Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juli 2018 - IX ZR 167/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:050718UIXZR167.15.0
bei uns veröffentlicht am05.07.2018
vorgehend
Landgericht Frankfurt (Oder), 14 O 7/10, 21.11.2013
Brandenburgisches Oberlandesgericht, 12 U 11/14, 30.06.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 167/15
Verkündet am:
5. Juli 2018
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den Anforderungen an die Anmeldung einer Forderung von Gesamtgläubigern.
BGH, Urteil vom 5. Juli 2018 - IX ZR 167/15 - OLG Brandenburg
LG Frankfurt (Oder)
ECLI:DE:BGH:2018:050718UIXZR167.15.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Grupp, Dr. Schoppmeyer und Meyberg

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerinnen zu 1 und zu 3 wird der Beschluss des 12. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 30. Juni 2015 aufgehoben, soweit die Berufung der Klägerinnen zu 1 und zu 3 bezüglich des Hilfsantrags Nr. 6 zurückgewiesen wurde.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte ist Verwalter in dem im August 1998 eröffneten Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der A. e.G. (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin war Gesellschafterin eines als I. GbR mbH firmierenden Unternehmens, über dessen Vermögen ebenfalls das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet wurde, und haftete für dessen Verbindlichkeiten. Die Klägerinnen zu 1 und zu 3 (fortan: Klägerinnen) haben für ein von der I. GbR mbH betriebenes Bauvorhaben Leistungen er- bracht. Am 20. Dezember 1997 schlossen die Klägerinnen - zusammen mit einer weiteren Partei als "Beteiligte zu 1." bezeichnet - und die I. GbR mbH - als "Beteiligte zu 2." bezeichnet - einen Teilvergleich. In diesem heißt es, soweit für die Revision von Interesse: 1. Die Beteiligte zu 1 bzw. die unter Ziff. I. genannten Gesellschaf- ten berühmen sich für Tätigkeiten … noch ausstehender Forde- rungen mit einem Höchstbetrag in Höhe von 1,6 Mio. DM zzgl. ges. MwSt gegenüber der Beteiligten zu 2, die zur Zeit strittig sind. Mit nachstehender Vereinbarung soll ein Teilvergleich geschaffen werden, der eine weitere Zusammenarbeit der Parteien ermöglicht. 2. Die Beteiligte zu 2 zahlt einen Betrag in Höhe von 700.000,00 DM zzgl. ges. MwSt … in Anrechnung auf die unter vorstehen- der Ziff. 1. genannten Forderungen an die Beteiligte zu 1 wie folgt … Es ist nicht Sache der Beteiligten zu 2 zu klären, inwieweit sich die vorbezeichneten Zahlungen auf die jeweiligen Ansprüche gegebenenfalls auswirken. Es ist Sache der unter Ziff. I. genannten Gesellschaften, wie sich die vorbezeichneten Zahlungen auf Ansprüche der unter Ziff. 1. genannten Gesellschaften auswirken. Sollte festgestellt werden, dass eine der unter Ziff. I. benannten Gesellschaften überzahlt worden ist, müssen sich die jeweils anderen die Überzahlung auf ihre jeweiligen Forderungen anrechnen lassen. 3. Durch diese Vereinbarungen werden weitergehende wechselseitige Ansprüche zwischen den Beteiligten zu 1. und 2. ausdrücklich nicht betroffen oder anerkannt. 4. Die Beteiligte zu 2 wird der Beteiligten zu 1 spätestens zum 31.03.1998 erklären, inwieweit eine Prüfung der von der Beteiligten zu 1 vorgelegten Rechnungen (zu den Forderungen zu vorstehender Ziff. 1.) ergibt, ob weitere Forderungen anerkannt werden. … 7. Weitergehende Ansprüche der Beteiligten werden durch diese Vereinbarung nicht berührt. Sofern die Beteiligten beabsichti- gen, Ansprüche jeweils gegeneinander gerichtlich geltend zu machen, darf dies erst nach dem 31.03.1998 geschehen.
2
Die Klägerinnen reichten unter dem 28. August 1998 gegenüber dem Beklagten eine Forderungsanmeldung ein, in der als Hauptforderung eine "Forderung aus Teilvergleich vom 20.12.1997" in Höhe von 812.000 DM benannt und Zinsen hieraus sowie Anwalts- und Gerichtskosten in jeweils genau bezeichneter Höhe ausgewiesen sind. Der Teilvergleich war der Forderungsanmeldung in Kopie beigefügt.
3
Das Landgericht hat die auf Feststellung dieser und anderer angemeldeter Forderungen zur Gesamtvollstreckungstabelle gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerinnen ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer insoweit vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Klägerinnen ihren Hilfsantrag Nr. 6 weiter, mit dem sie beantragt haben, die am 28. August 1998 angemeldete Forderung in Höhe von 427.871,20 € zur Gesamtvollstreckungstabelle festzustellen.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
5
1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt : Zwar möge mit der Bezugnahme auf den der Forderungsanmeldung vom 28. August 1998 beigefügten Teilvergleich der Lebenssachverhalt, aus dem die Klägerinnen ihre angemeldete Forderung herleiten, noch hinreichend dargelegt sein. Auch dürfte die Anmeldung zugunsten der Klägerinnen als Mitgläubigerinnen im Sinne des § 432 BGB ausreichend sein. Indes bleibe bei einer Verurteilung des Beklagten der Umfang der Rechtskraft des Urteils unklar. Aus dem Teilvergleich sei nicht ersichtlich, dass die Klägerinnen im Zusammenhang mit dieser Vereinbarung auf weitergehende Ansprüche verzichtet hätten. Insoweit habe es weiterer Erläuterungen bedurft, wie sich die Vergleichssumme auf die einzelnen Gläubigerinnen verteile. Diese Verteilung ergebe sich auch nicht aus einer mit "Gesamtforderungen" überschriebenen Aufstellung, welche überdies der Forderungsanmeldung nicht beigefügt gewesen sei. Auf die weiteren von der Beklagten geltend gemachten Einwendungen bezüglich der Wirksamkeit des Teilvergleichs und der Frage einer wirksam vereinbarten Haftungsbeschränkung komme es daher nicht an.
6
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Berufung gegen das die Klage als unzulässig abweisende Urteil des Landgerichts nicht zurückgewiesen werden.
7
a) Zunächst zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Anforderungen an den Inhalt einer Forderungsanmeldung zur Gesamtvollstreckungstabelle denjenigen entsprechen, die § 174 Abs. 2 InsO für die Anmeldung zur Insolvenztabelle normiert. Die Gesamtvollstreckungsordnung enthält selbst keine eigene Regelung hierzu. Lückenfüllend war deshalb zunächst auf § 139 KO und ist nunmehr auf § 174 Abs. 2 InsO zurückzugreifen (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster, GesO, 4. Aufl., § 11 Rn. 46 ff; Smid, GesO, 3. Aufl., § 11 Rn. 16 ff). Demnach hat der Gläubiger nicht nur den Betrag, sondern auch den Schuldgrund in seiner Anmeldung anzugeben. Eine Forderungsanmeldung , welcher es an der gebotenen Darlegung des Grundes mangelt, ist unwirksam; dieser Mangel kann, weil es an den Mindestanforderungen einer wirksamen Anmeldung fehlt, nur durch eine Neuanmeldung behoben werden (BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 - IX ZR 3/08, NZI 2009, 242 Rn. 17; MünchKomm -InsO/Riedel, 3. Aufl., § 174 Rn. 26; Jaeger/Gerhardt, InsO, 5. Aufl., § 174 Rn. 19).
