Bundesgerichtshof Urteil, 14. Okt. 2010 - IX ZR 160/08

bei uns veröffentlicht am14.10.2010
vorgehend
Landgericht München I, 14 HKO 6881/07, 07.12.2007
Oberlandesgericht München, 7 U 1602/08, 16.07.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 160/08
Verkündet am:
14. Oktober 2010
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Oktober 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die Richter
Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Pape und Grupp

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. Juli 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu seinem Nachteil erkannt ist.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 7. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. Februar 2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH (nachfolgend: GmbH oder Schuldnerin). Diese unterhielt bei der verklagten Bank ein Kontokorrentkonto, auf dem der GmbH ein unbefristeter Kredit von 75.000 € eingeräumt war. Am 16. November 2004 war der Kredit bis zu einer Höhe von 74.756,82 € in Anspruch genommen. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2004 kündigte die Beklagte die der Schuldnerin eingeräumte Kreditlinie. Zum 15. Dezember 2004 betrug der Sollsaldo auf dem Konto der GmbH bei der Beklagten 7.439,36 €. Am 16. Dezember 2004 beantragte die GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Im letzten Monat davor waren Einzahlungen von 76.926,06 € und Auszahlungen von 9.483,60 € vorgenommen worden. Gutgeschrieben wurde dem Konto unter anderem am 23. November 2004 ein Betrag von 49.286,42 €, mit dem die Beklagte gegen sie selbst gerichtete Forderungen der Schuldnerin aufgrund von Transportdienstleitungen beglich. Der Kläger meint, aufgrund seiner mit Schreiben vom 8. September 2006 erklärten Insolvenzanfechtung auch diesen Betrag herausverlangen zu können.
2
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung hatte in Höhe von 49.286,42 € Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Das Rechtsmittel ist begründet. Es führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

I.


4
Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in ZIP 2008, 1832 veröffentlicht ist, hat ausgeführt: In Höhe von 49.286,42 € habe die Beklagte ihre Verbindlichkeit aus den Transportdienstleistungen der Schuldnerin am 23. November 2004 wirksam gegen die Gutschriften verrechnet. Zwar lägen hinsichtlich der Verrechnungen, welche die Beklagte in dem Zeitraum 16. November bis 15. Dezember vorgenommen habe, die Voraussetzungen für eine Anfechtung wegen inkongruenter Deckung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 InsO vor, weil die Kontokorrentvereinbarung nicht vor dem 15. Dezember 2004 gekündigt worden sei. Die Anfechtung der von der Beklagten zur Erfüllung einer eigenen Verbindlichkeit vorgenommenen Verrechnung führe aber auch zur Nichtigkeit des auf die Bezahlung der Transportleistungen gerichteten Erfüllungsgeschäfts , weil nach § 142 Abs. 1 BGB das anfechtbare Rechtsgeschäft als von Anfang an nichtig anzusehen sei. Die Verrechnung stelle eine einheitliche Handlung dar, die nicht in einen angefochtenen und einen nicht angefochtenen Teil aufgespalten werden könne. Die Summe der Einnahmen, die der Rückführung des Saldos gedient hätten, sei deshalb um 49.286,42 € geringer anzusetzen. Als Folge der Anfechtung lebe die Forderung aus der Transportrechnung wieder auf. Insoweit komme eine Aufrechnung nach den §§ 94, 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO in Betracht.

II.


