Bundesgerichtshof Urteil, 07. Mai 2009 - IX ZR 71/08
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 4. August 2004 am 15. September 2004 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der M. GmbH (fortan: Schuldnerin). Gesellschafter und Geschäftsführer der im Februar 2002 gegründeten Schuldnerin ist P. M. . Geschäftsgegenstand der Schuldnerin war der Vertrieb vornehmlich von Produkten von E. M. , die unter der Firma P. M. , Baumund Rosenschulen, Gartenbaubetrieb handelte (fortan: Einzelunternehmen). Zuvor hatte E. M. den Vertrieb ihrer Produkte selbst vorgenommen. Einzelunternehmen und Schuldnerin unterhielten bei der beklagten Sparkasse jeweils Girokonten. Im Januar 2003 wies das Konto der Schuldnerin ein Guthaben aus, die Konten des Einzelunternehmens wurden debitorisch geführt. Die Beklagte sah die an das Einzelunternehmen ausgereichten Kredite zunehmend als gefährdet an, weil die als Sicherheit unter anderem bestellte Globalzession durch die Zwischenschaltung der Schuldnerin entwertet war und ein Kontenausgleich zugunsten des Einzelunternehmens ausblieb. Am 14. Februar 2003 verpfändete die Schuldnerin ihr derzeitiges und künftiges Guthaben auf dem Geschäftskonto an die Beklagte. Gesichert wurden die bankmäßigen Ansprüche der Beklagten gegen das Einzelunternehmen. Der Sicherungszweck war auf die Forderungen der beklagten Sparkasse aus Krediten und Darlehen gegen das Einzelunternehmen auf näher bezeichneten Konten (damals insgesamt 2.400.283,95 €) sowie auf die in einem hier nicht interessierenden Poolvertrag benannten Kredite und Darlehen begrenzt.
- 2
- Am 4. Oktober 2004 wies das Konto der Schuldnerin bei der Beklagten ein Guthaben von 4.807,98 € aus. Der Kläger hat die Verpfändung als unentgeltliche Leistung angefochten; er begehrt die Auskehr dieses Betrages. Die Beklagte hält ihr Absonderungsrecht an dem Guthaben für anfechtungsfest. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die zulässige Revision ist unbegründet.
I.
- 4
- Berufungsgericht Das meint: Die Verpfändung des Kontoguthabens durch die Schuldnerin zugunsten der Beklagten stehe dem Herausgabeanspruch nicht entgegen, weil sie nach § 134 Abs. 1 InsO als unentgeltliche Leistung anfechtbar sei. Werde - wie hier - eine dritte Person in den Zuwendungsoder den Gegenleistungsvorgang eingeschaltet, sei für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit nicht entscheidend, ob der Schuldner selbst einen Ausgleich für die von ihm erbrachte Leistung erhalten habe. Zu fragen sei vielmehr, ob der Empfänger seinerseits eine Gegenleistung erbracht habe. An ihr fehle es hier. Es könne offen bleiben, ob das Stehenlassen einer gekündigten oder kündbaren Forderung als ausgleichender Gegenwert für die (Nach-)Besicherung in Betracht zu ziehen sei. Dies setze jedenfalls voraus, dass der Darlehensrückzahlungsanspruch im Zeitpunkt der Besicherung durchsetzbar, also nicht wirtschaftlich wertlos gewesen sei. Die Beklagte habe zu der von ihr behaupteten Werthaltigkeit der Kredite nicht hinreichend vorgetragen. Da es sich um Tatsachen handele, die zu ihrem Bereich gehörten und dem Einblick des Klägers weitgehend entzogen seien, treffe sie insoweit die "sekundäre Darlegungslast". Hierauf habe das Amtsgericht mit Hinweisbeschluss vom 10. August 2006 zutreffend hingewiesen. Eines weiteren Hinweises habe es nicht bedurft. Der angebotene Sachverständigenbeweis könne den fehlenden Sachvortrag nicht ersetzen. Die Entgeltlichkeit der Zuwendung folge entgegen der Auffassung des Amtsgerichts auch nicht daraus, dass die Beklagte die Geschäftsbeziehung mit dem Einzelunternehmen fortgeführt und eine Erhöhung des Sollsaldos um rund 15.000 € zugelassen habe. Vereinbart sei dies nicht gewesen. Erbringe der Leistungsempfänger im Nachhinein ein Vermögensopfer, führe dies nicht zur Entgeltlichkeit der Leistung.
