4
Die Klägerin erstrebt mit der vorliegenden negativen Feststellungsklage eine verbindliche Klärung ihrer Verwertungsrechte. Sie hat geltend gemacht, der "Hagener Mädchenmord" habe lediglich als eines von verschiedenen als "Ehrenmord" apostrophierten Tötungsdelikten die Folie für das Bühnenwerk gebildet, mit dem der Autor in einem Jugendstück kulturelle Prägungen der zweiten und dritten Immigrantengeneration habe thematisieren wollen. Die fiktive Rekonstruktion versuche, die aus einem vermeintlichen "Ehrenkodex" resultierenden Motive und Konflikte offen zu legen und auf diese Weise zur Diskussion unter Jugendlichen anzuregen. Die Leitfiguren seien erkennbar lediglich Prototypen mit generalisierenden Zügen, sodass der Zuschauer in der Figur der "Ellena" nicht die Tochter der Beklagten sehe.
5
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und gemäß dem zuletzt gestellten Antrag der Klägerin festgestellt, dass der Inszenierung, Aufführung und Veröffentlichung des Bühnenwerks "Ehrensache" Persönlichkeitsrechte der Beklagten und ihrer verstorbenen Tochter nicht entgegenstünden. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Über die Revision war, da die Beklagte im Revisionstermin trotz rechtzeitiger Ladung nicht vertreten war, auf Antrag der Klägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81).

II.

7
Das Berufungsgericht äußert Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage, lässt diese jedoch dahinstehen, weil die Feststellungsklage jedenfalls unbegründet sei. Das Bühnenstück "Ehrensache" verletze in rechtswidriger Weise das postmortale Persönlichkeitsrecht der in der Figur der "Ellena" ohne weiteres erkennbaren Tochter der Beklagten, weil es deren Intimleben in unzulässiger Weise vor der Öffentlichkeit ausbreite und deren Lebensbild schwerwiegend verfälsche und entstelle. Auch wenn das Bühnenstück durchaus eine achtenswerte Zielsetzung habe, müsse die Beklagte als Hüterin des postmorta- len Persönlichkeitsrechts ihrer Tochter die Inszenierung, Aufführung und Veröffentlichung des Stücks jedenfalls so lange nicht dulden, wie die Erinnerung an die Tat und die Lebensumstände ihrer Tochter noch wach sei, wovon nach der bislang verstrichenen Zeit von lediglich etwas mehr als drei Jahren ausgegangen werden könne.

III.

8
Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
9
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bestehen gegen die Zulässigkeit der Klage keine Bedenken.
10
a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Gegenstand einer Feststellungsklage grundsätzlich die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses sein. Unter Rechtsverhältnis ist eine bestimmte , rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder einer Person zu einer Sache zu verstehen (vgl. BGHZ 22, 43, 47; BGH, Urteile vom 31. Mai 2000 - XII ZR 41/98 - NJW 2000, 2663, 2664 und vom 7. Juni 2001 - I ZR 21/99 - NJW 2001, 3789). Vorliegend ist das Klagebegehren dahin zu verstehen, dass die Klägerin die Feststellung begehrt, dass zwischen ihr und der Beklagten ein bestimmtes Rechtsverhältnis nicht besteht.
11
Der Klagegegenstand eines Rechtsstreits ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Für die Auslegung von Prozesserklärungen, die der erkennende Senat als Revisionsgericht selbst vornehmen kann (vgl. BGHZ 4, 328, 334; BGH, Urteil vom 29. Juni 2000 - I ZR 29/98 - NJW-RR 2001, 620, 623 m.w.N.), ist - ebenso wie bei materiell-rechtlichen Willenserklärungen - nicht allein der Wort- laut maßgebend. Entscheidend ist vielmehr der erklärte Wille, wie er auch aus Begleitumständen und nicht zuletzt der Interessenlage hervorgehen kann. Für die Auslegung eines Klageantrags ist daher auch die Klagebegründung heranzuziehen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 1997 - II ZR 312/96 - NJW-RR 1998, 1005). Im Zweifel gilt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. Senatsurteil vom 6. Juni 2000 - VI ZR 172/99 - VersR 2000, 1521, 1522 m.w.N.).
12
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist Gegenstand des Rechtsstreits nicht allein die Frage der Rechtswidrigkeit einer bereits erfolgten (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 68, 331, 332 f.) oder aber für die Zukunft befürchteten Persönlichkeitsrechtsverletzung. Das in Form einer negativen Feststellungsklage geltend gemachte Begehren der Klägerin ist umfassender. Streitgegenstand einer negativen Feststellungsklage ist das Rechtsverhältnis, dessen Nichtbestehen die klagende Partei gerichtlich festgestellt wissen will (Zöller /Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., Einleitung, Rn. 78 m.w.N.). Dieses ist vorliegend der Anspruch der Beklagten auf Unterlassung der Aufführung und Verbreitung des Bühnenstücks "Ehrensache". Der Sache nach erstrebt die Klägerin die Feststellung, dass dieser Anspruch nicht besteht. Der Umstand, dass die Beklagte bislang nur einzelne Theater, nicht aber die Klägerin auf Unterlassung in Anspruch genommen hat, bedeutet nicht, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits kein Rechtsverhältnis besteht. Die Beklagte hat die von ihr gegenüber den Theatern erhobenen Unterlassungsansprüche nämlich nicht allein auf die Ausgestaltung der jeweiligen Inszenierung gestützt, sondern - ebenso wie im vorliegenden Rechtsstreit - die von ihr geltend gemachte Verletzung des Persönlichkeitsrechts in erster Linie in dem Theaterstück selbst gesehen. Ihr geht es nicht um ein Aufführungsverbot hinsichtlich bestimmter, das Persönlichkeitsrecht besonders beeinträchtigender Szenen oder Inszenierungen, sondern darum, generell eine Veröffentlichung und Verbreitung des von ihr beanstande- ten Dramas in der vorliegenden Fassung zu verhindern. Die Beklagte macht nicht etwa geltend, dass die Klägerin aus urheberrechtlichen Gründen das Werk nicht verbreiten dürfe (vgl. dazu BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 - I ZR 21/99 - aaO), sondern sieht vielmehr in der Verbreitung, zu der auch die Übertragung der Verwertungsrechte zählt, eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Damit stellt sich die Frage der Zulässigkeit der Verbreitung des Werks auch zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits, denn mit der Übertragung der Verwertungsrechte ist die Klägerin selbst unmittelbar an der Verbreitung beteiligt. Mithin betrifft die von der Beklagten beanspruchte Unterlassung auch ein zwischen ihr und der Klägerin bestehendes Rechtsverhältnis.
13
b) Das für die Zulässigkeit der Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage der klagenden Partei eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGHZ 69, 144, 147; BGH, Urteil vom 7. Februar 1986 - V ZR 201/84 - NJW 1986, 2507 m.w.N.). Als Inhaberin der Verwertungsrechte hat die Klägerin ein schützenswertes Interesse daran, dass die durch das Vorgehen der Beklagten gegen einzelne Theater entstandene Unsicherheit bezüglich der Rechtsfrage beseitigt wird, ob das Theaterstück veröffentlicht werden darf und von den Bühnen, denen die Klägerin die Verwertung der Urheberrechte übertragen hat oder zukünftig überträgt, ungehindert aufgeführt werden kann oder ob die Beklagte die Veröffentlichung und Verbreitung des Werks durch Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts verbieten lassen kann.
14
Dem steht vorliegend nicht entgegen, dass bei einer negativen Feststellungsklage das rechtliche Interesse des Klägers regelmäßig aus einer vom Beklagten aufgestellten Bestandsbehauptung ("Berühmung") der vom Kläger verneinten Rechtslage entsteht (BGHZ 91, 37, 41; BGH, Urteil vom 22. März 1995 - XII ZR 20/94 - NJW 1995, 2032, 2033 m.w.N.). Eine ausdrückliche Berühmung des potentiellen Gläubigers ist dafür nämlich nicht erforderlich. Ein Feststellungsinteresse kann bereits gegeben sein, wenn der Kläger befürchten muss, dass ihm der Beklagte aufgrund seines vermeintlichen Rechts ernstliche Hindernisse entgegensetzen werde. Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Beklagte mit einer nach Treu und Glauben zu erwartenden eindeutigen Erklärung zurückhält (BGHZ 69, 37, 46 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist vorliegend gegeben, da die Beklagte nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen die von ihr verlangte Unterlassungsverpflichtungserklärung, die zur Beseitigung der entstandenen Rechtsunsicherheit geeignet gewesen wäre, nicht abgegeben hat. Im Hinblick darauf kann offenbleiben, ob das aufseiten der Klägerin erforderliche Feststellungsinteresse unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles nicht schon im Hinblick darauf zu bejahen ist, dass die Beklagte sich gegenüber zahlreichen Theatern eines Anspruchs auf Unterlassung der Aufführung und damit auch der Verbreitung des Theaterstücks berühmt hat.
15
2. Die Klage ist auch begründet. Der Inszenierung, Aufführung und Veröffentlichung des Bühnenwerks "Ehrensache" stehen Persönlichkeitsrechte der Beklagten und ihrer verstorbenen Tochter nicht entgegen.
16
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verletzt das Bühnenstück "Ehrensache" nicht das postmortale Persönlichkeitsrecht der Tochter der Beklagten. Anerkannt ist, dass die Persönlichkeit des Menschen über den Tod hinaus geschützt wird. Dies folgt aus dem Grundrecht des Art. 1 Abs. 1 GG, wonach die Würde des Menschen unantastbar ist. Demgegenüber kann das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG nur einer lebenden Person zukommen, weil dieses auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit gerichtete Grundrecht die Existenz einer wenigstens potentiell oder zukünftig handlungsfähigen Person, also eines lebenden Menschen als unabdingbar voraussetzt (vgl. BVerfGE 30, 173, 194 = NJW 1971, 1645, 1647; Senatsurteil vom 6. Dezember 2005 - VI ZR 265/04 - VersR 2006, 276 m.w.N.). Die Schutzwirkungen des postmortalen Persönlichkeitsrechts sind nicht identisch mit denen, die sich aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG für den Schutz lebender Personen ergeben. Postmortal geschützt wird zum einen der allgemeine Achtungsanspruch, der dem Menschen als solchem zusteht, zum anderen der sittliche, personale und soziale Geltungswert, den die Person durch ihre eigene Lebensleistung erworben hat (BVerfG, AfP 2008, 161 = NJW 2008, 1657 [LS]). Steht fest, dass eine Handlung das postmortale Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, ist zugleich ihre Rechtswidrigkeit geklärt. Der Schutz kann nicht etwa im Zuge einer Güterabwägung relativiert werden (vgl. BVerfG, VersR 2001, 1252, 1254; BVerfG, NJW 2006, 3409).
17
Wenn - wie hier - zu untersuchen ist, ob ein dem Schutz des Art. 5 Abs. 3 GG unterstehendes Kunstwerk die Menschenwürde eines Verstorbenen beeinträchtigt , kommt es auf eine Interpretation des Aussagegehalts dieses Kunstwerks an. Bei dieser Interpretation sind die Besonderheiten der künstlerischen Ausdrucksform zu berücksichtigen. Zu den Spezifika literarischer Kunstformen wie etwa eines zeitgenössischen Theaterstücks gehört, dass solche Stücke zwar häufig an die Realität anknüpfen, der Künstler dabei aber eine neue ästhetische Wirklichkeit schafft. Das erfordert eine kunstspezifische Betrachtung zur Bestimmung des durch das Theaterstück im jeweiligen Handlungszusammenhang dem Leser nahe gelegten Wirklichkeitsbezugs, um auf dieser Grundlage die Schwere der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts bewerten zu kön- nen. Die künstlerische Darstellung ist an einem kunstspezifischen, ästhetischen Maßstab zu messen. Dabei ist zu beachten, ob und inwieweit das "Abbild" gegenüber dem "Urbild" durch die künstlerische Gestaltung des Stoffs und seine Ein- und Unterordnung in den Gesamtorganismus des Kunstwerks so verselbständigt erscheint, dass das Individuelle, Persönlich-Intime zugunsten des Allgemeinen , Zeichenhaften der "Figur" objektiviert ist. Ein literarisches Werk, vorliegend ein Theaterstück, ist zunächst als Fiktion anzusehen, das keinen Faktizitätsanspruch erhebt. Die Vermutung der Fiktionalität gilt im Ausgangspunkt auch dann, wenn hinter den Figuren reale Personen als Urbilder erkennbar sind (BVerfG, NJW 2008, 39, 42; Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - VI ZR 252/07 - VersR 2008, 1080, 1081).
18
Wie das Bundesverfassungsgericht nach Erlass des Berufungsurteils in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde der Beklagten, die in einem Parallelverfahren gegen ein Theater unterlegen war (LG Essen, ZUM-RD 2007, 92, nachfolgend: OLG Hamm, Beschluss vom 16. Mai 2007 - 3 U 258/06), entschieden hat, wird bei kunstspezifischer Betrachtung die Menschenwürde der verstorbenen Tochter der Beklagten durch das Theaterstück nicht angetastet.
19
Die Beklagte macht eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts mit der Begründung geltend, ihre Tochter werde in dem Theaterstück verzerrt und einseitig negativ dargestellt. Damit kann sie keinen Erfolg haben. Dem Theaterstück "Ehrensache" dienten die Ereignisse um die Tötung der Tochter der Beklagten als Vorlage. In dem Stück werden episodenhaft und zum Teil in Form von Rückblenden der Ablauf des Tages bis zur Tat und Ereignisse aus dem Leben der getöteten "Ellena" erzählt, deren Figur an die Tochter der Beklagten angelehnt ist. Soweit diese beanstandet, in dem Theaterstück würden Begebenheiten gezeigt, die sich so nicht zugetragen hätten, begründet dies keine Verletzung der Menschenwürde. Mit dieser Begründung macht die Beklagte dem Autor des Theaterstücks gerade die Fiktionalität seines Werks zum Vorwurf. Nicht schon dadurch, dass eine bestimmte Person erkennbar Vorbild einer Figur in einem literarischen Kunstwerk ist, wird dem Leser oder Zuschauer nahe gelegt, alle Handlungen und Eigenschaften dieser Figur dieser Person zuzuschreiben. Für ein literarisches Werk, das an die Wirklichkeit anknüpft, ist vielmehr kennzeichnend, dass es tatsächliche und fiktive Schilderungen vermengt. Unter diesen Umständen verfehlte es den Grundrechtsschutz solcher Literatur, wenn man die Persönlichkeitsrechtsverletzung bereits in der Erkennbarkeit als Vorbild einerseits und in bestimmten negativen Zügen der Figur andererseits sähe (vgl. BVerfG NJW 2008, 39, 42; Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - VI ZR 252/07 - aaO). Die Beklagte bringt über die bloße Erkennbarkeit ihrer Tochter als Vorbild der Figur der "Ellena" hinaus keine Anhaltspunkte vor, die es nahe legen würden, bestimmte in dem Stück dargestellte Ereignisse als tatsächlich geschehen und damit die grundsätzlich geltende Vermutung der Fiktionalität daher als widerlegt anzusehen. Solche Anhaltspunkte sind auch nicht ersichtlich , zumal die Beklagte sich zu einem beträchtlichen Teil gegen Passagen wendet, in denen andere Figuren, deren Unzuverlässigkeit im Laufe des Stücks sogar ausdrücklich thematisiert wird, Handlungen und Eigenschaften der Figur der "Ellena" schildern und bewerten (BVerfG, AfP 2008, 161 = NJW 2008, 1657 [LS]).
20
Wie die Revision mit Recht geltend macht, tastet das Theaterstück die Menschenwürde der Tochter der Beklagten auch insoweit nicht an, als in ihm Handlungen mit sexuellem Gehalt geschildert oder gezeigt werden. Zwar kann die realistische und detaillierte Schilderung solcher Handlungen lebender Personen in einem literarischen Text die absolut geschützte Intimsphäre des Betroffenen beeinträchtigen und deshalb unzulässig sein. Inwieweit sich dieser Gesichtspunkt auf das postmortale Persönlichkeitsrecht übertragen lässt, bedarf hier indes keiner Entscheidung. Eine Beeinträchtigung der Intimsphäre setzt jedenfalls voraus, dass der Text es nahe legt, die geschilderten Handlungen als Berichte über tatsächliche Ereignisse zu begreifen, etwa weil es sich um realistische und detaillierte Beschreibungen von Geschehnissen handelt, die der Autor selbst erlebt hat, und intime Details einer Frau geschildert werden, die deutlich als tatsächliche Intimpartnerin des Autors erkennbar ist (vgl. BVerfG NJW 2008, 39, 44; Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - VI ZR 252/07 - aaO). Daran fehlt es hier.
21
Schließlich bedarf das postmortale Persönlichkeitsrecht der Tochter der Beklagten auch nicht deshalb besonderen Schutzes, weil sie zum Zeitpunkt ihres Todes noch minderjährig war. Der verstärkte Schutz des Persönlichkeitsrechts Minderjähriger findet seinen Grund in dem Bedürfnis, deren weitere Persönlichkeitsentwicklung zu gewährleisten (vgl. BVerfGE 101, 361, 385 f. = VersR 2000, 773, 775; BVerfG, NJW 2008, 39, 41; Senatsurteil vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - VersR 2005, 125, 126 m.w.N.), was bei einer Verstorbenen nicht in Betracht kommt.
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b) Das Bühnenstück "Ehrensache" verletzt auch nicht das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht (vgl. BVerfGE 67, 213, 228 = NJW 1985, 261; Senatsurteil vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695, 697 m.w.N.) der Beklagten. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, wird die Mutter der "Ellena" in dem Bühnenstück "Ehrensache" nicht dargestellt. Sie findet nur mittelbar Erwähnung, indem ein Streit zwischen den Eltern als Beweggrund für das Verhalten von "Ellena" angegeben wird. Auch insoweit sind indessen keine Anhaltspunkte ersichtlich, die es nahe legen würden, diese in dem Stück dargestellte Vorgeschichte als tatsächlich geschehen anzusehen. Die grundsätzlich geltende Vermutung der Fiktionalität ist auch insoweit nicht widerlegt.

