Bundesgerichtshof Urteil, 26. Apr. 2012 - IX ZR 149/11

bei uns veröffentlicht am26.04.2012
vorgehend
Landgericht Hamburg, 319 O 23/10, 01.07.2010
Hanseatisches Oberlandesgericht, 14 U 183/10, 01.03.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
IX ZR 149/11
Verkündet am:
26. April 2012
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Insolvenzgläubiger, der gegen eine Forderung der Masse aufrechnet, hat darzulegen
und zu beweisen, dass die Aufrechnungslage schon im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung
bestand.
BGH, Urteil vom 26. April 2012 - IX ZR 149/11 - LG Hamburg
Hanseatisches Oberlandesgericht
Hamburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. April 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Richter
Villl, die Richterin Lohmann, die Richter Dr. Fischer und Dr. Pape

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 1. März 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem am 3. Juli 2008 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen R. assekuranz KG (nachfolgend: Schuldnerin), welche für die beklagte Gesellschaft Versicherungsverträge vermittelte.
2
Die Vermittlungstätigkeit für die beklagte Versicherung wurde zunächst von der 2002 gegründeten R. assekuranzmakler KG aufgrund einer Courtagezusage und Inkassovereinbarung vom 21. November 2002 ausge- übt. Nach Ausscheiden der Kommanditisten wurde das Unternehmen von dem persönlich haftenden Gesellschafter E. in der Rechtsform eines eingetragenen Kaufmanns fortgeführt, über dessen Vermögen am 27. Juni 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Von diesem übernahm die am 27. April 2006 gegründete und am 28. Juli 2006 in das Handelsregister eingetragene Schuldnerin die Vermittlungstätigkeit für die Beklagte.
3
Am 23. Oktober 2006 gab der persönlich haftende Gesellschafter für sich persönlich und für die Schuldnerin ein notarielles Schuldanerkenntnis aus der Courtagezusage vom 21. November 2002 über einen Betrag in Höhe von 65.506,92 € ab, der aus nicht abgerechneten Inkassogeldern näher bezeichneter Vertreterkonten herrühren sollte. Zur Rückführung dieses Betrages verrechnete die Beklagte beginnend ab Juli 2007 Provisionen in Höhe von insgesamt 42.270,57 €, die sie der Schuldnerin gutgeschrieben hatte, gegen den anerkannten Betrag.
4
Der Kläger hält die Verrechnung für insolvenzrechtlich unwirksam. Mit der Klage hat er die Beklagte zur Auszahlung der von der Schuldnerin verdienten Provisionen in Höhe von 42.270,57 € zuzüglich Zinsen und vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 604,40 € in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist bis auf einen Betrag von 458,00 € erfolglos geblieben. Mit seiner vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit nicht das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von 458,00 € verurteilt hat. Dies ist, weil die Beklagte im Verhandlungstermin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil auszusprechen, das inhaltlich auf einer Sachprüfung beruht (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).

I.


6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Zwar sei aufgrund der Entscheidung des Landgerichts rechtskräftig festgestellt, dass der Schuldnerin eine Forderung in Höhe von 42.270,57 € zustehe, die Klage sei aber nur in Höhe eines Betrages von 458,00 € begründet. Im Übrigen sei die Provisionsforderung der Schuldnerin durch Aufrechnung gegen den am 23. Oktober 2006 wirksam anerkannten Betrag von 65.506,92 € erloschen. Die Aufrechnung sei lediglich in Höhe von 458,00 € ausgeschlossen. Insoweit greife das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ein, weil es sich um eine erst nach Verfahrenseröffnung entstandene Abschlussprovision handele. Hinsichtlich weiterer Provisionsforderungen in Höhe von 3.402,97 € sei das nicht erkennbar. Dies gehe zu Lasten des Klägers, weil dieser trotz eines Hinweises entsprechende Darlegungen schuldig geblieben sei. Die Beklagte habe nur darlegen müssen, dass zum Zeitpunkt der Aufrechnung eine Aufrechnungslage bestanden habe.
7
Die Aufrechnung sei nicht nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ausgeschlossen. Das Schuldanerkenntnis von 23. Oktober 2006 sei nicht anfechtbar. Zwar stelle die Übernahme einer Schuld ohne eine bestehende Verpflichtung eine unentgeltliche Leistung dar. Hier sei jedoch aufgrund des Vortrags der Beklagten davon auszugehen, dass gegen die Schuldnerin ein Inkassorückzahlungsanspruch in der anerkannten Höhe bestanden haben könnte. Bei einem Jahresumsatz von über 1 Mio. € sei es ohne weiteres möglich gewesen, dass die Schuldnerin Inkassoeinnahmen in der anerkannten Höhe nicht abgerechnet habe. Der Vortrag, die Inkassobeträge seien nicht von der Schuldnerin, sondern vor deren Gründung von dem Einzelkaufmann E. vereinnahmt worden, sei unsubstantiiert. Der Kläger sei verpflichtet, im Einzelnen darzulegen, wer auf Seiten der Vertragspartner der Beklagten welche Inkassobeträge wann eingezogen habe. Eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten bestehe nicht. Eine Vernehmung des Zeugen E. zu der Behauptung, die Schuldnerin habe kein Inkasso für die Beklagte betrieben, komme nicht in Betracht, weil sie auf eine Ausforschung hinauslaufe.

II.

8
Diese Ausführungen halten in wesentlichen Punkten rechtlicher Prüfung nicht stand.
9
1. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht, soweit es von der Beweislast des Insolvenzverwalters für den Ausschluss der Aufrechnung nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ausgeht und deshalb die Klage in Höhe von 3.402,97 € abgewiesen hat. Die Auffassung, der Kläger hätte darlegen müssen, dass es sich insoweit um Abschlussprovisionen gehandelt habe, die erst nach Verfahrenseröffnung entstanden seien, geht fehl.
10
a) Gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Masse schuldig geworden ist. Beruft sich ein Insolvenzgläubiger, der zugleich Schuldner der Masse ist, darauf, gegen deren Anspruch aufrechnen zu können, muss er darlegen und beweisen, dass die Forderung der Insolvenzmasse schon vor Verfahrenseröffnung entstanden ist.
11
aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters erst entsteht, sobald das Geschäft ausgeführt ist. Bis zu diesem Zeitpunkt liegt keine erfüllbare Forderung vor, gegen die aufgerechnet werden kann (§ 387 BGB, vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 2004 - IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388, 394 f). Hieraus folgt, dass gegen eine Abschlussprovision erst aufgerechnet werden kann, wenn das vermittelte Geschäft mit der Versicherung abgeschlossen ist. Gegen Folgeprovisionen kann dagegen aufgerechnet werden, wenn der vermittelte Vertrag bei Verfahrenseröffnung bereits abgeschlossen ist und keine weiteren Rechtshandlungen erforderlich sind, um die Provision zu verdienen.
12
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat nicht der Insolvenzverwalter , sondern der aufrechnende Schuldner der Masse darzulegen und zu beweisen, dass die Aufrechnungslage schon vor Verfahrenseröffnung entstanden ist. Das hat der Bundesgerichtshof zu § 7 Abs. 5 GesO entschieden (BGH, Urteil vom 27. Februar 1997 - IX ZR 79/96, BGHZ 135, 30, 38 f). Die Aufrechnung mit Wirkung in der Insolvenz sei nach diesen Vorschriften von vornherein nur zulässig, wenn die Aufrechnungslage im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bestehe; allein die in diesem Zeitpunkt bestehende Aufrechnungsbefugnis sei eine gesicherte Rechtsstellung, die der Gläubiger durch die Verfahrenseröffnung nicht verliere, auf die er vielmehr vertrauen dürfe. Deshalb gehöre der Zeitpunkt des Bestehens einer Aufrechnungslage zu den Voraussetzungen je- der insolvenzrechtlichen Aufrechnungswirkung. Sie sei von demjenigen zu beweisen , der in der Insolvenz aufrechnen wolle. Demgegenüber obliege es dem Insolvenzverwalter nur, den Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung darzutun und notfalls zu beweisen.
13
Diese Grundsätze sind auf § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO, dessen Inhalt dem des § 55 Abs. 1 Nr. 1 KO entspricht, zu übertragen (vgl. Jaeger/Windel, InsO, § 96 Rn. 11; Lüke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2004, § 96 Rn. 61; MünchKomm -InsO/Brandes, 2. Aufl., § 96 Rn. 5; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 13. Aufl., § 96 Rn. 71; Glatt in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl., § 10 Rn. 41 ff). Die Aufrechnung ist in den Fällen des § 96 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO grundsätzlich nur zulässig, wenn die Aufrechnungslage im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung schon bestand. Wer aufrechnen will, hat deshalb, wenn der Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung nicht im Streit steht, das frühere Bestehen der Aufrechnungslage zu beweisen.
14
cc) Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger hätte hinsichtlich der Forderungen in Höhe von 3.402,97 € vortragen müssen, ob es sich um Folge - oder Abschlussprovisionen handelte, steht damit in Widerspruch. Entsprechender Vortrag hierzu oblag der Beklagten.
15
2. Keinen Bestand kann die Entscheidung des Berufungsgerichts auch insoweit haben, als es die Aufrechnung mit der anerkannten Forderung gegen die Provisionsforderungen nicht an § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO hat scheitern lassen. Das Berufungsgericht hat überspannte Anforderungen an die Darlegungen des Insolvenzverwalters zur Anfechtbarkeit nach § 134 Abs. 1 InsO gestellt und infolgedessen eine nach dem Sachvortrag gebotene Beweisaufnahme nicht durchgeführt.

