Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2018 - IX ZR 14/18

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:221118UIXZR14.18.0
bei uns veröffentlicht am22.11.2018
vorgehend
Landgericht Köln, 18 O 444/16, 09.08.2017
Oberlandesgericht Köln, 2 U 33/17, 20.12.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Berichtigt durch
Beschluss vom 14.1.2019
Preuß, Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 14/18
Verkündet am:
22. November 2018
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der prozessuale Streitgegenstand erfasst bei einem einheitlichen Lebenssachverhalt
Ansprüche aus Insolvenzanfechtung neben materiell-rechtlichen Ansprüchen nur
dann, wenn die Klage von dem Insolvenzverwalter erhoben wird.
BGH, Urteil vom 22. November 2018 - IX ZR 14/18 - OLG Köln
LG Köln
ECLI:DE:BGH:2018:221118UIXZR14.18.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Richter Prof. Dr. Gehrlein, die Richterin Lohmann, die Richter Dr. Schoppmeyer und Röhl

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 20. Dezember 2017 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Antrag vom 1. August 2013 über das Vermögen des am 28. Mai 2012 verstorbenen W. (nachfolgend: Erblasser) am 2. September 2013 eröffneten Nachlassinsolvenzverfahren.
2
Der Erblasser war Vorstand der W. AG (nachfolgend: Schuldnerin), über deren Vermögen am 26. Mai 2011 ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Insolvenzverwalter veräußerte das Anlagevermögen und die immateriellen Vermögensgegenstände der Schuldnerin an den Beklagten zu 2, der Alleingesellschafter der Beklagten zu 1 ist.
3
Im November 2011 wandte sich eine Drittschuldnerin an den Erblasser mit der Bitte um Bekanntgabe einer Kontoverbindung, um eine der Schuldnerin zustehende Forderung in Höhe von 185.000 € zu begleichen. Der Erblasser teilte seine private Bankverbindung mit, an die der Geldbetrag am 23. Dezember 2011 überwiesen wurde. Den Zahlungseingang verwendete der Erblasser zum großen Teil zur Tilgung privater Verbindlichkeiten. Nachdem die Beklagten von dem Vorgang Kenntnis erhielten, verlangten sie von dem Erblasser zur Vermeidung strafrechtlicher Konsequenzen Auskehr der bei ihm noch vorhandenen Mittel. Daraufhin überwies der Erblasser am 15. Januar 2012 jeweils unter dem Verwendungszweck „Darlehen“ 10.000 € an die Beklagte zu 1 und 18.000 € an den Beklagten zu 2.
4
Die am 11. Juli 2012 zur Nachlasspflegerin bestellte Rechtsanwältin S. erhob am 24. Januar 2013 bei dem Landgericht Hamburg gegen die Beklagten Klage auf Rückzahlung von 28.000 €. Die mündliche Verhandlung fand am 27. August 2013 statt. Das Landgericht Hamburg wies die Klage in Unkenntnis der zwischenzeitlichen Insolvenzeröffnung durch Urteil vom 24. September 2013 ab.
5
Vorliegend nimmt der Kläger die Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung (§ 133 Abs. 1, § 134 Abs. 1 InsO) auf Erstattung der empfangenen Beträge in Anspruch. Die Vordergerichte haben die Klage abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision des Klägers hat Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
8
Der Zulässigkeit der hier erhobenen Klage stehe der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit der Streitsache (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) vor dem Landgericht Hamburg entgegen. Der dortige von der Nachlasspflegerin eingeleitete Rechtsstreit sei noch vor Verkündigung des erstinstanzlichen Urteils durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen worden. Dieses Verfahren könne von dem Kläger gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 InsO während des laufenden Insolvenzverfahrens jederzeit durch Einlegung der Berufung aufgenommen werden.
9
In beiden Verfahren lägen keine unterschiedlichen Streitgegenstände vor. Grundlage des Rechtsstreits vor dem Landgericht Hamburg sei ein Anspruch auf Rückzahlung aus am 15. Januar 2012 gewährten Darlehen über 28.000 € gewesen, der abgewiesen worden sei, ohne weitere Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB) oder Delikt (§ 823 Abs. 2 BGB, § 253 StGB) zu prüfen. Dieser Streitgegenstand stimme mit dem Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits überein, der gestützt auf den identischen Lebenssachverhalt nunmehr aus Insolvenzanfechtung abgeleitete Rückgewähransprüche von 28.000 € betreffe.
10
Die Anfechtungstatbestände der §§ 130 ff InsO gäben dem Streitgegenstand keinen besonderen Zuschnitt. Es komme nicht darauf an, dass der Anspruch auf Rückgewähr anfechtbarer Leistungen erst mit Insolvenzeröffnung originär in der Person des Verwalters entstehe. Auch wenn ein fremdes Recht in Prozessstandschaft eingeklagt werde, stehe einer weiteren Klage des Rechtsinhabers der Einwand der doppelten Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) entgegen. Deshalb bedeute es keinen Unterschied, ob der Anspruch erst in der Person des Schuldners entstanden und dann auf den Insolvenzverwalter übergegangen oder unmittelbar in der Person des Insolvenzverwalters entstanden sei.
11
Verneine man eine anderweitige Rechtshängigkeit, stehe der Zulässigkeit der Klage jedenfalls der Einwand des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses entgegen. Es fehle ausnahmsweise, wenn der Kläger sein Rechtsschutzziel auf einfacherem und billigerem Weg erreichen könne. So liege der Fall hier. Der Kläger hätte sein Rechtsschutzziel schon durch Wiederaufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits vor dem Landgericht Hamburg gemäß § 85 InsO erreichen können. Dieser Weg sei einfacher als die Erhebung einer neuen Klage, die weitere Gerichts- und Rechtsanwaltskosten hervorrufe.

II.