IV.

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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Wellner Pauge Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 14.02.2007 - 28 O 292/06 -
OLG Köln, Entscheidung vom 18.09.2007 - 15 U 64/07 -

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

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a) Die Klausel entspricht bereits nicht den Erfordernissen, die sich aus dem Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) ergeben. Der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen ist gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass eine Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, dass sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Ist der Verwender diesem Gebot nicht gefolgt, liegt schon darin eine unangemessene Benachteiligung des anderen Vertragspartners (BGHZ 136, 394, 401 f.; 141, 137, 143; 147, 354, 361 f.).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 273/03 Verkündet am:
23. Februar 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
AGBG § 9 Bk; BGB (2.1.2002) § 307 Abs. 1 Satz 2 Bk; AVB f. Unfallvers. (AUB
94) § 7
Eine Fristenregelung wie in den §§ 1 und 7 AUB 94 in Allgemeinen Versicherungsbedingungen
eines Unfallversicherers genügt den Anforderungen des
Transparenzgebots.
BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 - IV ZR 273/03 - OLG München
LG München I
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Februar 2005

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. November 2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht einen Anspruch aus einer privaten Unfallversicherung geltend. Dem Versicherungsvertrag liegen Allgemeine Versicherungsbedingungen zugrunde (im folgenden: AVB), die - soweit hier von Bedeutung - im wesentlichen den AUB 94 entsprechen. Zu den Voraussetzungen des Anspruchs heißt es dort: § 1 Der Versicherungsfall I. Der Versicherer bietet Versicherungsschutz bei Unfällen , die dem Versicherten während der Wirksamkeit des Vertrages zustoßen. Die Leistungsarten, die versichert werden können, ergeben sich aus § 7; aus Antrag und Versicherungsschein ist ersichtlich, welche Leistungsarten jeweils vertraglich vereinbart sind. ...

§ 7 Die Leistungsarten Die jeweils vereinbarten Leistungsarten und deren Höhe (Versicherungssummen) ergeben sich aus dem Vertrag. Für die Entstehung des Anspruchs und die Bemessung der Leistung gelten die nachfolgenden Bestimmungen. I. Invaliditätsleistung (1) Anspruch auf Kapitalleistung aus der für den Invaliditätsfall versicherten Summe entsteht, wenn der Unfall innerhalb von 15 Monaten zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit (Invalidität) führt und diese Beeinträchtigung spätestens 15 Monate nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und geltend gemacht worden ist. ... Am 24. Februar 2001 stürzte der Kläger auf einer S teintreppe und zog sich eine Achillessehnenteilruptur zu. Er mußte nach einer Nothilfeversorgung zunächst einen Unterschenkelgips, dann einen elastischen Verband und später einen Achillessehnenstrumpf tragen. Anschließend erhielt er eine Bewegungstherapie und Kräuterbäder. Auf Dauer verbleibende Schäden wurden von den behandelnden Orthopäden nicht festgestellt. Vielmehr behauptet der Kläger, die Ärzte hä tten ihm wiederholt erklärt , sein Bein werde wieder in Ordnung kommen. Erst mit Schreiben vom 4. August 2002 teilte der Kläger der Beklagten mit, daß er eine Verletzung an der Achillessehne erlitten habe und seitdem täglich unter Schmerzen leide. Am 24. September 2002 suchte der Kläger einen anderen Orthopäden auf, der eine deutliche Verdickung und einen unfallabhängigen Dauerschaden attestierte. Die Beklagte lehnte Versicherungsschutz u.a. wegen Versäumung der in § 7 I (1) AVB vorgeschriebenen Frist für die ärztliche Feststellung der Invalidität ab. Der Kläger meint, diese Frist sei in den Versicherungsbedingungen der Beklagten nicht klar und verständlich dargestellt worden.