5
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Kläger kann den Anspruch aus der Gutschrift geltend machen, weil die Verrechnung mit der Kreditforderung der Beklagten insolvenzrechtlich unwirksam ist.
6
1. Noch zutreffend legt das Berufungsgericht seiner Entscheidung die ständige Rechtsprechung des Senats zugrunde, nach der im Umfang der Rückführung des ungekündigten Kontokorrentkredits innerhalb der kritischen Zeit vor Verfahrenseröffnung die Verrechnungen nach § 96 Abs. 1 Nr. 3, § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar sind (BGH, Urt. v. 7. März 2002 - IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122, 127; v. 17. Juni 1999 - IX ZR 62/98, ZIP 1999, 1271, 1272; v. 17. Juni 2004 - IX ZR 2/01, WM 2004, 1575, 1576; v. 17. Juni 2004 - IX ZR 124/03, WM 2004, 1576, 1577; Beschl. v. 24. Mai 2005 - IX ZR 46/02, NZI 2005, 630; Urt. v. 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, ZIP 2008, 237 Rn. 4 ff; v. 15. November 2007 - IX ZR 212/06, ZIP 2008, 235 Rn. 17; v. 7. Mai 2009 - IX ZR 140/08, ZIP 2009, 1124 Rn. 8 f). Dies führt vorliegend zur Anfechtbarkeit der Verrechnung des Anspruchs der Schuldnerin aus der Gutschrift in Höhe von 49.286,42 € mit dem Anspruch der Beklagten auf Rückführung des Sollsaldos in der kritischen Zeit. Die Beklagte hatte vor der Kreditkündigung am 13. Dezember 2004 keinen Anspruch auf Rückführung des der Schuldnerin eingeräumten Kredits.
7
2. Unzutreffend ist die Auffassung des Berufungsgerichts, mit der Anfechtung der Verrechnung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO sei von der Nichtigkeit des gesamten Erfüllungsgeschäftes auszugehen. Der von ihm für diese Ansicht herangezogene § 142 Abs. 1 BGB ist im Rahmen der Insolvenzanfechtung nicht anzuwenden. Die Vorschrift betrifft die Folgen der Anfechtung nach den §§ 119 ff BGB. Die Folgen der Insolvenzanfechtung ergeben sich aus § 143 und § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Deren Voraussetzungen sind hier gegeben.
8
a) Die Beklagte hat die im November 2004 fällige Transportforderung der Schuldnerin entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien durch Gutschrift der geschuldeten 49.286,42 € auf dem Kontokorrentkonto erfüllt. Diese Forderung ist infolge der Anfechtung der im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag erfolgten inkongruenten Verrechnung des Anspruchs der Schuldnerin aus der Gutschrift mit der Kreditforderung der Beklagten nicht wieder aufgelebt. Der Kläger hat nur die - isoliert zu betrachtende - Verrechnung der Beklagten angefochten. Dadurch ist der Anspruch der Masse aus der Gutschrift bestehen geblieben.
9
b) Die Anfechtbarkeit der Verrechnung scheitert auch nicht an der Besonderheit , dass die Beklagte gleichzeitig Auftraggeberin der Transportleistungen , kontoführende Bank und Kreditgeberin der Schuldnerin war. Ein Anspruch der Beklagten auf Besserstellung gegenüber anderen Kreditinstituten, die im letzten Monat vor Antragstellung eingegangene und verrechnete Zahlungen auskehren müssen, soweit diesen nicht vom Schuldner veranlasste Auszahlungen gegenüberstehen, kann daraus nicht abgeleitet werden. Aus welchen Gründen die beklagte Bank anfechtungsrechtlich privilegiert werden soll, weil sie gleichzeitig Kundin der Schuldnerin war, ist nicht ersichtlich.
10
Das Berufungsgericht hat argumentiert, die vertragstreue Bank, die gegenüber einem finanziell schlecht gestellten Kunden Verbindlichkeiten erfülle und dadurch zugleich den von dem Kunden bei ihr in Anspruch genommenen Kredit tilge, dürfe in der Insolvenz des Kunden nicht schlechter gestellt sein, als wenn sie auf die berechtigten und fälligen Forderungen des Kunden nicht gezahlt hätte, um sich eine Aufrechnungsmöglichkeit zu schaffen. Diese Erwägung ist nicht stichhaltig. Denn in dem hypothetischen Fall wäre die Aufrechnung ebenfalls nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO insolvenzrechtlich unwirksam. Eine Kreditkündigung, die - bei nicht ausgeschöpftem Kreditlimit - nur dem Zweck dient, sich eine Aufrechnungsmöglichkeit gegenüber einer längst fälligen Gegenforderung zu schaffen, wäre anfechtbar.
11
Entgegen der von der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht führt die Lösung des Senats auch nicht dazu, dass die Bank "den gleichen Betrag zweimal zahlen" muss. Soweit sie diesen Betrag zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeit aus dem Transportvertrag entrichtet hat, bleibt es dabei. Das hat aber mit der Kreditschuld des Kunden nichts zu tun. Aus Gründen der Anfechtung muss die Bank lediglich die Verrechnung des Anspruchs aus der Gutschrift mit ihrer Kreditforderung rückgängig machen, die somit in der ursprünglichen Höhe bestehen bleibt. Das ist dann aber auch ihre einzige Belastung.

III.


12
Das Berufungsurteil war auf die Revision aufzuheben, soweit es die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung aufgehobenhat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und die Sache nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine ersetzende Sachentscheidung zu treffen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Klage ist insgesamt begründet.
Ganter Raebel Kayser
Pape Grupp
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 07.12.2007 - 14 HKO 6881/07 -
OLG München, Entscheidung vom 16.07.2008 - 7 U 1602/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 14. Okt. 2010 - IX ZR 160/08

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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

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(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständ
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(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, 1. wenn die Handlung im letzten Monat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 142 Wirkung der Anfechtung


(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen. (2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgesc

Insolvenzordnung - InsO | § 96 Unzulässigkeit der Aufrechnung


(1) Die Aufrechnung ist unzulässig, 1. wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,2. wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens vo

Insolvenzordnung - InsO | § 94 Erhaltung einer Aufrechnungslage


Ist ein Insolvenzgläubiger zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes oder auf Grund einer Vereinbarung zur Aufrechnung berechtigt, so wird dieses Recht durch das Verfahren nicht berührt.

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(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.

(2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen.

Ist ein Insolvenzgläubiger zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes oder auf Grund einer Vereinbarung zur Aufrechnung berechtigt, so wird dieses Recht durch das Verfahren nicht berührt.

(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,

1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 2/01
Verkündet am:
17. Juni 2004
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GesO § 10 Abs. 1 Nr. 4
Die Verrechnung von Zahlungseingängen, die eine Bank nach Stellung eines Antrags
auf Eröffnung eines Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen
ihres Kunden auf dessen Kontokorrentkonto zum Ausgleich von nur geduldeten
Überziehungen vornimmt, ist nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO anfechtbar, wenn
der Sollsaldo laufend erweitert wird, weil die Bank fremdnützige, nach eigenem
Ermessen des Kunden vorgenommene Verfügungen zuläßt.
BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - IX ZR 2/01 - OLG Brandenburg
LG Cottbus
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Neškovi?

