Bundesgerichtshof Urteil, 23. Nov. 2011 - IV ZR 70/11

bei uns veröffentlicht am23.11.2011
vorgehend
Landgericht Saarbrücken, 14 O 169/05, 09.09.2008
Landgericht Saarbrücken, 5 U 464/08, 16.03.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 70/11 Verkündet am:
23. November 2011
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AUB 94 § 8; AUB 2008/2010 Nr. 3; ZPO § 286 Abs. 1 Satz 1
Der Unfallversicherer hat den Vollbeweis i.S. von § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO dafür zu
erbringen, dass Krankheiten oder Gebrechen bei der durch ein Unfallereignis verursachten
Gesundheitsschädigung oder deren Folgen (hier dem Tod des Versicherungsnehmers
) zu mindestens 25% mitgewirkt haben.
BGH, Urteil vom 23. November 2011 - IV ZR 70/11 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die
mündliche Verhandlung vom 23. November 2011

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 16. März 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt als Bezugsberechtigte von der Beklagten die Todesfallleistung aus einer Unfallzusatzversicherung, die ihr am 6. Februar 2004 verstorbener Ehemann in Verbindung mit einer Risikolebensversicherung abgeschlossen hatte.
2
Dem Versicherungsvertrag liegen die Bedingungen der Beklagten für die Unfallzusatzversicherung mit Leistung bei Erwerbsunfähigkeit oder Todesfall zugrunde (BB-UZV). Diese bestimmen in § 4: "Haben zur Herbeiführung des Todes bzw. der Erwerbsunfähigkeit neben dem Unfall Krankheiten oder Gebrechen zu mindestens 25 Prozent mitgewirkt, so vermindert sich unsere Leistung entsprechend dem Anteil der Mitwirkung."
3
Am 26. Januar 2004 führte der Ehemann der Klägerin in einem Betrieb Elektroarbeiten aus. Die Klägerin behauptet, ihr Ehemann habe während der Montage aus einem Schaltschrank ein Kabel heruntergezogen und sei damit an mindestens eine Phase gelangt, wodurch ein Kurzschluss ausgelöst worden sei. Der dabei erlittene Stromschlag sei Ursache für den Tod ihres Ehemannes gewesen, dessen Gesundheitszustand sich nach dem Stromunfall erheblich verschlechtert habe.
4
In einem für die Berufsgenossenschaft erstellten pathologischen Gutachten vom 21. Juni 2004 wurden aufgrund einer Obduktion vom 9. Februar 2004 eine hochgradig stenosierende Koronararteriosklerose aller drei Herzgefäße als Grundleiden und frische subendokardiale Myocardinfarkte der Hinterwand und der Seitenwand des linken Ventrikels beschrieben; als Todesursache wurde ein protrahiertes Herz-KreislaufVersagen bei Koronarinsuffizienz angegeben.
5
Die Beklagte lehnte Leistungen aus der Unfallzusatzversicherung ab, weil der Tod des Ehemannes der Klägerin nicht auf einen Unfall, sondern auf die bestehende schwere Herzkrankheit zurückzuführen sei.
6
Das Landgericht hat nach Vernehmung verschiedener Zeugen, Einholung mehrerer medizinischer Sachverständigengutachten und mündlicher Anhörung der Sachverständigen der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung der Todesfallleistung in Höhe von 231.183 € verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht nach ergänzender Beweisaufnahme die Verurteilung dahin geändert, dass es der Klägerin nur die Hälfte der Klageforderung zuerkannt hat. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren restlichen Zahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
I. Dieses hat es - ebenso wie das Landgericht - für erwiesen erachtet , dass der Tod des Ehemannes der Klägerin durch einen am 26. Januar 2004 erlittenen Stromunfall mitverursacht worden sei. Die Klägerin habe den Vollbeweis dafür erbracht, dass ihr Ehemann am 26. Januar 2004 einen Stromschlag erlitten habe, bei dem Strom durch seinen Körper und sein Herz geflossen sei und der zu einer Gesundheitsbeschädigung in Form einer Rhythmusstörung des Herzens geführt habe. Dass diese Gesundheitsbeschädigung den Tod zumindest mitverursacht habe, sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
9
Die von der Beklagten geschuldete Todesfallleistung vermindere sich allerdings nach § 4 BB-UZV auf die Hälfte, weil nach der Beweisaufnahme von einer 50%-igen Mitwirkung der Vorerkrankung - einer Koronararteriosklerose aller drei Herzgefäße - am Tod des Versicherungs- nehmers auszugehen sei. Die Beweislast für die Mitwirkung anderer Ursachen treffe den Versicherer, wobei das Beweismaß nicht § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO, sondern § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO entnommen werden müsse , weil es ebenso um die Unfallfolgen, also die haftungsausfüllende Kausalität gehe wie bei der vom Versicherungsnehmer zu beweisenden Tatsache, dass der Unfall mitursächlich gewesen sei. Für die tatrichterliche Überzeugungsbildung reiche deshalb eine überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit gegenüber anderen Geschehensabläufen, dass die Vorerkrankung in kausalem Zusammenhang mit der Unfallfolge stehe. Das sei hier anzunehmen.
10
Die Feststellungen der Sachverständigen Dr. Ö. und Prof. Dr. E. begründeten eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Mitwirkung der Vorerkrankung und führten zu einer 50%-igen Leistungskürzung , denn beide Ursachen seien für den Tod des Ehemannes der Klägerin gleichwertig und nicht hinwegzudenken. Dem stehe nicht entgegen , dass Prof. Dr. E. keine Verursachungsquoten habe angeben können. Wenn der Versicherungsnehmer nur im Zusammenwirken von Unfall und Vorerkrankung gestorben sei, aber nicht durch eine dieser Ursachen alleine gestorben wäre, und keine sonstigen Anhaltspunkte für eine andere Gewichtung vorlägen, könne nur eine hälftige Quotierung vorgenommen werden.
11
II. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Mitwirkung der Vorerkrankung halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
12
1. Zugunsten der Klägerin ist die Feststellung des Berufungsgerichts zugrunde zu legen, dass ihr Ehemann am 26. Januar 2004 einen Stromschlag erlitt, der zu einer Gesundheitsbeschädigung in Form einer Herzrhythmusstörung führte, die den Tod des Versicherungsnehmers zumindest mitverursachte.
13
2. Die weitere Feststellung des Berufungsgerichts, die Vorerkrankung des Ehemannes der Klägerin - eine Koronararteriosklerose aller drei Herzgefäße - habe zu 50% an seinem Tod mitgewirkt, beruht auf einem fehlerhaften Ausgangspunkt. Das Berufungsgericht hat das Beweismaß für das Leistungskürzungsrecht des Unfallversicherers bei der Mitwirkung von Krankheiten und Gebrechen verkannt.
14
a) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen , dass die Beweislast für die Mitwirkung von Krankheiten oder Gebrechen bei dem Unfallversicherer liegt (OLG Koblenz, Urteil vom 18. Juni 2010 - 10 U 1014/09, juris Rn. 46 m.w.N., die Nichtzulassungsbeschwerde in diesem Parallelverfahren wurde durch Senatsbeschluss vom 14. September 2010 - IV ZR 156/10 - zurückgewiesen; OLG Koblenz, r+s 2001, 348, 349; OLG Celle VersR 2010, 205, 207 m.w.N.; Leverenz in Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz 9. Aufl. § 182 Rn. 19 m.w.N.; Grimm, Unfallversicherung 4. Aufl. § 3 AUB 99 Rn. 7 m.w.N.; Schießl in Halm/Engelbrecht/Krahe, Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht 4. Aufl. 22. Kap. Rn. 68; Rüffer in HK-VVG 2. Aufl. Ziff. 3 AUB 2008/2010 Rn. 6; Jannsen in Schubach/Jannsen, Private Unfallversicherung Ziff. 3 AUB 2008 Rn. 9 m.w.N.; Kloth, Private Unfallversicherung Kap. J Rn. 11; Götz in Looschelders/Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 182 Rn. 6; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 8 AUB 94 Rn. 6; ders. in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. Nr. 3 AUB 2008 Rn. 8; Hormuth in Terbille, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht 2. Aufl. § 24 Rn. 187 m.w.N.; Wussow/Pürckhauer, AUB 6. Aufl. § 8 Rn. 12). Dies war bislang schon einhellige Auffassung und ist nunmehr in § 182 VVG gesetzlich normiert (Amtliche Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Versicherungsvertragsreformgesetz, BT-Drucks. 16/3945 S. 108). Nicht nur nach der Intention des Reformgesetzgebers (aaO), sondern auch nach bislang unangefochtener Ansicht erstreckt sich die Beweislast des Versicherers auf den Nachweis, dass der Mitwirkungsanteil mindestens 25% entspricht (OLG Koblenz, Urteil vom 18. Juni 2010 aaO; r+s 2001 aaO; Leverenz aaO; Grimm aaO; Jannsen aaO; Kloth aaO; Götz aaO; Hormuth aaO). Liegt der Mitwirkungsanteil darunter, so unterbleibt eine Minderung (Kloth aaO).
15
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hält die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur nicht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit i.S. von § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO für ausreichend, um einen Mitwirkungsanteil von mindestens 25% nachzuweisen. Vielmehr wird allgemein sowohl für die Prüfung, ob überhaupt unfallabhängige Faktoren mitgewirkt haben, als auch für die Frage, ob der Mitwirkungsanteil mindestens 25% beträgt, das strenge Beweismaß des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO angewandt (OLG Düsseldorf r+s 2002, 261, 262; OLG Koblenz r+s 2001 aaO; OLG Frankfurt VersR 1991, 762; Leverenz aaO; Grimm aaO; Jannsen aaO; Götz aaO; Wussow/Pürckhauer aaO; dies voraussetzend auch Rüffer aaO Rn. 5 und 6 m.w.N.). Bleibt unklar, ob der Anteil der Mitwirkung 25% oder mehr beträgt, so kommt eine Leistungskürzung nicht in Betracht (OLG Koblenz, Urteil vom 18. Juni 2010 aaO; Leverenz aaO Rn. 19 m.w.N.; Grimm aaO; Rüffer aaO Rn. 6 m.w.N.; Jannsen aaO m.w.N.; Kloth aaO; Knappmann aaO m.w.N.). Erst wenn dieser Nachweis erbracht ist, obliegt es der freien tatrichterlichen Würdigung , die Höhe des anzurechnenden Mitwirkungsanteils gemäß § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu schätzen (Leverenz aaO Rn. 20 m.w.N.). Demge- mäß wurde in den im Berufungsurteil zitierten Entscheidungen (OLG Düsseldorf VersR 1997, 174, 175; VersR 1994, 1218 ff.; OLG Hamm VersR 1982, 946) zunächst festgestellt, dass der Mitwirkungsanteil der jeweiligen Vorerkrankung mehr als 25% betragen habe, und erst bei der Gewichtung im Verhältnis zu dem Unfall eine Schätzung nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgenommen.
16
c) Der Senat teilt die herrschende Auffassung, dass der Versicherer für einen Mitwirkungsanteil von mindestens 25% den Vollbeweis gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu erbringen hat. Bei der Prüfung, ob Krankheiten oder Gebrechen bei der durch den Unfall verursachten Gesundheitsschädigung oder deren Folgen zu mindestens 25% mitgewirkt haben, geht es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht um die Unfallfolgen und damit um die haftungsausfüllende Kausalität wie bei der vom Versicherungsnehmer nach dem Beweismaß des § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu beweisenden Tatsache, dass die unfallbedingte Gesundheitsschädigung für die Invalidität oder den Tod des Versicherten (mit-) ursächlich war (vgl. dazu Senatsurteil vom 17. Oktober 2001 - IV ZR 205/00, VersR 2001, 1547 unter II 1 m.w.N.). Vielmehr betrifft die Mitursächlichkeit von Vorerkrankungen eine Leistungseinschränkung, für die grundsätzlich der Versicherer die volle Beweislast trägt. Für diesen Beweis genügt nicht eine überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit. Vielmehr muss ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit erreicht werden, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (so auch Grimm aaO m.w.N.).
17
d) Das Berufungsgericht wird nunmehr unter Anwendung des Beweismaßes gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO erneut zu prüfen haben, ob die Beklagte den ihr obliegenden Nachweis erbringen kann, dass die Vorerkrankung des Ehemannes der Klägerin zu mindestens 25% an seinem Tod mitgewirkt hat.
Dr. Kessal-Wulf Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 09.09.2008- 14 O 169/05 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 16.03.2011- 5 U 464/08-56- -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 23. Nov. 2011 - IV ZR 70/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 23. Nov. 2011 - IV ZR 70/11

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 182 Mitwirkende Ursachen


Ist vereinbart, dass der Anspruch auf die vereinbarten Leistungen entfällt oder sich mindert, wenn Krankheiten oder Gebrechen bei der durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschädigung oder deren Folgen mitgewirkt haben, hat der Versicher
Bundesgerichtshof Urteil, 23. Nov. 2011 - IV ZR 70/11 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

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(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

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Oberlandesgericht Koblenz Urteil, 18. Juni 2010 - 10 U 1014/09

bei uns veröffentlicht am 18.06.2010

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 16. Juli 2009 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
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Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig

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Referenzen

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 16. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt als Bezugsberechtigte von der Beklagten Leistungen aus einem Unfallversicherungsvertrag.