Die Klage auf Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten, für das Unfallereignis vom 24. Februar 2001 Versicherungsschutz zu leisten, hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der Kläger verfolgt seinen Antrag mit der Revision weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision bleibt ohne Erfolg. Die Klage ist mit Recht abgewiesen worden.
I. 1. Das Berufungsgericht sieht keinen Verstoß ge gen das Transparenzgebot , so wie es als Maßstab der Inhaltskontrolle von Geschäftsbedingungen in langjähriger Rechtsprechung entwickelt worden sei. Ob die Anforderungen insoweit durch die Regelung in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42) erhöht worden seien, könne offen bleiben, weil sich der Unfall, aus dem der Kläger seinen Anspruch herleite, vor Inkrafttreten der Neuregelung ereignet habe (Art. 229 § 5 EGBGB). Durch das Erfordernis fristgerechter ärztlicher Feststellung würden Spätschäden im Interesse arbeits- und kostensparender Abwicklung vom Versicherungsschutz ausgenommen , auch wenn der Versicherte die Frist schuldlos versäumt habe (BGHZ 137, 174, 177). Die Berufung der Beklagten auf den Fristablauf sei auch nicht rechtsmißbräuchlich. Wenn Ärzte dem Versicherten zu Unrecht erklärt hätten, es würden nach dem Unfall keine Dauerfolgen zu-

rückbleiben, trage der Versicherer dafür keine Verantwortung (BGHZ 130, 171, 176).
2. Dem hält die Revision entgegen, die höchstricht erliche Rechtsprechung habe bisher nicht zu der Frage Stellung genommen, ob die zum Verlust des Versicherungsschutzes führenden Fristen in den Versicherungsbedingungen der Beklagten hinreichend klar und verständlich gemacht würden. Schon vor Inkrafttreten von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sei anerkannt gewesen, daß eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsoder Versicherungsbedingungen unwirksam sei, wenn die getroffene Regelung dem Transparenzgebot nicht genüge. Für den durchschnittlichen Kunden ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse werde insbesondere durch Aufbau und Gestaltung der AUB 94 verschleiert, daß der in § 1 der Versicherungsbedingungen gewährte Versicherungsschutz bei einem Unfall später in § 7 unter der irreführenden Überschrift "Leistungsarten" zusätzlich von der Einhaltung bestimmter Fristen etwa für die ärztliche Feststellung eines Dauerschadens abhängig gemacht werde (vgl. Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. AUB 94 § 7 Rdn. 8; ders. r+s 2002, 485, 489; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 179 Rdn. 21; Hormuth in Terbille, Münchener Anwalts Handbuch Versicherungsrecht , § 23 Rdn. 36).
II. Diese Bedenken teilt der Senat nicht. Die Fris tenregelung in § 7 I (1) AVB hält, insbesondere soweit sie für die Entstehung des Anspruchs auf Invaliditätsleistung voraussetzt, daß spätestens 15 Monate nach dem Unfall eine dauernde Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit von einem Arzt schriftlich festgestellt worden

sein muß, einer Inhaltskontrolle auch am Maßstab des Transparenzgebots stand.
1. Dabei kommt es auch nach Meinung der Revision n icht darauf an, ob das Transparenzgebot seine Grundlage - wie im vorliegenden Fall - noch in § 9 AGBG findet oder bereits in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Mit der neuen Vorschrift war eine inhaltliche Änder ung der bisher von der Rechtsprechung zum Transparenzgebot entwickelten Grundsätze nicht bezweckt (MünchKommBGB/Basedow, 4. Aufl. Bd. 2 a, § 307 Rdn. 48 m.w.N.; Palandt/Heinrichs, BGB 64. Aufl. § 307 Rdn. 16). Nicht zweifelhaft ist auch, daß die hier streitigen Fristen das Hauptleistungsversprechen des Versicherers lediglich ausgestalten oder modifizieren und deshalb schon unter der Geltung von § 8 AGBG der gerichtlichen Kontrolle unterlagen (vgl. BGHZ 137, 174, 175).
2. Der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingun gen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen (Transparenzgebot); insbesondere müssen Nachteile und Belastungen so weit erkennbar werden, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGHZ 147, 373, 377 f.; 141, 137, 143). Eine Regelung muß nicht nur aus sich heraus klar und verständlich sein; sie hält einer Inhaltskontrolle auch dann nicht stand, wenn sie an verschiedenen Stellen in den Bedingungen niedergelegt ist, die nur schwer miteinander in Zusammenhang zu bringen sind, oder wenn der Regelungsgehalt auf andere Weise durch die Verteilung auf mehrere Stellen verdunkelt wird (BGH, Urteile vom 10. März 1993 - VIII ZR 85/92 - NJW 1993, 2052 unter III; vom 11. Februar 1992 - XI ZR 151/91 - NJW 1992, 1097 unter II 1).

Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an, von dem allerdings die aufmerksame Durchsicht der Bedingungen, deren verständige Würdigung und die Berücksichtigung ihres erkennbaren Sinnzusammenhangs erwartet werden kann (BGHZ 123, 83, 85; Senatsurteil vom 9. Juli 2003 - IV ZR 74/02 - NJWRR 2003, 1247 = VersR 2003, 1163, jeweils unter II 2 c (1); vgl. ferner BGH, Beschluß vom 23. März 1995 - VII ZR 228/93 - NJW-RR 1995, 749 unter 2 a). Jedes eigene Nachdenken kann dem Kunden nicht erspart bleiben (BGHZ 112, 115, 121). Eine Überspannung des Transparenzgebots würde letztlich wieder Intransparenz mit sich bringen (BGH, Urteil vom 10. März 1993, aaO).
3. a) Die hier streitige Klausel in § 7 I (1) AVB ist weder hinsichtlich der einzuhaltenden Fristen noch der Bedeutung dieser Fristen für den Versicherungsschutz aus sich heraus unklar oder schwer verständlich (so auch Knappmann in Prölss/Martin, aaO Rdn. 8; Römer, aaO). Soweit Schwintowski (VuR 1998, 195 f.) das Transparenzgebot dadurch verletzt sieht, daß es für den Versicherungsschutz auf Zufallswirkungen ankomme, nämlich ob die unfallbedingte Invalidität noch innerhalb der in den Bedingungen genannten Fristen eintrete und ärztlich festgestellt werden könne oder nicht, geht es nicht um die Durchschaubarkeit der Regelung, sondern um deren Inhalt. Insoweit hat der Senat in BGHZ 137, 174, 176 f. ausgesprochen, daß die - der hier in Rede stehenden Klausel inhaltlich im wesentlichen entsprechende - Klausel in § 7 I (1) Abs. 2 AUB 88 wegen des damit bezweckten Ausschlusses von Spätschäden einer Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AGBG standhält. Daran wird festgehalten.

Dies gilt auch, soweit die Revision meint, bei der Regelung in § 7 I (1) AVB über die fristgerechte ärztliche Feststellung der Invalidität handle es sich um eine verhüllte Obliegenheit, die schon deshalb unwirksam sei, weil ihr wahrer Charakter als einer Obliegenheit, deren Verletzung nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit zur Leistungsfreiheit führe (§ 10 AVB), zum Nachteil des Versicherungsnehmers verschleiert werde (vgl. Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 9. Aufl. Anh. §§ 9-11 Rdn. 859; Horn in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz 4. Aufl. § 23 Rdn. 480). Der Senat hat indessen bereits entschieden, daß das Erfordernis fristgerechter ärztlicher Feststellung der Invalidität eine Anspruchsvoraussetzung ist, für die es keinen Entschuldigungsbeweis gibt (BGHZ 137, 174, 177; Urteil vom 28. Juni 1978 - IV ZR 7/77 - VersR 1978, 1036 unter 1). Insoweit läßt der Wortlaut des § 7 I (1) AVB keinen Zweifel aufkommen.

b) Die Einsicht, daß ein Anspruch auf Versicherung sschutz bei Invalidität nur bei Einhaltung der in § 7 I (1) AVB vorgesehenen Fristen besteht, wird dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, wenn er die Bedingungen mit der von ihm zu fordernden Aufmerksamkeit durchsieht, aber auch durch deren Aufbau und Gliederung nicht verstellt. Die Auffassung der Revision, § 1 I AVB vermittle dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer den Eindruck, ihm werde in dieser Bestimmung bereits ein Anspruch auf Versicherungsschutz abschließend zugesagt, wenn es zu einem Unfall gekommen sei, greift zu kurz: Der im ersten Satz dieser Vorschrift angebotene Versicherungsschutz bleibt seinem Inhalt nach vielmehr völlig unbestimmt. Insofern wird der Leser aber im zweiten Satz sogleich auf die Leistungsarten hingewiesen, die versichert werden können und sich aus § 7 der Bedingungen ergeben. Wenn der Begriff "Lei-

stungsarten" in § 1 I AVB für den Versicherungsnehmer nicht aus sich heraus verständlich sein sollte, wie die Revision meint, erschließt sich seine Bedeutung jedenfalls aus dem in Bezug genommenen § 7, der unter I die Invaliditätsleistung, unter II die Übergangsleistung, unter III das Tagegeld, unter IV das Krankenhaustagegeld, unter V das Genesungsgeld und unter VI die Todesfalleistung regelt. § 1 I verdeutlicht, daß es für einen Anspruch auf eine der genannten Leistungen keineswegs nur auf das Vorliegen eines Unfalls ankommt, sondern zunächst darauf, daß eine Verpflichtung zu einer oder mehreren der genannten Leistungen überhaupt vertraglich vereinbart worden ist. § 1 I AVB sagt in seinem zweiten Satz aber nicht etwa, daß der Versicherer bei einem Unfall Zahlungen leistet, soweit überhaupt Leistungen vertraglich vereinbart sind, sondern daß sich die Leistungsarten, die versichert werden können und nach Antrag sowie Versicherungsschein vereinbart worden sind, selbst erst aus § 7 ergeben. Dem verständigen Versicherungsnehmer kann jedenfalls nicht verborgen bleiben, daß es für den inhaltlich in § 1 I AVB nicht konkretisierten Versicherungsschutz entscheidend auf § 7 AVB ankommt.
Dessen Lektüre kann er sich also nicht ersparen, w enn er über den Versicherungsschutz, der ihm zusteht, auch nur in groben Zügen informiert sein will. Daß die in § 7 getroffenen Regelungen dem Leser nicht schon in unmittelbarem Anschluß an § 1 AVB präsentiert werden, ändert nichts an der Klarheit und Verständlichkeit der sich aus § 1 I ergebenden Bezugnahme. § 7 weist den Leser schon einleitend vor den unter römischen Ziffern aufgeführten Leistungsarten darauf hin, daß die nachfolgenden Bestimmungen nicht erst für die Bemessung der Leistung, sondern schon für die Entstehung des Anspruchs gelten. Selbst wenn der

Versicherungsnehmer diese Einleitung unbeachtet läßt und sich sogleich der von ihm vereinbarten Leistungsart, hier also der Invaliditätsleistung, zuwendet, macht der Text des § 7 unter I (1) klar, daß es einen Anspruch auf Kapitalleistung wegen Invalidität nur gibt, wenn eine dauernde Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit innerhalb einer bestimmten Frist (hier spätestens 15 Monate nach dem Unfall) eintritt , wenn diese Beeinträchtigung innerhalb dieser Frist außerdem schriftlich von einem Arzt festgestellt und geltend gemacht wird. Um dies zu erkennen, bedarf es keiner juristisch-dogmatischen Unterscheidung zwischen dem Versicherungsfall als solchem und der Entstehung des Anspruchs gegen den Versicherer (vgl. Römer in Römer/Langheid, aaO § 179 Rdn. 4).
Mit dieser Regelungstechnik sind die Voraussetzung en für den Anspruch auf Versicherungsschutz zwar nicht an einer Stelle in den Bedingungen zusammenhängend dargestellt. Das wäre indessen wegen der vielfältigen und unterschiedlichen Leistungen, die bei einem Unfall vereinbart werden können, weder einfach noch besonders naheliegend für einen Versicherungsnehmer, der nach seinen Vertragsunterlagen - wie hier - nicht schlechthin Unfallversicherungsschutz vereinbart hat, sondern neben einem Unfall-Krankenhaustagegeld u.a. bei Invalidität durch Unfall die Zahlung eines dem Invaliditätsgrad entsprechenden Betrages, wobei im Versicherungsschein ausdrücklich auf § 7 AVB hingewiesen wird. Es bedarf hier nicht der Entscheidung, ob die Anspruchsvoraussetzungen in der Unfallversicherung auch klarer und verständlicher formuliert werden könnten, als dies in den hier zu prüfenden Bedingungen geschehen ist. Diese machen die Regelung auch für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer jedenfalls hinreichend deutlich, zieht man die

Schwierigkeiten der zu regelnden Materie einerseits und die vom Versicherungsnehmer zu fordernde Aufmerksamkeit, verständige Würdigung und Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs andererseits in Betracht.

c) Daran ändert auch die Regelung in § 9 I AVB nic hts. Die Revision meint, da die dort vom Versicherungsnehmer unverzüglich nach dem Unfall geforderte Hinzuziehung eines Arztes als Obliegenheit bezeichnet werde, die nach § 10 AVB nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung zum Verlust des Versicherungsschutzes führe, sei für den Versicherungsnehmer unklar, ob dies nicht auch für die in § 7 I (1) AVB vorausgesetzte Zuziehung eines Arztes für die schriftliche Feststellung der Invalidität gelte. Eine solche Beziehung zwischen den §§ 7 I und 9 I AVB herzustellen, liegt indessen fern. Anders als in § 1 I AVB nehmen die §§ 7 I, 9 I und 10 AVB im Text nicht auf einander Bezug. Vor allem wird dem aufmerksam lesenden Versicherungsnehmer nicht entgehen, daß die in § 9 I AVB angeordnete Obliegenheit den Zweck hat, die Unfallfolgen möglichst zu mindern, wie sich aus dem zweiten Satz dieser Bestimmung ergibt. Damit hat die in § 7 I (1) AVB binnen 15 Monaten nach dem Unfall geforderte schriftliche Feststellung eines Arztes über eine etwa auf Dauer verbleibende Unfallfolge nichts zu tun. Das wird dem Versicherungsnehmer, wenn er §§ 7 I (1) und 9 I AVB überhaupt miteinander in Beziehung bringt, aus Wortlaut und Sinnzusammenhang dieser Regelungen jedenfalls klar werden.
Die Bedenken der Revision gegen die Wirksamkeit de s § 7 I (1) AVB sind mithin unbegründet.