12
Diese Ausführungen halten in entscheidenden Punkten rechtlicher Prüfung nicht stand.

13
1. Die Begründetheit der Revision scheitert nicht daran, dass das Ersturteil infolge einer unzulässigen Berufung des Klägers in Rechtskraft erwachsen ist.
14
a) Die Zulässigkeit der Berufung ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu überprüfen; denn ein gültiges und rechtswirksames Verfahren vor dem Revisionsgericht ist nur möglich, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig beendet ist. Das setzt neben der Zulässigkeit der Revision voraus, dass das erstinstanzliche Urteil durch eine zulässige Berufung angegriffen worden und die Rechtskraft dieses Urteils damit zunächst in der Schwebe gehalten ist (BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 - IX ZR 18/09 , BGHZ 184, 209 Rn. 19 mwN).
15
b) Das Ersturteil wurde mit der Berufungsbegründung in zulässiger Weise angegriffen. Der Kläger hat ersichtlich angenommen, dass im Streitfall das Indiz der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit schon für sich genommen den Nachweis der subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO rechtfertigt. Insoweit hat er dem Landgericht vorgeworfen, sich nicht mit den hier gegebenen äußeren Umständen und deren indiziellen Wirkungen begnügt zu haben. Das Landgericht habe die maßgebliche Indizienkette erkannt, das daraus folgende Ergebnis aber nicht akzeptieren wollen. Bei dieser Sachlage war, weil die Berufung die Indizienlage als ausreichenden Nachweis erachtete, eine Auseinandersetzung mit den weiteren Erwägungen des Erstgerichts nicht geboten.
16
2. Die vorliegend erhobene Insolvenzanfechtungsklage (§ 143 Abs. 1 InsO) ist nicht wegen anderweitiger Rechtshängigkeit der Streitsache (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) unzulässig. Der Streitgegenstand der vor dem Landgericht Hamburg erhobenen Klage umfasst nicht Ansprüche aus Insolvenzanfechtung.