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 28. November 2000 im Kostenpunkt und insoweit, als es die Beklagte beschwert, sowie das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 1. April 1999 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem Gesamtvollstreckungsverfah ren über das Vermögen des H. -D. V. (fortan: Schuldner). Dieser unterhielt bei der verklagten Sparkasse ein Kontokorrentkonto. Auf diesem Konto räumte die Beklagte dem Schuldner einen Kreditrahmen von 150.000 DM ein. Ab Oktober 1997 genehmigte sie dem Schuldner - jeweils befristet - die Überziehung des eingeräumten Kredits um zunächst 30.000 DM, später um 60.000 DM. Am
4. Mai 1998 gestattete die Beklagte dem Schuldner die Überziehung um 87.500 DM bis zum 30. Juni 1998 und um 77.500 DM bis 30. Juli 1998. Das Kontokorrentverhältnis und der Kredit wurden nicht vor dem 5. Juni 1999 gekündigt.
Auf dem Kontokorrentkonto wickelte der Schuldner seinen Zahlungsverkehr ab. Am 13. März 1998 stand das Konto in Höhe von 166.395,01 DM im Soll. Bis zum 5. Juni 1998 hatte sich der Negativsaldo auf 240.681,54 DM erhöht. In dem genannten Zeitraum betrugen die von der Beklagten verrechneten Gutschriften 316.843,95 DM. Die Summe der Belastungsbuchungen zugunsten anderer Gläubiger des Schuldners lag höher.
Am 28. Januar 1998 wurde gegen den Schuldner Antrag auf Eröffnung eines Gesamtvollstreckungsverfahrens gestellt, am 2. Februar 1998 ein allgemeines Veräußerungsverbot erlassen und am 3. Juni 1998 die Sequestration des Schuldnervermögens angeordnet. Am 1. Juli 1998 wurde das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet. Von dem Eröffnungsantrag und den sich anschließenden gerichtlichen Maßnahmen erfuhr die Beklagte nicht vor dem 5. Juni 1998.
Der Kläger hat die Verrechnungen angefochten und die Beklagte auf Zahlung von 435.267,55 DM in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage in voller Höhe stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil - unter Abweisung im übrigen - in Höhe von 316.843,95 DM (Verrechnungen in der Zeit vom 13. März bis 5. Juni 1998) bestätigt. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel der Beklagten hat Erfolg; die Klage i st unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger könne d ie von der Beklagten nach dem 13. März 1998 vorgenommenen Verrechnungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO anfechten und infolgedessen von der Beklagten die Zahlung von 316.843,95 DM verlangen. In dieser Höhe seien Verrechnungen erfolgt, nachdem der Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens gestellt worden und der Beklagten die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bekannt gewesen sei oder nach den Umständen habe bekannt sein müssen. Die Verrechnungen stellten sich nicht als der Anfechtung entzogene Bardeckung dar. Mit der Duldung der Überziehungen durch die Beklagte habe der Schuldner keinen Anspruch auf Gewährung oder Belassung von Kredit erworben. Vielmehr habe die Beklagte jenseits des vereinbarten Kreditrahmens von 150.000 DM die sofortige Rückführung der Überziehungen verlangen können. Am 13. März 1998 habe die Beklagte Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners erhalten.

II.


Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Über prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
1. Die Anfechtung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO greift nicht durch, weil die hierfür in Betracht kommende Rechtshandlung des Schuldners sich als Bargeschäft darstellt.

a) Ein Geschäft, bei dem gleichwertige Leistungen zeitn ah ausgetauscht werden, bei dem also dem Vermögen des Schuldners für seine Leistung sofort - oder jedenfalls in engem zeitlichem Zusammenhang - ein entsprechender Gegenwert zufließt, kann keine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung zur Folge haben. Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung scheidet hingegen nicht aus. In diesen Fällen ist somit - nur - eine Anfechtung nach § 30 Nr. 2 und § 31 Nr. 1 KO (§§ 131, 133 Abs. 1 InsO) möglich (BGHZ 123, 320, 322 ff; 150, 122, 129 ff; BGH, Urt. v. 25. Februar 1999 - IX ZR 353/98, NJW 1999, 3264, 3265). Insofern ist auch für eine Anfechtung nach § 10 Abs. 1 GesO entscheidend, ob eine Leistung an den Anfechtungsgegner erfolgt und ob diese kongruent ist - gegebenenfalls liegt ein der Anfechtung nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO entzogenes Bargeschäft vor - oder nicht.
Stellt eine Bank Zahlungseingänge für ihren Kunden i n das Kontokorrent ein und läßt sie den Kunden zeitnah in demselben Umfang vereinbarungsgemäß wieder über den Gegenwert verfügen, kann ein nicht anfechtbares Bargeschäft vorliegen. Jedenfalls ein Zeitraum von zwei Wochen zwischen den Einund Auszahlungen übersteigt noch nicht den Rahmen des engen zeitlichen Zusammenhangs (BGHZ 150, 122, 131; BGH, Urt. v. 25. Januar 2001 - IX ZR
6/00, NJW 2001, 1650, 1651; v. 1. Oktober 2002 - IX ZR 360/99, NJW 2003, 360, 362).

