Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 21. Mai 2014 - 9 U 75/11

bei uns veröffentlicht am21.05.2014

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn - Einzelrichter - vom 01.04.2011, 6 O 489/06 Bi, hinsichtlich der dortigen Beklagten zu 1 bezüglich des Ausspruchs über die Verzugszinsen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte (zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 96.909,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 35.476,73 EUR seit dem 16.07.2006, aus 49.333,38 EUR seit dem 25.01.2007 und aus 12.099,08 EUR seit dem 15.12.2011 zu zahlen.

4. Im Übrigen werden die Klage gegen die Beklagte (zu 1) und die Widerklage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung bezüglich des Widerklageantrages Ziff. 2b als unzulässig verworfen und bezüglich der übrigen Anträge zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

IV. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts hinsichtlich der Beklagten (dort: zu 1) sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert des Berufungsverfahrens: 443.947,27 EUR

Klage:

96.909,19 EUR

Hilfsbegründung:      

12.099,08 EUR

Widerklage:

333.939,00 EUR

Hilfswiderklage:

1.000,00 EUR

Gründe

 
I.
Die Klägerin verlangt von der beklagten, sich in Liquidation befindlichen Gesellschaft die Rückzahlung einer Überziehung eines auf einem Geschäftskonto eingeräumten Kontokorrentkredits sowie - hilfsweise - die Rückzahlung des während des Berufungsverfahrens gekündigten Kontokorrentkredits. Widerklagend verlangt die Beklagte die Auszahlung eines vermeintlichen, auf diesem Geschäftskonto bei richtiger Berechnung vorhandene Guthaben und verlangt die Überlassung von Kontoauszügen seit Beginn der Geschäftsbeziehung bis zum Jahr 1988. Hilfsweise widerklagend verlangt die Beklagte die Neuberechnung des Geschäftskontos nach vorgegebenen Berechnungsregeln.
Auf die Feststellungen des Landgerichts wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Widerklage der Beklagten (früher: zu 1) abgewiesen. Die Beklagte schulde bezüglich des Konto Nummer ... den Ausgleich der den Kontokorrentkredit von 100.000 EUR übersteigenden geduldeten Kontoüberziehung. Das grundsätzliche Bestehen einer Rückführungspflicht der über den Kontokorrentkredit hinausgehenden Kontoüberziehungen werde von der Beklagten nicht infrage gestellt. Das Landgericht sei davon überzeugt, dass der Beklagten die Rechnungsabschlüsse auf den Kontoauszugsformularen der Klägerin zugegangen seien. Die Klägerin habe die wiederhergestellten Rechnungsabschlussmitteilungen mit einem Blankoformular eines Originalkontoauszugs vorgelegt. Die unwahre Behauptung der Beklagten, ihr seien nur gewöhnliche Kontoauszüge, nie aber Rechnungsabschlüsse zugesandt wurden, nehme das Gericht der Beklagten nicht ab. Die Beklagte verfüge nahezu ausnahmslos über sämtliche Kontoauszüge, die bis in die 80 er Jahre zurückgingen. Sie hätte selbst einen Kontoauszug mit Rechnungsabschlussvermerk vorgelegt. Die Rechnungsabschlüsse führten zu wirksamen Saldoanerkenntnissen. Es könne dahingestellt bleiben, ob Ansprüche auf Rückforderung von Saldoanerkenntnissen als periodisch fällig werdende Ansprüche gem. § 197 BGB a.F. verjähren. Eine Verjährung nach dem neuen Verjährungsrecht würde an der fehlenden Kenntnis der Beklagten von den Umständen über die Unrichtigkeit der Kontoführung scheitern. Die Beklagte hätte jedoch eine fehlerhafte Kontoführung durch die Klägerin nicht dargelegt. Die Bezugnahme auf das privat beauftragte Gutachten des Herrn ... sei kein hinreichend substantiierter Sachvortrag. Für die Frage der korrekten Wertstellung sei das Gutachten auch völlig unzureichend, da es auf dem Kardinalfehler der Gleichstellung des Buchungstages mit dem Wertstellungstag beruhe. Die richtige Wertstellung richte sich jedoch bei Gutschriften danach, wann die Bank Deckung erhalte und bei Belastungen danach, wann Deckung abfließe. Die Annahme der Beklagten treffe nicht zu, die Bank dürfe Wertstellungen nur an Bankarbeitstagen vornehmen. Auch seien bei der Zinsberechnung des Herrn ... die vertraglich geschuldeten Überziehungszinsen bei Überschreiten der Kontokorrentkreditlinie fehlerhaft nicht berücksichtigt worden. Schließlich habe Herr ... nicht die wechselnden Kontokorrentkreditzinssätze aus den jeweiligen, zeitlich befristeten Kontokorrentkreditvereinbarungen berücksichtigt, was zu einer Fehlerhaftigkeit der "Spread"-Berechnungen zum Referenzzinssatz der Deutschen Bundesbank zur Folge habe.
Soweit die Beklagte einen konkreten Vortrag zu Buchungen in unverjährter Zeit gehalten habe, lasse sich eine falsche Buchung nicht feststellen. Zu den Buchungen auf dem Konto der Beklagten vom 01.03.2006, wertgestellt am 02.03.2006, habe die Klägerin Unterlagen vorgelegt, aus denen sich die Wertstellung bei ihr am 02.03.2006 ergeben würde. Die Wertstellung bei der Buchung Nr. ... (1.386,20 EUR) auf dem Konto der überweisenden Firma am 01.03.2006 belege hingegen nicht, dass an diesem Tag die Valuta auch der Klägerin zugeflossen sei. Genauso gut könne die Wertstellung der überweisenden Sparkasse ... falsch sein. Ohne eine Aufklärung, wann tatsächlich der Klägerin die Zahlung buchmäßig zugegangen sei, könne der behauptete Wertstellungsfehler nicht bewiesen werden.
Zu der weiteren Widerklage hinsichtlich der Überlassung von Kontoauszügen vor 1998 führt das Landgericht aus, dass die Beklagte keinen Anspruch auf kostenlose Überlassung von Auszügen mehr hätte. Zweitauszüge müsse die Bank nur zur Verfügung stellen, wenn der Kunde bereit sei, den hierfür entstehenden Aufwand zu vergüten. Dies sei bei der Beklagten nicht der Fall.
Gegen das ihr am 18.04.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.05.2011 Berufung eingelegt und diese am Montag, dem 20.06.2011, mit einer Begründung versehen. Die Berufung der Beklagten verfolgt die Klageabweisungsanträge sowie die Widerklageanträge unverändert weiter. Das Landgericht habe das Bestreiten der Beklagten übergangen, wonach für 2006 keine Rechnungsabschlüsse vorlägen. Der Rechnungsabschluss vom 31.12.2005, von dem das Landgericht in der mündlichen Verhandlung vom 08.05.2007 (Bl. 104 d.A., Anlage K28/4) ausgegangen sei, habe hingegen bei der Beklagten ein Habensaldo von 13.333,05 EUR gehabt. Im Übrigen seien die Salden angesichts der Überprüfungen durch Herrn ... nicht genehmigungsfähig. Durch die Kondiktion der Salden würden die in den Saldoanerkenntnissen erfassten Forderungen der Klägerin wieder eigenständig verjähren. Das Landgericht habe bezüglich der Wertstellungen nicht auf die internen Belege der Klägerin abstellen dürfen, sondern seine Entscheidung einzig auf die von der Beklagten vorgelegten Kontoauszüge und Belege stützen dürfen. Die Beklagte habe bezüglich der Buchungen ausreichend konkret vorgetragen.
Die Beklagte beantragt:
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 01.04.2011 (Az. 6 O 489/06 Bi) aufgehoben und die Klage gegen die Beklagte zu 1 abgewiesen.
Im Wege der Widerklage
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2. a. die Klägerin zu verurteilen, 333.939,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit der Zustellung des Schriftsatzes vom 20.06.2011 an die Beklagte zu 1 zu zahlen.
11 
b. die Klägerin zu verpflichten, die Beklagte zu 1 die fehlenden Kontoabrechnungen vom Beginn der jeweiligen Geschäftsbeziehung bis Dezember 1988 zu überlassen.
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Hilfsweise für den Fall der Abweisung der Widerklage:
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Die Klägerin wird verurteilt, das Konto Nr. ... der Beklagten zu 1 wie folgt neu zu berechnen:
14 
eingereichte Schecks sind spätestens binnen drei Arbeitstagen nach Erhalt dem Konto der Beklagten gutzuschreiben (BGH, Urteil vom 06.05.1997, XI ZR 208/96, NJW 1997, 2042 ff.).
15 
Überweisungen zu Gunsten des Kontokorrentkontos müssen für denselben Tag erfolgen, an dem die Bank buchmäßige Deckung erlangt, also am selben Tag des Eingangs (BGH, Urteil vom 06.05.1997, XI ZR 208/96, NJW 1997, 2042 ff.).
16 
Bareinzahlungen sind am Tag der Bareinzahlung dem betreffenden Konto den Beklagten gutzuschreiben (BGH, Urteil vom 17.06.1997, XI ZR 239/96, NJW 1997, 3168).
17 
Überweisungen, Lastschrifteinzige, Daueraufträge zu Lasten des Kontos sind taggenau auf den Tag des Geldflusses wertzustellen, insbesondere dürfen derartige Kontobewegungen zu Lasten des Kontos nicht früher als der Buchungstag wertgestellt werden (BGH, Urteil vom 17.06.1997, XI ZR 239/96, NJW 1997, 3168).
18 
Im Rahmen der Neuberechnung hat die Klägerin Zinssatzänderungen des Bundesbankzinssatzes von mehr als 0,2 % unter Beibehaltung des ursprünglichen Äquivalenzgefüges zu berücksichtigen und die Zinssätze des Kontokorrentdarlehen um die gleiche Prozentpunktzahl anzupassen (Oberlandesgerichts Celle, WM 1991, 1035).
19 
Die Klägerin beantragt:
20 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
21 
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens. Im Laufe des Berufungsverfahrens kündigte die Klägerin am 30.11.2011 den Kontokorrentkredit der Beklagten fristlos und stützte ihren Anspruch hilfsweise auch auf den diesbezüglichen Rückzahlungsanspruch.
22 
Die Klägerin hat zunächst neben der Beklagten (zu 1) noch deren Geschäftsführer sowie dessen Ehefrau als Bürgen für die Verbindlichkeiten der Beklagten zu 1 in Anspruch genommen und daneben die Rückzahlung von Krediten beantragt, die beide persönlich aufgenommen hatten. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2013 das Verfahren gegen die Eheleute abgetrennt, nachdem über deren Vermögen in England das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (Az. 9 U 142/13).
23 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen ... sowie durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen ... ... Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2013 (GA 1378) sowie das schriftliche Gutachten (GA 1431 ff.) Bezug genommen.
II.
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Die gem. § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist bezüglich des Widerklageantrags Ziff. 2b unzulässig. Im Übrigen ist die zulässige Berufung unbegründet mit Ausnahme eines geringfügigen Teils bei den Verzugs- und Prozesszinsen. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht der Klage stattgegeben (A.) und die Widerklage abgewiesen (B.). Auch der Hilfsantrag der Beklagten hat keinen Erfolg (C.).
25 
A. Klage
26 
Die Klägerin hat gem. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB gegen die Beklagte einen fälligen Darlehensrückzahlungsanspruch in der streitgegenständlichen Höhe.
27 
Sowohl der vertraglich eingeräumte Kontokorrentkredit als auch die geduldete Überziehung der Kreditlinie haben den Charakter eines Darlehens (Wunderlich in: Schimansky/Bunte/Lwowski [S/B/L], Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 75 Rn. 25ff.). Grundsätzlich hat eine Bank, die eine Saldoforderung aus einem Kontokorrentkonto geltend macht, zu den in den Saldo eingestellten Aktiv- und Passivposten konkret vorzutragen. Sie kann sich dabei entweder darauf beschränken, das letzte Saldoanerkenntnis und etwaige danach eingetretene Änderungen des Saldos substantiiert darzutun oder, sofern sie diesen Weg nicht gehen kann oder will (etwa weil es zu einem bestätigten Rechnungsabschluss nicht gekommen oder ein solcher nicht zu beweisen war), die in das Kontokorrent eingestellten Einzelforderungen darlegen. Dabei hat sie unter Einschluss aller von ihr akzeptierten Passivposten so vorzutragen, dass das Gericht die eingeklagte Saldoforderung rechnerisch nachvollziehen und überprüfen kann (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - XI ZR 471/11 - Rn. 9, juris). Die Klägerin kann sich zwar nicht auf Saldoanerkenntnisse nach dem 01.01.2002 stützen (1.), wohl aber auf dasjenige vom 28.12.2001, das mit den danach folgenden Einzelbuchungen den kausalen Saldo mindestens in Höhe der Klageforderung bildet (2.). Der Anspruch ist fällig (3.) und einredefrei durchsetzbar (4.).
28 
1. Unwirksamkeit der Saldoanerkenntnisse ab dem 01.01.2002
29 
Die Klägerin kann sich zum Nachweis ihres Zahlungsanspruchs nicht auf ein Saldoanerkenntnis für Abrechnungsperioden ab dem 01.01.2002 stützen. Diese können von der Beklagten gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Abs. 2 BGB wegen ungerechtfertigter Bereicherung herausverlangt werden.
30 
a. Die Saldofeststellung ist ein abstraktes Schuldanerkenntnis i.S.v. §§ 781, 782 BGB. Neben diesem kann der Anspruch aus dem kausalen Saldo nicht geltend gemacht werden (Grundmann in: Ebenroth/Boujong/Joost, Strohn, HGB, 2. Aufl., § 255 Rn. 20, 22). Soweit der Bundesgerichtshof es alternativ zulässt, die Klage entweder auf das letzte Saldoanerkenntnis oder auf Einzelforderungen zu stützen (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - XI ZR 471/11), trägt er damit dem Beibringungsgrundsatz und den Unsicherheiten der gerichtlichen Feststellbarkeit eines wirksamen Saldoanerkenntnisses Rechnung. Seine Rechtsauffassung, in dem Saldoanerkenntnis liege eine Novation des Schuldverhältnisses mit der Folge, dass der anerkannte Saldo beim fortgesetzten Kontokorrent als eigenständiger Aktivposten in die neue Abrechnungsperiode einzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 06. Juni 2000 - XI ZR 258/99 - Rn. 28, BGHZ 144, 349-356; Mayen in: S/B/L, a.a.O., § 47 Rn. 91ff.), hat er nicht aufgegeben.
31 
Das Schuldanerkenntnis begründet eine neue, selbständige Verpflichtung, die vom zu Grunde liegenden Schuldverhältnis (Girovertrag) unabhängig ist (Palandt-Sprau, BGB, 73. Aufl., § 781 Rn. 1) und daher als Leistung gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Abs. 2 BGB kondiziert werden kann (Langenbucher in: Münchener Kommentar, HGB, 2. Aufl., § 355 Rn. 103).
32 
Nach der herrschenden Lehre ist der Rechtsgrund für die Abgabe eines Saldoanerkenntnisses nicht das Bestehen der kausalen Forderung, sondern die Verpflichtung aus dem Kontokorrentvertrag, einen richtigen Saldo anzuerkennen (Mayen in: S/B/L, a.a.O., § 47 Rn 94; Langenbucher in: Münchener Kommentar, HGB, a.a.O., § 355 Rn. 103; Grundmann in: Ebenroth/Boujong/Joost, Strohn, a.a.O., § 355 Rn. 22; Lorenz in: Staudinger [2007], § 812 BGB Rn. 15; Marburger in: Staudinger [2009], § 780 BGB, Rn. 23 f.; Habersack in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 780 Rn. 47). Das Saldoanerkenntnis kann nur als Ganzes kondiziert werden, so dass die Parteien sich anschließend so gegenüber stehen, als ob kein Anerkenntnis abgegeben wurde (BGH, Urteil vom 13. Dezember 1967 - Ib ZR 168/65 - Rn. 32, juris).
33 
b. Die Beklagte kann die Saldoanerkenntnisse ab dem 01.01.2002 kondizieren, weil die als Einzelbuchungen eingestellten quartalsweisen Berechnungen des Zinssatzes für den vertraglich vereinbarten Kontokorrentkredit infolge einer fehlerhaften Zinsanpassung unrichtig sind.
34 
aa. Die von der Klägerin in ihren Verträgen verwendeten Klauseln, mit denen sie sich das Recht ausbedungen hat, die Zinssätze für den vertraglich vereinbarten Kontokorrentkredit durch einseitige Leistungsbestimmung anzupassen, sind unwirksam.
35 
(1) Die in den Verträgen vom 26.04.2001 und 27.08.2003 enthaltenen Zinsanpassungsklauseln benachteiligen wegen nicht hinreichender Bestimmung der Anpassungsparameter die Beklagte unangemessen.
36 
Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind gem. § 307 BGB bzw. § 9 AGBG a.F. i.V.m. Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB auch im Geschäftsverkehr mit Unternehmen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei Zinsanpassungsklauseln dann der Fall, wenn sie es dem Verwender ermöglichen, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen. Gleiches gilt, wenn sie nur das Recht des Klauselverwenders enthalten, Erhöhungen ihrer eigenen Kosten an ihre Kunden weiterzugeben, nicht aber auch die Verpflichtung, bei gesunkenen eigenen Kosten den Preis für die Kunden zu senken (BGH, Urteil vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08). Der Bundesgerichtshof hat dem entsprechend Klauseln beanstandet, die den Banken ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB zuweisen ohne die maßgeblichen Parameter der Anpassung zu konkretisieren. Insbesondere bedarf es zur Wirksamkeit der Klausel einer verbindlichen Verpflichtung der Bank zur Senkung des Zinssatzes unter Wahrung des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Äquivalenzverhältnisses zwischen dem Vertragszinssatz und den Refinanzierungskonditionen (BGH, Urteil vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08; Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09; Urteil vom 21. Dezember 2010 - XI ZR 52/08).
37 
Diese Anforderungen, die der Bundesgerichtshof bezüglich Zinsanpassungsklauseln in Sparverträgen aufgestellt hat, sind auf Zinsanpassungsklauseln in Darlehens- und Kontokorrentkreditverträgen übertragbar (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05. April 2012 - 6 U 7/11) und gelten auch gegenüber gewerblichen Kunden. Die Rechtslage ist bei Soll- und Habenzinsen vergleichbar (Nassall in: jurisPR-BGHZivilR 18/2004 Anm. 3). Der (gewerbliche) Darlehenskunde muss im Voraus abschätzen können, welchen Belastungen er für die Kreditinanspruchnahme ausgesetzt ist. Hierfür muss er die Voraussetzungen kennen, um etwaige Zinsanpassungen überprüfen zu können (Senat, Urteil vom 6. November 2013 - 9 U 123/13). Dementsprechend bedarf es der Bestimmung eines Referenzwertes wie beispielsweise eines Geld- oder Kapitalmarktzinssatzes, gegebenenfalls einer Anpassungsschwelle, die eine Befugnis oder Pflicht zur Änderung begründen und/oder eines Anpassungsintervalls, innerhalb dessen eine Überprüfung der Anpassungsvoraussetzungen zu erfolgen hat.
38 
Diesen Anforderungen werden die Zinsanpassungsklauseln in den o.g. Verträgen nicht gerecht. Diese verweisen als Grund für Zinsanpassungen lediglich auf nicht konkretisierte Änderungen des „allgemeinen Zinsniveaus“ und räumen der Klägerin ein billiges Ermessen bei der Anpassung ein ohne verbindliche Verpflichtung zur Zinssatzsenkung unter Wahrung des Äquivalenzverhältnisses bei Vertragsschluss.
39 
(2) Hinsichtlich der Verträge vom 07.01.2002, 27.01.2003 und 19.04.2005 hat die Klägerin eine geänderte Klausel verwendet, die den Anforderungen der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus den Jahren 2009/2010 nahe kam, aber ihr letztendlich dennoch nicht vollständig gerecht wird:
40 
Die Zinsanpassungsklausel hat in den vorgenannten Verträgen folgenden Wortlaut:
41 
Die Bank überprüft den Zinssatz spätestens zum Ende eines jeden Monats. Erhöht sich der letzte veröffentlichte Monatsdurchschnitt für den EURIBOR-Dreimonatsgeld gegenüber dem im Vormonat ermittelten Monatsdurchschnitt bei Vertragsschluss bzw. bei der letzten Konditionenanpassung um mindestens 0,25 Prozentpunkte, so kann die Bank den Zinssatz unter Berücksichtigung ihrer Refinanzierungsmittel nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) anheben; die Bank wird den Zinssatz entsprechend senken, wenn sich der Monatsdurchschnitt für EURIBOR-Dreimonatsgeld um mindestens 0,25 Prozentpunkte ermäßigt hat. Bei der Leistungsbestimmung wird sich die Bank an der Zinsgestaltung orientieren, die bei Vertragsabschluss bestanden hat.
42 
Diese Klausel ist insoweit teilunwirksam, als sie der Klägerin bei der Zinssenkung ein nicht ausreichend konkretes Leistungsbestimmungsrecht einräumt. Grundsätzlich sind Allgemeine Geschäftsbedingungen objektiv auszulegen. Ist danach eine Klausel objektiv mehrdeutig und führt eine Auslegung zu einer Unwirksamkeit der Klausel, ist von dieser gem. § 305c Abs. 2 BGB auch im Individualprozess auszugehen, denn die scheinbar kundenfeindlichste Auslegung führt dann für den Kunden zu einem günstigeren Ergebnis (BGH, Teilurteil vom 29. April 2008 - KZR 2/07 -, BGHZ 176, 244-255).
43 
So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat in der Klausel zwar eindeutig die Voraussetzungen für eine Zinsänderung definiert (Anpassungsschwelle von 0,25 Prozentpunkten Veränderung gegenüber dem Monatsdurchschnitt des Dreimonats-EURIBOR bei Vertragsschluss). Hinsichtlich der Pflicht zur Höhe der Zinssenkung fehlt hingegen eine ausreichend klare Bindung der Klägerin, das ursprüngliche Äquivalenzverhältnis zu wahren. Die Klägerin hat ihr Erhöhungsrecht in ihr billiges Ermessen gestellt und neben der Veränderung des Dreimonats-EURIBOR auch die Berücksichtigung ihrer - nicht näher definierten - Refinanzierungsmittel vorbehalten. Zwar verwendet sie hinsichtlich der Verpflichtung zur Senkung das Wort „wird“ anstelle des ein Ermessen ausdrückenden Wortes „kann“ bei der Erhöhung des Zinssatzes. Im Gesamtzusammenhang wird jedoch nicht ausreichend deutlich, dass eine genaue Wahrung des Äquivalenzverhältnisses von der Klägerin sicherzustellen ist. Die verbindliche Pflicht zur Anpassung wird nämlich dadurch eingeschränkt, dass sie nur eine „entsprechende“ Senkung vorsieht. Das Wort „entsprechend“ kann sich sowohl auf die Rahmenbedingungen für die Ermessensausübung im vorhergehenden Satz als auch auf die Höhe der Senkung des Dreimonats-EURIBOR beziehen. Im letzten Satz heißt es ergänzend, dass die Klägerin sich an der Zinsgestaltung bei Vertragsschluss „orientieren“ werde. In der Gesamtschau lässt diese Formulierung, anders als beispielsweise das Wort „einhalten“, Abweichungen im Ermessen der Bank und zum Nachteil des Kunden zu.
44 
Diese Auslegung der Klauseln wird letztlich bestätigt durch die eigene Praxis der Klägerin. Nach den Feststellungen des Sachverständigen ... in seinem Gutachten vom 05.02.2014 hat die Klägerin es z.B. unterlassen, trotz Absinken des Referenzzinssatzes um jeweils über 0,30 Prozentpunkte z.B. im März und Juni 2003 eine Anpassung des Vertragszinssatzes vorzunehmen.
45 
bb. Die Unwirksamkeit der Klausel bezüglich der Zinsanpassung durch eine einseitige Leistungsbestimmung der Klägerin lässt die Vereinbarung der Zinsvariabilität unberührt, da es sich insoweit um eine eigenständige, nicht gegen das Klauselverbot verstoßende, kontrollfreie Preisregelung handelt. Die verbliebene Lücke ist durch ergänzende Vertragsauslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu schließen (BGH, Urteile vom 21. Dezember 2010 - XI ZR 52/08 und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09).
46 
Die Auslegung ergibt, dass der Klägerin kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB verbleibt ([1]). Die Zinsanpassung hat in Abhängigkeit des Zinssatzes für EURIBOR Dreimonatsgeld als Referenzzinssatz zu erfolgen ([2]). Sofern die Zinsanpassungsklauseln nicht Anpassungsschwellen und Anpassungsintervalle vorsehen, ist täglich ohne Anpassungsschwelle anzupassen ([3]).
47 
(1) Die durch die Unwirksamkeit der AGB-Klausel entstandene Regelungslücke ist durch ergänzende Vertragsauslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu schließen. Aus der bei Schließung von Regelungslücken in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gebotenen objektiv-generalisierenden Sicht ist der hypothetische Vertragswille typischer Parteien, sofern ihnen die Unwirksamkeit der Klausel bei Vertragsschluss bekannt gewesen wäre, nicht darauf gerichtet, eine unwirksame, den Vertragspartner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligende Klausel durch eine der unausgewogenen Regelung im Kern gleichende Gestaltung zu ersetzen. Deswegen kann an die Stelle einer unwirksamen, einseitigen Zinsanpassungsklausel kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank treten (BGH, Urteile vom 21. Dezember 2010 - XI ZR 52/08 und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09).
48 
(2) Bei der ergänzenden Vertragsauslegung sind Anpassungsparameter zu wählen, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen und dem Charakter des Vertrages entsprechen. Dabei ist zunächst ein Referenzzinssatz zu bestimmen, an dem sich unter Wahrung des Äquivalenzverhältnisses die Zinsänderungen auszurichten haben. Vor diesem Hintergrund scheint es dem Senat angemessen, den Dreimonats-EURIBOR als Referenzzinssatz zu bestimmen. Es handelt sich um einen relativ kurzfristigen Geldmarktsatz, was der kurzfristigen Veränderbarkeit des Zinssatzes und den mit Zinsänderungen verbundenen Kündigungsmöglichkeiten des Bankkunden entspricht. Bei den Verträgen vom 07.01.2002, 27.01.2003 und 19.04.2005 ergibt sich dieser Referenzzinssatz aus der bestehenden Vereinbarung, die lediglich hinsichtlich eines verbleibenden Ermessens bei der Leistungsbestimmung unwirksam ist (s.o.).
49 
(3) Die Kontokorrentkredit-Verträge sind in Ermangelung anderer Anknüpfungspunkte dahingehend auszulegen, dass jede Zinssatzänderung des Referenzzinssatzes zu einer Änderung des Vertragszinssatzes führen kann. Dies gilt jedenfalls für die Verträge vom 26.04.2001 und 27.08.2003. Diese gaben der Klägerin formal das Recht zur jederzeitigen Änderung unabhängig von der Höhe der Veränderung des „allgemeinen Zinsniveaus“ oder von bestimmten Zeitabständen. Insofern ist auch eine Zinsberechnung unter Berücksichtigung des täglich zu ermittelnden Zinssatzes, jedenfalls unterhalb des vertraglich vereinbarten Anfangszinssatzes zumutbar. Soweit die Klägerin in den Verträgen vom 07.01.2002, 27.01.2003 und 19.04.2005 Anpassungsparameter festgelegt hat (monatliche Überprüfung und Abweichung von 0,25 Prozentpunkten), waren diese Vereinbarungen wirksam und daher anzuwenden.
50 
(4) Bei der Ermittlung des zutreffenden Zinssatzes ist das anfängliche Äquivalenzverhältnis zu wahren. Dabei ist zunächst der Unterschied zwischen dem Vertragszinssatz und dem Referenzzinssatz bei Vertragsschluss festzustellen. Allerdings führt die ergänzende Vertragsauslegung dazu, dass dieser Unterschied nicht in absoluter Höhe bei Änderungen des Referenzzinssatzes fortgeschrieben werden kann. Es ist vielmehr der relative Abstand zu ermitteln und dieser ist bei Zinsanpassungen beizubehalten (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2010 - XI ZR 52/08, Tz. 25; Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, Tz. 26f.).
51 
Zwar mag bei Kreditverträgen mit variabler Verzinsung die Einhaltung eines absoluten Abstandes zwischen Referenzzinssatz und Darlehenszinssatz sinnvoll und vertraglich ohne weiteres zulässig sein. Insbesondere besteht nicht wie bei Sparverträgen die Gefahr, dass ein Habenzinssatz im Rahmen einer Zinsanpassung zu einem Sollzinssatz wird. Diese Gefahr besteht nur, wenn der Referenzzinssatz bei Vertragsschluss höher als der Vertragszinssatz liegt. Wenn der Referenzzinssatz - wie hier - niedriger als der Vertragszinssatzes ist, kann letzterer nur negativ werden, wenn zuvor der Referenzzinssatz selbst negativ geworden ist. Unverhältnismäßig hohe Zinsanpassungen nach oben werden hingegen auch bei einem relativen Äquivalenzverhältnis aus faktischen Gründen unterbleiben, weil in diesen Fällen der Zinssatz nicht mehr marktüblich und durchsetzbar wäre.
52 
cc. Die Anwendung der unwirksamen Zinsanpassungsklausel hat zum Nachteil der Beklagten zur rechtsgrundlosen Leistung der quartalsweisen Saldoanerkenntnisse geführt, durch die die Klägerin bereichert ist.
53 
(1) Entgegen der Behauptung der Beklagten lassen sich allerdings Saldoanerkenntnisse zu den quartalsweise erstellten Rechnungsabschlüssen der Klägerin feststellen. Nach den - üblichen und unstreitigen - Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (Ziff. 7 Abs. 2 AGB, vgl. Anlage K33) kommen Saldoanerkenntnisse von Rechnungsabschlüssen zu Stande, wenn der Kunde diesen nicht innerhalb von 6 Wochen ab Zugang widerspricht. Dies hat die Beklagte im maßgeblichen Zeitraum nicht getan. Die Rechnungsabschlüsse ergeben sich jeweils aus den von dem Senat in der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2011 in Augenschein genommenen Kontoauszügen (GA 927), deren Inhalt unstreitig ist. In diesen hat die Klägerin zu jedem quartalsweisen Rechnungsabschluss eine Zinsabrechnung vorgenommen und den Rechnungsabschluss und dessen Saldo ausgewiesen. Die Beklagte hat bestätigt, dass die Kontoauszüge immer dieselbe Struktur hatten.
54 
(2) Ebenso wenig sind die Saldoanerkenntnisse bzw. Rechnungsabschlüsse der Klägerin formal unwirksam. Zwar hat der Bundesgerichtshof Kontoauszüge als wettbewerbswidrig beurteilt, die nicht ausreichend klar erkennen lassen, dass der abgebildete Tagessaldo, der auf der Grundlage der Buchungsdaten berechnet wird, nicht identisch ist mit dem Saldo, der sich aus der tatsächlichen Wertstellung ergibt, die alleine für die Berechnung der Zinsen maßgeblich ist. Dadurch könnte dem Kunden Deckung suggeriert und er zu zinspflichtigen Belastungen veranlasst werden, obwohl das Guthaben erst zu einem späteren Zeitpunkt gutgeschrieben wird (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 - I ZR 87/04). Dieser Informationsfehler mag zwar zu einem - von der Bank gegebenenfalls zu erstattenden - Zinsschaden führen. Der Rechnungsabschluss wird durch eine derartige Darstellungspraxis jedoch nicht grob unrichtig oder nicht genehmigungsfähig. Eine missverständliche Darstellung des Tagessaldos ist nicht identisch mit der Fehlerhaftigkeit eines Rechnungsabschlusses. Auch die Beklagte stellt nicht infrage, dass die Klägerin die Salden und Zinsen auf der Grundlage der Wertstellungsdaten und nicht der Buchungsdaten berechnet hat. Eine missverständliche Darstellung von Tagessalden in Kontoauszügen macht einen inhaltlich richtigen Rechnungsabschluss nicht grob fehlerhaft.
55 
(3) Die Rechnungsabschlüsse waren jedoch hinsichtlich der Zinsberechnungen und damit auch hinsichtlich der ausgewiesenen Salden falsch. Die von der Klägerin ihren Zinsberechnungen zu Grunde gelegten und in den Kontoauszügen ausgewiesenen Zinssätze für die Inanspruchnahme des vertraglich vereinbarten Kontokorrentkredits sind unstreitig und der von der Klägerin vorgelegten Übersicht (Anlage K105/1) zu entnehmen.
56 
Der Dreimonats-EURIBOR hat sich während der Laufzeit der jeweiligen Vereinbarungen wiederholt und deutlich gesenkt, ohne dass die Klägerin diese Änderungen beim Vertragszinssatz nachvollzogen hätte. Zum Beispiel ist der Dreimonats-EURIBOR in der Laufzeit der Vereinbarung vom 26.04.2001 bis zum 09.01.2002 von 4,779% auf 3,325% gesunken und bis zum Ende des Jahres 2002 (während der Laufzeit des Vertrages vom 07./09.01.2002) weiter auf 2,865% gefallen (Quelle: Zeitreihe ST0316 der Deutschen Bundesbank), ohne dass die Klägerin Zinssenkungen vorgenommen hätte. Die Klägerin hat daher quartalsweise zu viel Zinsen als Einzelforderungen ins Kontokorrent eingestellt und dadurch einen zu hohen Saldo ausgewiesen. Auf dessen Anerkenntnis hatte sie keinen Anspruch.
57 
dd) Die Ansprüche der Beklagten auf Kondiktion der Saldoanerkenntnisse wegen unterbliebener bzw. fehlerhafter Zinsanpassungen sind jedenfalls verwirkt, soweit sie Saldoanerkenntnisse vor dem 01.01.2001 betreffen.
58 
(1) Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment; dazu unter [c]) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres liegt vor, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde (dazu unter [a]). Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (dazu unter [b]).
59 
(a) Die Klägerin durfte sich bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. April 2009 (XI ZR 78/08) darauf einrichten, dass die Beklagte die Zinsanpassungen nicht mehr nachträglich beanstanden würde. Bei lang laufenden Kontokorrentkreditverträgen besteht die Besonderheit, dass sich systematische Fehler bei der Zinsberechnung oder -anpassung auf Grund des Zinseszinseffektes über die Laufzeit exponentiell auswirken. Dadurch unterscheiden sie sich von anderen Ansprüchen, die in der Regel erst ab Verzugseintritt zu verzinsen sind. Bei diesen ist der Schuldner - im Regelfall infolge einer Mahnung oder eines vereinbarten Fälligkeitstermins - gewarnt. Grundsätzlich will das Gesetz den Schuldner vom Zinseszinseffekt entlasten, um ihn vor schwer kalkulierbaren und kaum vorhersehbaren Zinslasten zu bewahren, vgl. §§ 248, 289 BGB (Grundmann in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 248 Rn. 1). In Kontokorrentkreditverträgen besteht ein hohes Bedürfnis an Rechtsklarheit, um ein Aufsummieren von Ansprüchen, wie sie beispielsweise auch § 197 BGB a.F. verhindern wollte, zu vermeiden. Dem dienen die periodischen Rechnungsabschlüsse, die den Parteien die Möglichkeit der zeitnahen Überprüfung und Klärung geben. Üblicherweise, wie auch hier, werden sie viermal im Jahr quartalsweise abgegeben, um überschaubare Rechnungsperioden zu schaffen. Im Zahlungsverkehr trägt die neue Vorschrift des § 676b Abs. 2 BGB, die einen Einwendungsausschluss bei fehlerhaften Belastungsbuchungen wegen nicht oder fehlerhaft ausgeführter Zahlungsvorgänge bereits nach 13 Monaten vorsieht, dem Interesse nach schneller Klärung Rechnung.
60 
Bei variabel verzinsten Darlehensverträgen, die flexibel auf sich ändernde Bedingungen am Geld- und Kapitalmarkt reagieren müssen und daher Anpassungsrechte vorsehen, besteht ein besonderes Bedürfnis, die Berechnungsgrundlagen zügig zu klären. Nach einem längeren Zeitablauf lassen sich die Umstände, die zur Zinsanpassung geführt haben, schwerer aufklären. Dies gilt insbesondere für die Bedingungen am Geld- oder Kapitalmarkt, wenn man nicht nur auf einen bestimmten dokumentierten Referenzzinssatz abstellt, sondern beispielsweise auf die konkreten Refinanzierungsbedingungen, die bei einem Kreditinstitut nicht nur von den Refinanzierungskosten auf dem Kapitalmarkt, sondern auch von deren Passivgeschäft beeinflusst sind. Schließlich möchte ein Kreditinstitut Gewissheit haben, dass es die berechneten Zinserträge auch dauerhaft behalten darf. Aus diesem Grund darf ein Kreditinstitut erwarten, dass ein Darlehensnehmer die mitgeteilten Zinsanpassungen und die Rechnungsabschlüsse auf ihre Rechtmäßigkeit sorgfältig überprüft und etwaige Zweifel mitteilt. Die Beklagte wurde auf jedem Kontoauszug darauf hingewiesen, dass sie Rechnungsabschlüsse zu prüfen hatte. Dies geht aus den vorgelegten Original-Kontoauszügen hervor.
61 
Zwar musste ein Kreditnehmer bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.04.2009 nicht damit rechnen, dass die Zinsanpassungsklausel wegen des zu unbestimmt vereinbarten Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 BGB unwirksam war. Nach der bis dahin gültigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs waren die Klauseln aber schon immer einschränkend auszulegen. Eine Anpassung des Vertragszinses war nur entsprechend den kapitalmarktbedingten Änderungen der Refinanzierungskosten unter Beibehaltung des anfänglichen Grundgefüges (Äquivalenzverhältnis) zulässig und die Klausel verpflichtete zu einer Herabsetzung zu Gunsten des Kunden innerhalb angemessener Frist (BGH, Urteil vom 04.12.1990 - XI ZR 340/89 - Tz. 33). Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet die Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklauseln mit der zu unbestimmten Verpflichtung der Bank, die Zinshöhe zu Gunsten des Kunden unter Beibehaltung des Äquivalenzverhältnisses zu senken und auch bei Erhöhungen dieses zu wahren. Dabei betonte der Bundesgerichtshof das Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit der Zinsanpassungen (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2010 - XI ZR 52/08 - Tz. 17; Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09 - Tz. 19; Urteil vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08 - 35).
62 
Die Vorhersehbarkeit ist die spiegelbildliche Voraussetzung für die Kontrollierbarkeit. Während der Kunde bei der Vorhersehbarkeit auf Grund der Klausel abschätzen können muss, unter welchen Voraussetzungen die Bank die Zinskonditionen in Zukunft ändern kann, muss ihm nach Bekanntgabe der Änderung eine Kontrolle der Vertragskonformität möglich sein. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs legt dar, anhand welcher Kriterien wie Anpassungsparameter, Anpassungsschwelle und -häufigkeit ein Vertrag bei einer unwirksamen, weil zu unbestimmten Anpassungsklausel auszulegen ist. Diese Prüfkriterien und somit die Möglichkeit der Kontrolle und Beanstandung standen dem Kunden schon seit jeher zur Verfügung. Er hätte sich einerseits, beispielsweise anlässlich der ersten Zinsanpassungen oder Veränderungen der Kapitalmarktbedingungen, nach den Anpassungskriterien erkundigen und sie auf eine Einhaltung des Äquivalenzverhältnisses überprüfen können. Ihm war es auf Grund der unstreitig bekannt gegebenen und erkennbaren Zinsanpassungen schon immer möglich, auf eine fehlerhafte Anpassung des Vertragszinssatzes an die aus einem geeigneten Referenzzinssatz ableitbaren Bedingungen des Kapitalmarkts hinzuweisen und die konkreten Zinsanpassungen zu beanstanden. Daten über die durchschnittlichen Sätze in dem Aktiv- und Passivgeschäft der Banken, sowie über die Zinssätze im Interbankenverkehr wie FIBOR oder EURIBOR waren öffentlich verfügbar.
63 
Darauf, ob der Kunde verpflichtet ist, sich nach den Zinsanpassungsparametern zu erkundigen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05. April 2012 - 6 U 7/11, Tz. 81) kommt es nicht an. Hier geht es darum, dass der Kunde mit einer Zinsanpassung oder - trotz sinkender Kapitalmarktkonditionen - mit einem Unterlassen von Zinsanpassungen konfrontiert wird. Auch wenn es keine rechtliche Verpflichtung gab, so bestand dennoch die Notwendigkeit, die eigenen Interessen, die ersichtlich nicht von der Bank wahrgenommen werden, zu schützen und die Handlungen des Vertragspartners auf Vertragskonformität zu überprüfen. Denn es war bereits vor der Rechtsprechungsänderung zu den Zinsanpassungsklauseln erkennbar, dass die tatsächlich durchgeführten Zinsanpassungen nicht überprüfbar waren. Dies hätte eine Nachfrage bei der Bank jedenfalls nahelegt. Lässt der Kunde hingegen die Zinsanpassungen und Rechnungsabschlüsse jahrelang unbeanstandet, dann signalisiert er, das Ergebnis der Zinsanpassung nicht beanstanden zu wollen, so dass sich die Bank darauf einstellen kann.
64 
Die Rechtsprechung zum - ausnahmsweisen - Hinausschieben des Verjährungsbeginns bei unklarer Rechtslage und unzumutbarer Klageerhebung ist nicht auf die Verwirkung übertragbar. Auch wenn unter verjährungsrechtlichen Gesichtspunkten eine unterlassene Klageerhebung trotz ausreichender Tatsachenkenntnis aber wegen fehlender Rechtskenntnis nicht schädlich sein muss (st. Rspr. BGH, Urteil vom 23. Januar 2013 - VIII ZR 80/12; Urteil vom 07.12.2010 - XI ZR 348/09), kann von einem Gläubiger nach Treu und Glauben erwartet werden, dass er seine Unzufriedenheit mit einem Handeln des Schuldners und seine Auffassung, unberechtigt Zahlungen zu leisten, zum Ausdruck bringt. Zum Beispiel könnte er zunächst - auch ohne Klage - gegenüber der Bank seine Auffassung zum Ausdruck bringen, dass die Anpassungsklausel unwirksam sei. Auch hätte er um eine Klärung der von der Bank im Rahmen der AGB-Zinsanpassungsklausel verwendeten Anpassungsparameter oder um eine nachvollziehbare und prüfbare Begründung der Zinsanpassung oder deren Unterlassung bitten können.
65 
Die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betrifft lediglich die Wirksamkeit der AGB-Zinsanpassungsklauseln. Hinsichtlich der eingeschränkten Zulässigkeit von Zinsanpassungen auf Grund der früher für wirksam gehaltenen Klauseln, die eine Wahrung des Äquivalenzverhältnisses voraussetzten und dessen Verletzung im Wege der nachträglichen Kontrolle hätte gerügt werden können, ist keine Rechtsprechungsänderung eingetreten. Bereits durch eine entsprechende Aufforderung, mit den Zinsanpassungen den sich beispielsweise im Dreimonats-EURIBOR widerspiegelnden Bedingungen am Kapitalmarkt Rechnung zu tragen bzw. das vertragliche Äquivalenzverhältnis zu konkretisieren und vor diesem Hintergrund die Anpassungen zu rechtfertigen, wäre die Darlehensgeberin gewarnt gewesen. Sie hätte ihr Verhalten überprüfen und ihre Anpassungen darauf ausrichten können.
66 
Zwar bestand für den Darlehensnehmer insoweit eine Unsicherheit, als er von einem billigen Ermessen der Bank bei der Zinsanpassung ausgehen konnte, so dass er in der irrigen Annahme der Wirksamkeit der AGB-Zinsanpassungsklausel in einem Toleranzbereich Abweichungen nicht anzweifeln konnte. Hier geht es hingegen um ein anhand der veröffentlichten Geld- und Kapitalmarktbedingungen erkennbares starkes Absinken des Zinsniveaus mit einem deutlichen Überschreiten eines Toleranzbereichs. Beispielsweise ist der Dreimonats-EURIBOR während der Laufzeit des Kontokorrentkreditvertrag vom 26.04.2001 (bis 09.01.2002) von anfänglich 4,779 % um über 1,5 Prozentpunkte auf einen Stand von 3,272 % (03.01.2002; Quelle: Zeitreihe ST0136 Deutsche Bundesbank) gefallen, ohne dass Anpassungen vorgenommen worden wären. Beanstandet der Darlehensnehmer hingegen überhaupt keine Anpassungen oder unterlassene Anpassungen und damit auch nicht solche, die außerhalb eines Toleranzbereichs liegen, darf die Bank sich auf den Bestand ihrer Abrechnungen - jedenfalls nach einer gewissen Zeit - verlassen. Wenn der Kunde bereits grobe Abweichungen hinnimmt, kann er sich nicht damit rechtfertigen, wegen einer Unsicherheit im kleinen Toleranzbereich bei der Wahrung des Äquivalenzverhältnisses von Beanstandungen abgesehen zu haben.
67 
Den Kreditinstituten kann dabei nicht eigenes widersprüchliches Verhalten vorgehalten werden. Die Rechtsprechung hat die Anpassungsklauseln der Bankwirtschaft jahrelang gebilligt. Offenbar bestand in der Kreditwirtschaft die Auffassung, die Zinssätze müssten sich zwar an den Refinanzierungsbedingungen orientieren, hierfür könnten als Maßstab jedoch die von den Kreditinstituten am Markt verlangten Zinssätze herangezogen werden. Auch wenn diese Zinssätze tatsächlich nicht geeignet sind, weil sie nicht zwangsläufig die Refinanzierungskonditionen abbilden, sondern das durchschnittliche Marktverhalten der Kreditinstitute unabhängig von variabel verzinslichen Darlehensverträgen, war diese Annahme nicht erkennbar treuwidrig und vorsätzlich falsch. Der Bundesgerichtshof selbst hat in seiner Entscheidung vom 04.12.1990 (XI ZR 340/89 - Tz. 46) auf einen derartigen Zinssatz (von der Bundesbank veröffentlichte Effektivzinssätze für Konsumentenkredite) abgestellt. Im Übrigen war die Klägerin wegen des vertraglichen Kündigungsrechts der Beklagten nicht in der Lage, die Zinskonditionen beliebig diktieren zu können. Die Beklagte war ihr nicht ausgeliefert.
68 
(b) Die Bank ist hinsichtlich ihres Vertrauens in den Bestand ihrer Zinsanpassungen und dem Behaltendürfen der Zinseinnahmen schutzwürdig, weil die Pflicht zur Herausgabe andernfalls mit einem für sie unzumutbaren Nachteil verbunden wäre.
69 
Die Kontokorrentkredite waren größtenteils mit einer kurzen Laufzeit oder unbefristet (bis auf weiteres) vereinbart. Dadurch bestanden für beide Seiten kurzfristige Beendigungsmöglichkeiten. Insbesondere konnte die Beklagte den Kontokorrentkredit jeweils ohne Vorfälligkeitsentschädigung ablösen. Demgegenüber hat sie wiederholt die Zinssätze der Klägerin durch mehrere Vereinbarungen bestätigt oder neu festgesetzt. Zu keinem Zeitpunkt hat die Beklagte fehlerhafte Zinsanpassungen beanstandet. Insofern bestand auch für die Klägerin kein Anlass, die Zinsanpassung zu überprüfen oder den Kontokorrentkredit zu kündigen und für die erneute Kreditgewährung einen Zinssatz zu verlangen, den sie für angemessen hielt.
70 
Der nachträgliche Verlust dieser vertraglichen Anpassungsmöglichkeit und der damit verbundenen Erwerbschancen stellt eine unzumutbare Härte dar.
71 
(c) Jedenfalls dann, wenn Zinsanpassungen in Rechnungsabschlüssen über 5 Jahre zurückliegen, ohne dass anlässlich der jeweils vierteljährlichen Aufforderungen zur Prüfung und Abgabe von Saldoanerkenntnissen Beanstandungen erhoben wurden, liegt auch das für das Rechtsinstitut der Verwirkung erforderliche Zeitmoment vor. Daher kann die Beklagte keine Zinskorrekturen bezüglich Zinsbelastungen verlangen, die vor mehr als 5 Jahren vor ihrer ersten Beanstandung im Rahmen der Widerklageschrift vom 20.02.2007 lagen. Die Klägerin hat sich insoweit ausdrücklich mit einer Neuberechnung ab dem 01.01.2002 einverstanden erklärt (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.04.2014, S. 4).
72 
(2) Vor dem Hintergrund, dass sich die Klägerin mit einer Neuberechnung ab dem 01.01.2002 ausdrücklich einverstanden erklärt hat, kann es dahingestellt bleiben, ob im Zeitpunkt der fehlerhaften Zinsbelastungsbuchungen spiegelbildlich Bereicherungsansprüche der Beklagten in Höhe der zu hohen Zinsen entstanden und diese ihrerseits der Verjährung gem. § 197 BGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 6 EGBGB unterlagen (so: OLG Düsseldorf, Urteil vom 5. April 2012 - 6 U 7/11; OLG München, Urteil vom 9. Mai 2011 - 19 U 3229/10; OLG Nürnberg, Urteil vom 30. März 2009 - 14 U 297/07).
73 
c. Die Beklagte kann die Saldoanerkenntnisse auch im Hinblick auf fehlerhaft berechnete Überziehungszinsen für die Zeit ab dem 01.01.2002 kondizieren. Die Parteien haben für geduldete Überziehungen keinen Zinssatz vereinbart, der den jeweiligen Anfangszinssatz für die vereinbarten Kontokorrentkredite überstieg. Auch wurde keine Zinsanpassungsabrede getroffen.
74 
aa. Die Beklagte hat in den jeweiligen Kontokorrentkreditverträgen lediglich einen Zinssatz für den vereinbarten Kreditrahmen festgeschrieben. Hinsichtlich der geduldeten Überziehungen ergab sich lediglich aus den allgemeinen Kreditbedingungen, dass für diese „ein höherer Überziehungszins“ anfalle, ohne dass dessen Höhe konkretisiert worden wäre.
75 
Der Überziehungszinssatz ergibt sich nicht aus den Preisaushängen der Klägerin. Dieser gilt nur für Privatkunden.
76 
Die Klägerin hat auch nicht darlegt, wie sie der Beklagten vor der jeweiligen Inanspruchnahme die gültigen Zinssätze für Überziehungen anderweitig mitgeteilt haben will. Die Klägerin beruft sich auf ihre Kontoauszüge. Diese stellen keine ordnungsgemäße Mitteilung der Zinssätze dar, zumal sie dem Bankkunden nicht vor oder bei Inanspruchnahme mitgeteilt wurden. Die Mitteilung der Zinssätze für eine abgelaufene Zinsperiode im Zusammenhang mit der quartalsweisen Zinsberechnung zum Schluss der Rechnungsperiode stellt keine rechtsgeschäftliche Vereinbarung oder Bestimmung von Zinssätzen für die Zukunft dar. Dieser Erklärungsinhalt lässt sich einem lediglich der Abrechnung dienenden Dokument nicht beilegen.
77 
bb. Die Parteien haben hinsichtlich des Überziehungszinssatzes keine Zinsanpassung vereinbart. In den Kontokorrentkreditverträgen wurde das Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin nur im Zusammenhang mit dem Zinssatz für den vereinbarten Kredit geregelt. Die Berechtigung, einen höheren Zinssatz für geduldete Überziehungen zu verlangen, ist hingegen an anderer Stelle in den allgemeinen Kreditbedingungen festgelegt. Diese sehen kein Zinsanpassungsrecht während der Inanspruchnahme der geduldeten Überziehung vor. Der Kreditvertrag ist daher dahingehend auszulegen, dass die Klägerin ohne das Recht und die Pflicht zur Zinsanpassung nur denjenigen Zinssatz für geduldete Überziehungen verlangen kann, der anfänglich für den vertraglichen Kontokorrentkredit vereinbart wurde.
78 
cc. Die Kondiktionsansprüche sind jedoch verwirkt, soweit sie sich auf unberechtigt gebuchte Überziehungszinsen für die Zeit vor dem 01.01.2002 beziehen. Hier sind Zeit- und Umstandsmoment wie bei den fehlerhaften Zinsanpassungen erfüllt. Die Beklagte konnte bei jedem Rechnungsabschluss, der jeweils vierteljährlich erfolgte, die Berechnung der Überziehungszinsen zu dem erhöhten Zinssatz erkennen und deren Berechtigung überprüfen. Hierauf wurde sie unter Hinweis auf die Genehmigungswirkung hingewiesen. Wenn ein gewerblicher Kunde über eine Dauer von mindestens 5 Kalenderjahren derartige Abrechnungen unbeanstandet hinnimmt, schafft er bei seiner Bank ein schutzwürdiges Vertrauen darin, dass sie die belasteten Beträge behalten darf und - zur Klarstellung - keine anderweitige ausdrückliche Regelung mit dem Kunden treffen muss. Zudem verhindert er damit, dass die Bank, die einen höheren Überziehungszinssatz für nur geduldete Überziehungen verlangen möchte, bei Beanstandungen durch den Kunden auf der sofortigen Rückführung der Überziehung besteht und individualvertraglich alternativ einen höheren Überziehungszinssatz in rechtlich einwandfreier Form anbietet.
79 
Die Beklagte hat die fehlende Berechtigung der Überziehungszinsen erstmalig mit der Widerklage vom 20.02.2007 geltend gemacht. Die Klägerin ist mit einer Neuberechnung ab 01.01.2002 ausdrücklich einverstanden.
80 
d. Die Beklagte kann die Saldoanerkenntnisse auch im Hinblick auf zu Unrecht berechnete Entgelte kondizieren.
81 
aa. Die Saldoanerkenntnisse können allerdings nicht mit dem pauschalen Verweis auf das Privatgutachten ... kondiziert werden, die Klägerin habe fehlerhaft Entgelte berechnet. Der allgemeine Verweis auf das Gutachten kann einen konkreten, für das Gericht nachprüfbaren Vortrag nicht ersetzen. Auf die Unzulänglichkeit des Vortrages wurde die Beklagte hingewiesen. In der Widerklageschrift hat die Beklagte pauschal auf einen Leitzordner mit zahlreichen Berichten des Privatgutachters ... Bezug genommen und vorgetragen, dass in dem Zeitraum vom 29.12.1988 bis 31.12.2001 369 Entgelten mit einem Gesamtwert von 2.727,23 DM gebucht worden seien, wovon „möglicherweise“ DM 563,73 berechtigt seien. Ein solcher Vortrag lässt eine rechtliche Prüfung nicht zu.
82 
bb. Die Beklagte beanstandet allerdings zu Recht die Abrechnung von Arbeitsposten. Diese Buchungen sind unberechtigt und haben zu einem fehlerhaften Saldoanerkenntnis geführt. Es fehlt an einer wirksamen Entgeltvereinbarung.
83 
Auf den gerichtlichen Hinweis zur nicht dargelegten Vereinbarung eines Entgelts für Arbeitsposten hat die Klägerin vorgetragen, diese seien auf der Grundlage von Nr. 12 Abs. 2 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart worden. Auf dieser Grundlage lässt sich jedoch eine vertragliche Vereinbarung nicht feststellen (1), so dass die Klägerin ohne eine solche nur einen Anspruch auf die ortsübliche Vergütung hat, den sie allerdings nicht ausreichend dargelegt hat (2). Jedoch sind Berichtigungsansprüche größtenteils verwirkt (3).
84 
(1) Die Klausel Nr. 12 Abs. 2 AGB berechtigt die Klägerin nicht, für ihre Hauptleistungen das Entgelt nach billigem Ermessen festzusetzen.
85 
(a) Die Klausel kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Klägerin sie zur Grundlage einer Entgeltforderung für ihre Hauptleistung machen kann.
86 
Die Vorschrift hatte nach dem Vortrag der Klägerin seit Beginn der Geschäftsbeziehung denselben Wortlaut wie in den als Anlage K33 vorgelegten AGB aus dem Jahr 2003:
87 
12 Zinsen, Entgelte und Auslagen
88 
(1) Zinsen und Entgelte im Privatkundengeschäft
89 
Die Höhe der Zinsen und Entgelte für die im Privatkundengeschäft üblichen Kredite und Leistungen ergibt sich aus dem "Preisaushang - Regelsätze im standardisierten Privatkundengeschäft" und ergänzend aus dem "Preis- und Leistungsverzeichnis". Wenn ein Kunde einen dort aufgeführten Kredit oder eine dort aufgeführte Leistung in Anspruch nimmt und dabei keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde, gelten die zu diesem Zeitpunkt im Preisaushang oder Preis- und Leistungsverzeichnis angegebenen Zinsen und Entgelte. Für die darin nicht aufgeführten Leistungen, die im Auftrag des Kunden oder in dessen mutmaßlichen Interesse erbracht werden und die, nach den Umständen zu urteilen, nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind, kann die Bank die Höhe der Entgelte nach billigem Ermessen (§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuches) bestimmen.
90 
(2) Zinsen und Entgelte außerhalb des Privatkundengeschäfts
91 
Außerhalb des Privatkundengeschäfts bestimmt die Bank, wenn keine andere Vereinbarung getroffen ist, die Höhe von Zinsen und Entgelten nach billigem Ermessen (§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuches).
92 
Die Klausel ist als Allgemeine Geschäftsbedingung einheitlich so auszulegen, wie ihr objektiver Inhalt und typischer Sinn, ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden, nach ihrem Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden wird (BGH, Urteil vom 07. Juni 2011 - XI ZR 388/10; Urteil vom 11. Juli 2012 - IV ZR 122/11). Danach kann die Klausel nicht dahingehend verstanden werden, dass die Bank auf ihrer Grundlage das Entgelt für die wesentlichen und dauerhaft zu erbringenden „üblichen“ Leistungen einseitig bestimmen kann. Redlicherweise darf ein Kunde erwarten, dass ihm vor Vertragsschluss von seinem Vertragspartner das Entgelt für die wesentlichen Leistungen genannt wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn es um standardisierte Leistungen geht, die der Vertragspartner dauerhaft und wiederholt gegenüber einer Vielzahl von Kunden erbringt. In diesen Fällen wird eine Bank den Aufwand und die Gewinnmarge für ihre Leistungen kalkuliert haben und in der Lage sein, ihre daraus resultierende Entgeltforderung eindeutig zu beziffern. Auch darf ein Kunde erwarten, dass er vor Vertragsschluss darüber informiert wird, wenn die Leistungen zu dem Entstehen eines erheblichen Entgelts führen können. Bei Standardleistungen besteht keine Notwendigkeit, einem Partner die einseitige Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu überlassen. Ein redlicher Vertragspartner wird das Hauptentgelt, das er für seine Leistungen erwartet, dem Kunden vorher deutlich mitteilen und es nicht über eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer späteren einseitigen Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen vorbehalten.
93 
Die Bedeutung der Entgeltvereinbarung wird anhand der tatsächlich abgerechneten Kosten deutlich. Die Klägerin erhebt sowohl eine Kontoführungsgebühr, ohne dass der Umfang der damit abgegoltenen Leistungen erkennbar wird, als auch ein Entgelt je Arbeitsposten. Dabei sind bei der gewerblich tätigen Beklagten im Quartal Kosten in Höhe von über 150 DM (vergleiche z.B. Kontoauszug vom 02.07.1993) für über 300 Arbeitsposten angefallen.
94 
Die Auslegung, wonach die Klägerin keine Entgelte für ihre Hauptleistung im Wege der einseitigen Leistungsbestimmung festlegen kann, wird durch Nr. 12 Abs. 1 AGB gestützt, die allerdings nur für das Privatkundengeschäft gilt. Bei diesem legt die Klägerin ihre Entgeltforderung für „übliche Kredite und Leistungen“ klar und primär durch den "Preisaushang - Regelsätze im standardisierten Privatkundengeschäft" und ergänzend durch das "Preis- und Leistungsverzeichnis" fest. Ein Leistungsbestimmungsrecht der Bank sieht Nr. 12 Abs. 1 S. 3 AGB nur für den Fall vor, dass der Kunde andere Leistungen in Anspruch nimmt, die in den Preisverzeichnissen nicht aufgeführt sind. In diesem Zusammenhang kann eine Vereinbarung eines Leistungsbestimmungsrechts sinnvoll sein, weil angesichts der Vielfalt der möglichen Dienstleistungen und Sachverhaltsgestaltungen es nur schwer möglich ist, bereits bei Vertragsschluss für sämtliche Leistungen ein Entgelt festzusetzen.
95 
Daraus folgt, dass die Klägerin aufgrund von Nr. 12 Abs. 2 AGB nicht berechtigt ist, einseitig ein Entgelt für die typischen Hauptleistungen im Zusammenhang mit dem Girokonto nach billigem Ermessen festzusetzen. Als typische Leistungen sind insbesondere die Kontoführung und der Zahlungsverkehr anzusehen. Diese Leistungen erbringt die Klägerin in standardisierter und automatisierter Form massenhaft gegenüber allen ihren Kunden, so dass für diese Leistungen ausdrücklich ein Entgelt hätte vereinbart werden müssen.
96 
(b) Selbst wenn - wie nicht - die Klausel die Bank berechtigen würde, auch für ihre Hauptleistungen das Entgelt nach billigem Ermessen festzusetzen, dann wäre diese Klausel gemäß § 3 AGBG bzw. § 305c BGB unwirksam, weil sie überraschend wäre. Eine Klausel ist überraschend, wenn sie nach den Umständen, insbesondere dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages, so ungewöhnlich ist, dass der Vertragspartner mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Ob eine Klausel ungewöhnlich ist, ist anhand der Gesamtumstände zu beurteilen. Die Ungewöhnlichkeit kann sich auch aus der Höhe des Entgelts ergeben (Grüneberg in: Palandt, a.a.O., § 305c Rn. 3).
97 
Wie oben bereits dargelegt, erwartet ein Kunde von seinem Vertragspartner, dass dieser ihm redlicherweise das Entgelt für die üblichen und wesentlichen Leistungen klar offenlegt und sich hierfür nicht, ohne dass hierfür eine sachliche Rechtfertigung bestünde, ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht einräumen lässt. Dies gilt insbesondere für den Postenpreis, der bei Geschäftskunden je nach Umfang des Geschäftsbetriebs einen erheblichen Teil ausmachen kann.
98 
Eine Klausel ist dann überraschend, wenn ihr ein Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt innewohnt (Basedow in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 305c Rn. 10). Es muss eine deutliche Diskrepanz zwischen der Erwartung des Kunden und der Regelung vorliegen und der Kunde muss nach den Umständen auf eine solche Klausel vernünftigerweise nicht gefasst sein. Hierbei ist die für den Geschäftskreis übliche Gestaltung der Vereinbarung sowie der äußere Zuschnitt des Vertrages zu beachten (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003 - III ZR 118/03). Unter diesen Umständen ist die Klausel überraschend. Der Vergleich zum Privatkundengeschäft verdeutlicht, dass die üblichen Leistungen in einem Preis- und Leistungsverzeichnis oder einem Preisaushang ausgewiesen werden. Hier besteht zwischen den Erwartungen der Verbraucher und der Unternehmer als Bankkunden kein Unterschied. Es handelt sich um eine massenhaft zu erbringende Standardleistung, bei der selbst kleine Preisveränderungen durch die Anzahl der Leistungen erhebliche finanzielle Auswirkungen haben können. Dabei ist die hohe Abhängigkeit des gewerblichen Bankkunden von seinem Kreditinstitut zu berücksichtigen. In einer solchen Geschäftsbeziehung werden klare Vereinbarungen erwartet, damit auch der Bankkunde seine aus der Bankverbindung resultierenden Belastungen abschätzen kann. Ein Wechsel der Bankverbindung ist regelmäßig mit einem hohen Aufwand für den Bankkunden verbunden, der seinen Vertragspartnern die neue Bankverbindung mitteilen muss. Bei einem solchen Massengeschäft ist ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach billigem Ermessen nicht zu erwarten. Die Klausel ist auch von der äußerlichen Gestaltung her überrumpelnd. Als Regelung zur Hauptleistung erwartet ein Kunde sie redlicherweise in dem Hauptvertrag (Kontoeröffnungsvertrag oder Kreditvertrag), nicht jedoch ausgelagert in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Sie findet sich zudem erst in der Nr. 12 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und als Abs. 2 hinter der Regelung für das Privatkundengeschäft, die auf ein Preis- und Leistungsverzeichnis verweist.
99 
(2) Die Klägerin hat ihren Anspruch auf die abgerechneten Postenpreise auch nicht anderweitig dargelegt. Zwar hat die Klägerin in Ermangelung einer vertraglichen Vereinbarung eines Postenpreises einen Anspruch auf die ortsübliche Vergütung gemäß §§ 675, 612 BGB, 354 HGB. Hierzu hat sie jedoch keinen ausreichenden Vortrag gehalten, obwohl sie mit Hinweisbeschluss des Senats vom 26.03.2013 (GA 1301) dazu aufgefordert wurde. Sie hat lediglich, ohne Anknüpfungstatsachen zu nennen, behauptet, die "damals" in Rechnung gestellten Zahlungsverkehrsgebühren hätten "zu jedem Zeitpunkt nach den Erfahrungen und Branchenkenntnissen der Klägerin dem branchenüblichen Kostenniveau entsprochen“ und seien damit ortsüblich und angemessen gewesen.
100 
Dieser Vortrag genügt nicht zur Überprüfung der Ortsüblichkeit und Angemessenheit des Entgelts. Die Klägerin legt nicht dar, aus welchen Erkenntnisquellen sie die Branchenüblichkeit der eigenen Postenpreise und Kostenstruktur erschließt oder der Senat sie mit Hilfe eines Sachverständigen erschließen könnte. Sie legt bereits nicht den Regelungsgehalt ihrer Postenpreisberechnung zu Grunde. So bleibt offen, ob die Postenpreise auch für gesetzlich geschuldete Leistungen erhoben werden (wie dies dem Wortlaut nach im Privatkundengeschäft erfolgt ist). Sie grenzt auch nicht die Postenpreise, die für jede Buchung erhoben werden, von dem monatlichen Kontoführungsentgelt ab. Weder trägt sie vor, wie die Kostenstruktur bei anderen Kreditinstituten ist, noch legt sie den erforderlichen Aufwand für die Leistungen dar. Bei dem Beweisangebot handelt es sich letztendlich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis, der erst der Beschaffung der erforderlichen Informationen dient (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1984 - VII ZR 123/83).
101 
(3) Die Kondiktionsansprüche, die mit zu Unrecht abgerechneten Arbeitsposten begründet werden, sind jedoch ebenfalls für den Zeitraum vor dem 01.01.2001 verwirkt. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen zur Verwirkung hinsichtlich der Überziehungszinsen verwiesen.
102 
cc. Die Beklagten kann die Kondiktion der Saldoanerkenntnisse nicht auf die unberechtigte Abrechnung von Gebühren für Rücklastschriften stützen. Die Beklagte hat lediglich pauschal die Berechtigung zur Erhebung von Rücklastschriftgebühren bestritten. Die Klägerin hat daraufhin die Vereinbarung mit der Beklagten über den Einzug von Forderungen durch Lastschrift vom 21.09.1995 vorgelegt. Danach durfte sie zwar keine eigenen Rücklastschriftgebühren erheben, wohl aber fremde Rücklastschriftgebühren der Beklagten in Rechnung stellen. Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie vertragsgemäß nicht eigene Rücklastschriftgebühren berechnet habe, sondern fremde Aufwendungen, die sie dem Kunden als Aufwendungsersatz in Rechnung stellen kann (vgl. Bunte in: S/B/L, a.a.O., § 17 Rn. 32). Diese Behauptung hat die Beklagte nicht bestritten.
103 
e. Die Beklagte hat keinen Anspruch auf Kondiktion der Saldoanerkenntnisse, soweit sie sich auf Wertstellungsfehler vor dem 01.01.2002 beruft. Lediglich wegen zwei fehlerhafter Wertstellungen nach dem 01.01.2002 ist eine Kondiktion möglich.
104 
aa. Eine generell fehlerhafte Wertstellungspraxis der Klägerin, die zu einer fehlerhaften Zinsberechnung geführt haben könnte, hat die Beklagte in tatsächlicher Hinsicht nicht dargelegt, sondern ihren bereits vom Landgericht zu Recht abgelehnten Standpunkt aufrecht erhalten, es müsse in Abhängigkeit des Buchungstages wertgestellt werden.
105 
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine kontoführende Bank verpflichtet, die Wertstellung für eingehende Geldbeträge unabhängig vom Tag der Buchung für den Tag vorzunehmen, an dem ihr die entsprechende Deckung zugeflossen ist. Erfolgt der Geldeingang erst nach dem sog. Buchungsschnitt, ist gegebenenfalls die Gutschrift zurückzuvalutieren. Gleiches gilt für Belastungen, für deren Wertstellung es allein auf den Zeitpunkt des Abflusses der Deckung ankommt, da erst ab diesem Zeitpunkt ein Aufwendungsersatzanspruch entsteht. Den Parteien des Giroverhältnisses steht es jedoch unter Umständen frei, zur Verwaltungsvereinfachung bei Inkassovereinbarungen eine pauschale Wertstellungsregelung zu treffen, die der durchschnittlichen Dauer bis zum Zufluss der Deckung entspricht (BGH, Urteil vom 17. Juni 1997 - XI ZR 239/96; Urteil vom 06. Mai 1997 - XI ZR 208/96, BGHZ 135, 316-323).
106 
(2) Die Beklagte hat erstinstanzlich und in der Berufungsbegründung zusammenfassend unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 06. Mai 1997 - XI ZR 208/96) dezidiert die Rechtsauffassung vertreten, die Wertstellung habe am Buchungstag bzw. in Abhängigkeit zum Buchungstag zu erfolgen. Diese Rechtsauffassung trifft nicht zu. Entgegen ihrer Ansicht, lässt sich die Fehlerhaftigkeit der Wertstellungen nicht allein anhand der Kontoauszüge sowie der Belege der Beklagten feststellen. Die Wertstellung hat nicht den von ihr geltend gemachten Regeln in Abhängigkeit vom Buchungstag (BT) zu erfolgen, die sie wie folgt behauptet hat:
107 
- eingereichte Schecks (Gutschriften) BT+3AT
- eingehende Überweisungen am BT (weil die Bank vor Vorliegen der Gutschrift nicht buchen könne), der Wertstellungstag (WT) dürfe also nicht später liegen
- Bareinzahlung am Einzahlungstag (also spätestens am BT)
- belastende Überweisungen, Lastschriften, Daueraufträge frühestens am BT
108 
Die Beklagte wurde mehrfach von der Klägerin, dem Landgericht und dem Senat darauf hingewiesen, dass es für die Wertstellung auf den Zu- und Abfluss der buchmäßigen Deckung ankommt und daher kein zwingender Zusammenhang mit dem Buchungstag bestehen muss (BGH, Urteil vom 06. Mai 1997 - XI ZR 208/96 - Rn. 12).
109 
(3) Die Klägerin hat demgegenüber behauptet, dass sie wertneutral in Abhängigkeit vom tatsächlichen Zu- und Abfluss auf ihrem eigenen Konto die Buchungen auf dem Konto der Beklagten wertgestellt hat (Bl. 61 d.A.). Für den Zeitraum ab 1996 behauptet sie dies sicher, während sie wegen der Vernichtung älterer Unterlagen sie dies für den Zeitraum davor nur unterstellt (Bl. 73 d.A.). Hierzu hat sie für sämtliche von der Beklagten beanstandeten Buchungen mit Abweichungen zwischen Buchungs- und Wertstellungstag ab 1996 ihre Gegenbuchungen dargelegt (Anlage K24). Weiter hat sie detailliert die Buchungsvorgänge erläutert (Bl. 143ff. d.A., Anlage K49/1-10):
110 
- belastende Schecks können entgegen der Auffassung der Beklagten bereits mit einem Wertstellungstag zeitlich vor dem Buchungstag in das Konto eingestellt werden. Das hat entgegen der Auffassung der Beklagten nichts mit „hellseherischen Fähigkeiten“ der Klägerin zu tun. Die Annahme der Beklagten, die Klägerin könne nur buchen, wenn sie den Scheck physisch in den Händen halte, trifft nicht zu. Wie die Klägerin - erstinstanzlich unstreitig - dargelegt hat, wird der Scheck einer Schecklagerstelle vorgelegt, die ihn anschließend lediglich in einen Datensatz umwandelt (vgl. zum beleglosen Scheckeinzug: Nobbe in: S/B/L, § 61 Rn. 119). Dabei hat die Schecklagerstelle nach dem Vortrag der Klägerin die Möglichkeit, sofort zu buchen, also das Konto der Klägerin zu belasten und den Datensatz an die Bank weiterzusenden. Das ist zum Beispiel möglich, wenn die bezogene Bank (Klägerin) bei der Schecklagerstelle oder bei der Inkassobank ein eigenes Konto (Nostrokonto) hält, das sofort belastet werden kann (vgl. hierzu: Mayen in: S/B/L, § 46 Rn. 8). Die Bank erhält somit nicht einen Scheck, sondern einen Datensatz mit einem Wertstellungsdatum über die Belastungsbuchung auf diesem Konto. Wenn sie diesen Datensatz erst am Folgetag bucht, wie vorgetragen, liegt der Tag des Abflusses der buchmäßigen Deckung auf dem Nostrokonto bereits vor der Buchung. Dass die Klägerin die beleglose Scheckeinreichung (BSE) praktiziert, hat sie vorgetragen und durch die Vorlage ZV-Listen des Rechenzentrums ... belegt:
111 
Die Klägerin hat für die Buchung Nr. ... (Zeilennummer aus dem Privatgutachten ...) vom 08.11.1999 (Buchungstag) mit Wertstellung 05.11.1999 ausgeführt, dass sie ebenfalls das Wertstellungsdatum der Schecklagerstelle genommen habe. Wegen fehlerhafter Daten habe sie jedoch nicht am Folgetag buchen können, sondern erst am 08.11.1999 (Bl. 148 d.A.). Dem hat die Beklagte in tatsächlicher Hinsicht nicht widersprochen.
112 
- hinsichtlich der begünstigenden Überweisungen auf das Kundenkonto hat die Klägerin unter Bezugnahme auf die Anlage K49/3 ausgeführt, dass sie die Buchungsdaten von der überweisenden Bank über die Deutsche Zentral-Bank und schließlich ihr Rechenzentraum ... erhalte. Demnach werden im Interbankenverkehr Wertstellungsdaten, zu denen das Clearing zu erfolgen hat, übermittelt, so dass eine überweisende Bank an einem Tag eine beleglose Gutschrift mitteilen kann, die erst am Folgetag wertmäßig auf dem Nostrokonto gutzuschreiben ist. Dass im Rahmen des Zahlungsverkehrs Vereinbarungen über Wertstellungen getroffen werden können, die von der Buchung unabhängig sind, ist möglich. Ein typisches Beispiel hierfür sind Terminüberweisungen, bei dem der Überweisende eine spätere Ausführung als den Buchungstag und damit eine spätere Wertstellung sowohl bei sich als auch beim Empfänger vorgeben kann. Damit wird den Bedürfnissen des automatisch abgewickelten Massenzahlungsverkehrs Rechnung getragen. Die gebuchten Datensätze verselbständigen sich von dem Fluss der Valuta. Die Vorstellung, eine Bank buche (manuell) erst, wenn sie auf einem eigenen Kontoauszug eine Gutschrift feststellt, ist jedenfalls nicht zwingend. Die Klägerin hat überzeugend dargelegt, dass der Wertstellungstag nicht von ihr bestimmt wird, sondern sich aus einem von ihrem Rechenzentrum übernommenen Datensatz ergibt.
113 
- Die Klägerin hat bei dem begünstigenden Lastschrifteinzug dargelegt, dass sie am Tag der Einreichung durch den Kunden (Beklagte) bucht und automatisiert für den Folgetag gutschreibt (BT+1), es sei denn, die Buchung erfolge nach einer bestimmten Uhrzeit, dann könne erst für den darauf folgenden Tag gutgeschrieben werden (BT+2) (Anlage K49/4 + K49/6). Daraus wird deutlich, dass die Beklagte keinen Anspruch auf Gutschrift am Buchungstag hat, da an diesem Tag die Lastschriftanforderung bei der belasteten Bank noch nicht vorliegt, so dass buchmäßig Deckung zufließen kann. Die Beklagte geht ersichtlich davon aus, dass die Klägerin buche, wenn sie den Zahlungseingang auf ihrem Konto wahrnehme. Die Darstellung der Klägerin hinsichtlich der tatsächlichen Abläufe bei den Lastschrifteinziehungen hat die Beklagte nicht bestritten.
114 
- Hinsichtlich der Buchung von Kontobelastungen hat die Klägerin ebenfalls dargelegt, dass bei ihrem Konto bei der ...-Bank (oder einem Nostrokonto) eine Belastung wertgestellt werden kann, bevor sie selbst den entsprechenden, von dem Rechnungszentrum weitergeleiteten Datensatz buchen kann. Daher kann der Buchungstag eine zeitlich frühere Wertstellung einer Belastung buchen.
115 
(4) Die Buchungsabläufe bei der Klägerin sind unstreitig. Die Beklagte ist erstinstanzlich auf diesen Vortrag nicht eingegangen. Sie hat vielmehr an ihrem - von der Klägerin substantiiert widerlegten - Ausgangspunkt festgehalten, dass der Buchungstag einen zwingenden Hinweis auf den tatsächlichen Wertstellungstag geben müsste (s. insbes. zuletzt noch in der Berufungsinstanz, Bl. 954f, 1260 d.A.).
116 
Diese Rechtsauffassung wird insbesondere nicht durch die in Bezug genommene Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 27. Juni 2002 - I ZR 86/00, bestätigt durch BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 - I ZR 87/04) gestützt. Dem Fall lagen Überweisungen eines Rentenversicherungsträgers an Versorgungsempfänger zu Grunde. Der überweisende Rentenversicherungsträgers übermittelte der Bank schon vor dem Zeitpunkt der Ausführung der Rentenzahlungen die Datenbänder mit vorgegebenen Wertstellungsdaten. Die Bank spielte die Daten ein und wies auf den Kontoauszügen bzw. bei den Kontostandsabfragen der Empfänger wegen des früheren Buchungstages bereits Gutschriften aus, die wertstellungsmäßig noch nicht wirksam waren. Der - unter Wettbewerbsgesichtspunkten - mit der Sache befasste I. Zivilsenat hielt die Vorgehensweise für unlauter und vertrat den Standpunkt, dass die Bank in solchen Fällen einen Hinweis erteilen müsse, dass die Kontostandsabfrage nur den Buchungssaldo, nicht aber den für die Zinsberechnung maßgeblichen Wertstellungssaldo anzeige.
117 
Die Beklagte folgert zu Unrecht aus dieser Entscheidung, dass in Ermangelung anderer Vereinbarungen oder Fallkonstellationen der Buchungstag im System sofort umzusetzen sei (Bl. 956 d.A.). Ihre rechtliche Schlussfolgerung, die keine Tatsachenbehauptung enthält, verkennt die Bedeutung der BGH-Entscheidung für die Kontoführungen und Saldenanerkenntnisse. Auch der I. Zivilsenat geht davon aus, dass die Kontoauszüge inhaltlich richtig sind (BGH, Urteil vom 11. Januar 2007, I ZR 87/04, Tz. 18). Er beanstandet lediglich die Irreführung durch die auf den Kontoauszügen ausgewiesenen Buchungssalden, denen u.U. kein wertstellungsmäßig verfügbares Guthaben zu Grunde liege, so dass der Kunde ungewollt sein Konto überziehen könne. In solchen Fällen kann dem Kunden ein Schaden in Höhe einer ungewollten, aber vermeidbaren Inanspruchnahme von Kredit entstehen. Im vorliegenden Fall geht es hingegen nicht um irrtümliche (verfrühte) Kontoverfügungen auf Grund missverständlicher Kontoauszüge, sondern um die inhaltliche Richtigkeit der Wertstellungen. Diesbezüglich enthalten die Entscheidungen des I. Zivilsenats keine Aussagen oder Vorgaben zur Verwendung von Wertstellungsdaten abweichend vom tatsächlichen Zu- oder Abfluss der buchmäßigen Deckung bei der Bank.
118 
Aus den vorgenannten Gründen lässt sich der Rechtsprechung des I. Zivilsenats nicht entnehmen, die Saldoanerkenntnisse seien grob unrichtig und daher per se nicht genehmigungsfähig. Der Bundesgerichtshof geht vielmehr von der objektiven Richtigkeit der Kontoauszüge aus.
119 
Die Auffassung der Beklagten, nicht erkennbare Vorgänge, wie die von der Klägerin beschriebene Wertstellungspraxis, könnten nicht Gegenstand der Saldoanerkenntnisse sein, trifft nicht zu. Der Kunde hat die Möglichkeit, sich die Wertstellungstage vor einer Genehmigung bzw. während der sechswöchigen Prüfzeit erläutern zu lassen. Von besonders krassen Fehlern, die die Genehmigungsfiktion zerstören könnten (so die Beklagte, GA 211) kann keine Rede sein.
120 
bb. Soweit die Beklagte konkret einzelne Wertstellungsfehler dargelegt hat, lassen sich lediglich zwei fehlerhafte Buchungen feststellen, die insoweit ebenfalls die Kondiktion der jeweils nachfolgenden Saldoanerkenntnisse rechtfertigen. Bei den übrigen Wertstellungen (Zeilennummern entsprechend dem Privatgutachten ...) lassen sich hingegen Fehler nicht feststellen:
121 
Zeilen ..., ..., ...: Hier hat die Klägerin dargelegt, dass sie einen Scheck am 06.09.2000 mit Wertstellung am 06.09.2000 zunächst mit einem zu niedrigen Betrag dem Konto der Beklagten belastet habe, weil sie einen Euro-Betrag in DM gebucht hätte. Dies habe sie durch Buchungen am 07.09.2000 korrigiert, (Gutschrift des zu niedrigen Betrages und Belastung des richtigen DM-Betrages) wobei sie den ursprünglichen Wertstellungstag nicht geändert hat. Das ist nicht zu beanstanden.
122 
Zeile ... v. 29.07.2002: Bei der am 29.07.2002 gebuchten und wertgestellten Gutschrift über 1.558,96 EUR handelt es sich um die Retour einer am 24.07.2002 wertgestellten Lastschrift (Zeile 397). Diese Wertstellung war fehlerhaft. Der stornierte Betrag hätte am selben Tag wie der Abbuchungstag wieder gutgeschrieben werden müssen, weil bei der Klägerin zu keinem Zeitpunkt die Deckung abgeflossen ist. Hierdurch wurde die Beklagte 2 Tage zu Unrecht mit Überziehungszinsen aus dem Betrag belastet. Bei dem abgerechneten Überziehungszinssatz von 14,75% p.a. war dies ein Betrag von 1,28 EUR.
123 
Zeile ...: Hier beanstandet die Beklagte eine Hausüberweisung (Gutschrift), die am 10.05.2005 gebucht und am 11.05.2005 wertgestellt wurde. Die Klägerin hat unbestritten vorgetragen, dass die Buchung am 10.05.2005 um 19:01 Uhr erfolgt sei, weshalb die Wertstellung erst am nächsten Tag erfolgt sei (Bl. 159 d.A.). Dies ist nicht zu beanstanden, weil die Bank nach ihrem unbestrittenen Vortrag sowohl beim Überweisenden als auch bei der Beklagten die Wertstellung zum selben Tag vorgenommen hat.
124 
Zeile ...: Allein aus der Wertstellung der Belastung an einem Feiertag (01.11.2005) kann ein Wertstellungsfehler nicht abgeleitet werden. Sie kann durch eine entsprechende Wertstellungsvorgabe des Einziehenden (hier: Allianz) bedingt sein. Insbesondere bei Buchungen zum Monatsanfang, die häufig zu festen Terminen fällig werdende Beiträge oder Raten betreffen, liegt ein Interesse des Zahlungsempfängers an pünktlicher und zinswirksamer Gutschrift zu Grunde. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Bank die Wertstellungen auch zu Nicht-Bankarbeitstagen vornimmt, wenn dies mit der im Interbankenverkehr vorgenommenen Wertstellung übereinstimmt.
125 
Zeile ...: Die Klägerin hat am 01.03.2006 mit Wertstellung zum 02.03.2006 eine Gutschrift (LS-Einzug) über 8.296,97 EUR erteilt. Hierzu hat die Beklagte eine Kontoauszugskopie des Zahlers vorgelegt, dessen Konto bereits mit Wertstellung am 01.03.2006 über diesen Betrag belastet wurde (Bl. 185/186 d.A.). Hier hat die Klägerin die zutreffende Wertstellung im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast nicht dargelegt, so dass von einer fehlerhaften Wertstellung auszugehen ist. Die unberechtigte Zinsbelastung aus diesem Betrag für einen Tag beträgt bei dem von der Klägerin abgerechneten Überziehungszinssatz von 16,60 % 3,83 EUR.
126 
2. Kausaler Saldo zum 30.11.2006
127 
Die Klägerin hat ihren Rückzahlungsanspruch aus der Kontoverbindung in Höhe der Klageforderung 96.909,19 EUR nachgewiesen. Der Sollsaldo zum 30.11.2006 betrug 184.810,11 EUR zuzüglich nicht gebuchter Zinsansprüche.
128 
a. Für die Berechnung des kausalen Saldos zum 30.11.2006, der Gegenstand des Rückforderungsanspruchs der Klägerin ist, ist von dem letzten wirksamen Saldoanerkenntnis vom 28.12.2001 auszugehen, da der Beklagten die Kondiktion der Saldoanerkenntnisse vor dem 01.01.2002 wegen der eingetretenen Verwirkung nicht möglich ist (s.o.).
129 
b. Die auf dieses Saldoanerkenntnis folgenden Einzelbuchungen ab dem 01.01.2002 sind - mit Ausnahme der Zins- und Entgeltberechnungen - im Wesentlichen zwischen den Parteien unstreitig. Die Buchungen wurden zwischen den Parteien mit Hilfe von Excel-Dateien und Differenzlisten abgeglichen. Die betragsmäßigen Differenzen bei den Buchungen der Klägerin zu den Rechnungsabschlüssen waren unerheblich. Soweit die Klägerin bei der von ihr vorgelegten Buchungszusammenstellung Buchungen hinsichtlich der Zinsen und Entgelte bzw. des Hauptbetrages und zugehöriger Entgelte zusammengefasst hat, ergab sich in der Summe und bei der Wertstellung kein Unterschied. Ebenso war die vom Privatgutachter ... gebuchte Wertstellung der Zinsen und Entgelte auf den 31. eines Monats anstatt auf den 30. eines Monats, wie von der Klägerin in den Kontoauszügen ausgewiesen, unerheblich. Unstreitig hat die Klägerin die Zinsen nach der kaufmännischen 30/360-Zinsmethode berechnet, bei der die Wertstellung am 31. eines Monats wie diejenige am 30. zu behandeln ist.
130 
c. Die Neuberechnung des Kontos der Beklagten unter Berücksichtigung der fehlerhaften Zinsanpassungen, Berechnung von Überziehungszinsen und Berechnung von Arbeitsposten durch den Sachverständigen ergab zum 30.11.2006 einen Sollsaldo zu Lasten der Beklagten in Höhe von 184.816,25 EUR, der unter Berücksichtigung von zwei Wertstellungsfehlern nebst Zinseszinsen um 6,14 EUR auf 184.810,11 EUR zu korrigieren ist.
131 
aa. Der Sachverständige hat nachvollziehbar und fehlerfrei entsprechend der Vorgaben des Senats den Sollsaldo zum 30.11.2006 von 184.816,25 EUR berechnet.
132 
(1) Die von der Beklagten nicht geschuldeten Entgelte für Arbeitsposten hat der Sachverständige entsprechend den Vorgaben des Senats aus den Buchungen entfernt.
133 
(2) Hinsichtlich der Anpassungen der Zinsen für den vereinbarten Kontokorrentkredit war die Berechnung danach zu differenzieren, welche Anpassungsklausel die Klägerin gewählt hatte. Während der Laufzeit der Verträge vom 26.04.2001 (bis 09.01.2002) und vom 27.08.2003 (Laufzeit vom 28.08.2003 bis 19.04.2005) waren die Zinsen - ausgehend von dem zum 30.12.2001 festgestellten Saldo - täglich in Abhängigkeit des Dreimonats-EURIBOR (Zeitreihe ST0316 der Deutschen Bundesbank) anzupassen.
134 
Hinsichtlich der übrigen Kontokorrentkreditverträge hatte die Anpassung unter Berücksichtigung der in der Zinsanpassungsklausel bereits vereinbarten konkreten Anpassungsparameter (Monatsdurchschnitt des Dreimonats-EURIBOR = Zeitreihe SU0316 der Deutschen Bundesbank, monatliche Überprüfung und Anpassungsschwelle 0,25 Prozentpunkte) allerdings ohne Ermessen bei Anpassungszeitpunkt und Anpassungshöhe zu erfolgen. Soweit die Klägerin von ihrem Anpassungsrecht bei einem steigenden Referenzzinssatz keinen Gebrauch gemacht hat, war als Obergrenze des neu zu berechnenden Zinssatzes der von der Klägerin tatsächlich angesetzte und in den Kontoauszügen ausgewiesene Zinssatz anzusetzen.
135 
Das bei der Zinsanpassung zu wahrende Äquivalenzverhältnis war dabei für jeden Kontokorrentkreditvertrag neu zu bestimmen, auch wenn mit diesen hinsichtlich des Kreditrahmens lediglich eine Verlängerung vereinbart wurde. Entscheidend ist, dass die Parteien in den jeweils neuen Kreditvereinbarungen die Leistungspflichten frei neu vereinbart haben. Der jeweils befristete Kontokorrentkredit lief aus und hätte von der Beklagten abgelöst werden können. Die Vereinbarungen zu Zinssatzhöhe, Kreditrahmen und Laufzeit wurden zweiseitig getroffen und waren somit nicht Ausfluss einer einseitigen Leistungsbestimmung der Klägerin. Bei dieser Gelegenheit war es der Beklagten insbesondere möglich, die Angemessenheit und Marktüblichkeit der angebotenen Zinssätze zu überprüfen. Dass die Beklagte möglicherweise wirtschaftlich von der Klägerin abhängig war, ändert nichts an dem Umstand, dass die Vereinbarung der Vertragsfreiheit unterfällt. Ohne gesetzliche Bindung war die Klägerin daher nicht verpflichtet, nur Konditionen anzubieten, die das Äquivalenzverhältnis aus einem früheren Kreditvertrag wahrten. Insbesondere kann ein Kreditinstitut bei der Entscheidung über die Fortführung eines befristeten Kontokorrentkredits der Verschlechterung der Bonität des Kunden durch einen höheren Risikozuschlag beim Zinssatz Rechnung tragen. Zudem wurden im vorliegenden Fall die Kontokorrentkredite nicht nur verlängert, sondern es wurden, mit Ausnahme des Vertrages vom 19.04.2005, die Kreditrahmen verändert.
136 
Zu Unrecht beanstandet die Beklagte, der Sachverständige habe von der Klägerin berechnete niedrigere Zinssätze nicht berücksichtigt. Die Behauptung der Beklagten im Schriftsatz vom 25.10.2012, die Klägerin habe z.B. im dritten Quartal 2009 niedrigere Zinssätze von 7,925% bzw. 7,927% angesetzt, verweist lediglich auf eigene - nicht nachvollziehbare - Berechnungen. Die Klägerin hat hingegen im Rechnungsabschluss zum 30.09.2002 unstreitig den vertraglich vereinbarten Zinssatz von 10,75% angesetzt. Dies geht auch aus dem Kontoauszug vom 01.10.2002 (KA Nr. 159) hervor. Eine förmliche Zinssatzänderung hat die Beklagte nicht behauptet.
137 
(3) Der Sachverständige hat entsprechend der Vorgabe des Senats für die geduldeten Überziehungen den Zinssatz für den vereinbarten Kontokorrentkredit angesetzt ohne Anpassung an einen Referenzzinssatz, da weder ein konkreter höherer Zinssatz noch ein Zinsanpassungsrecht vereinbart worden war.
138 
(4) Der Sachverständige hat die ihm auch in elektronischer Form zur Verfügung gestellten Buchungsdatensätze, die zwischen den Parteien bis zum Datum vom 25.07.2006 abgeglichen waren, um die ebenfalls in elektronischer Form gelieferten restlichen Buchungen der Klägerin bis zum 30.11.2006 ergänzt. Dabei hat er - von den beiden Parteien hingenommen - eine unzulässige Gebühr für eine Sperrmeldung nicht berücksichtigt, sowie fehlerhafte Wertstellungen bei der nicht wertstellungsneutralen Buchung von Rücklastschriften korrigiert (vgl. Gutachten S. 14, Anlage S1, GA 1431ff.).
139 
Zwar war es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht Aufgabe des Sachverständigen, die Buchungen einer rechtlichen oder tatsächlichen Würdigung zu unterziehen. Im Rahmen des Zivilprozesses obliegt die Beibringung des Sachverhalts den Parteien. Die Beanstandung von fehlerhaften Buchungen bedarf, wenn nicht systematische Fehler wie bei der Zinsberechnung vorliegen, der Darstellung der tatsächlichen Grundlagen jeder einzelnen Buchung. Hierfür genügt nicht der pauschale Verweis auf ein Privatgutachten, das in ebenso pauschaler Weise die Buchungen allein anhand einer Abweichung von Buchungs- und Wertstellungstag beurteilt oder schematisch Entgelte auflistet und diese für „möglicherweise“ unberechtigt hält. Die Parteien haben sich jedoch die vom Sachverständigen im Zuge der Nacherfassung aufgedeckten tatsächlichen Umstände übereinstimmend zu Eigen gemacht, so dass sie zur Entscheidungsgrundlage gemacht werden konnten. Die vom Sachverständigen vorgenommenen Korrekturen waren für die Beklagte günstig.
140 
bb. Zwar hat der Sachverständige mangels Vorgabe durch den Senat nicht die beiden Wertstellungsfehler (Zeile 404 und Zeile 2290) mit einer dadurch verursachten zu hohen Zinsbelastung beim jeweils folgenden Rechnungsabschluss von 1,28 EUR und 3,83 EUR (=5,11 EUR) berücksichtigt. Dies ist jedoch unerheblich. Unter Berücksichtigung der wechselnden von der Klägerin berechneten Zinssätze sowie der nicht durchgehenden Inanspruchnahme von geduldeten Überziehungen oder des Kontokorrentkredits erhöht sich der Zinsvorteil der Klägerin von 5,11 EUR (s.o.) nach der eigenen Berechnung des Senats durch die quartalsweise gebuchten Zinseszinsen auf 6,14 EUR. Daraus ergibt sich zum 30.11.2006 ein Sollsaldo von 184.810,11 EUR.
141 
3. Fälligkeit des Anspruchs
142 
Der eingeklagte Rückzahlungsanspruch war hinsichtlich der geduldeten Überziehung (a.) bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung fällig und ist es hinsichtlich des Anspruchs aus dem Kontokorrentkredit (b.) während des Laufs des Rechtsstreits geworden.
143 
a. Der Anspruch auf Rückzahlung der geduldeten Überziehung war bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung fällig. Gem. § 488 Abs. 3 BGB hängt die Fälligkeit des unbefristeten Darlehens von der Kündigung ab. Die dreimonatige Kündigungsfrist kann durch Vertrag abbedungen werden (Weidenkaff in: Palandt, a.a.O., § 488 Rn. 24).
144 
Nach den Allgemeinen Kreditbedingungen waren Überziehungen der vereinbarten Kontokorrentkreditlinie sofort zurückzuführen. Danach konnte die Rückzahlung ohne Kündigungsfrist, also jederzeit, verlangt werden. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 03.07.2006 unter Fristsetzung zum 15.07.2006 die Rückführung der Überziehung von 51.522,99 EUR verlangt. Dieses Schreiben ist als fristlose Kündigung auszulegen. Hinsichtlich der weiteren Überziehungen nach dem 03.07.2006 kann offen bleiben, ob sie als geduldete Überziehungen einen Darlehens-Charakter haben oder als pflichtwidrige Kontoüberziehungen auch ohne Kündigung zurückzuführen waren. In jedem Fall ist spätestens in der Klageerhebung eine berechtigte fristlose Kündigung zu sehen, die den Rückzahlungsanspruch fällig stellt.
145 
Allerdings bestand nach den Berechnungen des Sachverständigen zum 30.11.2006 nicht die eingeklagte Überziehung der Kontokorrentkreditlinie (100.000 EUR) in Höhe der eingeklagten 96.909,19 EUR, sondern lediglich in Höhe von 84.810,11 EUR.
146 
b. Die Klage ist jedoch auch im Übrigen begründet, weil die Klägerin sich hilfsweise auf einen Rückzahlungsanspruch aus dem im Laufe des Berufungsverfahrens gekündigten Kontokorrentkredit gestützt hat.
147 
aa. Die Klägerin konnte den Anspruch aus dem Kontokorrentkredit noch in der Berufungsinstanz zum Gegenstand des Rechtsstreits machen.
148 
(1) Zwar stellt die Einführung eines weiteren Streitgegenstands zur hilfsweisen Begründung eines Zahlungsantrages eine Klageänderung i.S.v. §§ 533, 263 ZPO dar, die die Klägerin nur im Wege der Anschlussberufung gem. § 524 ZPO geltend machen kann. Die Anschließung hat gem. § 524 Abs. 2 ZPO innerhalb der Berufungserwiderungsfrist zu erfolgen. Für die Einlegung ist nicht die ausdrückliche Erklärung erforderlich, es werde Anschlussberufung. Vielmehr genügt jede Erklärung, die sich ihrem Sinn nach als Begehren auf Abänderung des Urteils erster Instanz darstellt. Der Anschluss an das Rechtsmittel der Gegenseite kann daher auch konkludent in der Weise erfolgen, dass der Kläger sein im Übrigen unverändertes Klagebegehren auf einen weiteren Klagegrund stützt (BGH, Urteil vom 09. Juni 2011 - I ZR 41/10).
149 
(2) Die hilfsweise geltend gemachte Kontokorrentkredit-Forderung war als sachdienliche Klageänderung i.S.v. §§ 533, 263 ZPO zuzulassen. Die maßgeblichen Tatsachen, insbesondere die streitigen Zinsanpassungen und Buchungen waren bereits Gegenstand der ersten Instanz. Zur Berechnung der Höhe der geduldeten Überziehung war die vollständige Neuberechnung des Kontos einschließlich derjenigen Buchungen erforderlich, die lediglich den Rahmen des Kontokorrentkredits ausfüllten.
150 
(3) Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2011 den Kontokorrentkredit der Beklagten gekündigt und sich ausdrücklich hilfsweise auf diesen Anspruch sowohl in der mündlichen Verhandlung als auch im danach der Beklagten zugestellten Schriftsatz vom 23.04.2012 (GA 1065) gestützt und in der mündlichen Verhandlung vom 30.04.2014 ihren Zurückweisungsantrag wiederholt. Darin liegt eine konkludent erklärte Anschlussberufung i.S.v. § 524 ZPO. Diese war nicht verfristet, weil der Klägerin keine Berufungserwiderungsfrist gesetzt worden war.
151 
bb. Der Kontokorrentkredit vom 19.04.2005 wurde bis auf weiteres gewährt und konnte daher gem. Ziff. 3.1.2.1 der Allgemeinen Kreditbedingungen ebenfalls ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Dies hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2011 getan. Dadurch ist der gesamte kausale Sollsaldo fällig geworden und konnte zur Auffüllung der Klageforderung angeführt werden.
152 
4. Keine Einreden der Beklagten
153 
Dem Anspruch der Klägerin steht weder die Einrede der Verjährung noch die der ungerechtfertigten Bereicherung gem. § 821 BGB entgegen.
154 
a. Der Anspruch der Klägerin ist nicht verjährt. Dies folgt bereits daraus, dass die Beklagte sämtliche Forderungen der Klägerin dadurch zurückgeführt hat, dass sie das Konto Ende 2005 im Haben geführt hat. Die Klageforderung resultiert daher aus Belastungsbuchungen aus dem Jahr 2006, die zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 25.01.2007 nicht verjährt waren.
155 
Im Übrigen sind die Ansprüche aus den kausalen Salden noch nicht verjährt. Die Giroverträge enthalten regelmäßig eine antizipierte Verrechnungsabrede mit der Folge, dass zum Abschluss der jeweiligen Rechnungsperioden die berechtigt ins Kontokorrent eingestellten Einzelforderungen der Parteien automatisch saldiert werden (BGH, Urteil vom 18. April 1989 - XI ZR 133/88, BGHZ 107, 192-200; Urteil vom 04. Mai 1979 - I ZR 127/77, BGHZ 74, 253-258). Dieser kausale Saldo kann allerdings im fortgesetzten Kontokorrent nicht selbständig geltend gemacht werden, soweit er gleichzeitig Gegenstand eines Saldoanerkenntnisses ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führen die Saldoanerkenntnisse zu einer Novation des Schuldverhältnisses. Die kontokorrentfähigen beiderseitigen Ansprüche und Leistungen gehen unter und es bleibt nur der Saldo übrig (BGH, Urteil vom 06. Juni 2000 - XI ZR 258/99 - Rn. 28, BGHZ 144, 349-356; Mayen in: S/B/L, a.a.O., § 47 Rn. 91ff.). Allein die Kondizierbarkeit eines Schuldanerkenntnisses macht dieses noch nicht unwirksam. Die kontokorrentgebundenen Ansprüche werden erst nach der (berechtigten) Geltendmachung der Kondiktion wieder selbständig einklagbar, so dass erst ab diesem Zeitpunkt deren Verjährung beginnt.
156 
Die Klage auf Rückzahlung des letzten anerkannten Saldos nebst der danach eingestellten Einzelforderungen umfasst gleichzeitig die Geltendmachung des kausalen Saldos für den Fall der erfolgreichen Kondiktion einer oder mehrerer zu Grunde liegender Saldoanerkenntnisse. Daher hat die Klageerhebung die Verjährung der Ansprüche der Klägerin rechtzeitig gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.
157 
b. Die Beklagte kann dem Anspruch der Klägerin aus dem Saldoanerkenntnis vom 28.12.2001 nicht dessen Rechtsgrundlosigkeit als Einrede gem. § 821 BGB gegen die damit anerkannte Verbindlichkeit entgegenhalten. Zwar kann derjenige, der ohne rechtlichen Grund eine Verbindlichkeit, beispielsweise durch Abgabe eines abstrakten Schuldanerkenntnisses, eingegangen ist, deren Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Anspruch auf Befreiung von dieser Verbindlichkeit bereits verjährt ist. Diese Einrede schützt jedoch nur vor der Verjährung, nicht jedoch vor anderen Einwendungen, die der Gläubiger der rechtsgrundlosen Verbindlichkeit dem Bereicherungsanspruch entgegen setzen kann (Schwab in: Münchener Kommentar, a.a.O., § 821 Rn. 8).
158 
So liegt der Fall hier. Die Klägerin kann dem Anspruch der Beklagten auf Herausgabe der wegen fehlerhafter Zinsberechnungen rechtsgrundlos erteilten Saldoanerkenntnisse den Einwand der Verwirkung entgegenhalten. Der Beklagten werden ihre Ansprüche wegen deren illoyal verspäteter Geltendmachung versagt. Hätte sie rechtzeitig ihre Ansprüche geltend gemacht, wäre die Klägerin in der Lage gewesen, dem Rechnung zu tragen und mit der Beklagten eindeutige Vereinbarungen zu treffen, die ein Aufsummieren von Ansprüchen in dem gerade auf schnelle Klärung der wechselseitigen Beziehungen ausgerichteten Kontokorrent vermieden hätten.
159 
5. Zinsanspruch
160 
Der Anspruch auf Verzugszinsen folgt auf Grund der befristeten Mahnung ab dem 16.07.2006 aus §§ 286, 288 BGB. Hinsichtlich des zu verzinsenden Betrages war die Klage teilweise abzuweisen. Zum Zeitpunkt der Zahlungsaufforderung vom 03.07.2006 zur Rückführung der geduldeten Überziehung betrug diese ausweislich der Neuberechnung durch den Sachverständigen (GA 1504) lediglich 35.482,62 EUR. Dieser Betrag ist um die Zinsnachteile durch die zwei nicht berücksichtigten fehlerhaften Wertstellungen (5,11 EUR) sowie die darauf vom Senat ausgerechneten Zinseszinsen bis zum 03.07.2006 (0,78 EUR) zu reduzieren. Die Beklagte befand sich zum Zeitpunkt des Verzugseintritts daher mit 35.476,73 EUR im Rückstand.
161 
Zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit am 25.01.2007 war sodann die restliche geduldete Überziehung mit dem Sollsaldo zum 30.11.2006 fällig und gem. §§ 291, 288 BGB zu verzinsen. Ausgehend vom Sollsaldo von 184.816,25 EUR und abzüglich der o.g. Wertstellungsfehler (5,11 EUR) nebst Zinseszinsen, die sich bis zu diesem Datum auf 1,04 EUR erhöht haben, war somit ein Sollsaldo in Höhe von 184.810,11 EUR fällig. Abzüglich des ungekündigten Kontokorrentkreditrahmens in Höhe von 100.000 EUR sowie der bereits fällig gestellten Überziehung in Höhe von 35.476,73 EUR waren somit zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit weitere 49.333,38 EUR fällig.
162 
Soweit die Klage teilweise in Höhe restlicher 12.099,08 EUR auf Grund des am 30.11.2011 gekündigten Kontokorrentkredits begründet ist, schuldet die Beklagte daraus Verzugszinsen ab dem 15.12.2011. Ihr in der mündlichen Verhandlung übergebenes Kündigungsschreiben enthielt eine befristete Mahnung zum 14.12.2011.
163 
Der Zinssatz wurde antragsgemäß zugesprochen und ist von § 288 BGB gedeckt.
164 
B. Widerklage
165 
1. Aus den vorgenannten Gründen erweist sich die Widerklage auf Zahlung eines vermeintlichen Habensaldos als unbegründet. Ein solcher lässt sich zu Gunsten der Beklagten nicht feststellen.
166 
2. Die Berufung ist hinsichtlich des Anspruchs auf Überlassung von Kontoauszügen für die Zeit vom Beginn der Geschäftsbeziehung bis Dezember 1988 unzulässig. Gem. § 520 Abs. 1, 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufung begründet werden und Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit ergibt. Werden im Rahmen einer Berufung mehrere Ansprüche verfolgt, ist eine Begründung für jeden einzelnen nötig (BGH, Urteil vom 26. Januar 2006 - I ZR 121/03; Heßler in: Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 520 Rn. 37).
167 
Das Landgericht hat den Widerklageantrag auf Überlassung von Kontoabrechnungen vom Beginn der jeweiligen Geschäftsbeziehung bis Dezember 1988 abgewiesen, weil die Beklagten nicht bereit seien, hierfür die Kosten zu übernehmen. Die Berufung wiederholt zwar den Widerklageantrag, greift aber insoweit das Urteil inhaltlich nicht an, so dass es an einer Berufungsbegründung fehlt. Hierauf wurde die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2011 hingewiesen.
168 
Im Übrigen hat das Landgericht den Anspruch mit der gegebenen Begründung sowie wegen der Verwirkung des Kondiktionsanspruchs zu Recht abgewiesen.
169 
C. Hilfswiderklage
170 
Die Hilfswiderklage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf vollständige Neuberechnung des Kontos, da seine Kondiktionsansprüche hinsichtlich der Saldoanerkenntnisse vor dem 01.01.2002 verwirkt sind. Für die Zeit danach liegt durch das Gutachten des Sachverständigen ... eine ordnungsgemäße Neuberechnung vor, so dass auch insoweit keine Nebenpflicht der Klägerin besteht, diese wiederholend nachzuvollziehen.
171 
D. Nebenentscheidungen
172 
Die Kostenentscheidung folgt, auch bezüglich der ersten Instanz, aus § 92 Abs. 2 ZPO. Soweit das Urteil des Landgerichts in dem gesonderten Verfahren 9 U 142/13 von den früheren Beklagten zu 2 und 3 angegriffen wird, bleibt eine Überprüfung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung hinsichtlich dieser Rechtsverhältnisse der dortigen Entscheidung vorbehalten.
173 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Beim Streitwert war gem. § 45 Abs. 1 S. 2 GKG zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihre Forderung hilfsweise auf den erst im Lauf des Rechtsstreits gekündigten Kontokorrentkredit gestützt und hiervon 12.099,08 EUR zur Begründung der Klageforderung benötigt hat. Das Teilunterliegen der Klägerin war erstinstanzlich geringfügig und hat keine besonderen Kosten ausgelöst. In der Berufungsinstanz ist mit der Streitwerterhöhung zwar eine Gebührenerhöhung einhergegangen. Die damit verbundenen Mehrkosten sind jedoch verhältnismäßig geringfügig.
174 
Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Die Entscheidung weicht nicht von Entscheidungen anderer Obergerichte oder des Bundesgerichtshofs ab und beruht im Wesentlichen auf den Umständen des Einzelfalls. Insbesondere bestand keine entscheidungserhebliche Divergenz zu den Entscheidungen der OLG Düsseldorf, OLG Nürnberg und OLG München hinsichtlich einer etwaigen Verjährung der Kondiktionsansprüche gem. § 197 BGB a.F., da der Senat von einer Verwirkung ausgegangen ist und die Klägerin mit dem gewählten Berechnungszeitraum einverstanden war, während der Beklagten hieraus kein Nachteil entstanden ist.
175 
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 14.05.2014 gab keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 21. Mai 2014 - 9 U 75/11