17
a) Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach Ansprüche aus materiellem Recht und aus Insolvenzanfechtung einen einheitlichen Streitgegenstand bilden können, sofern der Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, beide Ansprüche umfasst.
18
aa) Nach der in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannten prozessrechtlichen Auffassung vom Streitgegenstand im Zivilprozess wird mit der Klage nicht ein bestimmter materiell-rechtlicher Anspruch geltend gemacht ; vielmehr ist Gegenstand des Rechtsstreits der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgenbehauptung aufgefasste eigenständige prozessuale Anspruch , der bestimmt wird durch den Klageantrag und den Lebenssachverhalt (Anspruchs- oder Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGH, Urteil vom 28. September 2006 - IX ZR 136/05, BGHZ 169, 158 Rn. 8). Nicht nötig ist es, dass der Kläger den rechtlichen Gesichtspunkt bezeichnet , unter dem sein Sachvortrag den Klageantrag stützt. Die Subsumtion des vorgetragenen Sachverhalts unter die in Betracht kommenden gesetzlichen Tatbestände ist Sache des Gerichts. Für die Insolvenzanfechtung gilt insoweit nichts Besonderes. Ist ein Anfechtungstatbestand erfüllt und ist danach das Klagebegehren begründet, dann ist der Klage stattzugeben; es ist dazu nicht erforderlich, dass der Kläger ausdrücklich - oder stillschweigend - die Anfechtung erklärt oder sich jedenfalls auf diese Rechtsgrundlage beruft. In § 146 InsO kommt dies dadurch zum Ausdruck, dass dort von einem "Anfechtungsanspruch" gesprochen wird (BGH, Urteil vom 20. März 1997 - IX ZR 71/96, BGHZ 135, 140, 149 f).
19
bb) Danach können aus einem einheitlichen Lebenssachverhalt herrührende Anfechtungsansprüche in einem Rechtsstreit neben materiell-rechtlichen Rückgewähransprüchen erhoben werden (BGH, Urteil vom 7. September 2017 - IX ZR 224/16, WM 2017, 1910 Rn. 10). Bei dieser Sachlage bilden von einem Insolvenzverwalter verfolgte Ansprüche aus Insolvenzanfechtung und materiellem Recht, die aus einem identischen Lebenssachverhalt herrühren, einen einheitlichen Streitgegenstand (vgl. BGH, Urteil vom 29. Oktober 2015 - IX ZR 222/13, WM 2015, 2253 Rn. 11). Folglich ist bei einem einheitlichen Lebenssachverhalt derselbe Streitgegenstand betroffen, wenn der Insolvenzverwalter seine aus materiellem Recht abgewiesene Klage in der übergeordneten Instanz auf Insolvenzanfechtung stützt (BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, WM 2008, 223 Rn. 9, insoweit bei BGHZ 174, 314 nicht abgedruckt).
20
b) Diese Grundsätze sind indessen im Streitfall nicht einschlägig, weil die von der Nachlasspflegerin vor dem Landgericht Hamburg erhobene Klage die erst in der Person des Klägers entstandenen Anfechtungsansprüche nicht zum Gegenstand haben konnte. Deshalb fehlt es an der Identität der in den beiden Rechtsstreitigkeiten verfolgten Streitgegenstände.
21
aa) Bei dem anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch handelt es sich um einen originären gesetzlichen Anspruch, der mit Insolvenzeröffnung entsteht und der dem Insolvenzverwalter vorbehalten ist, mit dessen Amt er verbunden ist. Der Insolvenzverwalter handelt materiell-rechtlich wie prozessual im eigenen Namen und aus eigenem Recht, jedoch mit Wirkung für und gegen die Masse; er wird dabei in Erfüllung der ihm durch die Insolvenzordnung auferlegten gesetzlichen Verpflichtungen tätig (BGH, Beschluss vom 2. April 2009 - IX ZB 182/08, WM 2009, 814 Rn. 13 mwN).
22
bb) Entsteht der Anfechtungsanspruch erst mit Verfahrenseröffnung in der Person des Insolvenzverwalters, erfasst der Streitgegenstand der von der Nachlasspflegerin vor dem Landgericht Hamburg erhobenen Klage nicht Ansprüche aus Insolvenzanfechtung. Die dortige Klage ist auf materielle Anspruchsgrundlagen , insbesondere einen Darlehensvertrag, gestützt worden. Mangels Verfahrenseröffnung und Bestellung zur Insolvenzverwalterin konnte die Nachlasspflegerin Ansprüche aus Insolvenzanfechtung nicht verfolgen. Der Grundsatz, dass der prozessuale Streitgegenstand bei einem einheitlichen Lebenssachverhalt sowohl materiell-rechtliche als auch Ansprüche aus Insolvenzanfechtung umfasst, kann nur gelten, wenn die Klage von einem Insolvenzverwalter erhoben wird, der in seiner Person berechtigt ist, Ansprüche aus beiderlei Rechtsgrund zu verfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, WM 2008, 223 Rn. 9; insoweit bei BGHZ 174, 314 nicht abgedruckt). Handelt es sich jedoch um die Klage eines Dritten, sei es des Schuldners selbst oder - wie im Streitfall - einer Nachlasspflegerin, kann sich der auf materiellrechtliche Ansprüche beschränkte Streitgegenstand notwendigerweise nicht auf Ansprüche aus Insolvenzanfechtung, deren Geltendmachung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraussetzt (vgl. Lohmann in FS Wellensiek, 2011, 221 ff), erstrecken. Eine Klage der Nachlasspflegerin als Prozessstandschafterin des Klägers scheidet entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts notwendig aus, weil der Kläger eine solche Ermächtigung nicht erteilt hat und mangels Bestellung zum Insolvenzverwalter bis zur Unterbrechung des Rechtsstreits vor dem Landgericht Hamburg nicht erteilen konnte. Mithin geht der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit der Streitsache (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) fehl.
23
cc) Beschränkt sich der Streitgegenstand der vor dem Landgericht Hamburg erhobenen Klage notwendigerweise auf materiell-rechtliche Ansprüche insbesondere aus Darlehen, ist eine Rechtshängigkeitssperre nur hinsichtlich dieser Ansprüche eingetreten. Folgerichtig ist der Kläger nicht gehindert, in vorliegendem Verfahren Ansprüche aus Insolvenzanfechtung, die nicht von der Rechtshängigkeitssperre erfasst werden, zu erheben. Sind die materiell-rechtlichen Ansprüche weiter beim Landgericht Hamburg anhängig, ist für das weitere Verfahren zu beachten, dass der Kläger in vorliegendem Rechtsstreit nur Ansprüche aus Insolvenzanfechtung und nicht aus materiellem Recht zur Prüfung stellen kann.
24
3. Die Zulässigkeit der Klage scheitert auch nicht an einem fehlenden Rechtsschutzinteresse.
25
a) Bei Leistungsklagen ergibt sich ein Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig schon aus der Nichterfüllung des behaupteten materiellen Anspruchs, dessen Vorliegen für die Prüfung des Interesses an einer gerichtlichen Durchsetzung zu unterstellen ist. Nur ausnahmsweise können besondere Umstände das Verlangen eines Klägers, in die materiell-rechtliche Prüfung seines Anspruchs einzutreten , als nicht schutzwürdig erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - III ZR 266/11, BGHZ 195, 174 Rn. 51). Das Rechtsschutzinteresse fehlt regelmäßig dann, wenn ein Titel über die Forderung auf einfacherem und billigerem Wege zu erreichen ist (BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - IX ZR 29/09, WM 2009, 1620 Rn. 5). Allerdings darf der Kläger unter dem Gesichtspunkt eines fehlenden Rechtsschutzinteresses nicht auf einen verfahrensmäßig unsicheren Weg verwiesen werden (BGH, Urteil vom 24. April 1990 - VI ZR 110/89, BGHZ 111, 168, 171).
26
b) Nach diesen Maßstäben kann dem Kläger ein Rechtsschutzinteresse in vorliegendem Klageverfahren nicht versagt werden. Da sich die Rechtshängigkeitssperre der vor dem Landgericht Hamburg erhobenen Klage auf materiell-rechtliche Ansprüche beschränkt, durfte der Kläger ohne Zulässigkeitsbedenken die vorliegende Klage erheben. Das Landgericht Hamburg konn- te, weil die mündliche Verhandlung am 27. August 2013 geschlossen worden war, das erstinstanzliche klageabweisende Urteil gemäß § 249 Abs. 3 ZPO ungeachtet der zwischenzeitlich am 2. September 2013 erfolgten Verfahrenseröffnung am 24. September 2013 verkünden (BFH, Urteil vom 4. Mai 2011 - XI R 35/10, BFHE 233, 379 Rn. 19; vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 27. Januar 2009 - XI ZR 519/07, WM 2009, 871 Rn. 9 ff; Beschluss vom 15. November 2011 - II ZR 6/11, NJW 2012, 682 Rn. 8). Bei dieser Sachlage muss sich der Kläger nicht darauf verweisen lassen, das unterbrochene Verfahren aufzunehmen, um Ansprüche aus Insolvenzanfechtung erstmals im Berufungsrechtszug zu verfolgen.
Kayser Gehrlein Lohmann
Schoppmeyer Röhl
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 09.08.2017 - 18 O 444/16 -
OLG Köln, Entscheidung vom 20.12.2017 - 2 U 33/17 -
BESCHLUSS
IX ZR 14/18
vom
14. Januar 2019
in dem Rechtsstreit


ECLI:DE:BGH:2018:221118UIXZR14.18.0
Prof. Dr. Kayser, den Richter Prof. Dr. Gehrlein, die Richterin Lohmann und die
Richter Dr. Schoppmeyer und Röhl

am 14. Januar 2019
beschlossen:

Der Leitsatz des Senatsurteils vom 22. November 2018 ist in der
Normenzeile insoweit zu korrigieren als es richtig heißen muss:

ZPO § 261 Abs. 3 Nr. 1

anstatt

InsO § 261 Abs. 3 Nr. 1.