II.
- 5
- Diese Begründung hält im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.
- 6
- 1. Wird eine dritte Person in einen Zuwendungsvorgang eingeschaltet, kommt es für die Frage der Unentgeltlichkeit der Leistung des Schuldners nicht darauf an, ob der Schuldner selbst einen Ausgleich für seine Leistung erhalten hat. Entsprechend der Wertung des § 134 Abs. 1 InsO, dass der Empfänger einer Leistung dann einen geringeren Schutz verdient, wenn er keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat, hängt die Unentgeltlichkeit von dem Ausbleiben eines Vermögensopfers des Zuwendungsempfängers ab (BGHZ 162, 276, 279 f; 174, 228, 231 Rn. 8; BGH, Urt. v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156, 1157). Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob der Leistungsempfänger eine Gegenleistung erbringt, ist der Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs (BGHZ 162, 276, 281; BGH, Urt. v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05, aaO). Hat er vertragliche Leistungen bereits erbracht, kann eine ausgleichende Gegenleistung nur nach dem Wert eines bestehenden, aber noch nicht ausgeglichenen Anspruchs bemessen werden. Ist dieser im Zeitpunkt der Leistung nicht werthaltig, liegt eine unentgeltliche Zuwendung vor. Der Leistungsempfänger , der lediglich eine nicht werthaltige Forderung gegen seinen Schuldner verliert, ist gegenüber den Gläubigern des Insolvenzschuldners nicht schutzwürdig, denn er hätte ohne dessen Leistung, auf die er keinen Anspruch hatte, seine Forderung nicht durchsetzen können (BGHZ 162, 276, 281 f; BGH, Urt. v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05, aaO). Hingegen ist unerheblich, ob der Schuldner gegenüber dem mittelbar begünstigten Drittschuldner - etwa im Rahmen einer konzernähnlichen Abrede - zu der Leistung verpflichtet war oder ob er ein eigenes Interesse an der Leistungserbringung hatte (BGHZ 174, 228, 232 Rn. 11 ff; BGH, Urt. v. 1. Juni 2006 - IX ZR 159/04, WM 2006, 1396, 1397 Rn. 14).
- 7
- 2. Nach diesen Grundsätzen ist die Verpfändung des Kontoguthabens durch die Schuldnerin selbst dann als unentgeltliche Leistung anzusehen, wenn etwaige Ansprüche der Beklagten gegen das Einzelunternehmen auf Rückzahlung des Darlehens im Februar 2003 noch hätten durchgesetzt werden können.
- 8
- a) Nach dem in dem angefochtenen Urteil zulässigerweise in Bezug genommenen tatsächlichen Vorbringen der Beklagten hat sich die Sicherheitenlage in Bezug auf das Einzelunternehmen durch die Gründung der Schuldnerin deutlich verschlechtert. Da dieses selbst keine Sicherheiten habe erbringen können, habe der Beklagten auch die Befugnis zugestanden, die Kredite zu kündigen. Die Guthabenverpfändung durch die Schuldnerin sei erfolgt, um der drohenden Kündigung entgegenzutreten. Eine Kreditkündigung hätte auch für die GmbH das Ende bedeutet. Zum Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung seien keine neuen Kredite herausgelegt worden.
- 9
- Danach ist zunächst davon auszugehen, dass der mögliche Anspruch der Beklagten aus dem Darlehensvertrag gegen das Einzelunternehmen auf Nachbesicherung wegen Vermögensverschlechterung, der schließlich durch die Verpfändung des Guthabens aus der Kontoverbindung mit der Schuldnerin erfüllt worden ist, nicht werthaltig war. Die Beklagte hat deshalb dadurch, dass der Nachbesicherungsanspruch durch Verpfändung gemäß §§ 267, 362 Abs. 1 BGB ganz oder teilweise erloschen ist, wirtschaftlich nichts verloren, was als Gegenleistung für die Zuwendung der Schuldnerin angesehen werden kann.