b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt.
aa) Die Beklagte gewährte in Unkenntnis des Antrags auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens Überziehungskredite und stellte sich dem Schuldner als Zahlstelle zur Verfügung. Was dieser an Gutschriften erhielt, wurde für Auszahlungen benötigt. Die Auszahlungen überstiegen sogar die Zahlungseingänge. Soll- und Habenbuchungen haben sich fast täglich abgewechselt.
bb) Die Verrechnungen waren, wovon auch das Berufungsge richt ausgegangen ist, kongruent.
(1) Aufgrund der Giroabrede ist das Kreditinstitut be rechtigt und verpflichtet , für den Kunden bestimmte Geldeingänge entgegenzunehmen und gutzuschreiben. Umgekehrt ist das Kreditinstitut verpflichtet, Überweisungsaufträge des Kunden zu Lasten seines Girokontos auszuführen, sofern es eine ausreichende Deckung aufweist oder eine Kreditlinie nicht ausgeschöpft ist. Indem das Kreditinstitut diese Absprachen einhält und den Giroverkehr fortsetzt , handelt es vertragsgemäß, also kongruent (BGHZ 150, 122, 129; BGH, Urt. v. 1. Oktober 2002 - IX ZR 360/00, WM 2002, 2369, 2372). Verrechnungen werden erst dann inkongruent, wenn das Kreditinstitut Verfügungen des Kunden nicht mehr in der vereinbarten Weise zuläßt und dadurch im Ergebnis die
Darlehensforderungen vor deren Fälligkeit durch die saldierten Gutschriften zurückgeführt werden.
(2) Wenn eine Kreditlinie überzogen ist, hängt es gru ndsätzlich von den Umständen des Einzelfalls ab, ob in der Duldung des Kreditinstituts eine stillschweigende Erweiterung der Kreditlinie liegt oder ob es einen sofortigen Anspruch auf Rückführung hat. Im ersten Fall ist die Rückführung des Sollsaldos ohne vorherige Kündigung inkongruent, im zweiten Fall ist sie kongruent (BGHZ 138, 40, 47; 150, 122, 127; BGH, Urt. v. 17. Juni 1999 - IX ZR 62/98, NJW 1999, 3780, 3781).
Auf diese Unterscheidung kommt es jedoch nicht an, wenn d er Sollsaldo nicht zurückgeführt, sondern im Gegenteil laufend weiter ausgedehnt wird. Dann hat das Kreditinstitut durch die saldierten Gutschriften von dem Schuldner keine Leistung erhalten, und es stellt sich nicht die Frage, ob etwa eine Leistung in anderer Art als vereinbart oder vor Fälligkeit gewährt worden ist (BGHZ 150, 122, 129). Das Kriterium der Inkongruenz ist insofern bedeutungslos , solange und soweit die Annahme der Leistung nicht einer Deckung wegen eigener Forderungen des Empfängers dient, sondern der fremdnützigen Erfüllung von Vertragspflichten gegenüber dritten Auftraggebern (BGHZ 150, 122, 128).
So verhält es sich im vorliegenden Fall. Die Beklagte ha t die Kreditlinie offengehalten und darüber hinaus laufend neue Kredite gewährt, um das Unternehmen des Schuldners zu "sanieren". Durch die von ihr vorgenommenen Verrechnungen hat sie ganz überwiegend Ausgaben des Schuldners ermöglicht , welche dieser nach eigenem Ermessen zugunsten Dritter vornahm. Inso-
fern hat die Beklagte ihre Pflichten aus dem Girovertrag erfüllt. Soweit eine Belastungsbuchung von 38.000 DM zum Ausgleich von eigenen Zinsforderungen der Beklagten erfolgt ist, worauf die Revisionserwiderung hinweist, fällt dieser Umstand in Anbetracht der Höhe der Kreditausweitung nicht ins Gewicht.

c) Auch auf die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Zei tpunkt der Kenntnis der Beklagten von der Zahlungseinstellung des Schuldners kommt es nicht an. Allerdings kann - worauf die Revisionserwiderung, im Ansatz zutreffend , hinweist - eine Bank, die in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit ihres Kunden nicht den gebotenen Insolvenzantrag stellt, sondern durch Weitergewähren eines Kredits die Agonie des Kunden verlängert, um in rücksichtsloser und eigensüchtiger Weise ihre Stellung bei dem in Kürze erwarteten Zusammenbruch auf Kosten anderer Gläubiger zu verbessern, sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB handeln (BGHZ 10, 228, 233; BGH, Urt. v. 9. Dezember 1969 - VI ZR 50/68, NJW 1970, 657, 658). Die Revisionserwiderung hat zwar in der Revisionsverhandlung geltend gemacht, diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt gewesen. Der von ihr in Bezug genommene Vortrag in der Berufungserwiderung reicht dafür jedoch nicht aus. Gegen ein ausschließlich eigensüchtiges Handeln der Beklagten spricht vor allem deren Sanierungsabsicht. Daß sie hoffte, mit dem Sanierungserfolg werde auch ihre Kreditforderung "gerettet", steht dem nicht entgegen. Die Beklagte, die ab April 1998 sogar auf die zuvor geforderten Überziehungszinsen verzichtet hatte, ist durch die Kreditgewährung an den Schuldner ein finanzielles Risiko eingegangen, das sich auch realisiert hat. Es geht nicht an, ihr deswegen das Risiko der weiteren wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners in noch höherem Maße - durch Versagung des Ausgleichs für die Belastungsbuchungen – aufzuerlegen.

d) Das vom Gesamtvollstreckungsgericht am 2. Februar 1998 ve rhängte allgemeine Veräußerungsverbot (§ 2 Abs. 3 GesO) ist für die Anfechtbarkeit der von der Beklagten vorgenommenen Verrechnungen ohne Bedeutung. Es betrifft nur die Wirksamkeit der Verfügungen des Schuldners.
2. Die Voraussetzungen einer Absichtsanfechtung gemäß § 1 0 Abs. 1 Nr. 1 GesO hat das Berufungsgericht verneint. Dies wird in der Revisionsinstanz nicht in Frage gestellt und trifft im Ergebnis zu.
3. Das Aufrechnungsverbot nach § 2 Abs. 4 GesO in Verbind ung mit § 394 BGB hat das Berufungsgericht mit Recht nicht durchgreifen lassen. Eine Bank kann Gutschriften vertragsgemäß mit ihren Aufwendungsersatzansprüchen verrechnen, wenn sie nach der Stellung eines Drittantrags auf Eröffnung eines Gesamtvollstreckungsverfahrens gegen den Bankkunden, aber vor Bekanntwerden eines Verfügungsverbots, Verfügungen des Kunden über sein debitorisch geführtes Bankkonto weiter zuläßt (BGH, Urt. v. 25. Februar 1999 - IX ZR 353/98, NJW 1999, 3264, 3265; v. 6. Februar 2003 - IX ZR 449/99, WM 2003, 580 f). Soweit die Gutschriften dem Ausgleich der vom Schuldner vorgenommenen Verfügungen zugunsten Dritter dienen, handelt es sich bei den Verrechnungen nicht um "Zwangsvollstreckungen" im Sinne des § 2 Abs. 4 GesO. Vielmehr wird dadurch dem Schuldner der finanzielle Spielraum verschafft , um die nächsten Auszahlungen verfügen zu können. Zu einer Tilgung der eigenen Kreditforderungen der Bank gegen den Schuldner kommt es nicht.

III.


