Bundesgerichtshof Urteil, 17. Sept. 2009 - IX ZR 74/08

bei uns veröffentlicht am17.09.2009
vorgehend
Landgericht Potsdam, 12 O 95/06, 12.12.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 74/08
Verkündet am:
17. September 2009
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist für den Prozessbevollmächtigten offenkundig, dass das Gericht die tatsächlich
erfolgte Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses nicht beachtet und trotz
unbedingt erhobener Klage von einem bloßen Prozesskostenhilfegesuch ausgeht
, hat er dieses Missverständnis auszuräumen, um zwecks Einhaltung der
Klagefrist die alsbaldige Zustellung der Klage sicherzustellen.
BGH, Urteil vom 17. September 2009 - IX ZR 74/08 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. September 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die
Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und Grupp

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 5. März 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nahm im Jahr 2000 nach einem Brandschaden in seinem Wohnhaus die Gebäudeversicherung in Anspruch. Mit Schreiben vom 18. Juli 2001, dem Kläger zugegangen am 25. Juli 2001, lehnte die Versicherung Leistungen mit der Begründung ab, der Kläger, welcher zwischenzeitlich wegen fahrlässiger Brandstiftung zu einer Geldstrafe verurteilt worden war, habe den Brand grob fahrlässig, wenn nicht gar vorsätzlich verursacht. Vom Kläger mit der Durchsetzung seiner Ansprüche beauftragt, reichte der verklagte Rechtsanwalt am 8. Januar 2002 beim Landgericht Karlsruhe eine Klage gegen die Versicherung über 38.406,71 € nebst Zinsen ein, verbunden mit einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, und legte einen Scheck über 1.074,60 € für die Gerichtskosten bei. Der Vorsitzende der zuständigen Kammer veranlasste die Übersendung des Schecks an die Landesoberkasse, teilte dem Beklagten aber gleichwohl mit Verfügung vom 18. Januar 2002 mit, dass ein Gerichtskostenvorschuss nicht eingegangen sei und die Klage deshalb nicht zugestellt werden könne. Der Vorsitzende erklärte weiter, es werde davon ausgegangen , dass die Erhebung der Klage von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht werde, und fragte an, ob diese Annahme zutreffe. Der Beklagte nahm hierzu nicht Stellung. Mit Beschluss vom 3. Juni 2002 wies das Landgericht Karlsruhe den Prozesskostenhilfeantrag zurück. Die Landesoberkasse forderte den Kläger mit Schreiben vom 10. Oktober 2002 auf, angeblich ausstehende Gerichtskosten in Höhe von 119,40 € einzuzahlen. Der Beklagte teilte mit Schriftsatz vom 19. November 2002 mit, die Restzahlung der Gerichtskosten sei veranlasst. Der Betrag ging am 27. November 2002 bei der Landesoberkasse ein. Am 3. September 2003 wurde die Klageschrift an den Bevollmächtigten der Versicherung zugestellt. Die Klage hatte in erster Instanz Erfolg, wurde aber im Berufungsverfahren abgewiesen, weil die am 25. Juli 2001 in Gang gesetzte sechsmonatige Frist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. nicht gewahrt worden sei.
2
Der Kläger nimmt nun den Beklagten auf Ersatz des im Vorprozess geltend gemachten Schadens von 38.406,71 € und der in jenem Prozess angefallenen Kosten von 16.824,34 €, zusammen 55.231,05 €, nebst Zinsen in Anspruch. Die Klage hat beim Landgericht Erfolg gehabt, ist aber vom Berufungsgericht abgewiesen worden. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Forderung weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Beklagte habe seine anwaltlichen Pflichten nicht verletzt. Er habe die bis zum 25. Januar 2002 laufende Frist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. gewahrt, weil er die Klage vor dem Ablauf der Frist bei Gericht eingereicht habe und die Klage "demnächst" zugestellt worden sei. Die Zustellung wirke deshalb auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage zurück. Die späte Zustellung sei allein durch eine fehlerhafte Sachbehandlung des Gerichts verursacht worden, die sich der Kläger nicht zurechnen lassen müsse, weil er und der Beklagte alles Erforderliche für eine ordnungsgemäße Zustellung der Klage getan hätten. Insbesondere habe der Beklagte nicht auf die Verfügung des Gerichts vom 18. Januar 2002 reagieren und auch nach der Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht tätig werden müssen. Im Übrigen fehle es an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen der Untätigkeit des Beklagten und der späten Zustellung, weil dieser nicht die Gefahrenlage geschaffen habe, in welcher sich der Fehler des Gerichts ausgewirkt habe.

