Bundesgerichtshof Urteil, 21. Okt. 2016 - V ZR 230/15
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin und ihr Ehemann bestellten an ihrem Grundstück in den Jahren 2003 und 2004 zugunsten der beklagten Bank (im Folgenden: Gläubigerin ) zwei Sicherungsgrundschulden über 460.000 € sowie über 40.000 €, und zwar jeweils nebst 15 % Zinsen. Am 7. Juni 2011 beantragte die Gläubigerin die Zwangsversteigerung des Grundstücks. Von ihrem Vollstreckungsauftrag nahm sie die auf die Zeit vor dem 1. Januar 2008 entfallenden Grundschuldzinsen aus. Der dritte Versteigerungstermin sollte am 17. September 2013 stattfinden. Mit einem kurz zuvor - am 5. September 2013 - bei der Gläubigerin eingegangenen Schreiben berief sich die Klägerin erstmals auf die Verjährung der bis Ende 2007 entstandenen Zinsansprüche und erhob darauf gestützt Vollstreckungsabwehrklage. Im laufenden Verfahren hat die Gläubigerin ausdrücklich auf die verjährten Zinsen verzichtet.
- 2
- Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Zurückweisung der Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht auf ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis gestützt. Zuvor war am 29. Januar 2015 der Zuschlag erteilt worden. Der Verteilungstermin wurde für den 26. März 2015 anberaumt. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision will die Klägerin weiterhin erreichen, dass die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der vor dem 1. Januar 2008 fällig gewordenen Grundschuldzinsen für unzulässig erklärt wird.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht meint, der Klage fehle ausnahmsweise das Rechtsschutzbedürfnis, nachdem die Gläubigerin die verjährten Zinsen von vornherein von ihrem Vollstreckungsauftrag ausgenommen habe. Ihr zweifelsfrei erklärter Verzicht auf diesen Teil der Forderung komme einem Anerkenntnis gleich. Zudem könne nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Rechtsschutzbedürfnis für eine Vollstreckungsabwehrklage des Schuldners fehlen , wenn dieser titulierte, wiederkehrende Unterhaltsforderungen erfülle; dies sei auf verjährte Grundschuldzinsen übertragbar. Bei einer gegenteiligen Betrachtung werde die Gläubigerin aufgrund der jeweils eintretenden Verjährung eines Teils der Zinsforderung jährlich gezwungen, den Titel an den Schuldner herauszugeben und sich eine weitere, beschränkte vollstreckbare Ausfertigung erteilen zu lassen. Dies verursache jeweils Kosten von rund 2.000 €. Der Kostenerstattungsanspruch gegen die Schuldnerin sei voraussichtlich nicht vollstreckbar , nachdem diese die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe erfülle.
- 4
- Selbst wenn ein Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen sei, stelle sich die Rechtsverfolgung durch die Klägerin als rechtsmissbräuchlich dar und verstoße gegen das Schikaneverbot (§ 226 BGB). Die Zwangsversteigerung des Grundstücks werde nämlich aller Voraussicht nach nicht annähernd zur Befriedigung der Gläubigerin ausreichen; dass die Klägerin die titulierten Verbindlichkeiten aus ihrem sonstigen Vermögen werde begleichen können, sei nicht anzunehmen. Daher verfolge sie ein Rechtsschutzziel, das ihr unter keinem Gesichtspunkt Nutzen bringen könne.
II.
- 5
- Die Revision hat keinen Erfolg. Die Abweisung der Klage als unzulässig hält jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
- 6
- 1. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lägen die Voraussetzungen für das Rechtsschutzbedürfnis allerdings vor.
- 7
- a) Es entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass für eine Vollstreckungsabwehrklage solange ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, wie der Gläubiger den Vollstreckungstitel noch in Händen hat. Dies gilt selbst dann, wenn der Gläubiger auf seine Rechte aus dem Titel verzichtet hat oder zwischen ihm und dem Schuldner Einigkeit darüber besteht, dass eine Zwangsvollstreckung nicht mehr in Betracht kommt (vgl. Senat, Urteil vom 12. Juli 1955 - V ZR 11/53, NJW 1955, 1556; Urteil vom 23. November 1973 - V ZR 23/72, WM 1974, 59, 60; Urteil vom 10. Oktober 1975 - V ZR 5/74, WM 1975, 1213; Urteil vom 21. Januar 1994 - V ZR 238/92, NJW 1994, 1161, 1162; BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91, NJW 1992, 2148; Beschluss vom 15. Dezember 2011 - IX ZR 230/09, juris Rn. 2). Gestützt wird dies auf die Überlegung, dass der Verzicht auf die Forderung keine weitergehende Wirkung haben kann als eine in öffentlicher Urkunde erklärte Bescheinigung des Gläubigers , er sei wegen seiner Forderung befriedigt; mit einer solchen Bescheinigung kann die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln nicht erreicht werden (§ 775 Nr. 4, § 776 Satz 2 Halbs. 1 ZPO; vgl. Senat, Urteil vom 12. Juli 1955 - V ZR 11/53, NJW 1955, 1556). Dieses Verständnis entspricht zudem der Rechtsnatur der Klage aus § 767 ZPO, die sich nicht gegen einzelne Vollstreckungsmaßnahmen richtet, sondern dazu dient, einem Vollstreckungstitel die Vollstreckungsfähigkeit schlechthin zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1960 - II ZR 53/58, NJW 1960, 2886; Beschluss vom 5. Juli 2005 - VII ZB 10/05, Rpfleger 2005, 675 f.; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 767 Rn. 42). Infolgedessen hängt ihre Zulässigkeit nicht davon ab, dass Vollstreckungsmaßnahmen drohen. Vor einer überflüssigen Vollstreckungsabwehrklage kann sich der Gläubiger durch ein sofortiges Anerkenntnis schützen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 1984 - IVb ZR 52/82, NJW 1984, 2826, 2827).
- 8
- Grundsätzlich zulässig ist die Vollstreckungsabwehrklage auch dann, wenn sie sich - wie hier - nur auf einen Teil des titulierten Anspruchs bezieht. Benötigt der Gläubiger den Titel weiter, um den offenen Teil seiner Forderung zu vollstrecken, kann er eine weitere - beschränkte - vollstreckbare Ausfertigung nach § 733 ZPO erwirken und den weitergehenden ursprünglichen Titel dem Schuldner aushändigen (vgl. Senat, Urteil vom 12. Juli 1955 - V ZR 11/53, NJW 1955, 1556; Urteil vom 23. November 1973 - V ZR 23/72, WM 1974, 59, 61; Urteil vom 10. Oktober 1975 - V ZR 5/74, WM 1975, 1213; Urteil vom 21. Januar 1994 - V ZR 238/92, NJW 1994, 1161, 1162; BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91, NJW 1992, 2148).
- 9
- Ausnahmsweise verneint wird das Rechtsschutzbedürfnis nur dann, wenn die Vollstreckung unzweifelhaft nicht mehr droht. Angenommen hat der Bundesgerichtshof dies unter eng begrenzten Voraussetzungen bei Titeln, die auf wiederkehrende Leistungen - insbesondere Unterhaltsleistungen - gerichtet sind (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 1984 - IVb ZR 52/82, NJW 1984, 2826,
2827).
- 10
- b) Daran gemessen wäre ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben.
- 11
- aa) Der Verzicht der Gläubigerin auf den verjährten Teil der Zinsforderung lässt das Rechtsschutzbedürfnis für sich genommen nicht entfallen, da sie den Titel weiterhin in Händen hält. Auch wenn die Zwangsversteigerung inzwischen beendet sein sollte, ändert dies nichts daran, dass die Gläubigerin hinsichtlich der verjährten Zinsen aus dem Titel vollstrecken könnte, weil die Klägerin für das Grundschuldkapital nebst Zinsen auch die persönliche Haftung mit ihrem gesamten Vermögen übernommen hat.