Da im Tatsächlichen nichts mehr aufzuklären ist, kann der S enat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Klage abweisen.
Kreft Ganter Raebel
Richter am Bundesgerichtshof Neškovi? ist wegen Ortsabwesenheit verhindert, seine Unterschrift beizufügen. Kayser Kreft

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 124/03 Verkündet am:
17. Juni 2004
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Gläubigerbenachteiligung bei Verrechnungen im Kontokorrent und bei Verpfändung
eines Termineinlagenkontos.
BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - IX ZR 124/03 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Neškovi?

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. April 2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom 15. F ebruar 2000 am 1. April 2000 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. B. GmbH (fortan: Schuldnerin). Diese unterhielt bei der verklagten Volksbank ein Kontokorrentkonto, auf dem ihr bis zum 29. Januar 2000 ein Kreditrahmen von 170.000 DM und ab dem 30. Januar 2000 befristet bis zum 28. Februar 2000 (bankintern) ein solcher von 195.000 DM eingeräumt war. Tatsächlich beliefen sich die Monatssollstände im Jahre 1999 auf im Durchschnitt über 220.000 DM.
Am 30. November 1999 verpfändete die damals bereits zah lungsunfähige Schuldnerin ihre bestehenden sowie ihre künftigen Guthabenforderungen
gegen die Beklagte aus einem näher bezeichneten Termineinlagenkonto in voller Höhe des jeweiligen Guthabens. Die Verpfändung diente zur Sicherung aller Forderungen der verklagten Bank gegen die Schuldnerin, insbesondere die aus laufender Rechnung und aus Kredit jeder Art. Am 30. November 1999 betrug das Guthaben auf dem verpfändeten Konto umgerechnet 5.200,29 €.
Am 15. Januar 2000 belief sich der Sollstand des Kontoko rrentkontos der Schuldnerin auf 229.843,45 DM (117.517,09 €). Am 27. Januar 2000 ging dort die Zahlung eines Drittschuldners in Höhe von 10.000 DM ein. Am selben Tag ließ die Beklagte vier Überweisungen (sämtlich Akontozahlungen) zugunsten verschiedener Gläubiger über insgesamt 9.800 DM zu. Am 4. Februar 2000 wurde das Konto des weiteren mit einer Scheckzahlung über 500 DM belastet. Am 9. Februar 2000 überwies die damalige Geschäftsführerin der Schuldnerin einen Betrag von 29.000 DM von einem ebenfalls bei der Beklagten geführten privaten Konto auf das streitgegenständliche Kontokorrentkonto. Der Betrag stammte aus dem Verkauf ihres privaten Wohnhauses an ihre Tochter. Nach dem 9. Februar 2000 führte die Beklagte nur noch zwei Überweisungen aus: Am 15. März 2000 kam sie dem Verlangen des vorläufigen Insolvenzverwalters nach, einen irrtümlich gebuchten Zahlungseingang über 129 € auf ein von dem vorläufigen Verwalter eingerichtetes Konto bei einem anderen Geldinstitut weiterzuleiten. Am 31. März 2000 belastete die Beklagte das Kontokorrentkonto durch Verrechnung mit einer eigenen Forderung gegen die Schuldnerin, der eine länger zurückliegende Inanspruchnahme aus einer Gewährleistungsbürgschaft über 5.000 DM zugrunde lag.
Mit der Klage fordert der Kläger im Wege der Anfech tung die Rückzahlung der Differenz der Sollstände vom 15. Januar 2000 und 15. Februar 2000
(117.517,09 € ./. 102.855,80 € = 14.661,29 €) sowie die Auskehr des verpfändeten Termineinlagenkontos (5.200,29 €), insgesamt 19.861,58 €. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.


1. Zur Verrechnung im Kontokorrent hat das Berufungsge richt ausgeführt :
Der Kläger habe keinen Anspruch aus § 131 Abs. 1 Nr. 1, § 143 InsO. In bezug auf die Gutschrift über 29.000 DM scheitere die Anfechtung am Fehlen der von § 129 InsO vorausgesetzten objektiven Gläubigerbenachteiligung. Die Gutschrift beruhe unstreitig auf einer Zahlung der damaligen Geschäftsführerin der Schuldnerin. Diese habe ein in ihrem Eigentum stehendes Grundstück , das zugunsten der Beklagten mit einer Grundschuld belastet gewesen sei, veräußert. Aus dem Erlös habe die Beklagte 50.000 DM gefordert, von denen 29.000 DM auf das Kontokorrentkonto der Schuldnerin gebucht worden seien. Bei wirtschaftlicher Betrachtung sei die Zahlung an die Stelle der Rechte der Beklagten aus der Grundschuld getreten. Diese Grundschuld betreffe nicht
Vermögen, welches der Schuldnerin zustehe. Ohne die Gutschrift über 29.000 DM habe sich der Saldo im Monatszeitraum nicht verringert. Durch das Zulassen weiterer Auszahlungen habe die Beklagte den Girovertrag fortgesetzt und (kongruente) Bargeschäfte (§ 142 InsO) vorgenommen.
2. Demgegenüber rügt die Revision:
Die Herkunft der Zahlung aus der Grundstücksveräußerung se i anfechtungsrechtlich unerheblich. Entscheidend sei, daß mit der Überweisung auf das Kontokorrentkonto der Schuldnerin ein entsprechender Betrag in das Vermögen der Schuldnerin übergegangen sei und damit dem "prinzipiellen Zugriff" durch deren Gläubiger unterlegen habe.
Die angebliche Tilgungsvereinbarung zwischen der Beklagte n und der Grundstückseigentümerin, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe, stehe der Anfechtung der Verrechnung nicht entgegen. Sie habe zu keiner treuhänderischen Bindung geführt. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, daß die Grundstückseigentümerin an die Beklagte - unanfechtbar - auch direkt hätte zahlen können. Deshalb würden die Gläubiger in Höhe des Betrages, um den im Anfechtungszeitraum der Sollstand unter Berücksichtigung der Gutschrift über 29.000 DM zugunsten der Beklagten verringert worden sei, objektiv benachteiligt. In Ermangelung einer Kündigung der Kreditlinie habe die Beklagte in Höhe dieser Differenz eine inkongruente Dekkung im Sinne des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO erlangt. Ein Bargeschäft scheide aus.
3. Das Berufungsgericht hat hinsichtlich der Verrechnung der 29.000 DM eine objektive Gläubigerbenachteiligung nach § 129 Abs. 1 InsO mit Recht verneint.