II.


5
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

6
1. Der Beklagte hat die ihm aufgrund des Anwaltsvertrages obliegenden Pflichten verletzt.
7
Nach a) ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Rechtsanwalt im Rahmen seines Auftrags verpflichtet, seinen Mandanten vor voraussehbaren und vermeidbaren Nachteilen zu bewahren. Er hat deshalb, wenn verschiedene Maßnahmen in Betracht kommen, den relativ sichersten Weg zu gehen. Der mit der Prozessführung betraute Rechtsanwalt ist mit Rücksicht auf das auch bei Richtern nur unvollkommene menschliche Erkenntnisvermögen und die niemals auszuschließende Möglichkeit eines Irrtums verpflichtet , nach Kräften dem Aufkommen von Irrtümern und Versehen des Gerichts entgegenzuwirken (BGH, Urt. v. 25. Juni 1974 - VI ZR 18/73, NJW 1974, 1865, 1866; v. 24. März 1988 - IX ZR 114/87, NJW 1988, 3013, 3015 f; v. 18. Dezember 2008 - IX ZR 179/07, WM 2009, 324, 325 Rn. 8).
8
b) Diese Pflicht hat der Beklagte verletzt, indem er auf die gerichtliche Verfügung vom 18. Januar 2002 nicht reagierte. Der Inhalt dieser Verfügung zeigte dem Beklagten deutlich, dass die Gefahr bestand, das Gericht werde die bereits erfolgte Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses unbeachtet lassen und von einer Zustellung der Klage vorläufig absehen. Damit bestand die Gefahr , dass die Klage bereits wegen Versäumung der am 25. Januar 2002 ablaufenden Frist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. abgewiesen werden würde.
9
aa) Zwar wirkt eine nach Fristablauf erfolgte Zustellung auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung zurück, wenn die Zustellung "demnächst" erfolgt (§ 270 Abs. 3 ZPO a.F., jetzt § 167 ZPO), und als demnächst bewirkt kann auch eine Zustellung lange nach Fristablauf gelten, wenn die Verzögerung durch eine feh- lerhafte Sachbehandlung des Gerichts verursacht ist. Verzögerungen, welche die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können, sind hingegen nach ständiger Rechtsprechung der Partei zuzurechnen, soweit sie nicht nur geringfügig sind (BGHZ 145, 358, 362; BGH, Urt. v. 5. Februar 2003 - IV ZR 44/02, NJW-RR 2003, 599, 600). In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Zustellungsverzögerungen , die erst eintreten, nachdem der Kläger alle für eine ordnungsgemäße Klagezustellung von ihm geforderten Mitwirkungshandlungen erbracht hat, dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen dürfen. Für eine Verpflichtung oder Obliegenheit des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten, auch noch in diesem Stadium des Verfahrens durch eine Kontrolle des gerichtlichen Vorgehens auf eine größtmögliche Beschleunigung hinzuwirken, fehlt die rechtliche Grundlage (BGHZ 168, 306, 312, Rn. 20 f).
10
bb) Ob nach diesen Maßstäben die Voraussetzungen einer Rückwirkung der Zustellung hier vorlagen - das Berufungsgericht im Vorprozess hat dies verneint , das Berufungsgericht im vorliegenden Rechtsstreit bejaht - , ist jedoch für die Frage einer Pflichtverletzung des Beklagten nicht entscheidend. Die genannten Maßstäbe betreffen das zwischen dem Kläger und dem Gericht bestehende Prozessrechtsverhältnis. Im Vertragsverhältnis zwischen dem Anwalt und seinem Mandanten können strengere Anforderungen gelten. Der Beklagte durfte sich unter den gegebenen Umständen auf eine seinem Mandanten günstige Beurteilung durch das Gericht nicht verlassen (BGH, Urt. v. 24. März 1988 aaO S. 3015). Um Nachteile für den Kläger möglichst sicher zu vermeiden, hätte er das Gericht nach Erhalt der Verfügung vom 18. Januar 2002 darauf hinweisen müssen, dass der Gerichtskostenvorschuss bereits eingezahlt war und die Klage unabhängig von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhoben sein sollte. Dies gilt umso mehr, als die gerichtliche Verfügung mit der Anfrage schloss, ob die mitgeteilte Annahme zutreffe.
11