16
a) Nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist die Aufrechnung unzulässig, wenn der Insolvenzgläubiger diese Möglichkeit durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Zu dieser Vorschrift ist anerkannt, dass die gläubigerbenachteiligende Wirkung, die mit der Herstellung einer Aufrechnungslage eintritt, selbständig angefochten werden kann (BGH, Urteil vom 2. Juni 2005 - IX ZR 263/03, ZIP 2005, 1521, 1523 mwN; vom 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rn. 12). Als Rechtshandlung kann an jedes Geschäft angeknüpft werden, das zum anfechtbaren Erwerb einer Gläubiger- oder Schuldnerstellung führt (vgl. HK-InsO/Kayser, 6. Aufl., § 96 Rn. 32; Uhlenbruck/Sinz, aaO § 96 Rn. 47). Es kommen alle Anfechtungstatbestände in Betracht, auch die Anfechtung unentgeltlicher Leistungen nach § 134 InsO (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008, aaO Rn. 12; MünchKomm-InsO/Brandes, aaO § 96 Rn. 29). Die Erlangung der Aufrechnungsmöglichkeit durch eine anfechtbare Rechtshandlung wird genauso beurteilt, wie wenn das Insolvenzverfahren im Zeitpunkt des Erwerbs der Forderung bereits eröffnet gewesen wäre (BGH, Urteil vom 28. September 2006 - IX ZR 136/05, BGHZ 169, 158 Rn. 13). Der Verwalter kann sich unmittelbar auf die Unwirksamkeit der Aufrechnung nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO berufen (BT-Drucks. 12/2443, S. 141 zu § 108 RegE InsO; BGH, Urteil vom 29. Juni 2004 - IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388, 393; vom 28. September 2006, aaO Rn. 11; Uhlenbruck/Sinz, aaO § 96 Rn. 46; Huber, ZInsO 2009, 566, 570). Anders als nach § 55 Satz 1 Nr. 3 KO kommt es für die Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO auch nicht mehr darauf an, in welcher zeitlichen Reihenfolge die gegenseitigen Forderungen entstanden sind (BTDrucks. 12/2443 aaO; BGH, Urteil vom 29. Juni 2004, aaO; HK-InsO/Kayser, aaO § 96 Rn. 36; Lüke, aaO § 96 Rn. 43).
17
b) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung ausgegangen. Es hat - entgegen der Auffassung der Revision - auch angenommen , dass die Schuldnerin, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Geschäftsbeziehungen des Einzelunternehmens zu der Beklagten fortgesetzt hatte, auch Ansprüche der Beklagten aus der Nichtabführung von Inkassogeldern begründet haben könnte. Hierfür spricht bereits der Umstand, dass sie durch ihren persönlich haftenden Gesellschafter anerkannt hat, der Beklagten hieraus mehr als 65.000 € zu schulden. Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass für die Darlegung der Voraussetzungen der Schenkungsanfechtung des vom persönlich haftenden Gesellschafter der Schuldnerin am 23. Oktober 2006 abgegebenen notariellen Schuldanerkenntnisses dessen Behauptung ausreichte, die Schuldnerin sei nicht mit dem Inkasso von Prämienzahlungen befasst gewesen. Einer weiteren Substantiierung in Form der Darstellung der Zahlungsflüsse bedurfte es dazu nicht. Die Beklagte hat jegliche Darlegung unterlassen, aus der geschlossen werden könnte, dass die Schuldnerin tatsächlich von ihr vereinnahmte Inkassogelder nicht abgerechnet hat. Um die Unentgeltlichkeit des Anerkenntnisses darzulegen reicht es deshalb aus, dass der Kläger behauptet hat, die Schuldnerin habe kein Inkasso für die Beklagte betrieben.
18
Ob die nicht abgerechneten Inkassogelder von der ursprünglich für die Beklagte tätig gewordenen Kommanditgesellschaft oder dem Einzelkaufmann E. vereinnahmt worden waren, hatte für die Frage der Anfechtbarkeit des von der Schuldnerin abgegebenen Anerkenntnisses keine Bedeutung. Die Schuldnerin war weder Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Kommanditgesellschaft noch des Einzelkaufmanns, so dass sie für deren Verbindlichkeiten nicht haftete. Im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast des Insolvenzverwalters für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ge- nügte es vorzutragen, dass der persönlich haftende Gesellschafter das Anerkenntnis ohne jede zugrunde liegende Verpflichtung der Schuldnerin abgegeben hatte. Der Vortrag des Klägers hierzu war keineswegs unsubstantiiert. Das Angebot, den Zeugen E. zu dieser Behauptung zu vernehmen, war auch nicht auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet.

III.


19
Das angefochtene Urteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
20
1. Zwar kann die nachträgliche Bestellung einer Sicherheit für eine eigene , entgeltlich begründete Verbindlichkeit nicht als unentgeltliche Leistung angefochten werden (BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, ZInsO 2010, 807 Rn. 10 mwN). Damit ist die Anfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO auch ausgeschlossen , wenn es um ein die bestehende Forderung verstärkendes Anerkenntnis geht (BGH, Urteil vom 18. März 2010, aaO Rn. 11; HK-InsO/Kreft, aaO § 134 Rn. 11; Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2010, § 134 Rn. 78, § 147 Anh. I Rn. 44, jeweils mwN). § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO in Verbindung mit § 134 Abs. 1 InsO käme nicht in Betracht, wenn die Schuldnerin das Anerkenntnis zur Verstärkung des gegen sie selbst bestehenden Anspruches abgegeben hätte.
21
2. Die nachträgliche Besicherung einer fremden Forderung durch die Schuldnerin unterfällt dagegen § 134 Abs. 1 InsO, wenn der Zuwendungsempfänger keine ausgleichende Gegenleistung an den Schuldner oder einen Dritten erbringt (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 2006 - IX ZR 159/04, ZInsO 2006, 771 Rn. 10 ff; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 134 Rn. 33; Bork, aaO § 134 Rn. 61; § 147 Anh. I Rn. 45; Kayser WM 2007, 1, 4 ff). Als Gegenleistung, die zur Annahme der Entgeltlichkeit führt, wäre auch das Stehenlassen eines sonst durchsetzbaren Rückforderungsanspruchs gegen einen Dritten nicht ausreichend , weil das bloße Unterlassen der Rückforderung keine Zuführung neuen Vermögens bedeutet (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297Rn. 41; vom 7. Mai 2009 - IX ZR 71/08, ZInsO 2009, 1056 Rn. 12, jeweils mwN). Ob der Sicherungsgeber mit der Gewährung der Drittsicherheit ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt, ist nicht erheblich. Die Besicherung einer fremden Forderung ist auch bei Bestehen eines Eigeninteresses nicht entgeltlich (BGH, Urteil vom 1. Juni 2006, aaO Rn. 13 mwN).
22
3. Vorliegend ist offen, ob die Schuldnerin das Anerkenntnis im Hinblick auf einen gegen sie gerichteten Anspruch aus der fehlenden Abrechnung von Inkassogeldern abgegeben hat oder ob sich die entsprechenden Forderungen gegen den persönlich haftenden Gesellschafter E. oder die ursprüngliche Kommanditgesellschaft richteten und sie dem Anerkenntnis nur beigetreten ist. Eine Entscheidung auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann deshalb nicht getroffen werden.