- 12
- bb) Die Voraussetzungen, unter denen der Bundesgerichtshof das Rechtsschutzbedürfnis bislang ausnahmsweise verneint hat, liegen nicht vor. Angenommen worden ist dies bei Titeln, die auf wiederkehrende Leistungen - insbesondere Unterhaltsleistungen - gerichtet sind, wenn nach Erfüllung der in der Vergangenheit liegenden Zeitabschnitte die Vollstreckung unzweifelhaft nicht mehr droht. Dies beruht auf der Überlegung, dass der Gläubiger den Titel noch für die erst künftig fällig werdenden Ansprüche benötigt. Dass er den Titel in der Hand behält, begründet daher - anders als bei auf einmalige Leistungen gerichteten Titeln - nicht schon für sich allein die Besorgnis, er werde daraus trotz bereits eingetretener Erfüllung noch einmal gegen den Schuldner vollstrecken (näher zum Ganzen BGH, Urteil vom 8. Februar 1984 - IVb ZR 52/82, NJW 1984, 2826, 2827).
- 13
- Damit ist die hier zu beurteilende Fallgestaltung, anders als das Berufungsgericht meint, nicht vergleichbar. Zwar sind auch Grundschuldzinsen wiederkehrende Leistungen (vgl. Senat, Urteil vom 18. Januar 1985 - V ZR 233/83, BGHZ 93, 287, 290; vgl. auch § 216 Abs. 3 BGB). Die Zinsforderungen werden aber nicht erfüllt, sondern bestehen fort. Hieran ändert der Eintritt der Verjährung nichts; der Schuldner kann nur die entsprechende Einrede erheben. Den bloßen Verzicht des Gläubigers auf die weitere Verfolgung solcher Teilforderungen hat der Bundesgerichtshof - wie die Revision zutreffend hervorhebt - aus den bereits genannten Gründen bislang gerade nicht ausreichen lassen, um dem Schuldner das Rechtsschutzbedürfnis abzusprechen.
- 14
- 2. Gleichwohl hält es im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand, dass das Berufungsgericht das Rechtsschutzbedürfnis verneint.
- 15
- a) Mit vergleichbaren Vollstreckungsabwehrklagen von Schuldnern, die sich gestützt auf die Verjährung eines Teils der Grundschuldzinsen gegen die aus der Grundschuld betriebene Zwangsversteigerung wenden, haben sich in den vergangenen Jahren viele Instanzgerichte befasst.
- 16
- aa) Unter Beachtung der oben dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung sind die erhobenen Vollstreckungsabwehrklagen teilweise als begründet angesehen worden (so OLG Saarbrücken, Beschluss vom 13. Mai 2013 - 4 W 19/13, juris; OLG Dresden, Beschluss vom 3. Juli 2013 - 9 W 265/13, unveröffentlicht; OLG Zweibrücken, Urteil vom 21. Dezember 2012 - 7 U 16/12, unveröffentlicht; LG Hamburg, Urteil vom 26. Oktober 2012 - 313 O 121/12, unveröffentlicht; Nachweise zu weiteren unveröffentlichten Entscheidungen bei Clemente, ZfIR 2013, 559).
- 17
- bb) Nach Auffassung anderer Gerichte, der das Berufungsgericht folgt, fehlt einer auf verjährte, nicht geltend gemachte Grundschuldzinsen beschränkten Vollstreckungsabwehrklage regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis (OLG Celle, Urteil vom 20. Februar 2013 - 4 U 122/12, juris; OLG Frankfurt, ZfIR 2013, 558; OLG Hamm, WM 2015, 673 ff. sowie Urteil vom 23. Juni 2016 - 5 U 157/15, juris; LG Mainz, Rpfleger 2014, 330 f.). Diese rechtliche Einschätzung hat in der Rechtsliteratur Zustimmung gefunden (Clemente, ZfIR 2013, 559, 560; Fischer, ZNotP 2014, 333, 337 f.; Harter, EWiR 2013, 599 f.; Kirsch, Rpfleger 2014, 331 f.). Die Klage könne die Vollstreckung wegen der Hauptforderung und der nicht verjährten Zinsansprüche nicht hindern. Der Schuldner verstoße mit der Klageerhebung gegen den Sicherungsvertrag, der ihn zur Überlassung der Grundschuld mit einer die vollstreckbare Forderung überschießenden Rechtsmacht verpflichte. Er dürfe daher erst dann eine Vollstre- ckungsabwehrklage erheben, wenn der Gläubiger entgegen dem Sicherungsvertrag wegen verjährter Zinsen vollstrecke (Clemente, ZfIR 2013, 559, 560).
- 18
- b) Im Ergebnis kann das Rechtsschutzbedürfnis in dieser Fallgestaltung zwar fehlen. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen bedürfen aber der Konkretisierung.
- 19
- aa) Im Ausgangspunkt lässt sich die Unzulässigkeit der Vollstreckungsabwehrklage nicht ohne weiteres aus dem Sicherungsvertrag ableiten (so aber Clemente, ZfIR 2013, 559, 560).
- 20
- (1) Richtig ist zwar, dass die Einräumung einer überschießenden Rechtsmacht zugunsten des Sicherungsnehmers zu den Wesensmerkmalen einer Sicherungsgrundschuld gehört. Das ändert aber nichts daran, dass Zinsen aus Sicherungsgrundschulden der Verjährung unterliegen. Die frühere höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach die Verjährung bis zum Eintritt des Sicherungsfalls gehemmt war, hat der Bundesgerichtshof aufgegeben (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 28. September 1999 - XI ZR 90/98, BGHZ 142, 332 ff. mwN auch zu der früheren Rechtsprechung); die Reform des Schuldrechts hat sich auf diese Rechtsfrage nicht ausgewirkt (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2010 - XI ZR 200/09, NJW 2010, 2041 Rn. 44, insoweit in BGHZ 185, 133 nicht abgedruckt). Ziel der Rechtsprechungsänderung war es unter anderem , ein unablässiges Anschwellen des Sicherungsumfangs der Grundschuld durch Zinsen zu verhindern (BGH, Urteil vom 28. September 1999 - XI ZR 90/98, BGHZ 142, 332, 335).
- 21
- (2) Erreichen lässt sich dieses Ziel nur, wenn sich der Schuldner nicht nur auf die Einrede der Verjährung berufen, sondern im Grundsatz auch eine darauf gestützte Vollstreckungsabwehrklage erheben darf. Betreibt der Gläubiger die Vollstreckung auch in Bezug auf verjährte Grundschuldzinsen, steht die Zulässigkeit der Vollstreckungsabwehrklage außer Frage (daher ohne Problematisierung eines Rechtsschutzbedürfnisses BGH, Urteil vom 28. September 1999 - XI ZR 90/98, BGHZ 142, 332 ff.). Aber auch dann, wenn eine Vollstreckung nicht unmittelbar bevorsteht, ist eine Vollstreckungsabwehrklage im Regelfall zulässig. Dies folgt aus der bereits dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem Rechtsschutzbedürfnis für eine Vollstreckungsabwehrklage , die sich keineswegs auf Grundschuldzinsen beschränkt und infolgedessen von der auf die Verjährung solcher Zinsansprüche bezogenen Rechtsprechungsänderung nicht berührt wird (insoweit unzutreffend daher OLG Hamm, Urteil vom 23. Juni 2016 - 5 U 157/15, juris Rn. 32).
- 22
- (3) Vor Eintritt des Sicherungsfalls ist allerdings denkbar, dass der Schuldner aufgrund der Sicherungsabrede nicht allein wegen der Verjährung von Zinsansprüchen die Aushändigung des weitergehenden ursprünglichen Titels von dem Gläubiger verlangen kann. Dies bedarf aber keiner Entscheidung , weil der Sicherungsfall hier eingetreten ist.
- 23
- bb) Das Rechtsschutzbedürfnis kann jedoch ausnahmsweise zu verneinen sein, wenn der Schuldner - wie hier - während eines laufenden, aufgrund einer Sicherungsgrundschuld betriebenen Zwangsversteigerungsverfahrens eine Vollstreckungsabwehrklage erhebt, die er auf die Verjährung eines Teils der Grundschuldzinsen stützt. Dies setzt voraus, dass der Gläubiger nicht wegen der verjährten Zinsen vollstreckt; ferner müssen Indizien vorliegen, die in einer Gesamtwürdigung den sicheren Schluss erlauben, dass die Vollstreckungsabwehrklage ausschließlich prozesszweckfremden Zielen dient.