cc) Der Vortrag des Beklagten, er habe sich den Eingang der Klageschrift , des Prozesskostenhilfegesuchs und des Schecks über den Gerichtskostenvorschuss sowohl am 10. Januar 2002 als auch nochmals am 25. Januar 2002 von der Geschäftsstelle des Gerichts telefonisch bestätigen lassen, ändert an dieser Beurteilung nichts. Die durch das gerichtliche Schreiben vom 18. Januar 2002 begründeten Zweifel an einer alsbaldigen Zustellung der Klage wurden durch diese Telefonate nicht beseitigt, zumal der Beklagte beim zweiten Anruf die Auskunft erhalten haben will, eine Bearbeitung der Sache sei wegen des Umzugs des Landgerichts nicht sofort möglich.
12
c) Hielte man die Untätigkeit des Beklagten nach Erhalt der Verfügung vom 18. Januar 2002 noch für vertretbar, weil schon die Einreichung eines Prozesskostenhilfeantrags zunächst die Möglichkeit sicherte, durch eine später zugestellte Klage die Frist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. noch zu wahren, dann läge eine Pflichtverletzung des Beklagten darin, dass er weiterhin untätig blieb, als ihm der Beschluss über die Ablehnung des Antrags auf Prozesskostenhilfe zugestellt wurde. Denn die durch einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eintretende Verzögerung der Zustellung ist nur dann unschädlich, wenn die Partei nach der Entscheidung über ihr Gesuch alles Zumutbare tut, damit die Klage "demnächst" im Sinne des § 167 ZPO270 Abs. 3 ZPO a.F.) zugestellt werden kann (BGHZ 98, 295, 301; BGH, Urt. v. 8. März 1989 - IVa ZR 17/88, NJW-RR 1989, 675; Beschl. v. 30. November 2006 - III ZB 22/06, NJW 2007, 439, 441 Rn. 13). Diesen Anforderungen wurde der Beklagte nicht gerecht. Ihm war durch die Verfügung vom 18. Januar 2002 bekannt, dass das Gericht irrtümlich annahm, es sei noch kein Gerichtskostenvorschuss einge- zahlt und die Klage sei nur für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhoben. Er musste deshalb damit rechnen, dass das Gericht, nachdem es die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hatte, von Amts wegen nichts unternehmen und die Einzahlung des Vorschusses abwarten würde. In dieser Situation hätte er, um seinen Pflichten aus dem Mandatsverhältnis zu genügen und Nachteilen für den Kläger vorzubeugen, das Gericht umgehend darauf hinweisen müssen, dass der Vorschuss bereits eingezahlt war und die Klage nun, ungeachtet der Ablehnung des Prozesskostenhilfegesuchs, unverzüglich zugestellt werden sollte.
13
2. Ein rechtzeitiger Hinweis des Beklagten auf die bereits erfolgte Einzahlung des zutreffend berechneten Gerichtskostenvorschusses und auf die unbedingt erhobene Klage hätte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eine zeitnahe Zustellung der Klage bewirkt. Jedenfalls dann hätte die Klage nicht als nach § 12 Abs. 3 VVG a.F. verfristet abgewiesen werden können. In der Sache hätte sie Erfolg haben müssen, wenn der Versicherer nicht von seiner Verpflichtung zur Leistung frei war, weil der Kläger den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeiführte (§ 61 VVG a.F.). Hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.
14
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts besteht zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten und einem durch den Verlust des Vorprozesses eingetretenen Schaden des Klägers auch der erforderliche Zurechnungszusammenhang.
15
a) Sind für den Schaden des Mandanten neben einer Pflichtverletzung des Prozessbevollmächtigten auch Fehler des Gerichts mitursächlich, entfällt die Zurechenbarkeit des Schadens zur Pflichtverletzung des Anwalts nur, wenn der Fehler des Gerichts den Geschehensablauf so verändert, dass der Schaden bei wertender Betrachtung in keinem inneren Zusammenhang mit der vom Anwalt zu vertretenden Vertragsverletzung steht. Bei dieser Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass die Prozessleitung und die Rechtsfindung in die Verantwortung des Gerichts fallen und von der Leistung des Anwalts nicht abhängig sind. Auf der anderen Seite ist der Anwalt verpflichtet, seinen Mandanten vor Fehlentscheidungen der Gerichte zu bewahren (BGHZ 174, 205, 209 f Rn. 12-15; BGH, Urt. v. 18. Dezember 2008 aaO S. 326 f Rn. 21).