4. Dabei darf nicht übersehen werden, daß die Beru fung des Versicherers auf den Ablauf der Frist zur ärztlichen Feststellung der Invalidität im Einzelfall rechtsmißbräuchlich sein kann, so daß die Versäumung der Frist dem Versicherungsnehmer nicht schadet. Das hat der Senat angenommen, wenn ein unveränderlicher Gesundheitsschaden tatsächlich vor Fristablauf in einem ärztlichen Bericht erwähnt worden ist, etwa weil der behandelnde Unfallchirurg die Gallenblase entfernt hatte, eine daraus folgende Invalidität aber nicht ausdrücklich fristgerecht ärztlich festgestellt wurde (BGHZ 130, 171, 178 f.; 137, 174, 177). Darüber hinaus kann sich die Berufung auf den Fristablauf als rechtsmißbräuchlich darstellen, wenn dem Versicherer bereits vor Fristablauf ein Belehrungsbedarf des Versicherungsnehmers hinsichtlich der zu wahrenden Frist deutlich wird, er aber gleichwohl eine solche Belehrung unterläßt (vgl. Knappmann, r+s 2002, 485, 489). Davon kann auszugehen sein, wenn der Versicherte Invaliditätsansprüche rechtzeitig geltend macht, seine Angaben oder die von ihm vorgelegten ärztlichen Atteste den Eintritt eines Dauerschadens nahelegen, die erforderliche ärztliche Feststellung der Invalidität aber noch fehlt (OLG Köln VersR 1995, 907; OLG Hamm NVersZ 1999, 567). Gleiches kann anzunehmen sein, wenn der Versicherer nach Geltendmachen von Invalidität von sich aus noch innerhalb der Frist zur ärztlichen Feststellung ein ärztliches Gutachten einholt, ohne den Versicherungsnehmer darauf hinzuweisen, daß er unbeschadet dessen selbst für eine fristgerechte ärztliche Feststellung der Invalidität zu sorgen habe (OLG Saarbrücken VersR 1997, 956, 958; OLG Oldenburg NVersZ 2000, 85 f.; zu alledem Knappmann in Prölss/Martin, aaO Rdn. 22 f.; Manthey, NVersZ 2001, 55, 57 f.).

Daß im vorliegenden Fall von einem rechtsmißbräuch lichen Verhalten der Beklagten nicht ausgegangen werden kann, stellt das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei fest.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 54/05 Verkündetam:
14.Juni2006
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Juni 2006

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 19. Januar 2005 wird auf Kosten der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen , dass der Tenor des Berufungsurteils in Ziff. 1 wie folgt neu gefasst wird: "Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 28. Juli 2004 (Az. 4 O 322/03) abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger unter Aufhebung ihres Bescheids vom 28. Mai 2003 eine Zusatzrente (Betriebsrente) ab dem 1. Mai 2003 unter Berücksichtigung einer Gesamtversorgung in voller Höhe (100% statt 70%) zu gewähren." Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Kläger Der begehrt von der beklagten Zusatzversorgungskasse die Neuberechnung seiner Versorgungsrente.

2
Aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht der Kläger seit 1. April 2000 eine Berufsunfähigkeitsrente und nach Vollendung des 60. Lebensjahres seit 1. Mai 2003 eine Altersrente für Schwerbehinderte. Die Beklagte gewährte dem Kläger eine Zusatzversorgungsrente wegen Berufsunfähigkeit unter Annahme eines Versicherungsfalls am 13. März 2000. Ihrer Berechnung liegt eine Gesamtversorgung von nur 70% zugrunde. Mit Bescheid vom 28. November 2002 legte die Beklagte den Beginn der Zusatzversorgungsrente wegen Berufsunfähigkeit rückwirkend auf den 1. Mai 2001 fest. Im Hinblick auf den Bezug der Altersrente in der gesetzlichen Rentenversicherung beantragte der Kläger bei der Beklagten, seine Zusatzversorgungsrente wegen Berufsunfähigkeit ab 1. Mai 2003 in eine solche wegen Alters umzuwandeln, die auf der Grundlage einer Gesamtversorgung von 100% zu errechnen ist. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Mai 2003 ab, weil der Kläger nach Eintritt seiner Berufsunfähigkeit kein Arbeitsverhältnis mehr aufgenommen und deshalb auch keine zusätzlichen Versorgungspunkte erworben habe (§ 69 Abs. 3 Buchst. a i.V.m. § 38 Abs. 1 der zum 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Neufassung ihrer Satzung, im Folgenden: ZVKS). Diese Bestimmungen lauten in Auszügen wie folgt: § 69 Am 31. Dezember 2001 Versorgungsrentenberechtigte (1) Die Versorgungsrenten, die sich ohne Berücksichtigung von Nichtzahlungs- und Ruhensregelungen ergeben, und die Ausgleichsbeträge nach dem bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Zusatzversorgungsrecht werden für die am 31. Dezember 2001 Versorgungsrentenberechtigten ... zum 31. Dezember 2001 festgestellt.

(2) 1Die nach Absatz 1 festgestellten Versorgungsrenten wer- den vorbehaltlich des Satzes 3 als Besitzstandsrenten weitergezahlt und entsprechend § 37 dynamisiert. … (3) Es gelten folgende Maßgaben:
a) 1Für Neuberechnungen gilt § 38 mit der Maßgabe, dass zusätzliche Versorgungspunkte nach Satz 2 zu berücksichtigen sind. 2Soweit noch Zeiten vor dem 1. Januar 2002 zu berücksichtigen sind, wird eine Startgutschrift entsprechend den §§ 72 bis 74 berechnet; … … (4) Ist der Versicherungsfall der teilweisen oder vollen Erwerbsminderung im Jahr 2001 eingetreten, gelten insoweit die bisher maßgebenden Satzungsregelungen fort. § 38 Neuberechnung (1) Die Betriebsrente ist neu zu berechnen, wenn bei einer /einem Betriebsrentenberechtigten ein neuer Versicherungsfall eintritt und seit dem Beginn der Betriebsrente aufgrund des früheren Versicherungsfalles zusätzliche Versorgungspunkte zu berücksichtigen sind. (2) Durch die Neuberechnung wird die bisherige Betriebsrente um den Betrag erhöht, der sich als Betriebsrente aufgrund der neu zu berücksichtigenden Versorgungspunkte ergibt; für diese zusätzlichen Versorgungspunkte wird der Abschlagsfaktor nach § 33 Abs. 4 gesondert festgestellt. (3) 1Wird aus einer Betriebsrente wegen teilweiser Erwerbsminderung eine Betriebsrente wegen voller Erwerbsminderung oder wegen Alters, wird die bisher nach § 33 Abs. 2 zur Hälfte gezahlte Betriebsrente voll gezahlt. 2Wird aus einer Betriebsrente wegen voller Erwerbsminderung eine Betriebsrente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wird die bisher gezahlte Betriebsrente entsprechend § 33