Kayser Gehrlein Lohmann

Schoppmeyer Röhl

Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 09.08.2017 - 18 O 444/16 -
OLG Köln, Entscheidung vom 20.12.2017 - 2 U 33/17 -


ECLI:DE:BGH:2018:221118UIXZR14.18.0

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(1) Die Überwachung ist Aufgabe des Insolvenzverwalters. Die Ämter des Verwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses und die Aufsicht des Insolvenzgerichts bestehen insoweit fort. § 22 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Während der Zeit der Überwachung hat der Verwalter dem Gläubigerausschuß, wenn ein solcher bestellt ist, und dem Gericht jährlich über den jeweiligen Stand und die weiteren Aussichten der Erfüllung des Insolvenzplans zu berichten. Unberührt bleibt das Recht des Gläubigerausschusses und des Gerichts, jederzeit einzelne Auskünfte oder einen Zwischenbericht zu verlangen.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

(1) Rechtsstreitigkeiten über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für den Schuldner anhängig sind, können in der Lage, in der sie sich befinden, vom Insolvenzverwalter aufgenommen werden. Wird die Aufnahme verzögert, so gilt § 239 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Lehnt der Verwalter die Aufnahme des Rechtsstreits ab, so können sowohl der Schuldner als auch der Gegner den Rechtsstreit aufnehmen.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

(1) Rechtsstreitigkeiten über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für den Schuldner anhängig sind, können in der Lage, in der sie sich befinden, vom Insolvenzverwalter aufgenommen werden. Wird die Aufnahme verzögert, so gilt § 239 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Lehnt der Verwalter die Aufnahme des Rechtsstreits ab, so können sowohl der Schuldner als auch der Gegner den Rechtsstreit aufnehmen.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

8
1. Die Revision rügt allerdings zu Unrecht, das Berufungsgericht habe über den jedenfalls auch zum Streitgegenstand gehörenden insolvenzrechtlichen Anfechtungsanspruch nicht befunden. Nach der in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannten prozessrechtlichen Auffassung vom Streitgegenstand im Zivilprozess wird mit der Klage nicht ein bestimmter materiell -rechtlicher Anspruch geltend gemacht; vielmehr ist Gegenstand des Rechtsstreits der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgenbehauptung aufgefasste eigenständige prozessuale Anspruch, der bestimmt wird durch den Klageantrag und den Lebenssachverhalt (Anspruchs- oder Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGHZ 117, 1, 5; 153, 173, 175). Das Berufungsgericht hat über Antrag und Grund insgesamt entschieden, indem es zur Begründung der Klageabweisung ausgeführt hat, ein sich aus der Anfechtung der Herstellung der Aufrechnungslage ergebender Rückgewähranspruch sei zur Rechtfertigung des Zahlungsantrags nicht geeignet, die Vorschriften der §§ 143 ff InsO seien neben § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht anwendbar und auch die Anfechtung der den Frachtlohnansprüchen zu Grunde liegenden Rechtsgeschäfte scheide aus Rechtsgründen aus.

(1) Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs richtet sich nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch.

(2) Auch wenn der Anfechtungsanspruch verjährt ist, kann der Insolvenzverwalter die Erfüllung einer Leistungspflicht verweigern, die auf einer anfechtbaren Handlung beruht.