16
Das b) Bundesverfassungsgericht hat in einer früheren Entscheidung ausgeführt, dass Rechtskenntnis und Rechtsanwendung vornehmlich Sache des Gerichts seien, während den Parteien und ihren Anwälten im Wesentlichen die Verantwortung hinsichtlich des unterbreiteten Sachverhalts und der Antragstellung obliege (BVerfG NJW 2002, 2937, 2938; vgl. dazu Zugehör NJW 2003, 3225 ff). Davon ist es aber neuerdings deutlich abgerückt (BVerfG NZM 2009, 579 Rn. 16; vgl. hierzu auch Chab AnwBl 2009, 269 f). Aus verfassungsrechtlichen Gründen sei nicht zu beanstanden, dass eine Haftung des Rechtsanwalts im Regelfall auch dann angenommen werde, wenn ein Fehler des Gerichts insbesondere bei der rechtlichen Aufarbeitung des Streitfalls für den Schaden einer Prozesspartei mitursächlich geworden sei. Der Bundesgerichtshof könne vielmehr auf die im Zivilrecht anerkannte gleichstufige Haftung all derjenigen verweisen, die für einen Schaden gleich aus welchen rechtlichen Gründen verantwortlich seien.
17
c) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der innere Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Anwalts und dem Schaden seines Mandanten insbesondere dann fehlen, wenn der Anwalt seinen Fehler berichtigt, das Gericht dies aber nicht zur Kenntnis nimmt und den Fehler zur Grundlage seiner Entscheidung macht, wenn der Schadensbeitrag des Gerichts denjenigen des Anwalts soweit überwiegt, dass letzterer ganz dahinter zurücktritt , oder wenn der Fehler des Anwalts schlechthin ungeeignet war, die gerichtliche Fehlentscheidung hervorzurufen (BGHZ 174, 205, 210 ff Rn. 16-20). Entsprechende Voraussetzungen sind hier jedoch nicht gegeben.
18
aa) Der Fehler des Gerichts bestand darin, die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses übersehen und die Klage so zu behandelt zu haben, als sei sie nur unter der Bedingung erhoben worden, dass Prozesskostenhilfe bewilligt wird. Er betraf nicht die Rechtsanwendung, sondern die vollständige Erfassung und das richtige Verständnis des rechtlichen Begehrens des Klägers. Der Beklagte mag zunächst alles Erforderliche getan haben, um eine Verfristung nach § 12 Abs. 3 VVG a.F. zu vermeiden. Er hat deshalb - wie das Berufungsgericht mit Recht ausführt - auch keine Gefahrenlage geschaffen, die dem Fehlverständnis des Gerichts den Boden bereitete. Dies wird dem Beklagten aber auch nicht vorgeworfen. Der Vorwurf geht vielmehr dahin, dass der Beklagte ein von ihm nicht veranlasstes, gleichwohl eingetretenes und durch die ihm übermittelte gerichtliche Verfügung vom 18. Januar 2002 offenkundig gewordenes Fehlverständnis des Gerichts, das die Prozessaussichten des Mandanten erheblich gefährdete, nicht beseitigte, zumal ihm dies leicht möglich gewesen wäre. In einem solchen Fall kann der Zurechnungszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Anwalts und dem Schaden des Mandanten nicht verneint werden (Henssler/Müller EWiR 2003, 165, 166 a.E.).
19
bb) Es kann offen bleiben, ob die Entscheidung des Berufungsgerichts im Vorprozess, die Klage wegen Verfristung abzuweisen, richtig war. Auch wenn darin ein weiterer gerichtlicher Fehler liegen sollte, würde dies den Zurechnungszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten und einem Schaden seines Mandanten nicht beseitigen. Denn bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten wäre die Klage zu einem Zeitpunkt zugestellt worden, der Zweifel an der Einhaltung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. nicht hätte aufkommen lassen. Die Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Voraussetzungen des § 270 Abs. 3 ZPO a.F. wären dann vermieden worden. Eine etwaige Fehlbeurteilung dieser Voraussetzungen durch das Gericht hat unter den gegebenen Umständen kein so großes Gewicht, dass der innere Zusammenhang zwischen der anwaltlichen Pflichtverletzung und dem Schaden entfiele.