2

Die Klägerin ist die Witwe des am 6. Februar 2004 im Alter von 53 Jahren verstorbenen A., der als selbständiger Elektroinstallateurmeister im eigenen Betrieb tätig war. A. unterhielt bei der Beklagten seit 1984 eine Unfallversicherung mit Vereinbarung der AUB 88 und einer Todesfallleistung von zuletzt 51.130 €, für die eine Bezugsberechtigung seiner gesetzlichen Erben angegeben war (Bl. 16 bis 20 d. A.). Die Klägerin ist testamentarische Alleinerbin des A. (Bl. 81 d. A.), seine Söhne haben etwaige ihnen gegen die Beklagte zustehende Ansprüche an die Klägerin abgetreten (Bl. 78 d. A.).

3

A. unterzog sich im Oktober 2003 einem Gesundheitscheck bei seinem Hausarzt Dr. B., der aufgrund dieser Untersuchung weder klinisch noch aufgrund der technischen/laborchemischen Befunde Behandlungsbedarf sah (Attest vom 23. Mai 2005, Bl. 108 d. A.).

4

Am 26. Januar 2004 führte A. in dem Betrieb der C. in D. Elektroarbeiten aus. Zwischen den Parteien ist streitig, ob er dabei einen Stromschlag erlitt. Ein für die Berufsgenossenschaft erstelltes pathologisches Gutachten des Dr. med. E. vom 21. Juni 2004 (Bl. 34 bis 56 d. A.) ergab eine hochgradig stenosierende Koronararteriensklerose aller drei Äste als Grundleiden, zirka sieben Stunden alte subendokardiale Myokardinfarkte der Hinterwand und Seitenwand und als Todesursache ein protrahiertes Herz-Kreislaufversagen bei Koronarinsuffizienz. Zu einer möglichen Stromwirkung konnte der Sachverständige aus pathologisch-anatomischer Sicht keine Angaben machen.

5

Mit Schreiben vom 11. Mai 2005 (Bl. 33 d. A.) lehnte die Beklagte Leistungen aus der Unfallversicherung ab, da das Ableben des Herrn A. nicht auf einen Unfall, sondern auf die bestehende schwerwiegende Herzkrankheit zurückzuführen sei.

6

Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage die Zahlung der vereinbarten Todesfallleistung.

7

Sie hat vorgetragen,

8

A. habe bei den Arbeiten am 26. Januar 2004 ein Kabel mit der Hand während der Montagearbeiten aus einem Schaltschrank heruntergezogen und sei mit dem Kabel an mindestens eine Phase gelangt, wodurch ein Kurzschluss ausgelöst worden sei. Er sei dann benommen und mit beidseitig zu einem Kreuz verschränkten Armen aufgefunden worden. Nach dem 26. Januar 2004 habe sich der Gesundheitszustand des A. erheblich verschlechtert, er habe Blässe, Abgeschlagenheit, Schwindel, psychische Auffälligkeit und Sehstörungen gezeigt. A. habe mehreren Personen von einem Stromunfall berichtet. Ursache des Versterbens des A., der auch Strommarken aufgewiesen habe, am 6. Februar 2004 sei der am 26. Januar 2004 erlittene Stromunfall gewesen.

9

Die Klägerin hat beantragt,

10

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 51.130 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12. Mai 2005 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie hat vorgetragen,

14

Todesursache sei die in dem pathologischen Gutachten festgestellte vorbestehende Herzerkrankung des A. gewesen. Aus medizinischer Sicht sei eine Mitwirkung des behaupteten Stromschlags beim Eintritt des Todes ausgeschlossen, da der Tod dann unmittelbar nach dem Stromschlag hätte eintreten müssen. Jedenfalls liege aber auch bei Annahme einer Mitwirkung eines Stromschlages die ganz überwiegende Todesursache in der Koronarsklerose und einem dadurch verursachten Herzinfarkt. Ein Stromfluss durch den Körper des A. sei nicht erfolgt, da die Stärke des Stroms bei den Elektroarbeiten am 26. Januar 2004 mindestens 230 mA betragen habe und ein Stromfluss ab einer Stromstärke von 80 mA bereits bei kurzzeitiger Einwirkung zum Tode führe.

15

Das Landgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben, da nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme die Klägerin bewiesen habe, dass A. an den Folgen eines Stromunfalls verstorben sei. Aufgrund der Zeugenaussagen hinsichtlich des Verhaltens des A. am 26. Januar 2004 und danach sowie dessen Erzählungen bezüglich des Vorfalls vom 26. Januar 2004 stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass A. einen Stromunfall erlitten habe. Aufgrund der Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. F. bestehe aus medizinischer Sicht eine sehr große Wahrscheinlichkeit, dass der Stromunfall Auslöser des Todes des A. gewesen sei, da die vorbestehende Koronararteriensklerose ohne den Stromschlag nicht, jedenfalls nicht zum damaligen Zeitpunkt, zu dessen Tod geführt hätte. Eine Mitverursachung des Todes durch Krankheiten oder Gebrechen von mindestens 25 % im Sinne von § 8 AUB 88 liege nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme deshalb auch nicht vor.

16

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Sachvortrag wiederholt und vertieft. Im Wesentlichen macht sie geltend, nach den Aussagen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen sei ein Stromfluss durch den Körper des A. nicht geklärt. Falls es zu einem Stromschlag gekommen wäre, wäre dieser sofort tödlich gewesen. Das gerichtliche Sachverständigengutachten beruhe auf der – fehlerhaften – Annahme eines Stromschlages, von dem der Sachverständige unter Hinweis auf eine - tatsächlich nicht vorhandene – Strommarke am Finger des A. ausgegangen sei. Der Sachverständige habe eine Verursachung des Herzinfarktes des A. am 6. Februar 2004 durch irgendein anderes Ereignis nicht ausschließen können. Das Unwohlsein des A. in den Tagen vor seinem Tod ebenso wie der Todeseintritt seien durch die erhebliche Vorerkrankung zu erklären; hierzu hätte das Landgericht dem von der Beklagten angebotenen Beweis der Vernehmung des Pathologen Dr. E. als sachverständigen Zeugen nachgehen müssen. Ebenso sei die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur von der Beklagten behaupteten Mitwirkung der fortgeschrittenen Herzerkrankung von mindestens 25 % an dem Tod des A. erforderlich gewesen.