a) Der Revision ist allerdings darin Recht zu geben, daß die angefochtene Rechtshandlung nicht auf den alsbaldigen Austausch gleichwertiger Leistungen gerichtet war und deshalb nicht nach § 142 InsO einer Anfechtung entzogen ist. Für den laufenden Zahlungsverkehr auf einem debitorisch geführten Konto setzt das nach dieser Vorschrift grundsätzlich unanfechtbare "Bargeschäft" unter anderem voraus, daß der Kontokorrentverkehr in dem von der Anfechtung zu erfassenden Zeitraum vereinbarungsgemäß, also kongruent abgewickelt worden ist (vgl. BGHZ 123, 320, 328 f; 150, 122, 130). Hieran fehlt es im Streitfall. Zwischen der Gutschrift vom 27. Januar 2000 über 10.000 DM und den am selben Tage zugelassenen vier Überweisungen über insgesamt 9.800 DM bestand noch der erforderliche Zusammenhang zwischen der Leistung der Beklagten und der Leistung der Schuldnerin. Nach der weiteren Gutschrift vom 9. Februar 2000 über 29.000 DM bricht der aufeinander abgestimmte Leistungsaustausch jedoch ab. An nennenswerten Kontobewegungen ist nur noch die Belastung vom 31. März 2000 in Höhe von 5.000 DM zu verzeichnen, durch welche die Beklagte der Schuldnerin eine Rückgriffsforderung aus der Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft in Rechnung gestellt hat.
Bei derartigen - eigennützigen - Verrechnungen hande lt es sich nicht um grundsätzlich unanfechtbare "Bardeckungen". Der Senat hat deshalb Verrechnungen , mit denen eigene Forderungen der Gläubigerbank getilgt werden, im Ergebnis der Anfechtung unterstellt (BGHZ 150, 122, 129; BGH, Urt. v. 25. Februar 1999 - IX ZR 353/98, WM 1999, 781, 784).


b) Die Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO scheitert indes daran, daß die Insolvenzgläubiger infolge der Rechtshandlung nicht benachteiligt worden sind. Die von der Revision angesprochene Vereitelung der "prinzipiellen Zugriffsmöglichkeit" der Gläubiger auf den der Gutschrift zugrundeliegenden Überweisungsbetrag reicht für eine objektive Gläubigerbenachteiligung im Streitfall nicht aus, weil die Beklagte den Gläubigern die treuhänderische Zweckbindung des gutgebuchten Betrages entgegenhalten kann.
aa) Jede erfolgreiche Anfechtung setzt voraus, daß ihr Ge genstand ohne die Rechtshandlung gerade zum haftenden Vermögen des Insolvenzschuldners gehört, also dem Zugriff der Insolvenzgläubiger offen gestanden hätte (BGHZ 72, 39, 42 f; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 129 Rn. 78). Rechtshandlungen, die ausschließlich schuldnerfremdes Vermögen betreffen, wirken sich nicht auf die Insolvenzmasse und damit auf die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger nachteilig aus. Die Darlegungs- und Beweislast trägt insoweit der klagende Insolvenzverwalter, der die allgemeinen Anfechtungsvoraussetzungen dartun muß (BGH, Urt. v. 11. Mai 2000 - IX ZR 262/98, ZIP 2000, 1061, 1063; MünchKommInsO /Kirchhof, § 129 Rn. 226; HK-InsO/Kreft, 3. Aufl. § 129 Rn. 61).
bb) Für die Beeinträchtigung des Gläubigerzugriffs sind die Befriedigungsmöglichkeiten der (nicht voll gesicherten) Insolvenzgläubiger maßgeblich (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 129 Rn. 103; HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 36). Diese hatten nach dem festgestellten Sachverhalt weder Zugriff auf das mit der Grundschuld belastete Grundstück der damaligen Geschäftsführe-
rin der Schuldnerin noch auf den zur Ablösung von Rechten an dem Grundstück gezahlten Betrag.
(1) Zu den rechtlichen Hintergründen der Überweisung hatte die Beklagte schon in erster Instanz - unwidersprochen - vorgetragen, daß die Gutschrift aus einer Zahlung der Tochter der damaligen Geschäftsführerin herrühre , die einen Teil des Kaufpreises für das Hausgrundstück auf das (im Soll geführte ) Privatdarlehenskonto ihrer Mutter überwiesen habe; nach Auflösung dieses Kontos sei der Restbetrag auf das Geschäftskonto der Schuldnerin weiter überwiesen worden. Diese Darstellung hat die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung dahin ergänzt, daß die auf dem Objekt lastenden Grundschulden zugunsten der Beklagten in Höhe von 140.000 DM nach der Zweckerklärung auch für die Verbindlichkeiten der Schuldnerin gehaftet und die Beklagte von dem Verkaufserlös insgesamt 50.000 DM beansprucht habe. Hiervon seien vereinbarungsgemäß 13.564,20 DM sowie 7.435,80 DM zum Ausgleich debitorisch geführter Privatkonten und die restlichen 29.000 DM zur Verrechnung mit dem Kontokorrentkredit der Schuldnerin verwendet worden. Die in der schriftlichen Revisionsbegründung erhobene Rüge, das Berufungsgericht hätte diesen ergänzenden Vortrag als verspätet zurückweisen müssen, hat die Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Beschl. v. 22. Januar 2004 - V ZR 187/03, FamRZ 2004, 699) fallengelassen.
(2) Danach hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ein e Ablösungsvereinbarung zwischen der durch Grundpfandrechte gesicherten beklagten Bank und der Geschäftsführerin der Schuldnerin festgestellt. Darf in einem solchen Fall der Käufer des Grundstücks den Kaufpreis (ganz oder teilweise) nur
auf ein debitorisch geführtes Konto bei der betreffenden Bank einzahlen, so unterliegt der Kaufpreisanspruch einer treuhänderischen Bindung, die sogar ein Gläubiger des Verkäufers gegen sich gelten lassen muß (vgl. BGH, Urt. v. 20. November 1997 - IX ZR 152/96, ZIP 1998, 294, 296 f; vom 16. Dezember 1999 - IX ZR 270/98, ZIP 2000, 265, 266 f). Dies gilt erst Recht für die Gläubiger eines Dritten, hier der in Insolvenz geratenen Gesellschaft, deren Geschäftsführerin die Verkäuferin war. Auch für sie stellt sich die Verwertung des Grundstücks als ein wirtschaftlich neutraler Vorgang dar.