III.


20
Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da bisher keine Feststellungen zum behaupteten Schaden getroffen sind, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Dieses wird die Prüfung, ob die Klage im Vorprozess bei pflichtgemäßem Handeln des Beklagten Erfolg gehabt hätte, selbst vornehmen müssen. Hängt die Haftung des Anwalts vom Ausgang eines Vorprozesses ab, hat das Regressgericht nicht darauf abzustellen, wie jener voraussichtlich geendet hätte, sondern selbst zu entscheiden, welches Urteil richtigerweise hätte ergehen müssen (BGH, Urt. v. 18. Dezember 2008 aaO S. 326 Rn. 16 m.w.N.).
Ganter Raebel Kayser
Gehrlein Grupp
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 12.12.2006 - 12 O 95/06 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 05.03.2008 - 3 U 13/07 -

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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen
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(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

8
a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der mit der Prozessführung betraute Rechtsanwalt seinem Mandanten gegenüber verpflichtet , dafür einzutreten, dass die zugunsten des Mandanten sprechenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte so umfassend wie möglich ermittelt und bei der Entscheidung des Gerichts berücksichtigt werden (BGH, Urt. v. 24. März 1988 - IX ZR 114/87, NJW 1988, 3013, 3016; v. 4. Juni 1996 - IX ZR 51/95, NJW 1996, 2648, 2650; v. 24. Mai 2007 - IX ZR 142/05, WM 2007, 1425, 1426 f Rn. 14; Beschl. v. 19. Juni 2008 - IX ZR 111/05, ZMR 2008, 602; Zugehör NJW 2003, 3225, 3226 unter 2a). Zwar weist die Zivilprozessordnung die Entscheidung und damit die rechtliche Beurteilung des Streitfalles dem Gericht zu; dieses trägt für sein Urteil die volle Verantwortung. Es widerspräche jedoch der rechtlichen und tatsächlichen Stellung der Prozessbevollmächtigten in den Tatsacheninstanzen, würde man ihre Aufgabe allein in der Beibringung des Tatsachenmaterials sehen. Der Möglichkeit, auf die rechtliche Beurteilung des Gerichts Einfluss zu nehmen, entspricht im Verhältnis zum Mandanten die Pflicht, diese Möglichkeit zu nutzen (BGH, Urt. v. 4. Juni 1996, aaO). Mit Rücksicht auf das auch bei Richtern nur unvollkommene menschliche Erkenntnisvermögen und die niemals auszuschließende Möglichkeit eines Irrtums ist es Pflicht des Rechtsanwalts, nach Kräften dem Aufkommen von Irrtümern und Versehen des Gerichts entgegenzuwirken (BGHZ 174, 205, 210 Rn. 15; BGH, Urt. v. 25. Juni 1974 - VI ZR 18/73, NJW 1974, 1865, 1866). Dies entspricht auch dem Selbstverständnis der Anwaltschaft (§ 1 Abs. 3 BORA).

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

Mit Ausnahme der Klageschrift und solcher Schriftsätze, die Sachanträge enthalten, sind Schriftsätze und sonstige Erklärungen der Parteien, sofern nicht das Gericht die Zustellung anordnet, ohne besondere Form mitzuteilen. Bei Übersendung durch die Post gilt die Mitteilung, wenn die Wohnung der Partei im Bereich des Ortsbestellverkehrs liegt, an dem folgenden, im Übrigen an dem zweiten Werktag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, sofern nicht die Partei glaubhaft macht, dass ihr die Mitteilung nicht oder erst in einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 44/02 Verkündet am:
5. Februar 2003
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
1. An die Rechtsfolgenbelehrung nach § 12 Abs. 3 Satz 2 VVG sind strenge
Anforderungen zu stellen. Erweckt sie den Anschein, die gerichtliche Geltendmachung
von Ansprüchen könne allein durch Klagerhebung erfolgen, so
wird die Frist des § 12 Abs. 3 VVG nicht in Gang gesetzt.
2. Bei der Frage, ob eine Klagzustellung "demnächst" im Sinne von § 270 Abs. 3
ZPO a.F. erfolgt ist, können dem Kläger Versäumnisse nur insoweit zugerechnet
werden, wie sich feststellen läßt, daß die geforderte Handlung den Verfahrensgang
verkürzt hätte, das Unterlassen also kausal für die Verzögerung der
Zustellung geworden ist.
BGH, Urteil vom 5. Februar 2003 - IV ZR 44/02 - Kammergericht
LG Berlin
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Dr. Schlichting, die Richterin
Ambrosius und die Richter Wendt und Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Februar 2003

für Recht erkannt :
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Kammergerichts vom 21. Dezember 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Wegen eines im Januar 1997 entdeckten Wasserschadens fordert der Kläger Versicherungsleistungen aus der bei der Beklagten abgeschlossenen Gebäudeversicherung.
Die Beklagte hat eine Schadensregulierung wiederholt abgelehnt. Mit Schreiben vom 26. Februar 1997 hat sie sich darauf berufen, der Kläger habe Sicherheitsvorschriften mißachtet und den Schaden zu spät gemeldet. Er habe damit seine Obliegenheiten aus §§ 9 Abs. 2 a und b, 15