IV.


23
Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit es die Berufung des Klägers auch bezüglich der über den Betrag von 458 € hinausgehenden Forderung zurückgewiesen hat. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eineeigene Sachentscheidung kann der Senat nicht treffen, weil die Sache auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Kayser Vill Lohmann
Fischer Pape

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 01.07.2010 - 319 O 23/10 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 01.03.2011 - 14 U 183/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 26. Apr. 2012 - IX ZR 149/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 26. Apr. 2012 - IX ZR 149/11

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 387 Voraussetzungen


Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung
Bundesgerichtshof Urteil, 26. Apr. 2012 - IX ZR 149/11 zitiert 7 §§.

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Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

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Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung

Insolvenzordnung - InsO | § 134 Unentgeltliche Leistung


(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden. (2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsg

Insolvenzordnung - InsO | § 96 Unzulässigkeit der Aufrechnung


(1) Die Aufrechnung ist unzulässig, 1. wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,2. wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens vo

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(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,

1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,

1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,

1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

13
Die Vorstellung, dass eine Aufrechnungserklärung mit Eröffnung rückwirkend unwirksam wird und es hierzu keiner Geltendmachung der Insolvenzanfechtung bedarf (BT-Drucks. aaO), hat auch in § 96 Abs. 1 InsO selbst Ausdruck gefunden. Im Falle der Nummer 1 ist die Hauptforderung erst nach Verfahrenseröffnung entstanden. Im Falle der Nummer 2 ist die Gegenforderung erst nach diesem Zeitpunkt erworben worden. Nach Nummer 3 ist die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Gläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Endlich ist nach Nummer 4 die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet. Die sich auf alle vier Fälle beziehende Anordnung, dass die Aufrechnung unzulässig "ist", darf nicht dahin missverstanden werden, die Aufrechnungserklärung könne im dritten Fall zulässig (wirksam) bleiben, wenn sie noch vor Verfahrenseröffnung abgegeben wurde. Die Gleichstellung der Nummer 3 mit Nummer 2 kann vielmehr nur bedeuten, dass die Erlangung der Aufrechnungsmöglichkeit durch anfechtbare Rechtshandlung genauso beurteilt wird, wie wenn das Insol- venzverfahren im Zeitpunkt des Erwerbs der Forderung bereits eröffnet gewesen wäre (vgl. zu § 55 Nr. 2 und 3 KO RGZ 85, 38, 42). Bei § 55 KO entzündete sich der Meinungsstreit über den Anwendungsbereich an der Formulierung "Eine Aufrechnung im Konkursverfahren ist unzulässig" (vgl. RGZ aaO). Demgegenüber bringt die Einleitung "Die Aufrechnung (weggelassen wurde: "im Insolvenzverfahren" ) ist unzulässig" in § 96 Abs. 1 InsO zum Ausdruck, dass die Vorschrift nicht auf nach Verfahrenseröffnung erklärte Aufrechnungen beschränkt ist, sondern im Falle der Nummer 3 auch bereits erklärten Aufrechnungen die Wirkung für das eröffnete Verfahren absprechen will (Bork, in Festschrift für Ishikawa (2001), S. 31, 37; vgl. ferner v. Olshausen ZIP 2003, 893).

(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,

1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,

1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

10
2. Von der Schenkungsanfechtung freigestellt ist allerdings ein Empfänger , der für die Zuwendung des Schuldners eine ausgleichende Gegenleistung an diesen oder einen Dritten erbringt (RGZ 60, 259, 265; BGHZ 141, 96, 99; 162, 276, 279; BGH, Urt. v. 25. Juni 1992 aaO S. 2423; v. 19. März 1998 - IX ZR 22/97, NJW 1998, 2592, 2599, insofern in BGHZ 138, 291 ff nicht abgedr. ; v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05, ZIP 2006, 957, 958; zustimmend MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 134 Rn. 33; Uhlenbruck/Hirte, InsO 12. Aufl. § 134 Rn. 18; FK-InsO/Dauernheim, 4. Aufl. § 134 Rn. 9; Nerlich/Römermann, InsO § 134 Rn. 16; ebenso schon zur Konkursordnung Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 32 Rn. 18).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 30/07
Verkündet am:
29. November 2007
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Globalzessionsverträge sind auch hinsichtlich der zukünftig entstehenden Forderungen
grundsätzlich nur als kongruente Deckung anfechtbar.

b) Das Werthaltigmachen zukünftiger Forderungen aus Globalzessionen ist als selbständige
Rechtshandlung anfechtbar, wenn es dem Vertragschluss zeitlich nachfolgt
; insoweit handelt es sich ebenfalls um eine kongruente Deckung, wenn dies
für das Entstehen der Forderung zutrifft.

c) Die Insolvenzanfechtung von global abgetretenen, zukünftig entstehenden Forderungen
scheitert grundsätzlich nicht am Vorliegen eines Bargeschäfts.
BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 30/07 - LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer und die
Richter Dr. Ganter, Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und Vill

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der Zivilkammer 23 des Landgerichts Berlin vom 26. Januar 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. Februar 2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der E. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin).
2
Die Schuldnerin unterhielt bei der beklagten Bank ein Geschäftskonto, das debitorisch geführt wurde. Durch Vertrag vom 30. Juni 2004 wurde der Schuldnerin eine Kreditlinie von 2,5 Mio. € eingeräumt. Bereits mit einem im Jahre 2001 geschlossenen Vertrag hatte die Schuldnerin der Beklagten zur Sicherung aller Forderungen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung sämtliche bestehenden und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen gegen Dritte sicherungshalber abgetreten.
3
Im Herbst 2004 verhandelte die Schuldnerin mit der Beklagten über eine Erweiterung der Kreditlinie. Nachdem die Beklagte um weitere Information gebeten hatte, erhielt sie am 12. November ein Gutachten, das zu dem Ergebnis kam, die Schuldnerin sei zum 31. Oktober 2004 nach Buchwerten in Höhe von 1.394.200 € überschuldet und werde in Kürze zahlungsunfähig. Die Beklagte kündigte daraufhin noch am selben Tag den Kredit fristlos und stellte ihn zur sofortigen Rückzahlung fällig. Zu diesem Zeitpunkt wies das Konto der Schuldnerin einen Sollstand von 2.562.500,61 € aus. Die Beklagte beantragte am 15. Dezember 2004, das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin zu eröffnen.
4
In der Zeit vom 12. November 2004 bis zum 7. Januar 2005 sind auf Forderungen der Schuldnerin, die zwischen dem 15. September und dem 12. November 2004 begründet oder werthaltig wurden, Zahlungen von insgesamt 951.732,98 € auf dem Konto eingegangen. Die Beklagte hat noch Verfügungen der Schuldnerin in Höhe von 19.010,52 € zugelassen.
5
Der Kläger verlangt Auszahlung des Differenzbetrages von 932.722,46 €. Er hält die von der Beklagten erklärte Verrechnung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO für unwirksam. Die Beklagte habe an den ihr abgetretenen Forderungen kein anfechtungsfestes Absonderungsrecht erworben, weil die Abtretung als inkongruente Deckung nach § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO anfechtbar sei. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Sprungrevision verfolgt der Kläger den erhobenen Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


7
Das Landgericht hat ausgeführt, der Auszahlungsanspruch des Klägers sei durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung gemäß §§ 387, 389 BGB erloschen. Ein Anspruch aus Insolvenzanfechtung sei nicht begründet, weil es an der erforderlichen Gläubigerbenachteiligung fehle. Die Bank sei aufgrund der Globalabtretungsvereinbarung Inhaberin der Forderungen gewesen, die durch Zahlung auf das Konto beglichen worden seien, so dass ihr ein Absonderungsrecht (§ 51 Nr. 1 InsO) zugestanden habe.
8
Der Erwerb dieser Forderungen sei nicht nach § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO anfechtbar. Zwar seien die Forderungen im zweiten und dritten Monat vor Antragstellung begründet oder werthaltig geworden. Die Beklagte habe jedoch aufgrund der Globalzession Anspruch auf Erwerb dieser Forderungen gehabt. Die in der Abtretungsvereinbarung erfolgte Bezeichnung der künftigen Forderungen sei hinreichend bestimmt und die Sicherheit deshalb kongruent.
9
Unter Wertungsgesichtspunkten sei nicht ersichtlich, weshalb der bloße Austausch von Forderungen zu einer Neubewertung der Sicherheitengewährung führen müsse. Vielmehr lege das Zusammenspiel von Entstehung und Untergang der Forderungen einen Vergleich mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Behandlung von Zahlungseingängen im Kontokorrent nahe, soweit die Bank ihren Kunden wieder über deren Gegenwert verfügen lasse (vgl. BGHZ 150, 122 ff). Die jener Rechtsprechung zugrunde liegende Überlegung lasse sich zwanglos auf sogenannte revolvierende Sicherheiten übertragen.