II.


1. Zur Rückzahlung des auf dem Termineinlagenkonto befi ndlichen und am 30. November 1999 verpfändeten Guthabens meint das Berufungsgericht: Es könne dahinstehen, ob dem geltend gemachten Zahlungsanspruch eine Prolongation bis Ende des Jahres 2003 entgegenstehe. Durch die Verpfändung des Festgeldkontos sei jedenfalls keine Gläubigerbenachteiligung eingetreten. Der Geschäftsbeziehung hätten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken (fortan: AGB-Banken) zugrunde gelegen. Nach deren Nr. 14 hätte die Beklagte zur Sicherung ihrer Ansprüche ohnehin schon ein Pfandrecht unter anderem an dem Kontoguthaben erlangt. Es sei mit der Forderung des Kunden gegen die Bank entstanden, hier also, sobald die Beklagte das Festgeld erhalten habe. Durch die (erneute) Verpfändung des Festgeldguthabens am 30. November 1999 anläßlich der Erhöhung einer Rückbürgschaft sei das entstandene Pfandrecht nur modifiziert worden; eine zusätzliche Befriedigungsmöglichkeit habe die Beklagte nicht erhalten. Die (zeitlich frühere) Entstehung des AGB-Pfandrechts habe der Kläger nicht angefochten.
2. Demgegenüber rügt die Revision:
Das AGB-Pfandrecht stehe der Anfechtbarkeit der Verpfän dung als inkongruente Deckung nicht entgegen. Die Inkongruenz werde nur durch einen bestimmten Sicherungsanspruch ausgeschlossen, der sich auf einen von vornherein individualisierbaren Gegenstand beziehen müsse. Der allgemeine Anspruch aus den AGB-Banken auf Bestellung oder Verstärkung bankmäßiger Sicherheiten genüge nicht. Einen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen der Erhöhung der Rückbürgschaft und der Verpfändung habe die Beklagte nicht nachgewiesen. Im Falle einer kongruenten Deckung ergebe sich die Anfechtbarkeit - was das Berufungsgericht noch hätte prüfen müssen - aus § 133 Abs. 1 InsO. Die Kenntnis der Beklagten folge aus ihrem auf die Verpfändungsurkunde gesetzten Vermerk ("Kreditsperre veranlaßt 12/99!").
3. Die angefochtene Verpfändung des Termineinlagenkon tos durch Vertrag vom 30. November 1999 hat im Streitfall das Aktivvermögen der Schuldnerin nicht verringert.

a) Eine Verkürzung des Schuldnervermögens lag nach bisheri gem Recht grundsätzlich nicht vor, wenn an dem Anfechtungsgegenstand Absonderungsrechte bestehen, die diesen wirtschaftlich voll ausschöpfen (vgl. BGHZ 90, 207, 212; BGH, Urt. v. 17. Dezember 1998 - IX ZR 196/97, ZIP 1999, 196, 197; v. 21. März 2000 - IX ZR 138/99, ZIP 2000, 898; v. 1. Oktober 2002 - IX ZR 360/99, ZIP 2002, 2182, 2183; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 129 Rn. 78, 109, 152; HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 53). Im Insolvenzverfahren nach der Insolvenzordnung ist dieser Grundsatz im Hinblick darauf in Frage gestellt worden, daß mit der Insolvenzeröffnung das Verwertungsrecht von Ab-
sonderungsrechten (§§ 49 ff InsO) an beweglichen Sachen im Besitz des Insolvenzverwalters und an Forderungen auf den Insolvenzverwalter nach § 166 InsO übergeht (vgl. HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 57). Der Senat hat dieses der Masse verbliebene Recht in einer noch zur Konkursordnung ergangenen Entscheidung als einen selbständigen, im Kern geschützten Vermögenswert bezeichnet (BGHZ 147, 233, 239). In einer weiteren Entscheidung (BGH, Urt. v. 9. Oktober 2003 - IX ZR 28/03, ZIP 2003, 2370, 2372) hat er das Vorliegen einer Gläubigerbenachteiligung gemäß § 129 InsO trotz des bestehenden Absonderungsrechts der Bank - im dort entschiedenen Fall an Teilen der Geschäftsausstattung und an Warenvorräten - bejaht.
Demgegenüber scheidet eine Gläubigerbenachteiligung n ach wie vor aus, wenn der Schuldner das Absonderungsrecht durch Zahlung ablöst, soweit deren Höhe den Erlös nicht überschreitet, den der Absonderungsberechtigte bei einer Verwertung des mit dem Absonderungsrecht belasteten Gegenstandes hätte erzielen können (vgl. HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 58). Gleiches gilt, wenn das Absonderungsrecht von vornherein an einem Geldbetrag oder an einem Bankguthaben besteht. Bleibt in einem solchen Fall der verpfändete Geldbetrag oder das verpfändete Guthaben hinter der Höhe der gesicherten Forderung zurück, ist das eigene Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters ohne jeden wirtschaftlichen Wert. Für die Insolvenzmasse verbleibt kein auch nur im Kern geschützter Vermögenswert.