17

Die Beklagte beantragt,

18

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen,

19

hilfsweise,

20

die Revision zuzulassen.

21

Die Klägerin beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen,

23

hilfsweise,

24

die Revision zulassen.

25

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.

26

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (Bl. 361 bis 362 d. A.) sowie die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

27

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

28

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf die vereinbarte Todesfallleistung von 51.130 € aus der Unfallversicherung ihres verstorbenen Ehemannes A. gegen die Beklagte zu.

29

Voraussetzung des Leistungsanspruchs ist gemäß §§ 1, 7 Nr. VI AUB 88 in Verbindung mit § 1 Nr. I Satz 2 VVG a. F., dass A. als Versicherter einen Unfall erlitten hat, der innerhalb eines Jahres zum Tode führte. Ein Unfall im Sinne dieser Versicherungsbedingungen liegt vor, wenn der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet (§ 1 Nr. III AUB 88).

30

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Landgericht zutreffend angenommen. Insoweit hat das Landgericht nach einer umfangreichen Beweisaufnahme unter Würdigung zahlreicher Zeugenaussagen die Überzeugung erlangt, dass A. am 26. Januar 2004 einen Stromunfall erlitten hat. Dem tritt die Berufung ohne Erfolg entgegen.

31

Nach neuem Berufungsrecht ist das Berufungsgericht grundsätzlich nicht mehr vollumfängliche zweite Tatsacheninstanz. Vielmehr ist hinsichtlich der erstinstanzlich, auch aufgrund einer Beweiserhebung, getroffenen Feststellungen die Überprüfung gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich darauf beschränkt, ob konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nur insoweit überprüfbar, als mit der Berufung schlüssig konkrete Anhaltspunkte aufgezeigt werden, die Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen begründen, die also solche Zweifel an den erhobenen Beweisen aufdrängen, dass sich eine erneute Beweisaufnahme gebietet.

32

Vorliegend sind keine Fehler des Landgerichts bei der erfolgten Würdigung der erhobenen Beweise erkennbar. Das Landgericht hat aufgrund der Zeugenaussagen und einer Gesamtwürdigung von Indizien einen Stromunfall des A. am 26. Januar 2004 für überzeugend erachtet. Die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung ist umfassend, in sich nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei. Sie verstößt weder gegen Denk-, Natur- noch Erfahrungssätze.

33

Die Berufung stellt die inhaltliche Richtigkeit der von dem Landgericht in der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Zeugenaussagen nicht in Frage, sieht nach den Bekundungen der Zeugen jedoch einen Stromfluss durch den Körper des A. nicht als geklärt an. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

34

Die von dem Landgericht vernommenen Zeugen haben übereinstimmend für den Zeitraum vom 26. Januar 2004 bis zum 6. Februar 2004 auffallende Verhaltensänderungen des A. im Sinne von ungewohnter Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Unkonzentriertheit angegeben und ebenso eine ungewöhnliche Blässe bemerkt. Ein derartiges Unwohlsein kann, wie die Berufung zutreffend geltend macht, verschiedene Ursachen haben und ist für sich allein daher nicht geeignet, um daraus auf einen erlittenen Stromschlag schließen zu können. In der Gesamtschau mit weiteren Indizien kann jedoch auf einen Stromunfall des A. am 26. Januar 2004 geschlossen werden.

35

So haben mehrere Zeugen bekundet, A. habe ihnen von einem am 26. Januar 2004 erlittenen Stromunfall erzählt. Eine Veranlassung hierzu ohne realen Hintergrund ist nicht erkennbar. Zudem hat der Zeuge G. angegeben, am 26. Januar 2004 nach einem Kurzschluss während der Arbeiten bei der Firma C. den Raum aufgesucht zu haben, in dem A. damals an einem Schaltschrank Arbeiten durchzuführen hatte. Er habe A. benommen vor dem Schaltschrank sitzend mit doppelt verschränkten Armen, die er immer wieder auf- und zugemacht habe, vorgefunden. An dem Schaltschrank seien verschiedene Kabel verschmort und eine Sicherung sei zu Bruch gegangen gewesen. A. habe ihm gesagt, dass er vermutlich mit einem Kabel an die nicht isolierte hintere Seite der Strom führenden Schiene geraten sei. Anhaltspunkte für Zweifel an der Glaubwürdigkeit der vernommenen Zeugen, insbesondere des Zeugen G., sind nicht ersichtlich und werden auch von der Berufung nicht aufgezeigt.

36

Bereits die Schilderung der Auffindesituation spricht für einen Stromschlag des A.. Entgegen der Annahme der Berufung hat A. sich nach den Bekundungen des Zeugen G. gerade nicht sofort in den Wagen gesetzt, um Ersatzteile zu besorgen, sondern saß benommen und mit verschränkten Armen vor dem Schaltschrank; zudem berichtete er dem Zeugen von einem Fehlverhalten bei der Arbeit an einem Stromkabel. Da nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. F. das von dem Zeugen G. geschilderte krampfartige Sitzen des A. als typisches Zeichen für einen nicht unerheblichen Stromfluss durch den Körper aufgrund des dadurch bedingten krampfartigen Zusammenziehens der Muskulatur anzusehen ist, kann mit der für § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit davon ausgegangen werden, dass A. am 26. Januar 2004 einen Stromunfall erlitten hat. Dabei genügt ein Grad der Überzeugung, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen, da eine absolute, über jeden denkbaren Zweifel erhabene Gewissheit regelmäßig nicht gewonnen werden kann. Deshalb kommt es nicht darauf an, dass keiner der Zeugen bei dem Ereignis selbst anwesend war und deshalb ein sicherer Nachweis eines Stromschlages nicht möglich ist.

37

Es bedurfte insoweit auch keiner weiteren Beweisaufnahme. Eine Klärung der zwischen den Parteien streitigen Frage, in welcher Stärke Strom durch den Körper des A. geflossen sein soll, erscheint schon deshalb nicht möglich, weil keine Person Augenzeuge des Ereignisses war und dementsprechend niemand Angaben zu dem konkreten Hergang und damit dazu, wo und wie lange A. Kontakt zu welcher Stromstärke gehabt hat, machen kann. Unzutreffend ist daher auch der Einwand der Berufung, der Versicherte hätte bei einem Stromschlag sofort versterben müssen. Der Sachverständige Prof. Dr. F. hat hierzu ausgeführt, dass ein Stromschlag bei einem gesunden Versicherten entweder sofort zum Tode geführt hätte oder gar nicht. Die Annahme des Landgerichts, A. habe einen Stromschlag erlitten und überlebt, verstößt daher nicht gegen Denkgesetze.