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 21. Mai 2014 - 9 U 75/11

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 21. Mai 2014 - 9 U 75/11 zitiert 35 §§.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch


(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei


(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. (3) Sol

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 204 Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung


(1) Die Verjährung wird gehemmt durch1.die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,1a.die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht

Zivilprozessordnung - ZPO | § 511 Statthaftigkeit der Berufung


(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 533 Klageänderung; Aufrechnungserklärung; Widerklage


Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn1.der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und2.diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 675 Entgeltliche Geschäftsbesorgung


(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichte

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung


(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 488 Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag


(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit da

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 612 Vergütung


(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. (2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 524 Anschlussberufung


(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht. (2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 263 Klageänderung


Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 197 Dreißigjährige Verjährungsfrist


(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,1.Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,2.Herausgabeansprüche

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 781 Schuldanerkenntnis


Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die Erteilung der Anerkennungserklärung in elektronischer Form ist

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 780 Schuldversprechen


Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung in der Weise versprochen wird, dass das Versprechen die Verpflichtung selbständig begründen soll (Schuldversprechen), ist, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist, schriftliche Erteilung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 289 Zinseszinsverbot


Von Zinsen sind Verzugszinsen nicht zu entrichten. Das Recht des Gläubigers auf Ersatz des durch den Verzug entstehenden Schadens bleibt unberührt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 821 Einrede der Bereicherung


Wer ohne rechtlichen Grund eine Verbindlichkeit eingeht, kann die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Anspruch auf Befreiung von der Verbindlichkeit verjährt ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 676b Anzeige nicht autorisierter oder fehlerhaft ausgeführter Zahlungsvorgänge


(1) Der Zahlungsdienstnutzer hat seinen Zahlungsdienstleister unverzüglich nach Feststellung eines nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgangs zu unterrichten. (2) Ansprüche und Einwendungen des Zahlungsdienstnutzers gegen d

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 248 Zinseszinsen


(1) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, dass fällige Zinsen wieder Zinsen tragen sollen, ist nichtig. (2) Sparkassen, Kreditanstalten und Inhaber von Bankgeschäften können im Voraus vereinbaren, dass nicht erhobene Zinsen von Einlagen als neu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 782 Formfreiheit bei Vergleich


Wird ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis auf Grund einer Abrechnung oder im Wege des Vergleichs erteilt, so ist die Beobachtung der in den §§ 780, 781 vorgeschriebenen schriftlichen Form nicht erforderlich.

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 21. Mai 2014 - 9 U 75/11 zitiert oder wird zitiert von 15 Urteil(en).

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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 01. März 2017 - 9 U 147/16

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Tenor 1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28.06.2016, Az. 21 O 699/13, abgeändert:a) Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag zum Konto mit der Nr. 249 … gegen die Klägerin über den

Referenzen

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die Erteilung der Anerkennungserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Ist für die Begründung des Schuldverhältnisses, dessen Bestehen anerkannt wird, eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form.

Wird ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis auf Grund einer Abrechnung oder im Wege des Vergleichs erteilt, so ist die Beobachtung der in den §§ 780, 781 vorgeschriebenen schriftlichen Form nicht erforderlich.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung in der Weise versprochen wird, dass das Versprechen die Verpflichtung selbständig begründen soll (Schuldversprechen), ist, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist, schriftliche Erteilung des Versprechens erforderlich. Die Erteilung des Versprechens in elektronischer Form ist ausgeschlossen.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 78/08 Verkündet am:
21. April 2009
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB § 307 Bl, Cb; AGB-Sparkassen Nr. 17 Abs. 2 Satz 1

a) Die dem Muster von Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB-Sparkassen nachgebildete
Klausel einer Sparkasse
„Soweit nichts anderes vereinbart ist, werden die Entgelte im
Privat- und Geschäftskundenbereich von der Sparkasse unter
Berücksichtigung der Marktlage (z.B. Veränderung des allgemeinen
Zinsniveaus) und des Aufwandes nach gemäß § 315 des
Bürgerlichen Gesetzbuches nachprüfbarem billigen Ermessen
festgelegt und geändert.“
ist im Bankverkehr mit Verbrauchern nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB
unwirksam.

b) Die Klausel regelt nicht nur, wie die Entgelte der Sparkasse festgelegt werden
, sondern auch, ob Entgelte erhoben werden. Sie ermöglicht es der
Sparkasse, Entgelte für Tätigkeiten festzusetzen, zu deren Erbringung sie
schon von Gesetzes wegen oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht
verpflichtet ist oder die sie im eigenen Interesse vornimmt. Ein solches Entgeltfestsetzungsrecht
von Kreditinstituten ist nach ständiger Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen
Regelung, von der sie abweicht, nicht vereinbar und benachteiligt die Kunden
unangemessen.

c) Das in der Klausel enthaltene einseitige Preisänderungsrecht benachteiligt
die Sparkassenkunden deswegen unangemessen, weil die Änderungsvoraussetzungen
unklar sind und die Klausel keine eindeutige Pflicht der Sparkasse
zur Herabsetzung der Entgelte bei sinkenden Kosten enthält und es
der Sparkasse damit ermöglicht, das ursprünglich vereinbarte vertragliche
Äquivalenzverhältnis zu ihren Gunsten zu verändern.

d) Das gilt ebenso für das in der Klausel enthaltene Zinsänderungsrecht. Auch
Zinsanpassungsklauseln im Kreditgeschäft von Kreditinstituten müssen den
allgemeinen Anforderungen an Preisanpassungsklauseln genügen (Aufgabe
von BGHZ 97, 212).
BGH, Urteil vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08 - OLG Brandenburg
LG Frankfurt (Oder)
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers
und die Richter Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Maihold und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 30. Januar 2008 wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es in der im landgerichtlichen Urteilstenor wiedergegebenen Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten "nach gemäß § 315" heißt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist. Die beklagte Sparkasse verwendet - wie alle öffentlich-rechtlichen Sparkassen - gegenüber ihren Kunden Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die nach dem Muster der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkassen (AGB-Sparkassen ) unter anderem folgende Klausel enthält: Nr. 17 – Entgelte, Kosten und Auslagen (1)Entgelt-Berechtigung Die Sparkasse ist berechtigt, für ihre Leistungen Entgelte, insbesondere Zinsen und Provisionen, vom Kunden zu verlangen. Dies gilt auch für Leistungen, die zusätzlich zu einer üblichen Grundleistung im Auftrag oder nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag im Interesse des Kunden erbracht oder im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung mit ihm erforderlich werden (z.B. bei der Verwaltung von Sicherheiten).
(2) Festsetzung und Ausweis der Entgelte Soweit nichts anderes vereinbart ist, werden die Entgelte im Privat - und Geschäftskundenbereich von der Sparkasse unter Berücksichtigung der Marktlage (z.B. Veränderung des allgemeinen Zinsniveaus) und des Aufwandes nach gemäß § 315 des Bürgerlichen Gesetzbuches nachprüfbarem billigen Ermessen festgelegt und geändert. Für typische, regelmäßig vorkommende Bankleistungen gelten die im Preisaushang, ergänzend im Preis- und Leistungsverzeichnis ausgewiesenen Entgelte, und zwar die der jeweils geltenden Fassung. Für dort nicht aufgeführte Leistungen, die nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind, werden angemessene Entgelte gemäß Satz 1 berechnet. Der Kunde kann die Vorlage einer Abrechnung verlangen.
Werden Zinsen oder sonstige Entgelte erhöht, kann der Kunde die davon betroffene Geschäftsbeziehung innerhalb von sechs Wochen seit Bekanntgabe mit sofortiger Wirkung kündigen. Im Falle
der Kündigung wird die Erhöhung nicht wirksam. Eine Kreditkündigung des Kunden gilt jedoch als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zweier Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt. (…)
2
Der Kläger wendet sich, soweit Bankgeschäfte betroffen sind, die mit privaten Kunden getätigt werden, mit der Unterlassungsklage aus § 1 UKlaG gegen Absatz 2 Satz 1 dieser Klausel. Das Landgericht hat der Klage unter Weglassung des Wortes "gemäß" vor § 315 BGB stattgegeben (LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 7. März 2007 - 13 O 370/06, juris). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (NJ 2008, 224 = BeckRS 2008, 13357). Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision ist unbegründet.

I.


4
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
5
Die beanstandete Allgemeine Geschäftsbedingung stelle sich nach den zutreffenden Erwägungen des Landgerichts bei der maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung als unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB dar und verstoße zugleich gegen das Transparenzgebot.
6
Entgegen der Ansicht der Beklagten sei durch den in Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB und in dem vorausgehenden Abs. 1 verwendeten Begriff der Leistung nicht sichergestellt, dass eine Vergütung von Tätigkeiten, zu deren kostenloser Ausführung die Beklagte von Rechts wegen verpflichtet sei, nicht unter Bezugnahme auf diese Regelung verlangt werde. Eine entsprechende Einschränkung des Leistungsbegriffs ergebe sich keinesfalls zwingend aus den von der Beklagten herangezogenen gesetzlichen Bestimmungen in § 241 Abs. 1 BGB und § 354 Abs. 1 und 2 HGB. Auch aus Nr. 17 Abs. 1 Satz 2 AGB und einer Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Jahr 2002 folge nichts anderes. Das Landgericht habe ferner zu Recht auf die fehlende Differenzierung des mit der beanstandeten Klausel begründeten Entgeltanpassungsanspruchs der Beklagten hinsichtlich der Verbraucherkreditverträge nach § 492 BGB und des Überziehungskredits nach § 493 BGB hingewiesen. Nach § 506 BGB sei es zwar verboten, im Rahmen eines Verbraucherkreditvertrages Zinserhöhungen entgegen § 494 Abs. 2 Satz 5 BGB vorzunehmen. Ein Bankkunde , der nicht in besonderem Maße rechtskundig sei, werde das Verhältnis der gesetzlichen Bestimmungen zu den für seinen Vertrag maßgeblichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Regelfall aber nicht durchschauen.
7
Der Verstoß gegen das Transparenzgebot ergebe sich bereits aus der umfänglichen Auslegung der Regelung, die die Beklagte unter Heranziehung des § 241 Abs. 1 BGB, des § 354 Abs. 1 und 2 HGB und des Zusammenspiels der Regelungen in Nr. 17 Abs. 1 und 2 AGB sowie der vor Jahren erfolgter Änderung unternehme.
8
Dem Landgericht sei auch insoweit zu folgen, als es ausreichend genaue Angaben zu den Umständen einer Anpassung der Entgelte und den zugrunde liegenden preisrelevanten Kostenelementen vermisse. Die Beklagte könne dem nicht durch den Hinweis entgegentreten, sie habe den Kunden unter Bezugnahme auf § 315 BGB eine gerichtliche Nachprüfung ihrer Ermessensentscheidung eröffnet. Das sei kein Korrektiv für ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht. Ebenso sei die in Nr. 17 Abs. 2 Satz 5 AGB vorgesehene Möglichkeit zur Kündigung kein angemessenes Mittel zur Wahrung der Interessen der Kunden.

II.


9
Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung stand. Dem Kläger steht gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG ein Anspruch gegen die Beklagte zu, es zu unterlassen, im Bankgeschäft mit privaten Kunden, das heißt Verbrauchern (§ 13 BGB), die in Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB enthaltene Klausel zu verwenden, da diese nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist.
10
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht, ohne dies allerdings auszuführen , davon ausgegangen, dass die beanstandete Klausel nicht nur bestimmt, wie die Entgelte von der Beklagten festgelegt und geändert werden, sondern dass sie auch regelt, ob Entgelte von der Beklagten erhoben werden. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Landgericht weiter zutreffend angenommen, dass die Beklagte nach Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB berechtigt ist, Entgelte auch für solche Leistungen zu erheben, zu deren Erbringung sie schon kraft Gesetzes oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die sie im eigenen Interesse vornimmt.
11
a) Der Senat kann die für die Inhaltskontrolle erforderliche Auslegung der Klausel durch das Berufungsgericht uneingeschränkt überprüfen , da die Klausel deutschlandweit von öffentlich-rechtlichen Sparkassen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet wird (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 2007 - VIII ZR 143/06, NJW 2007, 3632, Tz. 14 m.w.N.). Die Auslegung hat dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so zu erfolgen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind (st. Rspr., siehe nur BGHZ 106, 259, 264 f.; 176, 244, Tz. 19; BGH, Urteil vom 15. November 2006 - VIII ZR 166/06, WM 2007, 1142, Tz. 19). Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Nach ständiger Rechtsprechung führt diese Auslegungsregel dazu, dass bei einer mehrdeutigen Klausel von den möglichen Auslegungen diejenige zugrunde zu legen ist, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt (siehe nur BGHZ 139, 190, 199; 158, 149, 155). Denn damit ist die scheinbar "kundenfeindlichste" Auslegung im Ergebnis regelmäßig die dem Kunden günstigste (BGHZ 158, 149, 155; 176, 244, Tz. 19; BGH, Urteile vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335, 2337, vom 11. Oktober 2007 - III ZR 63/07, WM 2007, 2202, Tz. 25 und 31, vom 15. November 2007 - III ZR 247/06, WM 2008, 308, Tz. 28). Außer Betracht zu bleiben haben insoweit nur solche Verständnismöglichkeiten , die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fern liegend und nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (BGHZ 150, 269, 275 f.; 152, 262, 265).
12
b) Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Auslegung der streitigen Klausel durch das Berufungsgericht als richtig.
13
aa)Bei"kundenfeindlic hster" Auslegung wird die Frage, ob die Beklagte zur Erhebung von Entgelten berechtigt ist, entgegen der Ansicht der Revision nicht allein durch die - von dem Kläger nicht angegriffene - Klausel in Nr. 17 Abs. 1 AGB geregelt, sondern auch durch die hier streitige Klausel in Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB. Der Revision ist zwar zuzugeben , dass die Abfolge und die Überschriften der ersten beiden Absätze von Nr. 17 AGB ("Entgelt-Berechtigung" bzw. "Festsetzung und Ausweis der Entgelte“) für ihre Ansicht sprechen könnten. Bei "kundenfeindlichster" Auslegung ist jedoch die Auslegung, dass Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB eine eigenständige Berechtigung der Beklagten zur Erhebung von Entgelten enthält, keineswegs nur eine zwar theoretisch denkbare , praktisch aber fern liegende und nicht ernstlich in Betracht zu ziehende Verständnismöglichkeit. Schon der einleitende Nebensatz ("Soweit nichts anderes vereinbart ist, …") kann den Eindruck hervorrufen, dass die Beklagte eben dann, wenn nichts anderes vereinbart ist, für sämtliche von ihr erbrachten Tätigkeiten Entgelte festlegen darf. Dass dieses Verständnis nicht ganz fern liegt, zeigt der Vortrag der Beklagten selbst, wonach sich aus dem einleitenden Nebensatz ergeben soll, dass Verbraucherkreditverträge nicht von Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB erfasst werden. Dies wird zudem durch den nachfolgenden Satz 3 noch erheb- lich verstärkt. Danach werden für Leistungen, die im Preisaushang und im Preis- und Leistungsverzeichnis nach Satz 2 nicht aufgeführt sind, angemessene Entgelte nach Satz 1 berechnet, wenn sie "nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind". Dieser Nebensatz enthält eindeutig eine Regelung der Frage, ob - und nicht wie - Entgelte von der Beklagten berechnet werden dürfen. Er ergibt daher nur Sinn, wenn der Satz 1, der in Nr. 17 Abs. 2 Satz 3 AGB ausdrücklich in Bezug genommen wird, die Berechtigung der Beklagten zur Erhebung von Entgelten regelt.
14
Die bb) danach in der streitigen Klausel geregelte Berechtigung der Beklagten zur Erhebung von Entgelten erstreckt sich entgegen der Ansicht der Revision auch auf solche Tätigkeiten, zu deren Erbringung die Beklagte schon kraft Gesetzes oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die sie im eigenen Interesse vornimmt. Eine Einschränkung, dass solche Tätigkeiten nicht erfasst werden, enthält die Klausel nicht. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus dem Begriff der "Leistung" in Nr. 17 Abs. 1 und 2 AGB, der weder in der Klausel selbst noch in den von der Beklagten angeführten gesetzlichen Bestimmungen des § 241 BGB und § 354 HGB definiert ist.
15
2. Weiter ist das Berufungsgericht, allerdings wiederum unausgesprochen , zu Recht davon ausgegangen, dass die streitige Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegt.
16
a) Das gilt zunächst insoweit, als die Klausel, wie dargelegt, in ihrer kundenfeindlichsten Auslegung die Beklagte berechtigt, Entgelte auch für solche Leistungen festzusetzen, zu deren Erbringung die Be- klagte schon kraft Gesetzes oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die sie im eigenen Interesse vornimmt. Gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen , durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden, kontrollfähig. Darunter fallen zwar weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung (Senat BGHZ 124, 254, 256 f.; 133, 10, 13; 137, 27, 29 f.). Hingegen stellen Regelungen, die kein Entgelt für den Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbrachte Sonderleistungen zum Gegenstand haben, sondern Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten des Klauselverwenders oder für Tätigkeiten in dessen eigenem Interesse auf den Kunden abwälzen, eine kontrollfähige Abweichung von Rechtsvorschriften dar (Senat BGHZ 137, 27, 30; 141, 380, 383; 161, 189, 190 f., jeweils m.w.N.; Bunte in Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHandbuch , 3. Aufl., § 17 Rn. 16; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht , 10. Aufl., § 307 BGB Rn. 35; Nobbe, WM 2008, 185, 186; Steppeler, WM 2001, 1176, 1178). Solche (Preis-) Nebenabreden werden durch § 307 Abs. 3 S. 1 BGB nicht der AGB-Kontrolle entzogen (BGHZ 114, 330, 333; 124, 254, 256 ff.; 133, 10, 12 ff.; 136, 261, 264).
17
b) Zum anderen unterliegt die Klausel nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber auch insoweit der Inhaltskontrolle, als sie ein Preisanpassungs- und Zinsänderungsrecht der Beklagten enthält (vgl. u.a. BGHZ 97, 212, 215; 158, 149, 153; 176, 244, Tz. 10; BGH, Urteile vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 12 und vom 17. Dezember 2008 - VIII ZR 274/06, WM 2009, 321, Tz. 13, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
18
3. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die beanstandete Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht standhält, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen, von denen sie abweicht, nicht zu vereinbaren ist und dabei den Vertragspartner der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
19
a) Dies gilt zunächst, soweit die Klausel eine Berechtigung der Beklagten zur Erhebung von Entgelten für Leistungen ermöglicht, für die die Sparkasse kein gesondertes Entgelt verlangen darf.
20
aa) Zwar ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn sich ein Kreditinstitut für Sonderleistungen, die nicht Gegenstand der vertraglichen Vereinbarungen sind, aber im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung stehen, die Erhebung eines angemessenen Entgeltes vorbehält. Vielmehr muss ihm - auch im Interesse des Kunden - unbenommen bleiben, neue Leistungen anzubieten und hierfür ein Entgelt zu nehmen (vgl. Senat BGHZ 137, 27, 34).
21
bb) Indes entspricht es der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass Entgeltklauseln, in denen ein Kreditinstitut einen Vergütungsanspruch für Tätigkeiten normiert, zu deren Erbringung es bereits gesetzlich oder aufgrund einer selbständigen vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die es vorwiegend im eigenen Interesse vornimmt, mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelun- gen nicht vereinbar sind, da nach dem gesetzlichen Leitbild für solche Tätigkeiten ein Entgelt nicht beansprucht werden kann (BGHZ 114, 330, 335; 124, 254, 257; 136, 261, 265 f.; 137, 43, 46 f.; 146, 377, 383; 150, 269, 274; 161, 189, 191 und Senatsurteil vom 19. Oktober 1999 - XI ZR 8/99, WM 1999, 2545, 2546). Um eine solche Klausel handelt es sich bei Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB der Beklagten (siehe bereits unter II 1 b bb). Durch diese Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung wird eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung der Kunden des Verwenders bereits indiziert (Senat BGHZ 141, 380, 390; 146, 377, 384; 150, 269, 276; 161, 189, 195 und Urteil vom 19. Oktober 1999 - XI ZR 8/99, WM 1999, 2545, 2546). Dies gilt auch im vorliegenden Fall, in dem die Klausel der Beklagten die Möglichkeit einräumt, von ihren Kunden eine Vergütung für Tätigkeiten abzuverlangen, die sie nach dispositivem Recht ohne besonderes Entgelt zu erbringen hätte (vgl. Senat BGHZ 146, 377, 384 f.). Gründe, die die Klausel insoweit gleichwohl als nicht unangemessen erscheinen lassen könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich.
22
Zu b) Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB in Bezug auf das der Beklagten eingeräumte Preisanpassungs- und Zinsänderungsrecht ebenfalls der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhält.
23
aa) In Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklauseln sind, insbesondere bei auf Dauer angelegten Geschäftsverbindungen wie Verträgen mit Kreditinstituten, zwar nicht grundsätzlich unwirksam. Sie sind ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Verträgen. Sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (BGHZ 176, 244, Tz. 14; BGH, Urteile vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335, 2336, vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054, Tz. 20 und vom 11. Oktober 2007 - III ZR 63/07, WM 2007, 2202, Tz. 19).
24
Aus diesem Grund ist auch ein berechtigtes Interesse der Kreditinstitute , ihre Kreditzinssätze den veränderlichen Gegebenheiten des Kapitalmarktes nicht nur bei Neuabschlüssen, sondern auch bei bestehenden Verträgen anzupassen, vom Bundesgerichtshof anerkannt worden (BGHZ 97, 212, 216; 118, 126, 131; BGH, Urteile vom 4. Dezember 1990 - XI ZR 340/89, WM 1991, 179, 181, vom 12. Oktober 1993 - XI ZR 11/93, WM 1993, 2003, 2005 und vom 6. April 2000 - IX ZR 2/98, WM 2000, 1141, 1142 f.; vgl. zum Passivgeschäft auch Senatsurteile BGHZ 158, 149, 156 und vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 11).
25
bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die Schranke des § 307 BGB allerdings nicht eingehalten, wenn die Preisanpassungsklausel es dem Verwender ermöglicht, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (BGHZ 176, 244, Tz. 18; BGH, Urteile vom 16. März 1988 - IV a ZR 247/84, NJW-RR 1988, 819, 821, vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335, 2336, vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054, Tz. 21, vom 11. Oktober 2007 - III ZR 63/07, WM 2007, 2202, Tz. 11, vom 15. November 2007 - III ZR 247/06, WM 2008, 308, Tz. 10 und vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, ZIP 2009, 323, Tz. 25). Eine den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligenden Inhalt haben sie weiterhin dann, wenn sie nur das Recht des Klauselverwenders enthalten, Erhöhungen ihrer eigenen Kosten an ihre Kunden weiterzugeben, nicht aber auch die Verpflichtung, bei gesunkenen eigenen Kosten den Preis für die Kunden zu senken (BGHZ 176, 244, Tz. 17; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Recht, 4. Aufl., § 11 Nr. 1 Rn. 51; Borges, DB 2006, 1199, 1203; von der Linden, WM 2008, 195, 197).
26
cc) Gemessen an diesen Grundsätzen benachteiligt die angegriffene Klausel die Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
27
(1) Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Klausel keine Bindung der Beklagten bei der Vornahme von Preisanpassungen an den Umfang ihres eigenen Kostenanstiegs enthält und ihr somit die Möglichkeit eröffnet, durch eine diese übersteigende Preiserhöhung nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern darüber hinaus zusätzliche Gewinne zu erzielen. Eine hinreichende Beschränkung ergibt sich insoweit insbesondere nicht durch die in der Klausel angegebenen Anknüpfungsmerkmale der Marktlage und des Aufwandes. Es ist schon unklar , auf welchen Markt bzw. welches Marktsegment oder welchen Auf- wand abgestellt werden soll. Gleiches gilt für die Frage, welcher Schwellenwert erreicht sein muss, bis eine Änderung der Marktlage oder des Aufwandes eine Preisänderung rechtfertigt. Diese Angaben sind nicht etwa deshalb entbehrlich, weil sie angesichts der Vielzahl der von der Beklagten angebotenen entgeltpflichtigen Dienstleistungen nur schwer formulierbar sein mögen. Ein Verzicht auf sie würde vielmehr zu einer einseitigen Begünstigung der Beklagten führen.
28
(2) Zum anderen folgt die unangemessene Benachteiligung auch daraus, dass der Klausel eine dem Preiserhöhungsrecht der Beklagten im Falle von Kostensteigerungen entsprechende spiegelbildliche Verpflichtung zur Weitergabe von Kostenminderungen an die Kunden nicht zu entnehmen ist. Eine solche ergibt sich nicht aus der in Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB verwendeten Formulierung "werden (…) geändert". Damit wird bei der gebotenen „kundenfeindlichsten“ Auslegung nur zum Ausdruck gebracht, dass etwas geschehen wird bzw. soll. Einer solchen Ankündigung kann eine bindende Verpflichtung der Beklagten, eine Preisänderung vorzunehmen, indes nicht entnommen werden, zumal auch dafür die Voraussetzungen nicht genannt werden. Dies gilt vorliegend umso mehr, als die Preisanpassung "nach ... billigen Ermessen" erfolgen soll. Nach der im Verbandsprozess vorzunehmenden "kundenfeindlichsten" Auslegung ist indes dann, wenn eine Preisanpassungsklausel - wie hier - nicht deutlich auch als Pflicht des Verwenders zur Preisanpassung ausgestaltet ist, zu seinen Lasten davon auszugehen, dass sie eine solche Verpflichtung auch nicht beinhaltet (vgl. BGHZ 176, 244, Tz. 20 f.).
29
Diese dd) Ausführungen zum Preisanpassungsrecht gelten auch für das in der Klausel enthaltene Zinsanpassungsrecht, das lediglich eine spezielle Ausprägung des Preisanpassungsrechts darstellt.
30
Allerdings (1) hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 6. März 1986 (BGHZ 97, 212, 217 f.; nachfolgend auch Senatsurteile BGHZ 118, 126, 131, vom 4. Dezember 1990 - XI ZR 340/89, WM 1991, 179, 181 und vom 12. Oktober 1993 - XI ZR 11/93, WM 1993, 2003, 2005) eine inhaltlich unbeschränkte Zinsanpassungsklausel im Aktivgeschäft von Banken nicht wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) für unwirksam erachtet, sondern diese im Wege ergänzender Vertragsauslegung einschränkend dahingehend ausgelegt, dass sie den darlehensgebenden Kreditinstituten Änderungen des Zinssatzes nicht schrankenlos , sondern nur nach Maßgabe der kapitalmarktbedingten Veränderungen ihrer Refinanzierungskonditionen gestatten und die Bank bei sinkendem Zinsniveau auch zur Herabsetzung des dem Kunden berechneten Zinssatzes verpflichten. Diese Rechtsprechung hat in der Literatur erhebliche Kritik erfahren (vgl. Soergel/Stein, BGB, 12. Aufl., AGBG § 9 Rn. 68; Metz in Bruchner/Metz, Variable Zinsklauseln, Rn. 305 ff.; ders., BKR 2001, 21, 22 ff.; Habersack, WM 2001, 753, 755 ff.; Schimansky, WM 2001, 1169, 1172 f. und WM 2003, 1449, 1450; Derleder, WM 2001, 2029, 2031; v. Westphalen, BB 1993, 8, 11 und Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 21 III Rn. 31; zustimmend hingegen Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 BGB Rn. 184). Der erkennende Senat hat in einer nachfolgenden Entscheidung offen gelassen , ob an ihr festgehalten werden kann, und sie auf das Passivgeschäft der Banken nicht übertragen (BGHZ 158, 149, 156; auch Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 12).

31
Nunmehr (2) gibt der Senat in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in der Literatur diese Rechtsprechung auf. Sie berücksichtigt nicht, dass nach § 305c Abs. 2 BGB Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen und damit im Verbandsprozess stets von der "kundenfeindlichsten" Auslegung auszugehen ist (vgl. BGHZ 176, 244, Tz. 23). Es ist auch kein Grund ersichtlich, Zinsanpassungsklauseln insoweit anders als sonstige Preisänderungsklauseln auszulegen.
32
(3) Danach benachteiligt die angegriffene Klausel die Kunden auch insoweit unangemessen, als sie ein Zinsanpassungsrecht der Beklagten vorsieht. Auch ein solches benachteiligt die Kunden nur dann nicht unangemessen , wenn das Äquivalenzverhältnis gesichert ist, die Klausel mithin eine Bindung der Bank an den Umfang des Kostenanstiegs vorsieht und eine Verpflichtung der Bank enthält, Kostenminderungen an die Kunden weiter zu geben, ohne dass die Bank insoweit ein Ermessen hat (siehe schon BGHZ 97, 212, 217 f.; vgl. auch Staudinger/Kessal-Wulf, BGB (2004), § 492 Rn. 30 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB nicht gerecht (siehe schon unter II 3 b cc).
33
Darüber (4) hinaus ist die streitige Klausel im Hinblick auf das Zinsänderungsrecht nach §§ 134, 506 BGB nichtig, weil ihr Verbraucherdarlehen unterfallen und sie insoweit von § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 5 BGB und § 493 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BGB abweicht. Auch dies führt zur Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB (vgl. BGHZ 108, 1, 5; 118, 194, 198; 152, 121, 133).
34
Entgegen der Ansicht der Revision erfasst das in der Klausel enthaltene Zinsänderungsrecht nicht nur Verträge mit Unternehmern. Eine solche Einschränkung ergibt sich nicht hinreichend deutlich aus dem einleitenden Nebensatz "soweit nichts anderes vereinbart ist". Auch wenn die Beklagte, wie sie vorgetragen hat und wie mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts zu ihren Gunsten in der Revisionsinstanz zu unterstellen ist, stets gemäß § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 5 BGB in ihren Verbraucherdarlehensverträgen angegeben haben sollte, unter welchen Voraussetzungen preisbestimmende Faktoren geändert werden können, so ist nicht auszuschließen, dass dies in Zukunft - versehentlich - unterbleibt. Für den durchschnittlichen, rechtsunkundigen Verbraucher ist dann aber nicht erkennbar, dass Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB wegen des Vorrangs der Sanktion des § 494 Abs. 2 Satz 5 BGB nicht eingreift. Die Beklagte könnte daher unter Berufung auf ihre AGB ein ihr nicht zustehendes Zinsänderungsrecht gegenüber rechtlich nicht beratenen Verbrauchern durchsetzen. Diese Möglichkeit, dass Pflichtangaben in Verbraucherdarlehensverträgen unterlassen werden, ist, wie dem Senat aus zahlreichen Rechtsstreitigkeiten bekannt ist, nicht nur eine theoretisch denkbare, praktisch aber fern liegende (vgl. dazu Senat BGHZ 150, 269, 275). Die Nichtanwendbarkeit der Nr. 17 AGB auf solche Verträge wird für den Verbraucher somit nur dann hinreichend deutlich, wenn diese ausdrücklich - wie etwa in Nr. 12 Abs. 6 AGB-Banken - aus ihrem Anwendungsbereich herausgenommen sind. In Bezug auf Überziehungskredite fehlt es darüber hinaus an Vortrag der Beklagten, dass und wodurch insofern den Anforderungen des § 493 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BGB Genüge getan wird.
35
(5) Da die Klausel die Kunden hinsichtlich des Zinsanpassungsrechts bereits aus den vorgenannten Gründen unangemessen benachteiligt , bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob dies auch deshalb der Fall ist, weil, wie das Berufungsgericht angenommen hat, die in der Klausel aufgeführten Anpassungsparameter "der Marktlage (z.B. Veränderung des allgemeinen Zinsniveaus) und des Aufwandes" dem Gebot nicht genügen , die Voraussetzungen für die Änderungsbefugnis bzw. -pflicht in sachlicher Hinsicht (z.B. Umstände einer Zinsanpassung, insbesondere Bindung an einen aussagekräftigen Referenzzinssatz) und in zeitlicher Hinsicht (z.B. Dauer der Zinsperiode) weitestmöglich zu präzisieren, damit der Kreditnehmer vorhersehen und kontrollieren kann, ob eine Zinsanpassung der Bank zu Recht erfolgt ist (so LG Dortmund, WM 2000, 2095, 2096 f.; LG Köln, WM 2001, 201, 202; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB (2004), § 492 Rn. 58; Schimansky, WM 2001, 1169, 1173 und WM 2003, 1449 ff.; Habersack, WM 2001, 753, 758; Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 216 ff.).
36
ee) Die unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten wird entgegen der Ansicht der Revision weder hinsichtlich des Preisänderungs - noch bezüglich des Zinsanpassungsrechts durch das Recht zur Kündigung oder die Möglichkeit ausgeräumt, die Preis- bzw. Zinsanpassung einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen.
37
(1) Stellt eine Preis- und Zinsänderungsklausel nicht die Wahrung des Äquivalenzverhältnisses sicher und ist deswegen nicht ausgeschlossen , dass der Verwender unangemessene Erhöhungen zur Steigerung seines Gewinns vornehmen kann, wirkt sich eine Kündigung seitens des Kunden nur zu Gunsten des Verwenders und nicht zum Vorteil des Kun- den aus. Der Verwender erhält damit die Möglichkeit, durch unangemessene Preis- oder Zinsänderungen und anschließende Kündigung des Kunden von einem zuvor für ihn ungünstigen, für den Kunden jedoch vorteilhaften Vertrag frei zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2007 - III ZR 247/06, WM 2008, 308, Tz. 34; Borges, DB 2006, 1199, 1204; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Recht, 4. Aufl., § 11 Nr. 1 Rn. 49). Ferner stellt ein Kündigungsrecht bei Aktivgeschäften eines Kreditinstituts für einen Darlehensnehmer auch schon mit Blick auf die hohen Transaktionskosten einer häufig erforderlichen Umschuldung keine adäquate Kompensation für das Leistungsbestimmungsrecht des Kreditinstituts dar (Habersack, WM 2001, 753, 757; Schimansky, WM 2001, 1169, 1172 und WM 2003, 1449; Metz in Hadding/Nobbe, RWS Forum 17 - Bankrecht 2000 S. 183, 197).
38
(2) Lässt eine Preis- und Zinsänderungsklausel weiter den Kunden darüber im Unklaren, ob und in welchem Umfang das Kreditinstitut zu einer Anpassung berechtigt oder zu seinen Gunsten verpflichtet ist, läuft auch die dem Kunden eingeräumte Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle weitgehend leer. Kommt es erst gar nicht zu einer gebotenen Herabsetzung des Preises oder Zinssatzes, versagt sie für gewöhnlich, weil der Kunde mangels hinreichenden Anhalts schon eine solche Verpflichtung des Verwenders zumeist nicht zu erkennen vermag. Erfolgt eine Preis- oder Zinsanpassung zu seinen Ungunsten, fehlt ihm die Beurteilungsgrundlage , ob sich die Anpassung im Rahmen des der Bank zustehenden Gestaltungsspielraumes bewegt oder ein Verfahren nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB mit Erfolg betrieben werden kann (Habersack, WM 2001, 753, 757).

III.


39
Die Revision ist daher zurückzuweisen.
40
Soweit im Tenor des landgerichtlichen Urteils Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB ohne das Wort "gemäß" vor "§ 315" wiedergegeben ist, liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor, die nach § 319 Abs. 1 ZPO jederzeit von Amts wegen - auch vom Rechtsmittelgericht (BGHZ 106, 370, 373; 133, 184, 191; BGH, Urteil vom 3. April 1996 - VIII ZR 54/95, WM 1996, 1817, 1818; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 319 Rn. 22) - berichtigt werden kann. Nach den Gründen des landgerichtlichen Urteils und der ange- fochtenen Entscheidung sollte der Beklagten die Verwendung dieser Klausel ohne jede Einschränkung untersagt werden. Der Tenor ist deshalb wie geschehen zu berichtigen.
Wiechers Müller Ellenberger
RiBGH Maihold ist dienstunfähig erkrankt und daher gehindert zu unterschreiben. Wiechers Matthias
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 07.03.2007 - 13 O 370/06 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 30.01.2008 - 7 U 71/07 -

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 78/08 Verkündet am:
21. April 2009
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB § 307 Bl, Cb; AGB-Sparkassen Nr. 17 Abs. 2 Satz 1

a) Die dem Muster von Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB-Sparkassen nachgebildete
Klausel einer Sparkasse
„Soweit nichts anderes vereinbart ist, werden die Entgelte im
Privat- und Geschäftskundenbereich von der Sparkasse unter
Berücksichtigung der Marktlage (z.B. Veränderung des allgemeinen
Zinsniveaus) und des Aufwandes nach gemäß § 315 des
Bürgerlichen Gesetzbuches nachprüfbarem billigen Ermessen
festgelegt und geändert.“
ist im Bankverkehr mit Verbrauchern nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB
unwirksam.

b) Die Klausel regelt nicht nur, wie die Entgelte der Sparkasse festgelegt werden
, sondern auch, ob Entgelte erhoben werden. Sie ermöglicht es der
Sparkasse, Entgelte für Tätigkeiten festzusetzen, zu deren Erbringung sie
schon von Gesetzes wegen oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht
verpflichtet ist oder die sie im eigenen Interesse vornimmt. Ein solches Entgeltfestsetzungsrecht
von Kreditinstituten ist nach ständiger Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen
Regelung, von der sie abweicht, nicht vereinbar und benachteiligt die Kunden
unangemessen.

c) Das in der Klausel enthaltene einseitige Preisänderungsrecht benachteiligt
die Sparkassenkunden deswegen unangemessen, weil die Änderungsvoraussetzungen
unklar sind und die Klausel keine eindeutige Pflicht der Sparkasse
zur Herabsetzung der Entgelte bei sinkenden Kosten enthält und es
der Sparkasse damit ermöglicht, das ursprünglich vereinbarte vertragliche
Äquivalenzverhältnis zu ihren Gunsten zu verändern.

d) Das gilt ebenso für das in der Klausel enthaltene Zinsänderungsrecht. Auch
Zinsanpassungsklauseln im Kreditgeschäft von Kreditinstituten müssen den
allgemeinen Anforderungen an Preisanpassungsklauseln genügen (Aufgabe
von BGHZ 97, 212).
BGH, Urteil vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08 - OLG Brandenburg
LG Frankfurt (Oder)
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers
und die Richter Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Maihold und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 30. Januar 2008 wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es in der im landgerichtlichen Urteilstenor wiedergegebenen Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten "nach gemäß § 315" heißt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist. Die beklagte Sparkasse verwendet - wie alle öffentlich-rechtlichen Sparkassen - gegenüber ihren Kunden Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die nach dem Muster der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkassen (AGB-Sparkassen ) unter anderem folgende Klausel enthält: Nr. 17 – Entgelte, Kosten und Auslagen (1)Entgelt-Berechtigung Die Sparkasse ist berechtigt, für ihre Leistungen Entgelte, insbesondere Zinsen und Provisionen, vom Kunden zu verlangen. Dies gilt auch für Leistungen, die zusätzlich zu einer üblichen Grundleistung im Auftrag oder nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag im Interesse des Kunden erbracht oder im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung mit ihm erforderlich werden (z.B. bei der Verwaltung von Sicherheiten).
(2) Festsetzung und Ausweis der Entgelte Soweit nichts anderes vereinbart ist, werden die Entgelte im Privat - und Geschäftskundenbereich von der Sparkasse unter Berücksichtigung der Marktlage (z.B. Veränderung des allgemeinen Zinsniveaus) und des Aufwandes nach gemäß § 315 des Bürgerlichen Gesetzbuches nachprüfbarem billigen Ermessen festgelegt und geändert. Für typische, regelmäßig vorkommende Bankleistungen gelten die im Preisaushang, ergänzend im Preis- und Leistungsverzeichnis ausgewiesenen Entgelte, und zwar die der jeweils geltenden Fassung. Für dort nicht aufgeführte Leistungen, die nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind, werden angemessene Entgelte gemäß Satz 1 berechnet. Der Kunde kann die Vorlage einer Abrechnung verlangen.
Werden Zinsen oder sonstige Entgelte erhöht, kann der Kunde die davon betroffene Geschäftsbeziehung innerhalb von sechs Wochen seit Bekanntgabe mit sofortiger Wirkung kündigen. Im Falle
der Kündigung wird die Erhöhung nicht wirksam. Eine Kreditkündigung des Kunden gilt jedoch als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zweier Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt. (…)
2
Der Kläger wendet sich, soweit Bankgeschäfte betroffen sind, die mit privaten Kunden getätigt werden, mit der Unterlassungsklage aus § 1 UKlaG gegen Absatz 2 Satz 1 dieser Klausel. Das Landgericht hat der Klage unter Weglassung des Wortes "gemäß" vor § 315 BGB stattgegeben (LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 7. März 2007 - 13 O 370/06, juris). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (NJ 2008, 224 = BeckRS 2008, 13357). Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision ist unbegründet.

I.


4
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
5
Die beanstandete Allgemeine Geschäftsbedingung stelle sich nach den zutreffenden Erwägungen des Landgerichts bei der maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung als unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB dar und verstoße zugleich gegen das Transparenzgebot.
6
Entgegen der Ansicht der Beklagten sei durch den in Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB und in dem vorausgehenden Abs. 1 verwendeten Begriff der Leistung nicht sichergestellt, dass eine Vergütung von Tätigkeiten, zu deren kostenloser Ausführung die Beklagte von Rechts wegen verpflichtet sei, nicht unter Bezugnahme auf diese Regelung verlangt werde. Eine entsprechende Einschränkung des Leistungsbegriffs ergebe sich keinesfalls zwingend aus den von der Beklagten herangezogenen gesetzlichen Bestimmungen in § 241 Abs. 1 BGB und § 354 Abs. 1 und 2 HGB. Auch aus Nr. 17 Abs. 1 Satz 2 AGB und einer Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Jahr 2002 folge nichts anderes. Das Landgericht habe ferner zu Recht auf die fehlende Differenzierung des mit der beanstandeten Klausel begründeten Entgeltanpassungsanspruchs der Beklagten hinsichtlich der Verbraucherkreditverträge nach § 492 BGB und des Überziehungskredits nach § 493 BGB hingewiesen. Nach § 506 BGB sei es zwar verboten, im Rahmen eines Verbraucherkreditvertrages Zinserhöhungen entgegen § 494 Abs. 2 Satz 5 BGB vorzunehmen. Ein Bankkunde , der nicht in besonderem Maße rechtskundig sei, werde das Verhältnis der gesetzlichen Bestimmungen zu den für seinen Vertrag maßgeblichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Regelfall aber nicht durchschauen.
7
Der Verstoß gegen das Transparenzgebot ergebe sich bereits aus der umfänglichen Auslegung der Regelung, die die Beklagte unter Heranziehung des § 241 Abs. 1 BGB, des § 354 Abs. 1 und 2 HGB und des Zusammenspiels der Regelungen in Nr. 17 Abs. 1 und 2 AGB sowie der vor Jahren erfolgter Änderung unternehme.
8
Dem Landgericht sei auch insoweit zu folgen, als es ausreichend genaue Angaben zu den Umständen einer Anpassung der Entgelte und den zugrunde liegenden preisrelevanten Kostenelementen vermisse. Die Beklagte könne dem nicht durch den Hinweis entgegentreten, sie habe den Kunden unter Bezugnahme auf § 315 BGB eine gerichtliche Nachprüfung ihrer Ermessensentscheidung eröffnet. Das sei kein Korrektiv für ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht. Ebenso sei die in Nr. 17 Abs. 2 Satz 5 AGB vorgesehene Möglichkeit zur Kündigung kein angemessenes Mittel zur Wahrung der Interessen der Kunden.

II.


9
Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung stand. Dem Kläger steht gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG ein Anspruch gegen die Beklagte zu, es zu unterlassen, im Bankgeschäft mit privaten Kunden, das heißt Verbrauchern (§ 13 BGB), die in Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB enthaltene Klausel zu verwenden, da diese nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist.
10
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht, ohne dies allerdings auszuführen , davon ausgegangen, dass die beanstandete Klausel nicht nur bestimmt, wie die Entgelte von der Beklagten festgelegt und geändert werden, sondern dass sie auch regelt, ob Entgelte von der Beklagten erhoben werden. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Landgericht weiter zutreffend angenommen, dass die Beklagte nach Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB berechtigt ist, Entgelte auch für solche Leistungen zu erheben, zu deren Erbringung sie schon kraft Gesetzes oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die sie im eigenen Interesse vornimmt.
11
a) Der Senat kann die für die Inhaltskontrolle erforderliche Auslegung der Klausel durch das Berufungsgericht uneingeschränkt überprüfen , da die Klausel deutschlandweit von öffentlich-rechtlichen Sparkassen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet wird (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 2007 - VIII ZR 143/06, NJW 2007, 3632, Tz. 14 m.w.N.). Die Auslegung hat dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so zu erfolgen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind (st. Rspr., siehe nur BGHZ 106, 259, 264 f.; 176, 244, Tz. 19; BGH, Urteil vom 15. November 2006 - VIII ZR 166/06, WM 2007, 1142, Tz. 19). Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Nach ständiger Rechtsprechung führt diese Auslegungsregel dazu, dass bei einer mehrdeutigen Klausel von den möglichen Auslegungen diejenige zugrunde zu legen ist, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt (siehe nur BGHZ 139, 190, 199; 158, 149, 155). Denn damit ist die scheinbar "kundenfeindlichste" Auslegung im Ergebnis regelmäßig die dem Kunden günstigste (BGHZ 158, 149, 155; 176, 244, Tz. 19; BGH, Urteile vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335, 2337, vom 11. Oktober 2007 - III ZR 63/07, WM 2007, 2202, Tz. 25 und 31, vom 15. November 2007 - III ZR 247/06, WM 2008, 308, Tz. 28). Außer Betracht zu bleiben haben insoweit nur solche Verständnismöglichkeiten , die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fern liegend und nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (BGHZ 150, 269, 275 f.; 152, 262, 265).
12
b) Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Auslegung der streitigen Klausel durch das Berufungsgericht als richtig.
13
aa)Bei"kundenfeindlic hster" Auslegung wird die Frage, ob die Beklagte zur Erhebung von Entgelten berechtigt ist, entgegen der Ansicht der Revision nicht allein durch die - von dem Kläger nicht angegriffene - Klausel in Nr. 17 Abs. 1 AGB geregelt, sondern auch durch die hier streitige Klausel in Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB. Der Revision ist zwar zuzugeben , dass die Abfolge und die Überschriften der ersten beiden Absätze von Nr. 17 AGB ("Entgelt-Berechtigung" bzw. "Festsetzung und Ausweis der Entgelte“) für ihre Ansicht sprechen könnten. Bei "kundenfeindlichster" Auslegung ist jedoch die Auslegung, dass Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB eine eigenständige Berechtigung der Beklagten zur Erhebung von Entgelten enthält, keineswegs nur eine zwar theoretisch denkbare , praktisch aber fern liegende und nicht ernstlich in Betracht zu ziehende Verständnismöglichkeit. Schon der einleitende Nebensatz ("Soweit nichts anderes vereinbart ist, …") kann den Eindruck hervorrufen, dass die Beklagte eben dann, wenn nichts anderes vereinbart ist, für sämtliche von ihr erbrachten Tätigkeiten Entgelte festlegen darf. Dass dieses Verständnis nicht ganz fern liegt, zeigt der Vortrag der Beklagten selbst, wonach sich aus dem einleitenden Nebensatz ergeben soll, dass Verbraucherkreditverträge nicht von Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB erfasst werden. Dies wird zudem durch den nachfolgenden Satz 3 noch erheb- lich verstärkt. Danach werden für Leistungen, die im Preisaushang und im Preis- und Leistungsverzeichnis nach Satz 2 nicht aufgeführt sind, angemessene Entgelte nach Satz 1 berechnet, wenn sie "nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind". Dieser Nebensatz enthält eindeutig eine Regelung der Frage, ob - und nicht wie - Entgelte von der Beklagten berechnet werden dürfen. Er ergibt daher nur Sinn, wenn der Satz 1, der in Nr. 17 Abs. 2 Satz 3 AGB ausdrücklich in Bezug genommen wird, die Berechtigung der Beklagten zur Erhebung von Entgelten regelt.
14
Die bb) danach in der streitigen Klausel geregelte Berechtigung der Beklagten zur Erhebung von Entgelten erstreckt sich entgegen der Ansicht der Revision auch auf solche Tätigkeiten, zu deren Erbringung die Beklagte schon kraft Gesetzes oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die sie im eigenen Interesse vornimmt. Eine Einschränkung, dass solche Tätigkeiten nicht erfasst werden, enthält die Klausel nicht. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus dem Begriff der "Leistung" in Nr. 17 Abs. 1 und 2 AGB, der weder in der Klausel selbst noch in den von der Beklagten angeführten gesetzlichen Bestimmungen des § 241 BGB und § 354 HGB definiert ist.
15
2. Weiter ist das Berufungsgericht, allerdings wiederum unausgesprochen , zu Recht davon ausgegangen, dass die streitige Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegt.
16
a) Das gilt zunächst insoweit, als die Klausel, wie dargelegt, in ihrer kundenfeindlichsten Auslegung die Beklagte berechtigt, Entgelte auch für solche Leistungen festzusetzen, zu deren Erbringung die Be- klagte schon kraft Gesetzes oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die sie im eigenen Interesse vornimmt. Gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen , durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden, kontrollfähig. Darunter fallen zwar weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung (Senat BGHZ 124, 254, 256 f.; 133, 10, 13; 137, 27, 29 f.). Hingegen stellen Regelungen, die kein Entgelt für den Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbrachte Sonderleistungen zum Gegenstand haben, sondern Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten des Klauselverwenders oder für Tätigkeiten in dessen eigenem Interesse auf den Kunden abwälzen, eine kontrollfähige Abweichung von Rechtsvorschriften dar (Senat BGHZ 137, 27, 30; 141, 380, 383; 161, 189, 190 f., jeweils m.w.N.; Bunte in Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHandbuch , 3. Aufl., § 17 Rn. 16; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht , 10. Aufl., § 307 BGB Rn. 35; Nobbe, WM 2008, 185, 186; Steppeler, WM 2001, 1176, 1178). Solche (Preis-) Nebenabreden werden durch § 307 Abs. 3 S. 1 BGB nicht der AGB-Kontrolle entzogen (BGHZ 114, 330, 333; 124, 254, 256 ff.; 133, 10, 12 ff.; 136, 261, 264).
17
b) Zum anderen unterliegt die Klausel nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber auch insoweit der Inhaltskontrolle, als sie ein Preisanpassungs- und Zinsänderungsrecht der Beklagten enthält (vgl. u.a. BGHZ 97, 212, 215; 158, 149, 153; 176, 244, Tz. 10; BGH, Urteile vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 12 und vom 17. Dezember 2008 - VIII ZR 274/06, WM 2009, 321, Tz. 13, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
18
3. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die beanstandete Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht standhält, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen, von denen sie abweicht, nicht zu vereinbaren ist und dabei den Vertragspartner der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
19
a) Dies gilt zunächst, soweit die Klausel eine Berechtigung der Beklagten zur Erhebung von Entgelten für Leistungen ermöglicht, für die die Sparkasse kein gesondertes Entgelt verlangen darf.
20
aa) Zwar ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn sich ein Kreditinstitut für Sonderleistungen, die nicht Gegenstand der vertraglichen Vereinbarungen sind, aber im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung stehen, die Erhebung eines angemessenen Entgeltes vorbehält. Vielmehr muss ihm - auch im Interesse des Kunden - unbenommen bleiben, neue Leistungen anzubieten und hierfür ein Entgelt zu nehmen (vgl. Senat BGHZ 137, 27, 34).
21
bb) Indes entspricht es der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass Entgeltklauseln, in denen ein Kreditinstitut einen Vergütungsanspruch für Tätigkeiten normiert, zu deren Erbringung es bereits gesetzlich oder aufgrund einer selbständigen vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die es vorwiegend im eigenen Interesse vornimmt, mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelun- gen nicht vereinbar sind, da nach dem gesetzlichen Leitbild für solche Tätigkeiten ein Entgelt nicht beansprucht werden kann (BGHZ 114, 330, 335; 124, 254, 257; 136, 261, 265 f.; 137, 43, 46 f.; 146, 377, 383; 150, 269, 274; 161, 189, 191 und Senatsurteil vom 19. Oktober 1999 - XI ZR 8/99, WM 1999, 2545, 2546). Um eine solche Klausel handelt es sich bei Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB der Beklagten (siehe bereits unter II 1 b bb). Durch diese Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung wird eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung der Kunden des Verwenders bereits indiziert (Senat BGHZ 141, 380, 390; 146, 377, 384; 150, 269, 276; 161, 189, 195 und Urteil vom 19. Oktober 1999 - XI ZR 8/99, WM 1999, 2545, 2546). Dies gilt auch im vorliegenden Fall, in dem die Klausel der Beklagten die Möglichkeit einräumt, von ihren Kunden eine Vergütung für Tätigkeiten abzuverlangen, die sie nach dispositivem Recht ohne besonderes Entgelt zu erbringen hätte (vgl. Senat BGHZ 146, 377, 384 f.). Gründe, die die Klausel insoweit gleichwohl als nicht unangemessen erscheinen lassen könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich.
22
Zu b) Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB in Bezug auf das der Beklagten eingeräumte Preisanpassungs- und Zinsänderungsrecht ebenfalls der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhält.
23
aa) In Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklauseln sind, insbesondere bei auf Dauer angelegten Geschäftsverbindungen wie Verträgen mit Kreditinstituten, zwar nicht grundsätzlich unwirksam. Sie sind ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Verträgen. Sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (BGHZ 176, 244, Tz. 14; BGH, Urteile vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335, 2336, vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054, Tz. 20 und vom 11. Oktober 2007 - III ZR 63/07, WM 2007, 2202, Tz. 19).
24
Aus diesem Grund ist auch ein berechtigtes Interesse der Kreditinstitute , ihre Kreditzinssätze den veränderlichen Gegebenheiten des Kapitalmarktes nicht nur bei Neuabschlüssen, sondern auch bei bestehenden Verträgen anzupassen, vom Bundesgerichtshof anerkannt worden (BGHZ 97, 212, 216; 118, 126, 131; BGH, Urteile vom 4. Dezember 1990 - XI ZR 340/89, WM 1991, 179, 181, vom 12. Oktober 1993 - XI ZR 11/93, WM 1993, 2003, 2005 und vom 6. April 2000 - IX ZR 2/98, WM 2000, 1141, 1142 f.; vgl. zum Passivgeschäft auch Senatsurteile BGHZ 158, 149, 156 und vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 11).
25
bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die Schranke des § 307 BGB allerdings nicht eingehalten, wenn die Preisanpassungsklausel es dem Verwender ermöglicht, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (BGHZ 176, 244, Tz. 18; BGH, Urteile vom 16. März 1988 - IV a ZR 247/84, NJW-RR 1988, 819, 821, vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335, 2336, vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054, Tz. 21, vom 11. Oktober 2007 - III ZR 63/07, WM 2007, 2202, Tz. 11, vom 15. November 2007 - III ZR 247/06, WM 2008, 308, Tz. 10 und vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, ZIP 2009, 323, Tz. 25). Eine den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligenden Inhalt haben sie weiterhin dann, wenn sie nur das Recht des Klauselverwenders enthalten, Erhöhungen ihrer eigenen Kosten an ihre Kunden weiterzugeben, nicht aber auch die Verpflichtung, bei gesunkenen eigenen Kosten den Preis für die Kunden zu senken (BGHZ 176, 244, Tz. 17; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Recht, 4. Aufl., § 11 Nr. 1 Rn. 51; Borges, DB 2006, 1199, 1203; von der Linden, WM 2008, 195, 197).
26
cc) Gemessen an diesen Grundsätzen benachteiligt die angegriffene Klausel die Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
27
(1) Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Klausel keine Bindung der Beklagten bei der Vornahme von Preisanpassungen an den Umfang ihres eigenen Kostenanstiegs enthält und ihr somit die Möglichkeit eröffnet, durch eine diese übersteigende Preiserhöhung nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern darüber hinaus zusätzliche Gewinne zu erzielen. Eine hinreichende Beschränkung ergibt sich insoweit insbesondere nicht durch die in der Klausel angegebenen Anknüpfungsmerkmale der Marktlage und des Aufwandes. Es ist schon unklar , auf welchen Markt bzw. welches Marktsegment oder welchen Auf- wand abgestellt werden soll. Gleiches gilt für die Frage, welcher Schwellenwert erreicht sein muss, bis eine Änderung der Marktlage oder des Aufwandes eine Preisänderung rechtfertigt. Diese Angaben sind nicht etwa deshalb entbehrlich, weil sie angesichts der Vielzahl der von der Beklagten angebotenen entgeltpflichtigen Dienstleistungen nur schwer formulierbar sein mögen. Ein Verzicht auf sie würde vielmehr zu einer einseitigen Begünstigung der Beklagten führen.
28
(2) Zum anderen folgt die unangemessene Benachteiligung auch daraus, dass der Klausel eine dem Preiserhöhungsrecht der Beklagten im Falle von Kostensteigerungen entsprechende spiegelbildliche Verpflichtung zur Weitergabe von Kostenminderungen an die Kunden nicht zu entnehmen ist. Eine solche ergibt sich nicht aus der in Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB verwendeten Formulierung "werden (…) geändert". Damit wird bei der gebotenen „kundenfeindlichsten“ Auslegung nur zum Ausdruck gebracht, dass etwas geschehen wird bzw. soll. Einer solchen Ankündigung kann eine bindende Verpflichtung der Beklagten, eine Preisänderung vorzunehmen, indes nicht entnommen werden, zumal auch dafür die Voraussetzungen nicht genannt werden. Dies gilt vorliegend umso mehr, als die Preisanpassung "nach ... billigen Ermessen" erfolgen soll. Nach der im Verbandsprozess vorzunehmenden "kundenfeindlichsten" Auslegung ist indes dann, wenn eine Preisanpassungsklausel - wie hier - nicht deutlich auch als Pflicht des Verwenders zur Preisanpassung ausgestaltet ist, zu seinen Lasten davon auszugehen, dass sie eine solche Verpflichtung auch nicht beinhaltet (vgl. BGHZ 176, 244, Tz. 20 f.).
29
Diese dd) Ausführungen zum Preisanpassungsrecht gelten auch für das in der Klausel enthaltene Zinsanpassungsrecht, das lediglich eine spezielle Ausprägung des Preisanpassungsrechts darstellt.
30
Allerdings (1) hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 6. März 1986 (BGHZ 97, 212, 217 f.; nachfolgend auch Senatsurteile BGHZ 118, 126, 131, vom 4. Dezember 1990 - XI ZR 340/89, WM 1991, 179, 181 und vom 12. Oktober 1993 - XI ZR 11/93, WM 1993, 2003, 2005) eine inhaltlich unbeschränkte Zinsanpassungsklausel im Aktivgeschäft von Banken nicht wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) für unwirksam erachtet, sondern diese im Wege ergänzender Vertragsauslegung einschränkend dahingehend ausgelegt, dass sie den darlehensgebenden Kreditinstituten Änderungen des Zinssatzes nicht schrankenlos , sondern nur nach Maßgabe der kapitalmarktbedingten Veränderungen ihrer Refinanzierungskonditionen gestatten und die Bank bei sinkendem Zinsniveau auch zur Herabsetzung des dem Kunden berechneten Zinssatzes verpflichten. Diese Rechtsprechung hat in der Literatur erhebliche Kritik erfahren (vgl. Soergel/Stein, BGB, 12. Aufl., AGBG § 9 Rn. 68; Metz in Bruchner/Metz, Variable Zinsklauseln, Rn. 305 ff.; ders., BKR 2001, 21, 22 ff.; Habersack, WM 2001, 753, 755 ff.; Schimansky, WM 2001, 1169, 1172 f. und WM 2003, 1449, 1450; Derleder, WM 2001, 2029, 2031; v. Westphalen, BB 1993, 8, 11 und Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 21 III Rn. 31; zustimmend hingegen Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 BGB Rn. 184). Der erkennende Senat hat in einer nachfolgenden Entscheidung offen gelassen , ob an ihr festgehalten werden kann, und sie auf das Passivgeschäft der Banken nicht übertragen (BGHZ 158, 149, 156; auch Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 12).