- 24
- (1) Nimmt der Gläubiger die verjährten Zinsen nach Erhebung der Verjährungseinrede nicht von dem Vollstreckungsauftrag aus, was ihm ohne weiteres möglich ist, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für die Vollstreckungsabwehrklage. Im Ausgangspunkt kann sich die Klage daher nur dann als unzulässig erweisen, wenn der Gläubiger wegen der verjährten Zinsen nicht vollstreckt.
- 25
- (2) Darüber hinaus muss das Gericht Hilfstatsachen (Indizien) feststellen, die in einer Gesamtwürdigung den sicheren Schluss erlauben, dass der Schuldner ausschließlich prozesszweckfremde Ziele verfolgt. Unter dieser Voraussetzung ist das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage nicht gegeben (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., vor § 253 Rn. 154).
- 26
- (a) Wäre die Klage zulässig, könnte der Schuldner bestenfalls erreichen, dass der Gläubiger entweder im Vorfeld der Vollstreckungsabwehrklage freiwillig eine weitere - beschränkte - vollstreckbare Ausfertigung nach § 733 ZPO erwirkt und den weitergehenden Titel herausgibt (vgl. DNotI-Report 2014, 19 ff.) oder dass er nach Klageerhebung ein Anerkenntnis abgibt. In beiden Fällen kann die weiterhin zulässige Vollstreckung aus der Hauptforderung und den nicht verjährten Zinsen (anschließend) fortgesetzt werden. Ausschließlich prozesszweckfremde Ziele verfolgt der Schuldner, wenn er die Vollstreckungsabwehrklage nicht erhebt, um die genannten Ergebnisse zu erreichen und die auf die verjährten Zinsansprüche bezogene Vollstreckbarkeit des Titels zu beseitigen , sondern um die Vollstreckung aus der Hauptforderung und den nicht verjährten Zinsen zu behindern.
- 27
- (b) Ein gewichtiges Indiz für eine solche Zielsetzung ist die Erhebung der Verjährungseinrede und der darauf gestützten Vollstreckungsabwehrklage im laufenden Versteigerungsverfahren zur Unzeit. Dies kann darauf schließen las- sen, dass der Versteigerungstermin mithilfe des entstehenden Zeitdrucks verhindert werden soll (vgl. zum Ganzen auch OLG Hamm, WM 2015, 673, 675 sowie Urteil vom 23. Juni 2016 - 5 U 157/15, juris Rn. 35 ff.). Zur Unzeit wird die Klage erhoben, wenn der Gläubiger dem Ansinnen des Schuldners freiwillig nur nachkommen kann, indem er eine Verzögerung des Versteigerungsverfahrens in Kauf nimmt. Um den Titel an den Schuldner herauszugeben, muss er sich diesen von dem Versteigerungsgericht zurückgeben lassen. Zudem muss er sich eine weitere - beschränkte - vollstreckbare Ausfertigung des Titels erteilen lassen. Kurz vor einem Versteigerungstermin wird dies nicht möglich sein, ohne eine Verzögerung hervorzurufen, weil die Titelausfertigung nebst Zustellungsnachweis bei der Versteigerung und bei der Erteilung des Zuschlags wieder vorliegen muss (Senat, Beschluss vom 18. März 2010 - V ZB 124/09, NJW-RR 2010, 1100 Rn. 18). Ist es wegen des Zeitdrucks nicht zumutbar, den Schuldner freiwillig klaglos zu stellen, kann der Gläubiger auch nicht auf die Abgabe eines Anerkenntnisses (mit erheblichen Kostenfolgen) verwiesen werden.
- 28
- (c) Damit das Gericht in einer Gesamtwürdigung zu dem sicheren Schluss gelangen kann, dass die Vollstreckungsabwehrklage ausschließlich prozesszweckfremden Zielen dient, muss neben der Klageerhebung zur Unzeit mindestens ein weiteres Indiz auf diese Zielsetzung schließen lassen. Ein solches Indiz kann sich entweder daraus ergeben, dass der zu erwartende Vollstreckungserlös nicht annähernd die Summe aus Hauptforderung und unverjährten Zinsen erreicht und die Vermögensverhältnisse des Schuldners auch im Übrigen eine erfolgreiche Vollstreckung nicht erwarten lassen. Ausreichen kann es aber auch, dass der Gläubiger gemäß § 1178 Abs. 2 BGB auf die verjährten Zinsansprüche verzichtet (bzw. insoweit hinsichtlich der persönlichen Haftungsübernahme einen Erlass gemäß § 397 BGB anbietet). Liegt eines dieser Indizien vor, wird die Zusammenschau mit der Klageerhebung zur Unzeit in der Regel den Schluss erlauben, dass es dem Schuldner nicht um die Vollstreckbarkeit der verjährten Grundschuldzinsen geht, sondern ausschließlich um die Verzögerung der Zwangsversteigerung.
- 29
- c) Daran gemessen verneint das Berufungsgericht das Rechtsschutzbedürfnis jedenfalls im Ergebnis rechtsfehlerfrei. Die verjährten Zinsen hat die Gläubigerin schon vor Erhebung der Verjährungseinrede ausdrücklich von ihrem Vollstreckungsauftrag ausgenommen. Der Sache nach geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Klägerin ausschließlich prozesszweckfremde Ziele verfolgt. Die Verjährungseinrede und die Klage wurden kurz vor dem dritten Versteigerungstermin und damit zur Unzeit erhoben, nachdem das Verfahren bereits mehr als zwei Jahre zuvor eingeleitet worden war. Ferner stützt sich das Berufungsgericht darauf, dass der im Rahmen der Zwangsversteigerung erzielte Erlös voraussichtlich nicht zur Tilgung der Grundschuld (ohne Zinsen) ausreichen werde; dies ist plausibel, nachdem sich die Hauptforderung auf insgesamt 500.000 € beläuft, der Verkehrswert des Objekts jedoch nur auf 323.000 € festgesetzt wurde und das Höchstgebot im zweiten Versteigerungstermin lediglich 180.000 € betrug. Dass die Klägerin über weiteres Vermögen verfügt, verneint es unter Hinweis auf die gewährte Prozesskostenhilfe. Schließlich legt das Berufungsgericht seiner Würdigung zugrunde, dass die Gläubigerin ausdrücklich auf die verjährten Zinsen verzichtet hat. Dass der Verzicht erst nach Klageerhebung erfolgte, ist schon deshalb unerheblich, weil die Klägerin dies nicht zum Anlass genommen hat, eine Erledigungserklärung abzugeben.
III.
- 30
- 1. Die Revision ist danach zurückzuweisen. Anders als das Berufungsgericht meint, hat das Landgericht die Klage allerdings als unbegründet abgewie- sen. Dagegen sieht das Berufungsgericht die Klage zutreffend als unzulässig an; das Verschlechterungsverbot steht dem nicht entgegen (näher BGH, Urteil vom 5. März 2009 - IX ZR 141/07, NJW 2009, 1671 Rn. 15 mwN). Der Tenor des Berufungsurteils ist jedoch klarstellend neu zu fassen. Zwingend notwendig ist dies zwar nicht, weil der Urteilstenor ohnehin unter Heranziehung der Urteilsgründe auszulegen ist. Der Senat hält die Klarstellung aber deshalb für angezeigt, weil das Berufungsgericht hilfsweise Ausführungen zur Begründetheit der Klage gemacht hat, die als nicht geschrieben gelten (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1953 - IV ZR 48/53, BGHZ 11, 222, 224; Senat, Urteil vom 3. Juli 2009 - V ZR 58/08, RNotZ 2010, 133 Rn. 11).
- 31
- 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 02.04.2014 - 14 O 206/13 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 19.03.2015 - 5 U 54/14 -
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Okt. 2016 - V ZR 230/15
Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Okt. 2016 - V ZR 230/15
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Bundesgerichtshof Urteil, 21. Okt. 2016 - V ZR 230/15 zitiert oder wird zitiert von 26 Urteil(en).
(1) Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstück zu zahlen ist (Grundschuld).
(2) Die Belastung kann auch in der Weise erfolgen, dass Zinsen von der Geldsumme sowie andere Nebenleistungen aus dem Grundstück zu entrichten sind.
(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.
(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.
(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.
Die Ausübung eines Rechts ist unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen.
(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.
(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.
(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.
(1) Vor der Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung kann der Schuldner gehört werden, sofern nicht die zuerst erteilte Ausfertigung zurückgegeben wird.