10
1. Ansprüche aus Insolvenzanfechtung werden entgegen der Auffassung der Beklagten nicht durch vertragliche Ansprüche oder Bereicherungsforderungen (§§ 812 ff BGB) verdrängt (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 3. Aufl., Vor §§ 129-147 Rn. 86). Vielmehr können Anfechtungsansprüche selbständig neben sonstigen Rückgewähransprüchen erhoben werden (BGH, Urteil vom 29. Januar 1964 - Ib ZR 197/62, BGHZ 41, 98, 103 f; Uhlenbruck/Hirte/Ede, InsO, 14. Aufl., § 129 Rn. 30). Deshalb schließt die Nichtigkeit einer Rechtshandlung ihre Anfechtbarkeit nicht aus (BGH, Urteil vom 4. März 1999 - IX ZR 63/98, BGHZ 141, 96, 105 f).
11
Aus diesem Sachverhalt lässt sich ein Zahlungsanspruch sowohl unter dem Gesichtspunkt der §§ 4, 11 AnfG wie auch der ungerechtfertigten Bereicherung herleiten. Der Anspruch nach dem Anfechtungsgesetz setzt voraus, dass der Titelschuldner - hier W. Z. - einem Dritten aus seinem Vermögen eine unentgeltliche Leistung zugewandt hat. Nicht erforderlich ist, dass der Kläger die Anfechtung ausdrücklich erklärt oder sich auch nur auf diese Rechtsgrundlage beruft (BGH, Urteil vom 29. April 1986 - IX ZR 163/85, BGHZ 98, 6, 9; vom 20. März 1997 - IX ZR 71/96, BGHZ 135, 140, 149 f; vom 13. Mai 2004 - IX ZR 128/01, ZIP 2004, 1370, 1371). Für den Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung ist - neben dem fehlenden Rechtsgrund - entscheidend , ob der Beklagte den Geldbetrag aus dem Vermögen der Y. L. erhalten hat, sei es durch eine Leistung oder auf sonstige Weise. Beide Ansprüche stehen insoweit in einem Verhältnis der Alternativität, als der Anfech- tungsanspruch gegeben ist, wenn W. Z. als Erstempfänger des Geldes in eigenem Namen auftrat mit der Folge, dass der Geldbetrag zunächst in sein Vermögen gelangte, während der Bereicherungsanspruch eingreift, wenn W. Z. als Vertreter der Y. L. über deren Vermögen verfügte. Zur mithin entscheidenden Frage, ob W. Z. für sich selbst oder für Y. L. handelte, ist dem in der Klageschrift vorgetragenen Sachverhalt nichts zu entnehmen. Deshalb gehört zu dem vorgetragenen Lebenssachverhalt sowohl die Möglichkeit, dass der Geldbetrag zunächst in das Vermögen des W. Z. gelangte, als auch dass der Beklagte den Geldbetrag unmittelbar aus dem Vermögen der Y. L. erwarb. Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts, wonach eine Hemmung der Verjährung nicht eingetreten sei, weil der Kläger noch nicht in der Klageschrift, sondern erst mit der Berufungserwiderung seinen Anspruch auch auf § 812 BGB gestützt habe, verkennt , dass es für die Bestimmung des prozessualen Anspruchs allein auf den vorgetragenen Lebenssachverhalt ankommt und nicht darauf, wie der Kläger den von ihm vorgetragenen Lebenssachverhalt rechtlich beurteilt hat.
9
Die Auffassung der Beklagten, die von der Revision geltend gemachten, im angefochtenen Berufungsurteil nicht abgehandelten Anspruchsgrundlagen beträfen einen anderen Streitgegenstand - mit der Folge, dass sich die Zulassung hierauf nicht bezöge -, trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat den vertraglichen Erfüllungsanspruch geprüft (und verneint). Die Revision meint, der mit der Klage verfolgte Zahlungsanspruch ergebe sich aus dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung sowie aus dem Recht der unerlaubten Handlung. Der Streitgegenstand wird durch den - hier unveränderten - Klageantrag und den zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, umgrenzt (BGHZ 154, 342, 347 f). Bei natürlicher Betrachtungsweise (vgl. dazu BGH, Urt. v. 6. Mai 1999 - III ZR 265/98, NJW 1999, 3126, 3127) gehören auch die Umstände, auf die der Kläger mit seiner Revision abstellt, zu dem von ihm zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex. Sowohl der aus Vertrag hergeleitete Erfüllungsanspruch als auch der anfechtungs- und deliktsrechtliche Anspruch sind in der Person des Klägers mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden.
13
Der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch ist von Ansprüchen aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis wesensverschieden und folgt eigenen Regeln. Er verdrängt in seinem Anwendungsbereich die allgemeineren Regeln der zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse und eröffnet dem Insolvenzverwalter eine Rückforderungsmöglichkeit, die nach dem außerhalb der Insolvenz geltenden Recht dem Verfügenden selbst verwehrt ist (BGH, Urt. v. 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, WM 2009, 179, 180 Rn. 15 z.V.b. in BGHZ). Bei dem Rückgewähranspruch handelt es sich um einen originären gesetzlichen Anspruch (BGHZ 15, 333, 337; 83, 102, 105; BGH, Urt. v. 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, aaO S. 180 f Rn. 15), der mit Insolvenzeröffnung entsteht (BGHZ 101, 286, 288; 130, 38, 40; 171, 38, 44 Rn. 20; BGH, Beschl. v. 29. April 2004 - IX ZB 225/03, ZIP 2004, 1653, 1654) und der dem Insolvenzverwalter vorbehalten ist, mit dessen Amt er untrennbar verbunden ist (BGHZ 83, 102, 105; 86, 190, 196; 106, 127, 129; 118, 374, 381; 171, 38, 44 Rn. 20). Der Insolvenzverwalter handelt materiellrechtlich wie prozessual im eigenen Namen und aus eigenem Recht, jedoch mit Wirkung für und gegen die Masse; er wird dabei in Erfüllung der ihm durch die Insolvenzordnung auferlegten gesetzlichen Verpflichtungen tätig (BGHZ 88, 331, 334; 100, 346, 351). Aus der selbstständigen Natur des Anfechtungsanspruchs folgt zwingend, dass es für seine gerichtliche Durchsetzung nicht darauf ankommen kann, welchen Rechtsweg der Anfechtungsgegner für die Durchsetzung seines ursprünglichen Leistungsrechts hätte beschreiten müssen.
9
Die Auffassung der Beklagten, die von der Revision geltend gemachten, im angefochtenen Berufungsurteil nicht abgehandelten Anspruchsgrundlagen beträfen einen anderen Streitgegenstand - mit der Folge, dass sich die Zulassung hierauf nicht bezöge -, trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat den vertraglichen Erfüllungsanspruch geprüft (und verneint). Die Revision meint, der mit der Klage verfolgte Zahlungsanspruch ergebe sich aus dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung sowie aus dem Recht der unerlaubten Handlung. Der Streitgegenstand wird durch den - hier unveränderten - Klageantrag und den zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, umgrenzt (BGHZ 154, 342, 347 f). Bei natürlicher Betrachtungsweise (vgl. dazu BGH, Urt. v. 6. Mai 1999 - III ZR 265/98, NJW 1999, 3126, 3127) gehören auch die Umstände, auf die der Kläger mit seiner Revision abstellt, zu dem von ihm zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex. Sowohl der aus Vertrag hergeleitete Erfüllungsanspruch als auch der anfechtungs- und deliktsrechtliche Anspruch sind in der Person des Klägers mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

5
b) Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt außerdem regelmäßig dann, wenn ein Titel über die Forderung auf einfacherem und billigerem Weg zu erreichen ist (vgl. etwa BGHZ 111, 168, 171; 165, 96, 99; BGH, Urt. v. 24. Februar 1994 - IX ZR 120/93, ZIP 1994, 654, 655; v. 28. März 1996 - IX ZR 77/95, ZIP 1996, 842, 843). Diese Voraussetzung ist in einem Fall wie dem vorliegenden ebenfalls nicht erfüllt. Das außergerichtliche oder gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren führt nicht notwendig zur (anteiligen) Titulierung eines gegen den Insolvenzschuldner gerichteten Anspruchs. Das zeigen schon die vom Beklagten selbst mitgeteilten Zahlen: Von etwa 100.000 Verbraucherinsolvenzverfahren im Jahr enden nur etwa 1.700 mit der Annahme eines Schuldenbereinigungsplanes. Die Schuldenbereinigung kann aus mehreren Gründen scheitern. So kann das Insolvenzgericht den Fortgang des Eröffnungsverfahrens anordnen, wenn nach seiner freien Überzeugung der Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich nicht angenommen werden wird (§ 306 Abs. 1 Satz 3 InsO). Jeder Gläubiger kann Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan erheben. Eine Ersetzung der Zustimmung eines widersprechenden Gläubigers kommt nur dann in Betracht, wenn mehr als die Hälfte der benannten Gläubiger dem Plan zugestimmt haben und die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der benannten Gläubiger beträgt (§ 309 Abs. 1 Satz 1 InsO); der Gläubiger, der die Einwendungen erhoben hat, muss im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern angemessen beteiligt werden und darf durch den Plan nicht schlechter gestellt werden, als er bei Durchführung des Verfahrens über die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erteilung von Restschuldbefreiung stünde (§ 309 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 InsO). Die Zustimmung des Gläubigers kann auch dann nicht ersetzt werden, wenn Streit über die Höhe einer vom Schuldner angegebenen Forderung entsteht und die Angemessenheit der Beteiligung des Gläubigers vom Ausgang dieses Streits abhängt (§ 309 Abs. 3 InsO). Schließlich kann der Eröffnungsantrag bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens jederzeit zurückgenommen werden (§ 13 Abs. 2 InsO). Mit der Rücknahme wird auch dem Schuldenbereinigungsplan die Grundlage entzogen.