8
b) Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen war der Grund der von den Klägerinnen angemeldeten Forderung, die Gegenstand des Hilfsantrags Nr. 6 der Klage ist, hinreichend dargetan. Mehr als die Bezugnahme auf den der Forderung zugrundeliegenden Teilvergleich und dessen Beifügung war vorliegend nicht zu fordern.
9
aa) Der Begriff des Grundes der Forderung entspricht demjenigen in § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, bezeichnet also den Sachverhalt, aus dem die Forderung entspringt. Die Anmeldung ist zum einen Grundlage der Eintragung, aus welcher der Gläubiger nach Aufhebung des Verfahrens die Zwangsvollstreckung betreiben kann (§ 178 Abs. 3, § 201 Abs. 2 InsO). Zum anderen soll die Anmeldung dem Verwalter und den übrigen Gläubigern eine Prüfung des Schuldgrundes ermöglichen. Die Forderung muss daher zur Bestimmung der Reichweite der Rechtskraft eindeutig konkretisiert sein (BGH, Urteil vom 22. Januar 2009, aaO Rn. 10; vom 21. Februar 2013 - IX ZR 92/12, NZI 2013, 388 Rn. 15; vom 9. Januar 2014 - IX ZR 103/13, NZI 2014, 127 Rn. 6; MünchKomm -InsO/Riedel, aaO § 174 Rn. 26; Pape/Schaltke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2018, § 174 Rn. 47).
10
Diesen Anforderungen genügt die streitgegenständliche Forderungsanmeldung. Sie nennt als Grund der angemeldeten Forderung den Teilvergleich vom 20. Dezember 1997, dieser ist der Anmeldung in Kopie beigefügt. Der Gläubiger kann zur Darlegung seiner Forderung auf beigefügte Unterlagen Bezug nehmen, wenn daraus der Grund der Forderung hervorgeht (BGH, Urteil vom 22. Januar 2009, aaO Rn. 11; MünchKomm-InsO/Riedel, aaO § 174 Rn. 26; Pape/Schaltke, aaO Rn. 47). So verhält es sich hier. Dem Teilvergleich ist die Verpflichtung der Schuldnerin zur Zahlung von 700.000 DM zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer ebenso zu entnehmen wie die Gesamtgläubigerstellung (§§ 428, 430 BGB) der Klägerinnen, welche sie berechtigt, die Forderung in jeweils voller Höhe zu ihren Gunsten zu beanspruchen. Dieser Gesamtgläubigerstellung der Klägerinnen steht nicht entgegen, dass die Schuldnerin schuldbefreiend nur an den im Vergleich benannten Zahlungsempfänger soll leisten können. Es ist zulässig, dass ein Schuldner mit Gesamtgläubigern vereinbart , er werde nur an einen von ihnen leisten (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1979 - VIII ZR 215/78, NJW 1979, 2038, 2039; BeckOK-BGB/Gehrlein, November 2017, § 428 Rn. 1). Auch in diesem Fall ist der Schuldner nicht damit belastet , ermitteln zu müssen, welcher Teil der von ihm geschuldeten Leistung auf die einzelnen Gesamtgläubiger entfällt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1972 - III ZR 107/69, BGHZ 59, 187, 191). Bedenken gegen die Bestimmtheit der Forderungsanmeldung können sich also auch nicht daraus ergeben, dass die Verteilung des geschuldeten Betrages auf die Klägerinnen nach dem Teilvergleich diesen im Innenverhältnis zugewiesen war. Die Pflicht der Schuldnerin zur Leistung des gesamten Betrages wird dadurch nicht berührt. Zweifel daran, welche Zahlungsverpflichtung die Schuldnerin (auch) zugunsten der Klägerinnen eingegangen sein soll, können nicht aufkommen. Damit ist die angemeldete Forderung hinreichend individualisiert. Weitergehende Forderungen, die der Teilvergleich ausdrücklich offen lässt, werden mit der Forderungsanmeldung nicht geltend gemacht.
11
bb) Soweit die Anmeldung Grundlage der Teilnahme am Insolvenzverfahren ist, hat der Gläubiger nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit Blick auf die Funktionen der Anmeldung im Insolvenzverfahren einen Lebenssachverhalt darzulegen, der in Verbindung mit einem - nicht notwendig ebenfalls vorzutragenden - Rechtssatz die geltend gemachte Forderung als begründet erscheinen lässt (BGH, Urteil vom 9. Januar 2014 - IX ZR 103/13, NZI 2014, 127 Rn. 6; Beschluss vom 12. November 2015 - IX ZR 313/14, NZI 2016, 78 Rn. 3 je mwN). Die streitgegenständliche Anmeldung erfüllt auch diese Anforderungen. Der behauptete Vergleich, der den Klägerinnen einen Zahlungsanspruch zuweist, kann unbeschadet der Frage, ob mit dem Vergleich eine Novation des bestehenden Schuldverhältnisses beabsichtigt war, Anspruchsgrundlage der angemeldeten Forderung sein (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2002 - III ZR 73/01, NJW 2002, 1503, 1504). Eine Vereinbarung, mit der ein im Rahmen einer Vertragsbeziehung entstandener Streit durch einen Vergleich (§ 779 BGB) ganz oder teilweise erledigt werden soll, stellt keine Nebenabrede zu dem schon bestehenden Vertragsverhältnis dar, sondern tritt als selbstständiges Rechtsverhältnis neben dieses (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2014 - VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 Rn. 62). Schon damit ist ein Anspruchsgrund schlüssig dargelegt.
12
Die vom Berufungsgericht geäußerten Zweifel am Vorliegen der in § 779 BGB genannten Voraussetzung des gegenseitigen Nachgebens sind überdies unbegründet. Gegenseitiges Nachgeben im Sinne von § 779 BGB liegt schon dann vor, wenn die Parteien, um zur Einigung zu gelangen, überhaupt Zugeständnisse machen. Geringes Nachgeben auch im kleinsten Streitpunkt reicht insoweit aus (BGH, Urteil vom 28. September 2005 - IV ZR 288/03, NJW-RR 2006, 644, 645). Ausweislich des Teilvergleichs haben die Parteien hinsichtlich eines Teils der zwischen ihnen in Streit befindlichen Forderungen in Höhe von 1,6 Mio. DM einen Teilbetrag in Höhe der zur Gesamtvollstreckungstabelle angemeldeten Forderung unstreitig gestellt. Das ist ein ausreichendes gegenseitiges Nachgeben im Sinne von § 779 BGB.
13
3. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht selbst abschließend entscheiden. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Kayser Gehrlein Grupp
Schoppmeyer Meyberg
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 21.11.2013 - 14 O 7/10 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 30.06.2015 - 12 U 11/14 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 253 Klageschrift