Abs. 1 a und c der dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Allge- meinen Bedingungen für die Neuwertversicherung von Wohngebäuden gegen Feuer-, Leitungswasser- und Sturmschäden (VGB 62) verletzt. Gleichzeitig hat die Beklagte erstmals auf die Frist nach § 12 Abs. 3 VVG hingewiesen. Mit Schreiben vom 30. Juli 1997 hat die Beklagte ihre Leistungsablehnung bekräftigt und sich dabei zusätzlich darauf gestützt, der Kläger habe seine Schadensminderungsobliegenheit aus § 15 Abs. 1 b VGB verletzt. Das Schreiben endet mit folgendem Text : "Sollten Sie der Ansicht sein, daß die von uns ausgesprochene Ablehnung des Versicherungsschutzes zu Unrecht erfolgt ist, so steht Ihnen gemäß § 19 Abs. 4 VGB ein Recht zur Klage zu. Den Wortlaut dieser Bestimmung geben wir wie folgt wieder : 'Wenn der Entschädigungsanspruch nicht innerhalb einer Frist von 6 Monaten gerichtlich geltend gemacht wird, nachdem der Versicherer ihn unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolge schriftlich abgelehnt hat, ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei.’ Bei nicht fristgemäßer Klageerhebung verlieren Sie hiernach ohne weiteres endgültig und vorbehaltlos den Anspruch auf Versicherungsschutz für das im Betreff genannte Schadensereignis." Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe :


Die Revision hat Erfolg.
I. Das Berufungsgericht meint, die am 30. Januar 1998 bei Gericht eingegangene, jedoch erst am 31. März 1998 der Beklagten zugestellte Klage habe die Frist des § 12 Abs. 3 VVG nicht mehr gewahrt. Diese sei zwar erst mit dem zweiten Leistungsablehnungsschreiben vom 30. Juli 1997 in Lauf gesetzt worden. Denn dieses Schreiben enthalte nicht nur eine erneute Belehrung über die einzuhaltende Frist, sondern stütze sich außerdem auf einen neuen, zusätzlichen Ablehnungsgrund (Verletzung der Schadensminderungsobliegenheit). Dennoch sei die noch innerhalb der Frist am 30. Januar 1998 bei Gericht eingegangene Klage verspätet, weil sie nicht "demnächst" im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO a.F. zugestellt worden sei. Der Kläger und sein Prozeßbevollmächtigter hätten schuldhaft nicht alles Zumutbare für eine größtmögliche Beschleunigung der Klagzustellung veranlaßt.
Die verzögerte Zustellung erst am 31. März 1998 beruhe vorwiegend darauf, daß sie von der Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses abhängig gewesen sei, dessen Anforderung das Gericht dem Klägervertreter erst am 2. März 1998 übermittelt habe. Auch wenn ein Kläger grundsätzlich nicht verpflichtet sei, den Prozeßkostenvorschuß selbständig zu errechnen und mit Einreichung der Klage einzuzahlen, sondern die gerichtliche Zahlungsaufforderung abwarten dürfe, könne er nach Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG nicht zeitlich unbegrenzt untätig bleiben. Hinnehmbar erscheine allenfalls eine Zeitspanne von drei Wochen, binnen