(2) Die Geschäftsstelle hat von der Erteilung der weiteren Ausfertigung den Gegner in Kenntnis zu setzen.
(3) Die weitere Ausfertigung ist als solche ausdrücklich zu bezeichnen.
(1) Die Verjährung eines Anspruchs, für den eine Hypothek, eine Schiffshypothek oder ein Pfandrecht besteht, hindert den Gläubiger nicht, seine Befriedigung aus dem belasteten Gegenstand zu suchen.
(2) Ist zur Sicherung eines Anspruchs ein Recht verschafft worden, so kann die Rückübertragung nicht auf Grund der Verjährung des Anspruchs gefordert werden. Ist das Eigentum vorbehalten, so kann der Rücktritt vom Vertrag auch erfolgen, wenn der gesicherte Anspruch verjährt ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung auf die Verjährung von Ansprüchen auf Zinsen und andere wiederkehrende Leistungen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 11.11.2015 verkündete Urteil der Zivilkammer II des Landgerichts Detmold wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; das angefochtene Urteil ist jetzt ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten zu 2) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
3I.
4Die Klägerin wendet sich mit ihrer VollstreckungsabwehrKlage in der Berufungsinstanz (nur noch) gegen die Vollstreckung der früheren Beklagten zu 2) (nunmehr nur noch: Beklagte) aus einer notariellen Urkunde. Im Hinblick auf die (frühere) Beklagte zu 1) ist der Rechtsstreit erstinstanzlich durch Teilanerkenntnisurteil erledigt worden und nicht in die Berufungsinstanz gelangt.
5Die Klägerin ist Alleineigentümerin eines Grundstücks in M, G1, Flurstücks ####, Flur X, eingetragen im Grundbuch von M, Blatt ####.
6Die Beklagte betreibt die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldurkunde des Notars T in M vom 4. Februar 2000, UR-Nr. ##/####. Die titulierte Grundschuld dient der Absicherung eines von der Beklagten gewährten Immobilienkredits und hat einen Nominalbetrag in Höhe von 285.000,00 DM (=145.718,19 €), ferner ist eine Nebenleistung sowie eine Zinspflicht von 16 % seit dem 4. Februar 2000 tituliert. Wegen dieser Forderungen unterwarf sich die Klägerin der sofortigen Zwangsvollstreckung in das Pfandobjekt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde verwiesen (Bl. 56 ff. d.A.).
7Anfang 2010 kam die Klägerin mit ihren Darlehensraten erstmals in Verzug, weshalb die Beklagte schließlich unter dem 21. Juli 2011 die Kündigung des Darlehens aussprach. Am 22. November 2011 wurde der Klägerin die vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde zugestellt. Zuvor – am 22. August 2011 – war zwischen den Parteien zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung eine Teilleistungsvereinbarung geschlossen worden, die am 30. September 2013 ausgelaufen war.
8Auf entsprechenden Antrag der Beklagten vom 17. Januar 2014 ordnete das Amtsgericht Detmold mit Beschluss vom 30. April 2014 die Zwangsversteigerung wegen sämtlicher titulierter Forderungen, also einschließlich der Grundschuldzinsen ab dem 4. Februar 2000, an (Bl. 63 f. d.A.).
9Spätestens nach Erstellung des ersten Wertgutachtens vom 12. August 2014, mit dem ein Verkehrswert von 170.000,00 € ermittelt worden war (Bl. 54 ff. der Beiakte AG Detmold, ## K #/##), wandte sich die Klägerin an ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten, auf den sie durch eine Internet-Recherche aufmerksam geworden war. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin steht hinter der Internet-Seite „www.#####-#############.de“, mit der er erklärtermaßen „Tricks gegen die Versteigerung“ vermittelt.
10Mit Beschluss vom 11. Februar 2015 wurde der Verkehrswert nach Einholung eines Gutachtens letztlich auf 210.000,00 € festgesetzt. Mit weiterem Beschluss vom 9. März 2015 wurde der erste Zwangsversteigerungstermin auf den 22. Juni 2015 festgesetzt.
11Erstmals mit Schreiben vom 22. April 2015 ließ die Klägerin über ihren späteren Prozessbevollmächtigten die Einrede der Verjährung hinsichtlich der Zinsen vor dem 1. Januar 2011 erheben und die Beklagte unter Fristsetzung zum 6. Mai 2015 auffordern, den Titel herauszugeben oder einen Austausch vorzunehmen bzw. einen solchen zuzusichern (Bl. 66 d.A.). Die Beklagte lehnte dies unter dem 28. April 2015 unter anderem mit dem Hinweis ab, dass die verjährten Zinsen in die Rangklasse 5 fielen und sie – die Beklagte – bei der Forderungsanmeldung ihren Zinsanspruch auf die Rangklasse 4 beschränkt habe; auch zum Erlösverteilungstermin werde sie eine entsprechende Einschränkung vornehmen (Bl. 68 f. d.A.).
12Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2015 hat die Klägerin unter dem Hinweis „Eilt Versteigerung läuft !!!“ Prozesskostenhilfe für die hiesige VollstreckungsabwehrKlage sowie im beigefügten Klageentwurf die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragt, wobei sie Klage und Einstellungsantrag damit begründet hat, dass die Grundschuldzinsen bis zum 1. Januar 2011 verjährt seien und die Beklagte auch wegen der verjährten Zinsen vollstrecke. Die Beklagte hat im Prozesskostenhilfeverfahren mit Schreiben vom 28. Mai 2015 erklärt, dass sie „die verjährten Zinsen nicht beanspruche“, „noch einmal ausdrücklich auf die Geltendmachung der verjährten Zinsen vor dem 01.11.2011 verzichte“ und „mit gleichtätigem Schreiben die Zwangsvollstreckung darauf“ beschränke (Bl. 102 ff. d.A.). Insoweit hat sie auf ein Schreiben an das Amtsgericht Detmold vom gleichen Tag verwiesen, mit dem sie den Antrag auf Zwangsversteigerung auf das Grundschuldkapital, fällige Zinsen ab dem 01.11.2011 und die einmaligen Nebenleistung beschränkte (Bl. 105 d.A.). Mit Beschluss vom 5. Juni 2015 hob das Amtsgericht Detmold das Zwangsversteigerungsverfahren hinsichtlich der dinglichen Zinsen bis zum 31. Oktober 2011 wegen teilweiser Antragsrücknahme auf (Bl. 132 d.A.).
13Mit Beschluss vom 9. Juni 2015 hat das Landgericht die Zwangsvollstreckung aus der streitgegenständlichen Urkunde einstweilen insgesamt eingestellt (Bl. 108 f. d.A.) und nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 31. Juli 2015 die Zustellung der Klage veranlasst. Der Zwangsversteigerungstermin vom 22. Juni 2015 wurde aufgehoben. Der mit der Grundschuld gesicherte Darlehensrückzahlungsanspruch belief sich am 22. Juni 2015 auf noch 127.613,96 €. Aktuell beträgt der Forderungsstand nach unwidersprochener Darstellung der Beklagten 137.585,27 €.
14Unter dem 27. August 2015 beantragte die Beklagte beim Amtsgericht Detmold als Verwahrstelle der Urkunden des Notars T eine Einschränkung der Vollstreckungsklausel (Bl. 304 f. d.A.). Mit Zwischenverfügung vom 1. September 2015 wies der zuständige Rechtspfleger darauf hin, dass der Einwand der Verjährung nicht im Klauselverfahren zu erheben, sondern im Zwangsvollstreckungsverfahren anzubringen sei (Bl. 306 d.A.). Mit Beschluss vom 9. September 2015 wurde der Antrag auf Einschränkung der Vollstreckungsklausel zurückgewiesen (Bl. 307 ff. d.A.).