Abs. 2 zur Hälfte gezahlt. 3Die Sätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn zusätzliche Versorgungspunkte zu berücksichtigen sind. (4) …
3
Das Landgericht hat die auf Gewährung einer höheren Altersrente gerichtete Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
5
I. Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch des Klägers auf Neuberechnung aus § 38 Abs. 1 ZVKS, da er keine zusätzlichen Versorgungspunkte erworben habe. Auch die Voraussetzungen des § 38 Abs. 3 ZVKS seien nicht erfüllt. Der dort verwendete Begriff der Erwerbsminderung sei der seit 1. Januar 2001 geltenden Neufassung des § 43 SGB VI entnommen. Ein solcher Versicherungsfall sei beim Kläger aber bisher nicht festgestellt und auch nicht Grundlage seiner gesetzlichen Rente.
6
Der Kläger habe jedoch einen Anspruch auf Neuberechnung seiner Versorgungsrente nach § 69 Abs. 3 Buchst. a Satz 1 ZVKS in der dem Kläger günstigsten Auslegung dieser Vorschrift. § 69 Abs. 3 Buchst. a könne insbesondere aufgrund seiner Formulierung "nach Maßgabe" dahin verstanden werden, dass § 38 ZVKS nicht mit seinem gesamten Regelungsgehalt Anwendung finde, sondern nur, soweit zusätzliche Versorgungspunkte erworben worden sind, also hinsichtlich des "Wie" ihrer Berücksichtigung. Für den Anspruch auf Neuberechnung, also das "Ob" eines solchen Anspruchs, genüge also nach wie vor der Eintritt eines neuen Versicherungsfalles (hier: Vollendung des 60. Lebensjahres ). Danach sei der Klageantrag gerechtfertigt. Möglich sei allerdings auch eine Auslegung des § 69 Abs. 3 Buchst. a, wonach die Neuberechnung auch dem Grunde nach von § 38 Abs. 1 ZVKS abhänge, also neben dem Eintritt eines neuen Versicherungsfalles zusätzlich den Erwerb weiterer Versorgungspunkte voraussetze. Bei dieser Auslegung sei der Regelung zusätzlich zu entnehmen, dass die Neuberechnung "nach Maßgabe" des Satzes 2 des § 69 Abs. 3 Buchst. a ZVKS (und nicht nach § 38 Abs. 2 ZVKS) erfolgen solle. Da beide Auslegungen in Betracht kämen und sich der Sinngehalt der getroffenen Regelung nicht eindeutig bestimmen lasse, sei § 69 Abs. 3 Buchst. a ZVKS unklar (§ 305c Abs. 2 BGB, § 5 AGBG), so dass diejenige Auslegung zugrunde zu legen sei, die den klägerischen Anspruch trage.
7
II. Das Berufungsurteil hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
8
1. Dass der Kläger eine unbezifferte Klage erhoben hat, mit der er "Leistung dem Grunde nach" begehrt, steht der von Amts wegen zu prüfenden Zulässigkeit seiner Klage nicht entgegen. Schon das Landgericht hat den Klageantrag in eine entsprechende Feststellungsklage umgedeutet (zu einer solchen Auslegung vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2004 - IX ZR 137/03 - NJW-RR 2005, 494 unter VI für die Revisionsinstanz ). Hier ist davon auszugehen, dass die Beklagte ein entsprechendes Feststellungsurteil respektieren wird (vgl. BGH, Urteile vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 289/99 - NJW 2001, 445 unter II 4; vom 15. März 2006 - IV ZR 4/05 - unter II 1, zur Veröffentlichung bestimmt). Danach ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben (§ 256 ZPO).
9
2. Nach Auffassung des Senats ist die Regelung des § 69 Abs. 3 Buchst. a ZVKS nicht unklar. Vielmehr ergibt schon ihre Auslegung einen Anspruch des Klägers auf Neuberechnung seiner Versorgungsrente.
10
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats finden Satzungsbestimmungen der öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgungskassen als Allgemeine Versicherungsbedingungen auf die Gruppenversicherungsverträge Anwendung, die von den beteiligten Arbeitgebern als Versicherungsnehmer mit der Zusatzversorgungskasse als Versicherer zugunsten der bezugsberechtigten Versicherten, der Arbeitnehmer, abgeschlossen werden. Für die Auslegung kommt es auf das Verständnis und Interesse eines durchschnittlichen Versicherten an (vgl. BGHZ 103, 370, 383; Senatsurteil vom 14. Mai 2003 - IV ZR 76/02 - VersR 2003, 895 unter II 1 a m.w.N. zur VBLS).
11
a) Ein bereits zum 31. Dezember 2001 versorgungsrentenberechtigter Versicherter wird zunächst den Teil-, Abschnitts- und Paragraphenüberschriften der Satzung entnehmen, dass für ihn § 69 ZVKS maßgebend ist. In Absatz 1 stellt die Vorschrift für den Versicherten einleitend klar, dass die Versorgungsrente nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Satzungsrecht festgestellt wird. Durch § 69 Abs. 2 Satz 1 ZVKS wird er zusätzlich darauf hingewiesen, dass die gemäß Absatz 1 festgestellten Renten grundsätzlich als "Bestandsrenten" weitergezahlt und entsprechend § 37 ZVKS dynamisiert werden. Ist demnach weiterhin das bis zum 31. Dezember 2000 geltende Zusatzversorgungsrecht für die Versorgungsrente eines solchen Versicherten maßgeblich, legt ihm das nahe, auch hinsichtlich einer Rentenneuberechung bei Eintritt eines neuen Versicherungsfalles dieses Zusatzversorgungsrecht in Betracht zu ziehen. Das führt ihn zu § 55a Abs. 1 Satz 1 Buchst. c ZVKS a.F., der für eine Neuberechnung der Versorgungsrente nicht mehr voraussetzt als den Eintritt eines neuen Versicherungsfalles. Ein solcher liegt nach dem bisherigen Satzungsrecht u.a. dann vor, wenn für einen gesetzlich Rentenversicherten aufgrund Bescheides des Rentenversicherungsträgers eine Altersrente für Schwerbehinderte als Vollrente beginnt (§ 39 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c ZVKS a.F.; ähnlich § 31 Satz 1 ZVKS).
12
b) Diese Rechtslage bestimmt die Sicht des Versicherten, wenn er sich schließlich dem Absatz 3 des § 69 ZVKS zuwendet, der mit der Formulierung "Es gelten folgende Maßgaben" überschrieben ist. Diese Überschrift macht deutlich, dass es im Folgenden um die Regelung von Einzelheiten geht, durch die das bisherige Recht modifiziert werden soll. Wenn es im Anschlusssatz (Buchst. a, Satz 1) aber nur heißt, dass für Neuberechnungen § 38 "mit der Maßgabe gilt, dass zusätzliche Versorgungspunkte nach Satz 2" (der Regelung in Buchst. a) "zu berücksichtigen sind", erschließt sich dem Versicherten nicht, dass für die Neuberechnung selbst ("Ob") das bisher geltende Recht durch das Hinzufügen einer weiteren Voraussetzung - den Erwerb zusätzlicher Versorgungs- punkte - verändert worden sein könnte. Vielmehr wird der Versicherte vor dem Hintergrund des bisherigen Rechts darin nur eine Regelung sehen , die - soweit zusätzliche Versorgungspunkte erworben worden sind - von § 38 abweichende Berechnungsmodalitäten bestimmt. Ein anderes Verständnis der Regelung muss der Versicherte nicht in Erwägung ziehen. Denn er kann erwarten, dass ihm eine derart gravierende Änderung der bisherigen Rechtslage, wie sie mit der Einführung zusätzlicher Voraussetzungen zur Neuberechnung der Versorgungsrente verbunden wäre , deutlich vor Augen geführt wird.
13
c) In seinem Verständnis der Regelung wird sich der Versicherte zudem durch § 69 Abs. 4 ZVKS bestätigt sehen. Dort wird ausdrücklich die Fortgeltung der bisher maßgebenden Satzungsregelungen angeordnet , soweit der Versicherungsfall der teilweisen oder vollen Erwerbsminderung im Jahr 2001 eingetreten ist. Auch wenn die Berufsunfähigkeit des Klägers nicht als Erwerbsminderung im Sinne des § 43 SGB VI zu verstehen ist, kann er - worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist - davon ausgehen, dass für ihn, der aus der gesetzlichen Rentenversicherung bereits seit 1. April 2000 eine Berufsunfähigkeitsrente bezieht , erst Recht altes Satzungsrecht zur Neuberechnung seiner Versorgungsrente anzuwenden ist.
14
3. Dem steht nach Ansicht der Revision entgegen, dass die Parteien § 69 Abs. 3 Buchst. a Satz 1 ZVKS in den Vorinstanzen übereinstimmend in einem abweichenden Sinne verstanden hätten. Dieser übereinstimmende Wille gehe nicht nur der Auslegung einer Individualvereinbarung vor, sondern auch der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Das Verständnis der Parteien sei dann wie eine In- dividualvereinbarung zu behandeln, die nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB Vorrang habe (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2002 - V ZR 405/00 - NJW 2002, 2102 unter II 2 a).
15
Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen und damit auch der hier in Rede stehenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen in Gestalt der Satzung der Beklagten als öffentlich-rechtlicher Zusatzversorgungskasse hat indessen nach einem objektiv - generalisierenden Maßstab zu erfolgen, der am Willen und Interesse der beteiligten Verkehrskreise ausgerichtet sein muss. Daher kommt es hier auf das Verständnis der Versicherten in ihrer Gesamtheit an und nicht nur auf das Verständnis der am vorliegenden Verfahren beteiligten Parteien. Der tragende Grund für eine solche Auslegung liegt im Massencharakter der unter Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen geschlossenen Verträge und dem fehlenden Einfluss der Kunden bzw. Versicherten auf ihren Inhalt (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03 - VersR 2005, 1565 unter B IV 1 a, zur Veröffentlichung in BGHZ 164, 297 vorgesehen; BGHZ 107, 273, 277; Ulmer in Ulmer/Brandner/ Hensen, AGBG 9. Aufl. § 5 Rdn. 13 ff., alle m.w.N.). Eine Einschränkung erfährt dieser Grundsatz nur dann, wenn sich Verwender und Kunde oder Versicherter im Einzelfall über ein von dem Ergebnis objektiver Auslegung abweichendes Verständnis des Sinngehalts der Regelung - auch durch schlüssiges Handeln - einigen; dann geht diese übereinstimmende Vorstellung wie eine Individualvereinbarung dem Ergebnis der objektiven Auslegung vor (§ 4 AGBG; § 305b BGB; vgl. BGHZ 113, 251, 259; Urteil vom 9. März 1995 - III ZR 55/94 - NJW 1995, 1494 unter II 2; Ulmer, aaO § 5 Rdn. 24).

16
Um einen solchen Ausnahmefall geht es hier jedoch nicht. Soweit der Kläger im Hinblick auf andere, ihm vermeintlich günstige Gesichtspunkte der von der Beklagten vertretenen Auslegung des § 69 Abs. 3 Buchst. a Satz 1 ZVKS nicht entgegengetreten ist, ging es beiden Parteien ersichtlich allein darum, im Rahmen eines rechtlichen Meinungsaustauschs den objektiven und generell gültigen Sinn dieser Vorschrift zu bestimmen. Eine darüber hinausgehende, rechtsgeschäftliche Vereinbarung , durch die der Sinn der streitigen Satzungsbestimmung speziell für den vorliegenden Fall und nur in Bezug auf das Verhältnis der Beklagten zum Kläger verbindlich hätte festgelegt werden sollen, wollten ersichtlich weder die Beklagte noch der Kläger treffen.
17
4. Schließlich macht die Revision geltend, die Auslegung der Satzung dürfe die Tarifautonomie nicht beeinträchtigen. Darum geht es hier jedoch nicht. Vielmehr ist es Sache der Beklagten, den zugrunde liegen den Tarifvertrag in ihrer Satzung in eine sprachliche Fassung zu bringen, die den Anforderungen an die Verständlichkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen auch für den durchschnittlichen Versicherten hinreichend Rechnung trägt (vgl. BVerfG VersR 2000, 835, 838).
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 28.07.2004 - 4 O 322/03 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 19.01.2005 - 5 U 459/04-52 -

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 40/01 Verkündet am:
13. März 2002
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Die Verjährung von Ansprüchen auf Invaliditätsleistungen aus einer Unfallversicherung
kann grundsätzlich nicht beginnen, bevor der Versicherungsnehmer die
nach den Versicherungsbedingungen für den Eintritt der Fälligkeit erforderlichen
Mitwirkungshandlungen vorgenommen hat.
Ein früherer Verjährungsbeginn kommt - abgesehen von einer vorherigen Leistungsablehnung
des Versicherers - nur in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer
diese Mitwirkung treuwidrig unterläßt.
BGH, Urteil vom 13. März 2002 - IV ZR 40/01 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Dr. Schlichting, die Richterin
Ambrosius und die Richter Wendt und Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 13. März 2002

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 24. November 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten Invaliditätsentschädigung aus einer Unfallversicherung, der die Allgemeinen UnfallversicherungsBedingungen 1961 (AUB 61) zugrunde liegen.
Am 6. März 1993 erlitt der Kläger bei einem Verkehrsunfall u.a. ein Schädelhirntrauma zweiten Grades. Im ärztlichen Erstbericht vom 7. April 1993 wurde festgestellt, daß der Unfall voraussichtlich eine dau-

ernde Beeinträchtigung (Invalidität) hinterlassen werde. Die Schwester des Klägers zeigte der Beklagten den Unfall am 23. März 1993 an. Im Anschluß an die stationären Klinikaufenthalte des Klägers rechnete die Beklagte mit Schreiben vom 20. August 1993 Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld ab und wies zugleich darauf hin, daß ein Dauerschaden innerhalb von 15 Monaten ab dem Unfalltag geltend gemacht werden müsse.
Im Juli 1998 wurde für den Kläger ein Betreuungsverfahren eingeleitet. Das in diesem Verfahren eingeholte ärztliche Gutachten kam zu dem Ergebnis, daß er infolge einer auf den Unfall zurückzuführenden hirnorganischen Schädigung als geschäftsunfähig anzusehen sei. Am 17. September 1998 wurde dem Kläger u.a. für Vermögensangelegenheiten ein Betreuer bestellt. Der von diesem beauftragte Rechtsanwalt machte mit Schreiben vom 23. November 1998 Invaliditätsleistungen geltend. Die Beklagte lehnte diese mit Schreiben vom 12. Februar 1999 ab, weil die 15-monatige Frist des § 8 II (1) Satz 1 AUB 61 nicht eingehalten worden sei; der Kläger habe Invalidität nicht rechtzeitig geltend gemacht. Nachfolgend berief sie sich auch auf Verjährung.
Mit der am 15. Dezember 1999 zunächst über einen Teil des geltend gemachten Anspruchs eingereichten, mit der Berufungsbegründung am 5. September 2000 auf die volle Invaliditätsleistung von 300.000 DM erweiterten Klage beruft sich der Kläger darauf, er sei seit dem Unfall geschäftsunfähig beziehungsweise ohne Verschulden nicht in der Lage gewesen, den Anspruch geltend zu machen.