II.


10
Diese Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Die von der Beklagten erklärte Verrechnung ist wirksam.
11
1. Nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger diese Möglichkeit durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Die Vorschrift findet auch auf die Herstellung von Verrechnungslagen Anwendung (BGH, Urt. v. 14. Dezember 2006 - IX ZR 194/05, NZI 2007, 222, 223).
12
insoweit Der maßgebliche Zeitpunkt ist nach § 140 Abs. 1 InsO zu bestimmen. Da es sich um die Verknüpfung gegenseitiger Forderungen handelt , kommt es darauf an, wann das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet worden ist. Dagegen ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Forderung des Schuldners oder des Insolvenzgläubigers früher entstanden oder fällig geworden ist (BGHZ 159, 388, 395; BGH, Urt. v. 14. Juni 2007 - IX ZR 56/06, ZIP 2007, 1507, 1509). Der Beklagten stand ab Kündigung des Kredits eine fällige Forderung zu. Mit Einzahlung der Drittschuldner auf das streitbefangene Konto erwarb die Schuldnerin einen Herausgabeanspruch aus § 667 BGB gegen das Kreditinstitut. Die Verrechnungslage wurde somit hinsichtlich aller streitbefangenen Kontoeingänge erst zu einem Zeitpunkt begründet, als die Beklagte die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bereits kannte.

13
2. Die Einzahlung der Drittschuldner auf das bei der Beklagten geführte Konto der Schuldnerin ist unmittelbar in das Vermögen des Kreditinstituts gelangt. Dieses hat aufgrund der Sicherungsabtretung den Erlös als wahre Berechtigte erhalten, obwohl die Abtretung noch nicht offen gelegt war (vgl. BGH, Urt. v. 1. Oktober 2002 - IX ZR 360/99, WM 2002, 2369, 2371). Zwar ist mit der Zahlung die der Beklagten als Sicherheit abgetretene Forderung erloschen (§§ 362, 407 Abs. 1 BGB). Die Bank hat jedoch an deren Stelle ein Pfandrecht an dem neu entstandenen Anspruch der Schuldnerin aus § 667 BGB gemäß Nr. 14 Abs. 1 AGB-Banken erworben. Dieser unmittelbare Sicherheitentausch benachteiligt die Gläubiger nicht, sofern die Beklagte aufgrund der Globalabtretung an den ab 15. September 2004 - also während des Drei-Monats-Zeitraums vor dem Eingang des Eröffnungsantrags - entstandenen oder werthaltig gewordenen Forderungen ein anfechtungsfestes Absonderungsrecht (§ 51 Nr. 1 InsO) erworben hatte (vgl. BGH, Urt. v. 1. Oktober 2002 - IX ZR 360/99, aaO; v. 2. Juni 2005 - IX ZR 181/03, WM 2005, 1790, 1791). Dabei ist für die anfechtungsrechtliche Beurteilung auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die zukünftigen Forderungen begründet worden sind (vgl. BGHZ 157, 350, 353 f; BGH, Urt. v. 20. März 2003 - IX ZR 166/02, WM 2003, 896, 897; v. 22. Juli 2004 - IX ZR 183/03, ZIP 2004, 1819, 1821; v. 8. März 2007 - IX ZR 127/05, NZI 2007, 337, 338).
14
3. Entgegen der Meinung der Revision ist die Sicherungsabtretung der ab dem 15. September bis zum 12. November 2004 entstandenen oder werthaltig gewordenen Forderungen nicht nach § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO anfechtbar; denn die Beklagte hat insoweit keine inkongruente, sondern eine kongruente Sicherheit erworben.
15
a) Gemäß § 131 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung inkongruent, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. In einem das Pfandrecht nach Nr. 14 Abs. 1 AGB-Banken betreffenden Urteil vom 7. März 2002 (BGHZ 150, 122, 126) hat der erkennende Senat die Auffassung vertreten, dass nur solche Vereinbarungen die insolvenzrechtliche Kongruenz herstellen können, welche auf bestimmte, sogleich wenigstens identifizierbare Gegenstände gerichtet sind. Absprachen, die es dem Ermessen der Beteiligten oder dem Zufall überlassen, welche konkrete Sicherheit erfasst werde, seien dagegen nicht geeignet, die Besserstellung einzelner Gläubiger im Konkurs zu rechtfertigen.
16
Unter Hinweis auf diese Entscheidung hat der Senat im Urteil vom 2. Juni 2005 (aaO) das in einem Poolvertrag vereinbarte Pfandrecht, das alle Zahlungseingänge auf den Schuldnerkonten bei den am Pool beteiligten Banken erfassen sollte, als inkongruente Sicherheit bewertet. In Anknüpfung an die im Senatsurteil vom 7. März 2002 (aaO) als Voraussetzung einer kongruenten Deckung genannten Anforderung hat das OLG Karlsruhe entschieden, eine Globalabtretung gewähre dem Gläubiger ebenfalls nur eine inkongruente Sicherung (WM 2005, 1762; dem zustimmend OLG Dresden WM 2006, 2095; OLG München NZI 2006, 530; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 131 Rn. 39c; HK-InsO/Kreft, 4. Aufl. § 131 Rn. 13; Bork/Schoppmeyer, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts Kap. 8 Rn. 90 f; Vortmann in Mohrbutter/ Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung 8. Aufl. S. 1495; Bornheimer in Nerlich/Krepin, Münchener Anwaltshandbuch Sanierung und Insolvenz § 26 Rn. 163; Mitlehner ZIP 2007, 1925, 1927 ff; Runkel/Kuhlemann ZInsO 2007, 1094 ff).
17
b) Der Senat hält an der Auffassung fest, dass nach Nr. 13 bis 15 AGBBanken entstandene Sicherungen inkongruente Deckungen darstellen, weil es dort völlig dem Ermessen der Beteiligten oder dem Zufall überlassen bleibt, ob und in welchem Umfang die Gläubigerrechte entstehen (vgl. BGHZ 33, 389, 393; 150, 122, 126; BGH, Urt. v. 8. März 2007, aaO). Entgegen der Annahme im Urteil vom 7. März 2002 (ebenso Urt. v. 2. Juni 2005, aaO) begründet die Entstehung künftiger Rechte jedoch nicht generell eine inkongruente Deckung, wenn sie nach dem Inhalt der getroffenen Vereinbarung nicht von Anfang an identifizierbar waren. Vielmehr erfüllt ein Globalabtretungsvertrag, wie er im Streitfall geschlossen wurde, auch hinsichtlich der zukünftigen Forderungen alle Voraussetzungen einer kongruenten Sicherung.
18
aa) Eine Abgrenzung in der Weise, dass Vereinbarungen, die Sicherungen durch Vorausabtretung betreffen, auf bestimmte, sogleich wenigstens identifizierbare Gegenstände gerichtet sein müssen, um eine kongruente Deckung zu begründen, ist weder vom Wortlaut noch von der Entstehungsgeschichte des § 131 InsO vorgegeben.
19
(1) Das Merkmal des Anspruchs auf die Sicherung wird in den Gesetzesmaterialien zur Insolvenzordnung nicht näher erläutert. Vielmehr heißt es dort, die Vorschrift lehne sich an das geltende Konkursrecht (§ 30 Nr. 2 KO) an und behandele die Anfechtbarkeit einer dem Gläubiger nicht oder so nicht gebührenden bzw. ihm nicht zustehenden, d.h. inkongruenten Sicherung (BT-Drucks. 12/2443, S. 158). Nach Auffassung der Kommission für Insolvenzrecht darf die Reform des Anfechtungsrechts nicht zu einer Gefährdung der Kreditversorgung der Wirtschaft führen (BMJ, Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht S. 400). Die inkongruente Sicherung hat sie lediglich mit "dem Gläubiger nicht gebührend" bzw. "nicht zustehend" umschrieben (aaO S. 406).