(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp
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Insolvenzordnung - InsO | § 174 Anmeldung der Forderungen


(1) Die Insolvenzgläubiger haben ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden. Der Anmeldung sollen die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden. Zur Vertretung des Gläubigers im Verfahren nach die

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 779 Begriff des Vergleichs, Irrtum über die Vergleichsgrundlage


(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sach

Insolvenzordnung - InsO | § 178 Voraussetzungen und Wirkungen der Feststellung


(1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch bes

Insolvenzordnung - InsO | § 201 Rechte der Insolvenzgläubiger nach Verfahrensaufhebung


(1) Die Insolvenzgläubiger können nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ihre restlichen Forderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen. (2) Die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfun

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 432 Mehrere Gläubiger einer unteilbaren Leistung


(1) Haben mehrere eine unteilbare Leistung zu fordern, so kann, sofern sie nicht Gesamtgläubiger sind, der Schuldner nur an alle gemeinschaftlich leisten und jeder Gläubiger nur die Leistung an alle fordern. Jeder Gläubiger kann verlangen, dass der S

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 428 Gesamtgläubiger


Sind mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist (Gesamtgläubiger), so kann der Schuldner nach seinem Belieben an jeden

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 430 Ausgleichungspflicht der Gesamtgläubiger


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(1) Die Insolvenzgläubiger haben ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden. Der Anmeldung sollen die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden. Zur Vertretung des Gläubigers im Verfahren nach diesem Abschnitt sind auch Personen befugt, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes).

(2) Bei der Anmeldung sind der Grund und der Betrag der Forderung anzugeben sowie die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung, eine vorsätzliche pflichtwidrige Verletzung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht oder eine Steuerstraftat des Schuldners nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung zugrunde liegt.

(3) Die Forderungen nachrangiger Gläubiger sind nur anzumelden, soweit das Insolvenzgericht besonders zur Anmeldung dieser Forderungen auffordert. Bei der Anmeldung solcher Forderungen ist auf den Nachrang hinzuweisen und die dem Gläubiger zustehende Rangstelle zu bezeichnen.

(4) Die Anmeldung kann durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments erfolgen, wenn der Insolvenzverwalter der Übermittlung elektronischer Dokumente ausdrücklich zugestimmt hat. Als Urkunde im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 kann in diesem Fall auch eine elektronische Rechnung übermittelt werden. Auf Verlangen des Insolvenzverwalters oder des Insolvenzgerichts sind Ausdrucke, Abschriften oder Originale von Urkunden einzureichen.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Haben mehrere eine unteilbare Leistung zu fordern, so kann, sofern sie nicht Gesamtgläubiger sind, der Schuldner nur an alle gemeinschaftlich leisten und jeder Gläubiger nur die Leistung an alle fordern. Jeder Gläubiger kann verlangen, dass der Schuldner die geschuldete Sache für alle Gläubiger hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert.

(2) Im Übrigen wirkt eine Tatsache, die nur in der Person eines der Gläubiger eintritt, nicht für und gegen die übrigen Gläubiger.

(1) Die Insolvenzgläubiger haben ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden. Der Anmeldung sollen die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden. Zur Vertretung des Gläubigers im Verfahren nach diesem Abschnitt sind auch Personen befugt, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes).

(2) Bei der Anmeldung sind der Grund und der Betrag der Forderung anzugeben sowie die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung, eine vorsätzliche pflichtwidrige Verletzung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht oder eine Steuerstraftat des Schuldners nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung zugrunde liegt.