In beiden Vorinstanzen ist die Klage ohne Erfolg geblieben, weil der Anspruch gemäû § 12 Abs. 1 VVG verjährt sei. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann dahinstehen, ob mit dem Anwaltsschreiben vom 23. November 1998 die Invalidität des Klägers noch fristgerecht geltend gemacht worden sei. Der Anspruch auf Invaliditätsleistung sei gemäû § 12 Abs. 1 VVG verjährt. Gehe man zugunsten des Klägers davon aus, daû die Invaliditätsleistung erst zu dem Zeitpunkt habe verlangt werden können, in dem auch der Grad der Invalidität festgestanden habe - nach Auffassung des Berufungsgerichts drei Jahre nach dem Unfall -, so habe der Lauf der zweijährigen Verjährungsfrist gemäû § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG am 31. Dezember 1996 begonnen und grundsätzlich mit dem 31. Dezember 1998 geendet. Da der Kläger nach dem im Betreuungsverfahren eingeholten Gutachten zu diesem Zeitpunkt geschäftsunfähig gewesen sei und der Mangel seiner Vertretung erst am 17. September 1998 geendet habe, habe sich die Verjährungsfrist gemäû § 206 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. bis zum 17. März 1999 verlängert. Auûerdem sei die Verjährung von der Anmeldung des Anspruchs auf Invaliditätsleistung bis zur Leistungsablehnung der Beklag-

ten am 12. Februar 1999 gemäû § 12 Abs. 2 VVG gehemmt und damit jedenfalls Ende Juni 1999 vollendet gewesen. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
2. Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verjähren gemäû § 12 Abs. 1 VVG in zwei Jahren. Nach Satz 2 dieser Vorschrift beginnt die Verjährung mit Schluû des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung nicht auf die Entstehung, sondern auf die Fälligkeit des Anspruchs an. Es muû also Klage auf sofortige Leistung erhoben werden können (vgl. nur BGH, Urteile vom 10. Mai 1983 - IVa ZR 74/81 - VersR 1983, 673 unter II; vom 14. April 1999 - IV ZR 197/98 - VersR 1999, 706 unter 2 a und zuletzt vom 27. Februar 2002 - IV ZR 238/00 - unter 1 b, zur Veröffentlichung vorgesehen, jeweils m.w.N.). Werden Leistungen, die ein Versicherer aus Anlaû eines Versicherungsfalls schuldet, zu unterschiedlichen Zeiten fällig, so laufen für die einzelnen Teilleistungen auch unterschiedliche Verjährungsfristen (Senatsurteil vom 14. April 1999 aaO).

a) Geldleistungen des Versicherers sind gemäû § 11 Abs. 1 VVG mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen fällig. Diese Vorschrift ist in zulässiger Weise (§ 15 a VVG) durch die §§ 11 und 13 Abs. 1 AUB 61 modifiziert worden (vgl. BGH, Urteile vom 4. November 1987 - IVa ZR 141/86 - VersR 1987, 1235 unter 3 und - zu § 11 AUB 88 - vom 22. März 2000 - IV ZR 233/99 - VersR 2000, 753 unter 2 c). Gemäû § 13 Abs. 1 AUB 61 wird die Entschädigung zwei Wochen nach ihrer Feststellung gemäû §§ 11 und 12 AUB 61 gezahlt. Die Feststellung des

Versicherers erfolgt, soweit Invaliditätsentschädigung beansprucht wird, innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vom Anspruchsteller gemäû § 11 Satz 2 AUB 61 beizubringenden Unterlagen. Somit hängen der Eintritt der Fälligkeit und damit auch der Verjährungsbeginn - wenn der Versicherer nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt die Leistung endgültig und umfassend abgelehnt hatte (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2002 aaO unter 1 b) - von bestimmten vorausgehenden Handlungen des Anspruchstellers ab. Ein früherer Verjährungsbeginn in Fällen, in denen diese Mitwirkung unterbleibt, ergibt sich weder aus den vereinbarten Versicherungsbedingungen noch aus den gesetzlichen Verjährungsvorschriften. Die Verjährung kann deshalb grundsätzlich nicht vor den Mitwirkungshandlungen des Anspruchstellers zu laufen beginnen, selbst wenn diese über einen längeren Zeitraum hinweg nicht vorgenommen werden.
aa) Für die Auffassung des Berufungsgerichts, es sei darauf abzuheben , wann der Kläger die Invaliditätsleistung spätestens hätte verlangen können, gibt es keine Rechtsgrundlage; zudem bliebe unklar, wonach sich der hierfür maûgebliche Zeitpunkt bestimmen soll. Ebensowenig geht es an, die Verjährung - etwa in Anlehnung an die für die Nichtausübung eines Kündigungs- oder Anfechtungsrechts geltenden Bestimmungen der §§ 199, 200 BGB a.F. - bereits mit der Möglichkeit beginnen zu lassen, die erforderlichen Unterlagen einzureichen. Denn dadurch würde beim zögernden Anspruchsteller der Verjährungsbeginn in einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Weise vorverlegt (vgl. Senatsurteil vom 4. November 1987 aaO unter II 3). Schlieûlich kann nicht auf ein etwaiges Verschulden des Versicherungsnehmers abgestellt werden.

Andernfalls würde ein dem Gesetz in diesem Zusammenhang fremdes Merkmal eingeführt, das auch nicht verläûlich genug die Feststellung des maûgeblichen Zeitpunkts gestatten würde (BGH, Urteile vom 4. November 1987 aaO VersR 1987, 1235 unter 3 und vom 19. Januar 1994 - IV ZR 117/93 - VersR 1994, 337 unter 2 c). Eine Vorverlegung des Verjährungsbeginns kann nur in Betracht kommen, wenn der Versicherungsnehmer durch das Unterlassen seiner "Mitwirkung" gegen die allgemeinen Grundsätze von Treu und Glauben verstöût (§§ 162 Abs. 1, 242 BGB; vgl. Römer in Römer/Langheid, VVG § 12 Rdn. 11). Die Darlegungs - und Beweislast für einen solchen Verstoû trägt der Versicherer, der sich auf die Einrede der Verjährung beruft (vgl. Römer aaO).
bb) Diese Abhängigkeit der Fälligkeit eines Leistungsanspruchs und damit des Verjährungsbeginns von einer vorausgehenden Handlung des Gläubigers ist keine Besonderheit des Versicherungsvertragsrechts. Auch in anderen Fällen entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daû die Verjährung ohne die an sich vorgesehene Handlung des Gläubigers grundsätzlich, also abgesehen von einem treuwidrigen Verhalten, nicht beginnen kann (vgl. zur vereinbarten "Zahlung gegen Dokumente" beim Kaufvertrag BGHZ 55, 340, 343 f.; zur Schluûrechnung des Auftragnehmers beim VOB-Werkvertrag Urteile vom 24. Mai 1971 - VII ZR 155/70 - NJW 1971, 1455 unter 2 d und vom 16. Juni 1977 - VII ZR 66/76 - WM 1977, 1053 unter 2; zur Honorarschluûrechnung des Architekten Urteile vom 19. Juni 1986 - VII ZR 221/85 - WM 1986, 1388 unter 2 und vom 11. November 1999 - VII ZR 73/99 - WM 2000, 675 unter II 3 a; zur Heizkostenrechnung des Vermieters BGHZ 113, 188, 195 ff.). Denn es gibt gerade keinen allgemei-

nen Grundsatz, daû bei Ansprüchen mit einer von der Disposition des Gläubigers abhängenden Fälligkeit die Verjährung schon in dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Gläubiger die Fälligkeit herbeiführen kann (BGH, Urteil vom 8. Juli 1981 - VIII ZR 222/80 - NJW 1982, 930 unter II 2 b bb; BGHZ 113, 188, 195 sowie Urteil vom 11. November 1999 aaO WM 2000, 675 unter II 3 a (3)).

b) Der Kläger hat die Invaliditätsleistung erstmals mit Schreiben vom 23. November 1998 geltend gemacht. Die Beklagte hat die Leistung mit Schreiben vom 12. Februar 1999 abgelehnt. Folglich konnte die Verjährung gemäû § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG nicht vor Ablauf des Jahres 1999 beginnen. Ein treuwidriges Verhalten des Klägers ist den bisherigen Feststellungen nicht zu entnehmen. Die verspätete Geltendmachung der Invalidität allein genügt hierfür nicht. Treuwidrigkeit scheidet von vornherein aus, wenn er tatsächlich unfallbedingt gehindert war, die zur Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten erforderlichen Handlungen vorzunehmen. Bei dieser Sachlage ist der - für die Revision zu unterstellende - Leistungsanspruch des Klägers nicht verjährt. Vielmehr haben die Klage und die Klageerweiterung im zweiten Rechtszug die Verjährung gemäû § 209 Abs. 1 BGB a.F. unterbrochen.
3. Das Berufungsurteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig (§ 563 ZPO a.F.).

a) Vom Eintritt der am 7. April 1993 ärztlich festgestellten unfallbedingten Invalidität des Klägers innerhalb eines Jahres seit dem Un-

falltag gemäû § 8 II (1) Satz 1 AUB 61 ist nach seinem zwar bestrittenen, aber unter Beweis gestellten Vortrag für die Revision auszugehen.

b) Dem Anspruch des Klägers steht auch nicht die Versäumung der 15-monatigen Frist zur Geltendmachung der Invalidität gemäû § 8 II (1) Satz 1 AUB 61 entgegen. Die Frist ist eine Ausschluûfrist, deren Versäumen unbeachtlich bleibt, wenn der Versicherungsnehmer ausreichend entschuldigt ist (BGHZ 130, 171, 173 f.; Senatsurteil vom 19. November 1997 - IV ZR 348/96 - VersR 1998, 175 unter 2 b cc). Es kommt daher auf die streitige und unter Beweis gestellte Behauptung des Klägers an, er sei seit dem Unfall geschäftsunfähig beziehungsweise unverschuldet nicht in der Lage gewesen, den Anspruch geltend zu machen.
Daû seine Schwester, die der Beklagten den Unfall gemeldet hatte , nicht auch die Invalidität des Klägers geltend gemacht hat, ist ihm nicht zuzurechnen. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, die Schwester als seine Vertreterin oder Repräsentantin anzusehen (zum Repräsentantenbegriff vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 1996 - IV ZR 287/95 - VersR 1996, 1229 unter 2 b m.w.N.).
Allerdings beginnt bei entschuldbarer Fristversäumung keine neue Frist. Vielmehr muû der Versicherungsnehmer die Geltendmachung der Invalidität nach Wegfall des Entschuldigungsgrundes unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, nachholen (BGHZ 130, 171, 175). Der von dem Kläger behauptete Entschuldigungsgrund war spätestens mit der Bestellung des Betreuers am 17. September 1998 behoben. Zwar wurde

die Invalidität erst mit Anwaltsschreiben vom 23. November 1998 geltend gemacht. Das ist jedoch entgegen der Revisionserwiderung den bisher festgestellten Umständen nach noch als unverzüglich anzusehen. Denn der Betreuer musste sich erst einarbeiten, was nach den beigezogenen Betreuungsakten nicht ohne Schwierigkeiten möglich war.
4. Das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, den Beweisangeboten des Klägers zum bedingungsgemäûen Eintritt der Invalidität sowie zur Entschuldigung der Überschreitung der Geltendmachungsfrist gemäû § 8 II (1) Satz 1 AUB 61 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzugehen.
Terno Dr. Schlichting Ambrosius
Wendt Felsch