15Im vorliegenden Rechtsstreit ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 8. September 2015 erklären, sie benötige die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung, „um Zeit für eine Umschuldung zu gewinnen, da die Beklagten ja nicht mit sich reden ließen und eine Umschuldung nicht innerhalb von zwei Wochen zu machen ist.“ (Bl. 144 d.A.). Mit Beschluss vom 21. Oktober 2015 hat das Landgericht den Einstellungsbeschluss vom 9. Juni 2015 abgeändert und die einstweilige Einstellung auf die verjährten Grundschuldzinsen beschränkt (Bl. 194 f. d.A.). Hiergegen hat die Klägerin unter dem 31. Oktober 2015 Gegenvorstellung erhoben und die Wiederherstellung des Beschlusses vom 9. Juni 2015 beantragt (Bl. 206 f. d.A.). Zur Begründung hat die Klägerin auf Rechtsprechung der Instanzgerichte zur vermeintlichen Unzulässigkeit einer Teileinstellung verwiesen (Bl. 208 ff. d.A.) sowie darauf, dass „es sich bei der Vollstreckung um ein recht formalisiertes Verfahren handelt und nur die komplette Einstellung den Schuldnern weiterhilft.“
16Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, es bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis für die VollstreckungsgegenKlage trotz des ausdrücklichen Verzichts der Beklagten hinsichtlich der verjährten Zinsen, denn diese halte den unbeschränkten Titel auch weiterhin in ihren Händen.
17Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
18die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Grundschuldurkunde ohne Brief des Notars T vom 4.02.2000, URNr. ##/####, hinsichtlich der vor dem 1.1.2011 fällig gewordenen Grundschuldzinsen für unzulässig zu erklären.
19Die Beklagte hat beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Sie ist der Ansicht gewesen, die Klage sei sowohl allgemein mangels Rechtsschutzbedürfnisses der Klägerin als auch speziell wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig.
22Das Landgericht hat die Klage unter Hinweis auf die Entscheidung des Senats (Urt. v. 22.12.2014, Aktenzeichen 5 U 80/14, zitiert nach juris Tz. 49 ff. m.w.N.) abgewiesen. Die VollstreckungsabwehrKlage sei gegenüber der Beklagten bereits unzulässig, da die Klägerin mit ihr das ihr prozessual zustehende Klagerecht missbrauche, um eine Verzögerung des Zwangsversteigerungsverfahrens zu erreichen. Die Klägerin habe selbst dargelegt, dass die Einstellung der Zwangsvollstreckung benötigt werde, um Zeit für eine Umschuldung zu gewinnen. Damit gehe es der Klägerin nicht um eine Abwehr der Vollstreckung bzgl. der verjährten Zinsen, sondern um eine Verzögerung schlechthin. Dieses Interesse sei nicht schutzwürdig. Denn das Instrument der VollstreckungsabwehrKlage und auch der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung solle dem Schuldnerschutz nur insoweit dienen, als dem Schuldner berechtigte materiell-rechtliche Einwendungen zustünden. Vorliegend stehe der Klägerin aber mit der Einrede der Verjährung keine materiell-rechtliche Einwendung zu, die sich gegen den titulierten Anspruch insgesamt richte.
23Mit ihrer Berufung wendet sich die Klägerin gegen das Klageabweisende Urteil. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die VollstreckungsabwehrKlage bestehe – solange der Gläubiger noch den Titel in den Händen halte – nach der Rechtsprechung des BGH selbst dann, wenn ein Verzicht auf die verjährten Zinsen vorliege oder Einigkeit bestehe, dass eine Zwangsvollstreckung aus den verjährten Zinsen nicht in Betracht kommt. Diskutiert habe der BGH einen Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses zudem nur in Fällen, in denen die titulierte Forderung teilweise erfüllt worden sei, woran es hier bereits fehle. Jedenfalls könne das Rechtsschutzbedürfnis nur bei Rückgabe des Titels oder dessen Abänderung gem. § 733 ZPO entfallen. Eine Abänderung sei auch ohne weiteres möglich, erzeuge weder erheblichen Kosten- noch Zeitaufwand und müsse regelmäßig nur ein einziges Mal erfolgen. Das Landgericht sei zu Unrecht von Rechtsmissbrauch ausgegangen. Legitimes (Klage-)Ziel sei nach wie vor die Beseitigung der Vollstreckbarkeit des Titels, die Einstellung der Zwangsvollstreckung insgesamt – für die zudem die Klägerin nicht die Verantwortung trage – sei lediglich ein „Nebenprodukt“. Soweit die Beklagte hierdurch Nachteile erleide, füge sie sich diese aufgrund ihrer Weigerungshaltung selber zu. Dass die Klägerin versuche, ihr Haus durch eine Umschuldung zu retten, sei ihr Recht und begründe keinen Rechtsmissbrauch. So sei auch der Schuldnerin des Parallelverfahrens OLG Hamm 5 U 51/15 aufgrund des Zeitgewinns eine Umschuldung gelungen. Der Wille zur Umschuldung begründe auch deswegen keine Benachteiligungsabsicht, weil im Falle einer Umschuldung die titulierte Forderung voll beglichen würde.
24Die Klägerin beantragt,
25unter Abänderung des Landgerichts Detmold vom 11. November 2015 die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 2) aus der notariellen Grundschuldurkunde ohne Brief des Notars T vom 4. Februar 2000 Urk.Nr ##/#### hinsichtlich der vor dem 1. Januar 2011 fällig gewordenen Grundschuldzinsen für unzulässig zu erklären.
26Die Beklagte beantragt,
27die Berufung zurückzuweisen.
28Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Verzögerung einer Vollstreckungshandlung sei nicht vom Rechtsschutzbedürfnis einer Vollstreckungsabwehr erfasst. Die von der Klägerin herangezogene Rechtsprechung des BGH zum fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnis sei auf verjährte Grundschuldzinsen nicht anwendbar, weil der BGH erst mit Urteil vom 28. September 1999 seine frühere Rechtsprechung, nach der die Verjährung von Grundschuldzinsen bis zum Eintritt des Sicherungsfalles gehemmt sei, aufgegeben habe. Die Klägerin müsse sich zudem daran festhalten lassen, dass sie mit Schreiben vom 22. April 2015 noch eine „Zusicherung“ habe ausreichen lassen und die Beklagte zeitnah eine solche abgegeben habe. Würde die Beklagte auf ein Vorgehen nach § 733 ZPO verwiesen, müsse sie den Titel jährlich auf ihre Kosten anpassen. Vorliegend drohe eine Zwangsvollstreckung wegen der verjährten Zinsen unzweifelhaft nicht. Dabei könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich die Beklagte beim Amtsgericht Detmold – wenn auch erfolglos – um ein Vorgehen nach § 733 ZPO bemüht habe. Selbst wenn ein Rechtsschutzbedürfnis bestünde, wäre die VollstreckungsgegenKlage jedenfalls rechtsmissbräuchlich.
29II.
30Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die erhobene VollstreckungsabwehrKlage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Es mangelt ihr bereits am Rechtsschutzbedürfnis. Hiervon unabhängig stellt sie sich auch als rechtsmissbräuchlich dar, so dass die Klage auch aus diesem Grund unzulässig ist. Im Einzelnen:
311. Es fehlt der VollstreckungsabwehrKlage am Rechtsschutzbedürfnis. Grundsätzlich ist nach der Rechtsprechung des BGH das Rechtsschutzbedürfnis für eine VollstreckungsgegenKlage gem. § 767 ZPO zwar solange gegeben, wie der Gläubiger den Titel in den Händen hält (st. Rspr., vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 767 ZPO Rn. 8 m. w. N.; BGH, Urteil vom 08. Februar 1984 - IVb ZR 52/82 -, juris m. w. N.; BGH, Urteil vom 19-09-1988 - II ZR 362/87 (Stuttgart) = NJW-RR 1989, 124 m. w. N.; BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91 -, juris m. w. N.; BGH, Beschluss vom 15.12.2011 - IX ZR 230/09 = BeckRS 2012, 00067). Das gilt selbst dann, wenn der Gläubiger nach Teilerfüllung für den Forderungsrest noch einen Titel benötigt; er kann dann nach § 733 ZPO eine beschränkte weitere Ausfertigung erwirken und den weitergehenden ursprünglichen Titel dem Schuldner aushändigen (BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91 -, juris m. w. N.; BGH, Urteil vom 23. November 1973 - V ZR 23/72 -, juris; BGH, Urteil vom 12. Juli 1955 - V ZR 11/53 -, juris = NJW 1955, 1556). Das Rechtschutzbedürfnis fehlt lediglich, wenn eine Zwangsvollstreckung unzweifelhaft nicht mehr droht (BGH, Beschluss vom 15.12.2011 - IX ZR 230/09 = BeckRS 2012, 00067 m. w. N.). So liegt es hier:
32a) Für ein „unzweifelhaftes Nicht-mehr-Drohen“ gelten nach der Rechtsprechung des BGH allerdings im Grundsatz strenge Anforderungen. Nicht ausreichend ist es etwa, wenn der Gläubiger auf sein Recht aus dem Titel verzichtet (vgl. Zöller/Herget, a.a.O.; BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91 -, juris m. w. N.). oder zwischen ihm und dem Schuldner Einigkeit darüber besteht, dass eine Zwangsvollstreckung nicht mehr in Betracht kommt (BGH, Beschluss vom 15.12.2011 - IX ZR 230/09 = BeckRS 2012, 00067 m. w. N.). Für ausreichend wurde es (erst) gehalten, wenn der Gläubiger den Titel an den Notar unter Verzicht auf Rücknahme herausgegeben hat, mit dem Auftrag, diesen an den Schuldner herauszugeben (BGH, Urteil vom 21.01.1994 - V ZR 238/92 (München) = NJW 1994, 1161). Ein bloßer Verzicht des Gläubigers auf die Zwangsvollstreckung ohne Herausgabe des Titels an den Schuldner beseitigt das Rechtsschutzinteresse nicht (MüKoZPO/Karsten Schmidt/Brinklageann, ZPO, 4. Aufl. 2012, § 767 Rn. 43).