(3) Die Forderungen nachrangiger Gläubiger sind nur anzumelden, soweit das Insolvenzgericht besonders zur Anmeldung dieser Forderungen auffordert. Bei der Anmeldung solcher Forderungen ist auf den Nachrang hinzuweisen und die dem Gläubiger zustehende Rangstelle zu bezeichnen.

(4) Die Anmeldung kann durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments erfolgen, wenn der Insolvenzverwalter der Übermittlung elektronischer Dokumente ausdrücklich zugestimmt hat. Als Urkunde im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 kann in diesem Fall auch eine elektronische Rechnung übermittelt werden. Auf Verlangen des Insolvenzverwalters oder des Insolvenzgerichts sind Ausdrucke, Abschriften oder Originale von Urkunden einzureichen.

17
Im Streitfall war die Forderungsanmeldung der Klägerin vom 7. August 2002 mangels der gebotenen Darlegung des Grundes unwirksam. Dieser Mangel kann, weil es an den Mindestanforderungen einer wirksamen Anmeldung fehlt, nur durch eine Neuanmeldung behoben werden (BGH, Urt. v. 27. September 2001, aaO; Urt. v. 23. Oktober 2003 - IX ZR 165/02, WM 2003, 2429, 2432; MünchKomm-InsO/Nowak, aaO § 174 Rn. 15; Pape, aaO § 174 Rn. 32; FK-InsO/Kießner, 5. Aufl. § 174 Rn. 23; Becker in Nerlich/Römermann, InsO § 174 Rn. 19; Braun/Specovius, aaO § 174 Rn. 31). Es kann dahinstehen, ob in der Klagebegründung eine Neuanmeldung (§ 177 Abs. 1 Satz 3 InsO) erblickt werden kann. Jedenfalls fehlt es an der Sachurteilsvoraussetzung der Durchführung eines Prüfungstermins, in dem die Forderung einen Widerspruch erfahren hat. Eine Heilung von wesentlichen Mängeln der Anmeldung ist ohne die Durchführung eines Prüfungstermins nicht möglich (BGH, Urt. v. 8. November 1961, aaO; Urt. v. 21. Februar 2000, aaO m.w.N.; BFHE 94, 4, 5 f; MünchKomm -InsO/Nowak, aaO; Pape, aaO; Uhlenbruck, aaO § 174 Rn. 22).

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen.

(2) Das Insolvenzgericht trägt für jede angemeldete Forderung in die Tabelle ein, inwieweit die Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach festgestellt ist oder wer der Feststellung widersprochen hat. Auch ein Widerspruch des Schuldners ist einzutragen. Auf Wechseln und sonstigen Schuldurkunden ist vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle die Feststellung zu vermerken.

(3) Die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.

(1) Die Insolvenzgläubiger können nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ihre restlichen Forderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen.

(2) Die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, können aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. Einer nicht bestrittenen Forderung steht eine Forderung gleich, bei der ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Der Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung aus der Tabelle kann erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gestellt werden.

(3) Die Vorschriften über die Restschuldbefreiung bleiben unberührt.

15
Da die Anmeldung eine Form der Rechtsverfolgung darstellt und der Gläubiger aus der Eintragung als Titel die Zwangsvollstreckung betreiben kann (§ 178 Abs. 3 InsO), muss die Forderung zur Bestimmung der Reichweite der Rechtskraft eindeutig konkretisiert werden. Die Individualisierung der Forderung dient daneben dem Zweck, den Verwalter und die übrigen Insolvenzgläubiger in den Stand zu versetzen, den geltend gemachten Schuldgrund einer Prüfung zu unterziehen. Mithin hat der Gläubiger bei der Anmeldung den Lebenssachverhalt darzulegen, der in Verbindung mit einem - nicht notwendig ebenfalls vorzutragenden - Rechtssatz die geltend gemachte Forderung als begründet erscheinen lässt (BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 - IX ZR 3/08, WM 2009, 468 Rn. 10).

Sind mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist (Gesamtgläubiger), so kann der Schuldner nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten. Dies gilt auch dann, wenn einer der Gläubiger bereits Klage auf die Leistung erhoben hat.

Die Gesamtgläubiger sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.