- 10
- b) Der Senat hat allerdings in seinem ebenfalls einen Fall der Nachbesicherung betreffenden Urteil vom 1. Juni 2006 (IX ZR 159/04, aaO) noch offengelassen , wie das Stehenlassen einer durchsetzbaren Forderung zu bewerten ist, wenn ein Dritter dafür eine Sicherheit stellt. Nach den in jenem Verfahren getroffenen Feststellungen war der Darlehensrückzahlungsanspruch gegen den Drittschuldner des Zuwendungsempfängers im Zeitpunkt der Nachbesicherung nicht mehr durchsetzbar, also wirtschaftlich wertlos, so dass der Leistungsempfänger mit dem Stehenlassen des Darlehens schon deshalb kein Vermögensopfer erbracht hat (vgl. BGH, Urt. v. 1. Juni 2006 - IX ZR 159/04, aaO; hierzu Kayser WM 2007, 1, 7).
- 11
- Im vorliegenden Fall liegt dies nach dem eigenen Vortrag der Beklagten ebenfalls nahe, weil diese ähnlich wie in dem bereits entschiedenen Fall (vgl. Kayser, aaO S. 7 unter 3 a) einräumt, dass eine Kreditkündigung "auch" für die GmbH das Ende bedeutet hätte.
- 12
- Ob die diesbezügliche Beweislastentscheidung des Berufungsgerichts, die dies im Ergebnis ebenfalls so sieht, zutrifft oder aber - wie die Revision meint - verfahrenswidrig zustande gekommen ist, kann offenbleiben. Jedenfalls beruht das angefochtene Urteil hierauf nicht (vgl. § 545 Abs. 1 ZPO). Nach der neuen Rechtsprechung des Senats zu § 142 InsO enthält das Stehenlassen einer Darlehensforderung keine ausgleichende Gegenleistung, weil allein damit dem Schuldner kein neuer Vermögenswert zugeführt wird. Der Schuldner hat ihn vielmehr bereits durch die Darlehensgewährung erhalten; das bloße Unterlassen der Rückforderung bedeutet keine Zuführung eines neuen Vermögenswertes (BGHZ 174, 297, 311 Rn. 41; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 142 Rn. 13 c; Mitlehner ZIP 2007, 1925, 1930). Diese Rechtsprechung findet im Anwendungsbereich des § 134 Abs. 1 InsO ebenfalls Anwendung, wenn ein ungekündigter Kredit eines Drittschuldners nachträglich besichert wird, ohne dass dem eine vereinbarte Gegenleistung des Sicherungsnehmers gegenübersteht. In diesem Fall ist das Sicherungsgeschäft unentgeltlich, und zwar unabhängig davon, ob die Rückführung des stehengelassenen Kredits des Drittschuldners hätte durchgesetzt werden können oder nicht (vgl. MünchKommInsO /Kirchhof, aaO § 134 Rn. 33; Ganter WM 2006, 1081, 1084).
- 13
- c) Auf die Entwicklung des Kontostandes in der Folgezeit kommt es nicht an, weil für die Beurteilung der Gegenleistung - wie ausgeführt - der Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs maßgeblich ist (vgl. § 140 Abs. 1 InsO).
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
AG Erkelenz, Entscheidung vom 26.04.2007 - 14 C 441/05 -
LG Mönchengladbach, Entscheidung vom 26.03.2008 - 2 S 76/07 -
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 07. Mai 2009 - IX ZR 71/08
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem am 9. Mai 2003 auf Eigenantrag vom 26. März 2003 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der H. GmbH (im folgenden: Schuldnerin). Er begehrt im Wege der Insolvenzanfechtung von der Beklagten Rückzahlung des Sozialversicherungsbeitrages für den Monat November 2002, den die Schuldnerin am 28. Januar 2003 für die Z. GmbH & Co. KG bezahlt hat. Zwischen der Schuldnerin und der Z. GmbH & Co. KG bestand eine gesellschaftsrechtliche Verbindung dergestalt, dass die Y. GmbH alleinige Gesellschaf- terin der beiden und die Z. GmbH & Co. KG (im folgenden auch: Schwestergesellschaft ) nahezu alleinige Lieferantin der Schuldnerin war.