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 230/07 Verkündet am:
8. Juli 2008
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Die Fälligkeit der Forderung aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern
tritt, sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, mit der Fälligkeit
der Hauptschuld ein und ist nicht von einer (formgerechten) Leistungsaufforderung
des Gläubigers abhängig.
BGH, Urteil vom 8. Juli 2008 - XI ZR 230/07 - OLG München
LG Passau
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 8. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Nobbe und die Richter Dr. Müller und Dr. Joeres, die Richterin
Mayen und den Richter Maihold

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden die Urteile des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 6. März 2007 und der 4. Zivilkammer des Landgerichts Passau vom 25. August 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als sie zugunsten der Kläger zu 3) und 4) ergangen sind. Die Klage der Kläger zu 3) und 4) wird abgewiesen. Die Gerichtskosten I. und II. Instanz tragen die Kläger zu 3) und 4) zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5. Die Gerichtskosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens fallen der Beklagten zur Last. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1) und 2) trägt die Beklagte. Von den übrigen außergerichtlichen Kosten I. und II. Instanz fallen der Beklagten 1/5 ihrer eigenen und den Klägern zu 3) und 4) ihre eigenen und 4/5 der Kosten der Beklagten zur Last. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger zu 3) und 4).
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Kläger zu 3) und 4), die von einem Bauträgervertrag zurückgetreten sind, nehmen die beklagte Bank aus einer Bürgschaft über 185.000 DM auf Erstattung von Teilzahlungen in Anspruch, die sie an die Bauträgerin geleistet haben.
2
Die Beklagte übernahm im Dezember 1995 eine Bürgschaft für künftige Ansprüche der Kläger zu 3) und 4) auf Rückgewähr von Zahlungen , die diese an eine Bauträgerin (im Weiteren: Hauptschuldnerin) als Kaufpreis für einen Laden in einem zu errichtenden Wohn- und Geschäftshaus in E. bereits vor dessen Fertigstellung erbringen sollten. Die Bürgschaftsurkunde bezieht s i c h i m V o r s p ann auf den zwischen der Hauptschuldnerin und den Klägern geschlossenen Vertrag und enthält Regelungen zur Sicherung von Ansprüchen im Falle einer Zahlung des Kaufpreises vor Eintritt der Fälligkeit nach der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV). In der Bürgschaftsurkunde heißt es in Übereinstimmung mit der den Klägern zu 1) und 2) ausgehändigten u.a.: "Wir verpflichten uns, Zahlung bis zur Höhe des Bürgschaftsbetrages an de[n] Käufer zu leisten, wenn das Bauvorhaben endgültig nicht durchgeführt oder nicht fristgerecht vollendet wird und deshalb der Käufer vom Vertrag zurücktritt oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangt. ... Unsere Verpflichtung aus dieser Bürgschaft erlischt, wenn der Kaufpreis, auf den sich die Bürgschaft bezieht, nach § 3 Abs. 2 MaBV fällig geworden ist oder fällig werden würde. Sie vermindert sich bei Fälligkeit um die Kaufpreisteilbeträge nach § 3 Abs. 2 MaBV".
3
Die Kläger zu 3) und 4) traten wegen Überschreitung der vereinbarten Bauzeit im April 1998 von dem Bauträgervertrag wirksam zurück. Die Hauptschuldnerin, die rechtskräftig zur Erstattung der von den Klägern geleisteten, die Bürgschaftssumme übersteigenden Teilzahlungen auf den Kaufpreis verurteilt wurde, ist vermögenslos.
4
Die Parteien streiten um die Auslegung der Bestimmungen zum Umfang der Bürgschaftsverpflichtung. Darüber hinaus hat die Beklagte, der der von den Klägern zu 3) und 4) erst im Dezember 2005 beantragte Mahnbescheid am 2. Februar 2006 zugestellt worden ist, die Einrede der Verjährung erhoben.
5
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist von dem Oberlandesgericht zurückgewiesen worden. Mit der - vom Senat nur in Bezug auf die Kläger zu 3) und 4) zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage der Kläger zu 3) und 4).

I.

7
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, die in BauR 2008, 375 ff. veröffentlicht ist, im Wesentlichen wie folgt begründet:
8
Die Bürgschaft sichere in voller Höhe des Bürgschaftsbetrags Rückforderungsansprüche der Kläger zu 3) und 4) bei Nichtdurchführung des Bauvorhabens oder bei Rücktritt. Das Interesse der Erwerber bestehe im Fall eines Rücktritts gerade darin, bereits gezahlte Kaufpreisraten unabhängig vom Baufortschritt zurückzuerhalten. So hätten die Kläger zu 3) und 4) als sorgfältige und vernünftige Empfänger des Bürgschaftsversprechens den Wortlaut der Bürgschaftsurkunde verstehen dürfen. Die "Abschmelzungsklausel" trete gleichrangig neben diese Regelung und betreffe nur Ansprüche der Kläger zu 3) und 4) bei Durchführung des Kaufvertrags und Ziehung der Bürgschaft. Die Bürgschaftsforderung sei nicht verjährt, da die Verjährungsfrist erst mit dem erstmaligen Erfüllungsverlangen der Kläger zu 3) und 4) in den Jahren 2005 und 2006 begonnen habe.

II.

9
Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten in einem entscheidenden Punkt rechtlicher Überprüfung nicht stand.
10
1. Entgegen der Ansicht der Revision sind die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Auslegung der Bürgschaftsurkunde, die mit der den Klägern zu 1) und 2) ausgehändigten im Wesentlichen wortgleich ist, allerdings auch dann zutreffend, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen. Nach ihrem Wortlaut, der von dem der Individualbürgschaftserklärung deutlich abweicht, über die im Senatsurteil vom 6. Mai 2003 (XI ZR 33/03, WM 2003, 1259 ff.) zu entscheiden war, verpflichtet die Bürgschaft die Beklagte für den Fall, dass das Bauvorhaben endgül- tig nicht durchgeführt oder nicht fristgerecht vollendet wird und der Käufer deshalb - wie hier - vom Vertrag wirksam zurücktritt, zur Rückzahlung des Kaufpreises bis zur Höhe des Bürgschaftsbetrages. Zu verstehen ist darunter jedenfalls unter Berücksichtigung der Unklarheitenregelung des § 5 AGBG (jetzt: § 305c Abs. 2 BGB) ohne Rücksicht auf erbrachte Werkleistungen die Rückzahlung des gesamten von der Bürgschaftssumme gedeckten im Voraus gezahlten Kaufpreises.
11
Dafür spricht auch der Sinn und Zweck der von der Hauptschuldnerin nach dem Bauträgervertrag zu stellenden Bankbürgschaft nach § 7 Abs. 1 MaBV. Durch diese soll dem Käufer das Insolvenzrisiko des Bauträgers abgenommen und ihm eine Sicherheit für die von ihm eingegangene Verpflichtung gewährt werden, die Vergütung für das herzustellende Werk sofort und nicht erst, wie es § 3 Abs. 2 MaBV vorsieht, in Raten entsprechend dem Baufortschritt zu entrichten (BGHZ 162, 378, 382, 383; Senatsurteil vom 29. Januar 2008 - X ZR 160/07, WM 2008, 729, 731 Tz. 17, für BGHZ vorgesehen). Dieser Schutzzweck erfordert es, dass die bürgende Bank dem Käufer, wenn er - wie hier die Kläger zu 3) und 4) - wirksam vom Bauträgervertrag zurücktritt, in Höhe der Bürgschaftssumme auf die Rückzahlung des gesamten im Voraus geleisteten Kaufpreises haftet (BGHZ 160, 277, 281 f.). Denn im Falle des Rücktritts hat der Käufer etwa bereits erlangte Teilleistungen des Bauträgers zurückzugewähren und ist regelmäßig nicht in der Lage, deren Wert wirtschaftlich zu realisieren.
12
Entgegen der Ansicht der Revision wird der Klausel über die Abschmelzung der Bürgschaft nach Baufortschritt durch diese Auslegung nicht etwa jeder Anwendungsbereich genommen. Die Abschmelzungsklausel betrifft vielmehr den Fall, aber auch nur den Fall, dass der Bau- trägervertrag zwar durchgeführt wird, der Käufer aber für den geleisteten Kaufpreis keine vollwertige Gegenleistung erhalten hat, etwa weil eine teilweise Nicht- oder aber eine Schlechterfüllung des Bauträgervertrages vorliegt (vgl. dazu BGHZ 151, 147, 152 f.; 172, 63, 77 Tz. 53 f.; BGH, Urteile vom 14. Januar 1999 - IX ZR 140/98, WM 1999, 535, 537, vom 19. Juli 2001 - IX ZR 149/00, WM 2001, 1756, 1758, vom 22. Oktober 2002 - XI ZR 393/01, WM 2002, 2411, 2412 und vom 18. September 2007 - XI ZR 211/06, WM 2007, 2352, 2355 Tz. 30 f.).
13
2. Die Bürgschaftsforderung der Kläger zu 3) und 4) ist jedoch, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, verjährt. Die Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) begann nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB am 1. Januar 2002 und endete gemäß §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB am 31. Dezember 2004. Die Zustellung des Mahnbescheids am 2. Februar 2006 konnte die zu diesem Zeitpunkt bereits verstrichene Verjährungsfrist nicht mehr nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB hemmen.
14
a) Die Frist für die Verjährung der Bürgschaftspflicht des Beklagten beträgt nach der für das Verjährungsrecht geltenden Überleitungsvorschrift in Artikel 229 § 6 EGBGB gemäß § 195 BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung drei Jahre, da diese Frist kürzer ist als die davor geltende regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. von 30 Jahren (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB).
15
Der Lauf dieser Verjährungsfrist beginnt am 1. Januar 2002, sofern zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB vorliegen , d.h. der Anspruch aus der Bürgschaft entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Tatsachen sowie der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis hätte erlangen müssen. Dies gilt auch für die Berechnung einer Verjährungsfrist auf Grundlage der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB (Senat, BGHZ 171, 1, 8 ff. Tz. 23 ff.).
16
b) Der Bürgschaftsanspruch der Kläger zu 3) und 4) ist bereits mit Erklärung des Rücktritts vom Bauträgervertrag im April 1998 entstanden.
17
aa) Ein Anspruch ist nach § 199 Abs. 1 BGB entstanden, sobald er erstmals vom Gläubiger geltend gemacht und mit einer Klage durchgesetzt werden kann. Dies setzt grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs voraus, da erst von diesem Zeitpunkt an (§ 271 Abs. 2 Halbs. 1 BGB) der Gläubiger mit Erfolg die Leistung fordern und gegebenenfalls den Ablauf der Verjährungsfrist durch Klageerhebung unterbinden kann (BGHZ 53, 222, 225; 55, 340, 341 f.; 113, 188, 193; BGH, Urteil vom 23. Januar 2001 - X ZR 247/98, WM 2001, 687, 689).
18
bb) Der Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden (Senat, Urteile vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07, WM 2008, 729, 731 f. Tz. 22 ff., für BGHZ vorgesehen, und vom 11. März 2008 - XI ZR 81/07, Urteilsumdruck, S. 4 ff. Tz. 9 ff.), dass, sofern eine andere Vereinbarung der Parteien nicht besteht, die Verjährungsfrist jedenfalls für selbstschuldnerische Bürgschaften mit Fälligkeit der gesicherten Forderung beginnt. Da im Gesetz eine Leistungsaufforderung des Gläubigers als Entstehungs- oder Fälligkeitsvoraussetzung der Bürgschaftsforderung nicht vorgesehen ist, kommt es für den Beginn der Verjährungsfrist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht auf die Geltendmachung der Bürgenverpflichtung durch den Gläubiger an. Der Gesetzgeber ist bei der Neufassung des § 771 BGB durch das Gesetz zur Mo- dernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) ausdrücklich davon ausgegangen, dass „der Anspruch des Gläubigers gegen den Bürgen gleichzeitig mit der Hauptforderung“ entsteht (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages vom 9. Oktober 2001, BT-Drucks. 14/7052, S. 206). Auch der Grundsatz der Akzessorietät, d.h. der Abhängigkeit der Forderung aus der Bürgschaft von der Hauptschuld im Hinblick auf Entstehung, Durchsetzbarkeit und Erlöschen, spricht dafür, dass die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung mit der Fälligkeit der Hauptschuld eintritt. Überdies widerspräche es dem mit dem Rechtsinstitut der Verjährung verfolgten Regelungszweck, den Schuldner vor unangemessen langer Inanspruchnahme zu schützen und Rechtsfrieden herzustellen, die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung von einer Leistungsaufforderung des Gläubigers abhängig zu machen und diesem damit die Möglichkeit zu eröffnen, den Verjährungsbeginn und die Notwendigkeit verjährungsunterbrechender Maßnahmen nach seinem Belieben hinauszuzögern (Senat, Urteile vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07, WM 2008, 729, 732 Tz. 24, für BGHZ vorgesehen, und vom 11. März 2008 - XI ZR 81/07, Urteilsumdruck, S. 6 Tz. 11, jeweils m.w.Nachw.).
19
c) Die Kläger zu 3) und 4) hatten mit Erklärung des Rücktritts im Jahr 1998 Kenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 BGB von den Umständen, die sowohl die Fälligkeit des Anspruchs auf Rückgewähr als auch der Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten begründeten.