3
1. Nach § 181 InsO kann die Feststellung nach Grund, Betrag und Rang der Forderung nur in der Weise begehrt werden, wie die Forderung in der Anmeldung oder im Prüftermin bezeichnet worden ist. Die Anmeldung zur Tabelle ist Sachurteilsvoraussetzung; eine Feststellungsklage ohne Anmeldung ist unzulässig. Der Grund für das vorrangig zu betreibende Anmeldungs- und Prüfungsverfahren liegt darin, dass das Feststellungsurteil gemäß § 183 InsO gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Gläubigern wirkt. Die Gläubiger müssen ebenso wie der Verwalter selbst zunächst Gelegenheit erhalten, die angemeldete Forderung zu prüfen und gegebenenfalls zu bestreiten. Maßgebend für diese Prüfung ist der Sachverhalt, der in der Anmeldung angegeben worden ist (§ 174 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 InsO). Dieser Sachverhalt, der Grund des Anspruchs (BGH, Urteil vom 13. Juni 2006 - IX ZR 15/04, BGHZ 168, 112 Rn. 21), bestimmt, soweit die Forderung als anerkannt in die Tabelle eingetragen wird, den Umfang der Rechtskraft der Eintragung gegenüber den Gläubigern (§ 183 InsO) und, soweit die Forderung bestritten wird, den Umfang der Rechtskraft des im Feststellungsprozess ergehenden Urteils. Deswegen muss der Anspruchsgrund bei der Anmeldung zur Tabelle angegeben werden (BGH, Urteil vom 5. Juli 2007 - IX ZR 221/05, BGHZ 173, 103 Rn. 12). Der Gläubiger hat bei der Anmeldung den Lebenssachverhalt darzulegen, der in Verbindung mit einem - nicht notwendig ebenfalls vorzutragenden - Rechtssatz die geltend gemachte Forderung als begründet erscheinen lässt (BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 - IX ZR 3/08, NZI 2009, 242 Rn. 10; vom 21. Februar 2013 - IX ZR 92/12, WM 2013, 574 Rn. 15). Die rechtliche Einordnung der Forderung ist nicht Gegenstand der Anmeldung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 73/01
Verkündet am:
7. März 2002
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein außergerichtlicher Vergleich beendet den Rechtsstreit nicht unmittelbar.
Einer neuen Klage auf Erfüllung des Vergleichs kann daher, wenn er
nicht novierend, sondern lediglich schuldabändernd wirken soll, die fortdauernde
Rechtshängigkeit der Streitsache entgegenstehen.
BGH, Urteil vom 7. März 2002 - III ZR 73/01 - OLG München
LG Memmingen
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. März 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 21. Dezember 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Parteien streiten um die Erfüllung eines außergerichtlich geschlossenen Vergleichs.
In einem vor dem Landgericht Leipzig geführten Vorprozeß nahm die Klägerin die Beklagte auf Zahlung einer Maklerprovision in Höhe von
156.125 DM in Anspruch. Unter dem 7./14. September 1998 schlossen die Parteien sodann privatschriftlich eine Vereinbarung, in der es heiût:
"Zur Beilegung des unter dem Aktenzeichen ... beim Landgericht Leipzig anhängigen Rechtsstreits zwischen den Parteien sind sich diese darüber einig, daû Frau Sch. (Beklagte) DM 100.000 (netto) in der Verteilung, wie unten aufgeführt, zahlt ... Im einzelnen: 1. Frau V. Sch. zahlt wegen ihrer Provisionsverpflichtung aus der Provisionsvereinbarung vom 05.11.1997 DM 42.730,00 zuzüglich Mehrwertsteuer an die R. Gesellschaft mbH (Klägerin). ... 5. Frau V. Sch. erklärt sich ... bereit, die Kosten dieses Rechtsstreites und zwar sowohl die gerichtlichen wie auch die auûergerichtlichen Kosten der Klägerin zu übernehmen. ... 7. Nachdem sämtliche Forderungen beglichen sind, wird die Klägerin die Klage zurücknehmen.
Mit der vorliegenden, beim Landgericht Memmingen erhobenen Klage verlangt die Klägerin Zahlung der in Ziffer 1 des Vertrags bestimmten Summe von 49.566,80 DM (einschlieûlich Mehrwertsteuer) sowie der ihr im Rechtsstreit vor dem Landgericht Leipzig entstandenen gerichtlichen und auûergerichtlichen Kosten in Höhe von 11.427,30 DM, insgesamt 60.994,10 DM. Die Beklagte hat die Wirksamkeit des Vergleichs bestritten und sich auf anderweitige Rechtshängigkeit der Streitsache berufen.
Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat die Klage für zulässig gehalten. Ihr stehe nicht die von Amts wegen zu beachtende doppelte Rechtshängigkeit entgegen. Die Streitgegenstände beider Klagen seien nämlich nicht identisch. Während es vor dem Landgericht Leipzig um die Zahlung einer Maklerprovision gegangen sei, klage die Klägerin hier aus einem neu geschaffenen Rechtsgrund, einem Vergleich, und somit aus einem anderen Lebenssachverhalt, als er dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Leipzig zugrunde gelegen habe.

II.


Diese Ausführungen sind von Rechtsirrtum beeinfluût.
1. Nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO kann während der Dauer der Rechtshängigkeit die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden. Dadurch soll verhindert werden, daû der Beklagte sich in derselben Sache in mehreren Verfahren verteidigen muû und daû einander widersprechende
Urteile ergehen (BGHZ 4, 314, 322). Voraussetzung ist, daû die Streitgegenstände in beiden Prozessen übereinstimmen. Die Identität des hier zur Entscheidung gestellten Klagegegenstands mit dem des in Leipzig geführten Rechtsstreits läût sich indessen mindestens auf der Grundlage des revisionsrechtlich als richtig zu unterstellenden Sachverhalts nicht verneinen.

a) Gegenstand des Rechtsstreits ist nach der heute herrschenden und vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen prozeûrechtlichen Auffassung ein prozessualer Anspruch; er wird bestimmt durch das allgemeine Rechtsschutzziel und die erstrebte konkrete Rechtsfolge, wie sie sich aus dem Klageantrag ergeben, sowie durch den Lebenssachverhalt (Klagegrund ), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGHZ 117, 1, 5; 132, 240, 243; BGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - IX ZR 256/99 - NJW 2001, 3713 m.w.N.).

b) Ordnen die Parteien ihr in einem anhängigen Rechtsstreit streitiges Rechtsverhältnis im Vergleichswege auûergerichtlich neu, so ist zu unterscheiden : Ein anderer Lebenssachverhalt und Klagegrund liegt vor, wenn die Beteiligten unter Aufhebung des alten Schuldverhältnisses ein neues vereinbaren (Novation) und hierdurch ihre beiderseitigen Forderungen ohne Rücksicht auf die früheren Streitigkeiten auf eine völlig neue Grundlage stellen (so im Fall RG ZZP 55, 136 m. Anm. Rosenberg). Enthält hingegen der Vergleich nur eine die Identität des ursprünglichen Schuldverhältnisses wahrende Modifikation des Streitverhältnisses, so gehört der Vergleichsschluû als unselbständiges Element zu dem einheitlichen Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger seinen ursprünglichen Anspruch hergeleitet hat und mit dem er jetzt seinen - modifizierten - Klageanspruch begründet. Unter diesen Umständen sind die
Streitgegenstände - vorausgesetzt, daû auch der Inhalt des Anspruchs (Zahlung , Unterlassung usw.) erhalten bleibt - vorher und nachher identisch (vgl. Bork, Der Vergleich, S. 431 ff., 440).