derer der Kläger auf die gerichtliche Zahlungsaufforderung warten dürfe. Diese Frist sei hier überschritten. Denn sie sei am 2. Februar 1998 abgelaufen und die gerichtliche Anforderung des Gebührenvorschusses habe den Kläger erst am 2. März 1998 erreicht. Dem Kläger sei vorzuwerfen, daß er und sein Prozeßbevollmächtigter die Zahlungsaufforderung nicht schon ab dem 23. Februar 1998 bei Gericht angemahnt hätten.
II. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Beklagte ist nicht nach § 12 Abs. 3 Satz 1 VVG19 Abs. 4 VGB) leistungsfrei geworden.
1. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, allein das zweite Leistungsablehnungsschreiben der Beklagten vom 30. Juli 1997 sei hier maßgeblich dafür, ob der Kläger die Frist des § 12 Abs. 3 VVG gewahrt hat (vgl. dazu BGH, Urteil vom 26. Januar 1983 - IVa ZR 108/81 - VersR 1983, 360; OLG Hamm VersR 1990, 1344, 1345). Denn diese zweite Leistungsablehnung enthält nicht nur eine neuerliche Fristsetzung, sondern stützt sich auch auf einen neuen, weiteren Ablehnungsgrund (Verletzung der Schadensminderungsobliegenheit). Damit ist jedenfalls die ursprünglich mit dem Schreiben vom 26. Februar 1997 gesetzte Frist wirkungslos geworden (BGH aaO).
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte aber mit ihrem Schreiben vom 30. Juli 1997 die Frist des § 12 Abs. 3 VVG nicht wirksam in Lauf gesetzt.

Diese Frist beginnt nach § 12 Abs. 3 Satz 2 VVG erst zu laufen, nachdem der Versicherer die Leistung unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolge schriftlich abgelehnt hat. An diese Rechtsfolgenbelehrung sind strenge Anforderungen zu stellen. Trifft sie in einem wesentlichen Punkt nicht zu, so ist sie insgesamt unwirksam und kann die Frist nicht in Gang setzen (BGH, Urteil vom 19. September 2001 - IV ZR 224/00 - VersR 2001, 1497 unter 2 m.w.N.).
So liegt der Fall hier. Denn die von der Beklagten gebrauchte Belehrungsformel erweckt in ihrem letzten Absatz den Anschein, die gerichtliche Geltendmachung der Versicherungsleistungen könne allein durch Erhebung einer Klage erfolgen. Das ist deshalb irreführend, weil auch der (kostengünstigere) Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheides oder ein Antrag auf Prozeßkostenhilfe für die gerichtliche Geltendmachung genügen können (vgl. dazu OLG Hamm VersR 2002, 1139, 1140 m.w.N.; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 12 Rdn. 79).
3. Unabhängig davon hat das dem Kläger angelastete Untätigbleiben nicht zu einer Verzögerung des Zustellverfahrens geführt.

a) Ob eine Zustellung noch "demnächst" im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO a.F. erfolgt ist, darf nicht allein mittels rein zeitlicher Betrachtung beurteilt werden. Die Vorschrift will die Parteien vor Nachteilen durch Verzögerungen der von Amts wegen zu bewirkenden Zustellung schützen, die innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs liegen und von den Parteien nicht beeinflußt werden können. Daher gibt es keine absolute zeitliche Grenze, nach deren Überschreitung eine Zustellung nicht mehr als "dem-

nächst" anzusehen wäre; dies gilt auch im Hinblick auf mehrmonatige Verzögerungen (vgl. BGHZ 145, 358, 362 f.).
Es sind aber andererseits einer Partei solche Verzögerungen zuzurechnen , die sie oder ihr Prozeßbevollmächtigter (§ 85 ZPO) bei sachgerechter Prozeßführung hätten vermeiden können (vgl. BGHZ aaO; BGH, Urteile vom 29. Juni 1993 - X ZR 6/93 - NJW 1993, 2811 unter II 2 c und vom 9. November 1994 - VIII ZR 327/93 - VersR 1995, 361 unter II 2 b, bb).

b) Hier kann offenbleiben, ob die Annahme des Berufungsgerichts zutrifft, der Kläger oder sein Prozeßbevollmächtigter hätten der gerichtlichen Aufforderung zur Zahlung des Prozeßkostenvorschusses nicht länger als höchstens drei Wochen (vgl. BGHZ 69, 361, 364; BGH, Urteil vom 15. Januar 1992 - IV ZR 13/91 - VersR 1992, 433 unter I 2 b; OLG Hamm NJW-RR 1992, 480) ab Ablauf der Frist tatenlos entgegensehen dürfen. Denn jedenfalls hat sich die Unterlassung auf den Verfahrensgang nicht konkret ausgewirkt. Bei der Frage, ob eine Klagzustellung "demnächst" im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO a.F. erfolgt ist, können dem Kläger Versäumnisse nur insoweit zugerechnet werden, wie sich feststellen läßt, daß die geforderte Handlung den Verfahrensgang verkürzt hätte (Frage nach der "Kausalität der Unterlassung", vgl. dazu BGH, Urteil vom 1. Dezember 1993 - XII ZR 177/92 - VersR 1994, 455 unter 2; Urteil vom 8. Juni 1988 - IVb ZR 92/87 - FamRZ 1988, 1154 unter b).
Das Berufungsgericht hat sich darauf beschränkt darzulegen, daß der Kläger ab dem 23. Februar 1998 verpflichtet gewesen wäre, die Anforderung des Gebührenvorschusses bei Gericht anzumahnen; es hat aber