38

Eine Vernehmung des Pathologen Dr. E. erscheint unergiebig im Hinblick auf seine Ausführung in dem Gutachten, dass aus pathologisch-anatomischer Sicht zu einer möglichen Stromwirkung eine Stellungnahme nicht möglich sei.

39

Auch einer ergänzenden Befragung des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. F. bedurfte es nicht. Der Sachverständige ist bei seinen gutachterlichen Ausführungen aufgrund der von dem Zeugen geschilderten, oben angegebenen Indizien von dem Vorliegen eines Stromunfalls des A. am 26. Januar 2004 ausgegangen. Der Sachverständige hat als weiteres Indiz eine Strommarke am rechten Zeigefinger des A. angenommen. Selbst wenn diese Annahme unzutreffend wäre, wie die Berufung meint, so ist gleichwohl aufgrund einer Gesamtschau der sonstigen Indizien (krampfartiges Sitzen nach einem Kurzschluss, Erzählungen von einem Stromunfall, anschließend Auftreten von Beschwerden) von dem Vorliegen eines Stromunfalls des A. auszugehen. Die eventuell unzutreffende Annahme eines weiteren Indizes ist daher unerheblich.

40

Es ist weiterhin davon auszugehen, dass der erlittene Stromschlag zu einer Gesundheitsschädigung des A. mit der Folge seines Todes am 6. Februar 2004 führte.

41

Die Kausalität des Stromunfalls für den Tod zu diesem Zeitpunkt hat das Landgericht rechtsfehlerfrei angenommen, nachdem der Sachverständige Prof. Dr. F. aus medizinischer Sicht insoweit eine sehr große Wahrscheinlichkeit dargelegt hat. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

42

Ohne Erfolg macht die Berufung geltend, der Sachverständige habe eine unfallbedingte Gesundheitsschädigung nicht festgestellt, sondern das Auslösen einer Herz-Rhythmusstörung mit Zeichen einer dekompensierten Herzinsuffizienz nur vermutet. Einer vollständig sicheren Feststellung der Kausalität des – aus vorgenannten Gründen als erwiesen anzusehenden – Stromschlages für den eingetretenen Tod bedarf es nicht, da ein Kausalitätsbeweis dieses Maßes naturgemäß nicht oder kaum möglich sein dürfte. Vielmehr reicht für die notwendige richterliche Überzeugung der Ursächlichkeit auch die sehr große medizinische Wahrscheinlichkeit einer Mitwirkung des Stromschlages an dem Tod des Versicherten aus. Da sich die Wertung des Sachverständigen auf die durch die Zeugenaussagen bewiesenen, bereits oben angeführten Indizien stützt, konnten die gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen von dem Landgericht bei seiner Bewertung der Kausalität rechtsfehlerfrei herangezogen werden.

43

Dies gilt auch, soweit die Berufung geltend macht, der Sachverständige habe im Rahmen seiner Anhörung eingeräumt, dass theoretisch auch irgendein anderes Ereignis den Herzinfarkt ausgelöst haben kann und er nur mangels Kenntnis von einem solchen Ereignis von der Kausalität des Stromschlages für den Tod des Versicherten ausgehe. Diese Ausführungen des Sachverständigen sind nicht zu beanstanden, da keine Anhaltspunkte für ein anderes Ereignis als Ursache des Todes vorliegen. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob bei einer Herzerkrankung wie der des A. bereits ein plötzlicher Temperaturwechsel einen Herzinfarkt auslösen kann. Für die erforderliche adäquate Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschädigung/Tod reicht eine Mitursächlichkeit (vgl. Knappmann in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 26. Aufl., § 1 AUB 88, Rdnr. 21), von der nach den Darlegungen des Sachverständigen auszugehen ist, da die vorbestehende Koronararteriensklerose ohne den Stromschlag nicht zum Tod des A., jedenfalls nicht zum damaligen Zeitpunkt, geführt hätte.

44

Auch zu der Frage der Kausalität zwischen Unfallereignis und Tod des Versicherten bedurfte es keiner Vernehmung des Pathologen Dr. E.. Dieser konnte bereits in seinem Gutachten vom 21. Juni 2004 keine Aussage zu einer möglichen Stromwirkung machen; es ist nicht ersichtlich, dass er nunmehr über weitere Erkenntnisse verfügt, aufgrund derer ihm jetzt eine Beurteilung der Kausalität einer – nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme anzunehmenden, in ihrer Stärke jedoch nicht mehr festzustellenden – Stromwirkung für den eingetretenen Tod des A. möglich sein soll.

45

Die Berufung rügt ohne Erfolg die von dem Landgericht unterlassene Vernehmung des Dr. E. zu der Behauptung der Beklagten, dass sich der Tod des Versicherten allein aufgrund der festgestellten Veränderungen der Herzkranzgefäße erklären lasse und keine Wahrscheinlichkeit bestehe, dass ein möglicher Stromunfall den Tod verursacht habe. Insoweit handelt es sich um eine Sachverständigenfrage, die dem Zeugenbeweis nicht zugänglich ist. Zudem ist nichts dafür ersichtlich, warum Dr. E. als Pathologe über bessere Fachkenntnisse im Bereich der Herzerkrankungen und deren Folgen verfügen soll als der Sachverständige Prof. Dr. F., der Direktor des Herzzentrums des Universitätsklinikums K. ist. Entgegen der Auffassung der Berufung liegt in den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. F. zur Kausalität des Stromschlages auch kein Widerspruch zu den gutachterlichen Feststellungen des Dr. E.. Dieser konnte zu einer möglichen Stromwirkung mangels konkreter Angaben zu der Stromstärke lediglich keine Aussage machen und hat dadurch eine Kausalität eines eventuellen Stromschlages gerade nicht verneint. Ob die Herzerkrankung des A. dessen Unwohlsein in den Tagen vor seinem Tod erklärt, ist unerheblich und bedarf somit ebenfalls keiner Beweisaufnahme durch Vernehmung des Dr. E. als sachverständigen Zeugen, denn in der Gesamtschau aller Indizien ist dieses Unwohlsein des A. jedenfalls auch auf den erlittenen Stromschlag zurückzuführen, eine Mitursächlichkeit reicht indes aus.