b) Ein solcher Fall ist hier gegeben.
aa) Das durch die angefochtene Rechtshandlung verpfändet e Termineinlagenkonto war zugunsten der verklagten Bank bereits mit einem vertragli-
chen Pfandrecht belastet. Nach dem festgestellten Sachverhalt, den die Revision auch nicht in Zweifel zieht, waren in die Geschäftsverbindung zwischen der Schuldnerin und der Beklagten die AGB-Banken einbezogen worden. Nach Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 dieser Bedingungen sind sich der Kunde und die Bank darüber einig, daß die Bank ein Pfandrecht unter anderem auch an den Ansprüchen erwirbt, die dem Kunden gegen die Bank aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung zustehen oder zustehen werden. Zu diesen Ansprüchen gehören im Streitfall diejenigen aus dem Termineinlagenkonto. Daß die Schuldnerin dieses Konto bereits vor dem 15. November 1999, also außerhalb der kritischen Zeit, eingerichtet hatte, hat das Berufungsgericht ebenfalls festgestellt ; auch hiergegen wendet sich die Revision nicht.
Der auf das Urteil vom 3. Dezember 1998 (IX ZR 313/97 , ZIP 1999, 76, 77) gestützte Einwand, das zeitlich früher begründete AGB-Pfandrecht stehe der Anfechtbarkeit nicht entgegen, weil es nicht auf einen von vornherein individualisierbaren Gegenstand gerichtet sei und der sich aus Nr. 13 AGB-Banken ergebende allgemeine Anspruch auf Bestellung und Verstärkung bankmäßiger Sicherheiten nicht genüge, die Inkongruenz auszuschließen, trifft hier nicht zu. Die Entscheidung bezieht sich auf die schuldrechtliche Abrede eines (unbestimmten ) Sicherungsanspruchs und nicht auf die schon vollzogene Bestellung einer Sicherheit. In ihr ging es darum, daß die Schuldnerin der verklagten Bank die Grundschulden, deren Bestellung angefochten war, zunächst nicht bestellt hatte. In der Krise bestand die Bank unter Bezugnahme auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf einer Verstärkung der Sicherheiten. Erst daraufhin gab die Schuldnerin die angefochtene Grundschuldbestellungserklärung ab (ähnlich im Fall BGHZ 33, 389, 393 f).
bb) Das dem AGB-Pfandrecht der Beklagten unterliegend e Termineinlagenkonto war vor der gesetzlichen Krise schon wertausschöpfend belastet worden. Maßgeblich für die Berechnung der Belastung ist die Höhe der zu sichernden Forderung (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 129 Rn. 152). Nach Nr. 14 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken dient das Pfandrecht der Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche, die der Bank aus bankmäßiger Geschäftsverbindung gegen den Kunden zustehen. Die bestehenden Ansprüche beliefen sich im gesamten Jahr 1999 auf unstreitig mehr als 200.000 DM. Für ein vorübergehendes Absinken des Sollstandes auf einen Betrag unterhalb des von dem Kläger beanspruchten Termingeldes besteht keinerlei Anhalt.
cc) Eine Gläubigerbenachteiligung durch die Verpfändun g des Termineinlagenkontos am 30. November 1999 kommt danach nur in Betracht, wenn die vorausgegangene Verpfändung desselben Kontos aufgrund § 14 Abs. 1 AGB-Banken ihrerseits anfechtbar ist. Der insoweit darlegungspflichtige Kläger hat hierfür, insbesondere für eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO, nichts dargetan. Aus dem bankinternen Vermerk auf der Verpfändungsurkunde vom 30. November 1999 ("Kreditsperre veranlaßt 12/99!") ergibt sich die Anfechtbarkeit einer Verpfändung vor der kritischen Zeit nicht.
Kreft Ganter Raebel
Richter am Bundesgerichtshof Neškovi? ist wegen Ortsabwesenheit verhindert, seine Unterschrift beizufügen.
Kayser Kreft
4
Das Berufungsgericht hat die Rückführung des ungekündigten Kontokorrentkredits als inkongruentes Deckungsgeschäft gewertet, das im letzten Monat vor Stellung des Insolvenzantrags unter den erleichterten Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar ist. Dies trifft zu. Die Beklagte hat durch die angefochtenen Verrechnungen die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger auch im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO benachteiligt, weil sie an den verrechneten Eingängen nicht insolvenzfest gesichert war. Ein etwaiges Pfandrecht nach den AGB-Banken an den Zahlungseingängen im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag wäre für sich genommen als inkongruente Sicherheit ebenfalls anfechtbar (BGHZ 150, 122, 125 f).
8
a) In kritischer Zeit vorgenommene Verrechnungen eines Kreditinstituts von Ansprüchen seines Kunden aus Gutschriften aufgrund von Überweisungen mit Forderungen, die dem Institut gegen den Kunden aus der in Anspruch genommenen Kreditlinie eines Kontokorrentkredits zustehen, können nach §§ 130, 131 InsO anfechtbar und deshalb nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig sein. Welche Norm eingreift, hängt davon ab, ob - etwa wegen Kündigung des Kreditvertrages - ein Anspruch der Bank auf Rückzahlung des Kredits fällig ist oder nicht (BGHZ 171, 38, 41 f Rn. 10). Ein Anspruch der Bank, Gutschriften mit dem Saldo eines Kreditkontos zu verrechnen und dadurch ihre eigene Forderung zu befriedigen, besteht nur dann, wenn sie zum jeweiligen Zeitpunkt der Verrechnung Rückzahlung des Kredits verlangen kann.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.

(2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,

1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.