(1) Die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens hat die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung oder Aussetzung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt.

(2) Die während der Unterbrechung oder Aussetzung von einer Partei in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen sind der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkung.

(3) Durch die nach dem Schluss einer mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung wird die Verkündung der auf Grund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert.

Tatbestand

1

I. Der Kläger betrieb seit 1997 selbständig einen ambulanten Pflegedienst mit Namen "V" in M.

2

Im März 2004 eröffnete er in F in einem von ihm 2003 erworbenen und behindertengerecht umgebauten Einfamilienhaus eine Seniorenwohngemeinschaft, die hauptsächlich für demenzkranke Menschen gedacht war. Das Gebäude verfügte über eine Gesamtwohnfläche von mehr als 340 qm mit sieben einzeln vermietbaren Zimmern und verschiedenen Gemeinschaftsräumen, u.a. Wohnzimmer und Küche. Der Kläger warb damit, dass das gesamte Jahr über täglich eine 24-stündige Betreuung und eine umfangreiche hauswirtschaftliche Hilfe geleistet sowie, wenn nötig, gute Pflege und eine Begleitung bei den Aktivitäten angeboten werde. Die Kosten für Pflege, Hauswirtschaft und Betreuung würden bei Pflegebedürftigkeit ganz oder teilweise von der Kranken- und Pflegeversicherung getragen. Kosten für Miete, Nebenkosten und Verpflegung gingen dagegen zu Lasten der Bewohner.

3

Nach Fertigstellung des Umbaus schloss der Kläger mit sieben Senioren jeweils einen Mietvertrag über ein ausschließlich eigengenutztes Zimmer und im Einzelnen benannte Gemeinschaftsräume wie Wohnzimmer, Küche, Garten usw. Außerdem schloss er mit den Senioren jeweils entsprechend ihren individuellen Bedürfnissen eine schriftliche "Pflegevereinbarung" ab; darin wurden auch bestimmte Betreuungs- und Verpflegungsleistungen vereinbart. Eine rechtliche Verknüpfung zwischen dem Mietvertrag und der Pflegevereinbarung bestand nicht. Eine Anerkennung bzw. Anzeige der Einrichtung als Heim im Sinne des Heimgesetzes (HeimG) lag nicht vor.

4

Die Kosten der vom Kläger gegenüber den Senioren in der Wohngemeinschaft F in den Jahren 2004 bis 2006 (Streitjahre) neben den Vermietungs-, Betreuungs- und Verpflegungsleistungen erbrachten Pflegeleistungen --Behandlungspflege als häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 2 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch sowie Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung nach § 37 des Sozialgesetzbuchs Elftes Buch-- wurden in der überwiegenden Zahl der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe getragen.

5

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) ging im Anschluss an eine Außenprüfung und eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung davon aus, dass für die gegenüber den Senioren in der Wohngemeinschaft F erbrachten und vom Kläger als umsatzsteuerfrei angesehenen Leistungen weder die Steuerbefreiung für Wohnraumvermietung (§ 4 Nr. 12 des Umsatzsteuergesetzes 1999 --UStG--) noch die Befreiung für ambulante Pflegedienstumsätze (§ 4 Nr. 16 Buchst. e UStG) anwendbar sei. Es handele sich bei der vom Kläger erbrachten Tätigkeit um eine einheitliche Leistung eigener Art, die aus den Elementen der Wohnraumüberlassung, der Haushaltsführung und der Pflegeleistung bestehe. § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG sei nicht einschlägig, da die Einrichtung kein nach dem HeimG anerkanntes Heim sei.

6

Das FA unterwarf dementsprechend in den Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 2004 bis 2006 vom 6. Dezember 2007 die vom Kläger in der Wohngemeinschaft F erzielten Mieterlöse, die Zahlungen der Patienten für Verpflegung und Betreuung sowie die von den Krankenkassen übernommenen Beträge für Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung dem Regelsteuersatz und beließ nur --was unstreitig ist-- die Umsätze aus der (medizinischen) Behandlungspflege gemäß § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei.

7

Dagegen behandelte das FA die Leistungen, die der Kläger gegenüber den Senioren in einer weiteren im Jahr 2006 in W eröffneten Wohngemeinschaft erbracht hatte, bei der aber den Senioren die Räume nicht vom Kläger, sondern von der R-GmbH zur Verfügung gestellt worden waren, (insgesamt) als umsatzsteuerfrei.

8

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2009) erhobenen Klage überwiegend statt (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 591). Es führte zur Begründung aus, der Kläger habe mit der Vermietung der Räume an Senioren und den ambulanten Pflegeleistungen jeweils umsatzsteuerfreie Hauptleistungen sowie umsatzsteuerpflichtige Betreuungs- und Verpflegungsleistungen erbracht. Bei diesen Leistungen handele es sich jeweils um eigenständige, selbständige Leistungen und nicht um eine einheitliche Leistung eigener Art. Die Vermietungsumsätze seien nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG und die Pflegeumsätze seien gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG als Umsätze einer Einrichtung zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen umsatzsteuerfrei. Hinsichtlich der Betreuung und Verpflegung der Senioren greife dagegen keine Steuerbefreiung ein.

9

Nach der mündlichen Verhandlung vor dem FG am 19. August 2010 und vor Zustellung des Urteils gemäß § 104 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Beteiligten am 13. September 2010 war am 1. September 2010 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden. Der Insolvenzverwalter (Revisionsbeklagter) nahm auf Anfrage des FG den Rechtsstreit zwecks Bekanntgabe des Urteils auf. Daraufhin wurde ihm das Urteil vom 19. August 2010 am 12. Oktober 2010 zugestellt.

10

Das FA rügt mit seiner vom FG zugelassenen Revision, die Vorentscheidung sei unter Verstoß gegen § 155 FGO i.V.m. § 240 der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht wirksam zugestellt worden, weil die vom Insolvenzverwalter gegenüber dem FG erklärte Aufnahme des Verfahrens erst nach --seinerzeit noch ausstehender-- Anmeldung der streitigen Forderung zur Insolvenztabelle hätte erfolgen dürfen (Hinweis auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. September 2004 IV B 42/03, BFH/NV 2005, 365).