c) Das Berufungsgericht scheint ohne nähere Begründung von einer Novation ausgegangen zu sein. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Ein Vergleich wirkt regelmäûig nicht schuldumschaffend (BGHZ 52, 39, 46; BGH, Urteil vom 25. Juni 1987 - VII ZR 214/86 - NJW-RR 1987, 1426, 1427; jeweils m.w.N.). Novierende Wirkung hat er nur bei einem durch Auslegung zu ermittelnden entsprechenden Parteiwillen, für den hier das Berufungsgericht nichts festgestellt hat und gegen den auch spricht, daû die Parteien in Ziffer 1 des Vergleichs auf ihre ursprüngliche Provisionsvereinbarung vom 5. November 1997 Bezug nehmen. Der Senat kann die Frage jedoch nicht abschlieûend entscheiden, da den Parteien zunächst Gelegenheit gegeben werden muû, zu diesem in seiner Bedeutung nicht hinreichend erfaûten Punkt ergänzend vorzutragen. Für das Revisionsverfahren ist indes zugunsten der Beklagten davon auszugehen, daû der auûergerichtliche Vergleich die Provisionsforderung der Klägerin nicht völlig ersetzen, sondern diese lediglich inhaltlich umgestalten sollte. Dann handelt es sich aber bei der mit der zweiten Klage geltend gemachten Forderung auf Zahlung von 49.566,80 DM um einen Teil desselben prozessualen Anspruchs, wie er Gegenstand des Ursprungsverfahrens vor dem Landgericht Leipzig war. Das gilt zwar nicht auch für den auûerdem eingeklagten Kostenerstattungsanspruch. Die einer Partei aus der Führung eines Rechtsstreits entstandenen gerichtlichen und auûergerichtlichen Kosten können allerdings regelmäûig einfacher und billiger im Kostenerstattungsverfahren nach §§ 104 ff. ZPO geltend gemacht werden. Für eine selbständige Klage
fehlt daher grundsätzlich das Rechtsschutzinteresse (vgl. nur BGHZ 111, 168, 171).
2. Die Identität beider Streitgegenstände bei der erwähnten revisionsrechtlich gebotenen Sachverhaltsunterstellung dürfte ausnahmsweise dann nicht zur Unzulässigkeit der zweiten Klage führen, wenn infolge des auûergerichtlich geschlossenen Vergleichs eine Fortführung des Ursprungsverfahrens ihrerseits nicht mehr zulässig wäre und die mit einer doppelten Rechtshängigkeit verbundenen Gefahren, denen die Bestimmung des § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO begegnen will, in Wahrheit daher nicht bestünden. So verhält es sich aber nicht.

a) Anders als ein Prozeûvergleich beendet der auûergerichtliche Vergleich den Rechtsstreit nicht unmittelbar. Nach der vom Reichsgericht eingeleiteten Rechtsprechung gewährt er allerdings vermöge seines sachlich-rechtlichen Inhalts dem Beklagten eine Einrede gegen den durch den Vergleich erledigten Anspruch und führt so mittelbar dazu, daû der Kläger das Verfahren nicht fortsetzen darf (RGZ 142, 1, 3 f. = JW 1934, 92 m. Anm. Lent; RGZ 161, 350, 353; BAG NJW 1973, 918, 919 = AP Nr. 21 zu § 794 ZPO m. Anm. J. Blomeyer; s. ferner BGH, Urteil vom 29. Januar 1964 - V ZR 39/62 - LM Nr. 12/13 zu § 794 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO = MDR 1964, 313; BAGE 36, 112, 117 ff.; BAG NJW 1969, 1469). Demgegenüber wollen wesentliche Teile des Schrifttums einem auûergerichtlichen Vergleich als einem bloûen Rechtsgeschäft des materiellen Rechts grundsätzlich auch nur materiellrechtliche Wirkungen zuerkennen und ihm Bedeutung für das Verfahren lediglich dann beimessen , wenn sich eine Partei gleichzeitig zu einem bestimmten prozessualen Verhalten, insbesondere einer Klagerücknahme oder Erledigungserklärung, verpflichtet hat (Bork aaO S. 447 f.; Wagner, Prozeûverträge, S. 511 ff.; im Er-
gebnis ähnlich Lent, JW 1934, 92 ff.; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., Anhang § 307 Rn. 1; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeûrecht, 15. Aufl., § 131 VI 2 S. 775; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 21. Aufl., § 794 Rn. 68 ff., 72; s. ferner BVerwG NJW 1994, 3206, 3207).

b) Der Streitfall nötigt nicht dazu, zu diesen unterschiedlichen Ansätzen Stellung zu nehmen. Kommt es allein auf den materiellrechtlichen Inhalt des Vergleichs an, so kann er einer Fortsetzung des Prozesses nur insoweit entgegenstehen , als in ihm der ursprünglich eingeklagte Anspruch erledigt worden ist, nicht dagegen, soweit dieser in der Vereinbarung aufrechterhalten wurde und vom Kläger nunmehr, um einen Titel zu erlangen, weiterverfolgt wird (so wohl auch Stein/Jonas/Münzberg, § 794 Rn. 69 f.; Wieczorek/Schütze/Paulus, ZPO, 3. Aufl, § 794 Rn. 66). Diese letztgenannte Voraussetzung ist auf der Grundlage des vom Senat unterstellten Sachverhalts bei Ziffer 1 der Vereinbarung vom 7./14. September 1998 gegeben. Ist demgegenüber eine im Vergleich getroffene Abrede über die Beendigung des anhängigen Rechtsstreits maûgebend, hängt die Beurteilung von der in Ziffer 7 dieser Vereinbarung getroffenen Regelung ab. Darin hat die Klägerin eine Klagerücknahme jedoch nur für den Fall zugesagt, daû sämtliche im Vergleich geregelten Forderungen beglichen sind. Da diese Bedingung bislang nicht eingetreten ist, steht auch unter diesem Gesichtspunkt einer Fortführung des Rechtsstreits vor dem Landgericht Leipzig nichts im Wege.
3. Den Streit der Parteien über die Wirksamkeit eines auûergerichtlichen Vergleichs und die Erfüllung der darin geregelten Ansprüche grundsätzlich dem Gericht des Ausgangsverfahrens zuzuweisen, entspricht zugleich dem Gebot der Prozeûwirtschaftlichkeit. Ein solches Verfahren ist kostengünstiger
und führt auch dazu, daû in der Mehrzahl der Fälle die beteiligten Richter den Prozeûstoff bereits kennen. Darin liegt es nicht wesentlich anders als beim Streit um die Wirksamkeit eines Prozeûvergleichs, der nach ständiger Rechtsprechung in dem früheren Prozeû zu entscheiden ist (BGHZ 28, 171, 174; Senatsurteil BGHZ 142, 253, 254 f. m.w.N.). Daû diese Verfahrensweise mit der nicht immer sicheren Abgrenzung zwischen Novation und Schuldabänderung belastet sein kann, ist hinzunehmen.