33b) Der BGH hat jedoch geringere Anforderungen an das „unzweifelhafte Nicht-mehr-Drohen“ gestellt, wenn der Gläubiger den Titel noch für künftig fällig werdende (Unterhalts-)Leistungen benötigt (BGH, Urt. v. 08. Februar 1984, Az.: IVb ZR 52/82 – juris Rn. 19 ff.; für diese Konstellation wurde die Ausnahme des „unzweifelhaften Nicht-mehr-Drohens“ auch erstmals entwickelt). Der BGH hat insoweit darauf abgestellt, dass ein derartiger Titel vom Gläubiger nicht an den Schuldner herausgegeben wird, wenn dieser die Unterhaltsrente für einen bestimmten Zeitraum gezahlt hat, da er den Titel noch für die erst künftig fällig werdenden Ansprüche benötige. Dass der Gläubiger den Titel weiter in der Hand halte, begründe daher hier - anders als bei Titeln auf einmalige Leistungen - nicht schon für sich allein die Besorgnis, er werde daraus trotz bereits eingetretener Erfüllung noch einmal gegen den Schuldner vollstrecken (BGH, a.a.O.). Die vorstehende Ausnahme für wiederkehrende Leistungen hat der BGH in der Folge ausgedehnt und dem Grunde nach auch auf die Fallgruppe der Teilerfüllung in Ansatz gebracht (BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 – XI ZR 166/91 – juris Rn. 7, dort aber angesichts der konkreten Umstände des Falles abgelehnt). Die Übertragung der Ausnahme auf die Fallgruppe der Teilerfüllung ist nach Auffassung des Senats jedenfalls sachgerecht, da hier – ebenso wie bei titulierten zukünftigen Forderungen – das weitere „In-den-Händen-Halten“ des Titels allein nicht die Besorgnis begründet, der Titel würde missbräuchlich eingesetzt. Denn hier wie dort wird er für die weitere Restvollstreckung noch benötigt.
34c) Ob ein „unzweifelhaftes Nicht-mehr-Drohen“ vorliegt, ist eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Tatfrage (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011, Az.: IX ZR 230/09). Die vorzitierte Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2011 ist deswegen von Interesse, weil mit ihr die Revision gegen ein Urteil des OLG Jena nicht zugelassen wurde, welches gleichfalls eine VollstreckungsabwehrKlage gegen einen nicht vollständig erschöpften Titel, der nicht auf eine wiederkehrende Leistung lautete, zum Gegenstand hatte (Urt. v. 2. Dezember 2009, Az.: 2 U 557/09 = BeckRS 2012, 00090). Im dortigen Fall wurde vom Gläubiger der Titel noch für die Festsetzung der Zwangsvollstreckungskosten benötigt, so dass trotz des weiteren „In-den-Händen-halten“ des Titels nach Auffassung des OLG Jena kein Grund für die Annahme bestand, der Gläubiger wolle den bereits durch – unstreitige – Erfüllung erloschenen Forderungsteil vollstrecken. Im dortigen Verfahren hatte der Beklagte sowohl gegenüber dem Kläger die Zahlung bestätigt als auch gegenüber den Vollstreckungsgerichten erklärt, dass Hauptforderung und Zinsen gezahlt seien. Ferner hatte er die Anträge auf Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung zurückgenommen und im dortigen Verfahren nochmals erklärt, dass er den Titel nur noch für die – nicht getilgten – Kosten der Zwangsvollstreckung benötige. Bei dieser Sachlage – so das OLG Jena – habe der Kläger „kein anzuerkennendes Interesse daran, dass mit hoher Kostenbelastung für die Gegenseite richterlich etwas festgestellt wird, was zwischen den Parteien völlig unstreitig ist und was die Beklagte dem Kläger schriftlich bestätigt hat.“ Die VollstreckungsabwehrKlage sei deswegen unzulässig.
35d) Gemessen an all dem gilt nach Auffassung des Senats:
36aa) Es kann dahinstehen, ob die zukünftig fällig werdenden Grundschuldzinsen unter die anerkannte Ausnahmefallgruppe der „zukünftig wiederkehrenden Leistungen“ subsumiert werden kann (tendenziell bejahend: OLG Celle, Urt. v. 20. Februar 2013, Az.: 4 U 122/12; verneinend: OLG Nürnberg, Beschluss vom 13. Dezember 2012, Az.: 6 U 1600/12; OLG Dresden, Beschluss vom 3. Juli 2013, Az.: 9W 265/13), da sich vorliegend jedenfalls die Grundsätze zur Ausnahmefallgruppe der „Teilerfüllung“ fruchtbar machen lassen. Dass es vorliegend nicht um die Erfüllung, sondern um die Verjährung geht, ist ohne Belang. Hier wie dort geht es um zwischen den Parteien unstreitige Einwendungen gegen den titulierten Anspruch. Überdies dürfte bei verjährten Grundschuldzinsen eine Vollstreckung – erhebt der Schuldner die Einrede der Verjährung – noch weniger ernstlich drohen als bei teilweiser Erfüllung. Denn ältere und damit auch verjährte Zinsforderungen haben kraft Gesetzes eine schlechtere Rangklasse als das Grundschuldkapital und die Zinsen der letzten zwei Jahre. Wenn es – wie hier – um verjährte Grundschuldzinsen geht, ist nach Auffassung des Senats zudem bereits aufgrund des betroffenen Sachbereichs ein großzügigerer Maßstab bei der Frage des „unzweifelhaften nicht-mehr-Drohens“ anzulegen: Die – strenge – Rechtsprechung des BGH zum fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnis ist zu einer Zeit ergangen, als die Verjährung von Grundschuldzinsen erst mit Eintritt der Verwertungsreife begann. Erst im Jahr 1999 erfolgte insoweit eine Rechtsprechungsänderung, nach der es zur Verjährung der Zinsansprüche bereits vor Eintritt des Sicherungsfalles kommen konnte (BGH NJW 1999, 3705/3706). Erst nach dieser Rechtslage konnte sich damit überhaupt die Obliegenheit ergeben, gem. § 733 ZPO (ggf.: kontinuierlich) den Titel um die jeweils verjährten Zinsen anpassen zu müssen.