31
Nunmehr (2) gibt der Senat in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in der Literatur diese Rechtsprechung auf. Sie berücksichtigt nicht, dass nach § 305c Abs. 2 BGB Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen und damit im Verbandsprozess stets von der "kundenfeindlichsten" Auslegung auszugehen ist (vgl. BGHZ 176, 244, Tz. 23). Es ist auch kein Grund ersichtlich, Zinsanpassungsklauseln insoweit anders als sonstige Preisänderungsklauseln auszulegen.
32
(3) Danach benachteiligt die angegriffene Klausel die Kunden auch insoweit unangemessen, als sie ein Zinsanpassungsrecht der Beklagten vorsieht. Auch ein solches benachteiligt die Kunden nur dann nicht unangemessen , wenn das Äquivalenzverhältnis gesichert ist, die Klausel mithin eine Bindung der Bank an den Umfang des Kostenanstiegs vorsieht und eine Verpflichtung der Bank enthält, Kostenminderungen an die Kunden weiter zu geben, ohne dass die Bank insoweit ein Ermessen hat (siehe schon BGHZ 97, 212, 217 f.; vgl. auch Staudinger/Kessal-Wulf, BGB (2004), § 492 Rn. 30 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB nicht gerecht (siehe schon unter II 3 b cc).
33
Darüber (4) hinaus ist die streitige Klausel im Hinblick auf das Zinsänderungsrecht nach §§ 134, 506 BGB nichtig, weil ihr Verbraucherdarlehen unterfallen und sie insoweit von § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 5 BGB und § 493 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BGB abweicht. Auch dies führt zur Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB (vgl. BGHZ 108, 1, 5; 118, 194, 198; 152, 121, 133).
34
Entgegen der Ansicht der Revision erfasst das in der Klausel enthaltene Zinsänderungsrecht nicht nur Verträge mit Unternehmern. Eine solche Einschränkung ergibt sich nicht hinreichend deutlich aus dem einleitenden Nebensatz "soweit nichts anderes vereinbart ist". Auch wenn die Beklagte, wie sie vorgetragen hat und wie mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts zu ihren Gunsten in der Revisionsinstanz zu unterstellen ist, stets gemäß § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 5 BGB in ihren Verbraucherdarlehensverträgen angegeben haben sollte, unter welchen Voraussetzungen preisbestimmende Faktoren geändert werden können, so ist nicht auszuschließen, dass dies in Zukunft - versehentlich - unterbleibt. Für den durchschnittlichen, rechtsunkundigen Verbraucher ist dann aber nicht erkennbar, dass Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB wegen des Vorrangs der Sanktion des § 494 Abs. 2 Satz 5 BGB nicht eingreift. Die Beklagte könnte daher unter Berufung auf ihre AGB ein ihr nicht zustehendes Zinsänderungsrecht gegenüber rechtlich nicht beratenen Verbrauchern durchsetzen. Diese Möglichkeit, dass Pflichtangaben in Verbraucherdarlehensverträgen unterlassen werden, ist, wie dem Senat aus zahlreichen Rechtsstreitigkeiten bekannt ist, nicht nur eine theoretisch denkbare, praktisch aber fern liegende (vgl. dazu Senat BGHZ 150, 269, 275). Die Nichtanwendbarkeit der Nr. 17 AGB auf solche Verträge wird für den Verbraucher somit nur dann hinreichend deutlich, wenn diese ausdrücklich - wie etwa in Nr. 12 Abs. 6 AGB-Banken - aus ihrem Anwendungsbereich herausgenommen sind. In Bezug auf Überziehungskredite fehlt es darüber hinaus an Vortrag der Beklagten, dass und wodurch insofern den Anforderungen des § 493 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BGB Genüge getan wird.
35
(5) Da die Klausel die Kunden hinsichtlich des Zinsanpassungsrechts bereits aus den vorgenannten Gründen unangemessen benachteiligt , bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob dies auch deshalb der Fall ist, weil, wie das Berufungsgericht angenommen hat, die in der Klausel aufgeführten Anpassungsparameter "der Marktlage (z.B. Veränderung des allgemeinen Zinsniveaus) und des Aufwandes" dem Gebot nicht genügen , die Voraussetzungen für die Änderungsbefugnis bzw. -pflicht in sachlicher Hinsicht (z.B. Umstände einer Zinsanpassung, insbesondere Bindung an einen aussagekräftigen Referenzzinssatz) und in zeitlicher Hinsicht (z.B. Dauer der Zinsperiode) weitestmöglich zu präzisieren, damit der Kreditnehmer vorhersehen und kontrollieren kann, ob eine Zinsanpassung der Bank zu Recht erfolgt ist (so LG Dortmund, WM 2000, 2095, 2096 f.; LG Köln, WM 2001, 201, 202; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB (2004), § 492 Rn. 58; Schimansky, WM 2001, 1169, 1173 und WM 2003, 1449 ff.; Habersack, WM 2001, 753, 758; Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 216 ff.).
36
ee) Die unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten wird entgegen der Ansicht der Revision weder hinsichtlich des Preisänderungs - noch bezüglich des Zinsanpassungsrechts durch das Recht zur Kündigung oder die Möglichkeit ausgeräumt, die Preis- bzw. Zinsanpassung einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen.
37
(1) Stellt eine Preis- und Zinsänderungsklausel nicht die Wahrung des Äquivalenzverhältnisses sicher und ist deswegen nicht ausgeschlossen , dass der Verwender unangemessene Erhöhungen zur Steigerung seines Gewinns vornehmen kann, wirkt sich eine Kündigung seitens des Kunden nur zu Gunsten des Verwenders und nicht zum Vorteil des Kun- den aus. Der Verwender erhält damit die Möglichkeit, durch unangemessene Preis- oder Zinsänderungen und anschließende Kündigung des Kunden von einem zuvor für ihn ungünstigen, für den Kunden jedoch vorteilhaften Vertrag frei zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2007 - III ZR 247/06, WM 2008, 308, Tz. 34; Borges, DB 2006, 1199, 1204; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Recht, 4. Aufl., § 11 Nr. 1 Rn. 49). Ferner stellt ein Kündigungsrecht bei Aktivgeschäften eines Kreditinstituts für einen Darlehensnehmer auch schon mit Blick auf die hohen Transaktionskosten einer häufig erforderlichen Umschuldung keine adäquate Kompensation für das Leistungsbestimmungsrecht des Kreditinstituts dar (Habersack, WM 2001, 753, 757; Schimansky, WM 2001, 1169, 1172 und WM 2003, 1449; Metz in Hadding/Nobbe, RWS Forum 17 - Bankrecht 2000 S. 183, 197).
38
(2) Lässt eine Preis- und Zinsänderungsklausel weiter den Kunden darüber im Unklaren, ob und in welchem Umfang das Kreditinstitut zu einer Anpassung berechtigt oder zu seinen Gunsten verpflichtet ist, läuft auch die dem Kunden eingeräumte Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle weitgehend leer. Kommt es erst gar nicht zu einer gebotenen Herabsetzung des Preises oder Zinssatzes, versagt sie für gewöhnlich, weil der Kunde mangels hinreichenden Anhalts schon eine solche Verpflichtung des Verwenders zumeist nicht zu erkennen vermag. Erfolgt eine Preis- oder Zinsanpassung zu seinen Ungunsten, fehlt ihm die Beurteilungsgrundlage , ob sich die Anpassung im Rahmen des der Bank zustehenden Gestaltungsspielraumes bewegt oder ein Verfahren nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB mit Erfolg betrieben werden kann (Habersack, WM 2001, 753, 757).

III.


39
Die Revision ist daher zurückzuweisen.
40
Soweit im Tenor des landgerichtlichen Urteils Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB ohne das Wort "gemäß" vor "§ 315" wiedergegeben ist, liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor, die nach § 319 Abs. 1 ZPO jederzeit von Amts wegen - auch vom Rechtsmittelgericht (BGHZ 106, 370, 373; 133, 184, 191; BGH, Urteil vom 3. April 1996 - VIII ZR 54/95, WM 1996, 1817, 1818; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 319 Rn. 22) - berichtigt werden kann. Nach den Gründen des landgerichtlichen Urteils und der ange- fochtenen Entscheidung sollte der Beklagten die Verwendung dieser Klausel ohne jede Einschränkung untersagt werden. Der Tenor ist deshalb wie geschehen zu berichtigen.
Wiechers Müller Ellenberger
RiBGH Maihold ist dienstunfähig erkrankt und daher gehindert zu unterschreiben. Wiechers Matthias
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 07.03.2007 - 13 O 370/06 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 30.01.2008 - 7 U 71/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 197/09 Verkündet am:
13. April 2010
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
§ 315 Abs. 1, § 316

a) Die Formularklausel, "die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz für SVersicherungseinlagen
…", ist wirksam, soweit sie die Vereinbarung eines variablen Zinses enthält,
weil es sich dabei um eine gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Klauselkontrolle nicht unterliegende
Preisregelung der Parteien handelt. Sie ist aber in Bezug auf die Ausgestaltung der Variabilität
nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam, weil sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit
möglicher Zinsänderungen aufweist.

b) Die durch die (teilweise) Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel entstandene Lücke im Vertrag ist
durch ergänzende Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zu schließen; ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht
des Bankkunden nach § 316 BGB kommt ebenso wenig in Betracht wie ein einseitiges
Leistungsbestimmungsrecht der Bank nach § 315 Abs. 1 BGB.

c) Das Gericht hat die maßgeblichen Änderungsparameter selbst zu bestimmen, wobei in sachlicher
Hinsicht (insbesondere Bindung an einen aussagekräftigen Referenzzins) und in zeitlicher Hinsicht
(Dauer der Zinsperiode) präzise Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit
und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen.

d) Die vom Berufungsgericht vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung unterliegt der selbständigen
und uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht, weil formularmäßige Zinsänderungsklauseln
typische Vereinbarungen sind, bei deren Unwirksamkeit im Interesse der
Rechtssicherheit eine allgemeinverbindliche ergänzende Vertragsauslegung unabhängig von den
Besonderheiten des konkreten Einzelfalls sachlich geboten ist.
BGH, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09 - OLG Zweibrücken
LG Zweibrücken
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter
Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Maihold und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 8. Juni 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 10. Oktober 2008 wegen der Abweisung der Klage in Höhe von 3.081,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Juli 2006 sowie 186,82 € vorgerichtlicher Kosten zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt von der beklagten Sparkasse die Zahlung weiterer Zinsbeträge aus einem beendeten Sparvertrag an sich und ihren Ehemann.
2
Die Klägerin und ihr Ehemann schlossen im Jahre 1986 einen Sparvertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) über ein so genanntes S-Versicherungssparen mit einer Laufzeit von zwanzig Jahren. In dem von ihnen unterzeichneten Vertragsformular heißt es: "2. Zinsen und Prämien Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz für S-Versicherungseinlagen am Ende der Gesamtdauer des Vertrages eine unverzinsliche Prämie auf die vertragsgemäß eingezahlten Sparbeiträge. Die Prämie beträgt bei einer Vertragsdauer von 8 bis 9 Jahren - 2%, 10 bis 11 Jahren - 4%, 12 bis 14 Jahren - 10%, 15 bis 19 Jahren - 15%, 20 bis 25 Jahren - 30%. 3. Kündigung Bis 4 ½ Jahre vor Ende des Vertragsdatums kann der Kunde über Beträge jeweils nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist von 6 Monaten unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 48 Monaten verfügen; ab einem Zeitpunkt von 3 Monaten vor Ende der Vertragsdauer kann das Guthaben unter Einhaltung einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden. Die Zahlung einer Prämie erfolgt für die tatsächliche Vertragsdauer entsprechend der Prämienstaffel. Bei Verfügungen vor dem Vertragsende ohne Einhaltung der Kündigungsfrist wird eine S-Prämie nicht gezahlt."
3
Der von der Beklagten gezahlte Nominalzins für S-Versicherungssparen betrug laut ihrem Preisaushang bei Abschluss des Sparvertrages jährlich 5%. Die Klägerin und ihr Ehemann zahlten in den Jahren 1986 bis 2005 die vereinbarten monatlichen Sparbeträge von 200 DM für die Zeit von Oktober bis Dezember 1986 und von 100 DM ab dem 1. Januar 1987 ein, wobei allerdings nicht monatlich gezahlt wurde, was der Sparvertrag zuließ. Mit Ablauf des Sparvertrages zahlte die Beklagte an die Klägerin und ihren Ehemann einen Betrag von 22.034,20 € aus.
4
Die Klägerin hat die Zinsberechnung der Beklagten beanstandet und sie mit wechselnden Anträgen auf Zahlung höherer Sparzinsen nebst Verzugszinsen an sich und ihren Ehemann sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten in Anspruch genommen. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat unter Heranziehung der von der Beklagten genannten Kombination aus den in der Bundesbankstatistik ausgewiesenen Zinssätzen für zwei- und zehnjährige Spareinlagen im Verhältnis von 20% zu 80% sowie Berücksichtigung einer Anpassungsschwelle von 0,1 Prozentpunkten einen restlichen Zahlungsanspruch der Klägerin und ihres Ehemannes in Höhe von 19,94 € errechnet, den die Beklagte nebst Zinsen anerkannt hat.
5
Das Landgericht hat die Beklagte dem Anerkenntnis entsprechend verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der Klägerin, mit der sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 4.320,75 € nebst Zinsen sowie 246,13 € vorgerichtlicher Kosten begehrt hat, hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag in Höhe von 3.081,24 € nebst Zinsen sowie 186,82 € vorgerichtlicher Kosten weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
Soweit die Klägerin wegen der zunächst unbeschränkt eingelegten Revision die Rücknahme der weitergehenden Revision erklärt hat, geht das ins Leere. Eine Teilrücknahme der Revision (§§ 555, 516 ZPO) liegt nicht vor, wenn der Revisionskläger die Revision unbeschränkt einlegt (§ 549 ZPO) und in der Revisionsbegründung die Revisionsanträge von vornherein hinter der Beschwer des Revisionsklägers zurückbleiben. Denn erst in der Revisionsbegründung müssen die Revisionsanträge enthalten sein (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ZPO), die den Umfang des eingelegten Rechtsmittels bestimmen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 1968 - VIII ZB 26/68, NJW 1968, 2106; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 516 Rn. 26). Für eine Entscheidung des Revisionsgerichts nach §§ 555, 516 Abs. 3 ZPO über den nicht angegriffenen Teil der Berufungsentscheidung ist kein Raum, weil dieser Teil nicht beim Revisionsgericht anhängig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 1968 - VIII ZB 26/68, NJW 1968, 2106).

I.

8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für die Revisionsinstanz von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
9
Nach dem Inhalt des Sparvertrages sei ein variabler Zinssatz vereinbart worden. Der Sparvertrag enthalte jedoch keine Regelung, wie die Änderung des Zinssatzes vorzunehmen sei. Er stelle daher die Änderung des Zinssatzes einseitig in das Ermessen der Sparkasse. Eine solche Zinsänderungsklausel sei aber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen - wie sie hier vorlägen - unwirksam.
10
Das führe aber nicht dazu, dass gar keine Zinsen zu zahlen wären. Vielmehr sei die unwirksame Klausel durch eine ergänzende Vertragsauslegung auszufüllen, da es hierzu an dispositivem Gesetzesrecht fehle. Entscheidend sei danach, welche Regelung von den Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der vereinbarten Zinsänderungsklausel nach dem Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner gewählt worden wäre. Die Parteien hätten im Grundsatz eine Entscheidung für Zinsvariabilität und damit gegen Zinsstabilität getroffen. An dieser Entscheidung seien sie festzuhalten. Die Beklagte habe als Referenzzins eine Kombination zwischen den Zinssätzen für 2- und 10-jährige Anlagen gewählt gemäß den Statistiken der Deutschen Bundesbank bei einer Gewichtung von 20% und 80%. Mit dem Zinssatz für 10-jährige Anlagen und dem Zinssatz für 2-jährige Anlagen werde sowohl der Langfristigkeit der Anlage als auch einer möglichen vorzeitigen Kündigung Rechnung getragen. Die auf dieser Basis vorgenommene Zinsänderung sei daher nicht zu beanstanden.
11
Demgegenüber sei es nicht sach- und interessengerecht, den Spareckzins als Referenzzins heranzuziehen, da dieser sich auf Spareinlagen beziehe, die mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündbar seien. Solche kurzfristig verfügbaren Spareinlagen seien mit der von den Parteien gewählten langfristigen Anlage nicht vergleichbar. Soweit die Klägerin sich darauf berufe, dass sie ein Interesse gehabt habe, einen Sparzins zu erzielen, der deutlich über dem Spareckzins liege und immer denselben Abstand zum Spareckzins aufweise, stelle dies lediglich ihr einseitiges Interesse dar, berücksichtige aber nicht die ebenfalls abzuwägenden Interessen der Beklagten.
12
Des Weiteren berücksichtige es die beiderseitigen Interessen am besten, eine Zinsänderung nicht schon bei der Änderung eines Referenzzinssatzes um 0,01 Prozentpunkte nach oben oder unten vorzunehmen, wie es die Verbraucherzentrale in der von der Klägerin vorgelegten Berechnung getan habe. Interessengerecht sei, dass erst eine Veränderung des Zinssatzes von einer gewissen Erheblichkeit zu einer Änderung des Vertragszinses führe, um nicht laufend den Zinssatz ändern zu müssen, was zu Unübersichtlichkeiten bei der Abrechnung führe. Die von der Beklagten gewählte Anpassungsschwelle von 0,1 Prozentpunkten nach oben oder unten sei ein Wert, der auch in der Literatur als richtig angesehen werde.
13
Der Sachverständige habe in seinem Gutachten den oben genannten Referenzzins herangezogen und auch die Änderungen des Zinssatzes bei der entsprechenden Veränderung vorgenommen. Er habe dabei als ersten Zinssatz entsprechend der von der Beklagten vorgenommenen Gutschrift in dem Sparbuch einen Zinssatz von 5,16% berücksichtigt, wie dies die Beklagte auch in ihrer Nachberechnung getan habe. Des Weiteren habe er den jeweiligen Zinsabstand zum Referenzzins beibehalten. Die von der Klägerin vorgelegte Zinsberechnung der Verbraucherzentrale unter Zugrundelegung desselben Referenzzinses, die zu einem anderen Ergebnis komme, beruhe darauf, dass dort als erster Vertragszins ein Zinssatz von 6% eingestellt worden sei und Änderungen des Zinssatzes bereits bei einer Veränderung um 0,01 Prozentpunkte vorgenommen werde. Dies entspreche jedoch nicht einer interessengerechten Auslegung. Die Klägerin habe nicht zu beweisen vermocht , dass mit ihr ein anfänglicher Zinssatz von 6% vereinbart worden sei. Vielmehr sei nach dem Sparvertrag der jeweils gültige Zins vereinbart gewesen, der sich für den Beginn des Vertrages feststellen lasse, da er dort im Preisaushang der Sparkasse aufgeführt gewesen sei. Die Beklagte habe insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass der Zinssatz sowohl im August 1986 als auch im Oktober 1986 jeweils bei 5% gelegen habe.

II.

14
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht nach den bisher getroffenen Feststellungen den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch aus dem Sparvertrag mit der Beklagten auf Zahlung weiterer Zinsen in Höhe von 3.081,24 € verneint. Dementsprechend ist auch die Versagung der von der Klägerin begehrten vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 186,82 € bislang nicht gerechtfertigt.
15
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die streitige Zinsänderungsklausel insofern wegen Verstoßes gegen den nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbaren § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist, als sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (vgl. Senat, BGHZ 158, 149, 153 ff. und Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 10 ff.; jeweils zu vergleichbaren Klauseln

).

16
Zutreffend ist das Berufungsgericht stillschweigend weiter davon ausgegangen , dass die Klausel dagegen wirksam ist, soweit sie die Vereinbarung eines variablen Zinssatzes enthält, weil es sich dabei um eine gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Klauselkontrolle nicht unterliegende Preisregelung der Parteien handelt (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 16 f.). Ebenfalls nicht der Inhaltskontrolle unterliegt der anfängliche Vertragszins, der Ausgangspunkt der Zinsänderung ist (vgl. Senat, BGHZ 158, 149, 153 f.; Schimansky, WM 2003, 1449, 1452). Nach den im Revisionsverfahren bindenden tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 559 ZPO) haben die Parteien keinen anfänglichen Vertragszins in Höhe von 6% vereinbart, sondern den im Preisaushang der Beklagten ausgewiesenen Zins, der im August und im Oktober 1986 gemäß dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten 5% betragen hat. Soweit das Berufungsgericht entsprechend den tatsächlichen Buchungen der Beklagten einen Anfangszinssatz von 5,16% seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, beschwert das die Klägerin als für sie günstig nicht.
17
2. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die vom Berufungsgericht auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens vorgenommene Zinsberechnung.
18
a) Das Berufungsgericht ist insoweit allerdings wiederum im Ansatz zu Recht davon ausgegangen, dass die durch die Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel entstandene Lücke im Vertrag durch ergänzende Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zu schließen ist (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 18 m.w.N.). Entgegen der Ansicht der Revision kann die Lücke nicht durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin nach § 316, § 315 Abs. 1 BGB geschlossen werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt § 316 BGB lediglich eine nur im Zweifel eingreifende gesetzliche Auslegungsregel dar, der gegenüber die Vertragsauslegung den Vorrang hat. Eine Vertragslücke kann nicht durch den Rückgriff auf § 316 BGB geschlossen werden, wenn und weil dies dem Interesse der Parteien und ihrer Willensrichtung typischerweise nicht entspricht. Vielmehr ist es geboten, vorrangig die Regeln über die ergänzende Vertragsauslegung heranzuziehen, wofür die den Gegenstand der Leistung und die das Verhältnis der Parteien prägenden Umstände maßgeblich sind. Denn diese bestimmen den Inhalt der von den Parteien getroffenen Absprachen und bilden in aller Regel eine hinreichende Grundlage für die Festlegung der interessengerechten Gegenleistung (vgl. BGHZ 94, 98, 101 f.; 167, 139, Tz. 10; BGH, Urteil vom 26. September 2006 - X ZR 181/03, NJW-RR 2007, 103, Tz. 20). Ent- scheidend ist danach, welche Regelung von den Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der vereinbarten Zinsänderungsklausel nach dem Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) als redliche Vertragspartner gewählt worden wäre (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 18).
19
b) Zutreffend ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, dass der Beklagten im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung kein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 Abs. 1 BGB zugebilligt werden kann. Das einseitige Leistungsbestimmungsrecht des Klauselverwenders entfällt mit Unwirksamkeit der Klausel ersatzlos (vgl. Schimansky, WM 2001, 1169, 1175; Burkiczak, BKR 2007, 190, 193; Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 218; Metz, BKR 2001, 21, 24, 28; siehe auch BGHZ 94, 98, 103; aA Habersack, WM 2001, 753, 760). Die Beklagte konnte daher nicht einseitig die Parameter festlegen, die sie ihrer Neuberechnung zugrunde gelegt hat und auf denen das Sachverständigengutachten beruht. Da diese Parameter nicht Inhalt des Sparvertrages sind, kann auch dahinstehen , ob sie im Rahmen einer vertraglichen Zinsänderungsklausel der Inhaltskontrolle standhalten würden. Vielmehr hat das Gericht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die maßgeblichen Parameter selbst zu bestimmen , wobei in sachlicher Hinsicht (z.B. Umstände einer Zinsänderung, insbesondere Bindung an einen aussagekräftigen Referenzzins) und in zeitlicher Hinsicht (z.B. Dauer der Zinsperiode) präzise Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen (vgl. Senat, BGHZ 180, 257, Tz. 35 m.w.N.).
20
c) Die vom Berufungsgericht vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung unterliegt der selbständigen und uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Formularmäßige Zinsänderungsklauseln der vorliegenden Art sind - ähnlich wie die AGB-Sparkassen (dazu Senat BGHZ 180, 135, Tz. 11) - typische, deutschlandweit verbreitete Vereinbarungen, bei deren Unwirksamkeit im Interesse der Rechtssicherheit eine allgemeinverbindliche ergänzende Vertragsauslegung unabhängig von den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls sachlich geboten ist (vgl. Senat BGHZ 164, 286, 292; BGH, Urteil vom 24. Januar 2008 - III ZR 79/07, WM 2008, 1886, Tz. 11; H. Schmidt, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 306 Rn. 32 m.w.N.).
21
aa) Als wichtigster Parameter ist der Referenzzins zu bestimmen, dessen Veränderung Auslöser für die Zinsänderung ist. Es muss sich hierbei um einen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzins handeln, der von unabhängigen Stellen nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt wird und die Bank nicht einseitig begünstigt (vgl. Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 215; siehe auch § 675g Abs. 3 Satz 2 BGB). Dabei ist unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarktes diejenige oder eine Kombination derjenigen auszuwählen, die dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommen (Senat, BGHZ 158, 149, 158).
22
Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen, hat aber zu Unrecht den Referenzzins als sachgerecht angesehen, den die Beklagte auf der Grundlage der in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze selbst aus einer Kombination aus 2- und 10-jährigen Anlagen errechnet hat. Das ist nicht interessengerecht und lässt wesentliche Regelungen in dem Sparvertrag außer Betracht. Der Sparvertrag hatte eine Laufzeit von 20 Jahren. Die volle Prämie von 30%, die diesen Vertrag für die Klägerin im Vergleich zu einem gewöhnlichen Sparbuch besonders interessant machte, fiel nur an, wenn der Sparvertrag über die volle Laufzeit durchgehalten wurde und keine vorzeitige Verfügung über das Guthaben erfolgte. Die vorzeitige Kündigungsmöglichkeit der Klägerin mit einer Frist von 4 1/2 Jahren war für sie keine echte Handlungsalternative, da sie dann für das gekündigte Kapital keine oder nur eine deutlich geringere Prämie erhalten hätte (vgl. dazu auch BGHZ 158, 149, 157). Die Einbeziehung eines Referenzzinses für kurzfristige Spareinlagen entspricht daher selbst dann, wenn dies - wie hier von der Beklagten vorgesehen - nur mit einem Anteil von 20% geschieht, nicht dem im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Interesse der Parteien. Aus denselben Gründen kann entgegen der Ansicht der Revision auch der Spareckzins nicht als Referenzzins herangezogen werden, weil er den Zinssatz für Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten angibt.
23
Nach dem Konzept des Sparvertrages ist es allein interessengerecht, einen Referenzzins für langfristige Spareinlagen heranzuziehen. Die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze für vergleichbare Produkte hat der Bundesgerichtshof bereits in der Vergangenheit als geeignete Referenz angesehen (vgl. BGHZ 97, 212, 223; auch BGHZ 161, 196, 203 f.). Es sind daher die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze für Spareinlagen mit einer Laufzeit zugrunde zu legen , die der zwanzigjährigen Laufzeit des vorliegenden Sparvertrages unter Berücksichtigung des Ansparvorgangs nahe kommen. Dazu hat das Berufungsgericht bisher keine Feststellungen getroffen. Es wird daher nach ergänzendem Vortrag der Parteien gegebenenfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären haben, welcher konkrete, in den Zinsstatistiken der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Zins als maßgebliche Referenz heranzuziehen ist.
24
bb) Ferner sind die Anpassungsschwelle, ab der eine Zinsänderung vorzunehmen ist, und der Anpassungszeitraum, für den sie gelten soll, zu ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Parteien bei der Bestimmung der Anpassungsschwelle und des Anpassungsintervalls weitestgehend frei sind. Sie müssen nur beachten, dass für Zinssenkungen und Zinserhöhungen die glei- chen Parameter verwendet werden (Schimansky, WM 2001, 1169, 1173; Rösler /Lang, ZIP 2006, 214, 217). Haben die Parteien - wie hier - keine wirksame Vereinbarung getroffen, kann es wegen des weiten Ermessens der Parteien bei der Festlegung einer Anpassungsschwelle auch interessengerecht sein, dass sie ganz entfällt und wie bei einer Zinsgleitklausel (vgl. dazu Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 215) jede Veränderung des Referenzzinses auch zu einer Veränderung des Vertragszinses führt.
25
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den Angaben der Beklagten folgend eine Veränderung des Referenzzinses von 0,1 Prozentpunkten als maßgeblichen Schwellenwert angesehen. Das Berufungsgericht hat gemeint, eine Anpassung bei einem Schwellenwert von 0,01%, wie sie von der Klägerin geltend gemacht wird, sei untunlich, weil beide Seiten ein Interesse daran hätten, dass erst eine Veränderung des Zinssatzes von einer gewissen Erheblichkeit zu einer Änderung des Vertragszinses führe, um nicht laufend den Zinssatz ändern zu müssen, was dann zur Unübersichtlichkeit der Abrechnung führe. Diese Ausführungen beachten nicht, dass es bei der üblichen Zinsberechnung mittels elektronischer Datenverarbeitung ohne weiteres möglich ist - wie bei Zinsgleitklauseln - jede Veränderung des Referenzzinssatzes exakt und ohne größeren Aufwand nachzuvollziehen. Dass in der Literatur ein Schwellenwert von 0,1 Prozentpunkten als angemessen angesehen wird, mag bei der Inhaltskontrolle einer entsprechenden Klausel von Bedeutung sein, besagt aber nichts für die Frage, was die Parteien in Kenntnis der Vertragslücke vereinbart hätten. Hierzu ist in erster Linie auf die vertraglichen Abreden abzustellen, soweit sich ihnen ein Hinweis auf den Parteiwillen entnehmen lässt. Die streitgegenständliche Zinsänderungsklausel sieht vor, dass jede Veränderung des dort genannten - unzulässigen - Referenzzinssatzes auch zu einer Anpassung des Vertragszinses führen sollte. Es ist daher interessengerecht, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen, dass jede Veränderung des Referenzzinses ohne Erreichen einer bestimmten Anpassungsschwelle zu einer Veränderung des Vertragszinses führt. Da der den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank zu entnehmende Referenzzins monatlich veröffentlicht wird, ist es sachgerecht, die Vereinbarung monatlicher Anpassungen anzunehmen.
26
cc) Die Zinsänderung muss ferner das Äquivalenzprinzip beachten. Nach diesem darf die Bank das Grundgefüge eines Vertragsverhältnisses durch die Zinsänderung nicht zu ihren Gunsten verändern, sondern muss insbesondere auch für den Kunden günstige Anpassungen vornehmen (vgl. Senat, BGHZ 180, 257, Tz. 32; Senatsurteile vom 4. Dezember 1990 - XI ZR 340/89, WM 1991, 179, 182 und vom 12. Oktober 1993 - XI ZR 11/93, WM 1993, 2003, 2004 f.). Entscheidend ist dabei die Relation zu vergleichbaren Produkten am Markt, das heißt, das Verhältnis des konkret vereinbarten Zinses zum Referenzzins muss gewahrt bleiben, nicht aber eine gleich bleibende Gewinnmarge (vgl. Schimansky, WM 2003, 1449, 1452).
27
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft - dem von ihm bestellten Sachverständigen folgend - seiner Berechnung einen gleich bleibenden Abstand des Vertragszinses zum Referenzzins sowohl bei Zinssenkungen als auch bei Zinserhöhungen zugrunde gelegt. Eine Klausel, in der ausdrücklich angegeben ist, dass die Zinsänderung in dieser Weise erfolgen soll, mag zwar gegebenenfalls der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB standhalten. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung kann diese Berechnungsmethode vorliegend aber nicht zugrunde gelegt werden, da sie nicht dem beiderseitigen Interesse der Parteien entspricht. Der immer gleiche Abstand zum Referenzzins führt zu einer Sicherung der anfänglichen Marge in absoluten Prozentpunkten über die gesamte Vertragslaufzeit und kann, wenn der Referenzzins stark fällt, im Extremfall dazu führen, dass der Vertragszins unter Null fällt, also theoretisch eine Zinszahlungspflicht des Kunden an die Bank entstünde. Auch wenn günstige Zinskonditionen grundsätzlich günstig bleiben müssen und ungünstige auch ungünstig bleiben dürfen, so ist eine absolute Margensicherung oder gar das Entfallen eines Zinsanspruchs bzw. die Umkehr eines Zahlungsanspruchs in eine Zahlungspflicht nicht interessengerecht. Die im S-Sparvertrag enthaltene ursprüngliche Regelung sah die Maßgeblichkeit des jeweils gültigen Zinses vor, was gegen eine derartige statische Margensicherung oder gar das Absinken des Zinsanspruchs ins Negative spricht. Vielmehr ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen, dass die Parteien die Beibehaltung des anfänglichen relativen Abstandes des Vertragszinses zum Referenzzins über die gesamte Vertragslaufzeit vereinbart hätten. Dieser relative Abstand gewährleistet zum einen, dass der Vertragszins immer den gleichen prozentualen Abstand zum Referenzzins beibehält und so das Grundgefüge der Vertragskonditionen über die gesamte Laufzeit beibehalten wird, also ein günstiger Zins auch günstig bleibt. Zum anderen verhindert die Maßgeblichkeit des prozentualen Abstandes zwischen Vertragszins und Referenzzins die Verstetigung einer absoluten Gewinnmarge und das Absinken des Vertragszinses auf Null oder ins Negative.
28
dd) Aus der beiderseits interessengerechten ergänzenden Vertragsauslegung folgt, dass eine Begrenzung des Zinsänderungsrechts bzw. der Zinsänderungspflicht der Beklagten durch ihr Neukundengeschäft vorliegend nicht vorzunehmen ist. Der Bundesgerichtshof hat für das Kreditgeschäft ausgesprochen , eine Bank dürfe bei zulässigen oder gebotenen Zinsänderungen im Regelfall ihre Bestandskunden nicht schlechter behandeln als Neukunden, denen sie Kredite dieser Art und Größenordnung gewähre, so dass sie bei Zinsänderungen den nunmehr allgemein von ihr verlangten "Normalzins" einhalten müsse (vgl. BGHZ 97, 212, 223; Schimansky WM 2003, 1449, 1452). Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, welche Bedeutung dieser Aussage außerhalb der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB bei der Inhaltskontrolle von Zinsänderungsklauseln im Kreditgeschäft nach § 307 BGB beizumessen ist und ob sie auf das Einlagengeschäft einer Bank übertragen werden kann. Denn durch die Maßgeblichkeit des relativen Abstandes von Vertragszins zum Referenzzins wird vorliegend eine unzumutbare Benachteiligung der Klägerin gegenüber Neukunden vermieden, so dass es keiner Begrenzung der Zinsänderung durch den jeweils von der Beklagten an Neukunden gezahlten "Normalzinssatz" bedarf.

III.

29
Das Berufungsurteil ist demnach im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache gemäß den vorstehenden Ausführungen nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Wiechers Müller Ellenberger Maihold Matthias Vorinstanzen:
LG Zweibrücken, Entscheidung vom 10.10.2008 - 1 O 298/06 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 08.06.2009 - 7 U 178/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 52/08 Verkündet am:
21. Dezember 2010
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur ergänzenden Vertragsauslegung bei Unwirksamkeit einer Zinsänderungsklausel
zu laufenden Zinsen in einem Sparvertrag (im Anschluss an BGH, Urteil vom
13. April 2010 - XI ZR 197/09).

b) Soweit statistische Daten eines geeigneten Referenzzinses nicht während der gesamten
Laufzeit eines Sparvertrags zur Verfügung stehen, kann dem im zeitlichen
Anschluss durch Heranziehung der Zinsentwicklung eines neuen Referenzzinses
Rechnung getragen werden. Diese Referenzzinssätze müssen unabhängig von
Unterschieden in ihrer Erhebung und Berechnung jeweils für sich die Zinsentwicklung
des konkreten Sparvertrags möglichst weitgehend abbilden.
BGH, Urteil vom 21. Dezember 2010 - XI ZR 52/08 - OLG Köln
LG Köln
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die
Richterin Mayen, die Richter Dr. Grüneberg, Maihold und Pamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Januar 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihrer Geschwister von den beklagten Banken die Zahlung weiterer Zinsbeträge aus ausgelaufenen Sparverträgen.
2
Die Klägerin und ihre fünf Geschwister schlossen, vertreten durch ihre Eltern, zwischen dem 25. September 1986 und dem 30. März 1989 mit der Beklagten zu 1) insgesamt 24 Sparverträge mit einer Laufzeit von jeweils 15 Jahren ab, die neben laufender Verzinsung bei Beendigung zeitlich gestaffelte, bis auf 15% der Sparsumme ansteigende Bonuszahlungen vorsahen. Die Sparguthaben wurden in einem Betrag jeweils zu Vertragsbeginn eingezahlt. Alle Verträge sahen eine Kündigungsfrist von vier Jahren vor. Die Sparverträge von drei der Geschwister übernahm später die Beklagte zu 2). In den "Bedingungen für Sparkonten" der Beklagten zu 1), die den Sparverträgen zugrunde lagen (im Folgenden: AGB), wurde die Anpassung der laufenden Verzinsung wie folgt geregelt: "Die Bank vergütet dem Sparkontoinhaber im Rahmen der geltenden Bestimmungen die von ihr jeweils durch Aushang im Kassenraum der kontoführenden Stelle bekannt gegebenen Zinsen. Eine Änderung des Zinssatzes tritt auch für bestehende Sparguthaben ohne besondere Mitteilung mit dem Tage in Kraft, der durch Aushang im Kassenraum bekannt gegeben wird."
3
Entsprechend dieser Regelung und auf Grundlage der von der Bundesbank veröffentlichten "Zeitreihe WZ9816" wurden von den Beklagten die Zinsen angepasst, den Sparverträgen, wie in den AGB weiter festgelegt war, jährlich Zinserträge gutgeschrieben und am Ende der regulären Vertragslaufzeit das sich daraus ergebende Guthaben zuzüglich des jeweiligen Bonus ausbezahlt.
4
Die Klägerin hält die Zinsänderungsklausel für unwirksam und die während der Laufzeit der Sparverträge gewährte Verzinsung für zu niedrig.
5
Die Klage, mit der die Klägerin von der Beklagten zu 1) Zahlung von 38.698,62 € und von der Beklagten zu 2) Zahlung von 37.812,57 € jeweils zuzüglich Zinsen begehrt hat, ist in erster Instanz abgewiesen worden. Auf die Berufung der Klägerin sind die Beklagten zur Zahlung von jeweils 4.074,24 € nebst Zinsen verurteilt worden; im Übrigen ist die Berufung zurückgewiesen worden. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre weitergehenden Zahlungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit dies für die Revisionsinstanz von Bedeutung ist, im Wesentlichen wie folgt begründet:
8
Nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen sei die von den Beklagten verwendete Zinsanpassungsklausel unwirksam. Stattdessen sei den Banken aufgegeben, unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarkts diejenige auszuwählen, die den tatsächlichen Gegebenheiten der Zinsanpassung bei den vorliegenden Verträgen möglichst nahe komme. Dem werde die von den Beklagten vorgenommene Zinsberechnung gerecht, da sie das vertragliche Äquivalenzverhältnis wahre und sich deshalb im Rahmen des § 315 BGB halte. Die Beklagten hätten sich zu Recht an einem Zinssatz nach der Methode gleitender Durchschnitte und einer Ablauffiktion von fünf Jahren orientiert. Wie der Sachverständige überzeugend dargestellt habe, komme diese Berechnung den tatsächlichen Gegebenheiten am Kapitalmarkt am ehesten nahe, da in der Bankpraxis variable Geschäfte produktweise - nicht einzelgeschäftsbezogen - gesteuert und deswegen üblicherweise mit dieser Methode kalkuliert würden. Das Äquivalenzprinzip sei gewahrt, da die bei Vertragsbeginn zwischen den Vertragsparteien implizit vereinbarte Marge für die gesamte Laufzeit des Vertrages bestehen bleibe. Eine Orientierung am Spareckzins scheide aus, da sich dieser auf eine dreimonatige Kündigungsfrist beziehe, während die Parteien eine Kündigungsfrist von 48 Monaten vereinbart hätten. Zudem müsse die Auswahl der Bezugsgröße dem geschäftspolitischen Ermessen der Bank überlassen bleiben , sofern – wie im vorliegenden Fall – das Äquivalenzprinzip gewahrt sei.
9
Kapitalertragsteuer sei entsprechend der Nachberechnung des Sachverständigen zu berücksichtigen, da die Klägerin nicht schlüssig dargetan habe, ob und in welchem Umfang für die einzelnen Sparverträge Freistellungsaufträge erteilt worden seien.

II.

10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann das Begehren der Klägerin auf Zahlung weiterer Zinsen aus den Sparverträgen (§ 700 Abs. 1, § 488 Abs. 1, § 398 BGB) nicht zurückgewiesen werden.
11
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die in den AGB der Beklagten zu 1) enthaltene Zinsänderungsklausel nach § 10 Nr. 4 AGBG, soweit die Sparverträge vor dem 1. Januar 2003 ausgelaufen sind, bzw. nach § 308 Nr. 4 BGB, Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB für nach diesem Zeitpunkt endende Verträge unwirksam ist, da die Befugnis eines Kreditinstituts , dem Sparer den jeweils durch Aushang bekannt gemachten Zinssatz zu zahlen, nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (Senat, Urteile vom 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149, 153 ff., vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Rn. 12 und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 15).
12
Weiter zutreffend hat das Berufungsgericht unausgesprochen angenommen , dass von der Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel nicht die zugrunde liegende Vereinbarung eines variablen Zinssatzes erfasst wird, da es sich dabei um eine eigenständige, ihrerseits nicht gegen ein Klauselverbot verstoßende , kontrollfreie Preisregelung handelt (Senat, Urteile vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Rn. 16 f. und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 16).
13
2. Zu Unrecht geht jedoch das Berufungsgericht im Weiteren von einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht der beklagten Banken nach § 315 Abs. 1 BGB aus.
14
a) Eine Regelungslücke, die durch die Unwirksamkeit einer Zinsänderungsklausel bei gleichzeitiger Wirksamkeit der Vereinbarung über die Variabilität der Zinshöhe entstanden ist, kann nicht nach § 306 Abs. 2 BGB durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank entsprechend § 315 BGB geschlossen werden. Dazu hätte es der wirksamen Vereinbarung bedurft, einer Vertragspartei das einseitige Leistungsbestimmungsrecht zu übertragen. Ist jedoch - wie hier - die in den Vertragsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklausel unwirksam, so ist damit zugleich ein darin enthaltenes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Klauselverwenders ersatzlos entfallen (vgl. BGH, Urteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 72 f. und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19 mwN).
15
b) Ein einseitiges Zinsbestimmungsrecht steht den Beklagten auch nicht als Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung zu.
16
Da einerseits die unwirksame Zinsänderungsklausel nicht durch dispositives Recht ersetzt werden kann und andererseits das Gefüge der vorliegenden Sparverträge ohne eine Regelung zur Zinsanpassung nachhaltig gestört wäre, ist diese Regelungslücke im Grundsatz zwar durch ergänzende Vertragsauslegung nach den §§ 133, 157 BGB auszufüllen (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, BGHZ 137, 153, 157; Senat, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Rn. 18 mwN). Aus der bei Schließung von Regelungslücken in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gebotenen objektiv-generalisierenden Sicht (vgl. BGH, Urteile vom 7. März 1989 - KZR 15/87, BGHZ 107, 273, 276 f. und vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 317) ist aber der hypothetische Vertragswille typischer Parteien , sofern ihnen die Unwirksamkeit der Klausel bei Vertragsschluss bekannt gewesen wäre, nicht darauf gerichtet, eine unwirksame, den Vertragspartner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligende Klausel durch eine der unausgewogenen Regelung im Kern gleichende Gestaltung zu ersetzen (BGH, Urteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 78 und vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 315). Deswegen kann an die Stelle einer unwirksamen, einseitigen Zinsanpassungsklausel kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank treten, das - ungeachtet der nach § 315 Abs. 3 BGB bestehenden Billigkeitskontrolle - die unwirksame Klausel entgegen der Wertung von § 10 Nr. 4 AGBG aF bzw. § 308 Nr. 4 BGB im Wesentlichen wirkungsgleich ersetzen würde (vgl. Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19).
17
c) Die Beklagten hatten demnach nicht die Rechtsmacht, einseitig die Parameter für eine Neuberechnung der Zinsen festzulegen. Ebenso besteht - anders als das Berufungsgericht ausführt - hierzu kein Raum für ein geschäftspolitisches Ermessen der beklagten Banken. Vielmehr ist vom Gericht im Wege ergänzender Vertragsauslegung Anpassungsmaßstab und -modus zu bestimmen, wobei in sachlicher und zeitlicher Hinsicht Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen (Senat, Urteile vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 35 und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19).
18
3. Weiter rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht Zinsansprüche der Klägerin um Kapitalertragsteuer gekürzt, die während der Laufzeit der Sparverträge für zusätzlich geschuldete Zinszahlungen im Falle einer Auszahlung angefallen wäre. Dabei ist es - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - unerheblich , ob die Klägerin und ihre Geschwister Freistellungsaufträge in entsprechender Höhe erteilt haben. Bisher ist ihnen in Höhe der streitgegenständlichen Zinsnachzahlungen jedenfalls kein steuerbares Einkommen zugeflossen. Kapitalertragsteuer entsteht nach § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG in dem Zeitpunkt, in dem die Zinsen dem Gläubiger von Kapitalerträgen zufließen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG gelten Einnahmen als zugeflossen, wenn der Gläubiger darüber wirtschaftlich verfügen kann (BFHE 134, 315, 317; BFHE 140, 542, 545; BFHE 229, 141 Rn. 28 ff.). Dafür reicht nicht aus, dass der Gläubiger einen - hier zudem bestrittenen - Anspruch auf Zahlungen hat (BFH/NV 2002, 643). Vielmehr fließen Einnahmen im Allgemeinen dem Gläubiger erst mit tatsächlicher Gutschrift auf einem Bankkonto zu (BFHE 134, 315, 317; BFHE 140, 542, 545).
19
Für eine Kürzung bislang streitiger und nicht erfüllter Zinsansprüche um fiktive Steuerzahlungen fehlt mithin eine Grundlage. Soweit die Beklagten während der Laufzeit der Sparverträge auf von ihnen gebuchte Zinsen für die Klägerin und deren Geschwister Kapitalertragsteuer abgeführt haben, ist diese im Umfang der tatsächlichen Zahlungen zu berücksichtigen. Fiktive Steuern, die bei Zahlung höherer Zinsen in zurückliegenden Jahren aufgrund eines anderen Anpassungsverfahrens möglicherweise angefallen wären, sind bisher weder entstanden noch von den Beklagten aus dem Sparguthaben tatsächlich an die Finanzbehörden abgeführt worden, konnten mithin während nachfolgender Zinsperioden das zu verzinsende Kapital nicht mindern und beeinflussen damit das bei Beendigung der Sparverträge bestehende Guthaben nicht. Dies gilt ungeachtet einer möglichen Pflicht der beklagten Banken, im Falle einer tatsächlichen Nachzahlung von Zinsen für die Klägerin Steuern an die zuständigen Finanzbehörden abzuführen.

III.

20
Das Berufungsurteil ist somit im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur abschließenden Entscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
21
1. Vom Berufungsgericht werden im Wege ergänzender Vertragsauslegung die Parameter einer Zinsanpassung festzustellen sein, die in sachlicher und zeitlicher Hinsicht dem mutmaßlichen Parteiwillen entsprechen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Anpassungsmaßstab und -methode, die die Beklagten der tatsächlich vorgenommenen Zinsanpassung zugrunde gelegt haben , einer Inhaltskontrolle standhalten würden, da diese nicht Inhalt der Sparverträge geworden sind (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19). Wegen des Vorrangs einer ergänzenden Vertragsauslegung wird auch nicht der von der Revision vertretenen Ansicht zu folgen sein, die durch die Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel entstandene Vertragslücke sei nach § 316 BGB durch ein Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin zu schließen (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 18).
22
2. Der Referenzzins, dessen Veränderung Anlass und Höhe einer Zinsanpassung bestimmt, hat sich bei Spareinlagen, die - wie hier - wegen des damit verbundenen Verlustes der Abschlussprämie wirtschaftlich sinnvoll nicht vorzeitig gekündigt werden, grundsätzlich an Zinsen für vergleichbare langfristige Spareinlagen zu orientieren (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 22 f.). Diesem Grundsatz kommt für die vorliegenden Sparverträge besondere Bedeutung zu, da das gesamte Sparguthaben jeweils in einem Betrag bei Abschluss der Sparverträge und nicht in laufenden monatlichen Raten eingezahlt worden ist. Diesen Anforderungen entspricht die vom Berufungsgericht akzeptierte "Zeitreihe WZ9816" weder sachlich noch zeitlich, da es sich um die Abbildung einer rechnerisch ermittelten Zinsstrukturkurve für börsennotierte Bundeswertpapiere mit einer Laufzeit von fünf Jahren handelt. Ebenso kann der von der Revision angesprochene Spareckzins nicht als Referenz herangezogen werden, da er den Zinssatz für Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von lediglich drei Monaten angibt (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 22).
23
3. Die Anpassung des Vertragszinses wird weiter nicht nach der vom Berufungsgericht gebilligten Methode gleitender Durchschnitte bei einer Ablauffiktion von fünf Jahren erfolgen können, da die Parteien im Sparvertrag keine Anpassungsschwelle vorgesehen haben. Nach den AGB der Beklagten zu 1) sollte jede Veränderung des dort genannten – unzulässigen – Referenzzinssatzes sogleich zu einer entsprechenden Anpassung des Vertragszinses führen. Dann erscheint es beiderseits interessengerecht, dass auch jede Veränderung des zutreffenden Referenzzinses ohne Erreichen eines bestimmten Schwellenwertes und ohne zeitliche Verzögerung zu einer entsprechenden Anpassung des Vertragszinses führt (vgl. auch Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 25).
24
Ein Anpassungsmodus, dem fünfjährige gleitende Durchschnittszinsen aus einem Referenzzins für Wertpapiere mit fünfjähriger Laufzeit zugrunde liegen , würde zudem einseitig das Interesse der beklagten Banken berücksichtigen , Zinsänderungseffekte im Passivgeschäft durch produktspezifische Gegengeschäfte zu festen Zinssätzen auszugleichen. Demgegenüber wäre der Sparer - entgegen seiner Erwartung - bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses überwiegend an die Zinsentwicklung zurückliegender Jahre gebunden, da künftige Zinsänderungen in den maßgeblichen Durchschnittszins nur entsprechend ihrem Zeitanteil an dem unterstellten Anlagezeitraum von fünf Jahren einfließen.
25
4. Das Berufungsgericht wird schließlich den von ihm bei der Berechnung des laufenden Vertragszinses hingenommenen absolut gleich bleibenden Abstand zum Referenzzins zu überprüfen haben. Die damit erzielte Sicherung einer fixen absoluten Marge der Bank entspricht im Allgemeinen nicht sachgerechter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien. Eine darauf aufbauende Zinsanpassung kann bei fallenden Zinsen nicht nur zu einer im Verhältnis zum Vertragszins überzogenen Marge führen, sondern birgt die Gefahr einer negativen Verzinsung des angesparten Kapitals. Zwar müssen auch nach einer Anpassung günstige Zinskonditionen günstig bleiben und ebenso ungünstige Zinskonditionen ungünstig. Dieser Grundsatz ist jedoch gewahrt, wenn der anfängliche relative Abstand des Vertragszinses vom Referenzzins für die Vertragslaufzeit beibehalten wird (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 27).
26
5. Das Berufungsgericht wird daher nach ergänzendem Vortrag der Parteien gegebenenfalls sachverständig beraten zu klären haben, welcher konkrete in der von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken erhobenen Zinsstatistik veröffentlichte Zins als maßgebliche Referenz herangezogen werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 23). Soweit eine danach geeignete Zeitreihe nicht während der gesamten Laufzeit einzelner Sparverträge - unverändert - fortgeführt wird, kann dem im zeitlichen Anschluss durch Heranziehung der Zinsentwicklung einer neuen Zeitreihe Rechnung getragen werden. Diese Zeitreihen müssen unabhängig von Unterschieden in ihrer Erhebung und Berechnung jeweils für sich die Zinsentwicklung des konkreten Sparvertrags möglichst weitgehend abbilden. Abweichungen in der Höhe des Zinssatzes zwischen zeitlich aneinander anschließenden Zeitreihen stehen dem nicht von vorneherein entgegen, da die Zinsanpassung nicht an dem absoluten Wert des jeweiligen Referenzzinses, sondern an dessen Änderung auszurichten ist.
Wiechers Mayen Grüneberg Maihold Pamp
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 19.01.2006 - 15 O 393/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 16.01.2008 - 13 U 27/06 -

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 52/08 Verkündet am:
21. Dezember 2010
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur ergänzenden Vertragsauslegung bei Unwirksamkeit einer Zinsänderungsklausel
zu laufenden Zinsen in einem Sparvertrag (im Anschluss an BGH, Urteil vom
13. April 2010 - XI ZR 197/09).

b) Soweit statistische Daten eines geeigneten Referenzzinses nicht während der gesamten
Laufzeit eines Sparvertrags zur Verfügung stehen, kann dem im zeitlichen
Anschluss durch Heranziehung der Zinsentwicklung eines neuen Referenzzinses
Rechnung getragen werden. Diese Referenzzinssätze müssen unabhängig von
Unterschieden in ihrer Erhebung und Berechnung jeweils für sich die Zinsentwicklung
des konkreten Sparvertrags möglichst weitgehend abbilden.
BGH, Urteil vom 21. Dezember 2010 - XI ZR 52/08 - OLG Köln
LG Köln
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die
Richterin Mayen, die Richter Dr. Grüneberg, Maihold und Pamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Januar 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihrer Geschwister von den beklagten Banken die Zahlung weiterer Zinsbeträge aus ausgelaufenen Sparverträgen.
2
Die Klägerin und ihre fünf Geschwister schlossen, vertreten durch ihre Eltern, zwischen dem 25. September 1986 und dem 30. März 1989 mit der Beklagten zu 1) insgesamt 24 Sparverträge mit einer Laufzeit von jeweils 15 Jahren ab, die neben laufender Verzinsung bei Beendigung zeitlich gestaffelte, bis auf 15% der Sparsumme ansteigende Bonuszahlungen vorsahen. Die Sparguthaben wurden in einem Betrag jeweils zu Vertragsbeginn eingezahlt. Alle Verträge sahen eine Kündigungsfrist von vier Jahren vor. Die Sparverträge von drei der Geschwister übernahm später die Beklagte zu 2). In den "Bedingungen für Sparkonten" der Beklagten zu 1), die den Sparverträgen zugrunde lagen (im Folgenden: AGB), wurde die Anpassung der laufenden Verzinsung wie folgt geregelt: "Die Bank vergütet dem Sparkontoinhaber im Rahmen der geltenden Bestimmungen die von ihr jeweils durch Aushang im Kassenraum der kontoführenden Stelle bekannt gegebenen Zinsen. Eine Änderung des Zinssatzes tritt auch für bestehende Sparguthaben ohne besondere Mitteilung mit dem Tage in Kraft, der durch Aushang im Kassenraum bekannt gegeben wird."
3
Entsprechend dieser Regelung und auf Grundlage der von der Bundesbank veröffentlichten "Zeitreihe WZ9816" wurden von den Beklagten die Zinsen angepasst, den Sparverträgen, wie in den AGB weiter festgelegt war, jährlich Zinserträge gutgeschrieben und am Ende der regulären Vertragslaufzeit das sich daraus ergebende Guthaben zuzüglich des jeweiligen Bonus ausbezahlt.
4
Die Klägerin hält die Zinsänderungsklausel für unwirksam und die während der Laufzeit der Sparverträge gewährte Verzinsung für zu niedrig.
5
Die Klage, mit der die Klägerin von der Beklagten zu 1) Zahlung von 38.698,62 € und von der Beklagten zu 2) Zahlung von 37.812,57 € jeweils zuzüglich Zinsen begehrt hat, ist in erster Instanz abgewiesen worden. Auf die Berufung der Klägerin sind die Beklagten zur Zahlung von jeweils 4.074,24 € nebst Zinsen verurteilt worden; im Übrigen ist die Berufung zurückgewiesen worden. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre weitergehenden Zahlungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit dies für die Revisionsinstanz von Bedeutung ist, im Wesentlichen wie folgt begründet:
8
Nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen sei die von den Beklagten verwendete Zinsanpassungsklausel unwirksam. Stattdessen sei den Banken aufgegeben, unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarkts diejenige auszuwählen, die den tatsächlichen Gegebenheiten der Zinsanpassung bei den vorliegenden Verträgen möglichst nahe komme. Dem werde die von den Beklagten vorgenommene Zinsberechnung gerecht, da sie das vertragliche Äquivalenzverhältnis wahre und sich deshalb im Rahmen des § 315 BGB halte. Die Beklagten hätten sich zu Recht an einem Zinssatz nach der Methode gleitender Durchschnitte und einer Ablauffiktion von fünf Jahren orientiert. Wie der Sachverständige überzeugend dargestellt habe, komme diese Berechnung den tatsächlichen Gegebenheiten am Kapitalmarkt am ehesten nahe, da in der Bankpraxis variable Geschäfte produktweise - nicht einzelgeschäftsbezogen - gesteuert und deswegen üblicherweise mit dieser Methode kalkuliert würden. Das Äquivalenzprinzip sei gewahrt, da die bei Vertragsbeginn zwischen den Vertragsparteien implizit vereinbarte Marge für die gesamte Laufzeit des Vertrages bestehen bleibe. Eine Orientierung am Spareckzins scheide aus, da sich dieser auf eine dreimonatige Kündigungsfrist beziehe, während die Parteien eine Kündigungsfrist von 48 Monaten vereinbart hätten. Zudem müsse die Auswahl der Bezugsgröße dem geschäftspolitischen Ermessen der Bank überlassen bleiben , sofern – wie im vorliegenden Fall – das Äquivalenzprinzip gewahrt sei.
9
Kapitalertragsteuer sei entsprechend der Nachberechnung des Sachverständigen zu berücksichtigen, da die Klägerin nicht schlüssig dargetan habe, ob und in welchem Umfang für die einzelnen Sparverträge Freistellungsaufträge erteilt worden seien.

II.

10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann das Begehren der Klägerin auf Zahlung weiterer Zinsen aus den Sparverträgen (§ 700 Abs. 1, § 488 Abs. 1, § 398 BGB) nicht zurückgewiesen werden.
11
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die in den AGB der Beklagten zu 1) enthaltene Zinsänderungsklausel nach § 10 Nr. 4 AGBG, soweit die Sparverträge vor dem 1. Januar 2003 ausgelaufen sind, bzw. nach § 308 Nr. 4 BGB, Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB für nach diesem Zeitpunkt endende Verträge unwirksam ist, da die Befugnis eines Kreditinstituts , dem Sparer den jeweils durch Aushang bekannt gemachten Zinssatz zu zahlen, nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (Senat, Urteile vom 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149, 153 ff., vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Rn. 12 und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 15).
12
Weiter zutreffend hat das Berufungsgericht unausgesprochen angenommen , dass von der Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel nicht die zugrunde liegende Vereinbarung eines variablen Zinssatzes erfasst wird, da es sich dabei um eine eigenständige, ihrerseits nicht gegen ein Klauselverbot verstoßende , kontrollfreie Preisregelung handelt (Senat, Urteile vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Rn. 16 f. und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 16).
13
2. Zu Unrecht geht jedoch das Berufungsgericht im Weiteren von einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht der beklagten Banken nach § 315 Abs. 1 BGB aus.
14
a) Eine Regelungslücke, die durch die Unwirksamkeit einer Zinsänderungsklausel bei gleichzeitiger Wirksamkeit der Vereinbarung über die Variabilität der Zinshöhe entstanden ist, kann nicht nach § 306 Abs. 2 BGB durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank entsprechend § 315 BGB geschlossen werden. Dazu hätte es der wirksamen Vereinbarung bedurft, einer Vertragspartei das einseitige Leistungsbestimmungsrecht zu übertragen. Ist jedoch - wie hier - die in den Vertragsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklausel unwirksam, so ist damit zugleich ein darin enthaltenes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Klauselverwenders ersatzlos entfallen (vgl. BGH, Urteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 72 f. und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19 mwN).
15
b) Ein einseitiges Zinsbestimmungsrecht steht den Beklagten auch nicht als Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung zu.
16
Da einerseits die unwirksame Zinsänderungsklausel nicht durch dispositives Recht ersetzt werden kann und andererseits das Gefüge der vorliegenden Sparverträge ohne eine Regelung zur Zinsanpassung nachhaltig gestört wäre, ist diese Regelungslücke im Grundsatz zwar durch ergänzende Vertragsauslegung nach den §§ 133, 157 BGB auszufüllen (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, BGHZ 137, 153, 157; Senat, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Rn. 18 mwN). Aus der bei Schließung von Regelungslücken in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gebotenen objektiv-generalisierenden Sicht (vgl. BGH, Urteile vom 7. März 1989 - KZR 15/87, BGHZ 107, 273, 276 f. und vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 317) ist aber der hypothetische Vertragswille typischer Parteien , sofern ihnen die Unwirksamkeit der Klausel bei Vertragsschluss bekannt gewesen wäre, nicht darauf gerichtet, eine unwirksame, den Vertragspartner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligende Klausel durch eine der unausgewogenen Regelung im Kern gleichende Gestaltung zu ersetzen (BGH, Urteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 78 und vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 315). Deswegen kann an die Stelle einer unwirksamen, einseitigen Zinsanpassungsklausel kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank treten, das - ungeachtet der nach § 315 Abs. 3 BGB bestehenden Billigkeitskontrolle - die unwirksame Klausel entgegen der Wertung von § 10 Nr. 4 AGBG aF bzw. § 308 Nr. 4 BGB im Wesentlichen wirkungsgleich ersetzen würde (vgl. Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19).
17
c) Die Beklagten hatten demnach nicht die Rechtsmacht, einseitig die Parameter für eine Neuberechnung der Zinsen festzulegen. Ebenso besteht - anders als das Berufungsgericht ausführt - hierzu kein Raum für ein geschäftspolitisches Ermessen der beklagten Banken. Vielmehr ist vom Gericht im Wege ergänzender Vertragsauslegung Anpassungsmaßstab und -modus zu bestimmen, wobei in sachlicher und zeitlicher Hinsicht Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen (Senat, Urteile vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 35 und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19).
18
3. Weiter rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht Zinsansprüche der Klägerin um Kapitalertragsteuer gekürzt, die während der Laufzeit der Sparverträge für zusätzlich geschuldete Zinszahlungen im Falle einer Auszahlung angefallen wäre. Dabei ist es - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - unerheblich , ob die Klägerin und ihre Geschwister Freistellungsaufträge in entsprechender Höhe erteilt haben. Bisher ist ihnen in Höhe der streitgegenständlichen Zinsnachzahlungen jedenfalls kein steuerbares Einkommen zugeflossen. Kapitalertragsteuer entsteht nach § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG in dem Zeitpunkt, in dem die Zinsen dem Gläubiger von Kapitalerträgen zufließen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG gelten Einnahmen als zugeflossen, wenn der Gläubiger darüber wirtschaftlich verfügen kann (BFHE 134, 315, 317; BFHE 140, 542, 545; BFHE 229, 141 Rn. 28 ff.). Dafür reicht nicht aus, dass der Gläubiger einen - hier zudem bestrittenen - Anspruch auf Zahlungen hat (BFH/NV 2002, 643). Vielmehr fließen Einnahmen im Allgemeinen dem Gläubiger erst mit tatsächlicher Gutschrift auf einem Bankkonto zu (BFHE 134, 315, 317; BFHE 140, 542, 545).
19
Für eine Kürzung bislang streitiger und nicht erfüllter Zinsansprüche um fiktive Steuerzahlungen fehlt mithin eine Grundlage. Soweit die Beklagten während der Laufzeit der Sparverträge auf von ihnen gebuchte Zinsen für die Klägerin und deren Geschwister Kapitalertragsteuer abgeführt haben, ist diese im Umfang der tatsächlichen Zahlungen zu berücksichtigen. Fiktive Steuern, die bei Zahlung höherer Zinsen in zurückliegenden Jahren aufgrund eines anderen Anpassungsverfahrens möglicherweise angefallen wären, sind bisher weder entstanden noch von den Beklagten aus dem Sparguthaben tatsächlich an die Finanzbehörden abgeführt worden, konnten mithin während nachfolgender Zinsperioden das zu verzinsende Kapital nicht mindern und beeinflussen damit das bei Beendigung der Sparverträge bestehende Guthaben nicht. Dies gilt ungeachtet einer möglichen Pflicht der beklagten Banken, im Falle einer tatsächlichen Nachzahlung von Zinsen für die Klägerin Steuern an die zuständigen Finanzbehörden abzuführen.

III.

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Das Berufungsurteil ist somit im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur abschließenden Entscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
21
1. Vom Berufungsgericht werden im Wege ergänzender Vertragsauslegung die Parameter einer Zinsanpassung festzustellen sein, die in sachlicher und zeitlicher Hinsicht dem mutmaßlichen Parteiwillen entsprechen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Anpassungsmaßstab und -methode, die die Beklagten der tatsächlich vorgenommenen Zinsanpassung zugrunde gelegt haben , einer Inhaltskontrolle standhalten würden, da diese nicht Inhalt der Sparverträge geworden sind (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19). Wegen des Vorrangs einer ergänzenden Vertragsauslegung wird auch nicht der von der Revision vertretenen Ansicht zu folgen sein, die durch die Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel entstandene Vertragslücke sei nach § 316 BGB durch ein Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin zu schließen (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 18).
22
2. Der Referenzzins, dessen Veränderung Anlass und Höhe einer Zinsanpassung bestimmt, hat sich bei Spareinlagen, die - wie hier - wegen des damit verbundenen Verlustes der Abschlussprämie wirtschaftlich sinnvoll nicht vorzeitig gekündigt werden, grundsätzlich an Zinsen für vergleichbare langfristige Spareinlagen zu orientieren (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 22 f.). Diesem Grundsatz kommt für die vorliegenden Sparverträge besondere Bedeutung zu, da das gesamte Sparguthaben jeweils in einem Betrag bei Abschluss der Sparverträge und nicht in laufenden monatlichen Raten eingezahlt worden ist. Diesen Anforderungen entspricht die vom Berufungsgericht akzeptierte "Zeitreihe WZ9816" weder sachlich noch zeitlich, da es sich um die Abbildung einer rechnerisch ermittelten Zinsstrukturkurve für börsennotierte Bundeswertpapiere mit einer Laufzeit von fünf Jahren handelt. Ebenso kann der von der Revision angesprochene Spareckzins nicht als Referenz herangezogen werden, da er den Zinssatz für Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von lediglich drei Monaten angibt (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 22).
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3. Die Anpassung des Vertragszinses wird weiter nicht nach der vom Berufungsgericht gebilligten Methode gleitender Durchschnitte bei einer Ablauffiktion von fünf Jahren erfolgen können, da die Parteien im Sparvertrag keine Anpassungsschwelle vorgesehen haben. Nach den AGB der Beklagten zu 1) sollte jede Veränderung des dort genannten – unzulässigen – Referenzzinssatzes sogleich zu einer entsprechenden Anpassung des Vertragszinses führen. Dann erscheint es beiderseits interessengerecht, dass auch jede Veränderung des zutreffenden Referenzzinses ohne Erreichen eines bestimmten Schwellenwertes und ohne zeitliche Verzögerung zu einer entsprechenden Anpassung des Vertragszinses führt (vgl. auch Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 25).
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Ein Anpassungsmodus, dem fünfjährige gleitende Durchschnittszinsen aus einem Referenzzins für Wertpapiere mit fünfjähriger Laufzeit zugrunde liegen , würde zudem einseitig das Interesse der beklagten Banken berücksichtigen , Zinsänderungseffekte im Passivgeschäft durch produktspezifische Gegengeschäfte zu festen Zinssätzen auszugleichen. Demgegenüber wäre der Sparer - entgegen seiner Erwartung - bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses überwiegend an die Zinsentwicklung zurückliegender Jahre gebunden, da künftige Zinsänderungen in den maßgeblichen Durchschnittszins nur entsprechend ihrem Zeitanteil an dem unterstellten Anlagezeitraum von fünf Jahren einfließen.
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4. Das Berufungsgericht wird schließlich den von ihm bei der Berechnung des laufenden Vertragszinses hingenommenen absolut gleich bleibenden Abstand zum Referenzzins zu überprüfen haben. Die damit erzielte Sicherung einer fixen absoluten Marge der Bank entspricht im Allgemeinen nicht sachgerechter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien. Eine darauf aufbauende Zinsanpassung kann bei fallenden Zinsen nicht nur zu einer im Verhältnis zum Vertragszins überzogenen Marge führen, sondern birgt die Gefahr einer negativen Verzinsung des angesparten Kapitals. Zwar müssen auch nach einer Anpassung günstige Zinskonditionen günstig bleiben und ebenso ungünstige Zinskonditionen ungünstig. Dieser Grundsatz ist jedoch gewahrt, wenn der anfängliche relative Abstand des Vertragszinses vom Referenzzins für die Vertragslaufzeit beibehalten wird (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 27).
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5. Das Berufungsgericht wird daher nach ergänzendem Vortrag der Parteien gegebenenfalls sachverständig beraten zu klären haben, welcher konkrete in der von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken erhobenen Zinsstatistik veröffentlichte Zins als maßgebliche Referenz herangezogen werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 23). Soweit eine danach geeignete Zeitreihe nicht während der gesamten Laufzeit einzelner Sparverträge - unverändert - fortgeführt wird, kann dem im zeitlichen Anschluss durch Heranziehung der Zinsentwicklung einer neuen Zeitreihe Rechnung getragen werden. Diese Zeitreihen müssen unabhängig von Unterschieden in ihrer Erhebung und Berechnung jeweils für sich die Zinsentwicklung des konkreten Sparvertrags möglichst weitgehend abbilden. Abweichungen in der Höhe des Zinssatzes zwischen zeitlich aneinander anschließenden Zeitreihen stehen dem nicht von vorneherein entgegen, da die Zinsanpassung nicht an dem absoluten Wert des jeweiligen Referenzzinses, sondern an dessen Änderung auszurichten ist.
Wiechers Mayen Grüneberg Maihold Pamp
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 19.01.2006 - 15 O 393/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 16.01.2008 - 13 U 27/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 197/09 Verkündet am:
13. April 2010
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
§ 315 Abs. 1, § 316

a) Die Formularklausel, "die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz für SVersicherungseinlagen
…", ist wirksam, soweit sie die Vereinbarung eines variablen Zinses enthält,
weil es sich dabei um eine gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Klauselkontrolle nicht unterliegende
Preisregelung der Parteien handelt. Sie ist aber in Bezug auf die Ausgestaltung der Variabilität
nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam, weil sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit
möglicher Zinsänderungen aufweist.

b) Die durch die (teilweise) Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel entstandene Lücke im Vertrag ist
durch ergänzende Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zu schließen; ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht
des Bankkunden nach § 316 BGB kommt ebenso wenig in Betracht wie ein einseitiges
Leistungsbestimmungsrecht der Bank nach § 315 Abs. 1 BGB.

c) Das Gericht hat die maßgeblichen Änderungsparameter selbst zu bestimmen, wobei in sachlicher
Hinsicht (insbesondere Bindung an einen aussagekräftigen Referenzzins) und in zeitlicher Hinsicht
(Dauer der Zinsperiode) präzise Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit
und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen.

d) Die vom Berufungsgericht vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung unterliegt der selbständigen
und uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht, weil formularmäßige Zinsänderungsklauseln
typische Vereinbarungen sind, bei deren Unwirksamkeit im Interesse der
Rechtssicherheit eine allgemeinverbindliche ergänzende Vertragsauslegung unabhängig von den
Besonderheiten des konkreten Einzelfalls sachlich geboten ist.
BGH, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09 - OLG Zweibrücken
LG Zweibrücken
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter
Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Maihold und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 8. Juni 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 10. Oktober 2008 wegen der Abweisung der Klage in Höhe von 3.081,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Juli 2006 sowie 186,82 € vorgerichtlicher Kosten zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt von der beklagten Sparkasse die Zahlung weiterer Zinsbeträge aus einem beendeten Sparvertrag an sich und ihren Ehemann.
2
Die Klägerin und ihr Ehemann schlossen im Jahre 1986 einen Sparvertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) über ein so genanntes S-Versicherungssparen mit einer Laufzeit von zwanzig Jahren. In dem von ihnen unterzeichneten Vertragsformular heißt es: "2. Zinsen und Prämien Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz für S-Versicherungseinlagen am Ende der Gesamtdauer des Vertrages eine unverzinsliche Prämie auf die vertragsgemäß eingezahlten Sparbeiträge. Die Prämie beträgt bei einer Vertragsdauer von 8 bis 9 Jahren - 2%, 10 bis 11 Jahren - 4%, 12 bis 14 Jahren - 10%, 15 bis 19 Jahren - 15%, 20 bis 25 Jahren - 30%. 3. Kündigung Bis 4 ½ Jahre vor Ende des Vertragsdatums kann der Kunde über Beträge jeweils nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist von 6 Monaten unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 48 Monaten verfügen; ab einem Zeitpunkt von 3 Monaten vor Ende der Vertragsdauer kann das Guthaben unter Einhaltung einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden. Die Zahlung einer Prämie erfolgt für die tatsächliche Vertragsdauer entsprechend der Prämienstaffel. Bei Verfügungen vor dem Vertragsende ohne Einhaltung der Kündigungsfrist wird eine S-Prämie nicht gezahlt."
3
Der von der Beklagten gezahlte Nominalzins für S-Versicherungssparen betrug laut ihrem Preisaushang bei Abschluss des Sparvertrages jährlich 5%. Die Klägerin und ihr Ehemann zahlten in den Jahren 1986 bis 2005 die vereinbarten monatlichen Sparbeträge von 200 DM für die Zeit von Oktober bis Dezember 1986 und von 100 DM ab dem 1. Januar 1987 ein, wobei allerdings nicht monatlich gezahlt wurde, was der Sparvertrag zuließ. Mit Ablauf des Sparvertrages zahlte die Beklagte an die Klägerin und ihren Ehemann einen Betrag von 22.034,20 € aus.
4
Die Klägerin hat die Zinsberechnung der Beklagten beanstandet und sie mit wechselnden Anträgen auf Zahlung höherer Sparzinsen nebst Verzugszinsen an sich und ihren Ehemann sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten in Anspruch genommen. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat unter Heranziehung der von der Beklagten genannten Kombination aus den in der Bundesbankstatistik ausgewiesenen Zinssätzen für zwei- und zehnjährige Spareinlagen im Verhältnis von 20% zu 80% sowie Berücksichtigung einer Anpassungsschwelle von 0,1 Prozentpunkten einen restlichen Zahlungsanspruch der Klägerin und ihres Ehemannes in Höhe von 19,94 € errechnet, den die Beklagte nebst Zinsen anerkannt hat.
5
Das Landgericht hat die Beklagte dem Anerkenntnis entsprechend verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der Klägerin, mit der sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 4.320,75 € nebst Zinsen sowie 246,13 € vorgerichtlicher Kosten begehrt hat, hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag in Höhe von 3.081,24 € nebst Zinsen sowie 186,82 € vorgerichtlicher Kosten weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
Soweit die Klägerin wegen der zunächst unbeschränkt eingelegten Revision die Rücknahme der weitergehenden Revision erklärt hat, geht das ins Leere. Eine Teilrücknahme der Revision (§§ 555, 516 ZPO) liegt nicht vor, wenn der Revisionskläger die Revision unbeschränkt einlegt (§ 549 ZPO) und in der Revisionsbegründung die Revisionsanträge von vornherein hinter der Beschwer des Revisionsklägers zurückbleiben. Denn erst in der Revisionsbegründung müssen die Revisionsanträge enthalten sein (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ZPO), die den Umfang des eingelegten Rechtsmittels bestimmen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 1968 - VIII ZB 26/68, NJW 1968, 2106; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 516 Rn. 26). Für eine Entscheidung des Revisionsgerichts nach §§ 555, 516 Abs. 3 ZPO über den nicht angegriffenen Teil der Berufungsentscheidung ist kein Raum, weil dieser Teil nicht beim Revisionsgericht anhängig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 1968 - VIII ZB 26/68, NJW 1968, 2106).

I.

8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für die Revisionsinstanz von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
9
Nach dem Inhalt des Sparvertrages sei ein variabler Zinssatz vereinbart worden. Der Sparvertrag enthalte jedoch keine Regelung, wie die Änderung des Zinssatzes vorzunehmen sei. Er stelle daher die Änderung des Zinssatzes einseitig in das Ermessen der Sparkasse. Eine solche Zinsänderungsklausel sei aber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen - wie sie hier vorlägen - unwirksam.
10
Das führe aber nicht dazu, dass gar keine Zinsen zu zahlen wären. Vielmehr sei die unwirksame Klausel durch eine ergänzende Vertragsauslegung auszufüllen, da es hierzu an dispositivem Gesetzesrecht fehle. Entscheidend sei danach, welche Regelung von den Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der vereinbarten Zinsänderungsklausel nach dem Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner gewählt worden wäre. Die Parteien hätten im Grundsatz eine Entscheidung für Zinsvariabilität und damit gegen Zinsstabilität getroffen. An dieser Entscheidung seien sie festzuhalten. Die Beklagte habe als Referenzzins eine Kombination zwischen den Zinssätzen für 2- und 10-jährige Anlagen gewählt gemäß den Statistiken der Deutschen Bundesbank bei einer Gewichtung von 20% und 80%. Mit dem Zinssatz für 10-jährige Anlagen und dem Zinssatz für 2-jährige Anlagen werde sowohl der Langfristigkeit der Anlage als auch einer möglichen vorzeitigen Kündigung Rechnung getragen. Die auf dieser Basis vorgenommene Zinsänderung sei daher nicht zu beanstanden.
11
Demgegenüber sei es nicht sach- und interessengerecht, den Spareckzins als Referenzzins heranzuziehen, da dieser sich auf Spareinlagen beziehe, die mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündbar seien. Solche kurzfristig verfügbaren Spareinlagen seien mit der von den Parteien gewählten langfristigen Anlage nicht vergleichbar. Soweit die Klägerin sich darauf berufe, dass sie ein Interesse gehabt habe, einen Sparzins zu erzielen, der deutlich über dem Spareckzins liege und immer denselben Abstand zum Spareckzins aufweise, stelle dies lediglich ihr einseitiges Interesse dar, berücksichtige aber nicht die ebenfalls abzuwägenden Interessen der Beklagten.
12
Des Weiteren berücksichtige es die beiderseitigen Interessen am besten, eine Zinsänderung nicht schon bei der Änderung eines Referenzzinssatzes um 0,01 Prozentpunkte nach oben oder unten vorzunehmen, wie es die Verbraucherzentrale in der von der Klägerin vorgelegten Berechnung getan habe. Interessengerecht sei, dass erst eine Veränderung des Zinssatzes von einer gewissen Erheblichkeit zu einer Änderung des Vertragszinses führe, um nicht laufend den Zinssatz ändern zu müssen, was zu Unübersichtlichkeiten bei der Abrechnung führe. Die von der Beklagten gewählte Anpassungsschwelle von 0,1 Prozentpunkten nach oben oder unten sei ein Wert, der auch in der Literatur als richtig angesehen werde.
13
Der Sachverständige habe in seinem Gutachten den oben genannten Referenzzins herangezogen und auch die Änderungen des Zinssatzes bei der entsprechenden Veränderung vorgenommen. Er habe dabei als ersten Zinssatz entsprechend der von der Beklagten vorgenommenen Gutschrift in dem Sparbuch einen Zinssatz von 5,16% berücksichtigt, wie dies die Beklagte auch in ihrer Nachberechnung getan habe. Des Weiteren habe er den jeweiligen Zinsabstand zum Referenzzins beibehalten. Die von der Klägerin vorgelegte Zinsberechnung der Verbraucherzentrale unter Zugrundelegung desselben Referenzzinses, die zu einem anderen Ergebnis komme, beruhe darauf, dass dort als erster Vertragszins ein Zinssatz von 6% eingestellt worden sei und Änderungen des Zinssatzes bereits bei einer Veränderung um 0,01 Prozentpunkte vorgenommen werde. Dies entspreche jedoch nicht einer interessengerechten Auslegung. Die Klägerin habe nicht zu beweisen vermocht , dass mit ihr ein anfänglicher Zinssatz von 6% vereinbart worden sei. Vielmehr sei nach dem Sparvertrag der jeweils gültige Zins vereinbart gewesen, der sich für den Beginn des Vertrages feststellen lasse, da er dort im Preisaushang der Sparkasse aufgeführt gewesen sei. Die Beklagte habe insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass der Zinssatz sowohl im August 1986 als auch im Oktober 1986 jeweils bei 5% gelegen habe.