III.


Somit ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Das Berufungsgericht wird - gegebenenfalls nach ergänzendem Vorbringen der Parteien - zu klären haben, ob die auûergerichtliche Vereinbarung vom 7./14. September 1998 als Novation auszulegen ist oder ob sie nach dem Parteiwillen lediglich das ursprüngliche Schuldverhältnis unter Wahrung seiner Identität abändern sollte. Gegen die weitere Annahme des Berufungsgerichts, daû der Vergleich wirksam zustande gekommen ist und die Beklagte sich gemäû § 162 Abs. 1 BGB so behandeln lassen muû, als sei die in Ziffer 3 des Vergleichs vorausgesetzte Genehmigung der Schuldübernahme fristgemäû erteilt worden, bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.

62
a) Die Klausel soll aus objektiver Sicht der beteiligten Verkehrskreise im Falle des Einverständnisses der Vertragshändler eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Leistungen der Beklagten schaffen, für die nach den bisherigen Abreden keine rechtliche Verpflichtung der Beklagten bestand ("da es sich für uns um eine hohe freiwillige Leistung handelt […] bitten wir im Gegenzug um Bestätigung […]"). Anders als die Revision meint, handelt es sich nicht deswegen um eine bloße Nebenabrede zu den bisherigen Absprachen, weil sie dazu dienen soll, den aufgekommenen Streit über die Wirksamkeit der von den Vertragshändlern eingegangenen Rückkaufverpflichtungen zu beenden und damit die übrigen Abreden durch ein Zusatzprogramm zu ergänzen. Entscheidend ist, dass der über die Wirksamkeit der bisher getroffenen Abreden entstandene Streit durch einen Vergleich (§ 779 BGB) erledigt werden soll. Eine solche Vereinbarung stellt aber keine Nebenabrede zu einem schon bestehenden Vertragsverhältnis dar, sondern tritt als selbständiges Rechtsverhältnis neben dieses.

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 288/03 Verkündet am:
28. September 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
BGB § 779; BRAGO § 23
Für einen Vergleich im Sinne von § 779 BGB reicht es aus, wenn die Parteien eines
auf ein Bescheidungsurteil gerichteten öffentlich-rechtlichen Rechtsstreits sich auf die
Aufhebung eines bestehenden Widerspruchsbescheides einigen.
BGH, Urteil vom 28. September 2005 - IV ZR 288/03 - LG Wiesbaden
AG Wiesbaden
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno und die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 28. September 2005