11

In materiell-rechtlicher Hinsicht macht das FA geltend, die Vorentscheidung verletze § 3 Abs. 9 UStG. Das FG habe zwar die Grundsätze hinsichtlich der Frage, ob mehrere Leistungen umsatzsteuerrechtlich als getrennt zu betrachtende selbständige Leistungen oder als einheitliche Leistung zu beurteilen sind, zutreffend dargelegt. Es habe aber im Streitfall zu Unrecht entscheidend darauf abgestellt, dass die Leistungen in getrennten Verträgen mit jeweils gesonderten Entgeltregelungen vereinbart worden seien, ohne die Interessenlage der Beteiligten zu erforschen und zu würdigen. Im Streitfall sei für die dementen Bewohner die Koppelung von Unterbringung, Haushaltsführung, Aufsicht, Pflege und medizinischer Versorgung von entscheidender Bedeutung gewesen. Diese gleichberechtigt nebeneinander stehenden Bestandteile seien derart miteinander verbunden, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Einheit gebildet hätten. Es handele sich um eine Leistung besonderer Art, für die eine Steuerbefreiung nicht in Betracht komme.

12

Das FA hat den Rechtsstreit gemäß § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2 der Insolvenzordnung aufgenommen.

13

Es beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufheben und die Klage abzuweisen.

14

Der Revisionsbeklagte hält die Ausführungen des FG für zutreffend. Er hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

15

II. Die Revision des FA ist zulässig, aber unbegründet.

16

A. Die Revision ist zulässig. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers am 1. September 2010 wurde zwar das zu diesem Zeitpunkt mangels Zustellung des Urteils (§ 104 Abs. 2 FGO) noch nicht abgeschlossene Klageverfahren nach § 155 FGO i.V.m. § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen. Gleichwohl war die Einlegung der Revision durch das FA wirksam (vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 29. März 1990 III ZB 39/89, BGHZ 111, 104).

17

B. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

18

I. Entgegen der Auffassung des FA wurde das Urteil des FG wirksam erlassen und bekanntgemacht.

19

Denn nach § 249 Abs. 3 ZPO wird die Verkündung der aufgrund einer mündlichen Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht durch die nach dem Schluss dieser Verhandlung eintretende Unterbrechung gehindert. Diese Vorschrift ist entsprechend anwendbar, wenn das Gericht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet und die Entscheidung zuzustellen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Februar 1991 V R 117/85, BFHE 163, 410, BStBl II 1991, 466). Dasselbe gilt, wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung des Verfahrens --wie hier am 1. September 2010-- keine Fristen mehr liefen und keine Prozesshandlungen zur wirksamen Wahrnehmung der Interessen des Beteiligten mehr erforderlich waren (vgl. BFH-Beschluss vom 21. November 2002 VII B 58/02, BFH/NV 2003, 485).

20

Insofern unterscheidet sich der Streitfall von dem Sachverhalt, der dem BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 365 zugrunde lag. Dort war die Unterbrechung des Verfahrens vor der mündlichen Verhandlung eingetreten.

21

II. Die Entscheidung des FG, der (damalige) Kläger habe mit der Vermietung der Räume an Senioren und den von den Kassen erstatteten ambulanten Pflegeleistungen (Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung) jeweils umsatzsteuerfreie Hauptleistungen erbracht, hält revisionsrechtlicher Prüfung stand.

22

1. Die langfristige Vermietung möblierter Räume ist nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20. August 2009 V R 21/08, BFH/NV 2010, 473).

23

Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG ferner u.a. die mit dem Betrieb der Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen eng verbundenen Umsätze, wenn --wie im Streitfall-- im vorangegangenen Kalenderjahr die Pflegekosten in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 30. Juli 2008 XI R 61/07, BFHE 222, 134, BStBl II 2009, 68).

24

2. Das FG hat zu Recht entschieden, dass diese Vorschriften, deren Voraussetzungen unstreitig vorliegen, anwendbar sind. Seine Beurteilung, im Streitfall eine einheitliche Leistung zu verneinen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

25

a) Das FG hat seiner Entscheidung --wie das FA einräumt-- die maßgeblichen Abgrenzungsgrundsätze für die Frage, unter welchen Bedingungen mehrere zusammenhängende Leistungen als eine Gesamtleistung zu behandeln sind, zugrunde gelegt (vgl. dazu z.B. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 11. Juni 2009 Rs. C-572/07 --RLRE Tellmer Property--, Slg. 2009, I-4983, BFH/NV 2009, 1368, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2009, 1260, Rz 17 ff.; BFH-Urteile vom 17. April 2008 V R 39/05, BFH/NV 2008, 1712, unter II.2.b, m.w.N; vom 25. Juni 2009 V R 25/07, BFHE 226, 407, BStBl II 2010, 239, unter II.2.b; vom 10. Februar 2010 XI R 49/07, BFHE 228, 456, BStBl 2010, 1109, unter II.3.a).

26

b) Das FG hat davon ausgehend in nicht zu beanstandender Weise entschieden, bei der Überlassung des Wohnraums und den Pflegeleistungen handele es sich jeweils um Hauptleistungen, die gesonderten Zwecken gedient hätten.