II.

14
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht nach den bisher getroffenen Feststellungen den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch aus dem Sparvertrag mit der Beklagten auf Zahlung weiterer Zinsen in Höhe von 3.081,24 € verneint. Dementsprechend ist auch die Versagung der von der Klägerin begehrten vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 186,82 € bislang nicht gerechtfertigt.
15
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die streitige Zinsänderungsklausel insofern wegen Verstoßes gegen den nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbaren § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist, als sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (vgl. Senat, BGHZ 158, 149, 153 ff. und Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 10 ff.; jeweils zu vergleichbaren Klauseln

).

16
Zutreffend ist das Berufungsgericht stillschweigend weiter davon ausgegangen , dass die Klausel dagegen wirksam ist, soweit sie die Vereinbarung eines variablen Zinssatzes enthält, weil es sich dabei um eine gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Klauselkontrolle nicht unterliegende Preisregelung der Parteien handelt (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 16 f.). Ebenfalls nicht der Inhaltskontrolle unterliegt der anfängliche Vertragszins, der Ausgangspunkt der Zinsänderung ist (vgl. Senat, BGHZ 158, 149, 153 f.; Schimansky, WM 2003, 1449, 1452). Nach den im Revisionsverfahren bindenden tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 559 ZPO) haben die Parteien keinen anfänglichen Vertragszins in Höhe von 6% vereinbart, sondern den im Preisaushang der Beklagten ausgewiesenen Zins, der im August und im Oktober 1986 gemäß dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten 5% betragen hat. Soweit das Berufungsgericht entsprechend den tatsächlichen Buchungen der Beklagten einen Anfangszinssatz von 5,16% seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, beschwert das die Klägerin als für sie günstig nicht.
17
2. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die vom Berufungsgericht auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens vorgenommene Zinsberechnung.
18
a) Das Berufungsgericht ist insoweit allerdings wiederum im Ansatz zu Recht davon ausgegangen, dass die durch die Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel entstandene Lücke im Vertrag durch ergänzende Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zu schließen ist (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 18 m.w.N.). Entgegen der Ansicht der Revision kann die Lücke nicht durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin nach § 316, § 315 Abs. 1 BGB geschlossen werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt § 316 BGB lediglich eine nur im Zweifel eingreifende gesetzliche Auslegungsregel dar, der gegenüber die Vertragsauslegung den Vorrang hat. Eine Vertragslücke kann nicht durch den Rückgriff auf § 316 BGB geschlossen werden, wenn und weil dies dem Interesse der Parteien und ihrer Willensrichtung typischerweise nicht entspricht. Vielmehr ist es geboten, vorrangig die Regeln über die ergänzende Vertragsauslegung heranzuziehen, wofür die den Gegenstand der Leistung und die das Verhältnis der Parteien prägenden Umstände maßgeblich sind. Denn diese bestimmen den Inhalt der von den Parteien getroffenen Absprachen und bilden in aller Regel eine hinreichende Grundlage für die Festlegung der interessengerechten Gegenleistung (vgl. BGHZ 94, 98, 101 f.; 167, 139, Tz. 10; BGH, Urteil vom 26. September 2006 - X ZR 181/03, NJW-RR 2007, 103, Tz. 20). Ent- scheidend ist danach, welche Regelung von den Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der vereinbarten Zinsänderungsklausel nach dem Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) als redliche Vertragspartner gewählt worden wäre (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 18).
19
b) Zutreffend ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, dass der Beklagten im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung kein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 Abs. 1 BGB zugebilligt werden kann. Das einseitige Leistungsbestimmungsrecht des Klauselverwenders entfällt mit Unwirksamkeit der Klausel ersatzlos (vgl. Schimansky, WM 2001, 1169, 1175; Burkiczak, BKR 2007, 190, 193; Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 218; Metz, BKR 2001, 21, 24, 28; siehe auch BGHZ 94, 98, 103; aA Habersack, WM 2001, 753, 760). Die Beklagte konnte daher nicht einseitig die Parameter festlegen, die sie ihrer Neuberechnung zugrunde gelegt hat und auf denen das Sachverständigengutachten beruht. Da diese Parameter nicht Inhalt des Sparvertrages sind, kann auch dahinstehen , ob sie im Rahmen einer vertraglichen Zinsänderungsklausel der Inhaltskontrolle standhalten würden. Vielmehr hat das Gericht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die maßgeblichen Parameter selbst zu bestimmen , wobei in sachlicher Hinsicht (z.B. Umstände einer Zinsänderung, insbesondere Bindung an einen aussagekräftigen Referenzzins) und in zeitlicher Hinsicht (z.B. Dauer der Zinsperiode) präzise Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen (vgl. Senat, BGHZ 180, 257, Tz. 35 m.w.N.).
20
c) Die vom Berufungsgericht vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung unterliegt der selbständigen und uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Formularmäßige Zinsänderungsklauseln der vorliegenden Art sind - ähnlich wie die AGB-Sparkassen (dazu Senat BGHZ 180, 135, Tz. 11) - typische, deutschlandweit verbreitete Vereinbarungen, bei deren Unwirksamkeit im Interesse der Rechtssicherheit eine allgemeinverbindliche ergänzende Vertragsauslegung unabhängig von den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls sachlich geboten ist (vgl. Senat BGHZ 164, 286, 292; BGH, Urteil vom 24. Januar 2008 - III ZR 79/07, WM 2008, 1886, Tz. 11; H. Schmidt, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 306 Rn. 32 m.w.N.).
21
aa) Als wichtigster Parameter ist der Referenzzins zu bestimmen, dessen Veränderung Auslöser für die Zinsänderung ist. Es muss sich hierbei um einen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzins handeln, der von unabhängigen Stellen nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt wird und die Bank nicht einseitig begünstigt (vgl. Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 215; siehe auch § 675g Abs. 3 Satz 2 BGB). Dabei ist unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarktes diejenige oder eine Kombination derjenigen auszuwählen, die dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommen (Senat, BGHZ 158, 149, 158).
22
Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen, hat aber zu Unrecht den Referenzzins als sachgerecht angesehen, den die Beklagte auf der Grundlage der in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze selbst aus einer Kombination aus 2- und 10-jährigen Anlagen errechnet hat. Das ist nicht interessengerecht und lässt wesentliche Regelungen in dem Sparvertrag außer Betracht. Der Sparvertrag hatte eine Laufzeit von 20 Jahren. Die volle Prämie von 30%, die diesen Vertrag für die Klägerin im Vergleich zu einem gewöhnlichen Sparbuch besonders interessant machte, fiel nur an, wenn der Sparvertrag über die volle Laufzeit durchgehalten wurde und keine vorzeitige Verfügung über das Guthaben erfolgte. Die vorzeitige Kündigungsmöglichkeit der Klägerin mit einer Frist von 4 1/2 Jahren war für sie keine echte Handlungsalternative, da sie dann für das gekündigte Kapital keine oder nur eine deutlich geringere Prämie erhalten hätte (vgl. dazu auch BGHZ 158, 149, 157). Die Einbeziehung eines Referenzzinses für kurzfristige Spareinlagen entspricht daher selbst dann, wenn dies - wie hier von der Beklagten vorgesehen - nur mit einem Anteil von 20% geschieht, nicht dem im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Interesse der Parteien. Aus denselben Gründen kann entgegen der Ansicht der Revision auch der Spareckzins nicht als Referenzzins herangezogen werden, weil er den Zinssatz für Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten angibt.
23
Nach dem Konzept des Sparvertrages ist es allein interessengerecht, einen Referenzzins für langfristige Spareinlagen heranzuziehen. Die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze für vergleichbare Produkte hat der Bundesgerichtshof bereits in der Vergangenheit als geeignete Referenz angesehen (vgl. BGHZ 97, 212, 223; auch BGHZ 161, 196, 203 f.). Es sind daher die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze für Spareinlagen mit einer Laufzeit zugrunde zu legen , die der zwanzigjährigen Laufzeit des vorliegenden Sparvertrages unter Berücksichtigung des Ansparvorgangs nahe kommen. Dazu hat das Berufungsgericht bisher keine Feststellungen getroffen. Es wird daher nach ergänzendem Vortrag der Parteien gegebenenfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären haben, welcher konkrete, in den Zinsstatistiken der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Zins als maßgebliche Referenz heranzuziehen ist.
24
bb) Ferner sind die Anpassungsschwelle, ab der eine Zinsänderung vorzunehmen ist, und der Anpassungszeitraum, für den sie gelten soll, zu ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Parteien bei der Bestimmung der Anpassungsschwelle und des Anpassungsintervalls weitestgehend frei sind. Sie müssen nur beachten, dass für Zinssenkungen und Zinserhöhungen die glei- chen Parameter verwendet werden (Schimansky, WM 2001, 1169, 1173; Rösler /Lang, ZIP 2006, 214, 217). Haben die Parteien - wie hier - keine wirksame Vereinbarung getroffen, kann es wegen des weiten Ermessens der Parteien bei der Festlegung einer Anpassungsschwelle auch interessengerecht sein, dass sie ganz entfällt und wie bei einer Zinsgleitklausel (vgl. dazu Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 215) jede Veränderung des Referenzzinses auch zu einer Veränderung des Vertragszinses führt.
25
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den Angaben der Beklagten folgend eine Veränderung des Referenzzinses von 0,1 Prozentpunkten als maßgeblichen Schwellenwert angesehen. Das Berufungsgericht hat gemeint, eine Anpassung bei einem Schwellenwert von 0,01%, wie sie von der Klägerin geltend gemacht wird, sei untunlich, weil beide Seiten ein Interesse daran hätten, dass erst eine Veränderung des Zinssatzes von einer gewissen Erheblichkeit zu einer Änderung des Vertragszinses führe, um nicht laufend den Zinssatz ändern zu müssen, was dann zur Unübersichtlichkeit der Abrechnung führe. Diese Ausführungen beachten nicht, dass es bei der üblichen Zinsberechnung mittels elektronischer Datenverarbeitung ohne weiteres möglich ist - wie bei Zinsgleitklauseln - jede Veränderung des Referenzzinssatzes exakt und ohne größeren Aufwand nachzuvollziehen. Dass in der Literatur ein Schwellenwert von 0,1 Prozentpunkten als angemessen angesehen wird, mag bei der Inhaltskontrolle einer entsprechenden Klausel von Bedeutung sein, besagt aber nichts für die Frage, was die Parteien in Kenntnis der Vertragslücke vereinbart hätten. Hierzu ist in erster Linie auf die vertraglichen Abreden abzustellen, soweit sich ihnen ein Hinweis auf den Parteiwillen entnehmen lässt. Die streitgegenständliche Zinsänderungsklausel sieht vor, dass jede Veränderung des dort genannten - unzulässigen - Referenzzinssatzes auch zu einer Anpassung des Vertragszinses führen sollte. Es ist daher interessengerecht, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen, dass jede Veränderung des Referenzzinses ohne Erreichen einer bestimmten Anpassungsschwelle zu einer Veränderung des Vertragszinses führt. Da der den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank zu entnehmende Referenzzins monatlich veröffentlicht wird, ist es sachgerecht, die Vereinbarung monatlicher Anpassungen anzunehmen.
26
cc) Die Zinsänderung muss ferner das Äquivalenzprinzip beachten. Nach diesem darf die Bank das Grundgefüge eines Vertragsverhältnisses durch die Zinsänderung nicht zu ihren Gunsten verändern, sondern muss insbesondere auch für den Kunden günstige Anpassungen vornehmen (vgl. Senat, BGHZ 180, 257, Tz. 32; Senatsurteile vom 4. Dezember 1990 - XI ZR 340/89, WM 1991, 179, 182 und vom 12. Oktober 1993 - XI ZR 11/93, WM 1993, 2003, 2004 f.). Entscheidend ist dabei die Relation zu vergleichbaren Produkten am Markt, das heißt, das Verhältnis des konkret vereinbarten Zinses zum Referenzzins muss gewahrt bleiben, nicht aber eine gleich bleibende Gewinnmarge (vgl. Schimansky, WM 2003, 1449, 1452).
27
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft - dem von ihm bestellten Sachverständigen folgend - seiner Berechnung einen gleich bleibenden Abstand des Vertragszinses zum Referenzzins sowohl bei Zinssenkungen als auch bei Zinserhöhungen zugrunde gelegt. Eine Klausel, in der ausdrücklich angegeben ist, dass die Zinsänderung in dieser Weise erfolgen soll, mag zwar gegebenenfalls der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB standhalten. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung kann diese Berechnungsmethode vorliegend aber nicht zugrunde gelegt werden, da sie nicht dem beiderseitigen Interesse der Parteien entspricht. Der immer gleiche Abstand zum Referenzzins führt zu einer Sicherung der anfänglichen Marge in absoluten Prozentpunkten über die gesamte Vertragslaufzeit und kann, wenn der Referenzzins stark fällt, im Extremfall dazu führen, dass der Vertragszins unter Null fällt, also theoretisch eine Zinszahlungspflicht des Kunden an die Bank entstünde. Auch wenn günstige Zinskonditionen grundsätzlich günstig bleiben müssen und ungünstige auch ungünstig bleiben dürfen, so ist eine absolute Margensicherung oder gar das Entfallen eines Zinsanspruchs bzw. die Umkehr eines Zahlungsanspruchs in eine Zahlungspflicht nicht interessengerecht. Die im S-Sparvertrag enthaltene ursprüngliche Regelung sah die Maßgeblichkeit des jeweils gültigen Zinses vor, was gegen eine derartige statische Margensicherung oder gar das Absinken des Zinsanspruchs ins Negative spricht. Vielmehr ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen, dass die Parteien die Beibehaltung des anfänglichen relativen Abstandes des Vertragszinses zum Referenzzins über die gesamte Vertragslaufzeit vereinbart hätten. Dieser relative Abstand gewährleistet zum einen, dass der Vertragszins immer den gleichen prozentualen Abstand zum Referenzzins beibehält und so das Grundgefüge der Vertragskonditionen über die gesamte Laufzeit beibehalten wird, also ein günstiger Zins auch günstig bleibt. Zum anderen verhindert die Maßgeblichkeit des prozentualen Abstandes zwischen Vertragszins und Referenzzins die Verstetigung einer absoluten Gewinnmarge und das Absinken des Vertragszinses auf Null oder ins Negative.
28
dd) Aus der beiderseits interessengerechten ergänzenden Vertragsauslegung folgt, dass eine Begrenzung des Zinsänderungsrechts bzw. der Zinsänderungspflicht der Beklagten durch ihr Neukundengeschäft vorliegend nicht vorzunehmen ist. Der Bundesgerichtshof hat für das Kreditgeschäft ausgesprochen , eine Bank dürfe bei zulässigen oder gebotenen Zinsänderungen im Regelfall ihre Bestandskunden nicht schlechter behandeln als Neukunden, denen sie Kredite dieser Art und Größenordnung gewähre, so dass sie bei Zinsänderungen den nunmehr allgemein von ihr verlangten "Normalzins" einhalten müsse (vgl. BGHZ 97, 212, 223; Schimansky WM 2003, 1449, 1452). Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, welche Bedeutung dieser Aussage außerhalb der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB bei der Inhaltskontrolle von Zinsänderungsklauseln im Kreditgeschäft nach § 307 BGB beizumessen ist und ob sie auf das Einlagengeschäft einer Bank übertragen werden kann. Denn durch die Maßgeblichkeit des relativen Abstandes von Vertragszins zum Referenzzins wird vorliegend eine unzumutbare Benachteiligung der Klägerin gegenüber Neukunden vermieden, so dass es keiner Begrenzung der Zinsänderung durch den jeweils von der Beklagten an Neukunden gezahlten "Normalzinssatz" bedarf.

III.

29
Das Berufungsurteil ist demnach im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache gemäß den vorstehenden Ausführungen nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Wiechers Müller Ellenberger Maihold Matthias Vorinstanzen:
LG Zweibrücken, Entscheidung vom 10.10.2008 - 1 O 298/06 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 08.06.2009 - 7 U 178/08 -

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 52/08 Verkündet am:
21. Dezember 2010
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur ergänzenden Vertragsauslegung bei Unwirksamkeit einer Zinsänderungsklausel
zu laufenden Zinsen in einem Sparvertrag (im Anschluss an BGH, Urteil vom
13. April 2010 - XI ZR 197/09).

b) Soweit statistische Daten eines geeigneten Referenzzinses nicht während der gesamten
Laufzeit eines Sparvertrags zur Verfügung stehen, kann dem im zeitlichen
Anschluss durch Heranziehung der Zinsentwicklung eines neuen Referenzzinses
Rechnung getragen werden. Diese Referenzzinssätze müssen unabhängig von
Unterschieden in ihrer Erhebung und Berechnung jeweils für sich die Zinsentwicklung
des konkreten Sparvertrags möglichst weitgehend abbilden.
BGH, Urteil vom 21. Dezember 2010 - XI ZR 52/08 - OLG Köln
LG Köln
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die
Richterin Mayen, die Richter Dr. Grüneberg, Maihold und Pamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Januar 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihrer Geschwister von den beklagten Banken die Zahlung weiterer Zinsbeträge aus ausgelaufenen Sparverträgen.
2
Die Klägerin und ihre fünf Geschwister schlossen, vertreten durch ihre Eltern, zwischen dem 25. September 1986 und dem 30. März 1989 mit der Beklagten zu 1) insgesamt 24 Sparverträge mit einer Laufzeit von jeweils 15 Jahren ab, die neben laufender Verzinsung bei Beendigung zeitlich gestaffelte, bis auf 15% der Sparsumme ansteigende Bonuszahlungen vorsahen. Die Sparguthaben wurden in einem Betrag jeweils zu Vertragsbeginn eingezahlt. Alle Verträge sahen eine Kündigungsfrist von vier Jahren vor. Die Sparverträge von drei der Geschwister übernahm später die Beklagte zu 2). In den "Bedingungen für Sparkonten" der Beklagten zu 1), die den Sparverträgen zugrunde lagen (im Folgenden: AGB), wurde die Anpassung der laufenden Verzinsung wie folgt geregelt: "Die Bank vergütet dem Sparkontoinhaber im Rahmen der geltenden Bestimmungen die von ihr jeweils durch Aushang im Kassenraum der kontoführenden Stelle bekannt gegebenen Zinsen. Eine Änderung des Zinssatzes tritt auch für bestehende Sparguthaben ohne besondere Mitteilung mit dem Tage in Kraft, der durch Aushang im Kassenraum bekannt gegeben wird."
3
Entsprechend dieser Regelung und auf Grundlage der von der Bundesbank veröffentlichten "Zeitreihe WZ9816" wurden von den Beklagten die Zinsen angepasst, den Sparverträgen, wie in den AGB weiter festgelegt war, jährlich Zinserträge gutgeschrieben und am Ende der regulären Vertragslaufzeit das sich daraus ergebende Guthaben zuzüglich des jeweiligen Bonus ausbezahlt.
4
Die Klägerin hält die Zinsänderungsklausel für unwirksam und die während der Laufzeit der Sparverträge gewährte Verzinsung für zu niedrig.
5
Die Klage, mit der die Klägerin von der Beklagten zu 1) Zahlung von 38.698,62 € und von der Beklagten zu 2) Zahlung von 37.812,57 € jeweils zuzüglich Zinsen begehrt hat, ist in erster Instanz abgewiesen worden. Auf die Berufung der Klägerin sind die Beklagten zur Zahlung von jeweils 4.074,24 € nebst Zinsen verurteilt worden; im Übrigen ist die Berufung zurückgewiesen worden. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre weitergehenden Zahlungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit dies für die Revisionsinstanz von Bedeutung ist, im Wesentlichen wie folgt begründet:
8
Nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen sei die von den Beklagten verwendete Zinsanpassungsklausel unwirksam. Stattdessen sei den Banken aufgegeben, unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarkts diejenige auszuwählen, die den tatsächlichen Gegebenheiten der Zinsanpassung bei den vorliegenden Verträgen möglichst nahe komme. Dem werde die von den Beklagten vorgenommene Zinsberechnung gerecht, da sie das vertragliche Äquivalenzverhältnis wahre und sich deshalb im Rahmen des § 315 BGB halte. Die Beklagten hätten sich zu Recht an einem Zinssatz nach der Methode gleitender Durchschnitte und einer Ablauffiktion von fünf Jahren orientiert. Wie der Sachverständige überzeugend dargestellt habe, komme diese Berechnung den tatsächlichen Gegebenheiten am Kapitalmarkt am ehesten nahe, da in der Bankpraxis variable Geschäfte produktweise - nicht einzelgeschäftsbezogen - gesteuert und deswegen üblicherweise mit dieser Methode kalkuliert würden. Das Äquivalenzprinzip sei gewahrt, da die bei Vertragsbeginn zwischen den Vertragsparteien implizit vereinbarte Marge für die gesamte Laufzeit des Vertrages bestehen bleibe. Eine Orientierung am Spareckzins scheide aus, da sich dieser auf eine dreimonatige Kündigungsfrist beziehe, während die Parteien eine Kündigungsfrist von 48 Monaten vereinbart hätten. Zudem müsse die Auswahl der Bezugsgröße dem geschäftspolitischen Ermessen der Bank überlassen bleiben , sofern – wie im vorliegenden Fall – das Äquivalenzprinzip gewahrt sei.
9
Kapitalertragsteuer sei entsprechend der Nachberechnung des Sachverständigen zu berücksichtigen, da die Klägerin nicht schlüssig dargetan habe, ob und in welchem Umfang für die einzelnen Sparverträge Freistellungsaufträge erteilt worden seien.

II.

10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann das Begehren der Klägerin auf Zahlung weiterer Zinsen aus den Sparverträgen (§ 700 Abs. 1, § 488 Abs. 1, § 398 BGB) nicht zurückgewiesen werden.
11
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die in den AGB der Beklagten zu 1) enthaltene Zinsänderungsklausel nach § 10 Nr. 4 AGBG, soweit die Sparverträge vor dem 1. Januar 2003 ausgelaufen sind, bzw. nach § 308 Nr. 4 BGB, Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB für nach diesem Zeitpunkt endende Verträge unwirksam ist, da die Befugnis eines Kreditinstituts , dem Sparer den jeweils durch Aushang bekannt gemachten Zinssatz zu zahlen, nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (Senat, Urteile vom 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149, 153 ff., vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Rn. 12 und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 15).
12
Weiter zutreffend hat das Berufungsgericht unausgesprochen angenommen , dass von der Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel nicht die zugrunde liegende Vereinbarung eines variablen Zinssatzes erfasst wird, da es sich dabei um eine eigenständige, ihrerseits nicht gegen ein Klauselverbot verstoßende , kontrollfreie Preisregelung handelt (Senat, Urteile vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Rn. 16 f. und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 16).
13
2. Zu Unrecht geht jedoch das Berufungsgericht im Weiteren von einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht der beklagten Banken nach § 315 Abs. 1 BGB aus.
14
a) Eine Regelungslücke, die durch die Unwirksamkeit einer Zinsänderungsklausel bei gleichzeitiger Wirksamkeit der Vereinbarung über die Variabilität der Zinshöhe entstanden ist, kann nicht nach § 306 Abs. 2 BGB durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank entsprechend § 315 BGB geschlossen werden. Dazu hätte es der wirksamen Vereinbarung bedurft, einer Vertragspartei das einseitige Leistungsbestimmungsrecht zu übertragen. Ist jedoch - wie hier - die in den Vertragsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklausel unwirksam, so ist damit zugleich ein darin enthaltenes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Klauselverwenders ersatzlos entfallen (vgl. BGH, Urteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 72 f. und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19 mwN).
15
b) Ein einseitiges Zinsbestimmungsrecht steht den Beklagten auch nicht als Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung zu.
16
Da einerseits die unwirksame Zinsänderungsklausel nicht durch dispositives Recht ersetzt werden kann und andererseits das Gefüge der vorliegenden Sparverträge ohne eine Regelung zur Zinsanpassung nachhaltig gestört wäre, ist diese Regelungslücke im Grundsatz zwar durch ergänzende Vertragsauslegung nach den §§ 133, 157 BGB auszufüllen (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, BGHZ 137, 153, 157; Senat, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Rn. 18 mwN). Aus der bei Schließung von Regelungslücken in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gebotenen objektiv-generalisierenden Sicht (vgl. BGH, Urteile vom 7. März 1989 - KZR 15/87, BGHZ 107, 273, 276 f. und vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 317) ist aber der hypothetische Vertragswille typischer Parteien , sofern ihnen die Unwirksamkeit der Klausel bei Vertragsschluss bekannt gewesen wäre, nicht darauf gerichtet, eine unwirksame, den Vertragspartner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligende Klausel durch eine der unausgewogenen Regelung im Kern gleichende Gestaltung zu ersetzen (BGH, Urteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 78 und vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 315). Deswegen kann an die Stelle einer unwirksamen, einseitigen Zinsanpassungsklausel kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank treten, das - ungeachtet der nach § 315 Abs. 3 BGB bestehenden Billigkeitskontrolle - die unwirksame Klausel entgegen der Wertung von § 10 Nr. 4 AGBG aF bzw. § 308 Nr. 4 BGB im Wesentlichen wirkungsgleich ersetzen würde (vgl. Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19).
17
c) Die Beklagten hatten demnach nicht die Rechtsmacht, einseitig die Parameter für eine Neuberechnung der Zinsen festzulegen. Ebenso besteht - anders als das Berufungsgericht ausführt - hierzu kein Raum für ein geschäftspolitisches Ermessen der beklagten Banken. Vielmehr ist vom Gericht im Wege ergänzender Vertragsauslegung Anpassungsmaßstab und -modus zu bestimmen, wobei in sachlicher und zeitlicher Hinsicht Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen (Senat, Urteile vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 35 und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19).
18
3. Weiter rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht Zinsansprüche der Klägerin um Kapitalertragsteuer gekürzt, die während der Laufzeit der Sparverträge für zusätzlich geschuldete Zinszahlungen im Falle einer Auszahlung angefallen wäre. Dabei ist es - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - unerheblich , ob die Klägerin und ihre Geschwister Freistellungsaufträge in entsprechender Höhe erteilt haben. Bisher ist ihnen in Höhe der streitgegenständlichen Zinsnachzahlungen jedenfalls kein steuerbares Einkommen zugeflossen. Kapitalertragsteuer entsteht nach § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG in dem Zeitpunkt, in dem die Zinsen dem Gläubiger von Kapitalerträgen zufließen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG gelten Einnahmen als zugeflossen, wenn der Gläubiger darüber wirtschaftlich verfügen kann (BFHE 134, 315, 317; BFHE 140, 542, 545; BFHE 229, 141 Rn. 28 ff.). Dafür reicht nicht aus, dass der Gläubiger einen - hier zudem bestrittenen - Anspruch auf Zahlungen hat (BFH/NV 2002, 643). Vielmehr fließen Einnahmen im Allgemeinen dem Gläubiger erst mit tatsächlicher Gutschrift auf einem Bankkonto zu (BFHE 134, 315, 317; BFHE 140, 542, 545).
19
Für eine Kürzung bislang streitiger und nicht erfüllter Zinsansprüche um fiktive Steuerzahlungen fehlt mithin eine Grundlage. Soweit die Beklagten während der Laufzeit der Sparverträge auf von ihnen gebuchte Zinsen für die Klägerin und deren Geschwister Kapitalertragsteuer abgeführt haben, ist diese im Umfang der tatsächlichen Zahlungen zu berücksichtigen. Fiktive Steuern, die bei Zahlung höherer Zinsen in zurückliegenden Jahren aufgrund eines anderen Anpassungsverfahrens möglicherweise angefallen wären, sind bisher weder entstanden noch von den Beklagten aus dem Sparguthaben tatsächlich an die Finanzbehörden abgeführt worden, konnten mithin während nachfolgender Zinsperioden das zu verzinsende Kapital nicht mindern und beeinflussen damit das bei Beendigung der Sparverträge bestehende Guthaben nicht. Dies gilt ungeachtet einer möglichen Pflicht der beklagten Banken, im Falle einer tatsächlichen Nachzahlung von Zinsen für die Klägerin Steuern an die zuständigen Finanzbehörden abzuführen.

III.

20
Das Berufungsurteil ist somit im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur abschließenden Entscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
21
1. Vom Berufungsgericht werden im Wege ergänzender Vertragsauslegung die Parameter einer Zinsanpassung festzustellen sein, die in sachlicher und zeitlicher Hinsicht dem mutmaßlichen Parteiwillen entsprechen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Anpassungsmaßstab und -methode, die die Beklagten der tatsächlich vorgenommenen Zinsanpassung zugrunde gelegt haben , einer Inhaltskontrolle standhalten würden, da diese nicht Inhalt der Sparverträge geworden sind (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19). Wegen des Vorrangs einer ergänzenden Vertragsauslegung wird auch nicht der von der Revision vertretenen Ansicht zu folgen sein, die durch die Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel entstandene Vertragslücke sei nach § 316 BGB durch ein Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin zu schließen (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 18).
22
2. Der Referenzzins, dessen Veränderung Anlass und Höhe einer Zinsanpassung bestimmt, hat sich bei Spareinlagen, die - wie hier - wegen des damit verbundenen Verlustes der Abschlussprämie wirtschaftlich sinnvoll nicht vorzeitig gekündigt werden, grundsätzlich an Zinsen für vergleichbare langfristige Spareinlagen zu orientieren (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 22 f.). Diesem Grundsatz kommt für die vorliegenden Sparverträge besondere Bedeutung zu, da das gesamte Sparguthaben jeweils in einem Betrag bei Abschluss der Sparverträge und nicht in laufenden monatlichen Raten eingezahlt worden ist. Diesen Anforderungen entspricht die vom Berufungsgericht akzeptierte "Zeitreihe WZ9816" weder sachlich noch zeitlich, da es sich um die Abbildung einer rechnerisch ermittelten Zinsstrukturkurve für börsennotierte Bundeswertpapiere mit einer Laufzeit von fünf Jahren handelt. Ebenso kann der von der Revision angesprochene Spareckzins nicht als Referenz herangezogen werden, da er den Zinssatz für Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von lediglich drei Monaten angibt (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 22).
23
3. Die Anpassung des Vertragszinses wird weiter nicht nach der vom Berufungsgericht gebilligten Methode gleitender Durchschnitte bei einer Ablauffiktion von fünf Jahren erfolgen können, da die Parteien im Sparvertrag keine Anpassungsschwelle vorgesehen haben. Nach den AGB der Beklagten zu 1) sollte jede Veränderung des dort genannten – unzulässigen – Referenzzinssatzes sogleich zu einer entsprechenden Anpassung des Vertragszinses führen. Dann erscheint es beiderseits interessengerecht, dass auch jede Veränderung des zutreffenden Referenzzinses ohne Erreichen eines bestimmten Schwellenwertes und ohne zeitliche Verzögerung zu einer entsprechenden Anpassung des Vertragszinses führt (vgl. auch Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 25).
24
Ein Anpassungsmodus, dem fünfjährige gleitende Durchschnittszinsen aus einem Referenzzins für Wertpapiere mit fünfjähriger Laufzeit zugrunde liegen , würde zudem einseitig das Interesse der beklagten Banken berücksichtigen , Zinsänderungseffekte im Passivgeschäft durch produktspezifische Gegengeschäfte zu festen Zinssätzen auszugleichen. Demgegenüber wäre der Sparer - entgegen seiner Erwartung - bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses überwiegend an die Zinsentwicklung zurückliegender Jahre gebunden, da künftige Zinsänderungen in den maßgeblichen Durchschnittszins nur entsprechend ihrem Zeitanteil an dem unterstellten Anlagezeitraum von fünf Jahren einfließen.
25
4. Das Berufungsgericht wird schließlich den von ihm bei der Berechnung des laufenden Vertragszinses hingenommenen absolut gleich bleibenden Abstand zum Referenzzins zu überprüfen haben. Die damit erzielte Sicherung einer fixen absoluten Marge der Bank entspricht im Allgemeinen nicht sachgerechter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien. Eine darauf aufbauende Zinsanpassung kann bei fallenden Zinsen nicht nur zu einer im Verhältnis zum Vertragszins überzogenen Marge führen, sondern birgt die Gefahr einer negativen Verzinsung des angesparten Kapitals. Zwar müssen auch nach einer Anpassung günstige Zinskonditionen günstig bleiben und ebenso ungünstige Zinskonditionen ungünstig. Dieser Grundsatz ist jedoch gewahrt, wenn der anfängliche relative Abstand des Vertragszinses vom Referenzzins für die Vertragslaufzeit beibehalten wird (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 27).
26
5. Das Berufungsgericht wird daher nach ergänzendem Vortrag der Parteien gegebenenfalls sachverständig beraten zu klären haben, welcher konkrete in der von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken erhobenen Zinsstatistik veröffentlichte Zins als maßgebliche Referenz herangezogen werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 23). Soweit eine danach geeignete Zeitreihe nicht während der gesamten Laufzeit einzelner Sparverträge - unverändert - fortgeführt wird, kann dem im zeitlichen Anschluss durch Heranziehung der Zinsentwicklung einer neuen Zeitreihe Rechnung getragen werden. Diese Zeitreihen müssen unabhängig von Unterschieden in ihrer Erhebung und Berechnung jeweils für sich die Zinsentwicklung des konkreten Sparvertrags möglichst weitgehend abbilden. Abweichungen in der Höhe des Zinssatzes zwischen zeitlich aneinander anschließenden Zeitreihen stehen dem nicht von vorneherein entgegen, da die Zinsanpassung nicht an dem absoluten Wert des jeweiligen Referenzzinses, sondern an dessen Änderung auszurichten ist.
Wiechers Mayen Grüneberg Maihold Pamp
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 19.01.2006 - 15 O 393/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 16.01.2008 - 13 U 27/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 197/09 Verkündet am:
13. April 2010
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
§ 315 Abs. 1, § 316

a) Die Formularklausel, "die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz für SVersicherungseinlagen
…", ist wirksam, soweit sie die Vereinbarung eines variablen Zinses enthält,
weil es sich dabei um eine gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Klauselkontrolle nicht unterliegende
Preisregelung der Parteien handelt. Sie ist aber in Bezug auf die Ausgestaltung der Variabilität
nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam, weil sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit
möglicher Zinsänderungen aufweist.

b) Die durch die (teilweise) Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel entstandene Lücke im Vertrag ist
durch ergänzende Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zu schließen; ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht
des Bankkunden nach § 316 BGB kommt ebenso wenig in Betracht wie ein einseitiges
Leistungsbestimmungsrecht der Bank nach § 315 Abs. 1 BGB.

c) Das Gericht hat die maßgeblichen Änderungsparameter selbst zu bestimmen, wobei in sachlicher
Hinsicht (insbesondere Bindung an einen aussagekräftigen Referenzzins) und in zeitlicher Hinsicht
(Dauer der Zinsperiode) präzise Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit
und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen.

d) Die vom Berufungsgericht vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung unterliegt der selbständigen
und uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht, weil formularmäßige Zinsänderungsklauseln
typische Vereinbarungen sind, bei deren Unwirksamkeit im Interesse der
Rechtssicherheit eine allgemeinverbindliche ergänzende Vertragsauslegung unabhängig von den
Besonderheiten des konkreten Einzelfalls sachlich geboten ist.
BGH, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09 - OLG Zweibrücken
LG Zweibrücken
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter
Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Maihold und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 8. Juni 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 10. Oktober 2008 wegen der Abweisung der Klage in Höhe von 3.081,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Juli 2006 sowie 186,82 € vorgerichtlicher Kosten zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt von der beklagten Sparkasse die Zahlung weiterer Zinsbeträge aus einem beendeten Sparvertrag an sich und ihren Ehemann.
2
Die Klägerin und ihr Ehemann schlossen im Jahre 1986 einen Sparvertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) über ein so genanntes S-Versicherungssparen mit einer Laufzeit von zwanzig Jahren. In dem von ihnen unterzeichneten Vertragsformular heißt es: "2. Zinsen und Prämien Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz für S-Versicherungseinlagen am Ende der Gesamtdauer des Vertrages eine unverzinsliche Prämie auf die vertragsgemäß eingezahlten Sparbeiträge. Die Prämie beträgt bei einer Vertragsdauer von 8 bis 9 Jahren - 2%, 10 bis 11 Jahren - 4%, 12 bis 14 Jahren - 10%, 15 bis 19 Jahren - 15%, 20 bis 25 Jahren - 30%. 3. Kündigung Bis 4 ½ Jahre vor Ende des Vertragsdatums kann der Kunde über Beträge jeweils nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist von 6 Monaten unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 48 Monaten verfügen; ab einem Zeitpunkt von 3 Monaten vor Ende der Vertragsdauer kann das Guthaben unter Einhaltung einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden. Die Zahlung einer Prämie erfolgt für die tatsächliche Vertragsdauer entsprechend der Prämienstaffel. Bei Verfügungen vor dem Vertragsende ohne Einhaltung der Kündigungsfrist wird eine S-Prämie nicht gezahlt."
3
Der von der Beklagten gezahlte Nominalzins für S-Versicherungssparen betrug laut ihrem Preisaushang bei Abschluss des Sparvertrages jährlich 5%. Die Klägerin und ihr Ehemann zahlten in den Jahren 1986 bis 2005 die vereinbarten monatlichen Sparbeträge von 200 DM für die Zeit von Oktober bis Dezember 1986 und von 100 DM ab dem 1. Januar 1987 ein, wobei allerdings nicht monatlich gezahlt wurde, was der Sparvertrag zuließ. Mit Ablauf des Sparvertrages zahlte die Beklagte an die Klägerin und ihren Ehemann einen Betrag von 22.034,20 € aus.
4
Die Klägerin hat die Zinsberechnung der Beklagten beanstandet und sie mit wechselnden Anträgen auf Zahlung höherer Sparzinsen nebst Verzugszinsen an sich und ihren Ehemann sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten in Anspruch genommen. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat unter Heranziehung der von der Beklagten genannten Kombination aus den in der Bundesbankstatistik ausgewiesenen Zinssätzen für zwei- und zehnjährige Spareinlagen im Verhältnis von 20% zu 80% sowie Berücksichtigung einer Anpassungsschwelle von 0,1 Prozentpunkten einen restlichen Zahlungsanspruch der Klägerin und ihres Ehemannes in Höhe von 19,94 € errechnet, den die Beklagte nebst Zinsen anerkannt hat.
5
Das Landgericht hat die Beklagte dem Anerkenntnis entsprechend verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der Klägerin, mit der sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 4.320,75 € nebst Zinsen sowie 246,13 € vorgerichtlicher Kosten begehrt hat, hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag in Höhe von 3.081,24 € nebst Zinsen sowie 186,82 € vorgerichtlicher Kosten weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
Soweit die Klägerin wegen der zunächst unbeschränkt eingelegten Revision die Rücknahme der weitergehenden Revision erklärt hat, geht das ins Leere. Eine Teilrücknahme der Revision (§§ 555, 516 ZPO) liegt nicht vor, wenn der Revisionskläger die Revision unbeschränkt einlegt (§ 549 ZPO) und in der Revisionsbegründung die Revisionsanträge von vornherein hinter der Beschwer des Revisionsklägers zurückbleiben. Denn erst in der Revisionsbegründung müssen die Revisionsanträge enthalten sein (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ZPO), die den Umfang des eingelegten Rechtsmittels bestimmen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 1968 - VIII ZB 26/68, NJW 1968, 2106; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 516 Rn. 26). Für eine Entscheidung des Revisionsgerichts nach §§ 555, 516 Abs. 3 ZPO über den nicht angegriffenen Teil der Berufungsentscheidung ist kein Raum, weil dieser Teil nicht beim Revisionsgericht anhängig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 1968 - VIII ZB 26/68, NJW 1968, 2106).

I.

8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für die Revisionsinstanz von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
9
Nach dem Inhalt des Sparvertrages sei ein variabler Zinssatz vereinbart worden. Der Sparvertrag enthalte jedoch keine Regelung, wie die Änderung des Zinssatzes vorzunehmen sei. Er stelle daher die Änderung des Zinssatzes einseitig in das Ermessen der Sparkasse. Eine solche Zinsänderungsklausel sei aber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen - wie sie hier vorlägen - unwirksam.
10
Das führe aber nicht dazu, dass gar keine Zinsen zu zahlen wären. Vielmehr sei die unwirksame Klausel durch eine ergänzende Vertragsauslegung auszufüllen, da es hierzu an dispositivem Gesetzesrecht fehle. Entscheidend sei danach, welche Regelung von den Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der vereinbarten Zinsänderungsklausel nach dem Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner gewählt worden wäre. Die Parteien hätten im Grundsatz eine Entscheidung für Zinsvariabilität und damit gegen Zinsstabilität getroffen. An dieser Entscheidung seien sie festzuhalten. Die Beklagte habe als Referenzzins eine Kombination zwischen den Zinssätzen für 2- und 10-jährige Anlagen gewählt gemäß den Statistiken der Deutschen Bundesbank bei einer Gewichtung von 20% und 80%. Mit dem Zinssatz für 10-jährige Anlagen und dem Zinssatz für 2-jährige Anlagen werde sowohl der Langfristigkeit der Anlage als auch einer möglichen vorzeitigen Kündigung Rechnung getragen. Die auf dieser Basis vorgenommene Zinsänderung sei daher nicht zu beanstanden.
11
Demgegenüber sei es nicht sach- und interessengerecht, den Spareckzins als Referenzzins heranzuziehen, da dieser sich auf Spareinlagen beziehe, die mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündbar seien. Solche kurzfristig verfügbaren Spareinlagen seien mit der von den Parteien gewählten langfristigen Anlage nicht vergleichbar. Soweit die Klägerin sich darauf berufe, dass sie ein Interesse gehabt habe, einen Sparzins zu erzielen, der deutlich über dem Spareckzins liege und immer denselben Abstand zum Spareckzins aufweise, stelle dies lediglich ihr einseitiges Interesse dar, berücksichtige aber nicht die ebenfalls abzuwägenden Interessen der Beklagten.
12
Des Weiteren berücksichtige es die beiderseitigen Interessen am besten, eine Zinsänderung nicht schon bei der Änderung eines Referenzzinssatzes um 0,01 Prozentpunkte nach oben oder unten vorzunehmen, wie es die Verbraucherzentrale in der von der Klägerin vorgelegten Berechnung getan habe. Interessengerecht sei, dass erst eine Veränderung des Zinssatzes von einer gewissen Erheblichkeit zu einer Änderung des Vertragszinses führe, um nicht laufend den Zinssatz ändern zu müssen, was zu Unübersichtlichkeiten bei der Abrechnung führe. Die von der Beklagten gewählte Anpassungsschwelle von 0,1 Prozentpunkten nach oben oder unten sei ein Wert, der auch in der Literatur als richtig angesehen werde.
13
Der Sachverständige habe in seinem Gutachten den oben genannten Referenzzins herangezogen und auch die Änderungen des Zinssatzes bei der entsprechenden Veränderung vorgenommen. Er habe dabei als ersten Zinssatz entsprechend der von der Beklagten vorgenommenen Gutschrift in dem Sparbuch einen Zinssatz von 5,16% berücksichtigt, wie dies die Beklagte auch in ihrer Nachberechnung getan habe. Des Weiteren habe er den jeweiligen Zinsabstand zum Referenzzins beibehalten. Die von der Klägerin vorgelegte Zinsberechnung der Verbraucherzentrale unter Zugrundelegung desselben Referenzzinses, die zu einem anderen Ergebnis komme, beruhe darauf, dass dort als erster Vertragszins ein Zinssatz von 6% eingestellt worden sei und Änderungen des Zinssatzes bereits bei einer Veränderung um 0,01 Prozentpunkte vorgenommen werde. Dies entspreche jedoch nicht einer interessengerechten Auslegung. Die Klägerin habe nicht zu beweisen vermocht , dass mit ihr ein anfänglicher Zinssatz von 6% vereinbart worden sei. Vielmehr sei nach dem Sparvertrag der jeweils gültige Zins vereinbart gewesen, der sich für den Beginn des Vertrages feststellen lasse, da er dort im Preisaushang der Sparkasse aufgeführt gewesen sei. Die Beklagte habe insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass der Zinssatz sowohl im August 1986 als auch im Oktober 1986 jeweils bei 5% gelegen habe.

II.

14
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht nach den bisher getroffenen Feststellungen den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch aus dem Sparvertrag mit der Beklagten auf Zahlung weiterer Zinsen in Höhe von 3.081,24 € verneint. Dementsprechend ist auch die Versagung der von der Klägerin begehrten vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 186,82 € bislang nicht gerechtfertigt.
15
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die streitige Zinsänderungsklausel insofern wegen Verstoßes gegen den nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbaren § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist, als sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (vgl. Senat, BGHZ 158, 149, 153 ff. und Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 10 ff.; jeweils zu vergleichbaren Klauseln

).

16
Zutreffend ist das Berufungsgericht stillschweigend weiter davon ausgegangen , dass die Klausel dagegen wirksam ist, soweit sie die Vereinbarung eines variablen Zinssatzes enthält, weil es sich dabei um eine gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Klauselkontrolle nicht unterliegende Preisregelung der Parteien handelt (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 16 f.). Ebenfalls nicht der Inhaltskontrolle unterliegt der anfängliche Vertragszins, der Ausgangspunkt der Zinsänderung ist (vgl. Senat, BGHZ 158, 149, 153 f.; Schimansky, WM 2003, 1449, 1452). Nach den im Revisionsverfahren bindenden tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 559 ZPO) haben die Parteien keinen anfänglichen Vertragszins in Höhe von 6% vereinbart, sondern den im Preisaushang der Beklagten ausgewiesenen Zins, der im August und im Oktober 1986 gemäß dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten 5% betragen hat. Soweit das Berufungsgericht entsprechend den tatsächlichen Buchungen der Beklagten einen Anfangszinssatz von 5,16% seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, beschwert das die Klägerin als für sie günstig nicht.
17
2. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die vom Berufungsgericht auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens vorgenommene Zinsberechnung.
18
a) Das Berufungsgericht ist insoweit allerdings wiederum im Ansatz zu Recht davon ausgegangen, dass die durch die Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel entstandene Lücke im Vertrag durch ergänzende Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zu schließen ist (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 18 m.w.N.). Entgegen der Ansicht der Revision kann die Lücke nicht durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin nach § 316, § 315 Abs. 1 BGB geschlossen werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt § 316 BGB lediglich eine nur im Zweifel eingreifende gesetzliche Auslegungsregel dar, der gegenüber die Vertragsauslegung den Vorrang hat. Eine Vertragslücke kann nicht durch den Rückgriff auf § 316 BGB geschlossen werden, wenn und weil dies dem Interesse der Parteien und ihrer Willensrichtung typischerweise nicht entspricht. Vielmehr ist es geboten, vorrangig die Regeln über die ergänzende Vertragsauslegung heranzuziehen, wofür die den Gegenstand der Leistung und die das Verhältnis der Parteien prägenden Umstände maßgeblich sind. Denn diese bestimmen den Inhalt der von den Parteien getroffenen Absprachen und bilden in aller Regel eine hinreichende Grundlage für die Festlegung der interessengerechten Gegenleistung (vgl. BGHZ 94, 98, 101 f.; 167, 139, Tz. 10; BGH, Urteil vom 26. September 2006 - X ZR 181/03, NJW-RR 2007, 103, Tz. 20). Ent- scheidend ist danach, welche Regelung von den Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der vereinbarten Zinsänderungsklausel nach dem Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) als redliche Vertragspartner gewählt worden wäre (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 18).
19
b) Zutreffend ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, dass der Beklagten im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung kein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 Abs. 1 BGB zugebilligt werden kann. Das einseitige Leistungsbestimmungsrecht des Klauselverwenders entfällt mit Unwirksamkeit der Klausel ersatzlos (vgl. Schimansky, WM 2001, 1169, 1175; Burkiczak, BKR 2007, 190, 193; Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 218; Metz, BKR 2001, 21, 24, 28; siehe auch BGHZ 94, 98, 103; aA Habersack, WM 2001, 753, 760). Die Beklagte konnte daher nicht einseitig die Parameter festlegen, die sie ihrer Neuberechnung zugrunde gelegt hat und auf denen das Sachverständigengutachten beruht. Da diese Parameter nicht Inhalt des Sparvertrages sind, kann auch dahinstehen , ob sie im Rahmen einer vertraglichen Zinsänderungsklausel der Inhaltskontrolle standhalten würden. Vielmehr hat das Gericht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die maßgeblichen Parameter selbst zu bestimmen , wobei in sachlicher Hinsicht (z.B. Umstände einer Zinsänderung, insbesondere Bindung an einen aussagekräftigen Referenzzins) und in zeitlicher Hinsicht (z.B. Dauer der Zinsperiode) präzise Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen (vgl. Senat, BGHZ 180, 257, Tz. 35 m.w.N.).
20
c) Die vom Berufungsgericht vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung unterliegt der selbständigen und uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Formularmäßige Zinsänderungsklauseln der vorliegenden Art sind - ähnlich wie die AGB-Sparkassen (dazu Senat BGHZ 180, 135, Tz. 11) - typische, deutschlandweit verbreitete Vereinbarungen, bei deren Unwirksamkeit im Interesse der Rechtssicherheit eine allgemeinverbindliche ergänzende Vertragsauslegung unabhängig von den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls sachlich geboten ist (vgl. Senat BGHZ 164, 286, 292; BGH, Urteil vom 24. Januar 2008 - III ZR 79/07, WM 2008, 1886, Tz. 11; H. Schmidt, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 306 Rn. 32 m.w.N.).
21
aa) Als wichtigster Parameter ist der Referenzzins zu bestimmen, dessen Veränderung Auslöser für die Zinsänderung ist. Es muss sich hierbei um einen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzins handeln, der von unabhängigen Stellen nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt wird und die Bank nicht einseitig begünstigt (vgl. Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 215; siehe auch § 675g Abs. 3 Satz 2 BGB). Dabei ist unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarktes diejenige oder eine Kombination derjenigen auszuwählen, die dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommen (Senat, BGHZ 158, 149, 158).
22
Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen, hat aber zu Unrecht den Referenzzins als sachgerecht angesehen, den die Beklagte auf der Grundlage der in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze selbst aus einer Kombination aus 2- und 10-jährigen Anlagen errechnet hat. Das ist nicht interessengerecht und lässt wesentliche Regelungen in dem Sparvertrag außer Betracht. Der Sparvertrag hatte eine Laufzeit von 20 Jahren. Die volle Prämie von 30%, die diesen Vertrag für die Klägerin im Vergleich zu einem gewöhnlichen Sparbuch besonders interessant machte, fiel nur an, wenn der Sparvertrag über die volle Laufzeit durchgehalten wurde und keine vorzeitige Verfügung über das Guthaben erfolgte. Die vorzeitige Kündigungsmöglichkeit der Klägerin mit einer Frist von 4 1/2 Jahren war für sie keine echte Handlungsalternative, da sie dann für das gekündigte Kapital keine oder nur eine deutlich geringere Prämie erhalten hätte (vgl. dazu auch BGHZ 158, 149, 157). Die Einbeziehung eines Referenzzinses für kurzfristige Spareinlagen entspricht daher selbst dann, wenn dies - wie hier von der Beklagten vorgesehen - nur mit einem Anteil von 20% geschieht, nicht dem im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Interesse der Parteien. Aus denselben Gründen kann entgegen der Ansicht der Revision auch der Spareckzins nicht als Referenzzins herangezogen werden, weil er den Zinssatz für Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten angibt.
23
Nach dem Konzept des Sparvertrages ist es allein interessengerecht, einen Referenzzins für langfristige Spareinlagen heranzuziehen. Die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze für vergleichbare Produkte hat der Bundesgerichtshof bereits in der Vergangenheit als geeignete Referenz angesehen (vgl. BGHZ 97, 212, 223; auch BGHZ 161, 196, 203 f.). Es sind daher die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze für Spareinlagen mit einer Laufzeit zugrunde zu legen , die der zwanzigjährigen Laufzeit des vorliegenden Sparvertrages unter Berücksichtigung des Ansparvorgangs nahe kommen. Dazu hat das Berufungsgericht bisher keine Feststellungen getroffen. Es wird daher nach ergänzendem Vortrag der Parteien gegebenenfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären haben, welcher konkrete, in den Zinsstatistiken der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Zins als maßgebliche Referenz heranzuziehen ist.
24
bb) Ferner sind die Anpassungsschwelle, ab der eine Zinsänderung vorzunehmen ist, und der Anpassungszeitraum, für den sie gelten soll, zu ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Parteien bei der Bestimmung der Anpassungsschwelle und des Anpassungsintervalls weitestgehend frei sind. Sie müssen nur beachten, dass für Zinssenkungen und Zinserhöhungen die glei- chen Parameter verwendet werden (Schimansky, WM 2001, 1169, 1173; Rösler /Lang, ZIP 2006, 214, 217). Haben die Parteien - wie hier - keine wirksame Vereinbarung getroffen, kann es wegen des weiten Ermessens der Parteien bei der Festlegung einer Anpassungsschwelle auch interessengerecht sein, dass sie ganz entfällt und wie bei einer Zinsgleitklausel (vgl. dazu Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 215) jede Veränderung des Referenzzinses auch zu einer Veränderung des Vertragszinses führt.
25
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den Angaben der Beklagten folgend eine Veränderung des Referenzzinses von 0,1 Prozentpunkten als maßgeblichen Schwellenwert angesehen. Das Berufungsgericht hat gemeint, eine Anpassung bei einem Schwellenwert von 0,01%, wie sie von der Klägerin geltend gemacht wird, sei untunlich, weil beide Seiten ein Interesse daran hätten, dass erst eine Veränderung des Zinssatzes von einer gewissen Erheblichkeit zu einer Änderung des Vertragszinses führe, um nicht laufend den Zinssatz ändern zu müssen, was dann zur Unübersichtlichkeit der Abrechnung führe. Diese Ausführungen beachten nicht, dass es bei der üblichen Zinsberechnung mittels elektronischer Datenverarbeitung ohne weiteres möglich ist - wie bei Zinsgleitklauseln - jede Veränderung des Referenzzinssatzes exakt und ohne größeren Aufwand nachzuvollziehen. Dass in der Literatur ein Schwellenwert von 0,1 Prozentpunkten als angemessen angesehen wird, mag bei der Inhaltskontrolle einer entsprechenden Klausel von Bedeutung sein, besagt aber nichts für die Frage, was die Parteien in Kenntnis der Vertragslücke vereinbart hätten. Hierzu ist in erster Linie auf die vertraglichen Abreden abzustellen, soweit sich ihnen ein Hinweis auf den Parteiwillen entnehmen lässt. Die streitgegenständliche Zinsänderungsklausel sieht vor, dass jede Veränderung des dort genannten - unzulässigen - Referenzzinssatzes auch zu einer Anpassung des Vertragszinses führen sollte. Es ist daher interessengerecht, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen, dass jede Veränderung des Referenzzinses ohne Erreichen einer bestimmten Anpassungsschwelle zu einer Veränderung des Vertragszinses führt. Da der den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank zu entnehmende Referenzzins monatlich veröffentlicht wird, ist es sachgerecht, die Vereinbarung monatlicher Anpassungen anzunehmen.
26
cc) Die Zinsänderung muss ferner das Äquivalenzprinzip beachten. Nach diesem darf die Bank das Grundgefüge eines Vertragsverhältnisses durch die Zinsänderung nicht zu ihren Gunsten verändern, sondern muss insbesondere auch für den Kunden günstige Anpassungen vornehmen (vgl. Senat, BGHZ 180, 257, Tz. 32; Senatsurteile vom 4. Dezember 1990 - XI ZR 340/89, WM 1991, 179, 182 und vom 12. Oktober 1993 - XI ZR 11/93, WM 1993, 2003, 2004 f.). Entscheidend ist dabei die Relation zu vergleichbaren Produkten am Markt, das heißt, das Verhältnis des konkret vereinbarten Zinses zum Referenzzins muss gewahrt bleiben, nicht aber eine gleich bleibende Gewinnmarge (vgl. Schimansky, WM 2003, 1449, 1452).
27
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft - dem von ihm bestellten Sachverständigen folgend - seiner Berechnung einen gleich bleibenden Abstand des Vertragszinses zum Referenzzins sowohl bei Zinssenkungen als auch bei Zinserhöhungen zugrunde gelegt. Eine Klausel, in der ausdrücklich angegeben ist, dass die Zinsänderung in dieser Weise erfolgen soll, mag zwar gegebenenfalls der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB standhalten. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung kann diese Berechnungsmethode vorliegend aber nicht zugrunde gelegt werden, da sie nicht dem beiderseitigen Interesse der Parteien entspricht. Der immer gleiche Abstand zum Referenzzins führt zu einer Sicherung der anfänglichen Marge in absoluten Prozentpunkten über die gesamte Vertragslaufzeit und kann, wenn der Referenzzins stark fällt, im Extremfall dazu führen, dass der Vertragszins unter Null fällt, also theoretisch eine Zinszahlungspflicht des Kunden an die Bank entstünde. Auch wenn günstige Zinskonditionen grundsätzlich günstig bleiben müssen und ungünstige auch ungünstig bleiben dürfen, so ist eine absolute Margensicherung oder gar das Entfallen eines Zinsanspruchs bzw. die Umkehr eines Zahlungsanspruchs in eine Zahlungspflicht nicht interessengerecht. Die im S-Sparvertrag enthaltene ursprüngliche Regelung sah die Maßgeblichkeit des jeweils gültigen Zinses vor, was gegen eine derartige statische Margensicherung oder gar das Absinken des Zinsanspruchs ins Negative spricht. Vielmehr ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen, dass die Parteien die Beibehaltung des anfänglichen relativen Abstandes des Vertragszinses zum Referenzzins über die gesamte Vertragslaufzeit vereinbart hätten. Dieser relative Abstand gewährleistet zum einen, dass der Vertragszins immer den gleichen prozentualen Abstand zum Referenzzins beibehält und so das Grundgefüge der Vertragskonditionen über die gesamte Laufzeit beibehalten wird, also ein günstiger Zins auch günstig bleibt. Zum anderen verhindert die Maßgeblichkeit des prozentualen Abstandes zwischen Vertragszins und Referenzzins die Verstetigung einer absoluten Gewinnmarge und das Absinken des Vertragszinses auf Null oder ins Negative.
28
dd) Aus der beiderseits interessengerechten ergänzenden Vertragsauslegung folgt, dass eine Begrenzung des Zinsänderungsrechts bzw. der Zinsänderungspflicht der Beklagten durch ihr Neukundengeschäft vorliegend nicht vorzunehmen ist. Der Bundesgerichtshof hat für das Kreditgeschäft ausgesprochen , eine Bank dürfe bei zulässigen oder gebotenen Zinsänderungen im Regelfall ihre Bestandskunden nicht schlechter behandeln als Neukunden, denen sie Kredite dieser Art und Größenordnung gewähre, so dass sie bei Zinsänderungen den nunmehr allgemein von ihr verlangten "Normalzins" einhalten müsse (vgl. BGHZ 97, 212, 223; Schimansky WM 2003, 1449, 1452). Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, welche Bedeutung dieser Aussage außerhalb der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB bei der Inhaltskontrolle von Zinsänderungsklauseln im Kreditgeschäft nach § 307 BGB beizumessen ist und ob sie auf das Einlagengeschäft einer Bank übertragen werden kann. Denn durch die Maßgeblichkeit des relativen Abstandes von Vertragszins zum Referenzzins wird vorliegend eine unzumutbare Benachteiligung der Klägerin gegenüber Neukunden vermieden, so dass es keiner Begrenzung der Zinsänderung durch den jeweils von der Beklagten an Neukunden gezahlten "Normalzinssatz" bedarf.

III.

29
Das Berufungsurteil ist demnach im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache gemäß den vorstehenden Ausführungen nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Wiechers Müller Ellenberger Maihold Matthias Vorinstanzen:
LG Zweibrücken, Entscheidung vom 10.10.2008 - 1 O 298/06 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 08.06.2009 - 7 U 178/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 52/08 Verkündet am:
21. Dezember 2010
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur ergänzenden Vertragsauslegung bei Unwirksamkeit einer Zinsänderungsklausel
zu laufenden Zinsen in einem Sparvertrag (im Anschluss an BGH, Urteil vom
13. April 2010 - XI ZR 197/09).

b) Soweit statistische Daten eines geeigneten Referenzzinses nicht während der gesamten
Laufzeit eines Sparvertrags zur Verfügung stehen, kann dem im zeitlichen
Anschluss durch Heranziehung der Zinsentwicklung eines neuen Referenzzinses
Rechnung getragen werden. Diese Referenzzinssätze müssen unabhängig von
Unterschieden in ihrer Erhebung und Berechnung jeweils für sich die Zinsentwicklung
des konkreten Sparvertrags möglichst weitgehend abbilden.
BGH, Urteil vom 21. Dezember 2010 - XI ZR 52/08 - OLG Köln
LG Köln
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die
Richterin Mayen, die Richter Dr. Grüneberg, Maihold und Pamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Januar 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihrer Geschwister von den beklagten Banken die Zahlung weiterer Zinsbeträge aus ausgelaufenen Sparverträgen.
2
Die Klägerin und ihre fünf Geschwister schlossen, vertreten durch ihre Eltern, zwischen dem 25. September 1986 und dem 30. März 1989 mit der Beklagten zu 1) insgesamt 24 Sparverträge mit einer Laufzeit von jeweils 15 Jahren ab, die neben laufender Verzinsung bei Beendigung zeitlich gestaffelte, bis auf 15% der Sparsumme ansteigende Bonuszahlungen vorsahen. Die Sparguthaben wurden in einem Betrag jeweils zu Vertragsbeginn eingezahlt. Alle Verträge sahen eine Kündigungsfrist von vier Jahren vor. Die Sparverträge von drei der Geschwister übernahm später die Beklagte zu 2). In den "Bedingungen für Sparkonten" der Beklagten zu 1), die den Sparverträgen zugrunde lagen (im Folgenden: AGB), wurde die Anpassung der laufenden Verzinsung wie folgt geregelt: "Die Bank vergütet dem Sparkontoinhaber im Rahmen der geltenden Bestimmungen die von ihr jeweils durch Aushang im Kassenraum der kontoführenden Stelle bekannt gegebenen Zinsen. Eine Änderung des Zinssatzes tritt auch für bestehende Sparguthaben ohne besondere Mitteilung mit dem Tage in Kraft, der durch Aushang im Kassenraum bekannt gegeben wird."
3
Entsprechend dieser Regelung und auf Grundlage der von der Bundesbank veröffentlichten "Zeitreihe WZ9816" wurden von den Beklagten die Zinsen angepasst, den Sparverträgen, wie in den AGB weiter festgelegt war, jährlich Zinserträge gutgeschrieben und am Ende der regulären Vertragslaufzeit das sich daraus ergebende Guthaben zuzüglich des jeweiligen Bonus ausbezahlt.
4
Die Klägerin hält die Zinsänderungsklausel für unwirksam und die während der Laufzeit der Sparverträge gewährte Verzinsung für zu niedrig.
5
Die Klage, mit der die Klägerin von der Beklagten zu 1) Zahlung von 38.698,62 € und von der Beklagten zu 2) Zahlung von 37.812,57 € jeweils zuzüglich Zinsen begehrt hat, ist in erster Instanz abgewiesen worden. Auf die Berufung der Klägerin sind die Beklagten zur Zahlung von jeweils 4.074,24 € nebst Zinsen verurteilt worden; im Übrigen ist die Berufung zurückgewiesen worden. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre weitergehenden Zahlungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit dies für die Revisionsinstanz von Bedeutung ist, im Wesentlichen wie folgt begründet:
8
Nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen sei die von den Beklagten verwendete Zinsanpassungsklausel unwirksam. Stattdessen sei den Banken aufgegeben, unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarkts diejenige auszuwählen, die den tatsächlichen Gegebenheiten der Zinsanpassung bei den vorliegenden Verträgen möglichst nahe komme. Dem werde die von den Beklagten vorgenommene Zinsberechnung gerecht, da sie das vertragliche Äquivalenzverhältnis wahre und sich deshalb im Rahmen des § 315 BGB halte. Die Beklagten hätten sich zu Recht an einem Zinssatz nach der Methode gleitender Durchschnitte und einer Ablauffiktion von fünf Jahren orientiert. Wie der Sachverständige überzeugend dargestellt habe, komme diese Berechnung den tatsächlichen Gegebenheiten am Kapitalmarkt am ehesten nahe, da in der Bankpraxis variable Geschäfte produktweise - nicht einzelgeschäftsbezogen - gesteuert und deswegen üblicherweise mit dieser Methode kalkuliert würden. Das Äquivalenzprinzip sei gewahrt, da die bei Vertragsbeginn zwischen den Vertragsparteien implizit vereinbarte Marge für die gesamte Laufzeit des Vertrages bestehen bleibe. Eine Orientierung am Spareckzins scheide aus, da sich dieser auf eine dreimonatige Kündigungsfrist beziehe, während die Parteien eine Kündigungsfrist von 48 Monaten vereinbart hätten. Zudem müsse die Auswahl der Bezugsgröße dem geschäftspolitischen Ermessen der Bank überlassen bleiben , sofern – wie im vorliegenden Fall – das Äquivalenzprinzip gewahrt sei.
9
Kapitalertragsteuer sei entsprechend der Nachberechnung des Sachverständigen zu berücksichtigen, da die Klägerin nicht schlüssig dargetan habe, ob und in welchem Umfang für die einzelnen Sparverträge Freistellungsaufträge erteilt worden seien.

II.

10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann das Begehren der Klägerin auf Zahlung weiterer Zinsen aus den Sparverträgen (§ 700 Abs. 1, § 488 Abs. 1, § 398 BGB) nicht zurückgewiesen werden.
11
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die in den AGB der Beklagten zu 1) enthaltene Zinsänderungsklausel nach § 10 Nr. 4 AGBG, soweit die Sparverträge vor dem 1. Januar 2003 ausgelaufen sind, bzw. nach § 308 Nr. 4 BGB, Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB für nach diesem Zeitpunkt endende Verträge unwirksam ist, da die Befugnis eines Kreditinstituts , dem Sparer den jeweils durch Aushang bekannt gemachten Zinssatz zu zahlen, nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (Senat, Urteile vom 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149, 153 ff., vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Rn. 12 und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 15).
12
Weiter zutreffend hat das Berufungsgericht unausgesprochen angenommen , dass von der Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel nicht die zugrunde liegende Vereinbarung eines variablen Zinssatzes erfasst wird, da es sich dabei um eine eigenständige, ihrerseits nicht gegen ein Klauselverbot verstoßende , kontrollfreie Preisregelung handelt (Senat, Urteile vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Rn. 16 f. und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 16).
13
2. Zu Unrecht geht jedoch das Berufungsgericht im Weiteren von einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht der beklagten Banken nach § 315 Abs. 1 BGB aus.
14
a) Eine Regelungslücke, die durch die Unwirksamkeit einer Zinsänderungsklausel bei gleichzeitiger Wirksamkeit der Vereinbarung über die Variabilität der Zinshöhe entstanden ist, kann nicht nach § 306 Abs. 2 BGB durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank entsprechend § 315 BGB geschlossen werden. Dazu hätte es der wirksamen Vereinbarung bedurft, einer Vertragspartei das einseitige Leistungsbestimmungsrecht zu übertragen. Ist jedoch - wie hier - die in den Vertragsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklausel unwirksam, so ist damit zugleich ein darin enthaltenes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Klauselverwenders ersatzlos entfallen (vgl. BGH, Urteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 72 f. und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19 mwN).
15
b) Ein einseitiges Zinsbestimmungsrecht steht den Beklagten auch nicht als Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung zu.
16
Da einerseits die unwirksame Zinsänderungsklausel nicht durch dispositives Recht ersetzt werden kann und andererseits das Gefüge der vorliegenden Sparverträge ohne eine Regelung zur Zinsanpassung nachhaltig gestört wäre, ist diese Regelungslücke im Grundsatz zwar durch ergänzende Vertragsauslegung nach den §§ 133, 157 BGB auszufüllen (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, BGHZ 137, 153, 157; Senat, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Rn. 18 mwN). Aus der bei Schließung von Regelungslücken in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gebotenen objektiv-generalisierenden Sicht (vgl. BGH, Urteile vom 7. März 1989 - KZR 15/87, BGHZ 107, 273, 276 f. und vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 317) ist aber der hypothetische Vertragswille typischer Parteien , sofern ihnen die Unwirksamkeit der Klausel bei Vertragsschluss bekannt gewesen wäre, nicht darauf gerichtet, eine unwirksame, den Vertragspartner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligende Klausel durch eine der unausgewogenen Regelung im Kern gleichende Gestaltung zu ersetzen (BGH, Urteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 78 und vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 315). Deswegen kann an die Stelle einer unwirksamen, einseitigen Zinsanpassungsklausel kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank treten, das - ungeachtet der nach § 315 Abs. 3 BGB bestehenden Billigkeitskontrolle - die unwirksame Klausel entgegen der Wertung von § 10 Nr. 4 AGBG aF bzw. § 308 Nr. 4 BGB im Wesentlichen wirkungsgleich ersetzen würde (vgl. Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19).
17
c) Die Beklagten hatten demnach nicht die Rechtsmacht, einseitig die Parameter für eine Neuberechnung der Zinsen festzulegen. Ebenso besteht - anders als das Berufungsgericht ausführt - hierzu kein Raum für ein geschäftspolitisches Ermessen der beklagten Banken. Vielmehr ist vom Gericht im Wege ergänzender Vertragsauslegung Anpassungsmaßstab und -modus zu bestimmen, wobei in sachlicher und zeitlicher Hinsicht Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen (Senat, Urteile vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 35 und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19).
18
3. Weiter rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht Zinsansprüche der Klägerin um Kapitalertragsteuer gekürzt, die während der Laufzeit der Sparverträge für zusätzlich geschuldete Zinszahlungen im Falle einer Auszahlung angefallen wäre. Dabei ist es - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - unerheblich , ob die Klägerin und ihre Geschwister Freistellungsaufträge in entsprechender Höhe erteilt haben. Bisher ist ihnen in Höhe der streitgegenständlichen Zinsnachzahlungen jedenfalls kein steuerbares Einkommen zugeflossen. Kapitalertragsteuer entsteht nach § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG in dem Zeitpunkt, in dem die Zinsen dem Gläubiger von Kapitalerträgen zufließen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG gelten Einnahmen als zugeflossen, wenn der Gläubiger darüber wirtschaftlich verfügen kann (BFHE 134, 315, 317; BFHE 140, 542, 545; BFHE 229, 141 Rn. 28 ff.). Dafür reicht nicht aus, dass der Gläubiger einen - hier zudem bestrittenen - Anspruch auf Zahlungen hat (BFH/NV 2002, 643). Vielmehr fließen Einnahmen im Allgemeinen dem Gläubiger erst mit tatsächlicher Gutschrift auf einem Bankkonto zu (BFHE 134, 315, 317; BFHE 140, 542, 545).
19
Für eine Kürzung bislang streitiger und nicht erfüllter Zinsansprüche um fiktive Steuerzahlungen fehlt mithin eine Grundlage. Soweit die Beklagten während der Laufzeit der Sparverträge auf von ihnen gebuchte Zinsen für die Klägerin und deren Geschwister Kapitalertragsteuer abgeführt haben, ist diese im Umfang der tatsächlichen Zahlungen zu berücksichtigen. Fiktive Steuern, die bei Zahlung höherer Zinsen in zurückliegenden Jahren aufgrund eines anderen Anpassungsverfahrens möglicherweise angefallen wären, sind bisher weder entstanden noch von den Beklagten aus dem Sparguthaben tatsächlich an die Finanzbehörden abgeführt worden, konnten mithin während nachfolgender Zinsperioden das zu verzinsende Kapital nicht mindern und beeinflussen damit das bei Beendigung der Sparverträge bestehende Guthaben nicht. Dies gilt ungeachtet einer möglichen Pflicht der beklagten Banken, im Falle einer tatsächlichen Nachzahlung von Zinsen für die Klägerin Steuern an die zuständigen Finanzbehörden abzuführen.

III.

20
Das Berufungsurteil ist somit im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur abschließenden Entscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
21
1. Vom Berufungsgericht werden im Wege ergänzender Vertragsauslegung die Parameter einer Zinsanpassung festzustellen sein, die in sachlicher und zeitlicher Hinsicht dem mutmaßlichen Parteiwillen entsprechen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Anpassungsmaßstab und -methode, die die Beklagten der tatsächlich vorgenommenen Zinsanpassung zugrunde gelegt haben , einer Inhaltskontrolle standhalten würden, da diese nicht Inhalt der Sparverträge geworden sind (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19). Wegen des Vorrangs einer ergänzenden Vertragsauslegung wird auch nicht der von der Revision vertretenen Ansicht zu folgen sein, die durch die Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel entstandene Vertragslücke sei nach § 316 BGB durch ein Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin zu schließen (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 18).
22
2. Der Referenzzins, dessen Veränderung Anlass und Höhe einer Zinsanpassung bestimmt, hat sich bei Spareinlagen, die - wie hier - wegen des damit verbundenen Verlustes der Abschlussprämie wirtschaftlich sinnvoll nicht vorzeitig gekündigt werden, grundsätzlich an Zinsen für vergleichbare langfristige Spareinlagen zu orientieren (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 22 f.). Diesem Grundsatz kommt für die vorliegenden Sparverträge besondere Bedeutung zu, da das gesamte Sparguthaben jeweils in einem Betrag bei Abschluss der Sparverträge und nicht in laufenden monatlichen Raten eingezahlt worden ist. Diesen Anforderungen entspricht die vom Berufungsgericht akzeptierte "Zeitreihe WZ9816" weder sachlich noch zeitlich, da es sich um die Abbildung einer rechnerisch ermittelten Zinsstrukturkurve für börsennotierte Bundeswertpapiere mit einer Laufzeit von fünf Jahren handelt. Ebenso kann der von der Revision angesprochene Spareckzins nicht als Referenz herangezogen werden, da er den Zinssatz für Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von lediglich drei Monaten angibt (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 22).
23
3. Die Anpassung des Vertragszinses wird weiter nicht nach der vom Berufungsgericht gebilligten Methode gleitender Durchschnitte bei einer Ablauffiktion von fünf Jahren erfolgen können, da die Parteien im Sparvertrag keine Anpassungsschwelle vorgesehen haben. Nach den AGB der Beklagten zu 1) sollte jede Veränderung des dort genannten – unzulässigen – Referenzzinssatzes sogleich zu einer entsprechenden Anpassung des Vertragszinses führen. Dann erscheint es beiderseits interessengerecht, dass auch jede Veränderung des zutreffenden Referenzzinses ohne Erreichen eines bestimmten Schwellenwertes und ohne zeitliche Verzögerung zu einer entsprechenden Anpassung des Vertragszinses führt (vgl. auch Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 25).
24
Ein Anpassungsmodus, dem fünfjährige gleitende Durchschnittszinsen aus einem Referenzzins für Wertpapiere mit fünfjähriger Laufzeit zugrunde liegen , würde zudem einseitig das Interesse der beklagten Banken berücksichtigen , Zinsänderungseffekte im Passivgeschäft durch produktspezifische Gegengeschäfte zu festen Zinssätzen auszugleichen. Demgegenüber wäre der Sparer - entgegen seiner Erwartung - bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses überwiegend an die Zinsentwicklung zurückliegender Jahre gebunden, da künftige Zinsänderungen in den maßgeblichen Durchschnittszins nur entsprechend ihrem Zeitanteil an dem unterstellten Anlagezeitraum von fünf Jahren einfließen.
25
4. Das Berufungsgericht wird schließlich den von ihm bei der Berechnung des laufenden Vertragszinses hingenommenen absolut gleich bleibenden Abstand zum Referenzzins zu überprüfen haben. Die damit erzielte Sicherung einer fixen absoluten Marge der Bank entspricht im Allgemeinen nicht sachgerechter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien. Eine darauf aufbauende Zinsanpassung kann bei fallenden Zinsen nicht nur zu einer im Verhältnis zum Vertragszins überzogenen Marge führen, sondern birgt die Gefahr einer negativen Verzinsung des angesparten Kapitals. Zwar müssen auch nach einer Anpassung günstige Zinskonditionen günstig bleiben und ebenso ungünstige Zinskonditionen ungünstig. Dieser Grundsatz ist jedoch gewahrt, wenn der anfängliche relative Abstand des Vertragszinses vom Referenzzins für die Vertragslaufzeit beibehalten wird (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 27).
26
5. Das Berufungsgericht wird daher nach ergänzendem Vortrag der Parteien gegebenenfalls sachverständig beraten zu klären haben, welcher konkrete in der von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken erhobenen Zinsstatistik veröffentlichte Zins als maßgebliche Referenz herangezogen werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 23). Soweit eine danach geeignete Zeitreihe nicht während der gesamten Laufzeit einzelner Sparverträge - unverändert - fortgeführt wird, kann dem im zeitlichen Anschluss durch Heranziehung der Zinsentwicklung einer neuen Zeitreihe Rechnung getragen werden. Diese Zeitreihen müssen unabhängig von Unterschieden in ihrer Erhebung und Berechnung jeweils für sich die Zinsentwicklung des konkreten Sparvertrags möglichst weitgehend abbilden. Abweichungen in der Höhe des Zinssatzes zwischen zeitlich aneinander anschließenden Zeitreihen stehen dem nicht von vorneherein entgegen, da die Zinsanpassung nicht an dem absoluten Wert des jeweiligen Referenzzinses, sondern an dessen Änderung auszurichten ist.
Wiechers Mayen Grüneberg Maihold Pamp
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 19.01.2006 - 15 O 393/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 16.01.2008 - 13 U 27/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 197/09 Verkündet am:
13. April 2010
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
§ 315 Abs. 1, § 316

a) Die Formularklausel, "die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz für SVersicherungseinlagen
…", ist wirksam, soweit sie die Vereinbarung eines variablen Zinses enthält,
weil es sich dabei um eine gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Klauselkontrolle nicht unterliegende
Preisregelung der Parteien handelt. Sie ist aber in Bezug auf die Ausgestaltung der Variabilität
nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam, weil sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit
möglicher Zinsänderungen aufweist.

b) Die durch die (teilweise) Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel entstandene Lücke im Vertrag ist
durch ergänzende Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zu schließen; ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht
des Bankkunden nach § 316 BGB kommt ebenso wenig in Betracht wie ein einseitiges
Leistungsbestimmungsrecht der Bank nach § 315 Abs. 1 BGB.

c) Das Gericht hat die maßgeblichen Änderungsparameter selbst zu bestimmen, wobei in sachlicher
Hinsicht (insbesondere Bindung an einen aussagekräftigen Referenzzins) und in zeitlicher Hinsicht
(Dauer der Zinsperiode) präzise Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit
und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen.

d) Die vom Berufungsgericht vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung unterliegt der selbständigen
und uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht, weil formularmäßige Zinsänderungsklauseln
typische Vereinbarungen sind, bei deren Unwirksamkeit im Interesse der
Rechtssicherheit eine allgemeinverbindliche ergänzende Vertragsauslegung unabhängig von den
Besonderheiten des konkreten Einzelfalls sachlich geboten ist.
BGH, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09 - OLG Zweibrücken
LG Zweibrücken
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter
Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Maihold und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 8. Juni 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 10. Oktober 2008 wegen der Abweisung der Klage in Höhe von 3.081,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Juli 2006 sowie 186,82 € vorgerichtlicher Kosten zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt von der beklagten Sparkasse die Zahlung weiterer Zinsbeträge aus einem beendeten Sparvertrag an sich und ihren Ehemann.
2
Die Klägerin und ihr Ehemann schlossen im Jahre 1986 einen Sparvertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) über ein so genanntes S-Versicherungssparen mit einer Laufzeit von zwanzig Jahren. In dem von ihnen unterzeichneten Vertragsformular heißt es: "2. Zinsen und Prämien Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz für S-Versicherungseinlagen am Ende der Gesamtdauer des Vertrages eine unverzinsliche Prämie auf die vertragsgemäß eingezahlten Sparbeiträge. Die Prämie beträgt bei einer Vertragsdauer von 8 bis 9 Jahren - 2%, 10 bis 11 Jahren - 4%, 12 bis 14 Jahren - 10%, 15 bis 19 Jahren - 15%, 20 bis 25 Jahren - 30%. 3. Kündigung Bis 4 ½ Jahre vor Ende des Vertragsdatums kann der Kunde über Beträge jeweils nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist von 6 Monaten unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 48 Monaten verfügen; ab einem Zeitpunkt von 3 Monaten vor Ende der Vertragsdauer kann das Guthaben unter Einhaltung einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden. Die Zahlung einer Prämie erfolgt für die tatsächliche Vertragsdauer entsprechend der Prämienstaffel. Bei Verfügungen vor dem Vertragsende ohne Einhaltung der Kündigungsfrist wird eine S-Prämie nicht gezahlt."
3
Der von der Beklagten gezahlte Nominalzins für S-Versicherungssparen betrug laut ihrem Preisaushang bei Abschluss des Sparvertrages jährlich 5%. Die Klägerin und ihr Ehemann zahlten in den Jahren 1986 bis 2005 die vereinbarten monatlichen Sparbeträge von 200 DM für die Zeit von Oktober bis Dezember 1986 und von 100 DM ab dem 1. Januar 1987 ein, wobei allerdings nicht monatlich gezahlt wurde, was der Sparvertrag zuließ. Mit Ablauf des Sparvertrages zahlte die Beklagte an die Klägerin und ihren Ehemann einen Betrag von 22.034,20 € aus.
4
Die Klägerin hat die Zinsberechnung der Beklagten beanstandet und sie mit wechselnden Anträgen auf Zahlung höherer Sparzinsen nebst Verzugszinsen an sich und ihren Ehemann sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten in Anspruch genommen. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat unter Heranziehung der von der Beklagten genannten Kombination aus den in der Bundesbankstatistik ausgewiesenen Zinssätzen für zwei- und zehnjährige Spareinlagen im Verhältnis von 20% zu 80% sowie Berücksichtigung einer Anpassungsschwelle von 0,1 Prozentpunkten einen restlichen Zahlungsanspruch der Klägerin und ihres Ehemannes in Höhe von 19,94 € errechnet, den die Beklagte nebst Zinsen anerkannt hat.
5
Das Landgericht hat die Beklagte dem Anerkenntnis entsprechend verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der Klägerin, mit der sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 4.320,75 € nebst Zinsen sowie 246,13 € vorgerichtlicher Kosten begehrt hat, hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag in Höhe von 3.081,24 € nebst Zinsen sowie 186,82 € vorgerichtlicher Kosten weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
Soweit die Klägerin wegen der zunächst unbeschränkt eingelegten Revision die Rücknahme der weitergehenden Revision erklärt hat, geht das ins Leere. Eine Teilrücknahme der Revision (§§ 555, 516 ZPO) liegt nicht vor, wenn der Revisionskläger die Revision unbeschränkt einlegt (§ 549 ZPO) und in der Revisionsbegründung die Revisionsanträge von vornherein hinter der Beschwer des Revisionsklägers zurückbleiben. Denn erst in der Revisionsbegründung müssen die Revisionsanträge enthalten sein (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ZPO), die den Umfang des eingelegten Rechtsmittels bestimmen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 1968 - VIII ZB 26/68, NJW 1968, 2106; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 516 Rn. 26). Für eine Entscheidung des Revisionsgerichts nach §§ 555, 516 Abs. 3 ZPO über den nicht angegriffenen Teil der Berufungsentscheidung ist kein Raum, weil dieser Teil nicht beim Revisionsgericht anhängig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 1968 - VIII ZB 26/68, NJW 1968, 2106).