20
(2) Wie aus den Gesetzesmaterialien zur Konkursordnung hervorgeht, lag bereits § 23 Nr. 2 KO 1877 (§ 30 Nr. 2 KO) die Vermutung zugrunde, dass der Gläubiger, der kurz vor oder nach Ausbruch der Zahlungsunfähigkeit eine Sicherstellung erlangt, auf welche er keinen rechtlichen Anspruch zu erheben hatte, die Lage des Schuldners, die Zahlungseinstellung oder die Einbringung des Konkursantrages gekannt oder gewusst habe, dass der Schuldner ihn "vor Thores Schluß" habe begünstigen wollen (Hahn, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen 4. Bd. Motive S. 125 f). Maßgebliches Kriterium für die Inkongruenz war danach, dass der Konkursgläubiger, dem die Sicherung erst nachträglich in der Krise gewährt worden war, diese nicht schon rechtlich zu beanspruchen hatte. Dagegen war nach den Motiven die leichtere Anfechtbarkeit gemäß § 23 Nr. 2 KO 1877 ausgeschlossen, wenn der Konkursgläubiger schon vor der kritischen Zeit bei oder nach Entstehung seiner Forderung einen klagbaren Anspruch auf die Sicherung erworben hatte (Hahn, aaO S. 130). Eine vor Entstehung der Krise vereinbarte Sicherung sollte danach nicht gemäß § 30 Nr. 2 KO anfechtbar sein.
21
Die (3) höchstrichterliche Rechtsprechung hat den Begriff "Sicherung dieser Art" in § 30 Nr. 2 KO zwar eng ausgelegt, jedoch in keinem Fall zukünftige Rechte aus einem in unverdächtiger Zeit abgeschlossenen Globalsicherungsvertrag als inkongruent angesehen.
22
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 30. Juni 1959 (BGHZ 30, 238) auf die Vorausabtretung künftiger Forderungen zu Sicherungszwecken § 30 Nr. 1 Halbs. 2 KO angewandt, sie also als kongruente Sicherung behandelt (vgl. auch Kilger/Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 30 KO Anm. 14). Das Urteil vom 18. April 1991 (IX ZR 149/90, WM 1991, 1273, 1277) geht von derselben anfechtungsrechtlichen Anknüpfung aus.
23
Eine davon abweichende Sicht lässt sich auch nicht aus anderen Urteilen ableiten. BGHZ 33, 389, 393 f hat den in Nr. 19 Abs. 1 AGB-Banken in der damals geltenden Fassung vorgesehenen Anspruch auf Nachbesicherung als inkongruent gewertet, weil die Klägerin zwar einen umfassenden, inhaltlich aber völlig unbestimmten Anspruch erhielt, dem Schuldner also unter den in Betracht kommenden Sicherheiten die freie Wahl gelassen wurde (vgl. auch BGH, Urt. v. 12. November 1992 - IX ZR 236/91, WM 1993, 270, 272). Im Urteil vom 4. Dezember 1997 (IX ZR 47/97, WM 1998, 248, 249) hat der Senat die Übereignung eines Maschinenparks als kongruente Erfüllung einer Vereinbarung gewertet, obwohl in der ihr vorausgegangenen Vereinbarung die Maschinen nicht konkret genannt worden waren. In diesem Zusammenhang hat der Senat ausgeführt, lediglich solche Vereinbarungen seien nicht ausreichend, die Umfang und Art der Sicherheit oder die Auswahl der Sicherungsgegenstände noch offen ließen. Strengere Anforderungen hat die Rechtsprechung zur Konkursordnung auch in der Folgezeit nicht aufgestellt (vgl. BGHZ 137, 267, 283).
24
(4) Im Schrifttum zur Konkursordnung wurde, soweit ersichtlich, nirgends die Ansicht vertreten, bei Vereinbarung einer Globalabtretung von hinreichend bestimmten Forderungen oder im Falle der Sicherungsübereignung eines Warenlagers mit wechselndem Bestand stellten alle zukünftigen Forderungen oder später eingebrachten Gegenstände inkongruente Deckungen dar.
25
bb) Nach Sinn und Zweck des § 131 InsO sowie bei sachgerechter Abwägung zwischen dem Sicherungsinteresse des einzelnen Gläubigers, den berechtigten Belangen des Schuldners und dem Schutz der Gläubigergesamtheit erscheint es nicht gerechtfertigt, den Begriff der Inkongruenz im gegenüber dem früheren Recht erweiterten Sinne zu verstehen.
26
(1) Im Zeitpunkt des Globalabtretungsvertrages sind die künftig entstehenden Forderungen zwar nicht konkret bestimmt (zutreffend Kuder ZInsO 2006, 1065, 1067). Eine Globalzession verschafft dem Sicherungsnehmer keinen Anspruch auf bereits individualisierte Sicherungsgegenstände. Bei Vertragsschluss ist zwar in allgemeinen Umrissen, jedoch noch nicht in den Einzelheiten erkennbar, wann, woraus und in welchem Umfang neue Forderungen entstehen. Die Begründung zukünftiger Forderungen ist jedoch - anders als bei Sicherheiten gemäß Nr. 13 bis 15 AGB-Banken - nach Inhalt und Sinn eines Vertrages, wie er im Streitfall gegeben ist, dem freien Belieben des Schuldners entzogen. Vielmehr beruht die getroffene Sicherungsvereinbarung gerade darauf , dass die Vertragspartner davon ausgehen, der Kreditnehmer werde den Geschäftsbetrieb im bisherigen Umfang - oder in einer der Bank zuvor näher erläuterten Weise - fortsetzen und daher ständig neue Ansprüche gegen Kunden erwerben. Dabei gehen die Beteiligten zugleich davon aus, dass eine für den Darlehensgeber taugliche Sicherheit nur durch Einbeziehung der zukünftigen Forderungen geschaffen werden kann. Da die bei Vertragsschluss bereits entstandenen Forderungen im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb spätestens nach einigen Monaten ganz überwiegend durch Erfüllung erloschen sind und die Schuldnerin insoweit einzugsermächtigt bleibt, um diesen Vermögenswert für die Fortsetzung ihres Geschäftsbetriebes zu nutzen, macht ein solcher Sicherungsvertrag nur Sinn, wenn der durch Erfüllung entstehende Verlust für den Sicherungsnehmer durch Begründung neuer Forderungen wirtschaftlich in etwa ausgeglichen werden kann. Diese Erwartung des Sicherungsnehmers ist dem anderen Teil bewusst. Sie kommt hier im Vertrag zwischen der Schuldnerin und der Beklagten aus dem Jahr 2001 insbesondere dadurch zum Ausdruck, dass der Sicherungsgeber zu Beginn eines jeden Kalendervierteljahres Bestandslisten über die an die Bank abgetretenen, noch ausstehenden Forderungen einzureichen hatte. Nach dem Inhalt der Vereinbarung konnte daher eine negative Entwicklung im Forderungsbestand vertragsrechtliche Wirkungen jedenfalls dann auslösen, wenn sich dadurch - unter Berücksichtigung der von der Schuldnerin darüber hinaus gewährten Sicherheiten - das Ausfallrisiko der Bank erhöhte.
27
Der Umfang der in Zukunft auf die Beklagte übergehenden Forderungen der Schuldnerin wurde zudem in abstrakter Form bereits rechtlich bindend festgelegt. Der Zedent nimmt bei der Globalzession die Erfüllungshandlung sofort vor (zutreffend Piekenbrock WM 2007, 141, 145; Furche WM 2007, 1305, 1312). Die Abtretung der zukünftigen Forderungen enthält bereits selbst alle Merkmale, aus denen der Übertragungstatbestand besteht. Die Entstehung der abgetretenen Forderung gehört sogar dann nicht dazu, wenn noch nicht einmal der Rechtsgrund für sie gelegt ist (BGH, Urt. v. 20. März 1997 - IX ZR 71/96, WM 1997, 831, 832). Die von den Vertragsparteien getroffene Vereinbarung erfüllt damit die Voraussetzung, dass die abgetretene Forderung, wie jeder Gegenstand einer Verfügung, bestimmt oder zumindest bestimmbar sein muss (vgl. BGHZ 7, 365; MünchKomm-BGB/Roth, 5. Aufl. § 398 Rn. 67; Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch 2. Aufl. § 96 Rn. 44 ff, 98). Die Bezeichnung "sämtliche bestehenden und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen von Anfangsbuchstaben A bis Z" genügt dem Bestimmtheitsgebot im Rahmen des § 398 BGB (BGHZ 71, 75, 78 f; BGH, Urt. v. 16. März 1995 - IX ZR 72/94, NJW 1995, 1668, 1669). Für den Globalzessionsvertrag ist eine solche Formulierung allgemein üblich (vgl. Muster in Schimansky /Bunte/Lwowski, aaO Anhang zu § 96).
28
(2) Wird bereits bei Abschluss des Globalabtretungsvertrages das dingliche Geschäft vollzogen und gleichzeitig die schuldrechtliche Seite in dem vertragsrechtlich möglichen Maße konkretisiert, ist kein einleuchtender Grund erkennbar , die Kongruenz der Sicherheit nur deshalb zu verneinen, weil die zukünftig entstehenden Sicherheiten nicht sogleich identifizierbar waren, eine Voraussetzung, die die Vertragsparteien schon aus tatsächlichen Gründen nicht erfüllen konnten.
29
(a) Eine inkongruente Deckung ist nicht ohne weiteres bereits dann zu bejahen, wenn dem Schuldner eine gewisse Dispositionsbefugnis hinsichtlich des zu leistenden Gegenstandes verbleibt.
30
Bei der Wahlschuld ist jede der vom Schuldner zu erbringenden Leistungen kongruent, gleichgültig, wer die Wahl vorzunehmen hat. Stand dem Schuldner aufgrund einer in unkritischer Zeit getroffenen Vereinbarung eine Ersetzungsbefugnis zu, so trifft dies für jede Leistung, durch die er sich von seiner Pflicht befreien darf, ebenfalls zu (RGZ 71, 89, 91; BGHZ 70, 177, 183; BGH, Urt. v. 29. September 2005 - IX ZR 184/04, ZIP 2005, 2025, 2026; MünchKomm -InsO/Kirchhof, aaO § 131 Rn. 12; HK-InsO/Kreft, aaO § 131 Rn. 9). In beiden Fällen hat der Gläubiger Befriedigung zu fordern; die Art der Befriedigung hängt jedoch auch von dem Willen des Schuldners ab. Ferner ist bei einer Gattungsschuld (§ 243 Abs. 1 BGB) die Auslieferung der Sache nicht deswegen gemäß § 131 InsO anfechtbar, weil der Gläubiger erst innerhalb des kritischen Zeitraums einen Anspruch auf Übereignung dieser bestimmten Sache (§ 243 Abs. 2 BGB) erhalten hat (Piekenbrock WM 2007, 141, 145; vgl. auch Jaeger /Henckel, KO 9. Aufl. § 30 Rn. 209).