46

Die Beklagte kann auch keine Leistungskürzung nach § 8 AUB 88 geltend machen, da eine Mitwirkung von Krankheiten oder Gebrechen bei dem durch den Stromunfall hervorgerufenen Tod von mindestens 25 % nicht vorliegt. Für eine derartige Mitwirkung und deren Grad ist der Versicherer darlegungs- und beweispflichtig (OLG Koblenz OLGReport Koblenz 1999, 102; RuS 2001, 348; OLG Düsseldorf ZfS 2004, 574). Alle verbleibenden Zweifel hinsichtlich der Feststellung gehen zu Lasten des Versicherers, so dass eine Leistungskürzung gänzlich zu unterbleiben hat, wenn nicht mit der erforderlichen Gewissheit festgestellt werden kann, dass der Grad der Mitwirkung 25 % erreicht (Knappmann a. a. 0., § 8 AUB 88 Rdnr. 5 m. w. N.).

47

Der Sachverständige Prof. Dr. F. hat ausgeführt, dass ein gesunder Versicherter an dem Stromschlag entweder sofort oder gar nicht gestorben wäre und A. deshalb ohne die vorbestehende Herzerkrankung an den Folgen des Stromschlags nicht verstorben wäre. Damit ist zwar von einer Mitursächlichkeit der Vorerkrankung auszugehen, jedoch lässt sich dieser Anteil nicht beziffern. Der Sachverständige Prof. Dr. F. hat hierzu erklärt, er könne keine Bewertung vornehmen, in welchem Anteil die Veränderungen an den Herzkrankgefäßen an dem Tod des A. mitgewirkt haben (Bl. 350 d. A.). Auch die Berufung zeigt nicht auf, inwiefern ein anderer Sachverständiger über bessere Erkenntnisse verfügen solle und diesem daher eine Bezifferung des Mitwirkungsanteils möglich wäre; eine Beweisaufnahme durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens kommt daher nicht in Betracht.

48

Aufgrund des nicht feststellbaren Mitwirkungsanteils der vorbestehenden Herzerkrankung des A. an seinem Tod kann eine Leistungskürzung gemäß § 8 AUB 88 nicht erfolgen.

49

Soweit der Senat in der mündlichen Verhandlung die Frage angesprochen hat, ob für den Todesfall, anders als für Invalidität und sonstige versicherte Unfallfolgen, die Möglichkeit einer quantitativen Ursachenabgrenzung bereits aus sachlogischen Gründen zu verneinen und aus diesem Grund § 8 AUB 88 überhaupt nicht auf die Todesfallleistung zu beziehen ist (vgl. demgegenüber ausdrücklich die neuere Regelung in Nr. 3 AUB 2008), bedarf dies vorliegend aus den dargelegten tatsächlichen Gründen nicht der Vertiefung.

50

Die Klage ist daher in Höhe der vertraglich vereinbarten Todesfallleistung und damit vollumfänglich begründet.

51

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

52

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

53

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Es handelt sich im vorliegenden Rechtsstreit um eine tatrichterliche Würdigung eines Einzelfalls hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen eines Unfalltodes und der Mitwirkung einer Vorerkrankung.

54

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 51.130 € festgesetzt.

Ist vereinbart, dass der Anspruch auf die vereinbarten Leistungen entfällt oder sich mindert, wenn Krankheiten oder Gebrechen bei der durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschädigung oder deren Folgen mitgewirkt haben, hat der Versicherer die Voraussetzungen des Wegfalles oder der Minderung des Anspruchs nachzuweisen.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 205/00 Verkündet am:
17. Oktober 2001
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
AUB 61 § 8 II (1); ZPO §§ 286 F, 287
In der Unfallversicherung (hier: AUB 61) unterliegen die gesundheitliche Beeinträchtigung
als solche und die Frage ihrer Dauerhaftigkeit uneingeschränkt dem Beweismaß
des § 286 ZPO; dagegen kann für die Frage, ob die dauernde Beeinträchtigung
der Arbeitsfähigkeit auf die unfallbedingte Gesundheitsschädigung zurückzuführen
ist, von der Beweiserleichterung des § 287 ZPO Gebrauch gemacht werden.
BGH, Urteil vom 17. Oktober 2001 - IV ZR 205/00 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Oktober 2001

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 21. Juli 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung in Anspruch. Er unterhält bei ihr seit dem 26. Juli 1977 eine Unfallversicherung mit einer Versicherungssumme von 400.000 DM. Dem

Vertrag liegen Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen (AUB) zugrunde , deren Wortlaut den AUB 61 entspricht. Der Kläger erlitt am 22. Juli 1991 aufgrund eines Auffahrunfalls ein HWS-Schleudertrauma. Sein Hausarzt stellte am 10. Juni 1992 aus dem Unfallereignis resultierende Dauerfolgen fest. Am 5. Oktober 1992 machte der Kläger bei der Beklagten Invaliditätsansprüche geltend. Nach Begutachtung des Klägers durch mehrere medizinische Sachverständige lehnte die Beklagte am 7. August 1995 Leistungen ab.
Der Kläger hat 25% der vereinbarten Versicherungssumme verlangt. Seine Arbeitsfähigkeit sei als Folge des Unfalls dauernd beeinträchtigt. Unter anderem sei die Beweglichkeit des Kopfes eingeschränkt. Er verspüre ständig Schmerzen im Bereich von Kopf und Nakken und leide an Schwindelgefühlen. Diese Beschwerden seien typische Folge eines Schleudertraumas, andere Ursachen nicht denkbar. Vor dem Unfall sei er beschwerdefrei gewesen. Die Beklagte verneint demgegenüber das Vorliegen eines unfallbedingten Dauerschadens.
Das Landgericht hat nach Einholung weiterer medizinischer Gutachen die auf Zahlung von 100.000 DM gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht nach ergänzender Beweisaufnahme die Beklagte in Höhe von 80.000 DM nebst Zinsen verurteilt. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung , soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts liegt beim Kläger ein Dauerschaden vor. Sämtlichen gerichtlichen und außergerichtlichen ärztlichen Stellungnahmen sei eine langjährige, sich nicht verändernde Beschwerdesymptomatik zu entnehmen. Diese sei zwar nach den Gutachten der Sachverständigen S. und I. nicht auf das Unfallereignis vom 22. Juli 1991 zurückzuführen. Dennoch sei der - nach Maßgabe des § 287 ZPO festzustellende - Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Dauerschaden deutlich wahrscheinlicher als eine unfallunabhängige Entwicklung des Beschwerdebildes, selbst wenn der Einschätzung des Sachverständigen M. nicht zu folgen wäre. Die Beurteilung der Sachverständigen S. und I. werde maßgeblich dadurch beeinflußt , daß - anders als nach der Beurteilung des Sachverständigen M. - ein direkter Nachweis knöcherner oder ligamentärer Verletzungen der Halswirbelsäule fehle. Es erscheine aber der Ansatz in der medizinischen Literatur sachgerecht, daß es bei einem HWS-Trauma zu Abweichungen vom Regelverlauf kommen und insbesondere ein röntgenologisch nicht erfaßbarer Entwicklungsprozeß in Gang gesetzt werden könne. Der Kläger sei vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen; ein Zusammenhang mit einem früheren Unfall im Jahre 1982 scheide aus. Die Möglichkeit einer degenerativen, sich erst mit dem Unfall manifestieren-