I.

8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für die Revisionsinstanz von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
9
Nach dem Inhalt des Sparvertrages sei ein variabler Zinssatz vereinbart worden. Der Sparvertrag enthalte jedoch keine Regelung, wie die Änderung des Zinssatzes vorzunehmen sei. Er stelle daher die Änderung des Zinssatzes einseitig in das Ermessen der Sparkasse. Eine solche Zinsänderungsklausel sei aber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen - wie sie hier vorlägen - unwirksam.
10
Das führe aber nicht dazu, dass gar keine Zinsen zu zahlen wären. Vielmehr sei die unwirksame Klausel durch eine ergänzende Vertragsauslegung auszufüllen, da es hierzu an dispositivem Gesetzesrecht fehle. Entscheidend sei danach, welche Regelung von den Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der vereinbarten Zinsänderungsklausel nach dem Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner gewählt worden wäre. Die Parteien hätten im Grundsatz eine Entscheidung für Zinsvariabilität und damit gegen Zinsstabilität getroffen. An dieser Entscheidung seien sie festzuhalten. Die Beklagte habe als Referenzzins eine Kombination zwischen den Zinssätzen für 2- und 10-jährige Anlagen gewählt gemäß den Statistiken der Deutschen Bundesbank bei einer Gewichtung von 20% und 80%. Mit dem Zinssatz für 10-jährige Anlagen und dem Zinssatz für 2-jährige Anlagen werde sowohl der Langfristigkeit der Anlage als auch einer möglichen vorzeitigen Kündigung Rechnung getragen. Die auf dieser Basis vorgenommene Zinsänderung sei daher nicht zu beanstanden.
11
Demgegenüber sei es nicht sach- und interessengerecht, den Spareckzins als Referenzzins heranzuziehen, da dieser sich auf Spareinlagen beziehe, die mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündbar seien. Solche kurzfristig verfügbaren Spareinlagen seien mit der von den Parteien gewählten langfristigen Anlage nicht vergleichbar. Soweit die Klägerin sich darauf berufe, dass sie ein Interesse gehabt habe, einen Sparzins zu erzielen, der deutlich über dem Spareckzins liege und immer denselben Abstand zum Spareckzins aufweise, stelle dies lediglich ihr einseitiges Interesse dar, berücksichtige aber nicht die ebenfalls abzuwägenden Interessen der Beklagten.
12
Des Weiteren berücksichtige es die beiderseitigen Interessen am besten, eine Zinsänderung nicht schon bei der Änderung eines Referenzzinssatzes um 0,01 Prozentpunkte nach oben oder unten vorzunehmen, wie es die Verbraucherzentrale in der von der Klägerin vorgelegten Berechnung getan habe. Interessengerecht sei, dass erst eine Veränderung des Zinssatzes von einer gewissen Erheblichkeit zu einer Änderung des Vertragszinses führe, um nicht laufend den Zinssatz ändern zu müssen, was zu Unübersichtlichkeiten bei der Abrechnung führe. Die von der Beklagten gewählte Anpassungsschwelle von 0,1 Prozentpunkten nach oben oder unten sei ein Wert, der auch in der Literatur als richtig angesehen werde.
13
Der Sachverständige habe in seinem Gutachten den oben genannten Referenzzins herangezogen und auch die Änderungen des Zinssatzes bei der entsprechenden Veränderung vorgenommen. Er habe dabei als ersten Zinssatz entsprechend der von der Beklagten vorgenommenen Gutschrift in dem Sparbuch einen Zinssatz von 5,16% berücksichtigt, wie dies die Beklagte auch in ihrer Nachberechnung getan habe. Des Weiteren habe er den jeweiligen Zinsabstand zum Referenzzins beibehalten. Die von der Klägerin vorgelegte Zinsberechnung der Verbraucherzentrale unter Zugrundelegung desselben Referenzzinses, die zu einem anderen Ergebnis komme, beruhe darauf, dass dort als erster Vertragszins ein Zinssatz von 6% eingestellt worden sei und Änderungen des Zinssatzes bereits bei einer Veränderung um 0,01 Prozentpunkte vorgenommen werde. Dies entspreche jedoch nicht einer interessengerechten Auslegung. Die Klägerin habe nicht zu beweisen vermocht , dass mit ihr ein anfänglicher Zinssatz von 6% vereinbart worden sei. Vielmehr sei nach dem Sparvertrag der jeweils gültige Zins vereinbart gewesen, der sich für den Beginn des Vertrages feststellen lasse, da er dort im Preisaushang der Sparkasse aufgeführt gewesen sei. Die Beklagte habe insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass der Zinssatz sowohl im August 1986 als auch im Oktober 1986 jeweils bei 5% gelegen habe.

II.

14
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht nach den bisher getroffenen Feststellungen den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch aus dem Sparvertrag mit der Beklagten auf Zahlung weiterer Zinsen in Höhe von 3.081,24 € verneint. Dementsprechend ist auch die Versagung der von der Klägerin begehrten vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 186,82 € bislang nicht gerechtfertigt.
15
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die streitige Zinsänderungsklausel insofern wegen Verstoßes gegen den nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbaren § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist, als sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (vgl. Senat, BGHZ 158, 149, 153 ff. und Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 10 ff.; jeweils zu vergleichbaren Klauseln

).

16
Zutreffend ist das Berufungsgericht stillschweigend weiter davon ausgegangen , dass die Klausel dagegen wirksam ist, soweit sie die Vereinbarung eines variablen Zinssatzes enthält, weil es sich dabei um eine gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Klauselkontrolle nicht unterliegende Preisregelung der Parteien handelt (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 16 f.). Ebenfalls nicht der Inhaltskontrolle unterliegt der anfängliche Vertragszins, der Ausgangspunkt der Zinsänderung ist (vgl. Senat, BGHZ 158, 149, 153 f.; Schimansky, WM 2003, 1449, 1452). Nach den im Revisionsverfahren bindenden tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 559 ZPO) haben die Parteien keinen anfänglichen Vertragszins in Höhe von 6% vereinbart, sondern den im Preisaushang der Beklagten ausgewiesenen Zins, der im August und im Oktober 1986 gemäß dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten 5% betragen hat. Soweit das Berufungsgericht entsprechend den tatsächlichen Buchungen der Beklagten einen Anfangszinssatz von 5,16% seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, beschwert das die Klägerin als für sie günstig nicht.
17
2. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die vom Berufungsgericht auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens vorgenommene Zinsberechnung.
18
a) Das Berufungsgericht ist insoweit allerdings wiederum im Ansatz zu Recht davon ausgegangen, dass die durch die Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel entstandene Lücke im Vertrag durch ergänzende Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zu schließen ist (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 18 m.w.N.). Entgegen der Ansicht der Revision kann die Lücke nicht durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin nach § 316, § 315 Abs. 1 BGB geschlossen werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt § 316 BGB lediglich eine nur im Zweifel eingreifende gesetzliche Auslegungsregel dar, der gegenüber die Vertragsauslegung den Vorrang hat. Eine Vertragslücke kann nicht durch den Rückgriff auf § 316 BGB geschlossen werden, wenn und weil dies dem Interesse der Parteien und ihrer Willensrichtung typischerweise nicht entspricht. Vielmehr ist es geboten, vorrangig die Regeln über die ergänzende Vertragsauslegung heranzuziehen, wofür die den Gegenstand der Leistung und die das Verhältnis der Parteien prägenden Umstände maßgeblich sind. Denn diese bestimmen den Inhalt der von den Parteien getroffenen Absprachen und bilden in aller Regel eine hinreichende Grundlage für die Festlegung der interessengerechten Gegenleistung (vgl. BGHZ 94, 98, 101 f.; 167, 139, Tz. 10; BGH, Urteil vom 26. September 2006 - X ZR 181/03, NJW-RR 2007, 103, Tz. 20). Ent- scheidend ist danach, welche Regelung von den Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der vereinbarten Zinsänderungsklausel nach dem Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) als redliche Vertragspartner gewählt worden wäre (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 18).
19
b) Zutreffend ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, dass der Beklagten im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung kein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 Abs. 1 BGB zugebilligt werden kann. Das einseitige Leistungsbestimmungsrecht des Klauselverwenders entfällt mit Unwirksamkeit der Klausel ersatzlos (vgl. Schimansky, WM 2001, 1169, 1175; Burkiczak, BKR 2007, 190, 193; Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 218; Metz, BKR 2001, 21, 24, 28; siehe auch BGHZ 94, 98, 103; aA Habersack, WM 2001, 753, 760). Die Beklagte konnte daher nicht einseitig die Parameter festlegen, die sie ihrer Neuberechnung zugrunde gelegt hat und auf denen das Sachverständigengutachten beruht. Da diese Parameter nicht Inhalt des Sparvertrages sind, kann auch dahinstehen , ob sie im Rahmen einer vertraglichen Zinsänderungsklausel der Inhaltskontrolle standhalten würden. Vielmehr hat das Gericht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die maßgeblichen Parameter selbst zu bestimmen , wobei in sachlicher Hinsicht (z.B. Umstände einer Zinsänderung, insbesondere Bindung an einen aussagekräftigen Referenzzins) und in zeitlicher Hinsicht (z.B. Dauer der Zinsperiode) präzise Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen (vgl. Senat, BGHZ 180, 257, Tz. 35 m.w.N.).
20
c) Die vom Berufungsgericht vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung unterliegt der selbständigen und uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Formularmäßige Zinsänderungsklauseln der vorliegenden Art sind - ähnlich wie die AGB-Sparkassen (dazu Senat BGHZ 180, 135, Tz. 11) - typische, deutschlandweit verbreitete Vereinbarungen, bei deren Unwirksamkeit im Interesse der Rechtssicherheit eine allgemeinverbindliche ergänzende Vertragsauslegung unabhängig von den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls sachlich geboten ist (vgl. Senat BGHZ 164, 286, 292; BGH, Urteil vom 24. Januar 2008 - III ZR 79/07, WM 2008, 1886, Tz. 11; H. Schmidt, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 306 Rn. 32 m.w.N.).
21
aa) Als wichtigster Parameter ist der Referenzzins zu bestimmen, dessen Veränderung Auslöser für die Zinsänderung ist. Es muss sich hierbei um einen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzins handeln, der von unabhängigen Stellen nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt wird und die Bank nicht einseitig begünstigt (vgl. Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 215; siehe auch § 675g Abs. 3 Satz 2 BGB). Dabei ist unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarktes diejenige oder eine Kombination derjenigen auszuwählen, die dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommen (Senat, BGHZ 158, 149, 158).
22
Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen, hat aber zu Unrecht den Referenzzins als sachgerecht angesehen, den die Beklagte auf der Grundlage der in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze selbst aus einer Kombination aus 2- und 10-jährigen Anlagen errechnet hat. Das ist nicht interessengerecht und lässt wesentliche Regelungen in dem Sparvertrag außer Betracht. Der Sparvertrag hatte eine Laufzeit von 20 Jahren. Die volle Prämie von 30%, die diesen Vertrag für die Klägerin im Vergleich zu einem gewöhnlichen Sparbuch besonders interessant machte, fiel nur an, wenn der Sparvertrag über die volle Laufzeit durchgehalten wurde und keine vorzeitige Verfügung über das Guthaben erfolgte. Die vorzeitige Kündigungsmöglichkeit der Klägerin mit einer Frist von 4 1/2 Jahren war für sie keine echte Handlungsalternative, da sie dann für das gekündigte Kapital keine oder nur eine deutlich geringere Prämie erhalten hätte (vgl. dazu auch BGHZ 158, 149, 157). Die Einbeziehung eines Referenzzinses für kurzfristige Spareinlagen entspricht daher selbst dann, wenn dies - wie hier von der Beklagten vorgesehen - nur mit einem Anteil von 20% geschieht, nicht dem im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Interesse der Parteien. Aus denselben Gründen kann entgegen der Ansicht der Revision auch der Spareckzins nicht als Referenzzins herangezogen werden, weil er den Zinssatz für Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten angibt.
23
Nach dem Konzept des Sparvertrages ist es allein interessengerecht, einen Referenzzins für langfristige Spareinlagen heranzuziehen. Die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze für vergleichbare Produkte hat der Bundesgerichtshof bereits in der Vergangenheit als geeignete Referenz angesehen (vgl. BGHZ 97, 212, 223; auch BGHZ 161, 196, 203 f.). Es sind daher die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze für Spareinlagen mit einer Laufzeit zugrunde zu legen , die der zwanzigjährigen Laufzeit des vorliegenden Sparvertrages unter Berücksichtigung des Ansparvorgangs nahe kommen. Dazu hat das Berufungsgericht bisher keine Feststellungen getroffen. Es wird daher nach ergänzendem Vortrag der Parteien gegebenenfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären haben, welcher konkrete, in den Zinsstatistiken der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Zins als maßgebliche Referenz heranzuziehen ist.
24
bb) Ferner sind die Anpassungsschwelle, ab der eine Zinsänderung vorzunehmen ist, und der Anpassungszeitraum, für den sie gelten soll, zu ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Parteien bei der Bestimmung der Anpassungsschwelle und des Anpassungsintervalls weitestgehend frei sind. Sie müssen nur beachten, dass für Zinssenkungen und Zinserhöhungen die glei- chen Parameter verwendet werden (Schimansky, WM 2001, 1169, 1173; Rösler /Lang, ZIP 2006, 214, 217). Haben die Parteien - wie hier - keine wirksame Vereinbarung getroffen, kann es wegen des weiten Ermessens der Parteien bei der Festlegung einer Anpassungsschwelle auch interessengerecht sein, dass sie ganz entfällt und wie bei einer Zinsgleitklausel (vgl. dazu Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 215) jede Veränderung des Referenzzinses auch zu einer Veränderung des Vertragszinses führt.
25
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den Angaben der Beklagten folgend eine Veränderung des Referenzzinses von 0,1 Prozentpunkten als maßgeblichen Schwellenwert angesehen. Das Berufungsgericht hat gemeint, eine Anpassung bei einem Schwellenwert von 0,01%, wie sie von der Klägerin geltend gemacht wird, sei untunlich, weil beide Seiten ein Interesse daran hätten, dass erst eine Veränderung des Zinssatzes von einer gewissen Erheblichkeit zu einer Änderung des Vertragszinses führe, um nicht laufend den Zinssatz ändern zu müssen, was dann zur Unübersichtlichkeit der Abrechnung führe. Diese Ausführungen beachten nicht, dass es bei der üblichen Zinsberechnung mittels elektronischer Datenverarbeitung ohne weiteres möglich ist - wie bei Zinsgleitklauseln - jede Veränderung des Referenzzinssatzes exakt und ohne größeren Aufwand nachzuvollziehen. Dass in der Literatur ein Schwellenwert von 0,1 Prozentpunkten als angemessen angesehen wird, mag bei der Inhaltskontrolle einer entsprechenden Klausel von Bedeutung sein, besagt aber nichts für die Frage, was die Parteien in Kenntnis der Vertragslücke vereinbart hätten. Hierzu ist in erster Linie auf die vertraglichen Abreden abzustellen, soweit sich ihnen ein Hinweis auf den Parteiwillen entnehmen lässt. Die streitgegenständliche Zinsänderungsklausel sieht vor, dass jede Veränderung des dort genannten - unzulässigen - Referenzzinssatzes auch zu einer Anpassung des Vertragszinses führen sollte. Es ist daher interessengerecht, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen, dass jede Veränderung des Referenzzinses ohne Erreichen einer bestimmten Anpassungsschwelle zu einer Veränderung des Vertragszinses führt. Da der den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank zu entnehmende Referenzzins monatlich veröffentlicht wird, ist es sachgerecht, die Vereinbarung monatlicher Anpassungen anzunehmen.
26
cc) Die Zinsänderung muss ferner das Äquivalenzprinzip beachten. Nach diesem darf die Bank das Grundgefüge eines Vertragsverhältnisses durch die Zinsänderung nicht zu ihren Gunsten verändern, sondern muss insbesondere auch für den Kunden günstige Anpassungen vornehmen (vgl. Senat, BGHZ 180, 257, Tz. 32; Senatsurteile vom 4. Dezember 1990 - XI ZR 340/89, WM 1991, 179, 182 und vom 12. Oktober 1993 - XI ZR 11/93, WM 1993, 2003, 2004 f.). Entscheidend ist dabei die Relation zu vergleichbaren Produkten am Markt, das heißt, das Verhältnis des konkret vereinbarten Zinses zum Referenzzins muss gewahrt bleiben, nicht aber eine gleich bleibende Gewinnmarge (vgl. Schimansky, WM 2003, 1449, 1452).
27
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft - dem von ihm bestellten Sachverständigen folgend - seiner Berechnung einen gleich bleibenden Abstand des Vertragszinses zum Referenzzins sowohl bei Zinssenkungen als auch bei Zinserhöhungen zugrunde gelegt. Eine Klausel, in der ausdrücklich angegeben ist, dass die Zinsänderung in dieser Weise erfolgen soll, mag zwar gegebenenfalls der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB standhalten. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung kann diese Berechnungsmethode vorliegend aber nicht zugrunde gelegt werden, da sie nicht dem beiderseitigen Interesse der Parteien entspricht. Der immer gleiche Abstand zum Referenzzins führt zu einer Sicherung der anfänglichen Marge in absoluten Prozentpunkten über die gesamte Vertragslaufzeit und kann, wenn der Referenzzins stark fällt, im Extremfall dazu führen, dass der Vertragszins unter Null fällt, also theoretisch eine Zinszahlungspflicht des Kunden an die Bank entstünde. Auch wenn günstige Zinskonditionen grundsätzlich günstig bleiben müssen und ungünstige auch ungünstig bleiben dürfen, so ist eine absolute Margensicherung oder gar das Entfallen eines Zinsanspruchs bzw. die Umkehr eines Zahlungsanspruchs in eine Zahlungspflicht nicht interessengerecht. Die im S-Sparvertrag enthaltene ursprüngliche Regelung sah die Maßgeblichkeit des jeweils gültigen Zinses vor, was gegen eine derartige statische Margensicherung oder gar das Absinken des Zinsanspruchs ins Negative spricht. Vielmehr ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen, dass die Parteien die Beibehaltung des anfänglichen relativen Abstandes des Vertragszinses zum Referenzzins über die gesamte Vertragslaufzeit vereinbart hätten. Dieser relative Abstand gewährleistet zum einen, dass der Vertragszins immer den gleichen prozentualen Abstand zum Referenzzins beibehält und so das Grundgefüge der Vertragskonditionen über die gesamte Laufzeit beibehalten wird, also ein günstiger Zins auch günstig bleibt. Zum anderen verhindert die Maßgeblichkeit des prozentualen Abstandes zwischen Vertragszins und Referenzzins die Verstetigung einer absoluten Gewinnmarge und das Absinken des Vertragszinses auf Null oder ins Negative.
28
dd) Aus der beiderseits interessengerechten ergänzenden Vertragsauslegung folgt, dass eine Begrenzung des Zinsänderungsrechts bzw. der Zinsänderungspflicht der Beklagten durch ihr Neukundengeschäft vorliegend nicht vorzunehmen ist. Der Bundesgerichtshof hat für das Kreditgeschäft ausgesprochen , eine Bank dürfe bei zulässigen oder gebotenen Zinsänderungen im Regelfall ihre Bestandskunden nicht schlechter behandeln als Neukunden, denen sie Kredite dieser Art und Größenordnung gewähre, so dass sie bei Zinsänderungen den nunmehr allgemein von ihr verlangten "Normalzins" einhalten müsse (vgl. BGHZ 97, 212, 223; Schimansky WM 2003, 1449, 1452). Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, welche Bedeutung dieser Aussage außerhalb der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB bei der Inhaltskontrolle von Zinsänderungsklauseln im Kreditgeschäft nach § 307 BGB beizumessen ist und ob sie auf das Einlagengeschäft einer Bank übertragen werden kann. Denn durch die Maßgeblichkeit des relativen Abstandes von Vertragszins zum Referenzzins wird vorliegend eine unzumutbare Benachteiligung der Klägerin gegenüber Neukunden vermieden, so dass es keiner Begrenzung der Zinsänderung durch den jeweils von der Beklagten an Neukunden gezahlten "Normalzinssatz" bedarf.

III.

29
Das Berufungsurteil ist demnach im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache gemäß den vorstehenden Ausführungen nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Wiechers Müller Ellenberger Maihold Matthias Vorinstanzen:
LG Zweibrücken, Entscheidung vom 10.10.2008 - 1 O 298/06 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 08.06.2009 - 7 U 178/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 87/04 Verkündet am:
11. Januar 2007
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Irreführender Kontoauszug
UWG § 5 Abs. 1; UWG a.F. § 3
Die Kontoauszüge einer Bank sind irreführend, wenn zwar bei den einzelnen
Gutschriften zutreffend zwischen den Daten der Buchung und der Wertstellung
unterschieden, bei der optisch hervorgehobenen Angabe des Kontostands am
Ende des Auszugs aber nicht deutlich darauf hingewiesen wird, dass darin auch
noch nicht wertgestellte Beträge enthalten sein können, über die bis zur Wertstellung
noch nicht ohne Belastung mit Sollzinsen verfügt werden kann (Fortführung
von BGH, Urt. v. 27.6.2002 - I ZR 86/00, GRUR 2002, 1093 = WRP 2003,
975 - Kontostandsauskunft).
BGH, Urt. v. 11. Januar 2007 - I ZR 87/04 - OLG Celle
LG Hannover
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 16. Juni 2004 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist ein Dachverband, dem insbesondere die 16 Verbraucherzentralen in Deutschland angehören. Er verlangt von der beklagten Sparkasse, die Verwendung von seiner Auffassung nach irreführenden Kontoauszugsvordrucken zu unterlassen. Die Kontoauszugsvordrucke der Beklagten enthalten links die Spalten "Buchungstag" und "Tag der Wertstellung". Rechts unten am Ende des Kontoauszugs befindet sich ein optisch hervorgehobenes Feld "neuer Kontostand". Der "neue Kontostand" enthält auch solche Gutschriften, die bereits gebucht, aber noch nicht wertgestellt sind.

2
Am 28. Februar 2003 erhielt ein Kunde der Beklagten einen Kontoauszug , der einen Saldo "neuer Kontostand" in Höhe von "EUR 119,47+" auswies. Darin war ein Betrag von 97 € enthalten, der erst am 3. März 2003 wertgestellt wurde. Der Kunde hob am 28. Februar 2003 etwa 110 € ab. Ihm wurden deshalb für den Zeitraum bis zum 3. März 2003 Sollzinsen belastet.
3
Der Kläger hält die Kontoauszugsformulare der Beklagten für irreführend. Den Kunden der Beklagten würden als "neuer Kontostand" Guthaben mitgeteilt, die auch noch nicht wertgestellte Beträge enthielten, über die noch keine zinsfreie Verfügung möglich sei. Die Angabe des Buchungs- und Wertstellungstags bei den einzelnen Gutschriften sei nicht ausreichend, um eine Irreführung des durchschnittlichen Kunden zu verhindern. Dieser gehe davon aus, dass der Kontostand das ohne Sollzinsen verfügbare Guthaben ausweise.
4
Das Landgericht hat - dem Antrag des Klägers entsprechend - festgestellt , dass die Beklagte es zu unterlassen hat, bei der Mitteilung des Kontostands Kontoauszüge zu verwenden, bei denen bei der Angabe des Kontostands nicht darauf hingewiesen wird, dass darin auch Beträge mit späterer Wertstellung enthalten sein können. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Celle GRUR-RR 2004, 266). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision ist nicht begründet.
6
I. Mit Recht ist das Berufungsgericht von der Zulässigkeit der Feststellungsklage ausgegangen. Das erforderliche, in jeder Lage des Verfahrens und somit auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende (BGH, Urt. v. 11.10.1989 - IVa ZR 208/87, NJW-RR 1990, 130) Feststellungsinteresse liegt vor. Zwar fehlt es im Allgemeinen, wenn eine Leistungsklage möglich ist. Als solche hätte dem Kläger im Streitfall eine Unterlassungsklage zur Verfügung gestanden. Der Vorrang der Leistungsklage gilt aber nicht ausnahmslos. Wenn zu erwarten ist, dass eine Feststellungsklage zur endgültigen Erledigung des Rechtsstreits führt, etwa weil von der Bereitschaft des Beklagten zur Leistung schon nach einem rechtskräftigen Feststellungsurteil auszugehen ist, bestehen gegen ihre Zulässigkeit keine Bedenken (BGH, Urt. v. 30.5.1995 - XI ZR 78/94, NJW 1995, 2219; Urt. v. 5.12.1995 - XI ZR 70/95, NJW 1996, 918 f.; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 52 Rdn. 10 Fn. 29). Bei der beklagten Sparkasse, einer Anstalt des öffentlichen Rechts, besteht eine hinreichende Gewähr, dass sie dem Unterlassungsgebot bereits aufgrund eines rechtskräftigen Feststellungsurteils nachkommt (vgl. BGH NJW 1995, 2219).
7
II. Das Berufungsgericht hat die Klagebefugnis des Klägers nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. bejaht und die Klage aus § 3 UWG a.F. für begründet erachtet. Dazu hat es unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Senats vom 27. Juni 2002 (I ZR 86/00, GRUR 2002, 1093 = WRP 2003, 975 - Kontostandsauskunft ) ausgeführt:
8
Die Angaben auf den Kontoauszügen der Beklagten seien zwar objektiv richtig. Dies schließe aber eine Irreführung i.S. von § 3 UWG (a.F.) nicht aus, weil tatsächlich ein hoher Prozentsatz der Bankkunden annehme, er könne über den als "neuer Kontostand" ausgewiesenen Betrag zinsfrei verfügen. Die Kontoauszüge seien durch die optische Hervorhebung des Kontostands geprägt. Diesem gelte das vornehmliche Interesse des Kunden bei Durchsicht der Kontounterlagen. Der von der Beklagten angegebene Kontostand lasse aber als solcher weder erkennen, dass in ihm auch noch nicht wertgestellte Buchungen enthalten seien noch dass er nicht den Betrag wiedergebe, über den der Kunde zinsfrei verfügen könne. Das Handeln der Beklagten erfolge im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken. Auch die Nicht- oder Schlechterfüllung vertraglicher Pflichten könne eine Wettbewerbshandlung sein, wenn der Kaufmann eine Irreführung seiner Kunden zum Mittel seines Wettbewerbs mache. Das Handeln der Beklagten sei geeignet, Kunden zu Abhebungen noch nicht wertgestellter Guthaben zu bewegen, die zu Zinseinnahmen der Beklagten führten. Damit sei eine objektiv auf den Wettbewerb bezogene Handlung der Beklagten anzunehmen, so dass eine tatsächliche Vermutung für ein Handeln zu Wettbewerbszwecken bestehe.
9
III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
10
1. Auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch, der Gegenstand der begehrten Feststellung ist, sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 anzuwenden. Weil er sich auf Wiederholungsgefahr stützt, besteht der für einen Erfolg der Feststellungsklage erforderliche Unterlassungsanspruch allerdings nur, wenn das beanstan- dete Verhalten auch zur Zeit seiner Begehung wettbewerbswidrig war (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 13.7.2006 - I ZR 234/03, GRUR 2006, 953 Tz 14 = WRP 2006, 1505 - Warnhinweis II).
11
2. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte bei dem beanstandeten Vorgehen im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken gehandelt hat (§ 3 UWG a.F.). Das beanstandete Verhalten der Beklagten stellt auch eine Wettbewerbshandlung i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar.
12
Mit einer irreführenden Gestaltung ihrer Kontoauszüge verletzt eine Bank eine Vertragspflicht aus den Giroverträgen mit ihren Kunden (§§ 676 f., 675 Abs. 1 i.V. mit § 666 BGB). Wie der Senat bereits entschieden hat (GRUR 2002, 1093 - Kontostandsauskunft), liegt in einem solchen Verhalten aber nicht nur eine Vertragsverletzung, sondern auch eine Wettbewerbshandlung, wenn eine Vielzahl von Kunden der Bank durch die Mitteilung des Kontostands irregeführt und dazu veranlasst werden kann, durch Abhebung schon gutgeschriebener , aber noch nicht wertgestellter Beträge ungewollt ihr Konto zu überziehen und dadurch Kreditleistungen der Bank in Anspruch zu nehmen, die sie bei transparenter Information über das zinsfrei verfügbare Guthaben nicht in Anspruch genommen hätten.
13
a) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass eine Bank mit einer irreführenden Gestaltung ihrer Kontoauszüge den Absatz ihrer Bankdienstleistungen fördert. Auch insoweit sieht der Senat keinen Anlass, von seiner Entscheidung vom 27. Juni 2002 (GRUR 2002, 1093 - Kontostandsauskunft ) abzuweichen. Die Beklagte verwendet die beanstandeten Kontoauszüge allgemein und damit in großer Zahl. Abweichungen zwischen Buchungs- und Wertstellungstag, die sich dem ausgewiesenen Tagessaldo nicht unmittelbar entnehmen lassen, treten nicht nur bei Rentenempfängern, sondern auch bei Gehaltsempfängern des öffentlichen Dienstes, bei sämtlichen weiteren Empfängern öffentlicher Leistungen und auch sonst im Massenzahlungsverkehr auf, mithin in einer Vielzahl von Fällen. Eine irreführende Gestaltung der Kontoauszüge kann Kunden zu nicht beabsichtigten Kontoüberziehungen und damit zur Inanspruchnahme einer Dienstleistung der Beklagten veranlassen, die sie ansonsten nicht in Anspruch genommen hätten. Die beanstandete Handlung ist daher geeignet, neue Vertragspflichten zu begründen bzw. bestehende zu erweitern. Deswegen ist ein Marktbezug zu bejahen (vgl. dazu Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 2 UWG Rdn. 53, 54). Durch eine irreführende Gestaltung der Kontoauszüge kann die Bank Vorteile in Form von Überziehungszinsen erzielen.
14
Entgegen der Auffassung der Revision setzte die Feststellung eines Handelns zu Wettbewerbszwecken auch nicht voraus, den Betrag näher zu quantifizieren , den die Beklagte an Zinsen aufgrund einer irreführenden Gestaltung ihrer Kontoauszüge einnimmt. Diese Zinseinnahmen werden zwar bei den einzelnen Kunden nur gering sein, da Überziehungszinsen nur für einen oder allenfalls wenige Tage anfallen. Allein aufgrund der Vielzahl der Fälle handelt es sich aber um einen insgesamt gesehen nicht unerheblichen Betrag (vgl. BGH GRUR 2002, 1093, 1094 - Kontostandsauskunft).
15
b) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte in der Absicht gehandelt hat, den Absatz ihrer Dienstleistungen zu fördern. Dies braucht nicht die einzige und auch nicht die wesentliche Zielsetzung des Handelns zu sein. Vielmehr genügt es, dass diese Absicht nicht völlig hinter anderen Beweggründen zurücktritt (st. Rspr.; vgl. nur BGH GRUR 2002, 1093, 1094 - Kontostandsauskunft, m.w.N.). Bei der Handlung eines Wirtschaftsunternehmens , die objektiv geeignet ist, seinen Absatz oder Bezug zu fördern, besteht eine tatsächliche Vermutung für eine entsprechende Absicht (BGH GRUR 2002, 1093, 1094 - Kontostandsauskunft; BGH, Urt. v. 13.2.2003 - I ZR 41/00, GRUR 2003, 800, 801 = WRP 2003, 1111 - Schachcomputerkatalog, m.w.N.). Diese Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt. Insbesondere sind die durch das Vorgehen der Beklagten insgesamt erzielbaren Vorteile in Form von Überziehungszinsen nicht so gering, dass anzunehmen wäre, die wettbewerbliche Zielsetzung sei neben anderen Beweggründen völlig nebensächlich (vgl. BGH GRUR 2002, 1093, 1094 - Kontostandsauskunft).
16
c) Das Berufungsgericht ist ferner davon ausgegangen, dass das beanstandete Verhalten geeignet ist, sich zum Nachteil von Mitbewerbern der Beklagten auszuwirken. Dabei sei es unerheblich, ob eine solche Vorgehensweise in der Branche verbreitet oder gar üblich sei. In jedem Fall beeinträchtige das Vorgehen die Lauterkeit des Wettbewerbs, weil es Mitbewerber in ihrem Verhalten bestärken oder diese veranlassen könne, ebenso zu verfahren, um nicht im Wettbewerb zurückzufallen. Diese Beurteilung ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BGH GRUR 2002, 1093, 1094 - Kontostandsauskunft). Insoweit erhebt die Revision auch keine Rügen. Das neue Recht kennt das Erfordernis , dass zum Nachteil eines anderen Unternehmens gehandelt werden muss, ohnehin nicht mehr (vgl. Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 2.4 i.V. mit Köhler aaO § 2 UWG Rdn. 2.48; MünchKomm.UWG/ Veil, § 2 Rdn. 21; Harte/Henning/Keller, UWG, § 2 Rdn. 32).
17
3. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Kontoauszüge der Beklagten irreführend sind (§ 3 UWG a.F., § 5 Abs. 1 UWG). Der in den beanstandeten Kontoauszügen mitgeteilte Kontostand erfasst Gutschriften bereits vor ihrer Wertstellung. Dadurch wird - wenn kein aufklärender Hinweis erfolgt - bei einer Vielzahl von Kunden der Eindruck erweckt, sie könnten über diese Gutschriften ohne Zinsbelastung sofort verfügen.
18
a) Allerdings ist der von der Beklagten angegebene Kontostand nicht unrichtig. Denn er gibt das für den Kunden verfügbare Tagesguthaben zutreffend wieder, das von den für die Zinsberechnung maßgeblichen Zwischensalden zu unterscheiden ist (vgl. Schimansky, BKR 2003, 179, 182). Auch objektiv zutreffende Angaben können jedoch irreführend sein, wenn ein beachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise damit eine unrichtige Vorstellung verbindet (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 23.10.1997 - I ZR 98/95, GRUR 1998, 1043, 1044 = WRP 1998, 294 - GS-Zeichen, m.w.N.).
19
b) Die Beklagte verwendet Kontoauszüge der hier in Rede stehenden Art gegenüber allen Inhabern eines Girokontos. Unter diesen Umständen ist bei der Prüfung der Irreführung das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers maßgeblich, der die situationsadäquate Aufmerksamkeit aufbringt (st. Rspr.; vgl. BGHZ 156, 250, 252 - Marktführerschaft; BGH, Urt. v. 7.4.2005 - I ZR 314/02, GRUR 2005, 690, 691 f. = WRP 2005, 886 - Internet-Versandhandel; Urt. v. 7.7.2005 - I ZR 253/02, GRUR 2005, 877, 879 = WRP 2005, 1242 - Werbung mit Testergebnis).
20
c) Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass der Durchschnittsverbraucher durch die Gestaltung der Kontoauszüge darüber irregeführt wird, dass der als Kontostand ausgewiesene Betrag zwar abgehoben , über ihn aber nicht zinsfrei verfügt werden kann. Die Mitglieder des Berufungsgerichts gehören ebenso wie die Richter, die in erster Instanz entschieden haben, als Inhaber von Girokonten zu den betroffenen Verkehrskreisen. Sie konnten die Frage der Irreführung deshalb aufgrund eigener Sachkunde beurteilen.
21
d) Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass das vornehmliche Interesse des Kunden bei Durchsicht der Kontounterlagen dem dort ausgewiesenen Kontostand gilt, der deshalb von der Beklagten auch optisch hervorgehoben wird. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts erkennt jedenfalls ein erheblicher Teil der Bankkunden mangels eines entsprechenden Hinweises beim Kontostand den Unterschied zwischen verfügbarem Kontostand und zinsfrei verfügbarem Guthaben nicht, so dass bei diesen Kunden unrichtige Vorstellungen darüber entstehen, in welchem Umfang sie ohne Zinsbelastung verfügen können. Zwar werden auf dem Kontoauszug die einzelnen Buchungen mit Buchungs- und Wertstellungstag getrennt ausgewiesen, wodurch sich der Sachverhalt von demjenigen des Senatsurteils vom 27. Juni 2002 (GRUR 2002, 1093 - Kontostandsauskunft) unterscheidet. Die Summe, über die zinsfrei verfügt werden kann, kann somit hier durch Abzug der Buchungen, bei denen die Wertstellung noch in der Zukunft liegt, von dem Tagessaldo errechnet werden. Es entspricht aber der Lebenserfahrung , dass zumindest ein erheblicher Teil der verständigen Bankkunden nicht erkennt, dass sie zur Ermittlung des Betrags, über den sie zinsfrei verfügen können, eine entsprechende Rechenoperation durchführen müssen. Viele Kunden überprüfen zudem vor Abhebung eines Geldbetrags nicht die einzelnen Buchungen, weil aus ihrer Sicht allein der Kontostand relevant ist. Zudem finden sich bei längeren Kontoauszügen die noch nicht wertgestellten Gutschriften häufig auf einer anderen Seite (oder einem anderen Bildschirmfenster) als der Kontostand. Der Umstand, dass die Kontoauszüge der Beklagten anders als die vom Senat bereits beurteilte Kontostandsauskunft am Geldautomaten vor der Angabe des Kontostands auch die einzelnen Buchungen mit Wertstellungsda- tum ausweisen, rechtfertigt somit bei der Beurteilung der Irreführung kein von der Senatsentscheidung vom 27. Juni 2002 abweichendes Ergebnis.
22
Es ist für die Beklagte deshalb keineswegs geboten, auf die Unterscheidung zwischen Buchung und Wertstellung oder die Angabe der entsprechenden Daten im Kontoauszug zu verzichten. Denn sie kann eine Irreführung vermeiden , indem sie bei der Angabe des Kontostands deutlich darauf hinweist, dass darin auch Beträge mit späterer Wertstellung enthalten sein können, über die erst ab Wertstellung ohne Belastung mit Sollzinsen verfügt werden kann.
23
e) Das beanstandete Verhalten stellt auch eine Werbung i.S. von § 5 Abs. 1 UWG dar. Nach Art. 2 Nr. 1 der Irreführungsrichtlinie ist Werbung "jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen … zu fördern" (vgl. BGH, Urt. v. 9.6.2005 - I ZR 279/02, GRUR 2005, 1061, 1063 = WRP 2005, 1511 - Telefonische Gewinnauskunft). Der Kontoauszug stellt eine Äußerung dar, die mit dem Ziel der Absatzförderung von Dienstleistungen erfolgt (vgl. oben III.2.a) und b)).

24
IV. Die Revision ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Büscher Schaffert
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 22.12.2003 - 18 O 251/03 -
OLG Celle, Entscheidung vom 16.06.2004 - 3 U 38/04 -

(1) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, dass fällige Zinsen wieder Zinsen tragen sollen, ist nichtig.

(2) Sparkassen, Kreditanstalten und Inhaber von Bankgeschäften können im Voraus vereinbaren, dass nicht erhobene Zinsen von Einlagen als neue verzinsliche Einlagen gelten sollen. Kreditanstalten, die berechtigt sind, für den Betrag der von ihnen gewährten Darlehen verzinsliche Schuldverschreibungen auf den Inhaber auszugeben, können sich bei solchen Darlehen die Verzinsung rückständiger Zinsen im Voraus versprechen lassen.

Von Zinsen sind Verzugszinsen nicht zu entrichten. Das Recht des Gläubigers auf Ersatz des durch den Verzug entstehenden Schadens bleibt unberührt.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

(1) Der Zahlungsdienstnutzer hat seinen Zahlungsdienstleister unverzüglich nach Feststellung eines nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgangs zu unterrichten.

(2) Ansprüche und Einwendungen des Zahlungsdienstnutzers gegen den Zahlungsdienstleister nach diesem Unterkapitel sind ausgeschlossen, wenn dieser seinen Zahlungsdienstleister nicht spätestens 13 Monate nach dem Tag der Belastung mit einem nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgang hiervon unterrichtet hat. Der Lauf der Frist beginnt nur, wenn der Zahlungsdienstleister den Zahlungsdienstnutzer über die den Zahlungsvorgang betreffenden Angaben gemäß Artikel 248 §§ 7, 10 oder § 14 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche unterrichtet hat; anderenfalls ist für den Fristbeginn der Tag der Unterrichtung maßgeblich.

(3) Für andere als die in § 675z Satz 1 genannten Ansprüche des Zahlungsdienstnutzers gegen seinen Zahlungsdienstleister wegen eines nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgangs gilt Absatz 2 mit der Maßgabe, dass der Zahlungsdienstnutzer diese Ansprüche auch nach Ablauf der Frist geltend machen kann, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert war.

(4) Wurde der Zahlungsvorgang über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst, sind Ansprüche und Einwendungen des Zahlungsdienstnutzers gegen seinen kontoführenden Zahlungsdienstleister ausgeschlossen, wenn der Zahlungsdienstnutzer den kontoführenden Zahlungsdienstleister nicht spätestens 13 Monate nach dem Tag der Belastung mit einem nicht autorisierten oder fehlerhaften Zahlungsvorgang hiervon unterrichtet hat. Der Lauf der Frist beginnt nur, wenn der kontoführende Zahlungsdienstleister den Zahlungsdienstnutzer über die den Zahlungsvorgang betreffenden Angaben gemäß Artikel 248 §§ 7, 10 oder § 14 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche unterrichtet hat; anderenfalls ist für den Fristbeginn der Tag der Unterrichtung durch den kontoführenden Zahlungsdienstleister maßgeblich.

(5) Für andere als die in § 675z Satz 1 genannten Ansprüche des Zahlungsdienstnutzers gegen seinen kontoführenden Zahlungsdienstleister oder gegen den Zahlungsauslösedienstleister wegen eines nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgangs gilt Absatz 4 mit der Maßgabe, dass

1.
die Anzeige an den kontoführenden Zahlungsdienstleister auch zur Erhaltung von Ansprüchen und Einwendungen des Zahlungsdienstnutzers gegen den Zahlungsauslösedienstleister genügt und
2.
der Zahlungsdienstnutzer seine Ansprüche gegen den kontoführenden Zahlungsdienstleister oder gegen den Zahlungsauslösedienstleister auch nach Ablauf der Frist geltend machen kann, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert war.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 52/08 Verkündet am:
21. Dezember 2010
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur ergänzenden Vertragsauslegung bei Unwirksamkeit einer Zinsänderungsklausel
zu laufenden Zinsen in einem Sparvertrag (im Anschluss an BGH, Urteil vom
13. April 2010 - XI ZR 197/09).

b) Soweit statistische Daten eines geeigneten Referenzzinses nicht während der gesamten
Laufzeit eines Sparvertrags zur Verfügung stehen, kann dem im zeitlichen
Anschluss durch Heranziehung der Zinsentwicklung eines neuen Referenzzinses
Rechnung getragen werden. Diese Referenzzinssätze müssen unabhängig von
Unterschieden in ihrer Erhebung und Berechnung jeweils für sich die Zinsentwicklung
des konkreten Sparvertrags möglichst weitgehend abbilden.
BGH, Urteil vom 21. Dezember 2010 - XI ZR 52/08 - OLG Köln
LG Köln
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die
Richterin Mayen, die Richter Dr. Grüneberg, Maihold und Pamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Januar 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihrer Geschwister von den beklagten Banken die Zahlung weiterer Zinsbeträge aus ausgelaufenen Sparverträgen.
2
Die Klägerin und ihre fünf Geschwister schlossen, vertreten durch ihre Eltern, zwischen dem 25. September 1986 und dem 30. März 1989 mit der Beklagten zu 1) insgesamt 24 Sparverträge mit einer Laufzeit von jeweils 15 Jahren ab, die neben laufender Verzinsung bei Beendigung zeitlich gestaffelte, bis auf 15% der Sparsumme ansteigende Bonuszahlungen vorsahen. Die Sparguthaben wurden in einem Betrag jeweils zu Vertragsbeginn eingezahlt. Alle Verträge sahen eine Kündigungsfrist von vier Jahren vor. Die Sparverträge von drei der Geschwister übernahm später die Beklagte zu 2). In den "Bedingungen für Sparkonten" der Beklagten zu 1), die den Sparverträgen zugrunde lagen (im Folgenden: AGB), wurde die Anpassung der laufenden Verzinsung wie folgt geregelt: "Die Bank vergütet dem Sparkontoinhaber im Rahmen der geltenden Bestimmungen die von ihr jeweils durch Aushang im Kassenraum der kontoführenden Stelle bekannt gegebenen Zinsen. Eine Änderung des Zinssatzes tritt auch für bestehende Sparguthaben ohne besondere Mitteilung mit dem Tage in Kraft, der durch Aushang im Kassenraum bekannt gegeben wird."
3
Entsprechend dieser Regelung und auf Grundlage der von der Bundesbank veröffentlichten "Zeitreihe WZ9816" wurden von den Beklagten die Zinsen angepasst, den Sparverträgen, wie in den AGB weiter festgelegt war, jährlich Zinserträge gutgeschrieben und am Ende der regulären Vertragslaufzeit das sich daraus ergebende Guthaben zuzüglich des jeweiligen Bonus ausbezahlt.
4
Die Klägerin hält die Zinsänderungsklausel für unwirksam und die während der Laufzeit der Sparverträge gewährte Verzinsung für zu niedrig.
5
Die Klage, mit der die Klägerin von der Beklagten zu 1) Zahlung von 38.698,62 € und von der Beklagten zu 2) Zahlung von 37.812,57 € jeweils zuzüglich Zinsen begehrt hat, ist in erster Instanz abgewiesen worden. Auf die Berufung der Klägerin sind die Beklagten zur Zahlung von jeweils 4.074,24 € nebst Zinsen verurteilt worden; im Übrigen ist die Berufung zurückgewiesen worden. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre weitergehenden Zahlungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit dies für die Revisionsinstanz von Bedeutung ist, im Wesentlichen wie folgt begründet:
8
Nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen sei die von den Beklagten verwendete Zinsanpassungsklausel unwirksam. Stattdessen sei den Banken aufgegeben, unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarkts diejenige auszuwählen, die den tatsächlichen Gegebenheiten der Zinsanpassung bei den vorliegenden Verträgen möglichst nahe komme. Dem werde die von den Beklagten vorgenommene Zinsberechnung gerecht, da sie das vertragliche Äquivalenzverhältnis wahre und sich deshalb im Rahmen des § 315 BGB halte. Die Beklagten hätten sich zu Recht an einem Zinssatz nach der Methode gleitender Durchschnitte und einer Ablauffiktion von fünf Jahren orientiert. Wie der Sachverständige überzeugend dargestellt habe, komme diese Berechnung den tatsächlichen Gegebenheiten am Kapitalmarkt am ehesten nahe, da in der Bankpraxis variable Geschäfte produktweise - nicht einzelgeschäftsbezogen - gesteuert und deswegen üblicherweise mit dieser Methode kalkuliert würden. Das Äquivalenzprinzip sei gewahrt, da die bei Vertragsbeginn zwischen den Vertragsparteien implizit vereinbarte Marge für die gesamte Laufzeit des Vertrages bestehen bleibe. Eine Orientierung am Spareckzins scheide aus, da sich dieser auf eine dreimonatige Kündigungsfrist beziehe, während die Parteien eine Kündigungsfrist von 48 Monaten vereinbart hätten. Zudem müsse die Auswahl der Bezugsgröße dem geschäftspolitischen Ermessen der Bank überlassen bleiben , sofern – wie im vorliegenden Fall – das Äquivalenzprinzip gewahrt sei.
9
Kapitalertragsteuer sei entsprechend der Nachberechnung des Sachverständigen zu berücksichtigen, da die Klägerin nicht schlüssig dargetan habe, ob und in welchem Umfang für die einzelnen Sparverträge Freistellungsaufträge erteilt worden seien.

II.

10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann das Begehren der Klägerin auf Zahlung weiterer Zinsen aus den Sparverträgen (§ 700 Abs. 1, § 488 Abs. 1, § 398 BGB) nicht zurückgewiesen werden.
11
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die in den AGB der Beklagten zu 1) enthaltene Zinsänderungsklausel nach § 10 Nr. 4 AGBG, soweit die Sparverträge vor dem 1. Januar 2003 ausgelaufen sind, bzw. nach § 308 Nr. 4 BGB, Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB für nach diesem Zeitpunkt endende Verträge unwirksam ist, da die Befugnis eines Kreditinstituts , dem Sparer den jeweils durch Aushang bekannt gemachten Zinssatz zu zahlen, nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (Senat, Urteile vom 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149, 153 ff., vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Rn. 12 und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 15).
12
Weiter zutreffend hat das Berufungsgericht unausgesprochen angenommen , dass von der Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel nicht die zugrunde liegende Vereinbarung eines variablen Zinssatzes erfasst wird, da es sich dabei um eine eigenständige, ihrerseits nicht gegen ein Klauselverbot verstoßende , kontrollfreie Preisregelung handelt (Senat, Urteile vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Rn. 16 f. und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 16).
13
2. Zu Unrecht geht jedoch das Berufungsgericht im Weiteren von einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht der beklagten Banken nach § 315 Abs. 1 BGB aus.
14
a) Eine Regelungslücke, die durch die Unwirksamkeit einer Zinsänderungsklausel bei gleichzeitiger Wirksamkeit der Vereinbarung über die Variabilität der Zinshöhe entstanden ist, kann nicht nach § 306 Abs. 2 BGB durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank entsprechend § 315 BGB geschlossen werden. Dazu hätte es der wirksamen Vereinbarung bedurft, einer Vertragspartei das einseitige Leistungsbestimmungsrecht zu übertragen. Ist jedoch - wie hier - die in den Vertragsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklausel unwirksam, so ist damit zugleich ein darin enthaltenes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Klauselverwenders ersatzlos entfallen (vgl. BGH, Urteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 72 f. und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19 mwN).
15
b) Ein einseitiges Zinsbestimmungsrecht steht den Beklagten auch nicht als Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung zu.
16
Da einerseits die unwirksame Zinsänderungsklausel nicht durch dispositives Recht ersetzt werden kann und andererseits das Gefüge der vorliegenden Sparverträge ohne eine Regelung zur Zinsanpassung nachhaltig gestört wäre, ist diese Regelungslücke im Grundsatz zwar durch ergänzende Vertragsauslegung nach den §§ 133, 157 BGB auszufüllen (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, BGHZ 137, 153, 157; Senat, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Rn. 18 mwN). Aus der bei Schließung von Regelungslücken in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gebotenen objektiv-generalisierenden Sicht (vgl. BGH, Urteile vom 7. März 1989 - KZR 15/87, BGHZ 107, 273, 276 f. und vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 317) ist aber der hypothetische Vertragswille typischer Parteien , sofern ihnen die Unwirksamkeit der Klausel bei Vertragsschluss bekannt gewesen wäre, nicht darauf gerichtet, eine unwirksame, den Vertragspartner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligende Klausel durch eine der unausgewogenen Regelung im Kern gleichende Gestaltung zu ersetzen (BGH, Urteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 78 und vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 315). Deswegen kann an die Stelle einer unwirksamen, einseitigen Zinsanpassungsklausel kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank treten, das - ungeachtet der nach § 315 Abs. 3 BGB bestehenden Billigkeitskontrolle - die unwirksame Klausel entgegen der Wertung von § 10 Nr. 4 AGBG aF bzw. § 308 Nr. 4 BGB im Wesentlichen wirkungsgleich ersetzen würde (vgl. Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19).
17
c) Die Beklagten hatten demnach nicht die Rechtsmacht, einseitig die Parameter für eine Neuberechnung der Zinsen festzulegen. Ebenso besteht - anders als das Berufungsgericht ausführt - hierzu kein Raum für ein geschäftspolitisches Ermessen der beklagten Banken. Vielmehr ist vom Gericht im Wege ergänzender Vertragsauslegung Anpassungsmaßstab und -modus zu bestimmen, wobei in sachlicher und zeitlicher Hinsicht Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen (Senat, Urteile vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 35 und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19).
18
3. Weiter rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht Zinsansprüche der Klägerin um Kapitalertragsteuer gekürzt, die während der Laufzeit der Sparverträge für zusätzlich geschuldete Zinszahlungen im Falle einer Auszahlung angefallen wäre. Dabei ist es - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - unerheblich , ob die Klägerin und ihre Geschwister Freistellungsaufträge in entsprechender Höhe erteilt haben. Bisher ist ihnen in Höhe der streitgegenständlichen Zinsnachzahlungen jedenfalls kein steuerbares Einkommen zugeflossen. Kapitalertragsteuer entsteht nach § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG in dem Zeitpunkt, in dem die Zinsen dem Gläubiger von Kapitalerträgen zufließen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG gelten Einnahmen als zugeflossen, wenn der Gläubiger darüber wirtschaftlich verfügen kann (BFHE 134, 315, 317; BFHE 140, 542, 545; BFHE 229, 141 Rn. 28 ff.). Dafür reicht nicht aus, dass der Gläubiger einen - hier zudem bestrittenen - Anspruch auf Zahlungen hat (BFH/NV 2002, 643). Vielmehr fließen Einnahmen im Allgemeinen dem Gläubiger erst mit tatsächlicher Gutschrift auf einem Bankkonto zu (BFHE 134, 315, 317; BFHE 140, 542, 545).
19
Für eine Kürzung bislang streitiger und nicht erfüllter Zinsansprüche um fiktive Steuerzahlungen fehlt mithin eine Grundlage. Soweit die Beklagten während der Laufzeit der Sparverträge auf von ihnen gebuchte Zinsen für die Klägerin und deren Geschwister Kapitalertragsteuer abgeführt haben, ist diese im Umfang der tatsächlichen Zahlungen zu berücksichtigen. Fiktive Steuern, die bei Zahlung höherer Zinsen in zurückliegenden Jahren aufgrund eines anderen Anpassungsverfahrens möglicherweise angefallen wären, sind bisher weder entstanden noch von den Beklagten aus dem Sparguthaben tatsächlich an die Finanzbehörden abgeführt worden, konnten mithin während nachfolgender Zinsperioden das zu verzinsende Kapital nicht mindern und beeinflussen damit das bei Beendigung der Sparverträge bestehende Guthaben nicht. Dies gilt ungeachtet einer möglichen Pflicht der beklagten Banken, im Falle einer tatsächlichen Nachzahlung von Zinsen für die Klägerin Steuern an die zuständigen Finanzbehörden abzuführen.

III.

20
Das Berufungsurteil ist somit im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur abschließenden Entscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
21
1. Vom Berufungsgericht werden im Wege ergänzender Vertragsauslegung die Parameter einer Zinsanpassung festzustellen sein, die in sachlicher und zeitlicher Hinsicht dem mutmaßlichen Parteiwillen entsprechen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Anpassungsmaßstab und -methode, die die Beklagten der tatsächlich vorgenommenen Zinsanpassung zugrunde gelegt haben , einer Inhaltskontrolle standhalten würden, da diese nicht Inhalt der Sparverträge geworden sind (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 19). Wegen des Vorrangs einer ergänzenden Vertragsauslegung wird auch nicht der von der Revision vertretenen Ansicht zu folgen sein, die durch die Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel entstandene Vertragslücke sei nach § 316 BGB durch ein Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin zu schließen (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 18).
22
2. Der Referenzzins, dessen Veränderung Anlass und Höhe einer Zinsanpassung bestimmt, hat sich bei Spareinlagen, die - wie hier - wegen des damit verbundenen Verlustes der Abschlussprämie wirtschaftlich sinnvoll nicht vorzeitig gekündigt werden, grundsätzlich an Zinsen für vergleichbare langfristige Spareinlagen zu orientieren (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 22 f.). Diesem Grundsatz kommt für die vorliegenden Sparverträge besondere Bedeutung zu, da das gesamte Sparguthaben jeweils in einem Betrag bei Abschluss der Sparverträge und nicht in laufenden monatlichen Raten eingezahlt worden ist. Diesen Anforderungen entspricht die vom Berufungsgericht akzeptierte "Zeitreihe WZ9816" weder sachlich noch zeitlich, da es sich um die Abbildung einer rechnerisch ermittelten Zinsstrukturkurve für börsennotierte Bundeswertpapiere mit einer Laufzeit von fünf Jahren handelt. Ebenso kann der von der Revision angesprochene Spareckzins nicht als Referenz herangezogen werden, da er den Zinssatz für Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von lediglich drei Monaten angibt (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 22).
23
3. Die Anpassung des Vertragszinses wird weiter nicht nach der vom Berufungsgericht gebilligten Methode gleitender Durchschnitte bei einer Ablauffiktion von fünf Jahren erfolgen können, da die Parteien im Sparvertrag keine Anpassungsschwelle vorgesehen haben. Nach den AGB der Beklagten zu 1) sollte jede Veränderung des dort genannten – unzulässigen – Referenzzinssatzes sogleich zu einer entsprechenden Anpassung des Vertragszinses führen. Dann erscheint es beiderseits interessengerecht, dass auch jede Veränderung des zutreffenden Referenzzinses ohne Erreichen eines bestimmten Schwellenwertes und ohne zeitliche Verzögerung zu einer entsprechenden Anpassung des Vertragszinses führt (vgl. auch Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 25).
24
Ein Anpassungsmodus, dem fünfjährige gleitende Durchschnittszinsen aus einem Referenzzins für Wertpapiere mit fünfjähriger Laufzeit zugrunde liegen , würde zudem einseitig das Interesse der beklagten Banken berücksichtigen , Zinsänderungseffekte im Passivgeschäft durch produktspezifische Gegengeschäfte zu festen Zinssätzen auszugleichen. Demgegenüber wäre der Sparer - entgegen seiner Erwartung - bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses überwiegend an die Zinsentwicklung zurückliegender Jahre gebunden, da künftige Zinsänderungen in den maßgeblichen Durchschnittszins nur entsprechend ihrem Zeitanteil an dem unterstellten Anlagezeitraum von fünf Jahren einfließen.
25
4. Das Berufungsgericht wird schließlich den von ihm bei der Berechnung des laufenden Vertragszinses hingenommenen absolut gleich bleibenden Abstand zum Referenzzins zu überprüfen haben. Die damit erzielte Sicherung einer fixen absoluten Marge der Bank entspricht im Allgemeinen nicht sachgerechter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien. Eine darauf aufbauende Zinsanpassung kann bei fallenden Zinsen nicht nur zu einer im Verhältnis zum Vertragszins überzogenen Marge führen, sondern birgt die Gefahr einer negativen Verzinsung des angesparten Kapitals. Zwar müssen auch nach einer Anpassung günstige Zinskonditionen günstig bleiben und ebenso ungünstige Zinskonditionen ungünstig. Dieser Grundsatz ist jedoch gewahrt, wenn der anfängliche relative Abstand des Vertragszinses vom Referenzzins für die Vertragslaufzeit beibehalten wird (Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 27).
26
5. Das Berufungsgericht wird daher nach ergänzendem Vortrag der Parteien gegebenenfalls sachverständig beraten zu klären haben, welcher konkrete in der von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken erhobenen Zinsstatistik veröffentlichte Zins als maßgebliche Referenz herangezogen werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rn. 23). Soweit eine danach geeignete Zeitreihe nicht während der gesamten Laufzeit einzelner Sparverträge - unverändert - fortgeführt wird, kann dem im zeitlichen Anschluss durch Heranziehung der Zinsentwicklung einer neuen Zeitreihe Rechnung getragen werden. Diese Zeitreihen müssen unabhängig von Unterschieden in ihrer Erhebung und Berechnung jeweils für sich die Zinsentwicklung des konkreten Sparvertrags möglichst weitgehend abbilden. Abweichungen in der Höhe des Zinssatzes zwischen zeitlich aneinander anschließenden Zeitreihen stehen dem nicht von vorneherein entgegen, da die Zinsanpassung nicht an dem absoluten Wert des jeweiligen Referenzzinses, sondern an dessen Änderung auszurichten ist.
Wiechers Mayen Grüneberg Maihold Pamp
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 19.01.2006 - 15 O 393/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 16.01.2008 - 13 U 27/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 197/09 Verkündet am:
13. April 2010
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
§ 315 Abs. 1, § 316

a) Die Formularklausel, "die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz für SVersicherungseinlagen
…", ist wirksam, soweit sie die Vereinbarung eines variablen Zinses enthält,
weil es sich dabei um eine gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Klauselkontrolle nicht unterliegende
Preisregelung der Parteien handelt. Sie ist aber in Bezug auf die Ausgestaltung der Variabilität
nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam, weil sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit
möglicher Zinsänderungen aufweist.

b) Die durch die (teilweise) Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel entstandene Lücke im Vertrag ist
durch ergänzende Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zu schließen; ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht
des Bankkunden nach § 316 BGB kommt ebenso wenig in Betracht wie ein einseitiges
Leistungsbestimmungsrecht der Bank nach § 315 Abs. 1 BGB.

c) Das Gericht hat die maßgeblichen Änderungsparameter selbst zu bestimmen, wobei in sachlicher
Hinsicht (insbesondere Bindung an einen aussagekräftigen Referenzzins) und in zeitlicher Hinsicht
(Dauer der Zinsperiode) präzise Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit
und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen.

d) Die vom Berufungsgericht vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung unterliegt der selbständigen
und uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht, weil formularmäßige Zinsänderungsklauseln
typische Vereinbarungen sind, bei deren Unwirksamkeit im Interesse der
Rechtssicherheit eine allgemeinverbindliche ergänzende Vertragsauslegung unabhängig von den
Besonderheiten des konkreten Einzelfalls sachlich geboten ist.
BGH, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09 - OLG Zweibrücken
LG Zweibrücken
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter
Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Maihold und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 8. Juni 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 10. Oktober 2008 wegen der Abweisung der Klage in Höhe von 3.081,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Juli 2006 sowie 186,82 € vorgerichtlicher Kosten zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt von der beklagten Sparkasse die Zahlung weiterer Zinsbeträge aus einem beendeten Sparvertrag an sich und ihren Ehemann.
2
Die Klägerin und ihr Ehemann schlossen im Jahre 1986 einen Sparvertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) über ein so genanntes S-Versicherungssparen mit einer Laufzeit von zwanzig Jahren. In dem von ihnen unterzeichneten Vertragsformular heißt es: "2. Zinsen und Prämien Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz für S-Versicherungseinlagen am Ende der Gesamtdauer des Vertrages eine unverzinsliche Prämie auf die vertragsgemäß eingezahlten Sparbeiträge. Die Prämie beträgt bei einer Vertragsdauer von 8 bis 9 Jahren - 2%, 10 bis 11 Jahren - 4%, 12 bis 14 Jahren - 10%, 15 bis 19 Jahren - 15%, 20 bis 25 Jahren - 30%. 3. Kündigung Bis 4 ½ Jahre vor Ende des Vertragsdatums kann der Kunde über Beträge jeweils nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist von 6 Monaten unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 48 Monaten verfügen; ab einem Zeitpunkt von 3 Monaten vor Ende der Vertragsdauer kann das Guthaben unter Einhaltung einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden. Die Zahlung einer Prämie erfolgt für die tatsächliche Vertragsdauer entsprechend der Prämienstaffel. Bei Verfügungen vor dem Vertragsende ohne Einhaltung der Kündigungsfrist wird eine S-Prämie nicht gezahlt."
3
Der von der Beklagten gezahlte Nominalzins für S-Versicherungssparen betrug laut ihrem Preisaushang bei Abschluss des Sparvertrages jährlich 5%. Die Klägerin und ihr Ehemann zahlten in den Jahren 1986 bis 2005 die vereinbarten monatlichen Sparbeträge von 200 DM für die Zeit von Oktober bis Dezember 1986 und von 100 DM ab dem 1. Januar 1987 ein, wobei allerdings nicht monatlich gezahlt wurde, was der Sparvertrag zuließ. Mit Ablauf des Sparvertrages zahlte die Beklagte an die Klägerin und ihren Ehemann einen Betrag von 22.034,20 € aus.
4
Die Klägerin hat die Zinsberechnung der Beklagten beanstandet und sie mit wechselnden Anträgen auf Zahlung höherer Sparzinsen nebst Verzugszinsen an sich und ihren Ehemann sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten in Anspruch genommen. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat unter Heranziehung der von der Beklagten genannten Kombination aus den in der Bundesbankstatistik ausgewiesenen Zinssätzen für zwei- und zehnjährige Spareinlagen im Verhältnis von 20% zu 80% sowie Berücksichtigung einer Anpassungsschwelle von 0,1 Prozentpunkten einen restlichen Zahlungsanspruch der Klägerin und ihres Ehemannes in Höhe von 19,94 € errechnet, den die Beklagte nebst Zinsen anerkannt hat.
5
Das Landgericht hat die Beklagte dem Anerkenntnis entsprechend verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der Klägerin, mit der sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 4.320,75 € nebst Zinsen sowie 246,13 € vorgerichtlicher Kosten begehrt hat, hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag in Höhe von 3.081,24 € nebst Zinsen sowie 186,82 € vorgerichtlicher Kosten weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
Soweit die Klägerin wegen der zunächst unbeschränkt eingelegten Revision die Rücknahme der weitergehenden Revision erklärt hat, geht das ins Leere. Eine Teilrücknahme der Revision (§§ 555, 516 ZPO) liegt nicht vor, wenn der Revisionskläger die Revision unbeschränkt einlegt (§ 549 ZPO) und in der Revisionsbegründung die Revisionsanträge von vornherein hinter der Beschwer des Revisionsklägers zurückbleiben. Denn erst in der Revisionsbegründung müssen die Revisionsanträge enthalten sein (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ZPO), die den Umfang des eingelegten Rechtsmittels bestimmen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 1968 - VIII ZB 26/68, NJW 1968, 2106; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 516 Rn. 26). Für eine Entscheidung des Revisionsgerichts nach §§ 555, 516 Abs. 3 ZPO über den nicht angegriffenen Teil der Berufungsentscheidung ist kein Raum, weil dieser Teil nicht beim Revisionsgericht anhängig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 1968 - VIII ZB 26/68, NJW 1968, 2106).

I.

8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für die Revisionsinstanz von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
9
Nach dem Inhalt des Sparvertrages sei ein variabler Zinssatz vereinbart worden. Der Sparvertrag enthalte jedoch keine Regelung, wie die Änderung des Zinssatzes vorzunehmen sei. Er stelle daher die Änderung des Zinssatzes einseitig in das Ermessen der Sparkasse. Eine solche Zinsänderungsklausel sei aber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen - wie sie hier vorlägen - unwirksam.
10
Das führe aber nicht dazu, dass gar keine Zinsen zu zahlen wären. Vielmehr sei die unwirksame Klausel durch eine ergänzende Vertragsauslegung auszufüllen, da es hierzu an dispositivem Gesetzesrecht fehle. Entscheidend sei danach, welche Regelung von den Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der vereinbarten Zinsänderungsklausel nach dem Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner gewählt worden wäre. Die Parteien hätten im Grundsatz eine Entscheidung für Zinsvariabilität und damit gegen Zinsstabilität getroffen. An dieser Entscheidung seien sie festzuhalten. Die Beklagte habe als Referenzzins eine Kombination zwischen den Zinssätzen für 2- und 10-jährige Anlagen gewählt gemäß den Statistiken der Deutschen Bundesbank bei einer Gewichtung von 20% und 80%. Mit dem Zinssatz für 10-jährige Anlagen und dem Zinssatz für 2-jährige Anlagen werde sowohl der Langfristigkeit der Anlage als auch einer möglichen vorzeitigen Kündigung Rechnung getragen. Die auf dieser Basis vorgenommene Zinsänderung sei daher nicht zu beanstanden.
11
Demgegenüber sei es nicht sach- und interessengerecht, den Spareckzins als Referenzzins heranzuziehen, da dieser sich auf Spareinlagen beziehe, die mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündbar seien. Solche kurzfristig verfügbaren Spareinlagen seien mit der von den Parteien gewählten langfristigen Anlage nicht vergleichbar. Soweit die Klägerin sich darauf berufe, dass sie ein Interesse gehabt habe, einen Sparzins zu erzielen, der deutlich über dem Spareckzins liege und immer denselben Abstand zum Spareckzins aufweise, stelle dies lediglich ihr einseitiges Interesse dar, berücksichtige aber nicht die ebenfalls abzuwägenden Interessen der Beklagten.
12
Des Weiteren berücksichtige es die beiderseitigen Interessen am besten, eine Zinsänderung nicht schon bei der Änderung eines Referenzzinssatzes um 0,01 Prozentpunkte nach oben oder unten vorzunehmen, wie es die Verbraucherzentrale in der von der Klägerin vorgelegten Berechnung getan habe. Interessengerecht sei, dass erst eine Veränderung des Zinssatzes von einer gewissen Erheblichkeit zu einer Änderung des Vertragszinses führe, um nicht laufend den Zinssatz ändern zu müssen, was zu Unübersichtlichkeiten bei der Abrechnung führe. Die von der Beklagten gewählte Anpassungsschwelle von 0,1 Prozentpunkten nach oben oder unten sei ein Wert, der auch in der Literatur als richtig angesehen werde.
13
Der Sachverständige habe in seinem Gutachten den oben genannten Referenzzins herangezogen und auch die Änderungen des Zinssatzes bei der entsprechenden Veränderung vorgenommen. Er habe dabei als ersten Zinssatz entsprechend der von der Beklagten vorgenommenen Gutschrift in dem Sparbuch einen Zinssatz von 5,16% berücksichtigt, wie dies die Beklagte auch in ihrer Nachberechnung getan habe. Des Weiteren habe er den jeweiligen Zinsabstand zum Referenzzins beibehalten. Die von der Klägerin vorgelegte Zinsberechnung der Verbraucherzentrale unter Zugrundelegung desselben Referenzzinses, die zu einem anderen Ergebnis komme, beruhe darauf, dass dort als erster Vertragszins ein Zinssatz von 6% eingestellt worden sei und Änderungen des Zinssatzes bereits bei einer Veränderung um 0,01 Prozentpunkte vorgenommen werde. Dies entspreche jedoch nicht einer interessengerechten Auslegung. Die Klägerin habe nicht zu beweisen vermocht , dass mit ihr ein anfänglicher Zinssatz von 6% vereinbart worden sei. Vielmehr sei nach dem Sparvertrag der jeweils gültige Zins vereinbart gewesen, der sich für den Beginn des Vertrages feststellen lasse, da er dort im Preisaushang der Sparkasse aufgeführt gewesen sei. Die Beklagte habe insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass der Zinssatz sowohl im August 1986 als auch im Oktober 1986 jeweils bei 5% gelegen habe.

II.

14
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht nach den bisher getroffenen Feststellungen den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch aus dem Sparvertrag mit der Beklagten auf Zahlung weiterer Zinsen in Höhe von 3.081,24 € verneint. Dementsprechend ist auch die Versagung der von der Klägerin begehrten vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 186,82 € bislang nicht gerechtfertigt.
15
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die streitige Zinsänderungsklausel insofern wegen Verstoßes gegen den nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbaren § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist, als sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (vgl. Senat, BGHZ 158, 149, 153 ff. und Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 10 ff.; jeweils zu vergleichbaren Klauseln

).

16
Zutreffend ist das Berufungsgericht stillschweigend weiter davon ausgegangen , dass die Klausel dagegen wirksam ist, soweit sie die Vereinbarung eines variablen Zinssatzes enthält, weil es sich dabei um eine gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Klauselkontrolle nicht unterliegende Preisregelung der Parteien handelt (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 16 f.). Ebenfalls nicht der Inhaltskontrolle unterliegt der anfängliche Vertragszins, der Ausgangspunkt der Zinsänderung ist (vgl. Senat, BGHZ 158, 149, 153 f.; Schimansky, WM 2003, 1449, 1452). Nach den im Revisionsverfahren bindenden tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 559 ZPO) haben die Parteien keinen anfänglichen Vertragszins in Höhe von 6% vereinbart, sondern den im Preisaushang der Beklagten ausgewiesenen Zins, der im August und im Oktober 1986 gemäß dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten 5% betragen hat. Soweit das Berufungsgericht entsprechend den tatsächlichen Buchungen der Beklagten einen Anfangszinssatz von 5,16% seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, beschwert das die Klägerin als für sie günstig nicht.
17
2. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die vom Berufungsgericht auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens vorgenommene Zinsberechnung.
18
a) Das Berufungsgericht ist insoweit allerdings wiederum im Ansatz zu Recht davon ausgegangen, dass die durch die Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel entstandene Lücke im Vertrag durch ergänzende Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zu schließen ist (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 18 m.w.N.). Entgegen der Ansicht der Revision kann die Lücke nicht durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin nach § 316, § 315 Abs. 1 BGB geschlossen werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt § 316 BGB lediglich eine nur im Zweifel eingreifende gesetzliche Auslegungsregel dar, der gegenüber die Vertragsauslegung den Vorrang hat. Eine Vertragslücke kann nicht durch den Rückgriff auf § 316 BGB geschlossen werden, wenn und weil dies dem Interesse der Parteien und ihrer Willensrichtung typischerweise nicht entspricht. Vielmehr ist es geboten, vorrangig die Regeln über die ergänzende Vertragsauslegung heranzuziehen, wofür die den Gegenstand der Leistung und die das Verhältnis der Parteien prägenden Umstände maßgeblich sind. Denn diese bestimmen den Inhalt der von den Parteien getroffenen Absprachen und bilden in aller Regel eine hinreichende Grundlage für die Festlegung der interessengerechten Gegenleistung (vgl. BGHZ 94, 98, 101 f.; 167, 139, Tz. 10; BGH, Urteil vom 26. September 2006 - X ZR 181/03, NJW-RR 2007, 103, Tz. 20). Ent- scheidend ist danach, welche Regelung von den Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der vereinbarten Zinsänderungsklausel nach dem Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) als redliche Vertragspartner gewählt worden wäre (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 18).
19
b) Zutreffend ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, dass der Beklagten im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung kein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 Abs. 1 BGB zugebilligt werden kann. Das einseitige Leistungsbestimmungsrecht des Klauselverwenders entfällt mit Unwirksamkeit der Klausel ersatzlos (vgl. Schimansky, WM 2001, 1169, 1175; Burkiczak, BKR 2007, 190, 193; Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 218; Metz, BKR 2001, 21, 24, 28; siehe auch BGHZ 94, 98, 103; aA Habersack, WM 2001, 753, 760). Die Beklagte konnte daher nicht einseitig die Parameter festlegen, die sie ihrer Neuberechnung zugrunde gelegt hat und auf denen das Sachverständigengutachten beruht. Da diese Parameter nicht Inhalt des Sparvertrages sind, kann auch dahinstehen , ob sie im Rahmen einer vertraglichen Zinsänderungsklausel der Inhaltskontrolle standhalten würden. Vielmehr hat das Gericht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die maßgeblichen Parameter selbst zu bestimmen , wobei in sachlicher Hinsicht (z.B. Umstände einer Zinsänderung, insbesondere Bindung an einen aussagekräftigen Referenzzins) und in zeitlicher Hinsicht (z.B. Dauer der Zinsperiode) präzise Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen (vgl. Senat, BGHZ 180, 257, Tz. 35 m.w.N.).
20
c) Die vom Berufungsgericht vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung unterliegt der selbständigen und uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Formularmäßige Zinsänderungsklauseln der vorliegenden Art sind - ähnlich wie die AGB-Sparkassen (dazu Senat BGHZ 180, 135, Tz. 11) - typische, deutschlandweit verbreitete Vereinbarungen, bei deren Unwirksamkeit im Interesse der Rechtssicherheit eine allgemeinverbindliche ergänzende Vertragsauslegung unabhängig von den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls sachlich geboten ist (vgl. Senat BGHZ 164, 286, 292; BGH, Urteil vom 24. Januar 2008 - III ZR 79/07, WM 2008, 1886, Tz. 11; H. Schmidt, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 306 Rn. 32 m.w.N.).
21
aa) Als wichtigster Parameter ist der Referenzzins zu bestimmen, dessen Veränderung Auslöser für die Zinsänderung ist. Es muss sich hierbei um einen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzins handeln, der von unabhängigen Stellen nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt wird und die Bank nicht einseitig begünstigt (vgl. Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 215; siehe auch § 675g Abs. 3 Satz 2 BGB). Dabei ist unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarktes diejenige oder eine Kombination derjenigen auszuwählen, die dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommen (Senat, BGHZ 158, 149, 158).
22
Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen, hat aber zu Unrecht den Referenzzins als sachgerecht angesehen, den die Beklagte auf der Grundlage der in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze selbst aus einer Kombination aus 2- und 10-jährigen Anlagen errechnet hat. Das ist nicht interessengerecht und lässt wesentliche Regelungen in dem Sparvertrag außer Betracht. Der Sparvertrag hatte eine Laufzeit von 20 Jahren. Die volle Prämie von 30%, die diesen Vertrag für die Klägerin im Vergleich zu einem gewöhnlichen Sparbuch besonders interessant machte, fiel nur an, wenn der Sparvertrag über die volle Laufzeit durchgehalten wurde und keine vorzeitige Verfügung über das Guthaben erfolgte. Die vorzeitige Kündigungsmöglichkeit der Klägerin mit einer Frist von 4 1/2 Jahren war für sie keine echte Handlungsalternative, da sie dann für das gekündigte Kapital keine oder nur eine deutlich geringere Prämie erhalten hätte (vgl. dazu auch BGHZ 158, 149, 157). Die Einbeziehung eines Referenzzinses für kurzfristige Spareinlagen entspricht daher selbst dann, wenn dies - wie hier von der Beklagten vorgesehen - nur mit einem Anteil von 20% geschieht, nicht dem im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Interesse der Parteien. Aus denselben Gründen kann entgegen der Ansicht der Revision auch der Spareckzins nicht als Referenzzins herangezogen werden, weil er den Zinssatz für Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten angibt.
23
Nach dem Konzept des Sparvertrages ist es allein interessengerecht, einen Referenzzins für langfristige Spareinlagen heranzuziehen. Die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze für vergleichbare Produkte hat der Bundesgerichtshof bereits in der Vergangenheit als geeignete Referenz angesehen (vgl. BGHZ 97, 212, 223; auch BGHZ 161, 196, 203 f.). Es sind daher die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze für Spareinlagen mit einer Laufzeit zugrunde zu legen , die der zwanzigjährigen Laufzeit des vorliegenden Sparvertrages unter Berücksichtigung des Ansparvorgangs nahe kommen. Dazu hat das Berufungsgericht bisher keine Feststellungen getroffen. Es wird daher nach ergänzendem Vortrag der Parteien gegebenenfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären haben, welcher konkrete, in den Zinsstatistiken der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Zins als maßgebliche Referenz heranzuziehen ist.
24
bb) Ferner sind die Anpassungsschwelle, ab der eine Zinsänderung vorzunehmen ist, und der Anpassungszeitraum, für den sie gelten soll, zu ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Parteien bei der Bestimmung der Anpassungsschwelle und des Anpassungsintervalls weitestgehend frei sind. Sie müssen nur beachten, dass für Zinssenkungen und Zinserhöhungen die glei- chen Parameter verwendet werden (Schimansky, WM 2001, 1169, 1173; Rösler /Lang, ZIP 2006, 214, 217). Haben die Parteien - wie hier - keine wirksame Vereinbarung getroffen, kann es wegen des weiten Ermessens der Parteien bei der Festlegung einer Anpassungsschwelle auch interessengerecht sein, dass sie ganz entfällt und wie bei einer Zinsgleitklausel (vgl. dazu Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 215) jede Veränderung des Referenzzinses auch zu einer Veränderung des Vertragszinses führt.
25
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den Angaben der Beklagten folgend eine Veränderung des Referenzzinses von 0,1 Prozentpunkten als maßgeblichen Schwellenwert angesehen. Das Berufungsgericht hat gemeint, eine Anpassung bei einem Schwellenwert von 0,01%, wie sie von der Klägerin geltend gemacht wird, sei untunlich, weil beide Seiten ein Interesse daran hätten, dass erst eine Veränderung des Zinssatzes von einer gewissen Erheblichkeit zu einer Änderung des Vertragszinses führe, um nicht laufend den Zinssatz ändern zu müssen, was dann zur Unübersichtlichkeit der Abrechnung führe. Diese Ausführungen beachten nicht, dass es bei der üblichen Zinsberechnung mittels elektronischer Datenverarbeitung ohne weiteres möglich ist - wie bei Zinsgleitklauseln - jede Veränderung des Referenzzinssatzes exakt und ohne größeren Aufwand nachzuvollziehen. Dass in der Literatur ein Schwellenwert von 0,1 Prozentpunkten als angemessen angesehen wird, mag bei der Inhaltskontrolle einer entsprechenden Klausel von Bedeutung sein, besagt aber nichts für die Frage, was die Parteien in Kenntnis der Vertragslücke vereinbart hätten. Hierzu ist in erster Linie auf die vertraglichen Abreden abzustellen, soweit sich ihnen ein Hinweis auf den Parteiwillen entnehmen lässt. Die streitgegenständliche Zinsänderungsklausel sieht vor, dass jede Veränderung des dort genannten - unzulässigen - Referenzzinssatzes auch zu einer Anpassung des Vertragszinses führen sollte. Es ist daher interessengerecht, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen, dass jede Veränderung des Referenzzinses ohne Erreichen einer bestimmten Anpassungsschwelle zu einer Veränderung des Vertragszinses führt. Da der den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank zu entnehmende Referenzzins monatlich veröffentlicht wird, ist es sachgerecht, die Vereinbarung monatlicher Anpassungen anzunehmen.
26
cc) Die Zinsänderung muss ferner das Äquivalenzprinzip beachten. Nach diesem darf die Bank das Grundgefüge eines Vertragsverhältnisses durch die Zinsänderung nicht zu ihren Gunsten verändern, sondern muss insbesondere auch für den Kunden günstige Anpassungen vornehmen (vgl. Senat, BGHZ 180, 257, Tz. 32; Senatsurteile vom 4. Dezember 1990 - XI ZR 340/89, WM 1991, 179, 182 und vom 12. Oktober 1993 - XI ZR 11/93, WM 1993, 2003, 2004 f.). Entscheidend ist dabei die Relation zu vergleichbaren Produkten am Markt, das heißt, das Verhältnis des konkret vereinbarten Zinses zum Referenzzins muss gewahrt bleiben, nicht aber eine gleich bleibende Gewinnmarge (vgl. Schimansky, WM 2003, 1449, 1452).
27
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft - dem von ihm bestellten Sachverständigen folgend - seiner Berechnung einen gleich bleibenden Abstand des Vertragszinses zum Referenzzins sowohl bei Zinssenkungen als auch bei Zinserhöhungen zugrunde gelegt. Eine Klausel, in der ausdrücklich angegeben ist, dass die Zinsänderung in dieser Weise erfolgen soll, mag zwar gegebenenfalls der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB standhalten. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung kann diese Berechnungsmethode vorliegend aber nicht zugrunde gelegt werden, da sie nicht dem beiderseitigen Interesse der Parteien entspricht. Der immer gleiche Abstand zum Referenzzins führt zu einer Sicherung der anfänglichen Marge in absoluten Prozentpunkten über die gesamte Vertragslaufzeit und kann, wenn der Referenzzins stark fällt, im Extremfall dazu führen, dass der Vertragszins unter Null fällt, also theoretisch eine Zinszahlungspflicht des Kunden an die Bank entstünde. Auch wenn günstige Zinskonditionen grundsätzlich günstig bleiben müssen und ungünstige auch ungünstig bleiben dürfen, so ist eine absolute Margensicherung oder gar das Entfallen eines Zinsanspruchs bzw. die Umkehr eines Zahlungsanspruchs in eine Zahlungspflicht nicht interessengerecht. Die im S-Sparvertrag enthaltene ursprüngliche Regelung sah die Maßgeblichkeit des jeweils gültigen Zinses vor, was gegen eine derartige statische Margensicherung oder gar das Absinken des Zinsanspruchs ins Negative spricht. Vielmehr ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen, dass die Parteien die Beibehaltung des anfänglichen relativen Abstandes des Vertragszinses zum Referenzzins über die gesamte Vertragslaufzeit vereinbart hätten. Dieser relative Abstand gewährleistet zum einen, dass der Vertragszins immer den gleichen prozentualen Abstand zum Referenzzins beibehält und so das Grundgefüge der Vertragskonditionen über die gesamte Laufzeit beibehalten wird, also ein günstiger Zins auch günstig bleibt. Zum anderen verhindert die Maßgeblichkeit des prozentualen Abstandes zwischen Vertragszins und Referenzzins die Verstetigung einer absoluten Gewinnmarge und das Absinken des Vertragszinses auf Null oder ins Negative.
28
dd) Aus der beiderseits interessengerechten ergänzenden Vertragsauslegung folgt, dass eine Begrenzung des Zinsänderungsrechts bzw. der Zinsänderungspflicht der Beklagten durch ihr Neukundengeschäft vorliegend nicht vorzunehmen ist. Der Bundesgerichtshof hat für das Kreditgeschäft ausgesprochen , eine Bank dürfe bei zulässigen oder gebotenen Zinsänderungen im Regelfall ihre Bestandskunden nicht schlechter behandeln als Neukunden, denen sie Kredite dieser Art und Größenordnung gewähre, so dass sie bei Zinsänderungen den nunmehr allgemein von ihr verlangten "Normalzins" einhalten müsse (vgl. BGHZ 97, 212, 223; Schimansky WM 2003, 1449, 1452). Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, welche Bedeutung dieser Aussage außerhalb der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB bei der Inhaltskontrolle von Zinsänderungsklauseln im Kreditgeschäft nach § 307 BGB beizumessen ist und ob sie auf das Einlagengeschäft einer Bank übertragen werden kann. Denn durch die Maßgeblichkeit des relativen Abstandes von Vertragszins zum Referenzzins wird vorliegend eine unzumutbare Benachteiligung der Klägerin gegenüber Neukunden vermieden, so dass es keiner Begrenzung der Zinsänderung durch den jeweils von der Beklagten an Neukunden gezahlten "Normalzinssatz" bedarf.