37bb) Vor diesem Hintergrund ergibt die Würdigung der tatsächlichen Umstände, dass vorliegend eine Zwangsvollstreckung nicht (mehr) ernstlich drohte. Eine drohende Zwangsvollstreckung konnte zunächst nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Beklagte ursprünglich auch die verjährten Forderungen im Zwangsversteigerungsverfahren angemeldet hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin die Einrede der Verjährung noch nicht erhoben, so dass keine materiellen Einwendungen gegen den titulierten Anspruch bestanden (vgl. OLG Celle, Urt. v. 20. Februar 2013, Az.: 4 U 122/12). Zwar hatte die Beklagte nach Erhebung der Einrede der Verjährung (mit Schreiben vom 22. April 2014) zunächst mit Schreiben vom 28. April 2016 (lediglich) erklärt, zum Versteigerungstermin die verjährten Zinsen nicht angemeldet zu haben. Mit Schreiben vom 28. Mai 2016 und damit vor Zustellung der Klageschrift hat sie jedoch ausdrücklich erklärt, dass sie „die verjährten Zinsen nicht beanspruche“ und „noch einmal ausdrücklich auf die Geltendmachung der verjährten Zinsen“ verzichte. Ob hierin bereits ein materiell-rechtliches Angebot auf Abschluss eines Verzichtsvertrages (§ 397 BGB) liegt, ist zwar zweifelhaft; jedenfalls lässt diese Äußerung bereits Rückschlüsse auf den mangelnden Vollstreckungswillen zu. Hinzu kommt, dass die Beklagte mit Schreiben vom gleichen Tag ihren Zwangsversteigerungsantrag auf die nicht verjährten Forderungsteile beschränkt und das Amtsgericht Detmold sodann antragsgemäß (unter dem 5. Juni 2015) das Zwangsversteigerungsverfahren insoweit wieder aufgehoben hatte. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte sogar den Versuch unternommen hat, entsprechend der vorzitierten Grundlinie des BGH die vollstreckbare Ausfertigung gem. § 733 ZPO auf die nicht verjährten Forderungsteile zu beschränken und damit (nochmals) ernstlich dokumentiert hat, eine Zwangsvollstreckung der verjährten Zinsen keinesfalls zu beabsichtigen. Entgegen der Auffassung der Klägerin war das Amtsgericht für den Antrag aus § 733 ZPO auch zuständig, da sich die notarielle Urkunde in der Verwahrung des Amtsgerichts Detmold befunden hatte (§ 797 Abs. 2 Satz 2 ZPO i.V.m. §§ 45, 51 BNotO). Dass der Rechtspfleger diesen Antrag abschlägig beschieden und die Beklagte gegen die Entscheidung des Rechtspflegers keine weiteren Rechtsbehelfe ergriffen hatte, kann nicht der redlichen Beklagten zur Last fallen, sondern belegt eher, wie wenig praktikabel das Vorgehen über § 733 ZPO sein kann. Eine Vollstreckung aus den verjährten Grundschuldzinsen ist ferner auch deswegen fernliegend, weil bereits das Grundschuldkapital und die nicht verjährten Zinsen die noch valutierende Forderung weit übersteigen, so dass für die Zwangsvollstreckung aus verjährten Zinsen keinerlei Bedarf besteht. In der Gesamtschau der vorstehenden Gesichtspunkte liegt nach Auffassung des Senats ein „unzweifelhaftes Nicht-mehr-Drohen“ der Vollstreckung der verjährten Forderungsteile vor. Es wäre unter den gegebenen Umständen von der Beklagten mehr als unvernünftig, unternähme sie auch nur den Versuch, wegen der verjährten Zinsforderung zu vollstrecken; ein solches Verhalten ist bei lebensnaher Bewertung schlechterdings nicht zu erwarten, sondern vielmehr sicher auszuschließen.
382. Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen ist die Klage auch wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig. Die vom Senat aufgestellten Kriterien (OLG Hamm, a.a.O., - juris Rn. 57 ff.) für Rechtsmissbrauch lassen sich auch hier feststellen:
39a) Die Verjährungseinrede wurde erstmals zwei Monate vor dem bereits angesetzten Versteigerungstermin erhoben. Es wurde damit zwar ein geringerer Zeitdruck aufgebaut als in dem zuvor vom Senat erschienenen Fall (dort: ein Monat). Gleichwohl spricht der – auch bei Gericht – aufgebaute Zeitdruck dafür, dass das Verfahren zeitlich so gestaltet wurde, um die vollständige einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung – wie dann ja auch geschehen – zu erwirken und so den bereits anberaumten Versteigerungstermin platzen zu lassen.
40Dies gilt umso mehr, als die Klägerin die Einrede der Verjährung zur Überzeugung des Senats auch wesentlich früher hätte erheben können. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat hat der Ehemann der Klägerin als deren Vertreter auf Nachfrage des Senats zunächst erklärt, er habe bereits im Jahr 2013 Kontakt mit Herrn Rechtsanwalt L aufgenommen. Auf Vorhalt des Senats, dass die Verjährungseinrede dann doch wesentlich früher hätte erhoben werden können, hat der Ehemann der Klägerin sodann erklärt, die Kontaktaufnahme müsse dann wohl doch erst später gewesen sein, und zwar nach Erstellung des ersten Wertgutachtens. Auf weiteren Vorhalt des Senats, dass auch dann mehrere Monate zur Erhebung der Verjährungseinrede zur Verfügung gestanden hätten, hat der Ehemann der Klägerin zunächst angegeben, Herr Rechtsanwalt L habe ihnen geraten zu warten. In dem Gespräch habe Herr L auch gesagt, es seien ja „Schulden falsch angerechnet worden“. Auf weitere Frage, ob Herr Rechtsanwalt L, der – wie dem Senat auch aus Parallelverfahren bekannt sei – regelmäßig Verfahren der hiesigen Art führe, dann doch sicherlich auch über die verjährten Grundschuldzinsen gesprochen habe, hat der Ehemann der Klägerin seine Einlassung abermals korrigiert. Nunmehr hat er erklärt, er habe nach dem Eingang des ersten Wertgutachtens zwar mit Herrn Rechtsanwalt L Kontakt aufgenommen, dieser habe ihn und seine Frau aber erst (noch) später beraten. Erst nach dem zweiten Wertgutachten aus dem Dezember 2014 (siehe Bl. 169 ff. BA) habe man mit Herrn Rechtsanwalt L zwei- bis dreimal telefoniert.
41Dass der Ehemann der Klägerin in dem – zugestandenen – Gespräch mit Herrn Rechtsanwalt L nach dem Eingang des ersten Wertgutachtens nicht beraten worden sein soll, hat der Senat dem Ehemann der Klägerin – der auf Vorhalt seine Ausführungen stets angepasst hatte – nicht abgenommen. Dass im Rahmen der zugestandenen Kontaktaufnahme mit Herrn Rechtsanwalt L (spätestens) nach Erstellung des ersten Wertgutachtens auch eine inhaltliche Beratung erfolgt ist, wird schon durch die Erklärung des Klägers, Herr L habe auf „falsch angerechnete Schulden“ verwiesen, belegt. Dieser Aussage muss eine – zumindest summarische – Prüfung vorausgegangen sein. Dass bei dieser Gelegenheit dem – auf Verfahren der vorliegenden Art spezialisierten – Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Verjährung der Zinsen nicht aufgefallen sein sollte (oder er den Ehemann der Klägerin hierauf nicht hingewiesen haben) sollte, ist ernstlich nicht anzunehmen. Das Ergebnis der Parteianhörung korrespondiert damit zur Überzeugung des Senats mit dem aus dem äußeren Verfahrensablauf gewonnenen Eindruck, dass durch den künstlichen Aufbau von Zeitdruck das Gericht veranlasst werden sollte, die vollständige vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung auszusprechen.
42b) Die Klägerin verfolgt keine noch vom Schutzzweck der Vollstreckungsabwehrklage abgedeckten legitimen Ziele. Zweck der Vollstreckungsabwehrklage ist es, die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung im Umfang des Bestehens materieller Einwendungen gegen den titulierten Anspruch herzustellen. In der Hauptsache könnte die Klägerin deswegen – wie auch beantragt – die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung (nur) wegen der verjährten Zinsen erwirken. Dass dies nicht ihr wahres Rechtschutzziel ist, hat sie damit offenbart, dass sie gegen die Abänderung des Einstellungsbeschlusses – der entsprechend die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung nur hinsichtlich der verjährten Forderungsteile aussprach – Gegenvorstellung mit dem Einwand erhoben hat „nur die komplette Einstellung helfe den Schuldnern weiter“. Selbstverständlich muss im Übrigen auch die nur teilweise einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zulässig sein (vgl. OLGR Köln 1992, 162 f.), denn andernfalls erhielte der Schuldner im einstweiligen Rechtsschutz mehr, als er in der Hauptsache jemals erlangen könnte. Dass es der Klägerin letztlich nur um Zeitgewinn geht, belegt auch ihre Äußerung, sie benötige die Einstellung, um Zeit für eine Umschuldung zu gewinnen. All dies zeigt, dass sie den verjährten Forderungsteil lediglich als „Hebel“ zur Verwirklichung verfahrensfremder Ziele einsetzt.