nicht geprüft, ob diese Unterlassung "kausal" für eine weitere Verzögerung der Zustellung geworden ist. Das ist zu verneinen, denn auch ohne entsprechende Mahnung des Klägers hat das Landgericht hier am 25. Februar 1998 den Streitwertfestsetzungsbeschluß und die Anforderung des Gerichtsgebührenvorschusses an den Klägervertreter abgesandt. Hätte der Kläger am 23. Februar 1998 eine schriftliche Sachstandsanfrage (dazu, daß er nicht zur telefonischen Intervention verpflichtet war: BGH, Urteil vom 15. Januar 1992 aaO) an das Gericht gerichtet, wäre bei normalem Postlauf nichts anderes geschehen.

c) Im übrigen ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen , daß die sonstigen Verzögerungen des Zustellverfahrens dem Kläger nicht angelastet werden könnten.
Terno Dr. Schlichting Ambrosius
Wendt Felsch

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

Mit Ausnahme der Klageschrift und solcher Schriftsätze, die Sachanträge enthalten, sind Schriftsätze und sonstige Erklärungen der Parteien, sofern nicht das Gericht die Zustellung anordnet, ohne besondere Form mitzuteilen. Bei Übersendung durch die Post gilt die Mitteilung, wenn die Wohnung der Partei im Bereich des Ortsbestellverkehrs liegt, an dem folgenden, im Übrigen an dem zweiten Werktag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, sofern nicht die Partei glaubhaft macht, dass ihr die Mitteilung nicht oder erst in einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

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Grundlage hierfür ist die Überlegung, dass es im Bereich der Verwirklichung des Rechtsschutzes der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) gebietet, die prozessuale Stellung von Bemittelten und Unbemittelten weitgehend anzugleichen (vgl. BVerfGE 81, 347, 356 m.w.N.). Es ist daher in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schon früher anerkannt worden, dass ein ordnungsgemäß begründetes und vollständiges Armenrechtsgesuch, das am letzten Tag vor Ablauf der Frist bei Gericht eingereicht wird, die Hemmungswirkung des § 203 Abs. 2 BGB a.F. auslöst (vgl. BGHZ 70, 235, 237 ff). Verlangt die in Rede stehende Vorschrift darüber hinaus die Erhebung der Klage oder - dem weitgehend gleichbedeutend - die gerichtliche Geltendmachung eines Anspruchs (vgl. BGHZ 98, 295; Senatsurteil vom 21. März 1991 - III ZR 94/89 - NJW 1991, 1745), muss hinzukommen, dass die unbemittelte Partei, soweit noch nicht geschehen , alsbald die Klage einreicht, sobald über das Prozesskostenhilfegesuch entschieden worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 1989 aaO). Sie bleibt daher auch bei Stellung eines Prozesskostenhilfeantrags in der Pflicht, nach der Entscheidung über ihr Gesuch weiterhin alles ihr Zumutbare zu tun, damit die Klage "demnächst" im Sinne des § 167 ZPO zugestellt werden kann.

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

(1) Der Versicherungsvermittler hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags nach § 62 zu dokumentieren.

(2) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung oder die Dokumentation nach Absatz 1 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherungsvermittler ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf die Möglichkeit des Versicherungsnehmers auswirken kann, gegen den Versicherungsvermittler einen Schadensersatzanspruch nach § 63 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

Mit Ausnahme der Klageschrift und solcher Schriftsätze, die Sachanträge enthalten, sind Schriftsätze und sonstige Erklärungen der Parteien, sofern nicht das Gericht die Zustellung anordnet, ohne besondere Form mitzuteilen. Bei Übersendung durch die Post gilt die Mitteilung, wenn die Wohnung der Partei im Bereich des Ortsbestellverkehrs liegt, an dem folgenden, im Übrigen an dem zweiten Werktag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, sofern nicht die Partei glaubhaft macht, dass ihr die Mitteilung nicht oder erst in einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.