III.

29
Das Berufungsurteil ist demnach im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache gemäß den vorstehenden Ausführungen nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Wiechers Müller Ellenberger Maihold Matthias Vorinstanzen:
LG Zweibrücken, Entscheidung vom 10.10.2008 - 1 O 298/06 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 08.06.2009 - 7 U 178/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 78/08 Verkündet am:
21. April 2009
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB § 307 Bl, Cb; AGB-Sparkassen Nr. 17 Abs. 2 Satz 1

a) Die dem Muster von Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB-Sparkassen nachgebildete
Klausel einer Sparkasse
„Soweit nichts anderes vereinbart ist, werden die Entgelte im
Privat- und Geschäftskundenbereich von der Sparkasse unter
Berücksichtigung der Marktlage (z.B. Veränderung des allgemeinen
Zinsniveaus) und des Aufwandes nach gemäß § 315 des
Bürgerlichen Gesetzbuches nachprüfbarem billigen Ermessen
festgelegt und geändert.“
ist im Bankverkehr mit Verbrauchern nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB
unwirksam.

b) Die Klausel regelt nicht nur, wie die Entgelte der Sparkasse festgelegt werden
, sondern auch, ob Entgelte erhoben werden. Sie ermöglicht es der
Sparkasse, Entgelte für Tätigkeiten festzusetzen, zu deren Erbringung sie
schon von Gesetzes wegen oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht
verpflichtet ist oder die sie im eigenen Interesse vornimmt. Ein solches Entgeltfestsetzungsrecht
von Kreditinstituten ist nach ständiger Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen
Regelung, von der sie abweicht, nicht vereinbar und benachteiligt die Kunden
unangemessen.

c) Das in der Klausel enthaltene einseitige Preisänderungsrecht benachteiligt
die Sparkassenkunden deswegen unangemessen, weil die Änderungsvoraussetzungen
unklar sind und die Klausel keine eindeutige Pflicht der Sparkasse
zur Herabsetzung der Entgelte bei sinkenden Kosten enthält und es
der Sparkasse damit ermöglicht, das ursprünglich vereinbarte vertragliche
Äquivalenzverhältnis zu ihren Gunsten zu verändern.

d) Das gilt ebenso für das in der Klausel enthaltene Zinsänderungsrecht. Auch
Zinsanpassungsklauseln im Kreditgeschäft von Kreditinstituten müssen den
allgemeinen Anforderungen an Preisanpassungsklauseln genügen (Aufgabe
von BGHZ 97, 212).
BGH, Urteil vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08 - OLG Brandenburg
LG Frankfurt (Oder)
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers
und die Richter Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Maihold und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 30. Januar 2008 wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es in der im landgerichtlichen Urteilstenor wiedergegebenen Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten "nach gemäß § 315" heißt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist. Die beklagte Sparkasse verwendet - wie alle öffentlich-rechtlichen Sparkassen - gegenüber ihren Kunden Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die nach dem Muster der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkassen (AGB-Sparkassen ) unter anderem folgende Klausel enthält: Nr. 17 – Entgelte, Kosten und Auslagen (1)Entgelt-Berechtigung Die Sparkasse ist berechtigt, für ihre Leistungen Entgelte, insbesondere Zinsen und Provisionen, vom Kunden zu verlangen. Dies gilt auch für Leistungen, die zusätzlich zu einer üblichen Grundleistung im Auftrag oder nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag im Interesse des Kunden erbracht oder im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung mit ihm erforderlich werden (z.B. bei der Verwaltung von Sicherheiten).
(2) Festsetzung und Ausweis der Entgelte Soweit nichts anderes vereinbart ist, werden die Entgelte im Privat - und Geschäftskundenbereich von der Sparkasse unter Berücksichtigung der Marktlage (z.B. Veränderung des allgemeinen Zinsniveaus) und des Aufwandes nach gemäß § 315 des Bürgerlichen Gesetzbuches nachprüfbarem billigen Ermessen festgelegt und geändert. Für typische, regelmäßig vorkommende Bankleistungen gelten die im Preisaushang, ergänzend im Preis- und Leistungsverzeichnis ausgewiesenen Entgelte, und zwar die der jeweils geltenden Fassung. Für dort nicht aufgeführte Leistungen, die nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind, werden angemessene Entgelte gemäß Satz 1 berechnet. Der Kunde kann die Vorlage einer Abrechnung verlangen.
Werden Zinsen oder sonstige Entgelte erhöht, kann der Kunde die davon betroffene Geschäftsbeziehung innerhalb von sechs Wochen seit Bekanntgabe mit sofortiger Wirkung kündigen. Im Falle
der Kündigung wird die Erhöhung nicht wirksam. Eine Kreditkündigung des Kunden gilt jedoch als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zweier Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt. (…)
2
Der Kläger wendet sich, soweit Bankgeschäfte betroffen sind, die mit privaten Kunden getätigt werden, mit der Unterlassungsklage aus § 1 UKlaG gegen Absatz 2 Satz 1 dieser Klausel. Das Landgericht hat der Klage unter Weglassung des Wortes "gemäß" vor § 315 BGB stattgegeben (LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 7. März 2007 - 13 O 370/06, juris). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (NJ 2008, 224 = BeckRS 2008, 13357). Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision ist unbegründet.

I.


4
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
5
Die beanstandete Allgemeine Geschäftsbedingung stelle sich nach den zutreffenden Erwägungen des Landgerichts bei der maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung als unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB dar und verstoße zugleich gegen das Transparenzgebot.
6
Entgegen der Ansicht der Beklagten sei durch den in Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB und in dem vorausgehenden Abs. 1 verwendeten Begriff der Leistung nicht sichergestellt, dass eine Vergütung von Tätigkeiten, zu deren kostenloser Ausführung die Beklagte von Rechts wegen verpflichtet sei, nicht unter Bezugnahme auf diese Regelung verlangt werde. Eine entsprechende Einschränkung des Leistungsbegriffs ergebe sich keinesfalls zwingend aus den von der Beklagten herangezogenen gesetzlichen Bestimmungen in § 241 Abs. 1 BGB und § 354 Abs. 1 und 2 HGB. Auch aus Nr. 17 Abs. 1 Satz 2 AGB und einer Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Jahr 2002 folge nichts anderes. Das Landgericht habe ferner zu Recht auf die fehlende Differenzierung des mit der beanstandeten Klausel begründeten Entgeltanpassungsanspruchs der Beklagten hinsichtlich der Verbraucherkreditverträge nach § 492 BGB und des Überziehungskredits nach § 493 BGB hingewiesen. Nach § 506 BGB sei es zwar verboten, im Rahmen eines Verbraucherkreditvertrages Zinserhöhungen entgegen § 494 Abs. 2 Satz 5 BGB vorzunehmen. Ein Bankkunde , der nicht in besonderem Maße rechtskundig sei, werde das Verhältnis der gesetzlichen Bestimmungen zu den für seinen Vertrag maßgeblichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Regelfall aber nicht durchschauen.
7
Der Verstoß gegen das Transparenzgebot ergebe sich bereits aus der umfänglichen Auslegung der Regelung, die die Beklagte unter Heranziehung des § 241 Abs. 1 BGB, des § 354 Abs. 1 und 2 HGB und des Zusammenspiels der Regelungen in Nr. 17 Abs. 1 und 2 AGB sowie der vor Jahren erfolgter Änderung unternehme.
8
Dem Landgericht sei auch insoweit zu folgen, als es ausreichend genaue Angaben zu den Umständen einer Anpassung der Entgelte und den zugrunde liegenden preisrelevanten Kostenelementen vermisse. Die Beklagte könne dem nicht durch den Hinweis entgegentreten, sie habe den Kunden unter Bezugnahme auf § 315 BGB eine gerichtliche Nachprüfung ihrer Ermessensentscheidung eröffnet. Das sei kein Korrektiv für ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht. Ebenso sei die in Nr. 17 Abs. 2 Satz 5 AGB vorgesehene Möglichkeit zur Kündigung kein angemessenes Mittel zur Wahrung der Interessen der Kunden.

II.


9
Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung stand. Dem Kläger steht gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG ein Anspruch gegen die Beklagte zu, es zu unterlassen, im Bankgeschäft mit privaten Kunden, das heißt Verbrauchern (§ 13 BGB), die in Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB enthaltene Klausel zu verwenden, da diese nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist.
10
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht, ohne dies allerdings auszuführen , davon ausgegangen, dass die beanstandete Klausel nicht nur bestimmt, wie die Entgelte von der Beklagten festgelegt und geändert werden, sondern dass sie auch regelt, ob Entgelte von der Beklagten erhoben werden. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Landgericht weiter zutreffend angenommen, dass die Beklagte nach Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB berechtigt ist, Entgelte auch für solche Leistungen zu erheben, zu deren Erbringung sie schon kraft Gesetzes oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die sie im eigenen Interesse vornimmt.
11
a) Der Senat kann die für die Inhaltskontrolle erforderliche Auslegung der Klausel durch das Berufungsgericht uneingeschränkt überprüfen , da die Klausel deutschlandweit von öffentlich-rechtlichen Sparkassen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet wird (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 2007 - VIII ZR 143/06, NJW 2007, 3632, Tz. 14 m.w.N.). Die Auslegung hat dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so zu erfolgen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind (st. Rspr., siehe nur BGHZ 106, 259, 264 f.; 176, 244, Tz. 19; BGH, Urteil vom 15. November 2006 - VIII ZR 166/06, WM 2007, 1142, Tz. 19). Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Nach ständiger Rechtsprechung führt diese Auslegungsregel dazu, dass bei einer mehrdeutigen Klausel von den möglichen Auslegungen diejenige zugrunde zu legen ist, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt (siehe nur BGHZ 139, 190, 199; 158, 149, 155). Denn damit ist die scheinbar "kundenfeindlichste" Auslegung im Ergebnis regelmäßig die dem Kunden günstigste (BGHZ 158, 149, 155; 176, 244, Tz. 19; BGH, Urteile vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335, 2337, vom 11. Oktober 2007 - III ZR 63/07, WM 2007, 2202, Tz. 25 und 31, vom 15. November 2007 - III ZR 247/06, WM 2008, 308, Tz. 28). Außer Betracht zu bleiben haben insoweit nur solche Verständnismöglichkeiten , die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fern liegend und nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (BGHZ 150, 269, 275 f.; 152, 262, 265).
12
b) Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Auslegung der streitigen Klausel durch das Berufungsgericht als richtig.
13
aa)Bei"kundenfeindlic hster" Auslegung wird die Frage, ob die Beklagte zur Erhebung von Entgelten berechtigt ist, entgegen der Ansicht der Revision nicht allein durch die - von dem Kläger nicht angegriffene - Klausel in Nr. 17 Abs. 1 AGB geregelt, sondern auch durch die hier streitige Klausel in Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB. Der Revision ist zwar zuzugeben , dass die Abfolge und die Überschriften der ersten beiden Absätze von Nr. 17 AGB ("Entgelt-Berechtigung" bzw. "Festsetzung und Ausweis der Entgelte“) für ihre Ansicht sprechen könnten. Bei "kundenfeindlichster" Auslegung ist jedoch die Auslegung, dass Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB eine eigenständige Berechtigung der Beklagten zur Erhebung von Entgelten enthält, keineswegs nur eine zwar theoretisch denkbare , praktisch aber fern liegende und nicht ernstlich in Betracht zu ziehende Verständnismöglichkeit. Schon der einleitende Nebensatz ("Soweit nichts anderes vereinbart ist, …") kann den Eindruck hervorrufen, dass die Beklagte eben dann, wenn nichts anderes vereinbart ist, für sämtliche von ihr erbrachten Tätigkeiten Entgelte festlegen darf. Dass dieses Verständnis nicht ganz fern liegt, zeigt der Vortrag der Beklagten selbst, wonach sich aus dem einleitenden Nebensatz ergeben soll, dass Verbraucherkreditverträge nicht von Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB erfasst werden. Dies wird zudem durch den nachfolgenden Satz 3 noch erheb- lich verstärkt. Danach werden für Leistungen, die im Preisaushang und im Preis- und Leistungsverzeichnis nach Satz 2 nicht aufgeführt sind, angemessene Entgelte nach Satz 1 berechnet, wenn sie "nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind". Dieser Nebensatz enthält eindeutig eine Regelung der Frage, ob - und nicht wie - Entgelte von der Beklagten berechnet werden dürfen. Er ergibt daher nur Sinn, wenn der Satz 1, der in Nr. 17 Abs. 2 Satz 3 AGB ausdrücklich in Bezug genommen wird, die Berechtigung der Beklagten zur Erhebung von Entgelten regelt.
14
Die bb) danach in der streitigen Klausel geregelte Berechtigung der Beklagten zur Erhebung von Entgelten erstreckt sich entgegen der Ansicht der Revision auch auf solche Tätigkeiten, zu deren Erbringung die Beklagte schon kraft Gesetzes oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die sie im eigenen Interesse vornimmt. Eine Einschränkung, dass solche Tätigkeiten nicht erfasst werden, enthält die Klausel nicht. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus dem Begriff der "Leistung" in Nr. 17 Abs. 1 und 2 AGB, der weder in der Klausel selbst noch in den von der Beklagten angeführten gesetzlichen Bestimmungen des § 241 BGB und § 354 HGB definiert ist.
15
2. Weiter ist das Berufungsgericht, allerdings wiederum unausgesprochen , zu Recht davon ausgegangen, dass die streitige Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegt.
16
a) Das gilt zunächst insoweit, als die Klausel, wie dargelegt, in ihrer kundenfeindlichsten Auslegung die Beklagte berechtigt, Entgelte auch für solche Leistungen festzusetzen, zu deren Erbringung die Be- klagte schon kraft Gesetzes oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die sie im eigenen Interesse vornimmt. Gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen , durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden, kontrollfähig. Darunter fallen zwar weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung (Senat BGHZ 124, 254, 256 f.; 133, 10, 13; 137, 27, 29 f.). Hingegen stellen Regelungen, die kein Entgelt für den Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbrachte Sonderleistungen zum Gegenstand haben, sondern Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten des Klauselverwenders oder für Tätigkeiten in dessen eigenem Interesse auf den Kunden abwälzen, eine kontrollfähige Abweichung von Rechtsvorschriften dar (Senat BGHZ 137, 27, 30; 141, 380, 383; 161, 189, 190 f., jeweils m.w.N.; Bunte in Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHandbuch , 3. Aufl., § 17 Rn. 16; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht , 10. Aufl., § 307 BGB Rn. 35; Nobbe, WM 2008, 185, 186; Steppeler, WM 2001, 1176, 1178). Solche (Preis-) Nebenabreden werden durch § 307 Abs. 3 S. 1 BGB nicht der AGB-Kontrolle entzogen (BGHZ 114, 330, 333; 124, 254, 256 ff.; 133, 10, 12 ff.; 136, 261, 264).
17
b) Zum anderen unterliegt die Klausel nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber auch insoweit der Inhaltskontrolle, als sie ein Preisanpassungs- und Zinsänderungsrecht der Beklagten enthält (vgl. u.a. BGHZ 97, 212, 215; 158, 149, 153; 176, 244, Tz. 10; BGH, Urteile vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 12 und vom 17. Dezember 2008 - VIII ZR 274/06, WM 2009, 321, Tz. 13, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
18
3. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die beanstandete Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht standhält, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen, von denen sie abweicht, nicht zu vereinbaren ist und dabei den Vertragspartner der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
19
a) Dies gilt zunächst, soweit die Klausel eine Berechtigung der Beklagten zur Erhebung von Entgelten für Leistungen ermöglicht, für die die Sparkasse kein gesondertes Entgelt verlangen darf.
20
aa) Zwar ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn sich ein Kreditinstitut für Sonderleistungen, die nicht Gegenstand der vertraglichen Vereinbarungen sind, aber im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung stehen, die Erhebung eines angemessenen Entgeltes vorbehält. Vielmehr muss ihm - auch im Interesse des Kunden - unbenommen bleiben, neue Leistungen anzubieten und hierfür ein Entgelt zu nehmen (vgl. Senat BGHZ 137, 27, 34).
21
bb) Indes entspricht es der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass Entgeltklauseln, in denen ein Kreditinstitut einen Vergütungsanspruch für Tätigkeiten normiert, zu deren Erbringung es bereits gesetzlich oder aufgrund einer selbständigen vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die es vorwiegend im eigenen Interesse vornimmt, mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelun- gen nicht vereinbar sind, da nach dem gesetzlichen Leitbild für solche Tätigkeiten ein Entgelt nicht beansprucht werden kann (BGHZ 114, 330, 335; 124, 254, 257; 136, 261, 265 f.; 137, 43, 46 f.; 146, 377, 383; 150, 269, 274; 161, 189, 191 und Senatsurteil vom 19. Oktober 1999 - XI ZR 8/99, WM 1999, 2545, 2546). Um eine solche Klausel handelt es sich bei Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB der Beklagten (siehe bereits unter II 1 b bb). Durch diese Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung wird eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung der Kunden des Verwenders bereits indiziert (Senat BGHZ 141, 380, 390; 146, 377, 384; 150, 269, 276; 161, 189, 195 und Urteil vom 19. Oktober 1999 - XI ZR 8/99, WM 1999, 2545, 2546). Dies gilt auch im vorliegenden Fall, in dem die Klausel der Beklagten die Möglichkeit einräumt, von ihren Kunden eine Vergütung für Tätigkeiten abzuverlangen, die sie nach dispositivem Recht ohne besonderes Entgelt zu erbringen hätte (vgl. Senat BGHZ 146, 377, 384 f.). Gründe, die die Klausel insoweit gleichwohl als nicht unangemessen erscheinen lassen könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich.
22
Zu b) Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB in Bezug auf das der Beklagten eingeräumte Preisanpassungs- und Zinsänderungsrecht ebenfalls der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhält.
23
aa) In Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklauseln sind, insbesondere bei auf Dauer angelegten Geschäftsverbindungen wie Verträgen mit Kreditinstituten, zwar nicht grundsätzlich unwirksam. Sie sind ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Verträgen. Sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (BGHZ 176, 244, Tz. 14; BGH, Urteile vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335, 2336, vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054, Tz. 20 und vom 11. Oktober 2007 - III ZR 63/07, WM 2007, 2202, Tz. 19).
24
Aus diesem Grund ist auch ein berechtigtes Interesse der Kreditinstitute , ihre Kreditzinssätze den veränderlichen Gegebenheiten des Kapitalmarktes nicht nur bei Neuabschlüssen, sondern auch bei bestehenden Verträgen anzupassen, vom Bundesgerichtshof anerkannt worden (BGHZ 97, 212, 216; 118, 126, 131; BGH, Urteile vom 4. Dezember 1990 - XI ZR 340/89, WM 1991, 179, 181, vom 12. Oktober 1993 - XI ZR 11/93, WM 1993, 2003, 2005 und vom 6. April 2000 - IX ZR 2/98, WM 2000, 1141, 1142 f.; vgl. zum Passivgeschäft auch Senatsurteile BGHZ 158, 149, 156 und vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 11).
25
bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die Schranke des § 307 BGB allerdings nicht eingehalten, wenn die Preisanpassungsklausel es dem Verwender ermöglicht, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (BGHZ 176, 244, Tz. 18; BGH, Urteile vom 16. März 1988 - IV a ZR 247/84, NJW-RR 1988, 819, 821, vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335, 2336, vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054, Tz. 21, vom 11. Oktober 2007 - III ZR 63/07, WM 2007, 2202, Tz. 11, vom 15. November 2007 - III ZR 247/06, WM 2008, 308, Tz. 10 und vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, ZIP 2009, 323, Tz. 25). Eine den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligenden Inhalt haben sie weiterhin dann, wenn sie nur das Recht des Klauselverwenders enthalten, Erhöhungen ihrer eigenen Kosten an ihre Kunden weiterzugeben, nicht aber auch die Verpflichtung, bei gesunkenen eigenen Kosten den Preis für die Kunden zu senken (BGHZ 176, 244, Tz. 17; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Recht, 4. Aufl., § 11 Nr. 1 Rn. 51; Borges, DB 2006, 1199, 1203; von der Linden, WM 2008, 195, 197).
26
cc) Gemessen an diesen Grundsätzen benachteiligt die angegriffene Klausel die Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
27
(1) Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Klausel keine Bindung der Beklagten bei der Vornahme von Preisanpassungen an den Umfang ihres eigenen Kostenanstiegs enthält und ihr somit die Möglichkeit eröffnet, durch eine diese übersteigende Preiserhöhung nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern darüber hinaus zusätzliche Gewinne zu erzielen. Eine hinreichende Beschränkung ergibt sich insoweit insbesondere nicht durch die in der Klausel angegebenen Anknüpfungsmerkmale der Marktlage und des Aufwandes. Es ist schon unklar , auf welchen Markt bzw. welches Marktsegment oder welchen Auf- wand abgestellt werden soll. Gleiches gilt für die Frage, welcher Schwellenwert erreicht sein muss, bis eine Änderung der Marktlage oder des Aufwandes eine Preisänderung rechtfertigt. Diese Angaben sind nicht etwa deshalb entbehrlich, weil sie angesichts der Vielzahl der von der Beklagten angebotenen entgeltpflichtigen Dienstleistungen nur schwer formulierbar sein mögen. Ein Verzicht auf sie würde vielmehr zu einer einseitigen Begünstigung der Beklagten führen.
28
(2) Zum anderen folgt die unangemessene Benachteiligung auch daraus, dass der Klausel eine dem Preiserhöhungsrecht der Beklagten im Falle von Kostensteigerungen entsprechende spiegelbildliche Verpflichtung zur Weitergabe von Kostenminderungen an die Kunden nicht zu entnehmen ist. Eine solche ergibt sich nicht aus der in Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB verwendeten Formulierung "werden (…) geändert". Damit wird bei der gebotenen „kundenfeindlichsten“ Auslegung nur zum Ausdruck gebracht, dass etwas geschehen wird bzw. soll. Einer solchen Ankündigung kann eine bindende Verpflichtung der Beklagten, eine Preisänderung vorzunehmen, indes nicht entnommen werden, zumal auch dafür die Voraussetzungen nicht genannt werden. Dies gilt vorliegend umso mehr, als die Preisanpassung "nach ... billigen Ermessen" erfolgen soll. Nach der im Verbandsprozess vorzunehmenden "kundenfeindlichsten" Auslegung ist indes dann, wenn eine Preisanpassungsklausel - wie hier - nicht deutlich auch als Pflicht des Verwenders zur Preisanpassung ausgestaltet ist, zu seinen Lasten davon auszugehen, dass sie eine solche Verpflichtung auch nicht beinhaltet (vgl. BGHZ 176, 244, Tz. 20 f.).
29
Diese dd) Ausführungen zum Preisanpassungsrecht gelten auch für das in der Klausel enthaltene Zinsanpassungsrecht, das lediglich eine spezielle Ausprägung des Preisanpassungsrechts darstellt.
30
Allerdings (1) hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 6. März 1986 (BGHZ 97, 212, 217 f.; nachfolgend auch Senatsurteile BGHZ 118, 126, 131, vom 4. Dezember 1990 - XI ZR 340/89, WM 1991, 179, 181 und vom 12. Oktober 1993 - XI ZR 11/93, WM 1993, 2003, 2005) eine inhaltlich unbeschränkte Zinsanpassungsklausel im Aktivgeschäft von Banken nicht wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) für unwirksam erachtet, sondern diese im Wege ergänzender Vertragsauslegung einschränkend dahingehend ausgelegt, dass sie den darlehensgebenden Kreditinstituten Änderungen des Zinssatzes nicht schrankenlos , sondern nur nach Maßgabe der kapitalmarktbedingten Veränderungen ihrer Refinanzierungskonditionen gestatten und die Bank bei sinkendem Zinsniveau auch zur Herabsetzung des dem Kunden berechneten Zinssatzes verpflichten. Diese Rechtsprechung hat in der Literatur erhebliche Kritik erfahren (vgl. Soergel/Stein, BGB, 12. Aufl., AGBG § 9 Rn. 68; Metz in Bruchner/Metz, Variable Zinsklauseln, Rn. 305 ff.; ders., BKR 2001, 21, 22 ff.; Habersack, WM 2001, 753, 755 ff.; Schimansky, WM 2001, 1169, 1172 f. und WM 2003, 1449, 1450; Derleder, WM 2001, 2029, 2031; v. Westphalen, BB 1993, 8, 11 und Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 21 III Rn. 31; zustimmend hingegen Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 BGB Rn. 184). Der erkennende Senat hat in einer nachfolgenden Entscheidung offen gelassen , ob an ihr festgehalten werden kann, und sie auf das Passivgeschäft der Banken nicht übertragen (BGHZ 158, 149, 156; auch Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Tz. 12).

31
Nunmehr (2) gibt der Senat in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in der Literatur diese Rechtsprechung auf. Sie berücksichtigt nicht, dass nach § 305c Abs. 2 BGB Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen und damit im Verbandsprozess stets von der "kundenfeindlichsten" Auslegung auszugehen ist (vgl. BGHZ 176, 244, Tz. 23). Es ist auch kein Grund ersichtlich, Zinsanpassungsklauseln insoweit anders als sonstige Preisänderungsklauseln auszulegen.
32
(3) Danach benachteiligt die angegriffene Klausel die Kunden auch insoweit unangemessen, als sie ein Zinsanpassungsrecht der Beklagten vorsieht. Auch ein solches benachteiligt die Kunden nur dann nicht unangemessen , wenn das Äquivalenzverhältnis gesichert ist, die Klausel mithin eine Bindung der Bank an den Umfang des Kostenanstiegs vorsieht und eine Verpflichtung der Bank enthält, Kostenminderungen an die Kunden weiter zu geben, ohne dass die Bank insoweit ein Ermessen hat (siehe schon BGHZ 97, 212, 217 f.; vgl. auch Staudinger/Kessal-Wulf, BGB (2004), § 492 Rn. 30 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB nicht gerecht (siehe schon unter II 3 b cc).
33
Darüber (4) hinaus ist die streitige Klausel im Hinblick auf das Zinsänderungsrecht nach §§ 134, 506 BGB nichtig, weil ihr Verbraucherdarlehen unterfallen und sie insoweit von § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 5 BGB und § 493 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BGB abweicht. Auch dies führt zur Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB (vgl. BGHZ 108, 1, 5; 118, 194, 198; 152, 121, 133).
34
Entgegen der Ansicht der Revision erfasst das in der Klausel enthaltene Zinsänderungsrecht nicht nur Verträge mit Unternehmern. Eine solche Einschränkung ergibt sich nicht hinreichend deutlich aus dem einleitenden Nebensatz "soweit nichts anderes vereinbart ist". Auch wenn die Beklagte, wie sie vorgetragen hat und wie mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts zu ihren Gunsten in der Revisionsinstanz zu unterstellen ist, stets gemäß § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 5 BGB in ihren Verbraucherdarlehensverträgen angegeben haben sollte, unter welchen Voraussetzungen preisbestimmende Faktoren geändert werden können, so ist nicht auszuschließen, dass dies in Zukunft - versehentlich - unterbleibt. Für den durchschnittlichen, rechtsunkundigen Verbraucher ist dann aber nicht erkennbar, dass Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB wegen des Vorrangs der Sanktion des § 494 Abs. 2 Satz 5 BGB nicht eingreift. Die Beklagte könnte daher unter Berufung auf ihre AGB ein ihr nicht zustehendes Zinsänderungsrecht gegenüber rechtlich nicht beratenen Verbrauchern durchsetzen. Diese Möglichkeit, dass Pflichtangaben in Verbraucherdarlehensverträgen unterlassen werden, ist, wie dem Senat aus zahlreichen Rechtsstreitigkeiten bekannt ist, nicht nur eine theoretisch denkbare, praktisch aber fern liegende (vgl. dazu Senat BGHZ 150, 269, 275). Die Nichtanwendbarkeit der Nr. 17 AGB auf solche Verträge wird für den Verbraucher somit nur dann hinreichend deutlich, wenn diese ausdrücklich - wie etwa in Nr. 12 Abs. 6 AGB-Banken - aus ihrem Anwendungsbereich herausgenommen sind. In Bezug auf Überziehungskredite fehlt es darüber hinaus an Vortrag der Beklagten, dass und wodurch insofern den Anforderungen des § 493 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BGB Genüge getan wird.
35
(5) Da die Klausel die Kunden hinsichtlich des Zinsanpassungsrechts bereits aus den vorgenannten Gründen unangemessen benachteiligt , bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob dies auch deshalb der Fall ist, weil, wie das Berufungsgericht angenommen hat, die in der Klausel aufgeführten Anpassungsparameter "der Marktlage (z.B. Veränderung des allgemeinen Zinsniveaus) und des Aufwandes" dem Gebot nicht genügen , die Voraussetzungen für die Änderungsbefugnis bzw. -pflicht in sachlicher Hinsicht (z.B. Umstände einer Zinsanpassung, insbesondere Bindung an einen aussagekräftigen Referenzzinssatz) und in zeitlicher Hinsicht (z.B. Dauer der Zinsperiode) weitestmöglich zu präzisieren, damit der Kreditnehmer vorhersehen und kontrollieren kann, ob eine Zinsanpassung der Bank zu Recht erfolgt ist (so LG Dortmund, WM 2000, 2095, 2096 f.; LG Köln, WM 2001, 201, 202; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB (2004), § 492 Rn. 58; Schimansky, WM 2001, 1169, 1173 und WM 2003, 1449 ff.; Habersack, WM 2001, 753, 758; Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 216 ff.).
36
ee) Die unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten wird entgegen der Ansicht der Revision weder hinsichtlich des Preisänderungs - noch bezüglich des Zinsanpassungsrechts durch das Recht zur Kündigung oder die Möglichkeit ausgeräumt, die Preis- bzw. Zinsanpassung einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen.
37
(1) Stellt eine Preis- und Zinsänderungsklausel nicht die Wahrung des Äquivalenzverhältnisses sicher und ist deswegen nicht ausgeschlossen , dass der Verwender unangemessene Erhöhungen zur Steigerung seines Gewinns vornehmen kann, wirkt sich eine Kündigung seitens des Kunden nur zu Gunsten des Verwenders und nicht zum Vorteil des Kun- den aus. Der Verwender erhält damit die Möglichkeit, durch unangemessene Preis- oder Zinsänderungen und anschließende Kündigung des Kunden von einem zuvor für ihn ungünstigen, für den Kunden jedoch vorteilhaften Vertrag frei zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2007 - III ZR 247/06, WM 2008, 308, Tz. 34; Borges, DB 2006, 1199, 1204; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Recht, 4. Aufl., § 11 Nr. 1 Rn. 49). Ferner stellt ein Kündigungsrecht bei Aktivgeschäften eines Kreditinstituts für einen Darlehensnehmer auch schon mit Blick auf die hohen Transaktionskosten einer häufig erforderlichen Umschuldung keine adäquate Kompensation für das Leistungsbestimmungsrecht des Kreditinstituts dar (Habersack, WM 2001, 753, 757; Schimansky, WM 2001, 1169, 1172 und WM 2003, 1449; Metz in Hadding/Nobbe, RWS Forum 17 - Bankrecht 2000 S. 183, 197).
38
(2) Lässt eine Preis- und Zinsänderungsklausel weiter den Kunden darüber im Unklaren, ob und in welchem Umfang das Kreditinstitut zu einer Anpassung berechtigt oder zu seinen Gunsten verpflichtet ist, läuft auch die dem Kunden eingeräumte Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle weitgehend leer. Kommt es erst gar nicht zu einer gebotenen Herabsetzung des Preises oder Zinssatzes, versagt sie für gewöhnlich, weil der Kunde mangels hinreichenden Anhalts schon eine solche Verpflichtung des Verwenders zumeist nicht zu erkennen vermag. Erfolgt eine Preis- oder Zinsanpassung zu seinen Ungunsten, fehlt ihm die Beurteilungsgrundlage , ob sich die Anpassung im Rahmen des der Bank zustehenden Gestaltungsspielraumes bewegt oder ein Verfahren nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB mit Erfolg betrieben werden kann (Habersack, WM 2001, 753, 757).

III.


39
Die Revision ist daher zurückzuweisen.
40
Soweit im Tenor des landgerichtlichen Urteils Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB ohne das Wort "gemäß" vor "§ 315" wiedergegeben ist, liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor, die nach § 319 Abs. 1 ZPO jederzeit von Amts wegen - auch vom Rechtsmittelgericht (BGHZ 106, 370, 373; 133, 184, 191; BGH, Urteil vom 3. April 1996 - VIII ZR 54/95, WM 1996, 1817, 1818; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 319 Rn. 22) - berichtigt werden kann. Nach den Gründen des landgerichtlichen Urteils und der ange- fochtenen Entscheidung sollte der Beklagten die Verwendung dieser Klausel ohne jede Einschränkung untersagt werden. Der Tenor ist deshalb wie geschehen zu berichtigen.
Wiechers Müller Ellenberger
RiBGH Maihold ist dienstunfähig erkrankt und daher gehindert zu unterschreiben. Wiechers Matthias
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 07.03.2007 - 13 O 370/06 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 30.01.2008 - 7 U 71/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 80/12 Verkündet am:
23. Januar 2013
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 133 C, § 157 D, § 307 Ba, Cb, § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Abs. 3;
Richtlinie 93/13/EWG Art. 6 Abs. 1

a) Auch in Ansehung des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG kann eine infolge der Unwirksamkeit
einer formularmäßig vereinbarten Preisänderungsklausel nach § 307 BGB entstehende planwidrige
Regelungslücke in einem Energieversorgungsvertrag mit einem (Norm-)Sonderkunden im Wege
der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) dahingehend geschlossen werden, dass
der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis
übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb
eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresrechnung, in der die Preiserhöhung
erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat (Fortführung der Senatsurteile vom
14. März 2012 - VIII ZR 113/11, NJW 2012, 1865, Rn. 19 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ 192,
372 bestimmt, und VIII ZR 93/11, ZNER 2012, 265, Rn. 24 ff.).

b) Ist die in einem Energieversorgungsvertrag mit einem (Norm-)Sonderkunden formularmäßig vereinbarte
Preisänderungsklausel nach § 307 BGB unwirksam, verbleiben das Kalkulations- und damit
auch das Kostensteigerungsrisiko grundsätzlich bei dem Energieversorgungsunternehmen
(Fortführung des Senatsurteils vom 25. Oktober 1989 - VIII ZR 105/88, BGHZ 109, 139, 145). Dessen
Verpflichtung zur Herausgabe der von dem Kunden rechtsgrundlos gezahlten Erhöhungsbeträge
ist daher nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.

c) Die Verjährung von Rückzahlungsansprüchen wegen Gaspreisüberzahlungen beginnt nicht bereits
mit den jeweils geleisteten Abschlagszahlungen, sondern erst mit der anschließenden Erteilung der
Jahresabrechnung zu laufen (Bestätigung des Senatsurteils vom 23. Mai 2012 - VIII ZR 210/11,
NJW 2012, 2647 Rn. 9 ff.).
BGH, Urteil vom 23. Januar 2013 - VIII ZR 80/12 - LG Bonn
AG Euskirchen
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin
Dr. Hessel, den Richter Dr. Achilles, die Richterin Dr. Fetzer und den Richter
Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 8. Februar 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Die Anschlussrevision der Klägerin wird zurückgewiesen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, einem regionalen Gasversorgungsunternehmen , welches die Klägerin leitungsgebunden mit Erdgas ver- sorgte, die Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 3.269,06 € nebst Zinsen aufgrund unwirksamer Gaspreisanpassungen im Zeitraum vom 27. April 2004 bis zum 31. März 2009.
2
Die Parteien schlossen mit Wirkung zum 1. November 1994 einen vorformulierten Erdgasliefervertrag (Sondervertrag). Als Arbeitspreis waren 3,95 Pf/kWh (2,02 ct/kWh) netto vereinbart, als Grundpreis 28 DM/Monat (14,32 €/Monat) netto. § 3 Satz 3 des Vertrages sieht vor, dass sich der Gaspreis ändert, wenn eine Änderung der allgemeinen Tarife der Beklagten eintritt. Nach § 6 kann der Vertrag erstmals nach Ablauf von 24 Monaten und danach jeweils mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Abrechnungsjahres schriftlich gekündigt werden. Die Beklagte änderte aufgrund der Preisanpassungsklausel wiederholt ihre Preise. Die Klägerin widersprach den Preisänderungen nicht, wandte sich auch nicht gegen die Jahresabrechnungen und leistete die Abschlagszahlungen. Den Gasverbrauch für die Zeit vom 27. April 2004 bis zum 9. April 2006 rechnete die Beklagte mit den Jahresabrechnungen vom 11. Mai 2005 und 10. Mai 2006 ab.
3
Die Klägerin verlangt unter Berufung auf das die Beklagte betreffende Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 (VIII ZR 274/06) die gezahlten Erhöhungsbeträge zurück. Sie hat, ausgehend von einem Arbeitspreis in Höhe von 3,95 Pf/kWh (2,02 ct/kWh), den Rückforderungsanspruch mit 3.269,06 € bezif- fert. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 2.285 €nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Die Klägerin verfolgt mit der Anschlussrevision ihr Klagebegehren weiter, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil erkannt hat.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision der Beklagten hat Erfolg; die Anschlussrevision der Klägerin ist unbegründet.

I.

5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Der Klägerin stehe ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu.Sie habe in der Zeit von April 2004 bis März 2009 Zahlungen in Höhe von 3.296,06 € ohne Rechtsgrund geleistet, in Höhe eines Teilbetrages von 984,06 € könne sich die Beklagte aber mit Erfolg auf Verjährung berufen.
7
Das vertragliche Preisänderungsrecht in § 3 des Sondervertrages sei - was die Beklagte nicht in Abrede stelle - gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Ein einseitiges Preisanpassungsrecht der Beklagten ergebe sich auch weder aus einem Rückgriff auf die AVBGasV beziehungsweise die GasGVV noch aus einer konkludenten vertraglichen Änderung des Gaspreises.
8
Ein Recht der Beklagten zur einseitigen Preisänderung lasse sich nicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB herleiten. Sie scheitere jedenfalls daran, dass sich nicht feststellen lasse, welche Preisanpassungsregelung die Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie bei Vertragsabschluss bedacht hätten, dass die von der Beklagten vorgegebene Preisanpassungsklausel unwirksam sei. Könne aber eine Regelungslücke auf verschiedene Weise geschlossen werden und bestünden keine Anhaltspunkte dafür , für welche Alternative sich die Parteien entschieden hätten, sei eine ergänzende Vertragsauslegung ausgeschlossen.
9
Der Vertrag sei auch nicht nach § 306 Abs. 3 BGB insgesamt unwirksam, da dies erfordere, dass das Festhalten am Vertrag für eine der Parteien eine unzumutbare Härte darstelle. Hiervon könne nicht ausgegangen werden, da die Beklagte das Recht habe, sich nach Ablauf der Mindestvertragsdauer mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende der Abrechnungsperiode vom Vertrag zu lösen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass das wirtschaftliche Gesamtrisiko der Beklagten auf die verjährungsfreie Zeit begrenzt sei und ihr für die bereits verjährten Zeiträume die Vorteile der unwirksamen Preisanpassungsklausel verblieben.
10
Die Klägerin dürfe der Berechnung ihres Rückforderungsanspruchs den ursprünglich vereinbarten Arbeitspreis von 3,95 Pf/kWh (2,02 ct/kWh) netto zugrunde legen.
11
Die Beklagte könne sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen. Bei der Leistungskondiktion sei zu berücksichtigen , wer nach den Vorschriften des fehlgeschlagenen Geschäfts das Entreicherungsrisiko zu tragen habe. Das Beschaffungsrisiko liege bei der Beklagten als Lieferantin und könne nicht über § 818 Abs. 3 BGB auf den Kunden verlagert werden.
12
Der Rückzahlungsanspruch sei auch nicht verwirkt. Es fehle jedenfalls an einem schutzwürdigen Vertrauen der Beklagten. Soweit der Gläubiger seinen Anspruch wegen einer vom Schuldner pflichtwidrig verwendeten unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingung nicht geltend mache, sei das Vertrauen des Verwenders in dieses Verhalten nicht schutzwürdig.
13
Die Beklagte könne sich aber mit Erfolg auf die Verjährung des Rückzahlungsanspruchs für die im Zeitraum vom 27. April 2004 bis zum 9. April 2006 vereinnahmten Überzahlungen in Höhe von 984,06 € berufen. Die dreijährige Verjährung des Rückforderungsanspruchs beginne jeweils am Ende des Jahres , in dem der Kunde die Jahresabrechnung erhalte, da dem Kunden erst ab diesem Zeitpunkt die Erhebung einer Rückzahlungsklage zumutbar sei.
14
Die Klägerin habe auch bereits im Jahre 2004 die für den Beginn der Verjährung erforderliche Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen gehabt. Spätestens ab diesem Zeitpunkt habe es eine allgemeine Diskussion über die Rechtfertigung von Gaspreiserhöhungen gegeben. Es komme nicht darauf an, dass die Klägerin auch die richtigen rechtlichen Schlüsse gezogen hätte, denn Rechtsunkenntnis könne nur in Ausnahmefällen von unsicherer und zweifelhafter Rechtslage den Verjährungsbeginn hinausschieben. Davon sei hier nicht auszugehen; der Klägerin sei zumindest die Erhebung einer Feststellungsklage zumutbar gewesen.
15
Da der Gasverbrauch für den Zeitraum vom 27. April 2004 bis zum 9. April 2006 durch die Jahresabrechnungen vom 11. Mai 2005 und 10. Mai 2006 abgerechnet worden sei, verjährungshemmende Maßnahmen indes erst im Dezember 2010 von der Klägerin ergriffen worden seien, seien Rückzahlungsansprüche für diesen Zeitraum verjährt.
16
Der Erhebung der Verjährungseinrede durch die Beklagte könne nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegengehalten werden. Soweit die Klägerin sich insoweit darauf berufe, die Beklagte habe einzelnen Kunden mitgeteilt, sie werde auf durch die Rechtsprechung veranlasste Änderungen der Gaspreise unaufgefordert neue Abrechnungen erstellen, habe die Klägerin bereits nicht dargetan, dass auch sie ein derartiges Schreiben erhalten habe. Die Klägerin habe daher nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Beklagte sich ihr gegenüber nicht auf die Verjährung berufen werde.

II.

17
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Frei von Rechtsfehlern ist zwar die Annahme des Berufungsgerichts , dass der Klägerin dem Grunde nach ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung der aufgrund der unwirksamen Gaspreiserhöhungen gezahlten Erhöhungsbeträge zusteht. Ebenfalls zutreffend ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass Rückzahlungsansprüche der Klägerin für den Belieferungszeitraum vom 27. April 2004 bis zum 9. April 2006 verjährt sind. Das Berufungsgericht hat aber der Berechnung des Rückforderungsanspruchs rechtsfehlerhaft den im Jahre 1994 vereinbarten Ausgangspreis von 2,02 ct/kWh netto zugrunde gelegt.
18
1. Das Berufungsgericht hat im Anschluss an das Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 (VIII ZR 274/06, BGHZ 179, 186 ff.) das Vorliegen eines (Norm-)Sonderkundenvertrages ebenso wie die Unwirksamkeit der in diesem Vertrag enthaltenen Preisänderungsklausel der Beklagten rechtsfehlerfrei bejaht. Gegen diese rechtliche Bewertung wendet sich die Revision nicht.
19
2. Mit Recht - und von der Revision ebenfalls unbeanstandet - hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass weder in der Zahlung der abgerechneten Beträge noch in dem Weiterbezug von Gas nach Ankündigung der Preiserhöhungen eine konkludente Zustimmung der Klägerin zur Erhöhung der Gaspreise liegt (Senatsurteile vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, NJW 2012, 1865 Rn. 16 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ 192, 372 bestimmt, und VIII ZR 93/11, ZNER 2012, 265 Rn. 22 f.; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, NJW 2011, 1342 Rn. 40 ff.; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, BGHZ 186, 180 Rn. 57 ff.).
20
3. Da die Preisänderungsklausel unwirksam ist, hat die Klägerin dem Grunde nach einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung der aufgrund der unwirksamen Gaspreiserhöhungen für die Jahre 2004 bis 2009 gezahlten Erhöhungsbeträge.
21
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Berechnung des Anspruchs jedoch nicht der bei Vertragsschluss geschuldete Anfangspreis zugrunde zu legen. Dies ergibt sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) des Versorgungsvertrages, deren Voraussetzungen das Berufungsgericht zu Unrecht verneint hat und die dazu führt, dass sich die Klägerin nicht darauf berufen kann, dass es für alle in dem klagegegenständlichen Zeitraum über den ursprünglich vereinbarten Anfangspreis hinausgehenden Zahlungen an einem Rechtsgrund fehlt.
22
a) Beide Parteien waren sich bei Vertragsschluss einig, dass der vereinbarte (Anfangs-)Preis nur zu Beginn des Versorgungsverhältnisses gelten und bei späteren Änderungen der allgemeinen Tarife ein anderer Preis geschuldet sein sollte. Denn die Aufnahme eines Preisänderungsrechts zeigt den Willen der Parteien, dass der Kunde - und nicht das Versorgungsunternehmen - Preisänderungen tragen soll, die etwa auf Veränderungen der Brennstoffbezugskosten oder der Lohn- und Materialkosten zurückgehen. Aus der Aufnahme einer Preisänderungsklausel bei Vertragsschluss wird deutlich, dass sich die Parteien von dem lebensnahen Bewusstsein haben leiten lassen, dass Preisänderungen im Laufe des auf unbestimmte Zeit angelegten Bezugsverhältnisses zu erwarten sind und deshalb der Gefahr einer zukünftigen Äquivalenzstörung in angemessener Weise zu begegnen ist. Da die von den Parteien vereinbarte Preisänderungsklausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB) nicht standhält, ist daher im Regelungsplan der Parteien eine Lücke eingetreten (vgl. Senatsurteile vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 20, und VIII ZR 93/11, aaO Rn. 25; jeweils mwN).
23
Wie der Senat - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden hat, ist diese Lücke im Vertrag im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 157, 133 BGB in der Weise zu schließen, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung , in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat (vgl. Senatsurteile vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 21 ff., und VIII ZR 93/11, aaO Rn. 26 ff.; jeweils mwN).
24
b) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung steht dieser Lösung nicht das - nach den vorgenannten Senatsentscheidungen ergangene - Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (fortan: Gerichtshof) vom 14. Juni 2012 (Rs. C-618/10, NJW 2012, 2257 - Banco Español de Crédito) entgegen.
25
aa) Nach dem Urteil des Gerichtshofs ist mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG eine mitgliedstaatliche Regelung unvereinbar, die es dem nationalen Gericht gestattet, "wenn es eine missbräuchliche Klausel in einem Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher entdeckt, den Inhalt dieser Klausel abzuändern, anstatt schlicht deren Anwendung gegenüber dem Verbraucher auszuschließen" (EuGH, aaO Rn. 71). Eine Regelung dieses Inhalts kennt das innerstaatliche deutsche Recht nicht. Nach § 306 Abs. 1, 2 BGB bleibt der Vertrag vielmehr unter Wegfall der unwirksamen Klausel im Übrigen bestehen, wobei an die Stelle der unwirksamen Klausel die dispositiven gesetzlichen Bestimmungen treten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dem nationalen Gericht die inhaltliche Abänderung einer wegen unangemessener Benachteiligung unwirksamen Klausel, die dazu führen würde, der Klausel mit einem (noch) zulässigen Inhalt Geltung zu verschaffen (geltungserhaltende Reduktion), verboten (vgl. grundlegend BGH, Urteile vom 17. Mai 1982 - VII ZR 316/81, BGHZ 84, 109, 116 f.; vom 19. September 1983 - VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48 unter II 1 a bb).
26
Von der geltungserhaltenden Reduktion unangemessener Klauseln zu unterscheiden ist die ergänzende Vertragsauslegung. Bei ihr geht es nicht darum , einer unangemessenen Klausel im Wege der Auslegung einen anderen, noch angemessenen Inhalt beizulegen, sondern um die Ausfüllung einer Lücke im Vertragsgefüge, die durch den Wegfall der unwirksamen Klausel entsteht.
27
bb) Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 318), bestehen gegen eine ergänzende Vertragsauslegung - wie sie auch in verschiedenen anderen europäischen Rechtsordnungen vorgesehen ist (vgl. Grabitz/Hilf/Pfeiffer, Das Recht der Europäischen Union, Stand Mai 1999, Band IV, A 5 Rn. 8) - keine europarechtlichen Bedenken, da in der Richtlinie 93/13/EWG nicht geregelt ist, unter welchen Voraussetzungen der Vertrag ohne die unwirksame Klausel fortgilt. Dem ist auch die Literatur einhellig gefolgt (Grabitz/Hilf/Pfeiffer, aaO; MünchKommBGB /Basedow, 6. Aufl., § 306 Rn. 4; H. Schmidt in Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 306 BGB Rn. 4c; Wolf in Wolf/Lindacher/ Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., Art. 6 RL Rn. 7; vgl. auch Erman/Roloff, BGB, 13. Aufl., § 306 Rn. 3). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der genannten Entscheidung des Gerichtshofs. Denn nach dieser Entscheidung ist mit Art. 6 der Richtlinie 93/13/EWG nur eine geltungserhaltende Reduktion unvereinbar, nicht aber eine ergänzende Vertragsauslegung.
28
Nach dem Urteil des Gerichtshofs ist es den Gerichten verboten, "durch Abänderung des Inhalts" der missbräuchlichen Klausel den Vertrag anzupassen (EuGH, aaO Rn. 65, 69, 71, 73). Eine solche Abänderung des Inhalts der Klausel entspricht im deutschen Recht einer geltungserhaltenden Reduktion.
29
Zudem betont der Gerichtshof, dass ohne eine strikte Nichtanwendung der unwirksamen Klausel Gewerbetreibende versucht sein könnten, diese Klauseln gleichwohl zu verwenden, wenn sie wüssten, dass der Vertrag durch die Gerichte im erforderlichen Umfang angepasst werde. Hierdurch würde das Ziel der Richtlinie, der Verwendung missbräuchlicher Klauseln "ein Ende zu setzen", unterlaufen (EuGH, aaO Rn. 68 f.). Dies ist auch die Begründung für das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion im deutschen Recht (vgl. BGH, Urteile vom 17. Mai 1982 - VII ZR 316/81, aaO; vom 19. September 1983 - VIII ZR 84/82, aaO).
30
cc) Um eine solche verbotene Klauselanpassung im Wege der geltungserhaltenden Reduktion handelt es sich bei der vom Senat vorgenommenen ergänzenden Vertragsauslegung indes nicht. Während die Klauselanpassung die Preisänderungsregelung als solche - nur mit einem veränderten, gesetzeskonformen Inhalt - aufrechterhalten will, setzt die ergänzende Vertragsauslegung die unabänderliche Unwirksamkeit der den Verbraucher benachteiligenden Klausel voraus. Denn nur dann besteht eine dem Regelungsplan der Parteien widersprechende Lücke im Vertrag, die durch Auslegung geschlossen werden kann.
31
Der Senat hat ausdrücklich klargestellt, dass es nicht in Betracht kommt, an die Stelle der unwirksamen - den Vertragspartner des Klauselverwenders im Sinne des § 307 BGB unangemessen benachteiligenden - Preisänderungsklausel im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine (wirksame) Bestimmung gleichen Inhalts zu setzen. Dem entsprechend hat der Senat in den bereits entschiedenen Fällen die wegen der Unwirksamkeit der Preisanpassungsklauseln lückenhaften Verträge nicht um eine Preisanpassungsregelung mit abweichendem - angemessenem - Inhalt ergänzt, sondern unter Zugrundelegung des vollständigen Wegfalls der unangemessenen Preisanpassungsklauseln darauf abgestellt , was die Parteien bei einer angemessenen, objektiv-generalisierenden Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise vereinbart hätten, wenn sie bedacht hätten, dass die Wirksamkeit der verwendeten Preisänderungsklausel jedenfalls unsicher war (Senatsurteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 24). Das hierbei gewonnene Ergebnis der ergänzenden Vertragsauslegung lässt den Inhalt der unangemessenen Preisanpassungsklauseln und deren Unwirksamkeit unberührt; es ergänzt den Vertragsinhalt vielmehr auf der Rechtsfolgenseite um eine Regelung, die gerade deswegen erforderlich ist, weil das unangemessen ausgestaltete einseitige Preisanpassungsrecht vollständig entfällt und dadurch im Vertragsgefüge eine Lücke entsteht, die zu einem nach dem ursprünglichen Regelungsplan der Parteien untragbaren Ergebnis führen würde.
32
dd) Im Übrigen entspricht die vom Senat vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung der Zielsetzung der Richtlinie 93/13/EWG.
33
Ziel der Richtlinie ist es, die nach dem Vertrag bestehende formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien durch eine materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und so deren Gleichheit wiederherzustellen (EuGH, aaO Rn. 63). Dabei sind die Interessen beider Vertragsparteien in den Blick zu nehmen, um die angestrebte Ausgewogenheit der Interessen der Vertragsparteien zu gewährleisten (EuGH, Urteil vom 15. März 2012 - Rs. C453 /10, NJW 2012, 1781 Rn. 31 f. - Pereničová und Perenič, unter Bezugnah- me auf den Schlussantrag der Generalanwältin vom 29. November 2011 - C453 /10, BeckRS 2011, 81770 Rn. 63).
34
(1) Die von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG geforderte materielle Ausgewogenheit kann in der vorliegenden Konstellation nicht alleine durch den Wegfall der unwirksamen Bestimmung über das Preisanpassungsrecht auch für die Vergangenheit wiederhergestellt werden. Denn da die Parteien durch die Vereinbarung der Preisanpassungsklausel nicht von einer dispositiven Norm abgewichen sind, steht dispositives Gesetzesrecht im Sinne konkreter materiellrechtlicher Regelungen eines Preisanpassungsrechts nicht zur Verfügung. Zu den gemäß § 306 Abs. 2 BGB im Falle einer unwirksamen Vertragsbestimmung den Inhalt des Vertrages regelnden "gesetzlichen Vorschriften" des insoweit maßgeblichen nationalen deutschen Rechts (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juni 2012 - Rs. C-618/10, aaO Rn. 72; ferner EuGH, Urteil vom 1. April 2004 - Rs. C-237/02, NJW 2004, 1647 Rn. 21 - Freiburger Kommunalbauten) gehört aber auch die ergänzende Vertragsauslegung (Senatsurteil vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 75), die ebenfalls eine materielle Ausgewogenheit der Vertragsbeziehungen sicherstellt und es zugleich ermöglicht, grundsätzlich die Wirksamkeit des Vertrages in seiner Gesamtheit aufrechtzuerhalten (vgl. EuGH, Urteil vom 15. März 2012 - Rs. C-453/10, aaO Rn. 31). Denn die ergänzende Vertragsauslegung orientiert sich nicht nur an dem hypothetischen Parteiwillen, sondern auch an dem objektiven Maßstab von Treu und Glauben und führt zu einer die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigenden Regelung (Senatsurteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO mwN).
35
(2) Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Senats (vgl. BVerfG, NJW 2011, 1339, 1341) findet die ergänzende Vertragsauslegung nicht in jedem Fall einer unwirksamen Preisanpassungsklausel in einem Energielieferungsvertrag, sondern nur in eng umgrenzten Ausnahme- fällen Anwendung. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebt (Senatsurteil vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, BGHZ 186, 180 Rn. 50 mwN). Diese Voraussetzungen hat der Senat in einer Reihe von Fällen verneint, die dadurch gekennzeichnet waren, dass das Energieversorgungsunternehmen es selbst in der Hand hatte, einer nach Widerspruch oder Vorbehaltszahlung des Kunden zukünftig drohenden unbefriedigenden Erlössituation durch Ausübung des ihm vertraglich eingeräumten Kündigungsrechts in zumutbarer Weise zu begegnen (vgl. Senatsurteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 22 mwN).
36
Der Senat nimmt jedoch - unter Berücksichtigung der weiteren Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerfG, aaO) - eine nicht mehr hinnehmbare Störung des Vertragsgefüges dann an, wenn es sich um ein langjähriges Gasversorgungsverhältnis handelt, der betroffene Kunde den Preiserhöhungen und den darauf basierenden Jahresabrechnungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen hat und nunmehr auch für länger zurück liegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend macht (vgl. Senatsurteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 23). In diesen Fällen vermag die vertraglich vorgesehene, nur in die Zukunft wirkende Kündigungsmöglichkeit des Energieversorgungsunternehmens die Regelungslücke im Vertrag nicht in einer für beide Seiten zumutbaren Weise zu schließen (Senatsurteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO), so dass nur die ergänzende Vertragsauslegung zu einer die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigenden Regelung führt und das von der Richtlinie verfolgte Ziel gewährleistet, Ausgewogenheit zwischen den Parteien herzustellen und dabei grundsätzlich die Wirksamkeit des Vertrages in seiner Gesamtheit aufrechtzuerhalten (vgl. EuGH, Urteile vom 15. März 2012 - Rs. C-453/10, aaO Rn. 28, 31; vom 14. Juni 2012 - Rs. C618 /10, aaO Rn. 40; jeweils mwN).
37
(3) Ohne die vom Senat vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung in derartig gelagerten Fällen könnte sich der Energieversorger - auch in Ansehung seiner verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit (vgl. BVerfG, aaO) - darauf berufen, dass die Versorgung des Kunden zu dem Ausgangspreis für ihn eine unzumutbare Härte darstelle, wenn der bei dem lange Zeit zurückliegenden Vertragsabschluss vereinbarte Preis seit vielen Jahren nicht mehr kostendeckend ist. Dies hätte gemäß § 306 Abs. 3 BGB die Unwirksamkeit des Liefervertrages zur Folge, so dass das Vertragsverhältnis für die Vergangenheit nach Bereicherungsrecht rückabzuwickeln wäre. Hierbei wäre die materielle Ausgewogenheit der beiderseitigen Leistungen indes nicht in dem gleichen Maße sichergestellt wie bei der ergänzenden Vertragsauslegung.
38
c) In Anwendung vorstehender Grundsätze ergibt sich für den Streitfall Folgendes:
39
Die Klägerin kann der Berechnung des Rückforderungsanspruchs nicht den im Jahre 1994 vereinbarten Ausgangspreis zugrunde legen und somit auch nicht die Unwirksamkeit sämtlicher Preiserhöhungen seit Vertragsbeginn geltend machen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatdie Klägerin den Preiserhöhungen nicht widersprochen, sondern die Preiserhöhungen und Jahresabrechnungen über die gesamte Vertragslaufzeit ohne Beanstandungen hingenommen und damit der Beklagten keine Veranlassung gegeben, eine Beendigung des (Norm-)Sonderkundenverhältnisses - etwa mit dem Ziel eines Übergangs in das Grundversorgungsverhältnis (vgl. dazu Senatsurteile vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 37, und VIII ZR 93/11, aaO Rn. 32; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, aaO Rn. 39; Senatsbeschluss vom 7. Juni 2011 - VIII ZR 333/10, juris Rn. 8; jeweils mwN) - in Erwägung zu ziehen. Soweit die Revisionserwiderung meint, dass die Beklagte bereits durch Widersprüche anderer Kunden Veranlassung gehabt hätte, auch den mit der Klägerin geschlossenen (Norm-)Sonderkundenvertrag zu kündigen, verkennt sie, dass Anlass zur Kündigung des individuellen Gasliefervertrages für den Versorger erst besteht, wenn er wegen eines Widerspruchs im konkreten Vertragsverhältnis Anlass hat, das bis dahin praktizierte Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung in Frage gestellt zu sehen (Senatsurteile vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 23, und VIII ZR 93/11, aaO Rn. 28).
40
Die Beklagte kann somit nicht an dem bei Vertragsschluss vereinbarten Preis festgehalten werden. Welchen Arbeitspreis die Klägerin ihrem Rückforderungsanspruch zugrunde legen kann, hängt davon ab, wann der Klägerin die einzelnen Jahresabrechnungen der Beklagten zugegangen sind und gegen welche der darin enthaltenen Preiserhöhungen der jedenfalls in der Klageerhebung liegende Widerspruch der Klägerin noch rechtzeitig vor Ablauf von drei Jahren erfolgt ist. Hierzu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.
41
4. Soweit der Klägerin in Anwendung der vorstehenden Grundsätze ein Rückzahlungsanspruch zusteht, ist die Verpflichtung der Beklagten zur Herausgabe der an sie gezahlten Erhöhungsbeträge nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Denn sie trägt insoweit das Kalkulations- und das Kostensteigerungsrisiko.
42
Die Frage, inwieweit der Bereicherungsschuldner Aufwendungen, die ihm im Zusammenhang mit der Erlangung des Bereicherungsgegenstandes entstanden sind, bereicherungsmindernd geltend machen kann, kann nicht für alle Fälle einheitlich beantwortet werden (Senatsurteil vom 25. Oktober 1989 - VIII ZR 105/88, BGHZ 109, 139, 145). Es ist im Einzelfall zu prüfen, inwieweit das (jeweilige) Entreicherungsrisiko gemäß § 818 Abs. 3 BGB der einen oder der anderen Partei zuzuweisen ist (Senatsurteil vom 25. Oktober 1989 - VIII ZR 105/88, aaO; BGH, Urteile vom 6. Dezember 1991 - V ZR 311/89, BGHZ 116, 251, 256; vom 26. September 1995 - XI ZR 159/94, NJW 1995, 3315 unter II 2 c; vom 11. Juni 2010 - V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 Rn. 21). Im vorliegenden Fall trägt dieses Risiko der Energieversorger.
43
Das dispositive Recht geht grundsätzlich von einer bindenden Preisvereinbarung der Parteien aus (Senatsurteile vom 16. Januar 1985 - VIII ZR 153/83, BGHZ 93, 252, 255; vom 12. Juli 1989 - VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115 unter II 2 a; BGH, Urteil vom 19. November 2002 - X ZR 243/01, NJW 2003, 507 unter II 2 a). Es ist die Sache des Verkäufers, wie er den Preis kalkuliert. Dabei trägt er das Risiko einer auskömmlichen Kalkulation und auch das Risiko, dass sich die verwendete Berechnungsgrundlage als unzutreffend erweist (vgl. BGH, Urteile vom 10. September 2009 - VII ZR 82/08, BGHZ 182, 218 Rn.25 mwN; vom 7. Juli 1998 - X ZR 17/97, BGHZ 139, 177, 180 f.; vom 20. Mai 1985 - VII ZR 198/84, BGHZ 94, 335, 339; MünchKommBGB/Finkenauer, BGB, 6. Aufl., § 313 Rn. 207 f.; Erman/Hohloch, BGB, 13. Aufl., § 313 BGB Rn. 68).
44
Zwar können die Parteien durch Preisanpassungsklauseln eine andere Risikoverteilung vereinbaren. Ist die verwendete Preisanpassungsklausel jedoch - wie hier - unwirksam, verbleiben das Kalkulations- und damit auch das Kostensteigerungsrisiko beim Verkäufer, soweit die im Vertrag entstandene Lücke nicht im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 1989 - VIII ZR 105/88, aaO).
45
5. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass Rückzahlungsansprüche der Klägerin aus dem Zeitraum vom 27. April 2004 bis zum 9. April 2006 verjährt sind.
46
a) Wie der Senat - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden hat (Senatsurteil vom 23. Mai 2012 - VIII ZR 210/11, NJW 2012, 2647 Rn. 9 ff.), entsteht ein Rückforderungsanspruch nicht bereits mit der Leistung der einzelnen Abschlagszahlungen, sondern erst mit Erteilung der Abrechnung, so dass erst ab diesem Zeitpunkt die dreijährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB für die Rückzahlungsansprüche aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Gasverbrauch der Klägerin für den Zeitraum vom 27. April 2004 bis zum 9. April 2006 bereits am 11. Mai 2005 und 10. Mai 2006 abgerechnet worden, so dass der im Dezember 2010 erlassene Mahnbescheid die Verjährung insoweit nicht mehr hemmen konnte.
47
b) Ebenfalls zutreffend ist die Annahme des Berufungsgerichts, dass bei der Klägerin zu diesem Zeitpunkt auch die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorlagen.
48
Die insoweit geforderte Kenntnis des Gläubigers ist vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Klage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht hat, dass sie ihm zumutbar ist. Nur ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis den Verjährungsbeginn hinausschieben , wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage besteht, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag; denn in diesem Fall fehlt es an der Zumutbarkeit einer Klageerhebung (Senatsurteile vom 26. September 2012 - VIII ZR 249/11, juris Rn. 44 ff.; VIII ZR 279/11, juris Rn. 47 f. mwN). Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend entgegen der Ansicht der Anschlussrevision nicht gegeben.
49
Denn wie der Senat - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden hat, war angesichts der zu Preiserhöhungsklauseln in verschiedenen Bereichen ergangenen Rechtsprechung für einen rechtskundigen Dritten auch im Jahre 2005 erkennbar, dass die von der Beklagten verwendete Klausel einer AGBKontrolle nicht standhalten würde (Senatsurteile vom 26. September 2012 - VIII ZR 249/11, aaO Rn. 47 ff.; VIII ZR 279/11, aaO Rn. 49 ff. mwN).

III.

50
Nach alledem ist die Anschlussrevision der Klägerin zurückzuweisen. Auf die Revision der Beklagten ist das Berufungsurteil aufzuheben, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen zum Zugang der Jahresabrechnungen getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ball Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Euskirchen, Entscheidung vom 16.09.2011 - 17 C 338/11 -
LG Bonn, Entscheidung vom 08.02.2012 - 5 S 270/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 348/09 Verkündet am:
7. Dezember 2010
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, den Richter
Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger und
Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Kammergerichts vom 22. September 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin über die Verurteilung durch das Landgericht hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Insoweit wird die Berufung der Kläger gegen das Urteil der Zivilkammer 37 des Landgerichts Berlin in Berlin-Charlottenburg vom 27. März 2008 zurückgewiesen. Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Kammergerichts vom 22. September 2009 wird zurückgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger verlangen die Rückabwicklung eines Darlehensvertrages, den sie mit der Beklagten zur Finanzierung einer Fondsbeteiligung geschlossen haben , hilfsweise die Rückzahlung des Disagios und überzahlter Zinsen.
2
Die Kläger wurden im Dezember 1997 von einem Vermittler geworben, sich zur Steuerersparnis ohne Eigenkapital über einen Treuhänder an dem geschlossenen Immobilienfonds "V. GbR" (nachfolgend : Fonds) zu beteiligen. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts gewährte ihnen die Beklagte mit Vertrag vom 27./30. Dezember 1997 ein endfälliges Darlehen in Höhe von 70.000 DM mit einem Disagio von 10% des Nennbetrages des Kredits. Der bis zum 30. Dezember 2002 festgeschriebene Nominalzinssatz betrug 5,75% p.a. bei vierteljährlich zu zahlenden Zinsraten in Höhe von 1.006,25 DM. Als Gesamtbelastung der Kläger wurde der "Gesamtbetrag aller Zahlungen bis zum Ende der Zinsbindung" mit der dann noch bestehenden Restschuld des bis zum 30. Dezember 2017 durch die Auszahlung einer Lebensversicherung zu tilgenden Darlehens (20.245 DM + 70.000 DM) angegeben. Als Sicherheiten traten die Kläger der Beklagten ihre Ansprüche aus mehreren Lebensversicherungen ab und verpfändeten ihr den Fondsanteil. Zusammen mit dem Darlehensvertrag unterzeichneten die Kläger eine Widerrufsbelehrung , in der es heißt: "Sie können Ihre auf den Abschluss dieses Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung binnen einer Frist von einer Woche … schriftlich widerrufen. Der Lauf der Frist beginnt frühestens, wenn Ihnen diese Belehrung über Ihr Widerrufsrecht ausgehändigt worden ist, jedoch nicht bevor Sie die von uns gegengezeichnete Ausfertigung des Darlehensvertrages erhalten haben. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Im Falle des Widerrufes kommen auch die finanzierten verbundenen Geschäfte nicht wirksam zustande. … Die vorstehende Belehrung habe/n ich/wir zur Kenntnis genommen."
3
Auf derselben Seite der Widerrufsbelehrung befindet sich der weitere, gesondert zu unterschreibende Abschnitt, der ebenfalls von den Klägern unterschrieben wurde: "Jeder Darlehensnehmer erhält eine Mehrfertigung der Widerrufsbelehrung. Der Empfang wird hiermit bestätigt."
4
Ferner unterzeichneten die Kläger eine dem Darlehensvertrag beigefügte "Besondere Erklärung", in der die Beklagte die Kläger über das sog. Aufspaltungsrisiko informierte und sie unter anderem darauf hinwies, dass sie den Kredit "unabhängig von dem finanzierten Geschäft und seinen Risiken" zurückzuzahlen hätten. In der Folge wurde die Valuta zum Erwerb des Fondsanteils verwendet.
5
Am 25./27. November 2002 vereinbarten die Parteien eine Prolongation des Darlehensvertrages mit einem veränderten Nominalzinssatz von 7,8% p.a., einer Festschreibung bis zum 30. Dezember 2007 und jeweils zum 30. eines Monats fällig werdenden Zinsraten in Höhe von 232,64 €. Erneut wurde der "Gesamtbetrag aller Zahlungen bis zum Ende der Zinsbindung" mit der dann noch bestehenden Restschuld angegeben.
6
In dem vorliegenden Rechtsstreit haben die Kläger zunächst die Nichtigkeit des Darlehensvertrages wegen fehlender Gesamtbetragsangabe geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2007 haben sie ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenerklärungen nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen. In erster Linie haben die Kläger die Rückzahlung ihrer auf das Darlehen geleisteten Zinszahlungen in Höhe von 15.760,56 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen die Abtretung des Fondsanteils, die Feststellung , dass die Beklagte aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche mehr hat, und die Rückübertragung der abgetretenen Lebensversicherungen verlangt. Mit verschiedenen Hilfsanträgen haben sie unter anderem die Erstattung des Disa- gios in Höhe von 3.579,04 € nebst Zinsen sowie die Rückzahlung der bei Zugrundelegung eines Zinssatzes von 4% p.a. seit Januar 2002 überzahlten Zinsen auf die Hauptforderung begehrt.
7
Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Hauptanträge wegen der von den Klägern ab Januar 2003 über einen Zinssatz von 4% p.a. hinaus erbrachten Zinszahlungen zur Zahlung von 5.100,30 € nebst Zinsen verurteilt und festgestellt, dass die Kläger aus dem Darlehensvertrag bis zur vollständigen Tilgung des Darlehens lediglich eine Verzinsung in Höhe von 4% p.a. schulden. Einen Rückforderungsanspruch der Kläger bezüglich der vor diesem Zeitpunkt liegenden Zinszahlungen sowie des Disagios hat es als verjährt angesehen. Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht die Beklagte unter Einbeziehung der seit Januar 2002 über einen Zinssatz von 4% p.a. hinausgehenden Zinszahlungen sowie des Disagios zur Zahlung von 9.305,70 € nebst Zinsen verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Kläger verfolgen mit ihrer Revision ihre bislang erfolglosen Hauptanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

8
Das Berufungsgericht hat seine in WM 2010, 253 ff. veröffentlichte Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
9
Ein Anspruch der Kläger auf Rückgewähr der empfangenen Leistungen nach dem Haustürwiderrufsgesetz bestehe ungeachtet der Frage, ob ein Haustürgeschäft vorgelegen habe, nicht, weil die Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HWiG (in der Fassung vom 16. Januar 1986, im Folgenden: aF) verstrichen sei. Diese Frist sei mit der im Darlehensvertrag erteilten Widerrufsbelehrung wirksam in Lauf gesetzt worden, denn die Belehrung enthalte keinen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG aF unzulässigen Zusatz. Dies gelte auch für die von den Klägern unterzeichnete "Besondere Erklärung", denn diese sei sogar geeignet, möglicherweise verursachte Zweifel zu zerstreuen.
10
Den Klägern stehe jedoch ein Anspruch auf Rückzahlung im Jahre 2002 überzahlter Zinsen sowie des bei Vertragsabschluss geleisteten Disagios zu, der nicht verjährt sei. Die hierfür seit dem 1. Januar 2002 geltende Regelverjährungsfrist des § 195 BGB beginne erst zu laufen, wenn die subjektiven Voraussetzungen im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorlägen. Zwar komme es insoweit für einen Bereicherungsanspruch nur darauf an, dass der Gläubiger dessen objektive Voraussetzungen kenne, während es unerheblich sei, ob er hieraus zutreffende rechtliche Schlussfolgerungen ziehe. Der Verjährungsbeginn sei hier jedoch ausnahmsweise hinausgeschoben, weil hinsichtlich der Fragen, welche Anforderungen an die Gesamtbetragsangabe in einem Verbraucherdarlehensvertrag zu stellen seien und insbesondere welche Folgen eine zwar vorhandene, jedoch fehlerhafte Gesamtbetragsangabe nach sich ziehe , bis zum Jahr 2006 eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage bestanden habe. Erst durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 25. April und vom 8. Mai 2006 (XI ZR 193/04 bzw. 119/05) seien diese Fragen geklärt und die verschiedenen Fallgruppen voneinander abgegrenzt worden. Den Klägern sei deshalb vorher eine Klageerhebung nicht zumutbar gewesen.

II.

11
A. Die Revision der Beklagten
12
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils , soweit die Beklagte darin zur Rückzahlung des Disagios in Höhe von 3.579,04 € sowie der im Jahre 2002 über den Zinssatz von 4% p.a. hinaus gezahlten Zinsen in Höhe von 626,36 €, zusammen 4.205,40 € nebst Zinsen verurteilt worden ist.
13
1. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht die Verjährung des von den Klägern unter Hinweis auf die fehlende Gesamtbetragsangabe im Darlehensvertrag vom 27./30. Dezember 1997 geltend gemachten Bereicherungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB verneint. Für einen solchen Anspruch gilt ab dem 1. Januar 2002 gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB i.V.m. § 195 BGB eine Verjährungsfrist von drei Jahren (Senat, Urteil vom 15. Juni 2010 - XI ZR 309/09, WM 2010, 1399 Rn. 10). Diese Frist war, wie die Revision zu Recht geltend macht, bei Einreichung der Klage am 28. Dezember 2006 bereits abgelaufen.
14
a) Die Regelverjährung des § 195 BGB beginnt mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in welchem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den seinen Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB), wobei auch in Überleitungsfällen nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB für den Fristbeginn am 1. Januar 2002 die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen müssen (Senat, Urteil vom 15. Juni 2010 - XI ZR 309/09, WM 2010, 1399 Rn. 11 mwN).
15
Ein Gläubiger, der einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB verfolgt, hat Kenntnis von diesen Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt. Der Verjährungsbeginn setzt grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen voraus. Nicht erforderlich ist in der Regel , dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Nur ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. In diesem Fall fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (st. Rspr., vgl. Senat, Urteile vom 20. Januar 2009 - XI ZR 504/07, BGHZ 179, 260 Rn. 47 und vom 15. Juni 2010 - XI ZR 309/09, WM 2010, 1399 Rn. 12, jeweils mwN).
16
b) Nach diesen Grundsätzen waren hier nicht nur die objektiven, sondern auch die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum maßgeblichen Zeitpunkt am 1. Januar 2002 erfüllt.
17
aa) Da die Verpflichtung des Kreditnehmers zur Zahlung des Disagios im Zeitpunkt der Kreditauszahlung, hier im Jahr 1998, sofort fällig und sogleich im Verrechnungswege erfüllt wird, ist auch der Bereicherungsanspruch der Kläger insoweit zu diesem Zeitpunkt in vollem Umfang entstanden (vgl. Senat, Urteil vom 15. Juni 2010 - XI ZR 309/09, WM 2010, 1399 Rn. 15 mwN).
18
Die Verpflichtung der Kläger zur Zahlung der Darlehenszinsen in Raten von 1.006,25 DM ist hingegen jeweils vierteljährlich zum 30. des letzten Quartalsmonats fällig geworden. Die Kläger haben diese Verpflichtung im Jahre 2002 durch ihre Zinszahlungen vom 30. März, vom 30. Juni, vom 30. Septem- ber und vom 30. Dezember 2002 erfüllt. Hinsichtlich ihrer im Jahr 2002 über einen Zinssatz von 4% p.a. hinaus erbrachten Zinszahlungen ist ihr Bereicherungsanspruch deshalb jeweils zu diesen Zeitpunkten entstanden.
19
bb) Mithin hatten die Kläger bereits im Zeitpunkt der Entstehung ihrer bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsansprüche hinsichtlich des Disagios und der überzahlten Zinsen Kenntnis aller anspruchsbegründenden Tatsachen. Diese Kenntnis ergab sich ohne weiteres daraus, dass in dem Darlehensvertrag vom 27./30. Dezember 1997 nicht sämtliche Teilleistungen ausgewiesen waren, die die Kläger während der gesamten Vertragslaufzeit würden erbringen müssen , denn der Vertrag weist den Gesamtbetrag aller Zahlungen ausdrücklich nur "bis zum Ende der Zinsbindung" aus. Eine entsprechende Betragsangabe bis zum Ende der gesamten Vertragslaufzeit enthält er hingegen nicht (vgl. Senat , Beschluss vom 29. September 2009 - XI ZR 204/08, juris und Urteil vom 15. Juni 2010 - XI ZR 309/09, WM 2010, 1399 Rn. 16).
20
cc) Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts bestand bis zum Jahre 2006 auch keine unsichere oder zweifelhafte Rechtslage hinsichtlich der hier in Rede stehenden Bereicherungsansprüche, so dass den Klägern die Erhebung auch nur einer Feststellungsklage nicht zumutbar gewesen wäre.
21
Eine unsichere oder zweifelhafte Rechtslage besteht nicht schon dann, wenn noch keine höchstrichterliche Entscheidung einer bestimmten Frage vorliegt. Vielmehr ist dafür ein ernsthafter Meinungsstreit in Rechtsprechung und Schrifttum erforderlich. Davon kann im vorliegenden Zusammenhang keine Rede sein. Soweit ersichtlich hat es in Rechtsprechung und Schrifttum zu keinem Zeitpunkt ernsthafte Zweifel daran gegeben, dass auch bei einer so genannten unechten Abschnittsfinanzierung, wie sie hier vorliegt, gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b) VerbrKrG (in der Fassung vom 27. April 1993, im Folgenden: aF) eine Pflicht zur Gesamtangabe aller vom Verbraucher zu erbringenden Leistungen auf der Grundlage der bei Abschluss des Vertrages maßgeblichen Kreditbedingungen besteht und dass es nicht ausreicht, wenn die für die Zeit der Zinsfestschreibung zu erbringenden Zahlungen und die bei Ablauf der Zinsbindung bestehende Restschuld aufgeführt werden (vgl. Senat, Urteile vom 8. Juni 2004 - XI ZR 150/03, WM 2004, 1542, 1544; vom 14. September 2004 - XI ZR 11/04, WM 2004, 2306, 2307; vom 19. Oktober 2004 - XI ZR 337/03, WM 2004, 2436, 2437 und vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, BGHZ 167, 252 Rn. 25 ff., jeweils mwN). Deswegen hat der Senat eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage insoweit in keinem Fall auch nur in Erwägung gezogen (Senat , Urteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 30; vom 20. Januar 2009 - XI ZR 504/07, BGHZ 179, 260 Rn. 45 ff.; Beschluss vom 29. September 2009 - XI ZR 204/08, juris und Urteil vom 15. Juni 2010 - XI ZR 309/09, WM 2010, 1399 Rn. 17).
22
B. Die Revision der Kläger
23
1. Die Revision der Kläger ist insgesamt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Revision in der Urteilsformel ohne Einschränkung zugelassen. Eine Einschränkung kann sich zwar auch aus den Entscheidungsgründen ergeben, sofern sie daraus mit hinreichender Klarheit hervorgeht (vgl. Senat, Urteil vom 17. November 2009 - XI ZR 36/09, BGHZ 183, 169 Rn. 5 mwN). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision in den Entscheidungsgründen mit einer divergierenden obergerichtlichen Rechtsprechung zu der seiner Ansicht nach nicht eindeutig geklärten Frage begründet, wann ein Bereicherungsanspruch des Kreditnehmers wegen einer fehlenden Gesamtbetragsangabe im Sinne von § 4 Abs. 1 VerbrKrG aF verjährt. Darin liegt keine hinreichend klare Beschränkung der Zulassung.
24
2. Die Revision der Kläger hat jedoch keinen Erfolg. Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht eine ordnungsgemäße Belehrung der Kläger nach den Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes auch unter Berücksichtigung der "Besonderen Erklärung" zum Darlehensvertrag der Parteien vom 27./30. Dezember 1998 bejaht und deshalb die Frist für einen den Klägern nach diesem Gesetz möglicherweise zustehenden Widerruf als abgelaufen angesehen hat, halten rechtlicher Überprüfung stand.
25
Wie der erkennende Senat nach dem Erlass des Berufungsurteils bereits mit Urteil vom 13. Januar 2009 für eine gleichlautende Widerrufsbelehrung und eine gleichlautende "Besondere Erklärung" entschieden und näher begründet hat, entspricht die den Klägern erteilte Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG aF und ergibt sich auch aus der gleichzeitigen Verwendung des Zusatzformulars "Besondere Erklärung", in dem die Beklagte auf das Aufspaltungsrisiko, also auf ein möglicherweise unterschiedliches Schicksal von Darlehensvertrag und Fondsbeitritt hinweist, nichts anderes (Senat, Urteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 27).
26
Im Übrigen weist die Revisionserwiderung zu Recht darauf hin, dass sich die Widerrufsbelehrung einerseits und die "Besondere Erklärung" andererseits für den Kreditnehmer erkennbar auf völlig unterschiedliche Sachverhalte beziehen. Während die Widerrufsbelehrung den Kreditnehmer über die Situation aufklärt , die "im Falle des Widerrufs" besteht, gilt die "Besondere Erklärung" ersichtlich für den Fall, dass der Kreditvertrag Bestand hat.