31
(b) Eine engere Auslegung des Begriffs der Inkongruenz, bezogen auf Globalsicherungsverträge in unverdächtiger Zeit, ist zudem deshalb geboten, weil § 131 InsO auf der Erfahrung beruht, dass eine Leistung, die so nicht beansprucht werden kann, in der Regel höheres Misstrauen verdient und daher weniger Schutz genießen soll als eine kongruente Deckung (vgl. BGHZ 123, 320, 326; 137, 267, 284; BGH, Urt. v. 8. Oktober 1998 - IX ZR 337/97, ZIP 1998, 2008, 2011). Dieser Ansatz trifft jedoch auf Sicherungen der hier vereinbarten Art in keiner Weise zu. Zwar bildet die Verdächtigkeit einer Leistung keine zwingende Voraussetzung für die Anwendung von § 131 InsO (vgl. zu § 648 BGB BGH, Urt. v. 18. November 2004 - IX ZR 299/00, WM 2005, 804, 806; v. 10. Mai 2007 - IX ZR 146/05, ZIP 2007, 1162, 1163; für eine teleologische Reduktion des § 131 InsO dagegen Jacoby ZIP 2006, 2351, 2356 f). Jedoch spricht der Umstand, dass einer Globalzession, wie sie hier vereinbart wurde, ein für inkongruente Deckungen typisches Merkmal fehlt, in hohem Maße dagegen , die zukünftigen Forderungen nur deshalb als inkongruente Sicherungen anzusehen, weil ihnen eine bisher nicht verlangte, bei Vertragsabschluss tatsächlich und rechtlich nicht zu leistende Voraussetzung fehlt.
32
(3) Diejenigen, die eine solche Identifizierbarkeit fordern, machen vor allem geltend, die Anfechtungsvorschriften dürften nicht im Voraus durch rein pauschale, allumfassende Vertragsklauseln abgeschwächt werden, die keinerlei Publizität gegenüber potentiell betroffenen Drittgläubigern hätten. Da das Sicherungsrecht dem Berechtigten in der Insolvenz einen Vorrang gegenüber anderen Insolvenzgläubigern einräume und daher mittelbar den Gleichbehandlungsgrundsatz aushöhle, sei es gerechtfertigt, sich nicht mit der sachenrechtlichen Bestimmbarkeit des Gegenstandes der Vereinbarung zu begnügen und dieses zusätzliche Merkmal zu verlangen (Kirchhof, aaO § 131 Rn. 39c). Dem vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen, weil dadurch die Gläubiger- gleichbehandlung ein unangemessenes Gewicht gegenüber dem Kreditbedarf des Unternehmers und dem Sicherungsinteresse des Geldkreditgebers erlangen würde. § 131 InsO ist vielmehr, soweit möglich, in dem Sinne auszulegen, dass sich eine die berechtigten Interessen aller Beteiligten berücksichtigende ausgewogene anfechtungsrechtliche Gesamtlösung ergibt (Kayser, Höchstrichterliche Rechtsprechung zur Insolvenzanfechtung und Unternehmensinsolvenz Rn. 576).
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Dass zukünftig entstehende Sicherheiten aufgrund von Globalverträgen allgemein unter erleichterten Voraussetzungen anfechtbar sein sollen, lässt sich weder dem Grundkonzept der §§ 129 ff InsO noch sonstigen allgemeinen Regeln des Insolvenzrechts entnehmen. Der Globalzessionar gehört ohne Einschränkung zu den Absonderungsberechtigten im Sinne von § 51 Nr. 1 InsO. Die Gewährung von Sicherheiten soll sich gerade dann bewähren, wenn der Schuldner finanziell nicht mehr leistungsfähig ist. Weder die §§ 50, 51 InsO noch die anfechtungsrechtlichen Vorschriften liefern einen Ansatz dafür, zwischen individuellen und globalen Sicherungsverträgen mit der Maßgabe zu differenzieren , dass letztere dem Gläubiger einen geringeren Schutz gewähren. Die berechtigten Interessen der Gläubigergesamtheit werden vielmehr bei Globalverträgen bereits dadurch angemessen berücksichtigt, dass hinsichtlich der Anfechtung zukünftiger Rechte gemäß § 140 Abs. 1 InsO der Zeitpunkt, zu dem deren rechtliche Wirkungen eintreten, maßgebend ist.
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Schließlich hat der Senat in seine Auslegung auch die Tatsache einzubeziehen , dass die Globalabtretung von Kundenforderungen ein im Geschäftsverkehr weit verbreitetes Sicherungsmittel darstellt, das für die Möglichkeit, Kredit zu erhalten, große Bedeutung besitzt. Insbesondere für mittelständische Unternehmen stellt sie nicht selten das einzige Vermögen dar, welches dem Kreditgeber als werthaltige Sicherheit angeboten werden kann. Da der Sicherungsfall in der Regel erst eintritt, wenn die bei Vertragsschluss schon begründeten Forderungen durch Erfüllung erloschen sind oder sich als nicht realisierbar erwiesen haben, erhält der Darlehensgläubiger auf diesem Wege nur dann eine wirtschaftlich erhebliche Sicherung, wenn der Vertrag die zukünftigen Forderungen mit umfasst. Könnte der Insolvenzverwalter deren Erwerb generell nach § 131 InsO anfechten, sobald sie nicht früher als drei Monate vor dem Eingang des Insolvenzantrages entstanden sind, würde dies Globalzessionen in einem Maße entwerten, dass sie für weite Geschäftsbereiche kaum noch als geeignete Kreditunterlage dienen könnten. Das zeigt der vorliegende Fall eindrucksvoll , in dem unstreitig nur rund 15 % der auf dem Konto der Schuldnerin bei der beklagten Bank eingegangenen Zahlungen Forderungen betreffen, die drei Monate vor dem Eröffnungsantrag schon werthaltig waren. Die unangemessene Beeinträchtigung eines im Vertragsrecht allgemein anerkannten Sicherungsmittels von erheblicher praktischer Bedeutung wird somit dadurch vermieden, dass der Erwerb zukünftiger Forderungen im Drei-Monats-Zeitraum vor dem Insolvenzantrag in der Regel nur nach § 130 InsO angefochten werden kann.
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c) Was für das Entstehen zukünftiger Forderungen aus einer Globalzession gilt, trifft für das Werthaltigmachen dieser Forderungen in gleicher Weise zu. Auch dieses ist nach § 130 InsO anfechtbar.
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aa) Der Bundesgerichtshof hat mehrfach entschieden, dass eine durch Wertschöpfung geschaffene Aufrechnungslage anfechtbar sein kann (BGHZ 145, 245, 254 f; 147, 28, 35; BGH, Urt. v. 4. Oktober 2001 - IX ZR 207/00, WM 2001, 2208, 2209 f). In der neueren Literatur werden allgemein Rechtshandlungen , die zur Werthaltigkeit der abgetretenen Forderung führen, als selbständig anfechtbar angesehen (Gerhardt, Gedächtnisschrift für Knobbe-Keuk, S. 169, 178 f; Kirchhof, Festschrift für Uhlenbruck S. 269, 277; HambKommInsO /Rogge, 2. Aufl. § 131 Rn. 21; Streit/Jordan DZWiR 2004, 441, 447; Leiner ZInsO 2006, 460, 463; Piekenbrock WM 2007, 141, 150; Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts Kap. 15 Rn. 5; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis 7. Aufl. Rn. 6.103 f; ebenso OLG Dresden ZIP 2005, 2167, 2168; a.A. Furche WM 2007, 1305, 1313 f). Anfechtbar sind danach Erfüllungshandlungen wie die Herstellung eines Werkes, die Übergabe der Kaufsache oder die Erbringung von Dienstleistungen. Dieser Ansicht ist zuzustimmen.
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Gemäß §§ 130, 131 InsO sind auch Rechtshandlungen anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung ermöglichen; damit sollte nach der Amtlichen Begründung (BT-Drucks. 12/2443, S. 157) die Anfechtung erweitert werden. Zu den anfechtbaren Rechtshandlungen im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO gehören nicht nur Rechtsgeschäfte, sondern auch rechtsgeschäftsähnliche Handlungen und selbst Realakte, denen das Gesetz Rechtswirkungen beimisst (BGH, Urt. v. 12. Februar 2004 - IX ZR 98/03, WM 2004, 666, 667; v. 14. Dezember 2006 - IX ZR 102/03, NZI 2007, 158). Wird durch vom Schuldner veranlasste Maßnahmen die Fälligkeit der Vergütung herbeigeführt oder die Einrede nach § 320 BGB ausgeräumt, so gewinnt die Forderung dadurch für den Sicherungsnehmer an Wert. Daher sind solche tatsächlichen Leistungen als gegenüber einem vorausgegangenen Vertragsschluss des Schuldners mit seinem Kunden selbständige Rechtshandlungen ebenfalls insolvenzrechtlich anfechtbar (Kirchhof, Festschrift für Uhlenbruck aaO S. 277). Folgt die Leistung des Schuldners der vertraglichen Vereinbarung nach, so ist gemäß § 140 Abs. 1 InsO auf die Bewirkung der Werthaltigkeit abzustellen.
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bb) Sind zukünftige Forderungen hinsichtlich ihrer Entstehung als kongruente Deckung zu behandeln, trifft dies auch für die Leistungen zu, die diese Forderungen werthaltig machen.