den Vorschädigung lasse die haftungsausfüllende Kausalität nicht entfallen. Auch die weiter denkbare Ursache einer psychosomatischen Fehlverarbeitung des Unfallgeschehens wäre im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität noch zuzurechnen. Der Invaliditätsgrad, für dessen endgültige Bemessung auf eine Prognose am Ende des dreijährigen Zeitraums gemäû § 13 AUB 61 abzustellen sei, sei aufgrund der vorprozessualen Stellungnahmen der Gutachter v. T. und He. mit 20% anzusetzen. Der weitergehenden Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen M. sei nicht zu folgen, da dieser den angenommenen Invaliditätsgrad von 30% nicht nachvollziehbar begründet habe.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung aus mehreren Gründen nicht stand.
1. Der Kläger hat den Nachweis dafür zu führen, daû die geltend gemachte Teilinvalidität Folge des Unfalls vom 22. Juli 1991 ist, bei dem er unstreitig ein HWS-Trauma erlitten hat. Dabei kann für die Frage, ob die behauptete dauernde Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit auf die unfallbedingte Gesundheitsschädigung zurückzuführen ist, von der Beweiserleichterung des § 287 ZPO Gebrauch gemacht werden (Senatsurteil vom 12. November 1997 - IV ZR 191/96 - r+s 1998, 80 unter 4). Für die tatrichterliche Überzeugungsbildung reicht dann eine überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit gegenüber anderen Geschehensabläufen, daû der vom Kläger vorgetragene Dauerschaden in kausalem Zusammenhang mit dem Unfallereignis steht (BGH, Urteile vom 3. Dezember 1999 - IX ZR 332/98 - NJW 2000, 509 unter I 1;

vom 22. September 1992 - VI ZR 293/91 - NJW 1992, 3298 unter II). Das hat das Berufungsgericht nur im Ausgangspunkt richtig gesehen. Die Revision beanstandet zu Recht, daû die notwendige Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts auf nicht hinreichend gesicherter Grundlage beruht, daû mit unrichtigen Maûstäben gearbeitet und wesentlicher Tatsachenvortrag der Beklagten auûer acht gelassen worden ist. Die Ausübung des durch § 287 ZPO eingeräumten, grundsätzlich freien tatrichterlichen Ermessens erweist sich somit als fehlerhaft und ist für diesen Fall einer revisionsrechtlichen Überprüfung zugänglich (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - VI ZR 264/91 - VersR 1992, 1410 unter 1 b bb; BGHZ 102, 322, 330).

a) Das Berufungsgericht hat sich in unzulässiger Weise über die Ausführungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. S. und Dr. I. hinweggesetzt, deren medizinischer Einschätzung es nicht gefolgt ist.
Zwar ist es dem Tatrichter grundsätzlich nicht verwehrt, vom Gutachten eines Sachverständigen abzuweichen. Auch im Rahmen der freien Überzeugungsbildung nach § 287 ZPO kann er, wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens aber nur verzichten, wenn er entsprechende eigene Sachkunde auszuweisen vermag (BGH, Urteil vom 14. Februar 1995 - VI ZR 106/94 - NJW 1995, 1619 unter II). Das gilt ebenso, wenn er fremde Sachkunde durch eigene ersetzen und sich aufgrund dessen über das Ergebnis einer sachverständigen Begutachtung hinwegsetzen möchte.

Eigene medizinische Sachkunde hat das Berufungsgericht nicht dargetan. Es stützt sich, soweit es den genannten Sachverständigen nicht folgen will, lediglich auf eine Veröffentlichung in der Literatur, ohne zu begründen, inwieweit dadurch medizinisches Fachwissen vermittelt wird, das sich gegenüber demjenigen der gerichtlichen Sachverständigen durchzusetzen vermag, oder auch nur zu verdeutlichen, die für die Auswertung medizinischer Literatur erforderliche Sachkunde zu besitzen, die eine Abweichung von der Auffassung der gerichtlichen Sachverständigen rechtfertigen könnte (BGH, Urteil vom 2. März 1993 - VI ZR 104/92 - NJW 1993, 2378 unter II 1 a). Seine Ausführungen, infolge der engen anatomischen Nachbarschaft des HWS-Bereiches zum zentralen Nervensystem könne es – wie in der medizinischen Literatur vertreten - bei einem HWS-Trauma zu Abweichungen vom Regelverlauf und zu einem Ingangsetzen röntgenologisch nicht erfaûbarer Entwicklungsprozesse kommen, setzen eine solche, vom Berufungsgericht nicht ausgewiesene Sachkunde voraus. Sie beruhen zudem auf einer generalisierenden Betrachtungsweise, die den gebotenen Bezug zum Einzelfall vermissen läût.

b) Das Berufungsgericht läût weiter nicht erkennen, aus welchen Gründen und inwieweit es sich dem Gutachten des Neurootologen Dr. M. anschlieûen möchte. Während es sich zunächst auf eine Auseinandersetzung mit den Gutachten S. und I. beschränkt und offengelassen hat, ob den Feststellungen des Sachverständigen M. gefolgt werden kann, bezieht es im weiteren anscheinend die Ergebnisse dieses Sachverständigengutachtens in seine Erwägungen ein. Dann aber hätte es der Dar-

legung bedurft, weshalb dieses Gutachten gegenüber den Ergebnissen des Orthopäden und der Neurologin den Vorzug verdient. Der Sachverständige S. hat in Abweichung von den Erkenntnissen des Sachverständigen M. jeglichen Dauerschaden beim Kläger verneint, die Sachverständige I. jedenfalls einen solchen, der als unfallbedingt zu betrachten wäre.
Bei widersprechenden Gutachten gerichtlich bestellter Sachverständiger darf das Gericht nicht ohne eine einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorrang geben (vgl. Senatsurteil vom 13. Oktober 1993 - IV ZR 220/92 - VersR 1994, 162 unter 2 a). Gemäû § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO bestimmt der Tatrichter Art und Umfang der Beweisaufnahme zwar weitgehend selbst. Geht es jedoch um die Würdigung des Ergebnisses einer bereits durchgeführten Beweisaufnahme, muû diese plausibel und erschöpfend sein. Es steht dem Tatrichter nicht frei, einmal erhobene Beweise bei der abschlieûenden Entscheidungsfindung auûer acht zu lassen. Das widerspricht dem Grundsatz, daû sich der Tatrichter auch bei § 287 ZPO um die Sachverhaltsfeststellung bemühen und die Berücksichtigung aller für die Beurteilung maûgeblichen Umstände erkennen lassen muû (BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - VI ZR 264/91 - VersR 1992, 1410 unter II 1 b bb). Das hat das Berufungsgericht versäumt. Auûerdem sind die Grundsätze der §§ 398, 402 ZPO miûachtet worden. Nachdem das Landgericht dem Gutachten des neurootologischen Sachverständigen M. nicht zu folgen vermochte und in seinem Urteil die aus seiner Sicht bestehenden Mängel der sachverständigen Ausführungen aufgezeigt hatte, wäre eine mündliche Anhörung auch dieses Sachverständigen angezeigt gewesen (vgl.