III.

27
Nach alledem ist die Revision der Kläger zurückzuweisen. Dagegen ist das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit die Beklagte zur Rückzahlung des Disagios und der im Jahre 2002 von den Klägern über den Zinssatz von 4% p.a. hinaus gezahlter Zinsen verurteilt worden ist. Insoweit ist die Berufung der Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. Der Senat kann das selbst entscheiden, da es keiner weiteren Feststellungen zu den subjektiven Voraussetzungen einer Verjährung des Rückzahlungsanspruches der Kläger aus Bereicherung bedarf (§ 563 Abs. 3 ZPO). Wiechers Joeres Mayen Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 27.03.2008 - 37 O 473/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 22.09.2009 - 13 U 17/08 -

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 388/10 Verkündet am:
7. Juni 2011
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditinstituts, in denen
für die Führung des Darlehenskontos durch das Kreditinstitut ein Entgelt (Kontoführungsgebühr
) gefordert wird, unterliegen nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der
richterlichen Inhaltskontrolle und sind im Bankverkehr mit Verbrauchern gemäß
BGH, Urteil vom 7. Juni 2011 - XI ZR 388/10 - OLG Stuttgart
LG Ravensburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, die Richterin
Mayen sowie die Richter Dr. Ellenberger, Maihold und Pamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 21. Oktober 2010 aufgehoben. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 25. März 2010 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von 250.000 €, ersatzweise von Ordnungshaft der Vorstandsmitglieder der Beklagten bis zu sechs Monaten, die nachfolgende und/oder eine dieser inhaltsgleiche Klausel in Bezug auf Darlehensverträge zu verwenden und sich darauf zu berufen, soweit der Vertrag nicht mit einer Person abgeschlossen wird, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer): "Alle durch den Abschluss und Vollzug dieses Vertrages einschließlich der Sicherheitenbestellung entstehenden Kosten trägt der Darlehensnehmer. Dies sind: ………..
Kontoführungsgebühr …. € monatlich". Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 200 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Oktober 2008 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, ein eingetragener Verein, nimmt nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahr und ist als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen. Die beklagte Bank verwendet im Geschäftsverkehr mit Privatkunden bei dem Abschluss von Darlehensverträgen Formulare, die unter anderem folgende Klausel enthalten: "1 Darlehenskosten, Rückzahlung ……… 1.4 Sonstige Kosten: Alle durch den Abschluss und Vollzug dieses Vertrages einschließlich der Sicherheitenbestellung entstehenden Kosten trägt der Darlehensnehmer. Dies sind: …"
2
In das sich hieran anschließende Leerfeld wird von der Beklagten beim Vertragsschluss unter anderem folgender von ihr vorformulierter Text eingefügt: "Kontoführungsgebühr 2,00 EUR monatlich".
3
Der Kläger ist der Ansicht, diese Klausel sei unwirksam, weil sie einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhalte. Mit der Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG begehrt er die Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, diese oder eine inhaltsgleiche Klausel gegenüber Privatkunden zu verwenden oder sich darauf zu berufen. Soweit er die Beklagte ursprünglich auch auf Unterlassung der Verwendung einer weiteren Klausel betreffend eine Wertermittlungsgebühr in Anspruch genommen hat, haben die Parteien den Rechtsstreit in erster Instanz übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
4
Darüber hinaus verlangt der Kläger von der Beklagten die Erstattung von Abmahnkosten hinsichtlich beider vorgenannter Klauseln in Höhe von insgesamt 200 € nebst Zinsen.
5
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 100 € nebst Zinsen verurteilt. Es hat in diesem Umfang einen Anspruch des Klägers auf Erstattung der Abmahnkosten betreffend die Wertermittlungsgebühr für gegeben erachtet und zudem, soweit die Parteien hinsichtlich dieser Klausel den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Unterlassungs - und Zahlungsbegehren bezüglich der Kontoführungsgebühr weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet.

I.

7
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZIP 2011, 462 ff. veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Hinsichtlich der Kontoführungsgebühr stünden dem Kläger keine Ansprüche auf Unterlassung sowie Erstattung von Aufwendungen zu, da die angegriffene Klausel nicht gegen die §§ 307 bis 309 BGB verstoße.
9
Die Klausel - die den Kunden der Beklagten ohne Verhandlungsmöglichkeit vorformuliert vorgegeben werde und daher eine Allgemeine Geschäftsbedingung darstelle - unterliege schon nicht der Inhaltskontrolle, weil es sich um eine nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kontrollfreie Preisabrede und nicht um eine kontrollfähige Preisnebenabrede handele. Anders als dies bei einem über ein Kontokorrentkonto geführten Bankvertrag der Fall sein möge, kenne der Darlehensvertrag , unbeschadet eines hier nicht zu prüfenden etwaigen Auskunftsrechts des Darlehensnehmers, keine originäre vertragstypische Pflicht des Darlehensgebers , dem Darlehensnehmer über die Verbuchung seiner Zahlungen oder den Stand der restlichen Darlehensschuld Rechenschaft zu legen. Eine entsprechende Nebenpflicht zur Kontoführung nebst Information ergebe sich für den Darlehensvertrag weder aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken noch aus § 259 BGB. Die Kontoführungsgebühr sei wirtschaftlich betrachtet ein pauschalierter Verwaltungskostenersatz und Teil des Gefüges aus Leistungen und Gegenleistungen des konkreten Vertragsverhältnisses. Die damit einhergehenden Kosten seien Teil der allgemeinen Betriebskosten, die die Beklagte über eine Kombination aus Darlehenszins und Kontoführungsgebühr zu decken suche, und Gegenstand der Preiskalkulation.
10
Darüber hinaus halte die angegriffene Gebührenklausel einer Inhaltskontrolle aber auch stand. Sie sei weder intransparent noch mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) noch benachteilige sie die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Insbesondere weiche die Klausel nicht in einer zu ihrer Unwirksamkeit führenden Weise von einer gesetzlichen Bestimmung ab.
11
Allerdings gehöre zu den wesentlichen Grundgedanken auch des dispositiven Rechts, dass jeder Rechtsunterworfene seine gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen habe, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können. Ein Anspruch auf Ersatz anfallender Kosten bestehe nur dann, wenn dies im Gesetz vorgesehen sei bzw. nur für Leistungen, die auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbracht würden. Jede Entgeltregelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sich nicht auf eine solche Leistung stütze, sondern Aufwendungen für die Erfüllung eigener Pflichten oder für Zwecke des Verwenders abzuwälzen versuche, stelle nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Abweichung von Rechtsvorschriften dar.
12
Diese rein vertragsbezogene Betrachtung reiche jedoch nicht aus, in der durch Allgemeine Geschäftsbedingungen festgeschriebenen Kontoführungsgebühr eine unangemessene Benachteiligung des Schuldners zu sehen. Denn der Gesetz- und Verordnungsgeber habe in Rechtsvorschriften erkennen lassen, dass er Kontoführungsgebühren nicht generell missbillige, sondern im Gegenteil als im Wirtschaftsleben üblich anerkannt habe. So würden in § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV alter wie neuer Fassung im Zusammenhang mit Darlehenskonten Kontoführungsgebühren als typische Vertragsbestandteile zumindest vorausgesetzt. Die Norm regele, inwiefern die Kontoführungebühr in den effektiven Jahreszins von Darlehen einzurechnen sei. Das belege, dass der Verordnungsgeber sie als gängigen Vertragsbestandteil erkannt und nicht per se verworfen habe.
13
Die rechtliche Bedeutung von § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV werde hinsichtlich der AGB-Kontrolle dadurch verstärkt, dass der Verordnungsgeber, der die Preisangabenverordnung mehrfach und grundlegend überarbeitet habe, zumindest bei der letzten Neufassung Kenntnis von der Praxis gehabt habe, Kontoführungsgebühren für Darlehenskonten durch Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken in die Verträge einzuführen. Die Bestimmung könne auch nicht deshalb für unbedeutend gehalten werden, weil der Verordnungsgeber der Preisangabenverordnung nicht der Gesetzgeber des Vertragsrechts (BGB) sei und die Verordnung im Rang unter dem Gesetz stehe. Denn der Gesetzgeber habe bei mehreren Änderungen im Darlehensrecht des BGB ersichtlich keine Beanstandungen dahin erhoben, dass der Verordnungsgeber den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum überschritten habe. Im Gegenteil habe der Gesetzgeber bei der am 11. Juni 2010 in Kraft getretenen Neufassung der §§ 491, 501 BGB auf § 6 PAngV Bezug genommen. Indem der Verordnungsgeber zu erkennen gegeben habe, dass er Kontoführungsgebühren billige, könnten diese auf der vertraglichen Ebene nicht als Abweichung von einem gesetzlichen Leitbild angesehen werden, weil dies mit dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung unvereinbar wäre.
14
Soweit § 30 der Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute bestimme, dass zu den Erträgen unter anderem auch Kontoführungsgebühren gehören, werde zwar die im vorliegenden Zusammenhang maßgebliche Frage nicht eindeutig geregelt. Die Bestimmung deute indes darauf hin, dass der Verordnungsgeber Kontoführungsgebühren im üblicherweise durch Allgemeine Geschäftsbedingungen geregelten Bankgeschäft nicht grundsätzlich für unzulässig halte. In dieselbe Richtung weise § 23 der Verordnung über die Rechnungslegung der Zahlungsinstitute. http://www.juris.de/jportal/portal/t/11j1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR317300001BJNE000101377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11j1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR317300001BJNE000302377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1s2h/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE260101377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1s2h/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE260101377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1s2h/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE260101377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1s2h/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE260101377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1s2h/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE260303140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 8 -
15
Vor diesem Hintergrund könnten auch steuerrechtliche Vorgaben nicht dazu führen, die Kontoführung als Nebenpflicht des Darlehensgebers anzusehen. Eine unangemessene Benachteiligung des Kunden jenseits der Gesetzesabweichung sei im Gesamtgefüge des Darlehensvertrages gleichfalls zu verneinen. Der Kläger trage selbst vor, dass die von der Beklagten geforderte Gebühr der Höhe nach nicht unüblich sei.

II.

16
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG auf Unterlassung der weiteren Verwendung der angegriffenen - nicht die Erhebung von Kontoführungsgebühren im Allgemeinen , sondern lediglich im Rahmen von Darlehensverträgen betreffenden - Klausel.
17
1. Rechtsfehlerfrei und auch von der Revisionserwiderung unbeanstandet hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass es sich bei der beanstandeten Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB handelt.
18
2. Zu Recht wendet die Revision sich jedoch gegen die weitere Annahme des Berufungsgerichts, bei der angegriffenen Klausel handele es sich um eine Preisabrede, die gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogen sei.
19
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB die Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 BGB auf solche Bestimmungen beschränkt, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder http://www.juris.de/jportal/portal/t/1s2h/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306599700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1s2h/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306599700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1s2h/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302379900&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1s2h/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302379900&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1s2h/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE307672005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1s2h/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE307672005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1s2h/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE303432009&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1s2h/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE303432009&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1s2h/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE260101377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 9 - diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Darunter fallen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weder Klauseln, die unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung regeln, noch solche, die das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung bestimmen (Senatsurteile vom 14. Oktober 1997 - XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27, 30, vom 18. Mai 1999 - XI ZR 219/98, BGHZ 141, 380, 382 f., vom 30. November 2004 - XI ZR 200/03, BGHZ 161, 189, 190 f., vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 16 mwN). Hat die Regelung hingegen kein Entgelt für eine Leistung, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht wird, zum Gegenstand, sondern wälzt der Verwender durch die Bestimmung allgemeine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten , die im eigenen Interesse liegen, auf den Kunden ab, so ist sie kontrollfähig. Solche (Preis-)Nebenabreden werden durch § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht der AGB-Kontrolle entzogen (vgl. zuletzt Senatsurteile vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 16 und vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, WM 2011, 263 Rn. 26, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - III ZR 78/10, MDR 2011, 354 f., jeweils mwN).
20
b) Nach diesen Maßstäben hält die Annahme des Berufungsgerichts, bei der Kontoführungsgebühr handele es sich um eine kontrollfreie Preisabrede, revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Die Erwägung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte ihre allgemeinen Betriebskosten neben dem Darlehenszins auch durch die Kontoführungsgebühr zu decken suche und diese deshalb Gegenstand der Preiskalkulation sei, vermag die Kontrollfreiheit der Entgeltklausel nicht zu begründen. Denn dieser Umstand allein macht die Kontoführungsgebühr entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts noch nicht zu einem Teil des Gefüges aus Leistungen und Gegenleistungen. Neben dem eigentlichen Leistungsentgelt fließen nämlich regelmäßig auch die Preisnebenabreden in die Preiskalkulation der Bank ein (Bülow, WuB IV. C § 307 BGB 3.10). Der allein auf den kalkulatorischen Zusammenhang abstellende Begründungsansatz des Berufungsgerichts kann deshalb nicht dafür maßgebend sein, ob einer geforderten Gebühr eine echte Gegenleistung des Verwenders gegenüber steht (vgl. schon BGH, Urteil vom 18. April 2002 - III ZR 199/01, WM 2002, 1355, 1357 f.) und liefe im Ergebnis auf die Kontrollfreiheit praktisch jeder neben die Hauptleistung tretenden Entgeltregelung hinaus. Entscheidend ist demgegenüber allein , ob es sich bei der in Rede stehenden Gebühr um die Festlegung des Preises für eine vom Klauselverwender angebotene vertragliche Leistung handelt (Senatsurteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, WM 2011, 263 Rn. 28, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.
21
c) Ob die angegriffene Entgeltregelung eine solche Preisabrede enthält, ist durch Auslegung zu ermitteln, die der Senat wegen der offenkundigen Verwendung der Klausel über den Bezirk eines Berufungsgerichts hinaus selbst vornehmen kann. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn, ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden, einheitlich so auszulegen , wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird (Senatsurteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, WM 2011, 263 Rn. 29 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Die streitige Kontoführungsgebühr stellt sich danach nicht als ein Entgelt, das zur Abgeltung einer konkreten vertraglichen Gegenleistung der Beklagten erhoben wird, und daher nicht als Preisabrede dar.
22
aa) Die Kontoführungsgebühr kann nicht in dem Sinne verstanden werden , dass damit die Kreditgewährung bzw. Kapitalüberlassung durch die Beklagte abgegolten werden soll.
23
(a) Gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ist der Darlehensnehmer aufgrund des Darlehensvertrages verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehenskapital zurückzuerstatten. Beim Darlehensvertrag stellt daher - wovon auch die Parteien des Rechtsstreits übereinstimmend ausgehen - der Zins die im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Kapitalbelassungspflicht des Darlehensgebers stehende (vgl. Staudinger/ Freitag (2011), § 488 Rn. 180) Hauptleistung des Darlehensnehmers (BGH, Urteil vom 24. November 1988 - III ZR 188/87, BGHZ 106, 42, 46; siehe auch Senatsurteile vom 17. Januar 1989 - XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259, 263 sowie vom 7. Mai 1991 - XI ZR 244/90, BGHZ 114, 330, 333) und mithin den Preis für die Kapitalnutzung (vgl. Bülow, WuB IV. C § 307 BGB 3.10) dar.
24
(b) Allerdings ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt , dass der Klauselverwender in der konkreten Ausgestaltung seines Preisgefüges grundsätzlich frei ist, er also insbesondere das Entgelt für seine Leistung auch in mehrere Preisbestandteile aufteilen kann (BGH, Urteile vom 19. November 1991 - X ZR 63/90, BGHZ 116, 117, 120 f., vom 14. Oktober 1997 - XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27, 30 und vom 8. Oktober 1998 - III ZR 278/97, WM 1998, 2432, 2434). Der erkennende Senat ist ferner in seiner Entscheidung vom 7. Dezember 2010 (XI ZR 3/10, WM 2011, 263 Rn. 31, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) davon ausgegangen, der Umstand, dass für die Inanspruchnahme eines (Bauspar-)Darlehens Zinsen zu zahlen seien, mache es nicht unmöglich, in der vom Bausparer zu entrichtenden Abschlussgebühr ein zusätzliches (Teil-)Entgelt für die Kreditgewährung zu sehen.
25
(c) Es kann dahinstehen, ob die letztgenannte Erwägung auch für den Regelfall eines Darlehens i.S.v. § 488 BGB gilt. Denn die Beklagte erhebt die angegriffene Gebühr nach dem - eindeutigen - Wortlaut der streitgegenständlichen Entgeltklausel ausdrücklich für die Führung des Darlehenskontos. Dies http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=200&ge=BGH&az=IIIZR14484 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=WM&b=1985&s=1098 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=WM&b=1985&s=1099 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=200&ge=BGH&az=XIZR18300 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=WM&b=2001&s=621 - 12 - schließt nach den dargestellten Auslegungsgrundsätzen bereits im Ansatz ein Verständnis aus, mit der Kontoführungsgebühr solle im Wege eines Teilentgelts bzw. "Preis"-Bestandteils die Kapitalbelassung durch die Bank vergütet werden.
26
bb) Die angegriffene Klausel gestattet auch aus anderen Gründen nicht die Annahme, die Kontoführungsgebühr diene der Abgeltung einer vertraglichen Gegenleistung des Kreditinstituts.
27
(a) Hierbei mag mit dem Berufungsgericht davon auszugehen sein, dass die Beklagte im Verhältnis zu ihren Kunden grundsätzlich weder nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken (AGB-Banken) noch von Gesetzes wegen zur Führung eines Darlehenskontos verpflichtet ist. Der Darlehensvertrag als solcher begründet, wie der Senat bereits in anderem Zusammenhang entschieden hat (Senatsurteil vom 9. Mai 2006 - XI ZR 114/05, BKR 2006, 405 Rn. 34), anders als der Girovertrag mit Kontokorrentabrede (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 4. Juli 1985 - III ZR 144/84, WM 1985, 1098, 1099 f.; Senatsurteil vom 30. Januar 2001 - XI ZR 183/00, WM 2001, 621), kein Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis, bei dem nach Maßgabe von § 259 BGB zu erfüllende gesetzliche Auskunfts- und Rechenschaftspflichten gemäß §§ 666, 675 BGB bestehen.
28
(b) Selbst wenn aber die Beklagte durch die Führung eines Darlehenskontos im Grundsatz keine eigene vertragliche oder gesetzliche Haupt- bzw. Nebenpflicht gegenüber ihren Kunden aus dem jeweiligen Darlehensvertrag erfüllt, folgt hieraus nicht die Kontrollfreiheit der streitigen Kontoführungsgebühr. Denn die Führung eines Darlehenskontos stellt jedenfalls keine selbständige (Dienst-)Leistung der Bank für den Kunden dar, sondern erfolgt ausschließlich im eigenen Interesse der Bank (OLG Karlsruhe, WM 2011, 782, 783 m. zust. Anm. Vortmann, EWiR 2011, 175 f.; ebenso Kronenburg in Derleder/ Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 17 Rn. 27 aE; Steppeler, Bankentgelte, 2003 Rn. 412 ff.; Krüger/ Bütter, WM 2005, 673, 675; Nobbe, WM 2008, 185, 193; Strube, AGB-Kontrolle von Leistungsentgelten und Preisanpassungsklauseln, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, Band 31, 115, 117; wohl auch Schmidt in Wolf/ Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., D 25):
29
Die Kontoeinrichtung ist beim Kreditgeschäft lediglich ein unselbständiger Neben- oder Begleitaspekt der Kreditgewährung als dem Hauptgeschäft. Bereits für die Krediteinräumung, das heißt für dessen Bereitstellung, die in der Regel über ein Girokonto des Darlehensnehmers oder durch Überweisung an einen von ihm bezeichneten Dritten als Zahlungsempfänger erfolgt, wird das Kreditkonto nicht benötigt. Soweit es um die Rückführung des Kredits geht, dient das Darlehenskonto in erster Linie buchhalterischen bzw. Abrechnungszwecken des Kreditinstituts, das durch seine interne Kontoführung im Eigeninteresse den jeweiligen Stand der Darlehensverbindlichkeit des Kunden dokumentiert. Für das Kreditinstitut ist das Darlehenskonto schon deshalb erforderlich, weil es die Zahlungen des Kunden im eigenen Interesse - insbesondere zur Ermittlung etwaiger Rückstände in Bezug auf Zinsen und Tilgung - überwachen muss; darüber hinaus kann es diese Zahlungen ohnehin nicht "irgendwie" entgegennehmen , sondern muss sie in geordneter und für die Bank selbst nachvollziehbarer Weise verbuchen. Der Kunde hingegen, der seine regelmäßigen Zahlungspflichten üblicherweise dem Kreditvertrag oder einem eigenständigen Zins- und Tilgungsplan zu entnehmen vermag, ist auf die Führung eines gesonderten Kontos durch das Institut im Regelfall nicht angewiesen, um einen Überblick über die fortlaufende Abtragung des Darlehens zu erhalten. Der für die Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen darlegungs- und beweisbelastete Darlehensnehmer bedarf der Kontoführung durch das Kreditinstitut schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines eigenen Beweisführungsinteresses, weil er http://www.juris.de/jportal/portal/t/11j1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE260101377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 14 - einen im Einzelfall streitigen Zahlungsvorgang (Abbuchung, Überweisung, Einzahlung ) in der Regel in anderer geeigneter Weise wird belegen können.
30
(c) Die hiernach allein im eigenen organisatorischen bzw. Buchhaltungsinteresse des Kreditinstituts liegende Führung des Darlehenskontos kann daher entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht als entgeltpflichtige zusätzliche Sonderleistung der Bank für den Kunden (vgl. hierzu Senatsurteile vom 30. November 1993 - XI ZR 80/93, BGHZ 124, 254, 256 f., vom 14. Oktober 1997 - XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27, 29 f. und vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 16, 20) eingeordnet werden.
31
Etwas anderes folgt, anders als die Beklagte meint, nicht daraus, dass sie ihren Kunden am Ende eines Kalenderjahres eine Zins- und Saldenbestätigung zur Vorlage bei der Finanzverwaltung erteilt. Dies gilt schon deshalb, weil die Beklagte die angegriffene Gebühr nach dem - eindeutigen - Wortlaut der streitgegenständlichen Entgeltklausel nicht für die Zurverfügungstellung dieser Bescheinigung, sondern für die Führung des Darlehenskontos beansprucht. Nach dem Grundsatz der objektiven Auslegung kann nur dieses Verständnis der Klausel Grundlage der rechtlichen Prüfung sein. Danach besteht kein Anhaltspunkt , mit der streitigen Bestimmung solle eine solche Jahresbescheinigung als besondere "Serviceleistung" der Beklagten abgegolten werden (vgl. auch OLG Karlsruhe, WM 2011, 782, 783).
32
3. Rechtsfehlerhaft ist ferner die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klausel halte, sofern sie der Inhaltskontrolle unterliege, dieser stand. Die Berechnung eines Entgelts für die Führung eines Darlehenskontos ist vielmehr mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und benachteiligt die Kun- http://www.juris.de/jportal/portal/t/11j1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE260101377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 15 - den der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
33
a) Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass Entgeltklauseln, in denen ein Kreditinstitut einen Vergütungsanspruch für Tätigkeiten normiert, zu deren Erbringung es bereits gesetzlich oder aufgrund einer selbständigen vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die es - wie hier - vorwiegend im eigenen Interesse wahrnimmt, mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen nicht vereinbar sind, da nach dem gesetzlichen Leitbild für solche Tätigkeiten ein Entgelt nicht beansprucht werden kann (Senatsurteil vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 21 mwN). Durch diese Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung wird eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung der Kunden des Verwenders bereits indiziert (Senatsurteil vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 21 mwN). Das gilt auch im vorliegenden Fall, in dem die angegriffene Klausel der Beklagten die Möglichkeit einräumt, ihren Darlehensnehmern eine Vergütung für Tätigkeiten abzuverlangen, die das Kreditinstitut nach dispositivem Recht ohne gesondertes Entgelt zu erbringen hätte. Gründe, die die Klausel gleichwohl als nicht unangemessen erscheinen lassen, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.
34
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stellt sich die angegriffene Entgeltklausel insbesondere nicht mit Blick auf § 6 PAngV als angemessen dar, wonach - wie das Berufungsgericht angenommen hat - der Verordnungsgeber Kontoführungsgebühren als im Wirtschaftsleben üblich anerkannt habe. Für diese Schlussfolgerung bietet die in Rede stehende Vorschrift vielmehr schon im Ansatz keine taugliche Grundlage: http://www.juris.de/jportal/portal/t/1pkl/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR105800985BJNE000410377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 16 -
35
aa) Nach § 6 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 PAngV (in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung) sind in die Berechnung des effektiven Jahreszinses die Gesamtkosten des Kredits für den Kreditnehmer einschließlich etwaiger Vermittlungskosten einzubeziehen mit Ausnahme unter anderem der "Kosten für die Führung eines Kontos, das für die Tilgungszahlung im Rahmen der Rückzahlung des Kredits sowie für die Zahlung von Zinsen und sonstigen Kosten dienen soll, es sei denn, der Kreditnehmer hat hierbei keine angemessene Wahlfreiheit und diese Kosten sind ungewöhnlich hoch; …". Es kann letztlich dahin stehen, ob mit dem in dieser Bestimmung behandelten Konto, wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist, das bei der Kredit gewährenden Bank geführte interne Darlehenskonto gemeint ist (aA OLG Karlsruhe, WM 2011, 782, 784, wonach es um die Kosten für die Führung des Kontos gehen soll, von dem aus die Zahlungen des Darlehensnehmers erfolgen; vgl. auch Völker in HarteBavendamm /Henning-Bodewig, UWG, 2. Aufl. § 6 PAngV Rn. 17). Denn jedenfalls verhält sich § 6 PAngV nicht über das Recht des Kreditinstituts zu einer Entgelterhebung. Die Vorschrift des § 6 Abs. 3 PAngV regelt - wie die Revision mit Recht geltend macht - als formelles Preisrecht bzw. Preisordnungsrecht gerade nicht die Zulässigkeit von bestimmten Preisen, sondern allein die Art und Weise der Preisangabe im Verkehr (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., PAngV Vorbemerkungen Rn. 1; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl. PAngV Einführung Rn. 1). In den effektiven Jahreszins sind die dort erfassten Kosten schon deshalb einzubeziehen, weil sie - ob berechtigt oder unberechtigt - vom Kunden tatsächlich verlangt werden (vgl. zu § 6 Abs. 7 Satz 2 PAngV bereits Senatsurteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, WM 2011, 263 Rn. 39 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Für die Frage nach der materiellen Berechtigung eines erhobenen Entgelts führt der Hinweis auf § 6 Abs. 3 PAngV dagegen nicht weiter.
36
bb) Diese Erwägungen treffen auf die mit Wirkung vom 11. Juni 2010 erfolgte Neufassung der Vorschrift durch Art. 6 Nr. 1c des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355), die an der Einordnung der Preisangabenverordnung als formellem Preisrecht nichts geändert hat, ebenfalls zu. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gestattet deshalb auch die Bezugnahme auf § 6 PAngV bzw. § 6 Abs. 3 PAngV in § 491 Abs. 2 Nr. 4, § 501 BGB (jeweils in der seit dem 11. Juni 2010 geltenden Fassung) nicht den Rückschluss auf einen Willen des Gesetzgebers, die hier streitigen Kontoführungsgebühren in der Sache zu billigen.
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cc) Im Ergebnis nichts anderes gilt im Hinblick auf das vom Berufungsgericht angeführte weitere Verordnungsrecht. Soweit § 30 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute (Kreditinstituts-Rechnungslegungsverordnung - RechKredV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3658), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 18. Dezember 2009 (BGBl. I S. 3934), bestimmt, dass zu den - nach Satz 1 der Vorschrift in der Gewinnund Verlustrechnung im Posten "Provisionserträge" auszuweisenden - Erträgen "auch Bonifikationen aus der Plazierung von Wertpapieren, Bürgschaftsprovisionen und Kontoführungsgebühren" gehören, handelt es sich um eine formelle Vorgabe für die Rechnungslegung der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute. Aus einer solchen Anordnung, an welcher Stelle der Rechnungslegung Erträge aus einer tatsächlich erhobenen Gebühr anzuführen sind, lässt sich indes nicht schließen, hierdurch solle zugleich die AGB-rechtliche Wirksamkeit einer entsprechenden Gebührenklausel zum Ausdruck gebracht werden. Dieselbe Klarstellung ist zu dem Hinweis des Berufungsgerichts auf § 23 der Verordnung über die Rechnungslegung der Zahlungsinstitute (Zahlungsinstituts-Rechnungslegungsverordnung - RechZahlV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. November 2009 (BGBl. I S. 3680) veranlasst, wonach zu den als Provisions- erträge auszuweisenden Erträgen aus Dienstleistungsgeschäften "auch Kontoführungsgebühren" gehören.
38
c) Soweit schließlich die Revisionserwiderung darauf abhebt, § 6 Abs. 3 Nr. 3 PAngV lasse sich zwar nichts über die "Zulässigkeit" der Erhebung von Kontoführungsgebühren entnehmen, aus der dort ausdrücklich getroffenen Unterscheidung zwischen Zinsen einerseits und sonstigen Kosten andererseits, die auch in den Vorschriften der §§ 28, 30 RechKredV sowie in §§ 21, 23 RechZahlV ihren Niederschlag gefunden habe, ergebe sich aber, dass der Gesetzgeber , der in §§ 491, 501 BGB zu Konkretisierungszwecken auf die Preisangabenverordnung verweise, Kontoführungsgebühren nicht als durch die Darlehenszinsen abgegolten ansehe, führt auch diese Erwägung bereits wegen der - wie dargestellt - bloß formell-preisrechtlichen Zielrichtung der betreffenden Verordnungen nicht weiter. Die darin getroffene Unterscheidung zwischen Zinsen auf der einen und sonstigen Kosten auf der anderen Seite folgt allein schon aus dem tatsächlichen Umstand der Geltendmachung von Zinsen sowie weiterer Kosten in Gestalt gesonderter Entgelte wie der hier streitigen Kontoführungsgebühr in der Kreditpraxis. Dass Zahlungen der Kreditnehmer, die vom Kreditgeber tatsächlich als separate Gebühr erhoben werden, in Vorschriften des formellen Preisordnungsrechts schlechterdings nicht als Teil der Zinsen behandelt werden können, liegt auf der Hand. Für die hier allein entscheidende Frage nach der materiellen Berechtigung des Kreditinstituts zur Vereinbarung der konkreten Gebühr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist damit indes nichts gewonnen.
39
d) Allerdings hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 1. Juni 1989 - III ZR 219/87 (WM 1989, 1011, 1014) in einem Rechtsstreit um die Abrechnung zweier Baudarlehen die von der klagenden Bank geltend gemachte Kontoführungsgebühr beiläufig mit der Begründung zugesprochen, die http://www.juris.de/jportal/portal/t/11j1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE066202301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11j1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE066302301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 19 - Gebühr finde ihre Grundlage in den Darlehensbedingungen der Bank und sei vom beklagten Kreditnehmer mit dessen Revision nicht substantiiert angegriffen worden. Falls darin die Auffassung zum Ausdruck kommen sollte, die Gebühr für die Führung eines Darlehenskontos könne AGB-rechtlich wirksam vereinbart werden, hält der infolge geänderter Geschäftsverteilung seit längerem für Darlehenssachen allein zuständige erkennende Senat hieran nicht fest (vgl. § 132 Abs. 3 Satz 2 GVG).

III.

40
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und der Klage, soweit sie noch weiterverfolgt wird, in vollem Umfang stattgeben.
41
Erfolg hat das Klagebegehren danach auch hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung der Abmahnkosten, der seine Rechtsgrundlage in § 5 UKlaG i.V.m. § 12 Abs. 1 UWG findet und der Höhe nach zwischen den Parteien außer Streit steht, soweit ihn nicht ohnehin schon das Landgericht in Höhe eines hälftigen Teilbetrages von 100 € nebst Zinsen (§ 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB) rechtskräftig zuerkannt hat.
Wiechers Mayen Ellenberger Maihold Pamp

Vorinstanzen:
LG Ravensburg, Entscheidung vom 25.03.2010 - 2 O 117/09 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 21.10.2010 - 2 U 30/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 122/11 Verkündet am:
11. Juli 2012
Bott
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und die Richterin
Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom11. Juli 2012

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. Mai 2011 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten, einem englischen Lebensversicherer , die Leistung von im Versicherungsschein vorgesehenen regelmäßigen Auszahlungen.
2
Die Beklagte bietet eine Kapitallebensversicherung "Wealthmaster Noble" an, bei der mit einer Einmalzahlung Anteile an einem "Pool mit garantiertem Wertzuwachs" erworben werden. Die Beklagte "garantiert" den Anlegern, dass der Wert des einzelnen Poolanteils nicht fallen kann. Der Vertragswert des Anlegers ist das Produkt aus der Anzahl der ihm zugewiesenen Poolanteile und dem Anteilswert. Das den verschiedenen Pools der Beklagten zugrunde liegende Gesamtvermögen wird von der Beklagten als Teil ihres Lebensversicherungsfonds am Aktienmarkt investiert.
3
Diese Lebensversicherung war im Streitfall Bestandteil des Anlagemodells "Europlan", das als weitere Bestandteile die Darlehensfinanzierung der Einmalzahlung und die Investition in einen Investmentfonds beinhaltete. In Deutschland wurde der "Europlan" unter anderem über die inzwischen insolvente E. AG als sogenannte "Masterdistributorin" und von dieser beauftragte Untervermittler, hier der inzwischen ebenfalls insolventen R. GmbH, deren Insolvenzverwalter dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten ist, vertrieben.
4
Geworben durch einen Untervermittler der vorgenannten Firma schloss auch der Kläger bei der Beklagten einen Lebensversicherungsvertrag "Wealthmaster Noble" mit Versicherungsbeginn zum 31. Oktober 2001 und einer Vertragslaufzeit von 69 Jahren ab und zahlte einen Einmalbetrag in Höhe von 100.000 €, mit dem er Anteile am "Euro-Pool 2000EINS", einem "Pool mit garantiertem Wertzuwachs" erwarb. Zur Finanzierung des Einmalbetrags nahm der Kläger ein Bankdarlehen auf und trat seine Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag zur Sicherheit an die Kreditgeberin ab. Die Darlehenszinsen sollten durch regelmäßige Auszahlungen aus der Lebensversicherung gedeckt werden. Daneben investierte der Kläger im Rahmen des "Europlan" in ein Wertpapierdepot , das bei Endfälligkeit zur Tilgung des Darlehens verwendet werden sollte.
5
Im Versicherungsschein waren vierteljährliche Auszahlungen für die Dauer von insgesamt 40 Jahren festgelegt und zwar in Höhe von 1.760 € vom 20. März 2002 bis zum 20. September 2011, in Höhe von 1.960 € vom 20. Dezember 2011 bis zum 20. September 2016 und in Höhe von 2.300 € vom 20. Dezember 2016 bis zum 20. März 2041.
6
Der Versicherungsschein enthält den folgenden Hinweis:
7
"Dieser Versicherungsschein besteht aus 3 Seiten, die in Verbindung mit C. M. Wealthmaster Noble Poli- cenbedingungen, Betr…., zu lesen sind."
8
Unter der Überschrift "Auszahlung" heißt es in Nr. 3 der Policenbedingungen unter anderem: "3.1 Auf schriftlichen Antrag des Versicherungsnehmers werden einige oder alle dem Vertrag zugeteilte Einheiten /Anteile von C. M. eingelöst und unter nachstehenden Bedingungen ein Betrag in Höhe des Rücknahmewerts der eingelösten Einheiten /Anteile (vorbehaltlich der Bestimmungen von Abschnitt 3.2) gezahlt: 3.1.1 C. M. behält sich das Recht vor, das Auszahlungsgesuch zu verweigern, wenn der Rücknahmewert der Einheiten/Anteile, die eingelöst werden oder in einem Fonds/Pool verbleiben sollen, nach dieser Einlösung geringer wäre als das von C. M. gestattete und dem Versicherungsnehmer zu diesem Zeitpunkt mitgeteilte Minimum. 3.1.2 Der Rücknahmepreis, auf den in diesem Abschnitt Bezug genommen wird, ist der Rücknahmepreis am Bewertungstermin unmittelbar im Anschluss an den Eingang des vorstehend genannten Gesuchs des Versicherungsnehmers, es sei denn, es wurden regelmäßige Auszahlungen erbeten. In diesem Fall ist es der Rücknahmepreis am Bewertungstermin unmittelbar vor dem/den vom Versicherungsnehmer ge- wählten Auszahlungsdatum/daten; … 3.1.5 Werden alle einem Vertrag zugeteilten Einheiten/ Anteile eingelöst, wird der Vertrag ebenfalls aufgeho- ben. …"
9
Die Beklagte nahm die Auszahlungen gemäß Versicherungsschein an die Bank vor, reduzierte jedoch zur Deckung dieser Auszahlungen die Anzahl der dem Kläger zugewiesenen Poolanteile, so dass der Vertragswert der Versicherung sank. Sie übersandte dem Kläger jährlich Kontoauszüge, aus denen sich unter anderem der deklarierte Wertzuwachs und der jeweils aktuelle Vertragswert ergaben.
10
Der Kläger wurde später von der Kreditgeberin zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im eigenen Namen ermächtigt.
11
Er hat beanstandet, dass er unter anderem über die zu erwartenden Renditen falsch informiert worden sei, und hat zunächst Ersatz der ihm durch die Beteiligung am "Europlan" entstandenen Schäden, insbesondere Freistellung von der Darlehensverbindlichkeit, gefordert. Nach rechtlichen Hinweisen des Berufungsgerichts hat er mit dem Hauptantrag Leistung der im Versicherungsschein festgelegten regelmäßigen Auszahlungen an sich verlangt und den Schadensersatzanspruch nur noch hilfsweise geltend gemacht.
12
Die Beklagte macht geltend, die regelmäßigen Auszahlungen stünden nach den Policenbedingungen und der Verbraucherinformation unter dem Vorbehalt einer ausreichenden Kapitaldeckung durch die Poolanteile. Gegenüber dem Schadensersatzanspruch hat sie sich unter anderem auf die Einrede der Verjährung berufen.

13
Das Landgericht hat den in erster Instanz ausschließlich geltend gemachten Schadensersatzanspruch als verjährt angesehen und die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung des Klägers den erstmals in zweiter Instanz gestellten Zahlungsantrag auf Leistung der regelmäßigen Auszahlungen abgewiesen, aber einem nach seiner Auffassung darin enthaltenen Feststellungsbegehren stattgegeben und festgestellt, dass die Beklagte zur Erfüllung des Auszahlungsplans verpflichtet ist. Hiergegen wendet sich die Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:


14
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der geänderte Hauptantrag zwar mangels Aktivlegitimation unbegründet, soweit er auf Leistung der Auszahlungen an den Kläger gerichtet ist, da dieser seine Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag an die kreditgewährende Bank abgetreten hat. In diesem Leistungsantrag sei jedoch als Minus ein Antrag auf Feststellung der Zahlungspflicht der Beklagten enthalten. Die Sicherungsabtretung stehe dem berechtigten Interesse des Klägers an der Feststellung nicht entgegen, da er Vertragspartner der Beklagten geblieben sei.
15
Die Beklagte sei zur Erfüllung des im Versicherungsschein vorgesehenen Auszahlungsplans verpflichtet. Die im Versicherungsschein enthaltenen Erklärungen zu den "regelmäßigen Auszahlungen" stellten Individualvereinbarungen dar und hätten als solche Vorrang gegenüber etwaigen abweichenden Regelungen in den Policenbedingungen. Die Einschränkung der Leistungspflicht in den Policenbedingungen sei im Übrigen überraschend, § 305c Abs. 1 BGB; jedenfalls verstoße die Regelung gegen das Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die "Verbraucherinformationen" seien bereits nicht wirksam in den Vertrag einbezogen. Die Leistungspflicht der Beklagten stehe daher nicht unter dem Vorbehalt einer ausreichenden Kapitaldeckung; vielmehr sei die Beklagte zu den Auszahlungen ohne Rücknahme von Poolanteilen verpflichtet.
16
II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache, da das Berufungsgericht zu der Frage, ob eine Verpflichtung zur Erfüllung der in den Versicherungsscheinen festgelegten Auszahlungspläne besteht, weitere Feststellungen treffen muss.
17
1. Die Klage ist zulässig.
18
a) Insbesondere ist die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte - die in jeder Lage des Verfahrens, auch noch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urteile vom 1. März 2011 - XI ZR 48/10, BGHZ 188, 373 Rn. 9; vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 17; vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 85) - gegeben. Sie folgt sowohl aus Art. 9 Abs. 1 Buchst. b als auch aus Art. 16 Abs. 1 i.V.m. Art. 15 Abs. 1 Buchst. c EuGVVO.
19
b) Das Berufungsgericht hat durch die Annahme, dass in dem Antrag auf Leistung der Auszahlungen an den Kläger als "weniger" der Antrag auf Feststellung der Zahlungspflicht enthalten ist, und die entspre- chende Umdeutung des Hauptantrags nicht gegen seine Bindung an den Klageantrag (§ 308 Abs. 1 ZPO) verstoßen. Die Bewertung von Klageanträgen durch den Tatrichter ist in der Revisionsinstanz uneingeschränkt nachprüfbar, da es hierbei um die Auslegung von Prozesserklärungen geht (BGH, Urteil vom 7. Mai 1998 - I ZR 85/96, NJW 1998, 3350 unter II 2 a m.w.N.). Die vom Berufungsgericht unter Beachtung des Klageziels vorgenommene Auslegung des Hauptantrags ist nicht zu beanstanden. In einem unzulässigen oder unbegründeten Zahlungsantrag kann unter Berücksichtigung von Inhalt und Ziel der Klage ein Feststellungsantrag als ein Minus enthalten sein (vgl. BGH, Urteile vom 18. März 2002 - II ZR 103/01 unter 2 m.w.N.; vom 1. Juli 1987 - VIII ZR 194/86, MDR 1988, 46; Senatsurteil vom 4. März 1992 - IV ZR 309/90, NJW-RR 1992, 771 unter

2).


20
So liegt der Fall hier. Der Leistungsantrag war unbegründet, da er trotz der Abtretung aller Rechte aus der Lebensversicherung an die Kreditgeberin auf Zahlung an den Kläger gerichtet war. Das mit dem neuen Hauptantrag verfolgte Ziel des Klägers war aber, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, nicht nur darauf gerichtet, einen Zahlungstitel zu erlangen, sondern auch auf die Klärung der Frage, ob die Beklagte zur Leistung der regelmäßigen Auszahlungen ohne Rücknahme von Poolanteilen verpflichtet ist. Würde die diesbezügliche Ungewissheit nicht beseitigt, müsste der Kläger weiterhin die von der Beklagten vorgenommene Minderung des Vertragswerts in Kauf nehmen oder die Darlehenszinsen aus Eigenmitteln aufbringen. Dieses Klageziel ergibt sich auch daraus, dass die Umstellung des Hauptantrags in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht als Reaktion auf den gerichtlichen Hinweis erfolgte, die Beklagte habe die Einschränkungen ihrer Zahlungspflicht gegebenenfalls nicht hinreichend klar zum Ausdruck ge- bracht. Der Kläger erstrebt also tatsächlich nicht nur Leistung der Beklagten an sich, sondern will in erster Linie die Ungewissheit über die Leistungspflicht beseitigt wissen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1987 aaO). Hierzu ist der Feststellungsantrag geeignet.
21
c) Gegenstand des Antrags ist entgegen der Auffassung der Revision ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Zwar hat das Berufungsgericht im Tenor nur die Zahlungspflicht festgestellt und offen gelassen, an wen die Zahlungen zu leisten sind. Gegen die Zulässigkeit des entsprechenden Antrags des Klägers bestehen aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - keine Bedenken. Durch die Bezugnahme auf den jeweiligen Versicherungsschein und durch Konkretisierung nach Betrag und Zahlungsdatum ist der Rechtsgrund der Zahlungspflicht klargestellt. Als Gläubigerin kommt gegenwärtig aufgrund der Sicherungsabtretung nur die Kreditgeberin in Betracht. Der Antrag ist daher auf die Feststellung eines konkreten Rechtsverhältnisses und nicht auf die - unzulässige (BGH, Urteil vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 289/99, NJW 2001, 445 unter II 2 m.w.N.) - Klärung einer abstrakten Rechtsfrage gerichtet.
22
d) Der Kläger hat auch ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, § 256 Abs. 1 ZPO.
23
aa) Zwar besteht das festzustellende Rechtsverhältnis nicht zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits, sondern zwischen der Beklagten und der kreditgewährenden Bank, an die der Kläger seine Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag abgetreten hat. Dass die Ermächtigung der Kreditgeberin nur die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen erfasst, steht der Zulässigkeit des auf Feststellung der Erfüllungsansprüche gerichteten Antrags aber nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Feststellungsantrag auch auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen der beklagten Partei und einem Dritten gerichtet sein, wenn dieses zugleich für die Rechtsbeziehungen der Parteien untereinander von Bedeutung ist und der Kläger an der alsbaldigen Klärung ein rechtliches Interesse hat (BGH, Urteile vom 25. Februar 1982 - II ZR 174/80, BGHZ 83, 122, 125 f.; vom 16. Juni 1993 - VIII ZR 222/92, NJW 1993, 2539, 2540 unter II 1; vom 2. Juli 2007 - II ZR 111/05, NJW 2008, 69, 71 Rn. 22, jeweils m.w.N.). Ausreichend ist, dass der Kläger vom Bestehen oder Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses in seinem Rechtsbereich wenigstens mittelbar betroffen wird (BGH, Urteil vom 16. Juni 1993 aaO). Der Kläger ist von dem streitgegenständlichen Rechtsverhältnis aufgrund seiner Stellung als Versicherungsnehmer und seiner Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag nicht nur mittelbar, sondern sogar unmittelbar betroffen. Da sich die Beklagte auf den Standpunkt stellt, die regelmäßigen Auszahlungen nur unter Rücknahme einer die Auszahlungen deckenden Anzahl von Poolanteilen vornehmen zu müssen, steht der Kläger vor der Wahl, entweder die Darlehenszinsen aus eigenen Mitteln zu decken oder eine Reduzierung der Anzahl der ihm zugewiesenen Poolanteile in Kauf zu nehmen.
24
bb) Einem Feststellungsinteresse des Klägers steht weiter nicht entgegen, dass die Beklagte bisher alle beantragten Auszahlungen geleistet hat und bereit ist, diese auch weiterhin zu leisten, solange einlösbare Anteile vorhanden sind. Das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung setzt voraus, dass dem Recht oder der Rechtslage eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und das Feststellungsurteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH, Urteil vom 16. September 2008 - VI ZR 244/07, NJW 2009, 751, 752 unter III 1 b m.w.N.). Eine Ge- fährdung besteht, wenn der Beklagte ein Recht des Klägers ernstlich bestreitet (BGH, Urteil vom 7. Februar 1986 - V ZR 201/84, NJW 1986, 2507 unter II 1).
25
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagte bestreitet, zur Vornahme der regelmäßigen Auszahlungen ohne Reduzierung von Anteilen verpflichtet zu sein, und stellt sich stattdessen auf den Standpunkt , nur so lange Auszahlungen vornehmen zu müssen, wie auch ausreichende Anteile des Klägers im Pool vorhanden sind. Dementsprechend hat sie eine die regelmäßigen Auszahlungen deckende Anzahl von Poolanteilen zurückgenommen und dem Kläger mit den jährlichen Informationen die reduzierten Vertragswerte mitgeteilt. Da die Beklagte bereits aktuell ihre Verpflichtung zu regelmäßigen Auszahlungen ohne Reduzierung von Anteilen bestreitet, hat der Kläger an der alsbaldigen Feststellung einer vorbehaltlosen Zahlungspflicht ein rechtliches Interesse.
26
2. Die Begründetheit des Feststellungsantrags kann der Senat nicht abschließend prüfen. Zur Klärung der Frage, ob die Beklagte aus dem Lebensversicherungsvertrag zur Leistung der im Versicherungsschein vorgesehenen "regelmäßigen Auszahlungen" verpflichtet ist, bedarf es weiterer Feststellungen des Berufungsgerichts.
27
a) Nach dem objektiven Erklärungsgehalt von Angebot und Annahme ist die Beklagte allerdings zur Vornahme der regelmäßigen Auszahlungen als Teil ihres Hauptleistungsversprechens verpflichtet. Der Kläger hat die vierteljährlichen Auszahlungen in der Anlage zu seinem Versicherungsantrag vom 1. August 2001 beantragt. Dieses Angebot hat die Beklagte durch Zusendung des dem Antrag inhaltlich entsprechenden Versicherungsscheins angenommen. Sowohl im Versicherungsantrag als auch im Versicherungsschein sind die Auszahlungen hinsichtlich Betrag und Auszahlungsdatum aufgeführt, ohne dass sie dort an weitere Voraussetzungen , insbesondere das Bestehen eines genügenden Versicherungswerts im Zeitpunkt der vorgesehenen Auszahlung, geknüpft sind. Ein über diese Auszahlungen hinaus gehender eventueller Mehrertrag aus der Lebensversicherung sollte den zusätzlichen Gewinn des Klägers darstellen. Nur dieser war betragsmäßig noch nicht festgelegt.
28
Die dem Versicherungsantrag entsprechende Wiedergabe der Auszahlungsbeträge auf Seite 2 des Versicherungsscheins kann daher aus objektiver Empfängersicht (§§ 133, 157 BGB) nicht anders verstanden werden, als dass diese Beträge zu den angegebenen Zahlungsterminen geleistet werden sollen und es sich damit um einen Bestandteil der vom Versicherer zugesagten Versicherungsleistung handelt.
29
Das ergibt sich auch daraus, dass die Aufteilung in der Höhe nach garantierte Zahlungen sowie der Höhe nach ungewisse Zusatzzahlungen aus einer Überschussbeteiligung der üblichen Praxis bei traditionell auf dem deutschen Versicherungsmarkt angebotenen Rentenversicherungen gegen Einmalzahlung entspricht. Die Angabe von festen Zahlbeträgen zu bestimmten Terminen ohne eine an dieser Stelle vorgenommene Einschränkung lässt die genannten Zahlungen als eine garantierte Versicherungsleistung erscheinen. Zusätzlich gestützt wird dieses Verständnis dadurch, dass in der "Erklärung des Antragstellers" in den Antragsformularen unter Buchstabe H. auf die "beantragten Versicherungsleistungen" Bezug genommen wird; unter Buchstabe "J. Wichtige Hinweise" wird darauf verwiesen, dass "ein Teil oder alle der Versicherungsleistungen" hinfällig werden können, wenn die Angaben des Antragstellers nicht zu- treffend sind. Beide Formulierungen lassen sich auf die unter F. in Verbindung mit der Anlage beantragten regelmäßigen Auszahlungen beziehen.
30
b) Diese Verpflichtung der Beklagten ist weder durch die "Policenbedingungen" , auf die im Versicherungsschein verwiesen wird, noch durch die "Verbraucherinformation" wirksam beschränkt oder an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft worden.
31
aa) Die "Verbraucherinformation" ist - wovon auch das Berufungsgericht ausgeht - bereits nicht Vertragsbestandteil geworden, da sich weder im Antrag noch im Versicherungsschein noch in den Policenbedingungen ein Hinweis darauf findet, dass diese Informationen als Allgemeine Geschäftsbedingungen den Vertragsinhalt mitbestimmen sollen; ein Einbeziehungshinweis i.S. von § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB fehlt. Grundlage für die Erteilung einer Verbraucherinformation war § 10a VAG in der vom 28. Dezember 2000 bis 30. April 2002 gültigen Fassung. Danach dient die Verbraucherinformation allein der Unterrichtung des Versicherungsnehmers über die - anderweitig geregelten - für das Versicherungsverhältnis maßgeblichen Tatsachen und Rechte, dagegen nicht einer abändernden Ausgestaltung jener Regelungen. Es handelt sich folglich nur um eine allgemeine Information, die allenfalls ergänzend zur Interpretation der Vertragsbedingungen herangezogen werden kann, insbesondere soweit diese erläuterungsbedürftig sein sollten. Die Qualität Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist ihr nicht beizumessen.
32
bb) Dagegen sind die Policenbedingungen wirksam in den Vertrag einbezogen. Hierfür kann es dahinstehen, ob die vom Kläger unter Buchstabe H. des Antragsformulars abgegebene Erklärung über den Erhalt der Policenbedingungen, die sich ihrem Wortlaut nach eher als reine Empfangsbestätigung darstellt, für eine Einbeziehung gemäß § 305 BGB genügt. Denn eine Einbeziehung ist zumindest aufgrund des Hinweises im Versicherungsschein erfolgt.
33
cc) Jedoch lässt sich diesen Policenbedingungen, insbesondere deren Nr. 3, nicht entnehmen, dass die beantragten und im Versicherungsschein wiedergegebenen Auszahlungen davon abhängig sein sollen , dass genügend Anteile mit einem ausreichenden Rücknahmewert zum vorgesehenen Auszahlungszeitpunkt vorhanden sind.
34
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach gefestigter Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer diese bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an (Senatsurteil vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85 und ständig).
35
Danach ist nicht anzunehmen, dass die Regelungen unter Nr. 3.1 der Policenbedingungen auch auf solche Auszahlungen Anwendung finden sollen, die dem Versicherungsnehmer auf seinen Versicherungsantrag hin bereits im Versicherungsschein vorbehaltlos als zu erbringende Versicherungsleistung zugesagt sind. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer muss nicht damit rechnen, dass diese Leistung an weitere, im Versicherungsschein nicht genannte Voraussetzungen geknüpft sein soll. Er wird die Formulierung "Auf schriftlichen Antrag des Versicherungsnehmers" am Satzanfang der Klausel deshalb so verstehen, dass sie nur solche Anträge erfasst, die erst nach Vertragsschluss von ihm gestellt werden und über die der Versicherer nach Maßgabe der Versicherungsbedingungen neu zu entscheiden hat. Dagegen wird er die im Versicherungsantrag gestellten Auszahlungsanträge als durch die Aufnahme der entsprechenden Auszahlungen in den Versicherungsschein positiv beschieden ansehen.
36
Diesem Verständnis stehen auch die weiteren Bestimmungen unter Nr. 3.1.2 und Nr. 3.1.5 der Policenbedingungen nicht entgegen. Zwar wird in Abschnitt Nr. 3.1.2 hinsichtlich des Bewertungstermins zwischen einmaligen und regelmäßigen Auszahlungen differenziert; jedoch lässt sich auch daraus nicht der Schluss ziehen, dass bereits bei Vertragsanbahnung erbetene und mit dem Vertragsschluss vereinbarte Auszahlungen der Klausel unterliegen sollen. Zum einen müssen regelmäßige Auszahlungen nicht zwingend bei Vertragsschluss beantragt werden. Zum anderen wäre es wenig einleuchtend, dass auch für eine unter Buchstabe F. des Antragsformulars beantragte, im Versicherungsschein enthaltene , aber erst erheblich später fällig werdende unregelmäßige Auszahlung der "Bewertungstermin unmittelbar im Anschluss an den Eingang des vorstehend genannten Gesuchs des Versicherungsnehmers" maßgeblich sein soll. Diese Regelung spricht daher ebenfalls dafür, dass sie nur für nach Vertragsschluss beantragte, sofort fällige Auszahlungen Geltung beanspruchen will. Unter diesen Umständen kann auch der Nr. 3.1.5 der Policenbedingungen nur entnommen werden, dass sie die Rechtsfolgen einer Einlösung aller zugeteilten Anteile aufgrund nachträglicher Auszahlungsgesuche des Versicherungsnehmers regeln will.

37
dd) Bei einem anderen Verständnis verstößt die das Leistungsversprechen einschränkende Regelung gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
38
Dieses verlangt vom Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen , dass die Rechte und Pflichten des Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar dargestellt sind und die Klauseln darüber hinaus die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (Senatsurteile vom 26. September 2007 - IV ZR 252/06, VersR 2007, 1690 Rn. 16; vom 23. Februar 2005 - IV ZR 273/03, BGHZ 162, 210, 213 f.; vom 8. Oktober 1997 - IV ZR 220/96, BGHZ 136, 394, 401). Eine Regelung hält deshalb einer Inhaltskontrolle nach dem Transparenzgebot auch dann nicht stand, wenn sie an verschiedenen Stellen in den Bedingungen niedergelegt ist, die nur schwer miteinander in Zusammenhang zu bringen sind, oder wenn der Regelungsgehalt auf andere Weise durch die Verteilung auf mehrere Stellen verdunkelt wird (Senatsurteil vom 23. Februar 2005 aaO S. 214).
39
Diesen Anforderungen genügt die Regelung in den Policenbedingungen , sofern sie auch im Versicherungsantrag beantragte und in den Versicherungsschein aufgenommene Auszahlungen erfassen sollte, nicht. Die Klauseln verdeutlichen dem Versicherungsnehmer nicht hinreichend , dass auch gemäß Versicherungsschein versprochene Zahlungen dann nicht bis zum Schluss in voller Höhe erbracht werden können, wenn die verbleibenden Anteile nicht einen ausreichenden Wertzuwachs erreichen. Selbst wenn es als noch hinnehmbar angesehen wird, dass bei der Nennung der Auszahlungsbeträge auf Seite 2 des Versiche- rungsscheins jeglicher Vorbehalt im Hinblick auf die Wertentwicklung der Anteile fehlt, weil auf Seite 1 des Versicherungsscheins pauschal auf die Policenbedingungen verwiesen ist, so hätte dann jedenfalls in diesen Bedingungen ein klarer Hinweis auf die zusätzlichen Voraussetzungen für die Auszahlung enthalten sein müssen.
40
Eine klare und durchschaubare Darstellung in diesem Sinne hätte es erfordert, den Versicherungsnehmer unmissverständlich darauf hinzuweisen , dass es sich auch insoweit um den einschränkenden Bedingungen unterliegende Auszahlungsgesuche "auf schriftlichen Antrag des Versicherungsnehmers" sowie um eine Einlösung von Anteilen i.S. von Nr. 3.1 der Bedingungen handelt. Dies erschließt sich dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht, sondern kann allenfalls einer ihn überfordernden Gesamtschau der Regelungen entnommen werden. Dabei wäre ein eindeutiger Hinweis problemlos und somit "den Umständen nach" möglich gewesen.
41
Ferner fehlt in den Bedingungen ein ausreichend deutlicher Hinweis auf die wirtschaftlichen Nachteile vorzeitiger Auszahlungen, die insbesondere darin liegen, dass das Kapital aufgezehrt werden kann und dass weitere scheinbar vorbehaltlos festgelegte Auszahlungen nicht gesichert sind.
42
Die mangelnde Transparenz der Regelung wird auch durch die zusätzlichen Erläuterungen in der Verbraucherinformation nicht beseitigt. In deren Nr. 5.2.1 fehlt jeglicher Bezug der Aussage zu vorzeitigen Auszahlungen und Nr. 5.2.2 enthält lediglich den allgemeinen Hinweis auf eine verringerte Rendite aufgrund vorzeitiger Auszahlungen, macht aber nicht deutlich, dass dies die zugesagten Auszahlungen selbst in Frage stellen kann. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann dieser Aussage ebenfalls nur entnehmen, dass die von ihm erhoffte Gesamtrendite geringer ausfallen wird als wenn er auf vorzeitige Auszahlungen verzichtet. Er wird dies jedoch vornehmlich auf den zusätzlich zu bereits festgelegten Auszahlungsbeträgen erhofften Überschuss beziehen, dagegen nicht annehmen, dass von diesem Hinweis auch betragsmäßig festgelegte Auszahlungen betroffen sein sollen. Hierdurch wird die Gefahr, dass die als Versicherungsleistung aufgeführten Zahlungen summenmäßig am Ende nicht erbracht werden, eher verschleiert als aufgezeigt. Auch in Nr. 10 der Verbraucherinformation findet sich unter der Überschrift "Auszahlungen" kein deutlicher Hinweis darauf, dass in den Versicherungsschein betragsmäßig aufgenommene Auszahlungen vom Eintritt einer bestimmten Wertentwicklung abhängig sein sollen.
43
Der Hinweis auf das Risiko des Totalverlusts des eingesetzten Kapitals im Prospekt zum Europlan ist für die Frage der Transparenz der Regelungen in den Policenbedingungen unerheblich. Im "Beratungsprotokoll" wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beklagte für den Prospekt nicht verantwortlich ist, sowie darauf, dass für die Wealthmaster -Police das Antragsformular und die Versicherungsbedingungen allein verbindlich sind. Der Kläger hatte daher keinen Anlass, den Inhalt des Prospekts zur Beurteilung seiner Rechte und Pflichten aus dem Lebensversicherungsvertrag heranzuziehen.
44
c) Allerdings hätte das Berufungsgericht der unter Beweis gestellten Behauptung nachgehen müssen, der Vermittler habe dem Kläger mit der erforderlichen Klarheit erläutert, dass die im Versicherungsschein vorgesehenen regelmäßigen Auszahlungen nur gegen Rücknahme von Anteilen geleistet werden, und der Kläger habe diese Erläuterung verstanden und als Vertragsinhalt akzeptiert.
45
Zwar hat die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen und damit auch der hier in Rede stehenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu erfolgen, der am Willen und Interesse der beteiligten Verkehrskreise ausgerichtet sein muss, so dass es grundsätzlich auf das Verständnis der Versicherten in ihrer Gesamtheit und nicht nur auf das Verständnis der am vorliegenden Verfahren beteiligten Parteien ankommt. Jedoch erfährt dieser Grundsatz eine Einschränkung dann, wenn sich Verwender und Kunde oder Versicherter im Einzelfall über ein von dem Ergebnis objektiver Auslegung abweichendes Verständnis des Sinngehalts der Regelung - auch durch schlüssiges Handeln - einigen; dann geht diese übereinstimmende Vorstellung wie eine Individualvereinbarung dem Ergebnis der objektiven Auslegung vor (Senatsurteil vom 14. Juni 2006 - IV ZR 54/05, VersR 2006, 1246 unter II 3).
46
d) Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift gegenüber den Erfüllungsansprüchen nicht. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VVG a.F. verjährt der Erfüllungsanspruch in fünf Jahren, wobei der Lauf der Verjährung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F. erst mit Schluss des Jahres beginnt, in dem die Leistung verlangt werden kann. Das setzt die Fälligkeit des Anspruchs voraus (Senatsurteil vom 13. März 2002 - IV ZR 40/01, VersR 2002, 698 unter 2; st. Rspr.). Auch der Lauf der nunmehr geltenden Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB i.V.m. § 199 Abs. 1 BGB beginnt frühestens mit Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden, d.h. fällig geworden ist (BGH, Urteil vom 8. Juli 2008 - XI ZR 230/07, NJW-RR 2009, 378 m.w.N.; st. Rspr.). Der Feststellungsantrag bezieht sich auf Zahlungen, die ab dem 20. März 2011 fällig werden. Der den Feststellungsantrag beinhaltende geänderte Hauptantrag wurde bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 3. März 2011 gestellt, so dass eine Verjährung nicht in Betracht kommt.
47
III. Die Sache ist nicht entscheidungsreif, da das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen zum Vertragsgespräch treffen muss.
Mayen Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 08.07.2010- 4 O 280/09 Ko -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 12.05.2011- 7 U 144/10 -

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 118/03
Verkündet am:
11. Dezember 2003
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage, ob beim Beitritt eines Vermögensanlegers zu einem geschlossenen
Immobilienfonds eine in dem Prospekt der aufnehmenden Gesellschaft
enthaltene Klausel Vertragsbestandteil wird, die eine Haftungsbegrenzung
(hier: Verkürzung der Verjährungsfrist) auch zugunsten der beim Vertrieb der
Vermögensanlage tätig gewordenen selbständigen Unternehmer vorsieht.
BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003 - III ZR 118/03 - OLG Hamm
LG Essen
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Dezember 2003 durch die Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick,
Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. Februar 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger zeichnete mit Beitrittserklärung vom 12. November 1986, die am 20. desselben Monats angenommen wurde, eine Beteiligung als Kommanditist mit einem Betrag von 200.000 DM an der Wohnhaus M. KG ... Garagen GmbH & Co. (" -Fonds Nr. 16"; im folgenden: Objektgesellschaft ). Diese Kapitalanlage war dem Kläger durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im folgenden: Beklagte) vermittelt worden, die - als "Generalvertrieb" - dem Kläger Anfang November 1986 den von der Objektgesellschaft herausgegebenen Prospekt übersandt hatte.

Nach dem vorformulierten Text des Zeichnungsscheins vom 12./20. November 1986 erkennt der Anleger unter anderem an, den Emissionsprospekt erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben. Weiter heißt es: "Mit dem Haftungsvorbehalt im Emissionsprospekt erkläre ich mich einverstanden." Der Prospekt selbst enthält im Abschnitt "Vertragliche Leistungen und vorgesehene Partner" einen (mit entsprechender Überschrift in halbfettem Druck versehenen ) "Angaben- und Haftungsvorbehalt", mit unter anderem folgendem Inhalt:
"... Die Haftung der gegenwärtigen und zukünftigen Vertragspartner , einschließlich der Vertriebsgesellschaft oder der von ihr Beauftragten und deren Mitarbeiter, für unrichtige oder unvollständige Prospektangaben oder für Verletzung eventuell bestehender Aufklärungs- und Hinweispflichten gegenüber dem Zeichner ist auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt ... Eventuelle Ersatzansprüche gegen die vorgenannten Personen, Gesellschaften oder Gesellschafter, gleichgültig aus welchem Rechtsgrund, verjähren vorbehaltlich kürzerer gesetzlicher oder vertraglicher Fristen in sechs Monaten nach Kenntniserlangung durch den Zeichner, spätestens in drei Jahren seit dem Beitritt zur Gesellschaft."
Die Objektgesellschaft geriet im Laufe der Zeit in finanzielle Schwierigkeiten. Zur Abwendung der drohenden Zahlungsunfähigkeit wurde im Jahre 1999 eine Herabsetzung des Pflichtkapitals mit anschließender Erhöhung der Pflichteinlagen beschlossen, wodurch das Altkapital etwa 85 % seines ursprünglichen Werts verlor.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch. Er macht geltend, die Beklagte, die ihm gegenüber als Anlageberaterin tätig ge-
worden sei, habe ihm bei der Vermittlung der Vermögensanlage wesentliche Umstände verschwiegen, wegen deren die Immobilie einen wesentlich geringeren Wert gehabt habe als nach dem Prospekt angenommen werden konnte. Hilfsweise stützt der Kläger seinen Schadensersatzanspruch auf die Verletzung eines Vermögensverwaltungsvertrages, der im Anschluß an die Zeichnung der Anlage zwischen ihm und der Beklagten zustande gekommen sei.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die auf Zahlung von 146.600 DM (Einlage von 200.000 DM zuzüglich 10.000 DM Agio, abzüglich in den Jahren 1992 bis 1998 erhaltener "Liquiditätsausschüttungen" von insgesamt 63.400 DM), Zug um Zug gegen Übertragung des Fondsanteils, gerichtete Klage abgewiesen. Mit der - vom Oberlandesgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Die Revision meint, das Urteil des Berufungsgerichts unterliege bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen der Aufhebung, weil es nicht erkennen lasse , welches Ziel der Kläger mit der Berufung verfolgt habe. Diese Rüge ist unbegründet. Zwar ist auch nach neuem Recht eine Aufnahme der Berufungsan-
träge in das Berufungsurteil nicht entbehrlich (BGH, Urteil vom 26. März 2003 - VIII ZR 262/02 - NJW 2003, 1743). Der Antrag braucht aber nicht unbedingt wörtlich wiedergegeben zu werden. Es genügt, wenn aus dem Zusammenhang sinngemäß deutlich wird, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat (BGH aaO). Vorliegend kann das Berufungsurteil, das auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts Bezug nimmt und hinzufügt, daß "Änderungen oder Ergänzungen nicht veranlaßt" seien, nur in dem Sinne verstanden werden, daß der Kläger im Berufungsverfahren seinen vom Landgericht abgewiesenen Klageantrag weiterverfolgt hat.

II.


1. Das Berufungsgericht geht davon aus, ohne hierzu abschließende Feststellungen zu treffen, daß zwischen den Parteien ein "Anlageberatungsvertrag oder Auskunftsvertrag" zustande gekommen sei, wobei es für den Zeitpunkt des Abschlusses auf den Zugang des von der Beklagten an den Kläger übersandten Prospekts ankomme. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen Verletzung dieses Vertrages sei aufgrund der im Anlageprospekt enthaltenen und im Zusammenhang mit dem Beitritt des Klägers zu der Objektgesellschaft (nachträglich) vereinbarten "zeitlichen Beschränkung der Haftung ... mittels der Verjährungsregelung auch zugunsten der Beklagten" nach Ablauf von drei Jahren seit dem Beitritt des Klägers verjährt. Zwar habe es sich bei den betreffenden Passagen im Prospekt für den -Fonds Nr. 16 nicht (wie das Landgericht angenommen hatte) um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten gehandelt, sondern um solche der
Objektgesellschaft des Anlagemodells als Herausgeberin des Prospekts. Die AGB der Objektgesellschaft enthielten jedoch eine Regelung der Verjährung auch zugunsten der Beklagten, sei es als der "Vertriebsgesellschaft" im Sinne der Regelung, sei es als der von der Vertriebsgesellschaft "Beauftragten". Die im Abschnitt "Angaben- und Haftungsvorbehalt" enthaltenen Geschäftsbedingungen seien wirksam in den Beitrittsvertrag zwischen dem Kläger und der Objektgesellschaft einbezogen worden; durch den Prospekt sei auf sie hingewiesen und seien sie bekannt gemacht worden. Das Einverständnis des Klägers mit den Geschäftsbedingungen ergebe sich aus seinem Beitritt zur Gesellschaft. Die "zeitliche Haftungsbeschränkung" sei auch wirksam. Weder verstoße die Klausel, die durch einen aufmerksamen und sorgfältigen Vertragspartner ohne besondere Schwierigkeiten wahrzunehmen und zu verstehen sei, gegen das sogenannte Transparenzgebot, noch sei sie überraschend im Sinne des § 3 des AGB-Gesetzes: Es fehle schon am Überraschungsmoment, weil vom Durchschnittskunden zu erwarten sei, daß er einen Prospekt, der Grundlage seiner Anlageentscheidung sei, lese und damit auch die Regelungen im Abschnitt "Angaben- und Haftungsvorbehalt", selbst wenn sich für die Frage der Verjährung keine eigene Überschrift finde, zur Kenntnis nehme. Der Kläger habe den Prospekt nach seinem eigenen Vorbringen "durchgearbeitet". Die Verjährungsklausel sei auch nicht ungewöhnlich. Vielmehr sei es interessengerecht und geradezu naheliegend, die Haftung von Vermittlern von Kapitalanlagen in Abweichung von der 30jährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. zeitlich zu beschränken. Abgesehen davon, daß der Durchschnittskunde ohne rechtliche Kenntnisse ohnehin nicht erwarten werde, daß ihm der Anlagevermittler gegebenenfalls noch nach Jahrzehnten hafte, gleiche die in den Bedingungen getroffene Verjährungsregelung die zeitliche Haftung des Vermittlers der der Prospektverantwortlichen in den Fällen des Beitritts zu einer Publi-
kums-KG an. Auch Rechtsanwälten und Steuerberatern, die Anlageberatung vornähmen, kämen die gegenüber der 30jährigen Verjährung wesentlich kürzeren Verjährungsfristen ihres jeweiligen Berufsrechts zugute. Darüber hinaus werde die Feststellung der Tatsachen für eine Pflichtverletzung durch gegebenenfalls unterlassene Aufklärung im Laufe der Zeit immer unsicherer. Aus diesen Gesichtspunkten sei die Klausel nicht nur nicht ungewöhnlich, sondern sie bedeute auch keine unangemessene Benachteiligung des Zeichners im Sinne von § 9 AGBG a.F.
Allerdings handele es sich um eine nachträglich mit dem Beitritt vereinbarte Haftungsbeschränkung. Das mache sie aber - jedenfalls hier - nicht überraschend , weil die erste von der Beklagten entfaltete Tätigkeit darin bestanden habe, kommentarlos den Prospekt zu übersenden, aus dem sich die - für den aufmerksamen und sorgfältigen Vertragspartner wahrzunehmende und zu verstehende - zeitliche Haftungsbeschränkung des Vermittlers für den Fall der Zeichnung in der Sache von Anfang an ergeben habe; deshalb sei in diesem Zusammenhang auch keine sogenannte Verwahrungserklärung erforderlich gewesen.
2. Diese Ausführungen halten in einem entscheidenden Punkt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Es begegnet im Ausgangspunkt keinen rechtlichen Bedenken, daß die nach dem hier noch anwendbaren früheren Recht für Schadensersatzansprüche des Anlegers gegen den Anlagevermittler oder Anlageberater (zur Abgrenzung vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 - VersR 1993, 1104 f) im Regelfall geltende 30jährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F.
(BGHZ 83, 222, 227; BGH, Urteil vom 27. Juni 1984 - IVa ZR 231/82 - WM 1984, 1075, 1077) rechtsgeschäftlich - selbst in Allgemeinen Geschäftsbedingungen - abgekürzt werden konnte (§ 225 Satz 2 BGB a.F.; BGH, Urteil vom 27. Juni 1984 aaO; Palandt/Heinrichs BGB 61. Aufl. § 225 Rn. 4).
Es war und ist im Grundsatz auch nicht ausgeschlossen, daß eine solche Erleichterung der Verjährung von einem Vertragspartner gegenüber dem anderen Vertragspartner zum Schutz eines Dritten ausbedungen wird (vgl. BGH, Urteile vom 12. März 1985 - VI ZR 182/83 - ZIP 1985, 1252, 1253 f und vom 6. Juli 1995 - I ZR 123/93 - NJW 1995, 2991; P. Ulmer in Ulmer/Brandner/ Hensen AGBG 9. Aufl. § 2 Rn. 69; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher AGBG 4. Aufl. § 11 Nr. 7 Rz. 19 ff).

b) Es kann revisionsrechtlich auch davon ausgegangen werden, daß beim Beitritt des Klägers zu dem " -Fonds Nr. 16" durch die Unterschriften des Klägers und der persönlich haftenden Gesellschafterin der Objektgesellschaft vom 12. und 20. November 1986 unter den "Zeichnungsschein" die in dem Prospekt der Objektgesellschaft unter "Vertragliche Leistungen und vorgesehene Partner" am Schluß des "Angaben- und Haftungsvorbehalts" getroffene Regelung über die Verjährung eventueller Ersatzansprüche - und zwar auch solcher gegen die am Vertrieb beteiligten Personen - in den (Beitritts )Vertrag einbezogen worden ist.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGBG können Allgemeine Geschäftsbedingungen unter anderem dann Bestandteil eines Vertrages werden, wenn der Verwender bei Vertragsabschluß die andere Vertragspartei ausdrücklich auf sie hinweist. Diesem Erfordernis kann hier entgegen den Beanstandungen der Revision
dadurch Genüge getan sein, daß - was das Berufungsgericht nach dem Zusammenhang seiner Ausführungen ersichtlich auch feststellen will - der Zeichnungsschein die vorformulierte Bestätigung des Anlegers, unter anderem den Emissionsprospekt erhalten zu haben, enthielt, verbunden mit dessen ebenfalls vorformulierter Erklärung, "mit dem Haftungsvorbehalt im Emissionsprospekt ... einverstanden" zu sein.

c) Es mag auch sein, ohne daß dies weiter vertieft zu werden braucht, daß der auf die beschriebene Art und Weise in den Vertrag über den Beitritt zur Objektgesellschaft einbezogene "Haftungsvorbehalt" als solcher - jedenfalls die darin enthaltene Verjährungsregelung (Verjährungsverkürzung), und zwar auch soweit sie Drittunternehmen einschließlich der am Vertrieb beteiligten Gesellschaften, miteinbezog - für den maßgeblichen durchschnittlichen Kundenkreis genügend klar und verständlich war, mit der Folge daß die Einbeziehung der vorliegenden Verjährungsklausel nicht schon an dem sog. Transparenzgebot , das zugleich Maßstab der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist (jetzt: § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F.; vgl. BGHZ 106, 42, 49; 106, 259, 264 f; 136, 394, 401 f und BGH, Urteil vom 19. Oktober 1999 - XI ZR 8/99 - NJW 2000, 651 f; Palandt/Heinrichs aaO 63. Aufl. § 305 Rn. 41; ders. aaO § 307 Rn. 16 ff; Staudinger/Schlosser BGB 13. Bearb. § 2 AGBG Rn. 27 ff; Staudinger/Coester aaO § 9 AGBG Rn. 121 ff), scheiterte.

d) Letzteres kann offenbleiben, weil die in dem "Haftungsvorbehalt" enthaltene Verkürzung der Verjährungsfrist - soweit sie nicht nur zugunsten der Objektgesellschaft als Prospektherausgebererin, sondern auch zugunsten "der gegenwärtigen und zukünftigen Vertragspartner, einschließlich der Vertriebsgesellschaft oder der von ihr Beauftragten und deren Mitarbeiter" gelten soll -
entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts jedenfalls als überraschende Klausel gemäß § 3 AGBG ungültig ist.
Nach dieser - im neuen Recht durch § 305c Abs. 1 BGB n.F. ersetzten - Vorschrift werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags so ungewöhnlich sind, daß der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil.
aa) Überraschenden Charakter im Sinne dieser Vorschrift hat eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (vgl. BGHZ 130, 19, 25 ff; 132, 6, 8; BGH, Urteil vom 16. Dezember 1999 - IX ZR 36/98 - NJW 2000, 1179, 1181 f). Die Erwartungen des Vertragspartners werden von allgemeinen und individuellen Begleitumständen des Vertragsabschlusses bestimmt. Hierzu zählen der Grad der Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht und die für den Geschäftskreis übliche Gestaltung einerseits, Gang und Inhalt der Vertragsverhandlungen sowie der äußere Zuschnitt des Vertrags andererseits (vgl. BGHZ 130, 19, 25; BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 - IX ZR 69/00 - NJW-RR 2002, 485, 486; BAG NJW 2000, 3299 f).
bb) Im vorliegenden Fall konnte ein durchschnittlicher Anlageinteressent auf der Grundlage eines von der Objektgesellschaft herausgegebenen Prospekts mit Angaben über die "vertraglichen Leistungen" zwar damit rechnen, daß sein Vertragspartner (die Objektgesellschaft bzw. deren persönlich haftende Gesellschafterin) in gewissem - gesetzlich möglichen - Umfang seine Ein-
standspflicht für den herausgegebenen Prospekt und sonstige (eigene bzw. ihm zuzurechnende) Pflichtverletzungen einzuschränken versuchte. Dies gilt auch für eine Begrenzung der gesetzlichen Verjährungszeit auf einen auch unter Berücksichtigung der Interessen des Anlegers noch angemessenen zeitlichen Rahmen.
Der durchschnittliche Anleger brauchte dagegen nicht damit zu rechnen, daß sein mit einem Anlageprospekt operierender Vertragspartner - die Objektgesellschaft , der er beitreten sollte - den Prospekt mit dem darin enthaltenen "Kleingedruckten" benutzen würde, um zugleich auch auf den Inhalt weiterer selbständiger Vertragsverhältnisse des Anlegers zu Dritten Einfluß zu nehmen, die bei der Anbahnung der Vertragsbeziehung oder im Rahmen des Anlagemodells mit dem Anleger in Berührung kommen konnten. Sieht man einmal von dem - hier nicht gegebenen - Fall ab, daß der Prospekt des Anlagemodells für die vom Anleger gegebenenfalls einzugehenden weiteren Rechtsverhältnisse vorformulierte Vertragstexte enthält, so ist die Regelung solcher (weiteren) Vertragsverhältnisse im allgemeinen grundsätzlich Sache des Anlegers selbst beziehungsweise der betreffenden - unter Umständen mit eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen operierenden - Vertragspartner.
Dies galt aus der Sicht des Klägers auch und gerade für ein etwaiges Vertragsverhältnis zu einem Anlagevermittler oder Anlageberater, auch soweit er als Vertriebsgesellschaft für das Anlagemodell unter Überreichung eines von der Objektgesellschaft dieses Modells herausgegebenen Prospekts - also ohne die Verwendung eigener Allgemeiner Geschäftsbedingungen gegenüber dem Anlageinteressenten - auftrat. Der Umstand, daß der Anlagevermittler/-berater möglicherweise als mit dem Prospektherausgeber "in einem Lager" stehend
erschien, rückte ihn nicht allgemein in eine solche Nähe zu dem Vertrag zwischen Anleger und Objektgesellschaft, daß für den Anleger ohne weiteres nahegelegen hätte, dieser Vertrag könnte (auch) Regelungen zur Begrenzung der Haftung des Anlagevermittlers/-beraters enthalten. Verbreitet und anerkannt ist allerdings die Erstreckung formularmäßiger vertraglicher Haftungsbeschränkungen auf den Arbeitnehmer des begünstigten Vertragspartners (vgl. BGB Urteil vom 12. März 1985 aaO), auch auf Arbeitnehmern ähnelnde Erfüllungsgehilfen (vgl. - für den vom Spediteur eingeschalteten Frachtführer - BGH, Urteil vom 6. Juli 1995 aaO). Mit solchen Fallgestaltungen, bei denen das Interesse der einen Vertragspartei typischerweise dahingeht, Erfüllungsgehilfen, insbesondere sozial abhängige Hilfspersonen, in den Schutz des Vertrages miteinzubeziehen, ist aber der Vertragsschluß, der zur Beteiligung eines Anlegers an einem Anlagemodell führt - was das Rechtsverhältnis zu einem beim Vertrieb tätig gewordenen Anlagevermittler/-berater angeht - nicht allgemein vergleichbar. Der Anlagevermittler wird bei dem Vermittlungsvorgang als selbständiger Unternehmer in eigenem Namen auf eigene Rechnung tätig. Art und Umfang seiner vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Anlageinteressenten richten sich nach den konkreten Umständen des insoweit jeweils selbständig begründeten Vertragsverhältnisses. Erst recht gilt dies für den Fall, daß das Vertragsverhältnis zwischen dem Vermittler und dem Anlageinteressenten den Charakter eines Beratungsvertrages angenommen hat.
Insbesondere brauchte der Kläger nicht damit zu rechnen, daß - wie es hier nach der vom Berufungsgericht angenommenen Vertragslage der Fall war - mit seinem Beitritt zur Objektgesellschaft durch die "Zeichnung" vom 12./20. November 1986 auch das (nach dem im Revisionsverfahren zu unterstellenden Sachverhalt) bereits bestehende Vertragsverhältnis zu dem tätig
gewordenen Anlagevermittler bzw. Anlageberater geändert, nämlich die in diesem Rechtsverhältnis geltende Verjährungsfrist verkürzt würde.
cc) Zu Unrecht stellt das Berufungsgericht den dargestellten Überraschungseffekt mit dem Argument in Abrede, es sei vom Durchschnittskunden zu erwarten gewesen, daß er den Anlageprospekt einschließlich des Abschnitts "Angaben- und Haftungsvorbehalt" lese. Diese Bemerkung des Berufungsgerichts läßt ebenso wie dessen Hinweis darauf, daß der Kläger nach seinem eigenen Vorgehen den Prospekt "durchgearbeitet" habe, unberührt, daß nach dem äußeren Zuschnitt des für das vorliegende Anlagemodell maßgeblichen ("Zeichnungs"-)Vorgangs auf einen - in gewissem Umfang durch Allgemeine Geschäftsbedingungen der aufnehmenden Objektgesellschaft ausgestalteten - Vertrag über den Beitritt des Anlegers zu einem geschlossenen Immmobilienfonds als Kommanditist nur Rechte und Pflichten des (eintretenden ) Anlegers und der (aufnehmenden) Objektgesellschaft zu regeln waren. Angesichts dieses allgemeinen Gesamteindrucks war bei Anlegung eines objektiv -typisierenden Maßstabs (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 aaO S. 485
f) die zusätzliche Regelung auch von Haftungsfragen, sogar einer Verjährungsbegrenzung , im Verhältnis zu dem am Beitrittsvertrag nicht beteiligten "Vertrieb" (als Anlagevermittler oder Anlageberater gegenüber dem Anlageinteressenten ) durchaus überraschend.
Der Überraschungscharakter einer derart ungewöhnlichen - nicht vertragstypkonformen - Klausel ist im allgemeinen nur dann beseitigt, wenn sie - wenigstens (vgl. BGHZ 131, 55) - drucktechnisch so hervorgehoben ist, daß erwartet werden kann, der Gegner des Verwenders werde von ihr Kenntnis
nehmen (BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 aaO S. 487; Palandt/Heinrichs aaO 63. Aufl. § 305c Rn. 4). Daran fehlte es hier.
dd) Was die subjektive Seite des Klägers angeht, konnte daher bei dieser Sachlage entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts der Schutz des § 3 AGBG (jetzt: § 305c Abs. 1 BGB n.F.) nur entfallen, wenn er beim "Durcharbeiten" der Allgemeinen Geschäftsbedingungen die beabsichtigte Reichweite der Verjährungsregelung - auch im Verhältnis zur Vertriebsgesellschaft - für den Fall seines Beitritts positiv erkannt und erfaßt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 1978 - VIII ZR 70/77 - NJW 1978, 1519 f; Palandt/Heinrichs aaO). Das Berufungsurteil enthält in dieser Richtung keine Feststellungen.