- 2
- Der Kläger behauptet, die Schwestergesellschaft sei zum Zeitpunkt der Zahlung der Schuldnerin an die Beklagte zahlungsunfähig gewesen. Deshalb sei die Zahlung der Schuldnerin als unentgeltliche Leistung nach § 134 InsO anfechtbar.
- 3
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
- 5
- 1. Da die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war, ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber nicht auf der Säumnis, sondern auf einer umfassenden Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 82).
- 6
- 2. Das Berufungsgericht meint, ein Anspruch auf Rückzahlung gemäß §§ 143, 134 InsO bestehe schon deshalb nicht, weil die Leistung der Schuldnerin nicht unentgeltlich erfolgt sei. Die Beklagte habe zum Zahlungszeitpunkt als Gegenleistung bereits den Sozialversicherungsschutz erbracht gehabt. Dass ihre Leistung nicht an die Schuldnerin, sondern an die Schwestergesellschaft erfolgt sei, ändere nichts an der Entgeltlichkeit. Die Beklagte sei schutzbedürftig , weil für sie nicht erkennbar gewesen sei, ob die Leistung im Verhältnis der Schuldnerin zu ihrer Schwestergesellschaft mit oder ohne Rechtsgrund erfolgt sei. Davon unabhängig sei der Anspruch auch deshalb unbegründet, weil der darlegungs- und beweispflichtige Kläger nicht schlüssig dargelegt und unter Beweis gestellt habe, dass die Schuldnerin mit der Zahlung keine eigenen wirtschaftlichen Interessen oder Vorteile verfolgt habe.
- 7
- 3. Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
- 8
- a) Die Beklagte ist als Einzugsstelle (§§ 28h, 28i SGB IV) des Gesamtsozialversicherungsbetrages passiv legitimiert für eine Anfechtung auf Rückzahlung der an sie gezahlten Sozialversicherungsbeiträge, auch soweit die Beiträge im Innenverhältnis anderen Versicherungsträgern zustehen (BGH, Urt. v. 12. Februar 2004 - IX ZR 70/03, ZIP 2004, 862, 863; v. 21. Oktober 2004 - IX ZR 71/02, ZIP 2005, 38 f).
- 9
- b) Der Umstand, dass die Beklagte den Beschäftigten der Schwestergesellschaft Sozialversicherungsschutz gewährt hat, lässt die Unentgeltlichkeit der Leistung der Schuldnerin nicht entfallen.
- 10
- eine Wird dritte Person in einen Zuwendungsvorgang eingeschaltet, kommt es für die Frage der Unentgeltlichkeit einer Leistung des Schuldners nicht darauf an, ob der Schuldner selbst einen Ausgleich für seine Leistung erhalten hat. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Empfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat. Es entspricht der Wertung des § 134 InsO, dass der Empfänger einer Leistung dann einen geringeren Schutz verdient, wenn er keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat (BGHZ 41, 298, 302; 141, 96, 99 f; BGH, Urt. v. 3. März 2005 - IX ZR 441/00, ZIP 2005, 767, 768, z.V.b. in BGHZ 162, 276). Die Gegenleistung des Empfängers, dessen gegen einen Dritten gerichtete Forderung bezahlt wird, liegt in der Regel darin, dass er eine werthaltige Forderung gegen seinen Schuldner verliert. In diesem Fall ist nicht der Leistungsempfänger, sondern dessen Schuldner der richtige Beklagte für eine Anfechtung wegen unentgeltlicher Zuwendung (BGHZ 41, 298, 302; BGH, Urt. v. 15. Dezember 1982 - VIII ZR 264/81, ZIP 1983, 32; v. 5. Februar 2004 - IX ZR 473/00, ZIP 2004, 917, 918; v. 3. März 2005, aaO) oder für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (BGHZ 70, 389, 396 f).