BGH, Urteil vom 8. Juni 1993 - VI ZR 192/92 - NJW 1993, 2380 unter II 2 a zu § 286 ZPO). Statt dessen hat sich das Berufungsgericht, das von der landgerichtlichen Beurteilung abweichen wollte, auf eine Anhörung der Sachverständigen S. und I. beschränkt.
Aus den Erwägungen des Berufungsgerichts geht ferner nicht hervor , ob die Ergebnisse der Sachverständigen S. und I. für sich gesehen oder erst in Gegenüberstellung mit dem Gutachten M. als nicht überzeugend erscheinen. Ein offenkundiger Widerspruch liegt überdies darin, daû das Berufungsgericht an anderer Stelle, nämlich bei Feststellung des Invaliditätsgrades, das Gutachten des Sachverständigen M. für nicht nachvollziehbar begründet hält. Dieser Mangel wäre geeignet, sich auch auf die weiteren Teile des Gutachtens auszuwirken. Das Berufungsgericht legt nicht dar, weshalb das Gutachten trotz seiner aufgezeigten inhaltlichen Schwächen mehr Überzeugungskraft als die Stellungnahmen der Sachverständigen S. und I. besitzen soll.

c) Weiter hat das Berufungsgericht, wie die Revision zutreffend rügt, die von der Beklagten beigebrachten Privatgutachten nicht berücksichtigt. Der Sachverständige Prof. H. hat in seinem von Anfang 1994 stammenden orthopädischen Gutachten eine als unfallabhängig zu wertende dauernde Beeinträchtigung beim Kläger ebenso verneint wie der Sachverständige Dr. He. in seinem orthopädischen Gutachten vom 24. Juli 1995, ohne daû das Berufungsgericht auf die Erkenntnisse dieser beiden Privatgutachten eingegangen wäre.

Privatgutachten sind substantiierter Parteivortrag (Senatsurteil vom 15. Juni 1998 - IV ZR 206/97 - NVersZ 1999, 84 unter 2 b; BGH, Urteil vom 10. Oktober 2000 - VI ZR 10/00 - NJW 2001, 77 unter II 1). Sie dürfen bei der Bewertung anderer (gerichtlicher) Sachverständigengutachten nicht übergangen werden, sondern verpflichten den Tatrichter, sich mit ihnen sorgfältig zu befassen (Senatsurteil vom 13. Oktober 1993 - IV ZR 220/92 - VersR 1994, 162 unter 2 a; BGH, Urteil vom 20. Juli 1999 - X ZR 121/96 - NJW-RR 2000, 44 unter 6 b; BGH, Urteil vom 10. Oktober 2000 aaO unter II 2). Dem ist das Berufungsgericht nicht nachgekommen.

d) Die tatrichterliche Würdigung nach § 287 ZPO erweist sich nach alledem als fehlerhaft und unvollständig. Schon deshalb war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzugeben.
2. Ergänzend weist der Senat auf folgendes hin:

a) Die Beklagte hat bestritten, daû beim Kläger ein (unfallbedingter ) Dauerschaden vorliegt. Die Revision greift dies auf, indem sie auf den Inhalt des Gutachtens des Sachverständigen Prof. S. verweist, der einen Dauerschaden verneint hat. Die gesundheitliche Beeinträchtigung als solche und die Frage ihrer Dauerhaftigkeit unterliegen uneingeschränkt dem Beweismaû des § 286 ZPO (Senatsurteil vom 12. November 1997 - IV ZR 191/96 - r+s 1998, 80 unter 4). Das Berufungsgericht sieht einen Dauerschaden als erwiesen an, ohne daû sich aus dem angefochtenen Urteil seine konkrete Ausgestaltung ergäbe. Es

befaût sich nicht damit, ob die vom Kläger vorgetragene "Beschwerdesymptomatik" tatsächlich besteht, wie sie sich im einzelnen äuûert und wodurch sie im Sinne des § 286 ZPO belegt ist. Im übrigen müûte die Invalidität binnen Jahresfrist eingetreten sein (vgl. BGHZ 137, 247, 252).

b) Bei der Bemessung der Invalidität ist, wie das Berufungsgericht selbst hervorhebt, nur der Gesundheitszustand zu berücksichtigen, der bis zum Ablauf der 3-Jahres-Frist des § 13 Abs. 3 a AUB 61 zu prognostizieren ist; später gewonnene Erkenntnisse dürfen nicht verwertet werden (Senatsurteil aaO unter 3 a; Senatsurteil vom 23. September 1992 - IV ZR 157/91 - NJW 1993, 201 unter 2). Das Berufungsgericht konnte sich daher nicht auf die Gutachten Dr. v. T. und Prof. Dr. He. stützen. Der Sachverständige He., der im übrigen einen durch den Unfall vom 22. Juli 1991 bedingten Dauerschaden gleichfalls verneint hat, hat seine Untersuchungen am 18. Juli 1995 vorgenommen und in das Gutachten die Ergebnisse einer Röntgenaufnahme vom 8. März 1995 und einer Tomographie vom selben Tage einflieûen lassen. Alle diese Untersuchungen fallen in die Zeit nach Ablauf der dreijährigen Frist. Das Gutachten des Sachverständigen v. T. ist zwar vor dem 22. Juli 1994 erstellt , nimmt aber lediglich eine Teilinvalidität von "ca. 20%" an, so daû das Berufungsgericht hier hätte begründen müssen, weshalb es dadurch den Beweis der vom Kläger behaupteten Teilinvalidität in Höhe von wenigstens 20% als geführt angesehen hat.
Terno Dr. Schlichting Seiffert

Dr. Kessal-Wulf Felsch

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.