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 1. Oktober 2003 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 26. Juni 2003 geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.639,92 € nebst 5% Zinsen hierauf seit dem 28. März 2003 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, ein niedergelassener Arzt, unterhielt seit dem 31. August 1996 bei der Beklagten sowohl eine private Rechtsschutzversicherung für Selbständige ohne Arbeits- und Sozialgerichtsrechtsschutz als auch eine Berufsrechtsschutzversicherung für freiberuflich tätige Ärzte bei einer versicherten Tätigkeit als Allgemeinarzt. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversi- cherung (ARB 94) zugrunde. Der Kläger fordert nach einem Sozialgerichts -Rechtsstreit mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern die Erstattung einer anwaltlichen Vergleichsgebühr.
2
Nachdem die Kassenärztliche Vereinigung den Antrag des Klägers auf Erweiterung oder Aussetzung seines Praxis- und/oder Zusatzbudgets (zur Sicherstellung eines behaupteten besonderen Versorgungsbedarfs) zurückgewiesen hatte, hatte die Beklagte dem Kläger im Oktober 2000 für seine nach erfolglosem Widerspruchsverfahren beabsichtigte Klage vor dem Sozialgericht eine Deckungszusage erteilt. In der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2002 schlossen die damaligen Parteien den nachfolgenden Vergleich: "I. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern verpflichtet sich, über den Widerspruch des Klägers vom 17. 10. 98 - begründet mit Schriftsatz vom 22.10.98 - nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Widerspruchsverfahrens erneut zu entscheiden. II. Der Kläger nimmt das Angebot an und erklärt im Gegenzug das Klageverfahren für erledigt. III. Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit dem Abschluß des Vergleiches das anhängige Sozialgerichtsverfahren mit dem Aktenzeichen S ... in vollem Umfang erledigt ist."
3
Den Gegenstandswert setzte das Sozialgericht auf 1 10.000 € fest.
4
Der Kläger hat die von seinem damaligen Prozessbev ollmächtigten nach den §§ 11, 23 BRAGO erhobene Vergleichsgebühr von insgesamt 1.639,92 € (1.413,72 € zzgl. 16% MWSt) bezahlt. Die Beklagte meint, sie sei nicht verpflichtet, dem Kläger den genannten, der Höhe nach unstreitigen , Betrag zu erstatten, weil der Vergleich die Voraussetzungen des § 779 BGB insoweit nicht erfülle, als mit ihm der Streit und die Ungewissheit über das Ausgangsrechtsverhältnis nicht beseitigt worden seien.
5
Dem haben sich die Vorinstanzen angeschlossen und die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision hat Erfolg. Der Kläger hat aus dem be i der Beklagten gehaltenen Rechtsschutzversicherungsvertrag nach § 24 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 i.V. mit § 2 lit. f und § 5 Abs. 1 lit. a ARB 94 einen Anspruch auf Erstattung der verauslagten anwaltlichen Vergleichsgebühr.
7
I. Das Berufungsgericht meint demgegenüber, eine V ergleichsgebühr nach § 23 BRAGO sei deshalb nicht angefallen, weil ein Vergleich im Sinne von § 779 BGB nicht geschlossen worden sei. Die Vorschrift setze voraus, dass der Streit oder die Ungewissheit über das "Ausgangsrechtsverhältnis" , hier die Frage nach der vom Kläger angestrebten Budgetentlastung , beseitigt werde. Die Bereitschaft der Kassenärztlichen Vereinigung, ein neues Widerspruchsverfahren durchzuführen, habe dieses Ausgangsrechtsverhältnis aber unberührt gelassen, zumal im Vergleich keinerlei verbindliche Vorgaben für die neue Ermessensentscheidung niedergelegt seien. Allein die vereinbarte prozessuale Beendigung des Rechtsstreits vor dem Sozialgericht reiche für die Annahme eines Vergleichs im Sinne von § 23 BRAGO nicht aus.
8
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
1. Dem Berufungsgericht ist zwar darin zu folgen, dass nach dem hier gemäß den §§ 116 Abs. 2 BRAGO, 197a Abs. 1, 183 SGG anwendbaren § 23 BRAGO eine Vergleichsgebühr nur dann entsteht, wenn der Vergleich die Voraussetzungen des § 779 BGB erfüllt (vgl. BGHZ 39, 60, 62). Denn der Prozessvergleich hat eine Doppelnatur, weil er sowohl eine Prozesshandlung ist als auch ein Rechtsgeschäft im sachlichrechtlichen Sinne (BGH, Urteil vom 15. Januar 1985 - X ZR 16/83 - WM 1985, 673 unter I 1; BGHZ 79, 71, 74 m.w.N.; BVerwGE 84, 157 ff.).
10
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts g enügt der hier in Rede stehende Vergleich jedoch den Voraussetzungen des § 779 BGB. Mit ihm ist der Streit und die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt worden.
11
a) Dabei kann offen bleiben, ob es - wie die Revis ion meint - für einen Vergleich im Sinne von § 779 BGB schon ausreicht, dass mit ihm das Prozessrechtsverhältnis zwischen den Parteien des sozialgerichtlichen Rechtsstreits beendet worden ist. Denn jedenfalls ist hier mit der vergleichsweise getroffenen Regelung über die formale Beendigung des Rechtsstreits hinaus auch das so genannte Ausgangsrechtsverhältnis, das ist das die sozialrechtliche Frage der Budgetierung betreffende Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Kassenärztlichen Vereinigung , berührt und in einem strittigen Punkt geregelt worden.
12
Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang di e Bedeutung des von der Kassenärztlichen Vereinigung erlassenen und durch den Vergleich konkludent aufgehobenen Widerspruchsbescheides verkannt. Mit diesem Widerspruchsbescheid war eine der Bestandskraft fähige Einzelfallregelung über das Begehren des Klägers getroffen worden. Das insoweit zweistufige Klagebegehren war deshalb darauf gerichtet, zunächst diese den Kläger beschwerende Regelung aufzuheben und im Weiteren durch eine neue, dem Kläger günstigere Ermessensentscheidung zu ersetzen. Klageziel war damit ein so genanntes Bescheidungsurteil im Sinne von § 131 Abs. 5 SGG, mit welchem der beanstandete Widerspruchsbescheid aufgehoben und der Kassenärztlichen Vereinigung aufgegeben worden wäre, den Widerspruch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Sozialgerichts erneut zu bescheiden.
13
Die im Vergleich getroffene Regelung bleibt dahint er zwar insoweit zurück, als sie keine Vorgaben für die neu zu treffende Widerspruchsentscheidung enthält. Dennoch hat es der Kläger erreicht, die ihn belastende Regelung aus dem angegriffenen Widerspruchsbescheid zu beseitigen und so die Chance für eine neue, ihm günstigere Entscheidung zu eröffnen. Damit war der Streit über die Wirksamkeit der im Widerspruchsbescheid getroffenen Regelung, die bis dahin den Inhalt des Ausgangsrechtsverhältnisses maßgeblich bestimmte, beigelegt. Eine solche teilweise Erledigung des Streitgegenstandes genügt den materiell -rechtlichen Voraussetzungen des § 779 BGB.

14
b) Gegenseitiges Nachgeben im Sinne von § 779 BGB liegt schon dann vor, wenn die Parteien, um zur Einigung zu gelangen, überhaupt Zugeständnisse machen. Geringes Nachgeben auch im kleinsten Streitpunkt reicht insoweit aus (BGHZ 39, 60, 62 f. m.w.N.). Insbesondere kann genügen, dass eine Partei ihr prozessuales Ziel, eine der Rechtskraft fähige Entscheidung zu erhalten, aufgibt.
15
Daran gemessen haben die Parteien des Sozialgerich tsverfahrens im Prozessvergleich gegenseitig nachgegeben. Die damalige Beklagte hat das Ziel ihrer Rechtsverteidigung, die Bestandskraft des von ihr er- lassenen Widerspruchsbescheides eintreten zu lassen, aufgegeben, während umgekehrt der Kläger auf ihm günstige, sozialgerichtliche Vorgaben für das neue Widerspruchsverfahren verzichtet hat.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke

Vorinstanzen:
AG Wiesbaden, Entscheidung vom 26.06.2003 - 93 C 1091/03-19 -
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 01.10.2003 - 10 S 24/03 -

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.