- 11
- Ist die Forderung des Zuwendungsempfängers gegen seinen Schuldner dagegen wertlos, ist die Zuwendung unentgeltlich. Dabei ist es unerheblich, ob der Leistungsempfänger seinem Schuldner zu einem früheren Zeitpunkt eine Leistung erbracht hat. Maßgeblich für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit ist vielmehr der Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs, also des Erhalts der Zahlung (BGHZ 41, 17, 19; BGH, Urt. v. 3. März 2005, aaO). Hat der Zuwendungsempfänger eine Leistung bereits erbracht, kann die Entgeltlichkeit der Zuwendung nur nach dem Wert seiner Forderung bemessen werden. Ist diese im Zeitpunkt der Leistung nicht werthaltig, liegt eine unentgeltliche Zuwendung vor. Der Leistungsempfänger, der lediglich eine nicht werthaltige Forderung gegen seinen Schuldner verliert, ist gegenüber den Insolvenzgläubigern des Schuldners nicht schutzwürdig, denn er hätte ohne dessen Leistung, auf die er keinen Anspruch hatte, seine Forderung nicht durchsetzen können (BGH, Urt. v. 3. März 2005, aaO).
- 12
- Ob die Beklagte gegebenenfalls die Wertlosigkeit ihrer Forderung gegen die Schwestergesellschaft kannte, ist unerheblich (vgl. im Einzelnen BGH, Urt. v. 3. März 2005, aaO).
- 13
- c) Die Klageabweisung lässt sich auch nicht damit begründen, dass der Kläger nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt hat, die Schuldnerin habe mit der Zahlung keine eigenen wirtschaftlichen Interessen oder Vorteile verfolgt.
- 14
- Hierauf kommt es nicht an. Maßgeblich ist allein das Rechtsverhältnis zwischen dem verfügenden Schuldner und dem Zuwendungsempfänger; nur in diesem Verhältnis kann ausgehend von dem Schutzzweck des § 134 InsO die Unentgeltlichkeit beurteilt werden (BGHZ 141, 96, 101; BGH, Urt. v. 3. März 2005, aaO). Selbst wenn die Schuldnerin im Verhältnis zu der Schwestergesellschaft zur Leistung verpflichtet war oder mit der Leistung eigene wirtschaftliche Interessen verfolgte oder Vorteile erzielte, macht dies den Leistungsempfänger gegenüber den Insolvenzgläubigern der Schuldnerin nicht schutzwürdig und lässt die Unentgeltlichkeit der Leistung im Verhältnis zum Empfänger nicht entfallen (BGH, Urt. v. 3. März 2005, aaO). Die Schuldnerin war zur Zahlung gegenüber der Beklagten nicht verpflichtet. Zwischen beiden bestanden unstreitig - von der Zahlung abgesehen - keine Rechtsbeziehungen.
- 15
- 4. Das Berufungsgericht wird deshalb zu prüfen haben, ob die Forderung der Beklagten gegen die Schwestergesellschaft auf Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge für November 2002 am 28. Januar 2003 werthaltig war. Die Beweislast für die fehlende Werthaltigkeit dieser Forderung im Zeitpunkt der Bezahlung durch die Schuldnerin hat der Kläger; er hat Beweis dafür angetreten, dass die Schwestergesellschaft bereits damals zahlungsunfähig gewesen sei.
- 16
- War die Forderung nicht werthaltig, greift die Anfechtung nach § 134 InsO durch. War sie dagegen werthaltig, scheidet eine Anfechtung nach dieser Vorschrift aus. Auch eine Anfechtung nach anderen Vorschriften ist in diesem Fall nicht gegeben. §§ 130, 131 InsO scheiden aus, weil die Beklagte nicht Insolvenzgläubigerin der Schuldnerin war. Die Vorschrift des § 132 Nr. 1 InsO ist nach derzeitigem Sach- und Streitstand nicht anwendbar, weil der Kläger nicht vorgetragen hat, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig war und die Beklagte dies wusste. Schließlich kommt eine Anfechtung nach § 133 InsO nicht in Betracht. Die vorliegende inkongruente Deckung ergibt kein Indiz für die Kenntnis der Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, weil für die Beklagte nach dem Vortrag des Klägers kein Anlass bestand, an der Liquidität der Schuldnerin zu zweifeln (vgl. BGHZ 157, 242, 251; HK-InsO/Kreft, 4. Aufl. § 133 Rn. 24).
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
AG Augsburg, Entscheidung vom 26.05.2004 - 74 C 662/04 -
LG Augsburg, Entscheidung vom 15.03.2005 - 4 S 2832/04 -
(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.
(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.
(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.
(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.
(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.
(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.