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Dem kann nicht entgegengehalten werden, der Sicherungsnehmer habe keinen Anspruch darauf, dass der Schuldner die ihm nur gegenüber dem Kunden obliegende Leistung erfülle (so aber Kirchhof, aaO; Beiner/Luppe NZI 2005, 15, 22). Die Abtretung bestimmbar beschriebener zukünftiger Forderungen bewirkt , dass der Schuldner über diese nicht mehr anderweitig verfügen kann. Hat dies insolvenzrechtlich zur Folge, dass mit Begründung dieser Forderungen kongruente Deckungen entstehen, so trifft dies auch für die Wertauffüllung durch die vertragliche Leistung des Schuldners zu; denn diese ist ebenfalls seiner Verfügungsbefugnis entzogen (ebenso Piekenbrock WM 2007, 141, 150). Eine Differenzierung würde schon deshalb nicht einleuchten, weil der Sicherungsnehmer auch keinen klagbaren Anspruch auf das Entstehen einzelner nicht bereits individuell konkretisierbarer Forderungen hat. Vor allem aber dient die Sicherungsabtretung gerade dazu, dem Sicherungsnehmer den Wert der abgetretenen Forderungen zu verschaffen, wenn der Schuldner nicht leistungswillig oder zahlungsunfähig ist. Der Sicherungsanspruch ist demzufolge von Anfang an auf eine werthaltige Sicherheit und nicht auf eine wertlose Hülle gerichtet. Schon deshalb wäre es ein Wertungswiderspruch, anfechtungsrechtlich das Entstehen der Forderung als kongruent, ihre Wertauffüllung dagegen als inkongruent zu behandeln. Es gäbe zudem keinen rechtlich einleuchtenden Grund, insgesamt eine kongruente Sicherung zu bejahen, wenn eine Forderung bereits mit ihrer Entstehung werthaltig wird, das der Entstehung zeitlich nachfolgende Werthaltigmachen dagegen der Anfechtbarkeit nach § 131 InsO zu unterwerfen. Da Entstehung und Fälligkeit einer Forderung häufig rechtlich auseinanderfallen, hätte dies ebenfalls zur Folge, dass Globalzessionen im In- solvenzfall durch das Anfechtungsrecht weitgehend entwertet werden. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber durch die Erweiterung des Anfechtungstatbestandes eine solche Rechtsfolge bewirken wollte. Eine sachgerechte Interessenabwägung muss demzufolge zu dem Ergebnis gelangen, dass sowohl die Entstehung als auch das Werthaltigmachen der zukünftigen Forderungen als kongruente Sicherheiten behandelt werden. Die Belange der Gläubigergesamtheit sind dadurch angemessen gewahrt, dass die Anfechtung dieser Leistungen des Schuldners durchgreift, sofern der Sicherungsnehmer zu diesem Zeitpunkt die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 InsO).
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d) Eine Insolvenzanfechtung nach § 130 InsO scheitert nicht an der Bestimmung des § 142 InsO; denn die Voraussetzungen eines Bargeschäfts sind bezüglich künftiger von der Globalzession erfasster Forderungen in aller Regel nicht gegeben.
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aa) Ein Bargeschäft liegt nur vor, wenn der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Anfechtungsgegner in engem zeitlichen Zusammenhang mit seiner Leistung eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat (BGHZ 157, 350, 360; BGH, Urt. v. 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01, NZI 2006, 159, 161; v. 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, z.V.b.). Entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung (Molitor ZInsO 2006, 23, 25; Zeller/Edelmann BB 2007, 1461, 1463; LG Chemnitz WM 2007, 397, 398) enthält das Stehenlassen der Darlehensforderung keine ausgleichende Gegenleistung, weil allein damit dem Schuldner kein neuer Vermögenswert zugeführt wird. Der Schuldner hat ihn vielmehr bereits durch die Darlehensgewährung erhalten; das bloße Unterlassen der Rückforderung bedeutet keine Zuführung eines neuen Vermögenswertes (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 142 Rn. 13 c; Mitlehner ZIP 2007, 1925, 1930; im Ergebnis ebenso bereits BGH, Urt. v. 3. Dezember 1998 - IX ZR 313/97, WM 1999, 12, 14).
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bb) Ein Bargeschäft kann auch nicht mit der Überlegung begründet werden , die Bank gestatte dem Sicherungsgeber, die abgetretenen Forderungen einzuziehen, und könne dafür die Auffüllung der Sicherheit durch Entstehen neuer Forderungen verlangen (so aber Obermüller, aaO Rn. 6.102 d ff; Kuder ZInsO 2006, 1065, 1069; Blum ZInsO 2007, 528, 530; Furche WM 2007, 1305, 1314; vgl. auch Brandt/Günther BKR 2006, 232, 235). Die von § 142 InsO vorausgesetzte rechtsgeschäftliche Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung ist hier hinsichtlich der ausscheidenden und der hinzukommenden Forderungen nicht gegeben; denn der Erwerb neuer Forderungen erfolgt bei der Globalzession unabhängig davon, was aus den dem Schuldner zur Einziehung überlassenen Forderungen geworden, insbesondere welcher Wert ihm daraus zugeflossen ist. Damit fehlt es insoweit schon im Ansatz an einer auf einen gleichwertigen Leistungsaustausch ausgerichteten vertraglichen Vereinbarung. Davon abgesehen könnte das Entstehen neuer Forderungen allenfalls dann eine gleichwertige Sicherheit darstellen, wenn diese nicht nur betragsmäßig, sondern auch in ihrem wirtschaftlichen Wert den untergegangenen Forderungen gleichkämen, so dass bei vergleichender Betrachtung eine Schmälerung des Schuldnervermögens ausgeschlossen wäre. Diese Voraussetzungen sind bei Globalzessionen typischerweise nicht gegeben, weil der Sicherungswert von vielen Faktoren, insbesondere der Qualität der Leistung des Schuldners sowie der Vertragstreue und finanziellen Leistungsfähigkeit seines Kunden abhängt und deshalb nicht generell, sondern nur bezogen auf die jeweilige Einzelforderung bestimmt werden kann. Die dem Schuldner überlassenen Altforderungen können nicht nur durch Erfüllung, sondern auch durch Verzicht, Vergleich, Klageabweisung , Verjährung oder Insolvenz des Drittschuldners wertlos geworden sein. Der für die Voraussetzungen eines Bargeschäfts darlegungs- und beweispflichtige Sicherungsnehmer (BGH, Urt. v. 1. Oktober 2002 - IX ZR 360/99, WM 2002, 2369, 2372; v. 10. Mai 2007 - IX ZR 146/05, WM 2007, 1181, 1182) wäre zudem in den weitaus meisten Fällen nicht einmal ansatzweise in der Lage, die Tatsachen vorzutragen, die zur Beurteilung des Wertverhältnisses zwischen untergegangenen und neu entstandenen Forderungen notwendig sind. Schon aus diesen Gründen ist es nicht möglich, das Untergehen und Neuentstehen gesicherter Forderungen aus Globalzessionen bei Prüfung von § 142 InsO rechtlich ebenso einzuordnen wie die kontokorrentmäßige Verrechnung vereinnahmter Zahlungseingänge mit erneuten vertragsmäßigen Verfügungen des Schuldners, die ohne weiteres die Feststellung ermöglichen, in welchem Umfang ein gegenseitiger Leistungsaustausch in engem zeitlichem Zusammenhang erfolgt ist.
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cc) Der Senat sieht keine Veranlassung, den Tatbestand des § 142 InsO über den von der Senatsrechtsprechung bisher abgesteckten Bereich hinaus zu erweitern, wie dies von einzelnen Autoren befürwortet wird (vgl. Obermüller, aaO Rn. 6.102 p; Kuder, aaO; Molitor, aaO). Der Sicherungsnehmer ist bereits dadurch hinreichend geschützt, dass die Anfechtung zukünftiger Forderungen nur unter den Voraussetzungen des § 130 InsO Erfolg hat. Er erwirbt damit ein insolvenzfestes Absonderungsrecht an allen Forderungen, die werthaltig geworden sind, bevor er Umstände erfahren hat, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder den Eröffnungsantrag schließen lassen (§ 130 Abs. 2 InsO). Würden dagegen solche Rechte auch noch an später entstandenen Forderungen begründet, könnte dies für den Sicherungsnehmer einen Anreiz bilden, den Kreditvertrag mit dem insolventen Schuldner noch eine Zeitlang bis zu dem von seinem persönlichen Befriedigungsinteresse her gesehen günstigsten Zeitpunkt fortzusetzen. Dies stände in Widerspruch zum erklärten Ziel der Insolvenzordnung, die Beteiligten zu veranlassen, das Insolvenzverfahren frühzeitig einzuleiten, um eventuelle Sanierungsaussichten zu wahren und eine möglichst effektive Befriedigung der Gläubiger im Sinne von § 1 Satz 1 InsO zu bewirken. Deren berechtigte Interessen wären in nicht hinnehmbarer Weise beeinträchtigt, wenn eine Globalzession dem Sicherungsnehmer die Möglichkeit gäbe, das Kreditverhältnis mit einem erkanntermaßen insolventen Schuldner zum Nachteil der Masse fortzusetzen.
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4. Die Anfechtungsvoraussetzungen des § 130 Abs. 1 InsO sind auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts nicht gegeben.
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Der Kläger behauptet nicht, dass die Schuldnerin vor Kündigung des Kreditverhältnisses durch die Beklagte zahlungsunfähig war. Alle Forderungen, deren Gegenwert mit der Klage herausverlangt wird, sind vor diesem Zeitpunkt entstanden oder werthaltig geworden. Die Klage ist mithin unbegründet.
Fischer Ganter Kayser
Gehrlein Vill