III.


Da danach die (hinsichtlich des Hauptanspruchs) allein auf Verjährung gestützte Abweisung der Klage durch das Berufungsgericht keinen Bestand haben kann und es an einer abschließenden Prüfung des Anspruchs durch den Tatrichter im übrigen fehlt, muß die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Auf die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es die Hilfsbegründung des Klägers für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch zurückgewiesen hat, und auf die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision kommt es bei dieser Sachlage nicht an.
Wurm Streck Schlick
Kapsa Galke

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 86/00 Verkündet am:
27. Juni 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Kontostandsauskunft
Eine Bank handelt wettbewerbswidrig, wenn sie die automatisierte Kontostandsauskunft
an ihren Geldautomaten so einrichtet, daß Rentenüberweisungen
am Monatsende schon vor der Wertstellung als Guthaben ausgewiesen
werden mit der Folge, daß Kunden über den Stand ihrer Konten irregeführt und
dadurch zu Kontoüberziehungen veranlaßt werden können, die sie zur Zahlung
von Überziehungszinsen verpflichten.
BGH, Urt. v. 27. Juni 2002 - I ZR 86/00 - Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Juni 2002 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg,
Prof. Starck, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 1. Februar 2000 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Eine Kundin der beklagten Bank hob am 29. September 1997, also am vorletzten Tag des Monats, in einer Filiale der zum Konzern der Beklagten gehörenden B. Sparkasse am Geldautomaten 1.000,-- DM ab. Zuvor hatte sie den Kontostand abgefragt und dabei die Auskunft erhalten, ihr Konto weise ein Guthaben in einer diesen Betrag übersteigenden Höhe auf. Diese Auskunft traf aber nicht zu, weil die Wertstellung einer bei der Auskunft schon als gutgeschrieben berücksichtigten Rentenzahlung erst zwei Tage später vorgenommen wurde.
Dieser Vorfall stellte keinen Einzelfall dar, sondern beruhte darauf, daß die Rentenversicherungsträger die Datenbänder mit den Überweisungsaufträgen den Banken bereits vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Renten mit der Anweisung zuleiten, deren Wertstellung erst zum Fälligkeitszeitpunkt vorzunehmen , die Beklagte aber die Bänder wegen des Umfangs der auf ihnen gespeicherten Daten bereits früher einspielt.
Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände beanstandet diese Verhaltensweise als wettbewerbswidrig. Die Kunden würden durch die irrige Annahme, über ein Guthaben zu verfügen, zu Barabhebungen verleitet, die bei Mitteilung des richtigen Kontostands unterblieben wären. Im Hinblick auf diese müßten sie dann Sollzinsen zahlen, die bei einer zutreffenden Kontostandsangabe nicht angefallen wären.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Kunden, mit denen ein Girovertrag geschlossen worden ist, im Rahmen der Nutzung der eigenen Geldautomaten Kontensalden mitzuteilen, die aufgrund von Buchungsvorgängen ohne Berücksichtigung der Wertstellung berechnet worden sind. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das mit der Klage beanstandete Verhalten beeinträchtige ihre Wettbewerber nicht. Jedenfalls handele sie nicht mit der erforderlichen Wettbewerbsabsicht.
Das Berufungsgericht hat der in erster Instanz erfolglosen Klage stattgegeben (KG GRUR 2000, 1099).
Mit der Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat den Kläger als nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG klagebefugt angesehen und den Klageantrag gemäß § 3 UWG zugesprochen. Hierzu hat es ausgeführt:
Die Beklagte vermittle dem Kunden bei der Kontostandsauskunft am Geldautomaten durch die vorzeitige Ausweisung der Rentenzahlung als Guthaben den unzutreffenden Eindruck, Schuldnerin des angegebenen Geldbetrages zu sein. Sie täusche ihn dadurch über die Höhe des Betrages, den er ohne Belastung mit Überziehungszinsen abheben könne. Dieses Vorgehen sei geeignet , die Überziehung des Kontos zu fördern und so Überziehungszinsen auszulösen , die bei Angabe des tatsächlichen Guthabens nicht angefallen wären.
Die Beklagte handele bei der Irreführung der Kunden im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken. Dafür spreche hier eine Vermutung, die nicht widerlegt sei. Ohne Erfolg berufe sich die Beklagte darauf, daß die von ihr eingesetzten Datenverarbeitungsprogramme ein anderes Verhalten nicht zuließen. Es sei kaum vorstellbar, daß ihr eine Umstellung nicht möglich sei, obwohl sie das Problem seit mindestens zwei Jahren kenne. Die Beklagte sei an den entstehenden Zinsmehreinnahmen auch ersichtlich interessiert; denn sie gehe nicht von ihrer Praxis ab, den irregeführten Kunden Überziehungszinsen in Rechnung zu stellen und - selbst auf entsprechende Nachfrage - an dem sich
daraus ergebenden Saldo festzuhalten. Die Beklagte handele auch dann in Wettbewerbsabsicht, wenn viele ihrer Wettbewerber oder gar alle sich ebenso verhalten sollten, da sie auch in diesem Fall ihre Marktstellung durch die Zinsmehreinnahmen stärke.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß die Beklagte wettbewerbswidrig handelt, wenn sie die automatisierte Kontostandsauskunft an ihren Geldautomaten so einrichtet, daß Rentenüberweisungen am Monatsende schon vor der Wertstellung als Guthaben ausgewiesen werden und dadurch Kunden über den Stand ihrer Konten irregeführt und so zu Kontoüberziehungen veranlaßt werden können, die sie zur Zahlung von Überziehungszinsen verpflichten (§ 3 UWG).
1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, daß die Beklagte bei dem beanstandeten Vorgehen im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken handelt.

a) Die Beklagte verletzt ihre vertraglichen Pflichten aus den Giroverträgen , wenn sie Rentenempfängern jeweils in den letzten Tagen des Monats auf Kontostandsabfragen am Geldautomaten unrichtige Auskünfte über den Stand ihrer Girokonten erteilt (§§ 676f, 675 Abs. 1 i.V. mit § 666 BGB). Diese Irreführung von Kunden ist ohne weiteres vermeidbar, sei es durch aufklärende Hinweise oder - als zuletzt in Betracht zu ziehende Möglichkeit - durch (teilweisen) Verzicht auf den zusätzlichen Kundenservice einer automatisierten Auskunft über den Kontostand.

b) Das Verhalten der Beklagten ist nicht lediglich eine Vertragsverletzung im Verhältnis zu den betroffenen Kunden, sondern zugleich eine Wettbewerbshandlung.
(1) Die Nicht- oder Schlechterfüllung vertraglicher Pflichten ist allerdings als solche keine Wettbewerbshandlung, auch wenn sie geeignet ist, dem Kaufmann Vorteile zu verschaffen. Ein solches Verhalten bei der Abwicklung von Verträgen weist in aller Regel keinen Bezug auf die Mitbewerber auf und hat jedenfalls keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Wettbewerb. Eine Wettbewerbshandlung kann aber dann anzunehmen sein, wenn der Kaufmann seinen Vorteil dadurch sucht, daß er eine Irreführung seiner Kunden zum Mittel seines Wettbewerbs macht (vgl. BGHZ 123, 330, 333 - Folgeverträge I; BGH, Urt. v. 10.12.1986 - I ZR 136/84, GRUR 1987, 180, 181 = WRP 1987, 379 - Ausschank unter Eichstrich II, m.w.N.; vgl. auch - zu § 1 UWG - BGHZ 147, 296, 302 f. - Gewinn-Zertifikat).
(2) Auch im vorliegenden Fall beinhaltet das Vorgehen der Beklagten nicht lediglich eine Verletzung ihrer Vertragspflichten, sondern zugleich ein Handeln im Wettbewerb.
aa) Die Kontostandsauskunft am Geldautomaten ist durch die Ausweisung von Rentenzahlungen vor ihrer Wertstellung als Guthaben so eingerichtet, daß eine Vielzahl von Kunden bei einer Kontostandsabfrage irregeführt werden kann. Die Kunden können durch diese im Geschäftsverkehr mit allen Kunden, die Rentenzahlungen erwarten, wirksame Einrichtung der Kontostandsauskunft veranlaßt werden, durch ungewollte Kontoüberziehungen Kreditleistungen der Beklagten in Anspruch zu nehmen, die sie bei zutreffender Kontostandsangabe nicht in Anspruch genommen hätten. Die Beklagte erzielt dadurch Vorteile in
Form von Überziehungszinsen. Diese werden zwar bei den einzelnen Kunden nur gering sein, da sie nur für einen Tag oder allenfalls wenige Tage anfallen. Aufgrund der Vielzahl solcher Vorfälle handelt es sich aber doch um einen insgesamt gesehen nicht unerheblichen und daher auch nicht zu vernachlässigenden Geldbetrag.
Die Beklagte beruft sich zudem selbst darauf, sie wolle auch den Kunden , die Rentenzahlungen erwarteten, die Abfrage des Kontostands ermöglichen. Ein zusätzlicher Kundenservice dieser Art ist im allgemeinen eine werbewirksame Maßnahme.
bb) Das vom Kläger beanstandete Verhalten ist weiterhin geeignet, sich zum Nachteil von Mitbewerbern der Beklagten auszuwirken. Dabei ist es - entgegen der Ansicht der Revision - unerheblich, ob eine solche Vorgehensweise in der Branche verbreitet oder gar üblich ist. In jedem Fall beeinträchtigt das Vorgehen die Lauterkeit des Wettbewerbs, weil es Mitbewerber in ihrem Verhalten bestärken oder diese veranlassen kann, ebenso zu verfahren, um nicht im Wettbewerb zurückzufallen.

c) Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, daß die Beklagte in Wettbewerbsabsicht gehandelt hat. Ein Handeln im Wettbewerb ist gegeben, wenn ein objektiv als Wettbewerbshandlung zu beurteilendes Verhalten in der Absicht erfolgt, den eigenen oder fremden Wettbewerb zum Nachteil eines anderen zu fördern, sofern diese Absicht nicht völlig hinter anderen Beweggründen zurücktritt (st. Rspr.; vgl. BGHZ 136, 111, 117 - Kaffeebohne ; BGH, Urt. v. 6.12.2001 - I ZR 14/99, WRP 2002, 956, 963 - Wir Schuldenmacher , m.w.N.). Bei einer objektiv auf den Wettbewerb bezogenen Handlung eines Wirtschaftsunternehmens gilt eine tatsächliche Vermutung für ein
Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs (vgl. BGHZ 136, 111, 117 - Kaffeebohne ; BGH, Urt. v. 25.6.1992 - I ZR 60/91, GRUR 1992, 707, 708 = WRP 1992, 770 - Erdgassteuer; Urt. v. 22.4.1993 - I ZR 75/91, GRUR 1993, 761, 762 = WRP 1993, 619 - Makler-Privatangebot; Urt. v. 15.5.1997 - I ZR 10/95, GRUR 1997, 761, 763 = WRP 1997, 940 - Politikerschelte). Diese Vermutung ist hier nach den festgestellten Umständen nicht als widerlegt anzusehen. Das ergibt sich schon daraus, daß es der Beklagten nach ihrem eigenen Vorbringen darum geht, auch denjenigen ihrer Kunden, die Rentenzahlungen erwarten, mit der automatisierten (allerdings vor der Wertstellung der Rentenüberweisungen unrichtigen ) Kontoauskunft einen werbewirksamen Service zu bieten. Die durch das Vorgehen der Beklagten insgesamt erzielbaren Vorteile in Form von Überziehungszinsen sind zudem nicht so gering, daß anzunehmen wäre, die wettbewerbliche Zielsetzung sei neben anderen Beweggründen völlig nebensächlich.
2. Ohne Erfolg bleibt auch das Vorbringen der Revision, die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung sei zu weit gefaßt.
Der Klageantrag und der ihm entsprechende Urteilsausspruch erfassen den Kern der als wettbewerbswidrig zu beanstandenden Verhaltensweise der Beklagten. Sie betreffen die Einrichtung der Auskunft über den Kontostand am Geldautomaten in der Weise, daß Überweisungen schon vor ihrer Wertstellung als Guthaben ausgewiesen werden, so daß Kunden darüber getäuscht werden können, daß sie nach einer Geldabhebung Überziehungszinsen zu entrichten haben. Entgegen der Ansicht der Revision ist es unerheblich, daß sich die Eignung dieser Einrichtung zur Irreführung nicht in jedem Fall auswirken wird. Die Wettbewerbswidrigkeit des Vorgehens der Beklagten ergibt sich daraus, daß sie an der Art und Weise ihrer Einrichtung der Kontostandsauskunft festhält,
obwohl sie dadurch eine Vielzahl von Kunden irreführen und so zur Inanspruchnahme von Kreditleistungen der Beklagten veranlassen kann (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 26.11.1997 - I ZR 109/95, GRUR 1998, 415, 416 = WRP 1998, 383 - Wirtschaftsregister).
Entgegen der Ansicht der Revision schränkt die Fassung des Unterlassungsausspruchs auch nicht die Möglichkeiten der Beklagten, die beanstandete Irreführung zu beseitigen, in unzulässiger Weise ein. Der Urteilsausspruch des Berufungsgerichts trägt vielmehr dem Umstand Rechnung, daß es grundsätzlich Sache des Verletzers ist zu entscheiden, wie er das ihm Verbotene vermeidet (vgl. BGHZ 123, 330, 336 - Folgeverträge I; BGH, Urt. v. 26.1.1995 - I ZR 39/93, GRUR 1995, 358, 360 = WRP 1995, 389 - Folgeverträge II).
III. Danach war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
v. Ungern-Sternberg Starck Pokrant
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 87/04 Verkündet am:
11. Januar 2007
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Irreführender Kontoauszug
UWG § 5 Abs. 1; UWG a.F. § 3
Die Kontoauszüge einer Bank sind irreführend, wenn zwar bei den einzelnen
Gutschriften zutreffend zwischen den Daten der Buchung und der Wertstellung
unterschieden, bei der optisch hervorgehobenen Angabe des Kontostands am
Ende des Auszugs aber nicht deutlich darauf hingewiesen wird, dass darin auch
noch nicht wertgestellte Beträge enthalten sein können, über die bis zur Wertstellung
noch nicht ohne Belastung mit Sollzinsen verfügt werden kann (Fortführung
von BGH, Urt. v. 27.6.2002 - I ZR 86/00, GRUR 2002, 1093 = WRP 2003,
975 - Kontostandsauskunft).
BGH, Urt. v. 11. Januar 2007 - I ZR 87/04 - OLG Celle
LG Hannover
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 16. Juni 2004 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist ein Dachverband, dem insbesondere die 16 Verbraucherzentralen in Deutschland angehören. Er verlangt von der beklagten Sparkasse, die Verwendung von seiner Auffassung nach irreführenden Kontoauszugsvordrucken zu unterlassen. Die Kontoauszugsvordrucke der Beklagten enthalten links die Spalten "Buchungstag" und "Tag der Wertstellung". Rechts unten am Ende des Kontoauszugs befindet sich ein optisch hervorgehobenes Feld "neuer Kontostand". Der "neue Kontostand" enthält auch solche Gutschriften, die bereits gebucht, aber noch nicht wertgestellt sind.

2
Am 28. Februar 2003 erhielt ein Kunde der Beklagten einen Kontoauszug , der einen Saldo "neuer Kontostand" in Höhe von "EUR 119,47+" auswies. Darin war ein Betrag von 97 € enthalten, der erst am 3. März 2003 wertgestellt wurde. Der Kunde hob am 28. Februar 2003 etwa 110 € ab. Ihm wurden deshalb für den Zeitraum bis zum 3. März 2003 Sollzinsen belastet.
3
Der Kläger hält die Kontoauszugsformulare der Beklagten für irreführend. Den Kunden der Beklagten würden als "neuer Kontostand" Guthaben mitgeteilt, die auch noch nicht wertgestellte Beträge enthielten, über die noch keine zinsfreie Verfügung möglich sei. Die Angabe des Buchungs- und Wertstellungstags bei den einzelnen Gutschriften sei nicht ausreichend, um eine Irreführung des durchschnittlichen Kunden zu verhindern. Dieser gehe davon aus, dass der Kontostand das ohne Sollzinsen verfügbare Guthaben ausweise.
4
Das Landgericht hat - dem Antrag des Klägers entsprechend - festgestellt , dass die Beklagte es zu unterlassen hat, bei der Mitteilung des Kontostands Kontoauszüge zu verwenden, bei denen bei der Angabe des Kontostands nicht darauf hingewiesen wird, dass darin auch Beträge mit späterer Wertstellung enthalten sein können. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Celle GRUR-RR 2004, 266). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision ist nicht begründet.
6
I. Mit Recht ist das Berufungsgericht von der Zulässigkeit der Feststellungsklage ausgegangen. Das erforderliche, in jeder Lage des Verfahrens und somit auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende (BGH, Urt. v. 11.10.1989 - IVa ZR 208/87, NJW-RR 1990, 130) Feststellungsinteresse liegt vor. Zwar fehlt es im Allgemeinen, wenn eine Leistungsklage möglich ist. Als solche hätte dem Kläger im Streitfall eine Unterlassungsklage zur Verfügung gestanden. Der Vorrang der Leistungsklage gilt aber nicht ausnahmslos. Wenn zu erwarten ist, dass eine Feststellungsklage zur endgültigen Erledigung des Rechtsstreits führt, etwa weil von der Bereitschaft des Beklagten zur Leistung schon nach einem rechtskräftigen Feststellungsurteil auszugehen ist, bestehen gegen ihre Zulässigkeit keine Bedenken (BGH, Urt. v. 30.5.1995 - XI ZR 78/94, NJW 1995, 2219; Urt. v. 5.12.1995 - XI ZR 70/95, NJW 1996, 918 f.; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 52 Rdn. 10 Fn. 29). Bei der beklagten Sparkasse, einer Anstalt des öffentlichen Rechts, besteht eine hinreichende Gewähr, dass sie dem Unterlassungsgebot bereits aufgrund eines rechtskräftigen Feststellungsurteils nachkommt (vgl. BGH NJW 1995, 2219).
7
II. Das Berufungsgericht hat die Klagebefugnis des Klägers nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. bejaht und die Klage aus § 3 UWG a.F. für begründet erachtet. Dazu hat es unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Senats vom 27. Juni 2002 (I ZR 86/00, GRUR 2002, 1093 = WRP 2003, 975 - Kontostandsauskunft ) ausgeführt:
8
Die Angaben auf den Kontoauszügen der Beklagten seien zwar objektiv richtig. Dies schließe aber eine Irreführung i.S. von § 3 UWG (a.F.) nicht aus, weil tatsächlich ein hoher Prozentsatz der Bankkunden annehme, er könne über den als "neuer Kontostand" ausgewiesenen Betrag zinsfrei verfügen. Die Kontoauszüge seien durch die optische Hervorhebung des Kontostands geprägt. Diesem gelte das vornehmliche Interesse des Kunden bei Durchsicht der Kontounterlagen. Der von der Beklagten angegebene Kontostand lasse aber als solcher weder erkennen, dass in ihm auch noch nicht wertgestellte Buchungen enthalten seien noch dass er nicht den Betrag wiedergebe, über den der Kunde zinsfrei verfügen könne. Das Handeln der Beklagten erfolge im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken. Auch die Nicht- oder Schlechterfüllung vertraglicher Pflichten könne eine Wettbewerbshandlung sein, wenn der Kaufmann eine Irreführung seiner Kunden zum Mittel seines Wettbewerbs mache. Das Handeln der Beklagten sei geeignet, Kunden zu Abhebungen noch nicht wertgestellter Guthaben zu bewegen, die zu Zinseinnahmen der Beklagten führten. Damit sei eine objektiv auf den Wettbewerb bezogene Handlung der Beklagten anzunehmen, so dass eine tatsächliche Vermutung für ein Handeln zu Wettbewerbszwecken bestehe.
9
III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
10
1. Auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch, der Gegenstand der begehrten Feststellung ist, sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 anzuwenden. Weil er sich auf Wiederholungsgefahr stützt, besteht der für einen Erfolg der Feststellungsklage erforderliche Unterlassungsanspruch allerdings nur, wenn das beanstan- dete Verhalten auch zur Zeit seiner Begehung wettbewerbswidrig war (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 13.7.2006 - I ZR 234/03, GRUR 2006, 953 Tz 14 = WRP 2006, 1505 - Warnhinweis II).
11
2. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte bei dem beanstandeten Vorgehen im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken gehandelt hat (§ 3 UWG a.F.). Das beanstandete Verhalten der Beklagten stellt auch eine Wettbewerbshandlung i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar.
12
Mit einer irreführenden Gestaltung ihrer Kontoauszüge verletzt eine Bank eine Vertragspflicht aus den Giroverträgen mit ihren Kunden (§§ 676 f., 675 Abs. 1 i.V. mit § 666 BGB). Wie der Senat bereits entschieden hat (GRUR 2002, 1093 - Kontostandsauskunft), liegt in einem solchen Verhalten aber nicht nur eine Vertragsverletzung, sondern auch eine Wettbewerbshandlung, wenn eine Vielzahl von Kunden der Bank durch die Mitteilung des Kontostands irregeführt und dazu veranlasst werden kann, durch Abhebung schon gutgeschriebener , aber noch nicht wertgestellter Beträge ungewollt ihr Konto zu überziehen und dadurch Kreditleistungen der Bank in Anspruch zu nehmen, die sie bei transparenter Information über das zinsfrei verfügbare Guthaben nicht in Anspruch genommen hätten.
13
a) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass eine Bank mit einer irreführenden Gestaltung ihrer Kontoauszüge den Absatz ihrer Bankdienstleistungen fördert. Auch insoweit sieht der Senat keinen Anlass, von seiner Entscheidung vom 27. Juni 2002 (GRUR 2002, 1093 - Kontostandsauskunft ) abzuweichen. Die Beklagte verwendet die beanstandeten Kontoauszüge allgemein und damit in großer Zahl. Abweichungen zwischen Buchungs- und Wertstellungstag, die sich dem ausgewiesenen Tagessaldo nicht unmittelbar entnehmen lassen, treten nicht nur bei Rentenempfängern, sondern auch bei Gehaltsempfängern des öffentlichen Dienstes, bei sämtlichen weiteren Empfängern öffentlicher Leistungen und auch sonst im Massenzahlungsverkehr auf, mithin in einer Vielzahl von Fällen. Eine irreführende Gestaltung der Kontoauszüge kann Kunden zu nicht beabsichtigten Kontoüberziehungen und damit zur Inanspruchnahme einer Dienstleistung der Beklagten veranlassen, die sie ansonsten nicht in Anspruch genommen hätten. Die beanstandete Handlung ist daher geeignet, neue Vertragspflichten zu begründen bzw. bestehende zu erweitern. Deswegen ist ein Marktbezug zu bejahen (vgl. dazu Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 2 UWG Rdn. 53, 54). Durch eine irreführende Gestaltung der Kontoauszüge kann die Bank Vorteile in Form von Überziehungszinsen erzielen.
14
Entgegen der Auffassung der Revision setzte die Feststellung eines Handelns zu Wettbewerbszwecken auch nicht voraus, den Betrag näher zu quantifizieren , den die Beklagte an Zinsen aufgrund einer irreführenden Gestaltung ihrer Kontoauszüge einnimmt. Diese Zinseinnahmen werden zwar bei den einzelnen Kunden nur gering sein, da Überziehungszinsen nur für einen oder allenfalls wenige Tage anfallen. Allein aufgrund der Vielzahl der Fälle handelt es sich aber um einen insgesamt gesehen nicht unerheblichen Betrag (vgl. BGH GRUR 2002, 1093, 1094 - Kontostandsauskunft).
15
b) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte in der Absicht gehandelt hat, den Absatz ihrer Dienstleistungen zu fördern. Dies braucht nicht die einzige und auch nicht die wesentliche Zielsetzung des Handelns zu sein. Vielmehr genügt es, dass diese Absicht nicht völlig hinter anderen Beweggründen zurücktritt (st. Rspr.; vgl. nur BGH GRUR 2002, 1093, 1094 - Kontostandsauskunft, m.w.N.). Bei der Handlung eines Wirtschaftsunternehmens , die objektiv geeignet ist, seinen Absatz oder Bezug zu fördern, besteht eine tatsächliche Vermutung für eine entsprechende Absicht (BGH GRUR 2002, 1093, 1094 - Kontostandsauskunft; BGH, Urt. v. 13.2.2003 - I ZR 41/00, GRUR 2003, 800, 801 = WRP 2003, 1111 - Schachcomputerkatalog, m.w.N.). Diese Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt. Insbesondere sind die durch das Vorgehen der Beklagten insgesamt erzielbaren Vorteile in Form von Überziehungszinsen nicht so gering, dass anzunehmen wäre, die wettbewerbliche Zielsetzung sei neben anderen Beweggründen völlig nebensächlich (vgl. BGH GRUR 2002, 1093, 1094 - Kontostandsauskunft).
16
c) Das Berufungsgericht ist ferner davon ausgegangen, dass das beanstandete Verhalten geeignet ist, sich zum Nachteil von Mitbewerbern der Beklagten auszuwirken. Dabei sei es unerheblich, ob eine solche Vorgehensweise in der Branche verbreitet oder gar üblich sei. In jedem Fall beeinträchtige das Vorgehen die Lauterkeit des Wettbewerbs, weil es Mitbewerber in ihrem Verhalten bestärken oder diese veranlassen könne, ebenso zu verfahren, um nicht im Wettbewerb zurückzufallen. Diese Beurteilung ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BGH GRUR 2002, 1093, 1094 - Kontostandsauskunft). Insoweit erhebt die Revision auch keine Rügen. Das neue Recht kennt das Erfordernis , dass zum Nachteil eines anderen Unternehmens gehandelt werden muss, ohnehin nicht mehr (vgl. Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 2.4 i.V. mit Köhler aaO § 2 UWG Rdn. 2.48; MünchKomm.UWG/ Veil, § 2 Rdn. 21; Harte/Henning/Keller, UWG, § 2 Rdn. 32).
17
3. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Kontoauszüge der Beklagten irreführend sind (§ 3 UWG a.F., § 5 Abs. 1 UWG). Der in den beanstandeten Kontoauszügen mitgeteilte Kontostand erfasst Gutschriften bereits vor ihrer Wertstellung. Dadurch wird - wenn kein aufklärender Hinweis erfolgt - bei einer Vielzahl von Kunden der Eindruck erweckt, sie könnten über diese Gutschriften ohne Zinsbelastung sofort verfügen.
18
a) Allerdings ist der von der Beklagten angegebene Kontostand nicht unrichtig. Denn er gibt das für den Kunden verfügbare Tagesguthaben zutreffend wieder, das von den für die Zinsberechnung maßgeblichen Zwischensalden zu unterscheiden ist (vgl. Schimansky, BKR 2003, 179, 182). Auch objektiv zutreffende Angaben können jedoch irreführend sein, wenn ein beachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise damit eine unrichtige Vorstellung verbindet (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 23.10.1997 - I ZR 98/95, GRUR 1998, 1043, 1044 = WRP 1998, 294 - GS-Zeichen, m.w.N.).
19
b) Die Beklagte verwendet Kontoauszüge der hier in Rede stehenden Art gegenüber allen Inhabern eines Girokontos. Unter diesen Umständen ist bei der Prüfung der Irreführung das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers maßgeblich, der die situationsadäquate Aufmerksamkeit aufbringt (st. Rspr.; vgl. BGHZ 156, 250, 252 - Marktführerschaft; BGH, Urt. v. 7.4.2005 - I ZR 314/02, GRUR 2005, 690, 691 f. = WRP 2005, 886 - Internet-Versandhandel; Urt. v. 7.7.2005 - I ZR 253/02, GRUR 2005, 877, 879 = WRP 2005, 1242 - Werbung mit Testergebnis).
20
c) Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass der Durchschnittsverbraucher durch die Gestaltung der Kontoauszüge darüber irregeführt wird, dass der als Kontostand ausgewiesene Betrag zwar abgehoben , über ihn aber nicht zinsfrei verfügt werden kann. Die Mitglieder des Berufungsgerichts gehören ebenso wie die Richter, die in erster Instanz entschieden haben, als Inhaber von Girokonten zu den betroffenen Verkehrskreisen. Sie konnten die Frage der Irreführung deshalb aufgrund eigener Sachkunde beurteilen.
21
d) Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass das vornehmliche Interesse des Kunden bei Durchsicht der Kontounterlagen dem dort ausgewiesenen Kontostand gilt, der deshalb von der Beklagten auch optisch hervorgehoben wird. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts erkennt jedenfalls ein erheblicher Teil der Bankkunden mangels eines entsprechenden Hinweises beim Kontostand den Unterschied zwischen verfügbarem Kontostand und zinsfrei verfügbarem Guthaben nicht, so dass bei diesen Kunden unrichtige Vorstellungen darüber entstehen, in welchem Umfang sie ohne Zinsbelastung verfügen können. Zwar werden auf dem Kontoauszug die einzelnen Buchungen mit Buchungs- und Wertstellungstag getrennt ausgewiesen, wodurch sich der Sachverhalt von demjenigen des Senatsurteils vom 27. Juni 2002 (GRUR 2002, 1093 - Kontostandsauskunft) unterscheidet. Die Summe, über die zinsfrei verfügt werden kann, kann somit hier durch Abzug der Buchungen, bei denen die Wertstellung noch in der Zukunft liegt, von dem Tagessaldo errechnet werden. Es entspricht aber der Lebenserfahrung , dass zumindest ein erheblicher Teil der verständigen Bankkunden nicht erkennt, dass sie zur Ermittlung des Betrags, über den sie zinsfrei verfügen können, eine entsprechende Rechenoperation durchführen müssen. Viele Kunden überprüfen zudem vor Abhebung eines Geldbetrags nicht die einzelnen Buchungen, weil aus ihrer Sicht allein der Kontostand relevant ist. Zudem finden sich bei längeren Kontoauszügen die noch nicht wertgestellten Gutschriften häufig auf einer anderen Seite (oder einem anderen Bildschirmfenster) als der Kontostand. Der Umstand, dass die Kontoauszüge der Beklagten anders als die vom Senat bereits beurteilte Kontostandsauskunft am Geldautomaten vor der Angabe des Kontostands auch die einzelnen Buchungen mit Wertstellungsda- tum ausweisen, rechtfertigt somit bei der Beurteilung der Irreführung kein von der Senatsentscheidung vom 27. Juni 2002 abweichendes Ergebnis.
22
Es ist für die Beklagte deshalb keineswegs geboten, auf die Unterscheidung zwischen Buchung und Wertstellung oder die Angabe der entsprechenden Daten im Kontoauszug zu verzichten. Denn sie kann eine Irreführung vermeiden , indem sie bei der Angabe des Kontostands deutlich darauf hinweist, dass darin auch Beträge mit späterer Wertstellung enthalten sein können, über die erst ab Wertstellung ohne Belastung mit Sollzinsen verfügt werden kann.
23
e) Das beanstandete Verhalten stellt auch eine Werbung i.S. von § 5 Abs. 1 UWG dar. Nach Art. 2 Nr. 1 der Irreführungsrichtlinie ist Werbung "jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen … zu fördern" (vgl. BGH, Urt. v. 9.6.2005 - I ZR 279/02, GRUR 2005, 1061, 1063 = WRP 2005, 1511 - Telefonische Gewinnauskunft). Der Kontoauszug stellt eine Äußerung dar, die mit dem Ziel der Absatzförderung von Dienstleistungen erfolgt (vgl. oben III.2.a) und b)).

24
IV. Die Revision ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Büscher Schaffert
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 22.12.2003 - 18 O 251/03 -
OLG Celle, Entscheidung vom 16.06.2004 - 3 U 38/04 -

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 41/10 Verkündet am:
9. Juni 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Werbegeschenke
Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2

a) Die Löschungsansprüche wegen bösgläubiger Markenanmeldung und wegen
Verfalls mangels rechtserhaltender Benutzung sind unterschiedliche Streitgegenstände.

b) Will die in erster Instanz mit dem Löschungsgrund der bösgläubigen Markenanmeldung
erfolgreiche Partei die Klage in der Berufungsinstanz (auch) auf
einen Verfall der Marke wegen fehlender rechtserhaltender Benutzung stützen
, muss sie sich dem Rechtsmittel der Gegenseite anschließen.

c) Hat das Berufungsgericht das schriftliche Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO
ohne Zustimmung der Parteien angeordnet, kann eine Anschlussberufung im
Rahmen des schriftlichen Verfahrens nicht wirksam eingelegt werden.

d) Eine rechtserhaltende Benutzung im Sinne von § 26 Abs. 1 MarkenG liegt
nicht vor, wenn Werbegeschenke als Belohnung für den Kauf anderer Waren
und zur Förderung des Absatzes dieser Waren verteilt werden, es sei denn,
dies geschieht auch, um für die als Werbegeschenke verteilten Waren einen
Absatzmarkt zu erschließen.
BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - I ZR 41/10 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Koch und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 28. Januar 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, eine Gesellschaft der Metro-Unternehmensgruppe, ist Inhaberin der mit Priorität vom 22. September 2003 angemeldeten farbigen (gelbe Schrift auf blauem Grund) Wort-/Bildmarke Nr. 303 48 717
2
Die Marke ist seit 27. April 2004 unter anderem eingetragen für Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; elektronische, magnetische und optische Speicher; ROM-, PROM-, EAROM-, EPROMSpeicher , CD-ROM-Speicher, Chips (integrierte Schaltkreise), Disketten, Mag- netplatten; elektrische Schaltplatten mit Speicherbausteinen, sämtliche vorgenannte Waren ohne und mit darin aufgezeichneten Informationen; Microprozessoren ; Peripheriegeräte für Computer, insbesondere Drucker, Bildschirme, elektromechanische, elektronische, optische und akustische Ein- und Ausgabegeräte , Tastaturen, Schnittstellengeräte; Computerhardware, insbesondere Cursor-Steuerungsgeräte für die Verwendung von Computeranzeigegeräten und Computer-Schaltplatten; Geräte, Verbindungskabel und -stecker zum Verbinden oder Vernetzen von Datenverarbeitungsgeräten und Geräten der Nachrichtentechnik ; Unterhaltungsgeräte als Zusatzgeräte für Fernsehgeräte oder Computer; Computerprogramme, Datenbanken; Feuerlöschgeräte; Warndreiecke ; elektrische Kabel, Drähte, Leiter- und Verbindungsarmaturen hierzu sowie Schalter und Verteilertafeln oder -schränke; Batterien, Tachometer, Transformatoren ; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; Aktualisieren von Internetseiten, Beratung bei der Gestaltung von Homepages und Internetseiten , Beratung für Telekommunikationstechnik; Beratung in Fragen gewerblicher Schutzrechte; Bereitstellung von Computerprogrammen in Datennetzen, Betrieb von Suchmaschinen für das Internet; Datensicherung; Datenspeicherung ; Datenverwaltung auf Servern; Design von Computersoftware, HomePages und Web-Seiten; Dienstleistungen einer Datenbank und eines EDVProgrammierers ; digitale Datenaufbereitung und Datenverarbeitung; EDVBeratung ; Entwicklungsdienste und Recherchedienste bezüglich neuer Produkte (für Dritte); Implementierung von EDV-Programmen in Netzwerken; Installieren von Computerprogrammen; Konfiguration von Computer-Netzwerken durch Software; Lizenzierung von Software; Nachforschungen, Recherchen in Datenbanken und im Internet für Dritte; Pflege und Installation von Software; redaktionelle Betreuung von Internetauftritten; Vergabe und Registrierung von Domainnamen ; Vermietung von Speicherplätzen, Computersoftware, Datenverarbeitungsgeräten , Speicherplatz im Internet, Web-Servern.
3
Die Klägerin ist weiterhin Inhaberin der am 15. April 1995 angemeldeten unter anderem für Waren der Klasse 9 und Dienstleistungen der Klassen 38 und 42 eingetragenen farbigen (gelb) Wort-/Bildmarke Nr. 395 16 389
4
Die Beklagte ist ein bedeutender europäischer Anbieter von Telekommunikationstechnologie.
5
Im Revisionsverfahren ist nur noch der von der Beklagten im Wege der Widerklage gegen die Marke Nr. 303 48 717 der Klägerin gerichtete Löschungs- antrag von Bedeutung. Zu dessen Begründung hat die Beklagte erstinstanzlich geltend gemacht, die Klägerin habe die angegriffene Marke zur Umgehung des Benutzungszwangs erneut angemeldet. Die ältere Marke Nr. 395 16 389 sei für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38 und 42 löschungsreif gewesen. Die wiederholte Markenanmeldung sei rechtsmissbräuchlich erfolgt und von der Klägerin deshalb bösgläubig vorgenommen worden.
6
Die Beklagte hat widerklagend beantragt, die Klägerin zu verurteilen, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Löschung der deutschen Wort-/Bildmarke Nr. 303 48 717 „METRO“ für die Waren in Klasse 9 und die Dienstleistungen in Klasse 38 und 42, nämlich (es folgt das vorstehend wiedergegebene Waren- und Dienstleistungsverzeichnis ) einzuwilligen.
7
Das Landgericht hat der Widerklage stattgegeben. Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte nach Ablauf der Berufungserwiderungsfrist und nach Anordnung des schriftlichen Verfahrens den Löschungsantrag auch darauf gestützt, dass die angegriffene Marke mangels rechtserhaltender Benutzung für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen verfallen sei. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen (OLG Hamburg, GRUR-RR 2010, 379).
8
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Klägerin weiterhin , den Löschungsantrag abzuweisen. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagten stehe ein Löschungsanspruch gegen die Klägerin nach §§ 3, 4 Nr. 10, § 8 Abs. 1 UWG, § 826 BGB wegen sittenwidriger Behinderung nicht zu; die Marke sei jedoch nach § 49 Abs. 1, § 55 Abs. 1 und 2 Nr. 1 MarkenG wegen Verfalls zu löschen. Dazu hat es ausgeführt:
10
Der Anmelder einer Marke handele unlauter und sittenwidrig im Sinne von §§ 3, 4 Nr. 10 UWG und § 826 BGB, wenn er in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne hinreichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren eine gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung in der Absicht eintragen lasse, den Gebrauch für den Vorbenutzer zu sperren oder die an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen. Die danach erforderliche Behinderungsabsicht der Klägerin lasse sich nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen.
11
Der Beklagten stehe aber mangels rechtserhaltender Benutzung der angegriffenen Marke der geltend gemachte Löschungsanspruch wegen Verfalls zu. Die Beklagte habe diesen Löschungsgrund nach Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und Anordnung des schriftlichen Verfahrens in zulässiger Weise in den Rechtsstreit eingeführt. Die Klägerin habe die angegriffene Marke nicht ernsthaft rechtserhaltend im Sinne von § 26 Abs. 1 MarkenG benutzt. Die Klägerin habe die Marke zwar zur Kennzeichnung von Taschenrechnern , USB-Sticks und mobilen Ladegeräten verwandt. Die Zeichenbenutzung sei aber nicht ernsthaft erfolgt. Die Klägerin habe die mit der Marke gekennzeichneten Produkte nicht als Teil ihres Handelssortiments, sondern nur unentgeltlich zu Werbezwecken in den Verkehr gebracht. Dies reiche für eine ernsthafte Markenbenutzung nicht aus.
12
Die Kennzeichnung der von der Klägerin vertriebenen CD-ROM mit der Bezeichnung „METRO LINK“ sei keine rechtserhaltende Benutzung der ange- griffenen Marke. Deren kennzeichnender Charakter werde entgegen § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG verändert.
13
Die Klägerin habe die Marke „METRO“ für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen auch nicht rechtserhaltend in Prospekten benutzt. Sämtliche darin abgebildeten Produkte seien mit den jeweiligen Herstellermarken gekennzeichnet. Die in den Prospekten angeführte Marke der Klägerin weise keinen Bezug zur Herkunft der abgebildeten Produkte auf.
14
Die zwischen den Rechtsvorgängerinnen der Parteien geschlossene Vorrechtsvereinbarung stehe der Löschungsklage nicht entgegen.
15
B. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
16
I. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten stehe ein Anspruch auf Einwilligung in die Löschung der Marke Nr. 303 48 717 „METRO“ für die fraglichen Waren und Dienstleistungen nach §§ 26, 49 Abs. 1, § 55 Abs. 1 und 2 Nr. 1 MarkenG zu, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
17
1. Das Berufungsgericht durfte über den Anspruch auf Einwilligung in die Löschung der angegriffenen Marke wegen Verfalls nicht in der Sache entscheiden. Die Beklagte hat diesen Anspruch nicht wirksam in den Rechtsstreit eingeführt. Sie konnte ihren erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemachten Löschungsanspruch wegen Verfalls der Marke der Klägerin nur im Wege der Anschlussberufung verfolgen. Eine Anschlussberufung hat die Beklagte jedoch nicht wirksam eingelegt.
18
2. Die Beklagte hat die Löschungswiderklage in der Berufungsinstanz auf einen weiteren Streitgegenstand gestützt.
19
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 1/01, BGHZ 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten; Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, GRUR 2011, 521 Rn. 3 = WRP 2011, 878 - TÜV I).
20
Bei den Löschungsansprüchen wegen bösgläubiger Markenanmeldung nach §§ 3, 4 Nr. 10, § 8 Abs. 1 UWG, § 826 BGB (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. August 2000 - I ZR 283/97, GRUR 2000, 1032, 1034 = WRP 2000, 1293 - EQUI 2000; Urteil vom 10. Januar 2008 - I ZR 38/05, GRUR 2008, 621 Rn. 20 f. = WRP 2008, 785 - AKADEMIKS) auf der einen und wegen Verfalls mangels rechtserhaltender Benutzung auf der anderen Seite handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände. Dies ist sowohl für das Verhältnis der verschiedenen Verfallsgründe nach § 49 MarkenG zueinander als auch im Verhältnis zum Löschungsgrund des Bestehens älterer Rechte nach § 51 MarkenG anerkannt (vgl. v. Gamm in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz , Urheberrecht, Medienrecht, 2. Aufl., § 55 MarkenG Rn. 4; Ingerl/ Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 55 Rn. 11; Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz , 9. Aufl., § 55 Rn. 10). Nichts anderes gilt für das Verhältnis des außerkennzeichenrechtlichen Löschungsgrundes wegen bösgläubiger Markenanmeldung zum Löschungsgrund wegen Verfalls aufgrund mangelnder rechtserhaltender Benutzung.
21
b) Im erstinstanzlichen Verfahren hat die Beklagte den im Wege der Widerklage verfolgten Löschungsanspruch gegen die angegriffene Marke ausschließlich aus dem außerkennzeichenrechtlichen Löschungsgrund der bösgläubigen Markenanmeldung hergeleitet. In der Berufungsinstanz hat die Be- klagte den von ihr verfolgten Löschungsanspruch zusätzlich auf den Löschungsgrund des Verfalls wegen mangelnder Benutzung der Marke Nr. 303 48 717 „METRO“ gestützt. Dadurch hat die Beklagte - wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist - einen weiteren Streitgegenstand (prozessualen Anspruch) in den Rechtsstreit eingeführt.
22
3. Einen neuen Klagegrund konnte die Beklagte in der Berufungsinstanz nur im Wege eines Anschlussrechtsmittels in den Rechtsstreit einführen. Der Berufungsbeklagte, der die in erster Instanz erfolgreiche Klage erweitern oder auf einen neuen Klagegrund stellen will, muss sich gemäß § 524 ZPO der Berufung der Gegenseite anschließen (vgl. BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 17. Dezember 1951 - GSZ 2/51, BGHZ 4, 229, 234; BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - I ZR 10/09, GRUR 2011, 831 Rn. 40 = WRP 2011, 1174 - BCC; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 524 Rn. 33; Wieczorek/Schütze/Gerken, ZPO, 3. Aufl., § 524 Rn. 7). Von der Notwendigkeit, Anschlussberufung einzulegen , ist auch dann auszugehen, wenn die Einführung eines neuen Klagegrundes eine Änderung des Sachantrags nicht erforderlich macht (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2006 - I ZR 166/03, GRUR 2007, 605 Rn. 24 = WRP 2007, 772 - Umsatzzuwachs). Der Berufungsbeklagte, der im Berufungsrechtszug seine Klage auf einen anderen Klagegrund stützt, will damit mehr erreichen als die bloße Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung über den mit der (Wider-)Klage verfolgten Anspruch (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2007 - V ZR 210/06, NJW 2008, 1953 Rn. 15).
23
4. Die Anschlussberufung, die danach vorliegend erforderlich war, um den Löschungsanspruch auch auf den Verfall der angegriffenen Markewegen mangelnder Benutzung stützen zu können (§§ 26, 49 Abs. 1 MarkenG), hat die Beklagte nicht in zulässiger Weise eingelegt. Die Anschließung ist nicht wirksam erfolgt.
24
a) Ohne Erfolg bleibt allerdings die Rüge der Revision, die Beklagte habe die Anschließung nicht innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO erklärt. Nach dieser Bestimmung kann sich der Berufungsbeklagte der Berufung des Gegners nur bis zum Ablauf der Frist zur Berufungserwiderung anschließen. Die der Beklagten nach einer Verlängerung gesetzte Frist zur Berufungserwiderung lief am Montag, dem 11. Mai 2009 ab.
25
aa) Die Beklagte hat es freilich versäumt, sich der Berufung der Klägerin innerhalb der ihr gesetzten Berufungserwiderungsfrist anzuschließen. Insbesondere ist die nach § 524 Abs. 1 Satz 2 ZPO erforderliche Anschließung durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift nicht durch die am selben Tag bei Gericht eingegangene Berufungserwiderung vom 11. Mai 2009 erfolgt.
26
(1) Für die Einlegung eines Anschlussrechtsmittels ist nicht die ausdrückliche Erklärung erforderlich, es werde Anschlussberufung oder Anschlussrevision eingelegt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1989 - IX ZR 280/88, NJW-RR 1990, 318). Vielmehr genügt jede Erklärung, die sich ihrem Sinn nach als Begehren auf Abänderung des Urteils erster Instanz darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1953 - VI ZR 217/52, NJW 1954, 266, 267, insoweit in BGHZ 11, 27 nicht abgedruckt). Der Anschluss an das Rechtsmittel der Gegenseite kann daher auch konkludent in der Weise erfolgen, dass der Kläger sein im Übrigen unverändertes Klagebegehren auf einen weiteren Klagegrund stützt.
27
(2) Mit Schriftsatz vom 11. Mai 2009 hat die Beklagte den weiteren Löschungsgrund wegen Verfalls aufgrund mangelnder Benutzung der angegriffenen Marke nicht in den Rechtsstreit eingeführt. Vielmehr hat die Beklagte sich in diesem Schriftsatz zur Begründung des bereits in erster Instanz geltend gemachten Löschungsgrundes der bösgläubigen Markenanmeldung auf einen fehlenden Willen der Klägerin berufen, die Marken Nr. 395 16 389 und 303 48 717 „METRO“ für die fraglichen Waren und Dienstleistungen zu benutzen , und als Indiz hierfür geltend macht, die Klägerin habe die beiden Marken in der Vergangenheit nicht verwendet. Weder hat sich die Beklagte in dem von der Revisionserwiderung herangezogenen Vorbringen, in dem sie eine Begründung des Anschlussrechtsmittels sehen will, auf einen Ablauf der Benutzungsschonfrist gestützt, noch ist dem in Bezug genommenen Vortrag der Beklagten sonst etwas für die Geltendmachung des Verfalls nach §§ 26, 49 Abs. 1 MarkenG zu entnehmen. Dieser Sachvortrag der Beklagten genügt danach nicht den Anforderungen , die an die Geltendmachung eines weiteren selbständigen Klagegrundes zu stellen sind. Will die Partei einen weiteren selbständigen Klagegrund in den Rechtsstreit einführen und den bereits geltend gemachten Klagegrund nicht nur durch weiteren Sachvortrag zusätzlich abstützen, muss sich dies eindeutig und zweifelsfrei aus ihrem Vorbringen ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 2. April 1992 - I ZR 146/90, GRUR 1992, 552, 554 = WRP 1992, 557 - Stundung ohne Aufpreis; Urteil vom 20. September 2007 - I ZR 171/04, GRUR 2008, 443 Rn. 24 = WRP 2008, 666 - Saugeinlagen). Dies erfordert insbesondere der Schutz des Gegners, für den erkennbar sein muss, welche prozessualen Ansprüche gegen ihn erhoben werden, um seine Rechtsverteidigung danach ausrichten zu können (vgl. BGHZ 154, 342, 349 - Reinigungsarbeiten).
28
bb) Gleichwohl bleibt die Rüge der Revision, die Beklagte habe sich innerhalb der Berufungserwiderungsfrist dem Rechtsmittel der Klägerin nicht angeschlossen , ohne Erfolg. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Frist zur Berufungserwiderung wirksam bestimmt und die Beklagte über die Rechtsfolgen einer Fristversäumnis gemäß § 524 Abs. 3 Satz 2, § 521 Abs. 2 Satz 2, § 277 Abs. 2 ZPO belehrt worden ist. Der Senat kann dem Akteninhalt nicht entnehmen , dass eine beglaubigte Abschrift der richterlichen Verfügung, mit der die Frist für die Berufungserwiderung gesetzt worden ist, gemäß § 329 Abs. 2 Satz 2, § 169 Abs. 2 ZPO zugestellt worden ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 13. März 1980 - VII ZR 147/79, BGHZ 76, 236, 241). Gleiches gilt für die Frage, ob die Beklagte über die Rechtsfolgen einer Fristversäumnis nach § 524 Abs. 3 Satz 2, § 521 Abs. 2 Satz 2, § 277 Abs. 2 ZPO belehrt worden ist.
29
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass bei einem Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach § 277 Abs. 2 ZPO eine Anwendung der Präklusionsvorschriften nicht in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 1983 - IVa ZR 135/81, BGHZ 86, 218, 225). Das hat auch für die Frage der Rechtzeitigkeit der Anschlussberufung zu gelten, wenn die Frist zur Berufungserwiderung nicht wirksam bestimmt und die erforderliche Belehrung nach § 524 Abs. 3 Satz 2, § 521 Abs. 2 Satz 2, § 277 Abs. 2 ZPO unterblieben ist (vgl. BGH, Beschluss vom 23. September 2008 - VIII ZR 85/08, NJW 2009, 515 Rn. 4 und 6; GRUR 2011, 831 Rn. 45 - BCC).
30
b) Mit Recht macht die Revision aber geltend, die Beklagte habe sich auch nach Ablauf der Berufungserwiderungsfrist nicht wirksam der Berufung der Klägerin angeschlossen.
31
aa) Nachdem die Berufungserwiderungsfrist nicht wirksam bestimmt worden war, konnte sich die Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz am 8. Oktober 2009 dem Rechtsmittel der Klägerin anschließen (BGH, NJW 2009, 515 Rn. 7; GRUR 2011, 831 Rn. 46 - BCC). Dies ist jedoch nicht geschehen. Vielmehr hat die Beklagte den Löschungsgrund des Verfalls wegen mangelnder Benutzung der angegriffenen Marke erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz mit Schriftsatz vom 16. November 2009 und erneut nach Anordnung des schriftlichen Verfahrens durch das Berufungsgericht mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2009 geltend gemacht. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung konnte die Beklagte den weiteren Klagegrund des Verfalls im Streitfall nicht mehr wirksam im Wege der Anschlussberufung in den Rechtsstreit einführen.
32
bb) Das Berufungsgericht hat zwar in dem auf die mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 2009 anberaumten Verkündungstermin am 19. November 2009 die mündliche Verhandlung wiedereröffnet und das schriftliche Verfahren angeordnet. Die Anordnung des schriftlichen Verfahrens durch das Berufungsgericht ist jedoch nicht wirksam erfolgt. Nach § 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO setzt die Anordnung des schriftlichen Verfahrens die Zustimmung der Parteien voraus, die zweifelsfrei erklärt werden muss (BGH, Urteil vom 20. März 2007 - VI ZR 254/05, NJW 2007, 2122 Rn. 8). Dies ist vorliegend nicht geschehen.
33
Die Klägerin hat mit dem Schriftsatz vom 16. Dezember 2009, mit dem sie die Verlängerung der ihr gesetzten Frist zur Stellungnahme beantragt hat, entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung der Anordnung des schriftlichen Verfahrens nicht zugestimmt. Die Bitte um Fristverlängerung ist auch nach Anordnung des schriftlichen Verfahrens im vermuteten Einverständnis der Parteien keine schlüssige Zustimmung zur Anordnung des schriftlichen Verfahrens. Auch nachfolgend hat die Klägerin dem schriftlichen Verfahren nicht zugestimmt. Sie hat vielmehr der Entscheidung über den Verfall der angegriffenen Marke ohne mündliche Verhandlung mit Schriftsatz vom 15. Januar 2010 widersprochen.
34
Hatte danach das Berufungsgericht das schriftliche Verfahren wegen fehlender Zustimmung der Klägerin nicht wirksam angeordnet, konnte die Beklagte sich dem Rechtsmittel nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 8. Oktober 2009 nicht mehr wirksam anschließen.
35
cc) Das angefochtene Urteil beruht auch auf diesem Verfahrensfehler. Das Berufungsgericht durfte die Anschlussberufung nicht berücksichtigen, weil die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 16. November 2009 erstmals erklärte Anschließung der Beklagten an die Berufung der Klägerin unzulässig war.
36
C. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO).
37
I. Zwar ist es grundsätzlich nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, einem Kläger durch die Zurückverweisung an das Berufungsgericht die Möglichkeit zu bieten, einen neuen Streitgegenstand in das Verfahren einzuführen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2002 - I ZR 103/00, GRUR 2003, 436, 439 = WRP 2003, 384 - Feldenkrais). Im Streitfall ist die Zurückverweisung aber ausnahmsweise geboten, weil das Berufungsgericht durch eine fehlerhafte Verfahrensgestaltung die Beklagte daran gehindert hat, den Klagegrund des Verfalls wegen mangelnder Benutzung der angegriffenen Marke durch eine Anschlussberufung in den Rechtsstreit einzuführen. Nachdem das Berufungsgericht die mündliche Verhandlung gemäß § 156 ZPO wiedereröffnet hatte, hätte es - mangels Zustimmung der Parteien nach § 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO - nicht in das schriftliche Verfahren übergehen dürfen. Hätte das Berufungsgericht stattdessen eine mündliche Verhandlung anberaumt, wäre die mit den Schriftsätzen der Beklagten vom 16. November und 10. Dezember 2009 (schlüssig erklärte) Anschlussberufung wirksam gewesen.
38
In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob das Berufungsgericht die am 8. Oktober 2009 zunächst geschlossene mündliche Verhandlung am 19. November 2009 zu Recht gemäß § 156 ZPO wiedereröffnet oder dabei - wie die Revision meint - den Anspruch der Klägerin auf ein faires Gerichtsverfahren und auf richterliche Neutralität verletzt hat. Die Anordnung der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist unanfechtbar und der Überprüfung durch das Revisionsgericht entzogen.
39
II. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
40
1. Die Beklagte hat den gegen die Marke Nr. 303 48 717 gerichteten Löschungsanspruch neben dem bislang nicht wirksam in den Rechtsstreit eingeführten Löschungsgrund wegen Verfalls auch auf eine bösgläubige Markenanmeldung gestützt. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren muss die Beklagte - sofern sie beide Löschungsgründe geltend machen will - angeben, in welcher Reihenfolge sie die verschiedenen Streitgegenstände zur Entscheidung stellt, weil eine alternative Klagehäufung nicht (mehr) in Betracht kommt (vgl. BGH, GRUR 2011, 521 Rn. 10 f. - TÜV I). Zwar ist grundsätzlich auch eine kumulative Verfolgung mehrerer Streitgegenstände möglich. Vorliegend ist jedoch nichts für ein Interesse der Beklagten ersichtlich, die verschiedenen Streitgegenstände nicht im Wege einer eventuellen, sondern einer kumulativen Klagehäufung zu verfolgen.
41
Die Beklagte ist mit dem Löschungsgrund der bösgläubigen Markenanmeldung im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch nicht ausgeschlossen. Das käme im Streitfall nur in Betracht, wenn das Berufungsgericht über den außerkennzeichenrechtlichen Löschungsanspruch nach §§ 3, 4 Nr. 10, § 8 Abs. 1 UWG, § 826 BGB bereits abschließend entschieden hätte. Das Berufungsgericht hat über diesen prozessualen Anspruch bislang jedoch keine der Rechtskraft fähige Entscheidung getroffen. Es ist zwar davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen dieses Löschungsanspruchs nicht vorliegen. Diese Ausführungen sind aber für das Berufungsurteil nicht tragend; sie stellen nur ein Begründungselement des Berufungsurteils und keine der Rechtskraft fähige Entscheidung über den Streitgegenstand dar. Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel der Klägerin gegen ihre erstinstanzliche Verurteilung aufgrund des außerkennzeichenrechtlichen Löschungsanspruchs in vollem Umfang zurückgewiesen. Hätte das Berufungsgericht über den außerkennzeichenrechtlichen Löschungsanspruch abschließend entscheiden wollen, hätte es der Berufung der Klägerin teilweise stattgeben und die Widerklage in diesem Umfang abweisen müssen.
42
2. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Senats setzt die rechtserhaltende Benutzung (Art. 10 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 MarkenRL, § 26 Abs. 1 MarkenG) voraus, dass die Marke für Waren oder Dienstleistungen verwendet wird, um für diese Produkte einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern (vgl. EuGH, Urteil vom 11. März 2003 - C-40/01, Slg. 2003, I-2439 = GRUR 2003, 425 Rn. 43 - Ansul/Ajax; Urteil vom 15. Januar 2009 - C-495/07, Slg. 2009, I-137 = GRUR 2009, 410 Rn. 16 - Silberquelle /Maselli; BGH, Urteil vom 10. April 2008 - I ZR167/05, GRUR 2009, 60 Rn. 37 ff. = WRP 2008, 1544 - LOTTOCARD). Darauf, ob die Waren oder Dienstleistungen mit Gewinnerzielungsabsicht angeboten oder erbracht werden , kommt es dagegen nicht an (vgl. EuGH, Urteil vom 9. Dezember 2008 - C-442/07, Slg. 2008, I-9223 = GRUR 2009, 156 Rn. 16 - Verein RadetzkyOrden ). Nicht ausreichend ist eine nur symbolische Benutzung, die allein zu dem Zweck erfolgt, das Markenrecht zu sichern (vgl. EuGH, GRUR 2009, 156 Rn. 13 - Verein Radetzky-Orden). Eine rechtserhaltende Benutzung liegt danach nicht vor, wenn Werbegegenstände als Belohnung für den Kauf anderer Waren und zur Förderung des Absatzes dieser Waren verteilt werden (vgl. EuGH, GRUR 2009, 410 Rn. 20 - Silberquelle/Maselli). Allerdings schließt nicht jede Verteilung als Werbegeschenk eine rechtserhaltende Benutzung aus. Aus einem solchen Verhalten kann sich im Einzelfall ergeben, dass der Markenin- haber damit einen Absatzmarkt erschließen möchte. Die Verteilung kann etwa zu dem Zweck erfolgen, zu ermitteln, ob für die Waren ein Publikumsinteresse besteht oder um den Verkehr an neue mit der Marke gekennzeichnete Produkte zu gewöhnen und Marktanteile zu gewinnen (vgl. Drögsler, WRP 2009, 922, 928; weitergehend Kunzmann, MarkenR 2008, 309, 313). Denkbar ist auch, dass mehrere Produkte beim Vertrieb zusammengefasst werden und die Zugabe zu einem Produkt der Erschließung oder Sicherung beider Absatzmärkte dient. Dagegen, dass diese Voraussetzungen vorliegen, spricht vorliegend allerdings - wovon das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen ist -, dass nach seinen bislang getroffenen Feststellungen die angegriffene Marke nur für typischerweise zu Werbe- oder Anerkennungszwecken verteilte Ware benutzt worden ist und es der Klägerin nicht darum ging, für die vertriebenen Produkte einen Absatzmarkt zu schaffen.
Bornkamm Pokrant Büscher
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 26.09.2008 - 408 O 190/06 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 28.01.2010 - 3 U 212/08 -

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

Wer ohne rechtlichen Grund eine Verbindlichkeit eingeht, kann die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Anspruch auf Befreiung von der Verbindlichkeit verjährt ist.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

Wer ohne rechtlichen Grund eine Verbindlichkeit eingeht, kann die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Anspruch auf Befreiung von der Verbindlichkeit verjährt ist.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 121/03 Verkündet am:
26. Januar 2006
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Schlank-Kapseln
Veröffentlicht ein Presseunternehmen eine irreführende Werbeanzeige für ein
Schlankheitsmittel, so haftet es nicht ohne weiteres schon dann als Störer,
wenn es die Angaben, die später als unrichtig festgestellt werden, als solche
dem Anzeigentext bei der gebotenen Sorgfalt hätte entnehmen können. Da die
Pressehaftung auf grobe und eindeutige, unschwer erkennbare Wettbewerbsverstöße
beschränkt ist, greift sie in einem solchen Fall nicht ein, wenn bei der
gebotenen Prüfung vor der Veröffentlichung ohne Fachkenntnisse nur vermutet
werden kann, dass die Anzeige irreführend ist.
Stützt der Kläger sein Unterlassungsbegehren sowohl auf Wiederholungsgefahr
wegen der behaupteten Verletzungshandlung als auch auf Erstbegehungsgefahr
wegen Erklärungen des Beklagten bei der Rechtsverteidigung im gerichtlichen
Verfahren, so handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände.
Weist das Landgericht die Klage insgesamt ab, so muss die Berufungsbegrün-
dung, wenn der Kläger das erstinstanzliche Urteil insgesamt anfechten will, für
jeden dieser beiden prozessualen Ansprüche den Anforderungen des § 520
Abs. 3 Satz 2 ZPO genügen.
BGH, Urt. v. 26. Januar 2006 - I ZR 121/03 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Januar 2006 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant,
Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 10. April 2003 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 10. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Herausgeberin des Anzeigenblattes "E. ". In der Ausgabe vom 6. Februar 2002 veröffentlichte sie die nachfolgend wiedergegebene Werbeanzeige für "Schlank-Kapseln":
2
Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände hat darin eine irreführende Werbung gesehen und die Beklagte wegen Verstoßes gegen § 3 UWG a.F. als Störerin auf Unterlassung in Anspruch genommen.
3
Das Landgericht hat dahinstehen lassen, ob die beanstandete Anzeige irreführend ist. Es hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte hafte als Presseunternehmen nur bei einem besonders groben und offensichtlichen Verstoß, der hier nicht vorliege. Ein Unterlassungsanspruch sei auch nicht wegen Erstbegehungsgefahr begründet. Gegen die Beklagte sei noch kein Urteil ergangen, aufgrund dessen sie damit rechnen müsse, dass die Anzeige mit dem veröffentlichten Inhalt wettbewerbswidrig sei.
4
In der Berufungsinstanz hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Anzeigen wie die vorstehend abgebildete zu veröffentlichen, in denen behauptet wird, dass man in kurzer Zeit erheblich und auf Dauer ohne Änderung der Ernährungsgewohnheiten und/oder körperliche Betätigung abnimmt. Hilfsweise: es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in einer Anzeige für ein Schlankheitsmittel "S. Schlankkapseln" unter der drucktechnischen Überschrift "Sensationell! Schlankkapseln gegen Fett und Übergewicht ABNEHMEN: ….. so einfach wie noch nie!" folgende Behauptung aufzustellen: "… Es sorgt dafür, dass diese Glücklichen futtern können, soviel sie wollen und doch nicht fett werden. Weil ihr Stoffwechsel die Nahrung so schnell verbrennt, dass kein Tortenstückchen Zeit hat, sich in Form von Fett breit zu machen … Sie nehmen daher ab, auch wenn Sie normal essen … Sie werden daher niemals Hunger haben … Sie brauchen kei- ne strikte Diät einzuhalten … Gymnastikübungen sind überflüssig … Das erste Schlankheitsprodukt, das die Erfolge bringt, die es verspricht … ungefähr 24 Stunden, nachdem Sie mit der neuen "S. -Kur beginnen , fängt Ihr Organismus an, Fettreserven aufzulösen und auszuscheiden … Da sich die überschüssigen Kalorien nicht in Fett umwandeln können, verlieren Sie Tag für Tag an Gewicht und Zentimetern. Der Erfolg stellt sich tatsächlich so rasch ein, dass Sie essen, soviel Sie wollen , ohne Ihre Ernährungsgewohnheiten umzustellen … Logisches Abnehmen ohne Diät zu halten … Die neue "S. -Phasen-SchlankMethode löst das 65fache seines Eigengewichts an Fett auf …" und/oder ein "vorher" und "nachher"-Foto einer Frau abzubilden, wenn es in dem dazugehörigen Text heißt: "Ich habe in nur 6 Wochen 25 Kilo abgenommen - die Kilos schmolzen nur so dahin. Es geht ganz einfach, zu keiner Zeit fühle ich mich hungrig oder müde …".
5
Das Berufungsgericht hat der Klage mit dem Hauptantrag stattgegeben.
6
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihr auf Klageabweisung gerichtetes Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 i.V. mit §§ 1, 3 UWG a.F. zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:
8
Die Veröffentlichung der Anzeige durch die Beklagte sei rechtswidrig gewesen , so dass ein Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bestehe. Die Kernaussage der beanstandeten Werbung, dass allein durch die Einnahme des beworbenen Produkts ohne Veränderung und Einschränkung der Lebensweise eine erhebliche und dauerhafte Gewichtsreduzierung erreicht werden könne, widerspreche gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen und sei deshalb irreführend. Da dies allgemein bekannt sei, müsse sich die Wettbewerbswidrigkeit einer derartigen Anzeige einem verständigen , durchschnittlich informierten Anzeigenredakteur geradezu aufdrängen. Es sei offensichtlich, dass das Schlankheitsmittel nicht die beschriebene Wirkung habe. Dem stehe nicht entgegen, dass die Entdeckung eines Mittels mit der gewünschten Wirkung in der Zukunft nicht ausgeschlossen werden könne. Wenn ein solches Mittel gefunden werde, würde hierüber jedoch - was einem Redakteur nicht verborgen bleiben könne - in allen Medien berichtet und nicht in einer Werbeanzeige.
9
Außerdem folge eine Erstbegehungsgefahr daraus, dass die Beklagte nach Vorlage von Entscheidungen des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Urt. v. 23.10.2002 - 6 U 74/02) und des Landgerichts Baden-Baden (Urt. v. 17.5.2002 - 4 O 21/02 KfH), die überzeugende Ausführungen über den Zusammenhang zwischen einer reduzierten Nahrungsaufnahme und der Gewichtsabnahme enthielten , im vorliegenden Rechtsstreit weiterhin das Recht in Anspruch nehme, derartige Anzeigen zu veröffentlichen.
10
II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung des Klägers.
11
1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Angaben in der beanstandeten Anzeige gegen das Verbot irreführender Werbung gemäß § 5 UWG3 UWG a.F.) verstoßen. Das lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die von der Revision insoweit erhobene Rüge, die Feststellung des Berufungsgerichts , das beworbene Mittel habe nicht die in der Anzeige erwähnten Fettbindungs- und Fettverbrennungseigenschaften, sei verfahrensfehlerhaft getroffen worden, hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer Begründung wird abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO).
12
2. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte sei wegen des Abdrucks der Anzeige unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet, weil sich einem Anzeigenredakteur bei der Prüfung der Anzeige vor ihrer Veröffentlichung auch ohne besonderes Fachwissen geradezu hätte aufdrängen müssen, dass die Anzeige irreführend sei.
13
a) Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgegangen, dass ein Presseunternehmen für die Veröffentlichung von Werbeanzeigen Dritter wettbewerbsrechtlich als Störer haftet, wenn es gegen seine Pflicht zur Prüfung verstoßen hat, ob die Veröffentlichung der Anzeige gegen gesetzliche Vorschriften verstößt. Diese Prüfungspflicht beschränkt sich, wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, auf grobe und eindeutige, unschwer erkennbare Wettbewerbsverstöße (st. Rspr.; vgl. BGHZ 149, 247, 268 - "H.I.V. POSITIVE" II, m.w.N.).
14
b) Die Annahme des Berufungsgerichts, bei der hier beanstandeten Anzeigenwerbung handele sich um einen derartigen groben und unschwer zu erkennenden Wettbewerbsverstoß, hält der rechtlichen Nachprüfung jedoch nicht stand.
15
aa) Die von Verfassungs wegen (Art. 5 Abs. 1 GG) gebotene Beschränkung der Prüfungspflicht auf grobe, vom Verleger oder Redakteur unschwer zu erkennende Verstöße hat ihren Grund auch darin, dass die Prüfung der Veröffentlichung von Inseraten unter dem Gebot einer raschen Entscheidung steht und unter Berücksichtigung der Eigenart ihrer Tätigkeit an Verleger oder Redakteur keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. BGH, Urt. v. 7.5.1992 - I ZR 119/90, GRUR 1992, 618, 619 = WRP 1992, 640 - Pressehaftung

II).


16
bb) Diesem Prüfungsmaßstab wird die Beurteilung des Berufungsgerichts nicht gerecht. Das Berufungsgericht hat zunächst nicht hinreichend beachtet , dass es sich bei der vorliegenden Anzeige - anders als bei dem der Entscheidung BGHZ 149, 247 - "H.I.V. POSITIVE" II zugrunde liegenden Sachverhalt - um eine ihrer Art nach nicht ungewöhnliche Werbung handelt. Die vom Berufungsgericht als irreführend angesehene Kernaussage der Werbung, dass allein durch die Einnahme des beworbenen Produkts ohne Veränderung und Einschränkung der Lebensweise eine erhebliche und dauerhafte Gewichtsreduzierung erreicht werden könne, lässt sich allerdings dem umfangreichen Anzeigentext bei einigermaßen sorgfältigem Durchlesen entnehmen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Anzeigenredakteur damit den irreführenden Charakter der Anzeige bereits unschwer hätte feststellen können. In der Anzeige wird dem beworbenen Mittel die Wirkung zugeschrieben, durch eine neu entdeckte körpereigene Substanz werde die Verbrennung der Nahrung im Stoffwechsel so beschleunigt, dass Fettablagerungen verhindert und vorhandene Fettpolster vermindert würden. Diese Wirkung erscheint jedenfalls nicht von vornherein mit der vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Erkenntnis unvereinbar, dass eine nachhaltige Gewichtsabnahme nur durch eine erhöhte körpereigene Fettverbrennung oder durch eine Reduzierung der Fettzufuhr in der Nahrung erreicht werden kann. Unabhängig davon, welchen Eindruck ein sorgfältiger Anzeigenredakteur selbst von der Aussage der Anzeige gewinnt, erfordert daher die tatsächliche Feststellung, dass die Anzeige irreführend ist, gewisse Kenntnisse über den Stand der ernährungswissenschaftlichen Forschung, über die Verleger oder Redakteure eines Anzeigenblattes in aller Regel nicht verfügen.
Für Mitarbeiter eines derartigen Presseunternehmens besteht auch keine Pflicht, Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Ernährungswissenschaft in anderen Medien zu beobachten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass es auch einem Redakteur der Beklagten nicht verborgen bleiben könnte, wenn ein Mittel mit der in der beanstandeten Werbung angekündigten Wirkungsweise gefunden würde. Etwaige Nachforschungen nach Eingang des Anzeigenauftrags können nicht verlangt werden, weil die Prüfung, ob der Veröffentlichung einer Anzeige rechtliche Gründe entgegenstehen, unter dem Gebot einer raschen Entscheidung steht (vgl. BGH, Urt. v. 10.2.1994 - I ZR 316/91, GRUR 1994, 454, 455 = WRP 1994, 529 - Schlankheitswerbung).
17
3. Die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht mit der Begründung aufrechterhalten werden, es bestehe eine Erstbegehungsgefahr.
18
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann unter dem Gesichtspunkt der Berühmung auch durch Erklärungen, die im Rahmen der Rechtsverteidigung in einem gerichtlichen Verfahren abgegeben werden, eine Erstbegehungsgefahr begründet werden. Die bloße Verteidigung gegen die Klage mit der Begründung, das beanstandete Verhalten sei nicht wettbewerbswidrig , begründet jedoch als solche noch keine Erstbegehungsgefahr (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.2001 - I ZR 106/99, GRUR 2001, 1174, 1175 = WRP 2001, 1076 - Berühmungsaufgabe, m.w.N.). Im Streitfall wäre das Verteidigungsvorbringen der Beklagten nach Vorlage der Entscheidungen des Oberlandesgerichts Karlsruhe und des Landgerichts Baden-Baden entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht anders zu beurteilen.
19
b) Hier durfte das Berufungsgericht seine Entscheidung allerdings schon deshalb nicht auf einen Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr wegen der Erklärungen der Beklagten im Rahmen ihrer Rechtsverteidigung stützen, weil das Landgericht einen solchen Anspruch verneint und der Kläger die erstinstanzliche Entscheidung insoweit nicht angegriffen hatte.
20
aa) In seiner Klagebegründung hatte der Kläger sein Unterlassungsbegehren zunächst nur auf den Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr gestützt. Nachdem die Beklagte auf die Klage erwidert und sich gegen diese verteidigt hatte, hat der Kläger daraufhin ausdrücklich sein Unterlassungsbegehren auch damit begründet, es bestehe Erstbegehungsgefahr, weil die Beklagte die streitbefangene Anzeige als wettbewerbskonform verteidige und mit diesem Bestreiten zum Ausdruck bringe, dass sie auch künftig Anzeigen dieser Art zu veröffentlichen gedenke. Das Landgericht hat eine Erstbegehungsgefahr mit der Begründung verneint, die Beklagte müsse anders als in dem der Entscheidung "Pressehaftung II" (BGH GRUR 1992, 618) zugrunde liegenden Fall nicht aufgrund einer im gleichen Verfahren zunächst erfolgten Verurteilung damit rechnen , dass die Anzeige mit dem veröffentlichten Inhalt wettbewerbswidrig sei.
21
bb) Mit seiner Berufung hat der Kläger das erstinstanzliche Urteil im vollen Umfange zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt. Zur Begründung seines Rechtsmittels hat er aber lediglich ausgeführt, dass der streitgegenständlichen Anzeige entgegen der Auffassung des Landgerichts sehr wohl unschwer ein grober Wettbewerbsverstoß entnommen werden könne. Die insoweit in der Berufungsbegründung des Klägers erhobenen Angriffe richteten sich somit allein gegen die Verneinung eines auf Wiederholungsgefahr gestützten Unterlassungsanspruchs. Zu den Ausführungen, mit denen das Landgericht einen Unterlassungsanspruch wegen Erstbegehungsgefahr verneint hat, enthält die Berufungsbegründung des Klägers dagegen keine Angriffe. Auch die mit seiner Berufungsbegründung vorgelegten Entscheidungen des Oberlandesgerichts Karlsruhe und des Landgerichts Baden-Baden hat der Kläger nur zum Beleg für seine Auffassung angeführt, der Wettbewerbsverstoß sei grob und unschwer erkennbar, und hat sie nicht unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr gewürdigt.
22
cc) Die Berufung des Klägers ist bei dieser Sachlage insoweit unzulässig , als das Landgericht die Klage hinsichtlich des auf Erstbegehungsgefahr durch Rechtsverteidigung im vorliegenden Verfahren gestützten Unterlassungsanspruchs abgewiesen hat. Denn insoweit genügt die Berufungsbegründung nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Wird ein Unterlassungsbegehren zum einen auf Wiederholungsgefahr wegen der vorprozessual begangenen Verletzungshandlung gestützt und zum anderen auf Erstbegehungsgefahr wegen Erklärungen, die der auf Unterlassung gerichtlich in Anspruch Genommene zur Rechtsverteidigung im Verfahren abgibt, so handelt es sich bei dem Verletzungsunterlassungsanspruch wegen Wiederholungsgefahr und dem vorbeugenden Unterlassungsanspruch wegen Erstbegehungsgefahr um verschiedene Streitgegenstände und damit um verschiedene prozessuale Ansprüche (vgl. Köhler, Anm. zu BGH LM Nr. 598 zu § 1 UWG a.F.; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 10 Rdn. 12; Fezer/Büscher, UWG, § 8 Rdn. 77; Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, 2000, S. 181). Denn die (einheitliche) Rechtsfolge wird aus unterschiedlichen Lebenssachverhalten hergeleitet. Betrifft die erstinstanzliche Entscheidung aber - wie hier - mehrere prozessuale Ansprüche, so ist für jeden Anspruch eine den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO genügende Begründung der Berufung erforderlich (vgl. BGH, Urt. v. 27.1.1994 - I ZR 326/91, GRUR 1995, 693, 695 = WRP 1994, 387 - Indizienkette ; Urt. v. 22.1.1998 - I ZR 177/95, GRUR 1998, 587, 588 = WRP 1998, 512 - Bilanzanalyse Pro 7, jeweils zu § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F.; Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 520 Rdn. 38; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., § 520 Rdn. 27, 37 m.w.N.).
23
dd) Die Unzulässigkeit der Berufung des Klägers, soweit er sein Unterlassungsbegehren bereits in erster Instanz auch auf Erstbegehungsgefahr gestützt hat, kann in der Revisionsinstanz von Amts wegen festgestellt werden (vgl. BGHZ 102, 37, 38; Musielak/Ball aaO § 557 Rdn. 15 m.w.N.).
24
ee) Im Berufungsverfahren hat der Kläger im Übrigen auch keinen neuen (d.h. auf einen neuen Lebenssachverhalt gestützten) Unterlassungsanspruch wegen Erstbegehungsgefahr geltend gemacht (vgl. dazu BGH, Urt. v. 26.4.1990 - I ZR 99/88, GRUR 1990, 687, 689 = WRP 1991, 16 - Anzeigenpreis II). Damit braucht der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein derartiger Unterlassungsanspruch in diesem Verfahrensstadium noch hätte eingeführt werden können, nicht nachgegangen zu werden.
25
4. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass auch der in der Berufungsinstanz gestellte Hilfsantrag des Klägers nicht begründet ist.
26
III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben und, da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
27
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
v. Ungern-Sternberg Pokrant Büscher
Bergmann Schaffert
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 10.10.2002 - 3 O 200/02 III -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 10.04.2003 - 2 U 180/02 -

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.