III.


20
Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann auch nicht mit anderer Begründung aufrecht erhalten werden (§ 561 ZPO).
21
1. Auch bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern, die die Hauptschuldnerin möglicherweise zu stellen hatte und von deren Vereinbarung zu Gunsten der Kläger zu 3) und 4) im Revisionsverfahren ausgegangen werden soll, beginnt die Verjährungsfrist grundsätzlich mit der Fälligkeit der Hauptforderung.
22
a) Die Bürgschaft auf erstes Anfordern ist kein Sicherungsmittel eigener Art, sondern stellt lediglich eine besondere Form der Bürgschaft dar, die den Gläubiger bei der Durchsetzung privilegiert (BGHZ 151, 229, 235; 152, 246, 251; 154, 378, 385). Sie weist gegenüber einer selbstschuldnerischen Bürgschaft keine den Beginn der Verjährungsfrist beeinflussende Besonderheit auf. Ihre Eigenart erschöpft sich darin, im Bürgschaftsprozess bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs Einwände des Bürgen gegen die Zahlungspflicht zunächst auszuschließen. Deren Klärung bleibt nach Zahlung durch den Bürgen einem späteren Rückforderungsprozess vorbehalten (BGH, Urteile vom 27. Februar 1992 - IX ZR 57/91, WM 1992, 773, 776 und vom 28. September 2000 - VII ZR 460/97, WM 2000, 2373, 2375; Senat, Urteil vom 10. September 2002 - XI ZR 305/01, WM 2002, 2192, 2193; BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - VII ZR 199/06, WM 2007, 1609, 1610 Tz. 17). Zu der für den Verjährungsbeginn entscheidenden Frage, wann der die Fälligkeit auslösende Sicherungsfall eingetreten ist, weicht damit die Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht von den allgemein für selbstschuldnerische Bürgschaften geltenden Regeln ab (vgl. BGH, Urteile vom 5. April 1984 - VII ZR 167/83, WM 1984, 892 f., vom 28. September 2000 - VII ZR 460/97, WM 2000, 2373, 2375 und vom 28. Juni 2007 - VII ZR 199/06, WM 2007, 1609, 1610 f. Tz. 18). Der Anspruch aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern entsteht folglich ebenfalls mit Fälligkeit der gesicherten Forderung (BGHZ 152, 246, 251; BGH, Beschluss vom 12. September 2002 - IX ZR 497/00, WM 2002, 2325), sodass auch bei dieser Form der Bürgschaft der Lauf der Verjährungsfrist grundsätzlich zu diesem Zeitpunkt beginnt.
23
b) Die Gegenansicht (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 199 Rdn. 3; Staudinger/Horn, BGB Bearb. 1997 Vorbem. zu §§ 765 ff. Rdn. 27; Gay NJW 2005, 2585, 2586 f.; kritisch dazu OLG Brandenburg, Urteil vom 9. Mai 2007 - 4 U 187/06, zitiert nach juris Tz. 35; Bräuer NZBau 2007, 477, 478) übersieht, dass die Inanspruchnahme des Bürgen bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht die materielle Bürgenhaftung beeinflusst, sondern nur die Berücksichtigung von Einwendungen des Bürgen im Zahlungsprozess modifiziert. Die von den Parteien des Bürgschaftsvertrages bei Vereinbarung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern vielfach vorgesehenen, besonderen förmlichen Anforderungen beschreiben die Voraussetzungen, die dem Gläubiger die Möglichkeit einer von nicht offensichtlichen und nicht liquide beweisbaren Einwendungen entlasteten Klage eröffnen, nicht aber den Zeitpunkt, von dem ab der Gläubiger die Leistung verlangen kann. Die strengen förmlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dienen vielmehr dem Schutz des Bürgen. Diesem Schutzzweck widerspricht es, die Fälligkeit einer Bürgschaft auf erstes Anfordern von einer ordnungsgemäßen Zahlungsaufforderung abhängig zu machen und damit dem Gläubiger die Möglichkeit zu geben, den Beginn der Verjährung, die ebenfalls dem Schutz des Schuldners dient, beliebig hinauszuzögern.
24
2. Die Parteien haben auch keine abweichende Vereinbarung zur Fälligkeit der Bürgschaft oder unmittelbar zum Verjährungsbeginn getroffen , die den gesetzlichen Regelungen vorgehen könnte (vgl. OLG Frankfurt , WM 2007, 1369, 1370; MünchKomm/Krüger, BGB 5. Aufl. 2007, § 271 Rdn. 7; Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 199 Rdn. 3).
25
a) Eine ausdrückliche Regelung zur Fälligkeit der Bürgschaftsverpflichtung findet sich in der Bürgschaftsurkunde nicht. Jedoch wird in einem einleitenden Abschnitt die Verpflichtung der Hauptschuldnerin aus dem Bauträgervertrag wiedergegeben, Sicherheit solle durch eine "selbstschuldnerische, unwiderrufliche und auf erstes Anfordern fällig gestellte Bürgschaft" geleistet werden. Dies kann von dem Revisionsgericht ausgelegt werden, weil weitere tatsächliche Feststellungen nicht erforderlich sind und dadurch der Rechtsstreit zu einer abschließenden Entscheidung geführt wird (vgl. BGHZ 65, 107, 112; 124, 39, 45; 139, 357, 366 f.).
26
b) Gegen eine von der gesetzlichen Regel abweichende Vereinbarung der Parteien zur Fälligkeit der Bürgschaft sprechen Wortlaut und systematische Einordnung des von der Revision dafür in Anspruch genommenen Einleitungssatzes der Bürgschaftsurkunde sowie die für die Auslegung bedeutsamen beiderseitigen wirtschaftlichen Interessen.
27
Nach dem Wortlaut haben die Parteien in dem Einleitungssatz keine Vereinbarung zur Fälligkeit der Bürgschaft getroffen, sondern es wird lediglich eine Verpflichtung der Hauptschuldnerin zur Bestellung einer bestimmten Sicherheit wiedergegeben. Die Festlegungen der Parteien zur Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten beginnen erst im nachfolgenden Absatz, der mit den Worten "dies vorausgeschickt" eingeleitet wird. In der Beschreibung der Bürgenhaftung findet sich keine Regelung zur Fälligkeit, die die Geltendmachung der Bürgschaft durch die Gläubiger verlangt. Es ist auch keine Regelungslücke erkennbar, die es rechtfertigen würde, zur Ergänzung des von den Parteien Gewollten auf den den Bauträgervertrag beschreibenden Einleitungssatz zurückzugreifen.
28
Ebenso liefern die beiderseitigen wirtschaftlichen Interessen der Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keinen Anhalt dafür, dass die Fälligkeit der Bürgenverpflichtung von einer Leistungsaufforderung der Kläger zu 3) und 4) abhängen sollte. Das Rechtsinstitut der Verjährung dient dem Schutz des Schuldners, von dem nicht über einen unangemessenen Zeitraum hin die Bereitstellung seiner Leistungsfähigkeit verlangt werden kann, und sichert damit nach Ablauf der Verjährungsfrist den Rechtsfrieden. Dieser Schutzintention widerspräche es, bei Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung durch Auslegung dem Gläubiger einer Bürgschaftsforderung die Rechtsmacht zu eröffnen, den Verjährungsbeginn nach seinem Belieben dadurch hinauszuzögern, dass er den Fälligkeitszeitpunkt der Bürgschaftsforderung durch eine Leistungsaufforderung bestimmen kann. Besondere wirtschaftliche Interessen der Parteien, die hier eine Abweichung von diesem allgemeinen Grundsatz (vgl. Senat, Urteile vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07, WM 2008, 729, 731 f. Tz. 24, für BGHZ vorgesehen, und vom 11. März 2008 - XI ZR 81/07, Urteilsumdruck, S. 6 Tz. 11) rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar. Auch bei einer Bürgschaft, die den Rückgewähranspruch des Erwerbers nach Rücktritt von einem Bauträgervertrag sichert, ist dem Bürgen eine Durchsetzung seines Bürgschaftsanspruchs innerhalb der mit Fälligkeit des Rückforderungsanspruchs beginnenden Verjährungsfrist ohne weiteres zumutbar. Die bürgende Bank, die vom Rücktritt nicht zwingend informiert sein muss und auch über detaillierte Kenntnisse zur Höhe der verbürgten Erstattungsforderung nicht immer verfügen wird, hat das von dem Bürgen bei verständiger Sicht zu akzeptierende Interesse, dass mit einer Klärung ihrer möglichen Bürgenhaftung innerhalb der mit Fälligkeit der Hauptforderung beginnenden Verjährungsfrist zumindest begonnen wird.
29
3. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung nicht rechtsmissbräuchlich erhoben. Soweit die Revisionserwiderung diesen Vorwurf auf eine Erklärung der Beklagten zur Regelung der Freigabe des erworbenen Grundstücks aus der grundpfandrechtlichen Haftung gemäß § 3 MaBV stützen will, ist ein bedeutsamer rechtlicher Zusammenhang mit der Verjährung der Bürgschaftsverpflichtung weder dargetan noch ersichtlich.

IV.


30
Nach alledem war das Berufungsurteil aufzuheben und die Klage der Kläger zu 3) und 4) abzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Mayen Maihold

Vorinstanzen:
LG Passau, Entscheidung vom 25.08.2006 - 4 O 269/06 -
OLG München, Entscheidung vom 06.03.2007 - 9 U 4639/06 -