Vorinstanz:
LG Berlin, Entscheidung vom 26.01.2007 - 23 O 32/06 -
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Ob die diesbezügliche Beweislastentscheidung des Berufungsgerichts, die dies im Ergebnis ebenfalls so sieht, zutrifft oder aber - wie die Revision meint - verfahrenswidrig zustande gekommen ist, kann offenbleiben. Jedenfalls beruht das angefochtene Urteil hierauf nicht (vgl. § 545 Abs. 1 ZPO). Nach der neuen Rechtsprechung des Senats zu § 142 InsO enthält das Stehenlassen einer Darlehensforderung keine ausgleichende Gegenleistung, weil allein damit dem Schuldner kein neuer Vermögenswert zugeführt wird. Der Schuldner hat ihn vielmehr bereits durch die Darlehensgewährung erhalten; das bloße Unterlassen der Rückforderung bedeutet keine Zuführung eines neuen Vermögenswertes (BGHZ 174, 297, 311 Rn. 41; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 142 Rn. 13 c; Mitlehner ZIP 2007, 1925, 1930). Diese Rechtsprechung findet im Anwendungsbereich des § 134 Abs. 1 InsO ebenfalls Anwendung, wenn ein ungekündigter Kredit eines Drittschuldners nachträglich besichert wird, ohne dass dem eine vereinbarte Gegenleistung des Sicherungsnehmers gegenübersteht. In diesem Fall ist das Sicherungsgeschäft unentgeltlich, und zwar unabhängig davon, ob die Rückführung des stehengelassenen Kredits des Drittschuldners hätte durchgesetzt werden können oder nicht (vgl. MünchKommInsO /Kirchhof, aaO § 134 Rn. 33; Ganter WM 2006, 1081, 1084).

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.