27

Hierzu hat es zutreffend u.a. ausgeführt, die Leistungen hätten zwar insofern in einem Zusammenhang gestanden, dass der Kläger beide Leistungen erbracht und diese in einem für die Leistungsempfänger vorteilhaften räumlichen und organisatorischen Zusammenhang angeboten habe. Es könne jedoch dahingestellt bleiben, ob die Senioren faktisch alle vom Kläger angebotenen Leistungen in Anspruch genommen hätten. Rechtlich seien über beide Leistungen --Miete und ambulante Pflege-- gesonderte Verträge abgeschlossen worden, die keine Verknüpfungen der Leistungen enthalten hätten. Beide Leistungen hätten wesentlich unterschiedliche Leistungen zum Gegenstand und seien klar voneinander getrennt. Die Mieter seien nicht verpflichtet gewesen, auch die Pflege- oder andere Leistungen des Klägers in Anspruch zu nehmen. Besonders deutlich werde dies an den unterschiedlichen Kündigungsfristen. Ferner sei das Entgelt jeweils ausschließlich auf den jeweiligen Leistungsgegenstand bezogen gewesen und habe in keiner Abhängigkeit oder Verbindung zu dem jeweils anderen Entgelt gestanden. Maßgeblich sei insofern die vertragliche Trennung mit gesonderten Entgeltvereinbarungen. Dies folge auch aus dem Urteil des EuGH --RLRE Tellmer Property-- in Slg. 2009, I-4983, BFH/NV 2009, 1368, DStR 2009, 1260, wonach bei Anwendung von Art. 13 Teil B Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern die Vermietung eines Grundstücks und die Dienstleistung der Reinigung seiner Gemeinschaftsräume als selbständige, voneinander trennbare Umsätze anzusehen seien, so dass die Reinigung nicht steuerfrei sei, was insbesondere darauf beruhe, dass für die Reinigungsleistung eine eigenständige Preisvereinbarung vorgelegen habe.

28

Nicht zu beanstanden ist auch die Würdigung des FG, nach den festgestellten tatsächlichen Verhältnissen sei das Wohnen der Mieter Hauptzweck der Mietleistung und nicht gegenüber den Pflegeleistungen von untergeordneter Bedeutung.

29

c) Aus diesen zutreffenden Ausführungen des FG folgt, dass die Vermietungsleistung und die Pflegeleistungen jeweils als eigenständige, selbständige Leistungen zu betrachten sind und weder im Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung standen (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1712, unter II.3.) noch so eng miteinander verbunden waren, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bildeten, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl. dazu z.B. EuGH-Urteile vom 27. Oktober 2005 Rs. C-41/04 --Levob--, Slg. 2005, I-9433, BFH/NV Beilage 2006, 38, Rz 22 bis 25; vom 29. März 2007 Rs. C-111/05 --Aktiebolaget NN--, Slg. 2007, I-2697, BFH/NV Beilage 2007, 293, Rz 23 bis 26; vom 19. November 2009 Rs. C-461/08 --Don Bosco--, Slg. 2009, I-11079, BFH/NV 2010, 144, Rz 38 bis 41).

30

d) Soweit das FA einwendet, das FG habe im Streitfall zu Unrecht entscheidend auf die vertragliche Trennung der Leistung mit gesonderten Entgeltvereinbarungen abgestellt, steht die vom FG vorgenommene Mitberücksichtigung der Vertragsgestaltung im Einklang mit dem von ihm insoweit herangezogenen EuGH-Urteil --RLRE Tellmer Property--, Slg. 2009, I-4983, BFH/NV 2009, 1368, DStR 2009, 1260.

31

e) Soweit das FA ferner geltend macht, für die dementen Bewohner sei die Koppelung von Unterbringung, Haushaltsführung, Aufsicht, Pflege und medizinischer Versorgung von entscheidender Bedeutung gewesen, diese gleichberechtigt nebeneinander stehenden Bestandteile seien derart miteinander verbunden, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Einheit gebildet hätten, greift es lediglich die nach den Umständen des Streitfalls und rechtlich nicht zu beanstandende Würdigung des FG an.

32

Revisionsrechtlich beachtliche Verstöße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze hat das FA damit nicht vorgebracht (vgl. auch BFH-Urteile vom 24. Januar 2008 V R 12/05, BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60, unter II.2.c bb; in BFHE 226, 407, BStBl II, 2010, 239, unter II.3.c).

8
Das am 22. Dezember 2010 verkündete Berufungsurteil hätte wegen der nach der mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2010 eingetretenen Unterbrechung durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 4. November 2010 nicht ergehen dürfen. Nach § 249 Abs. 3 ZPO wird die Verkündung der aufgrund einer mündlichen Verhandlung zu erlassenden Entscheidung durch die nach dem Schluss dieser mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung grundsätzlich nicht gehindert. Die Verkündung ist aber unzulässig, wenn die Unterbrechung zwar nach dem Schluss einer mündlichen Verhandlung, aber vor Ende einer Schriftsatzfrist, die einer Partei bewilligt war, eingetreten ist. Infolge der Insolvenzeröffnung ist eine Partei nicht mehr handlungsfähig, so dass eine Schriftsatzfrist infolge der Unterbrechung nicht mehr ablaufen kann (MünchKommZPO/Gehrlein, 3. Aufl., § 249 Rn. 23; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 249 Rn. 8). Eine solche Schriftsatzfrist wurde den Parteien vom Be- rufungsgericht bewilligt. Ihnen wurde bis 8. November 2010 Gelegenheit gegeben , zu den im Termin aufgeworfenen Rechtsfragen Stellung zu nehmen. Darauf , ob sich die Parteien nur zu Rechtsfragen äußern sollten oder ob Rechtsausführungen zu einem Schriftsatzrecht für den Gegner führen (so MünchKommZPO /Prütting, 3. Aufl., § 283 Rn. 9 m.w.N.; aA Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 283 Rn. 2a), kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht an. Wenn eine Partei Gelegenheit erhält, zu einem bisher nicht beachteten rechtlichen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen (§ 139 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 ZPO), kann sie auf den Hinweis auch mit der Ergänzung von Tatsachenvortrag oder Beweisantritt reagieren (BGH, Beschluss vom 4. Mai 2011 - XII ZR 86/10, NJW-RR 2011, 1009 Rn. 12; Urteil vom 21. Dezember 2004 - XI ZR 17/03, BGHReport 2005, 671 m.w.N.).

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

(1) Die Überwachung ist Aufgabe des Insolvenzverwalters. Die Ämter des Verwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses und die Aufsicht des Insolvenzgerichts bestehen insoweit fort. § 22 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Während der Zeit der Überwachung hat der Verwalter dem Gläubigerausschuß, wenn ein solcher bestellt ist, und dem Gericht jährlich über den jeweiligen Stand und die weiteren Aussichten der Erfüllung des Insolvenzplans zu berichten. Unberührt bleibt das Recht des Gläubigerausschusses und des Gerichts, jederzeit einzelne Auskünfte oder einen Zwischenbericht zu verlangen.