43c) Hiervor muss die Beklagte als redliche Gläubigerin geschützt werden. Es bestand – siehe oben – keine ernstliche Gefahr der Vollstreckung verjährter Zinsen, da die Beklagte bei Zustellung der Klage die Zwangsvollstreckung wirksam auf die nicht verjährten Forderungsteile beschränkt hatte.
443. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Dabei kann dahinstehen, ob die vom Senat angenommene Rechtsmissbräuchlichkeit der Vollstreckungsabwehrklage eine zulassungsbedürftige Rechtsfrage aufwirft. Denn die vorliegende Entscheidung beruht selbstständig tragend darauf, dass der Klägerin auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Vollstreckungsabwehrklage fehlt. Dies aber ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011, Az.: IX ZR 230/09).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 11.11.2015 verkündete Urteil der Zivilkammer II des Landgerichts Detmold wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; das angefochtene Urteil ist jetzt ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten zu 2) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
3I.
4Die Klägerin wendet sich mit ihrer VollstreckungsabwehrKlage in der Berufungsinstanz (nur noch) gegen die Vollstreckung der früheren Beklagten zu 2) (nunmehr nur noch: Beklagte) aus einer notariellen Urkunde. Im Hinblick auf die (frühere) Beklagte zu 1) ist der Rechtsstreit erstinstanzlich durch Teilanerkenntnisurteil erledigt worden und nicht in die Berufungsinstanz gelangt.
5Die Klägerin ist Alleineigentümerin eines Grundstücks in M, G1, Flurstücks ####, Flur X, eingetragen im Grundbuch von M, Blatt ####.
6Die Beklagte betreibt die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldurkunde des Notars T in M vom 4. Februar 2000, UR-Nr. ##/####. Die titulierte Grundschuld dient der Absicherung eines von der Beklagten gewährten Immobilienkredits und hat einen Nominalbetrag in Höhe von 285.000,00 DM (=145.718,19 €), ferner ist eine Nebenleistung sowie eine Zinspflicht von 16 % seit dem 4. Februar 2000 tituliert. Wegen dieser Forderungen unterwarf sich die Klägerin der sofortigen Zwangsvollstreckung in das Pfandobjekt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde verwiesen (Bl. 56 ff. d.A.).
7Anfang 2010 kam die Klägerin mit ihren Darlehensraten erstmals in Verzug, weshalb die Beklagte schließlich unter dem 21. Juli 2011 die Kündigung des Darlehens aussprach. Am 22. November 2011 wurde der Klägerin die vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde zugestellt. Zuvor – am 22. August 2011 – war zwischen den Parteien zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung eine Teilleistungsvereinbarung geschlossen worden, die am 30. September 2013 ausgelaufen war.
8Auf entsprechenden Antrag der Beklagten vom 17. Januar 2014 ordnete das Amtsgericht Detmold mit Beschluss vom 30. April 2014 die Zwangsversteigerung wegen sämtlicher titulierter Forderungen, also einschließlich der Grundschuldzinsen ab dem 4. Februar 2000, an (Bl. 63 f. d.A.).
9Spätestens nach Erstellung des ersten Wertgutachtens vom 12. August 2014, mit dem ein Verkehrswert von 170.000,00 € ermittelt worden war (Bl. 54 ff. der Beiakte AG Detmold, ## K #/##), wandte sich die Klägerin an ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten, auf den sie durch eine Internet-Recherche aufmerksam geworden war. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin steht hinter der Internet-Seite „www.#####-#############.de“, mit der er erklärtermaßen „Tricks gegen die Versteigerung“ vermittelt.
10Mit Beschluss vom 11. Februar 2015 wurde der Verkehrswert nach Einholung eines Gutachtens letztlich auf 210.000,00 € festgesetzt. Mit weiterem Beschluss vom 9. März 2015 wurde der erste Zwangsversteigerungstermin auf den 22. Juni 2015 festgesetzt.
11Erstmals mit Schreiben vom 22. April 2015 ließ die Klägerin über ihren späteren Prozessbevollmächtigten die Einrede der Verjährung hinsichtlich der Zinsen vor dem 1. Januar 2011 erheben und die Beklagte unter Fristsetzung zum 6. Mai 2015 auffordern, den Titel herauszugeben oder einen Austausch vorzunehmen bzw. einen solchen zuzusichern (Bl. 66 d.A.). Die Beklagte lehnte dies unter dem 28. April 2015 unter anderem mit dem Hinweis ab, dass die verjährten Zinsen in die Rangklasse 5 fielen und sie – die Beklagte – bei der Forderungsanmeldung ihren Zinsanspruch auf die Rangklasse 4 beschränkt habe; auch zum Erlösverteilungstermin werde sie eine entsprechende Einschränkung vornehmen (Bl. 68 f. d.A.).
12Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2015 hat die Klägerin unter dem Hinweis „Eilt Versteigerung läuft !!!“ Prozesskostenhilfe für die hiesige VollstreckungsabwehrKlage sowie im beigefügten Klageentwurf die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragt, wobei sie Klage und Einstellungsantrag damit begründet hat, dass die Grundschuldzinsen bis zum 1. Januar 2011 verjährt seien und die Beklagte auch wegen der verjährten Zinsen vollstrecke. Die Beklagte hat im Prozesskostenhilfeverfahren mit Schreiben vom 28. Mai 2015 erklärt, dass sie „die verjährten Zinsen nicht beanspruche“, „noch einmal ausdrücklich auf die Geltendmachung der verjährten Zinsen vor dem 01.11.2011 verzichte“ und „mit gleichtätigem Schreiben die Zwangsvollstreckung darauf“ beschränke (Bl. 102 ff. d.A.). Insoweit hat sie auf ein Schreiben an das Amtsgericht Detmold vom gleichen Tag verwiesen, mit dem sie den Antrag auf Zwangsversteigerung auf das Grundschuldkapital, fällige Zinsen ab dem 01.11.2011 und die einmaligen Nebenleistung beschränkte (Bl. 105 d.A.). Mit Beschluss vom 5. Juni 2015 hob das Amtsgericht Detmold das Zwangsversteigerungsverfahren hinsichtlich der dinglichen Zinsen bis zum 31. Oktober 2011 wegen teilweiser Antragsrücknahme auf (Bl. 132 d.A.).
13Mit Beschluss vom 9. Juni 2015 hat das Landgericht die Zwangsvollstreckung aus der streitgegenständlichen Urkunde einstweilen insgesamt eingestellt (Bl. 108 f. d.A.) und nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 31. Juli 2015 die Zustellung der Klage veranlasst. Der Zwangsversteigerungstermin vom 22. Juni 2015 wurde aufgehoben. Der mit der Grundschuld gesicherte Darlehensrückzahlungsanspruch belief sich am 22. Juni 2015 auf noch 127.613,96 €. Aktuell beträgt der Forderungsstand nach unwidersprochener Darstellung der Beklagten 137.585,27 €.
14Unter dem 27. August 2015 beantragte die Beklagte beim Amtsgericht Detmold als Verwahrstelle der Urkunden des Notars T eine Einschränkung der Vollstreckungsklausel (Bl. 304 f. d.A.). Mit Zwischenverfügung vom 1. September 2015 wies der zuständige Rechtspfleger darauf hin, dass der Einwand der Verjährung nicht im Klauselverfahren zu erheben, sondern im Zwangsvollstreckungsverfahren anzubringen sei (Bl. 306 d.A.). Mit Beschluss vom 9. September 2015 wurde der Antrag auf Einschränkung der Vollstreckungsklausel zurückgewiesen (Bl. 307 ff. d.A.).
15Im vorliegenden Rechtsstreit ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 8. September 2015 erklären, sie benötige die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung, „um Zeit für eine Umschuldung zu gewinnen, da die Beklagten ja nicht mit sich reden ließen und eine Umschuldung nicht innerhalb von zwei Wochen zu machen ist.“ (Bl. 144 d.A.). Mit Beschluss vom 21. Oktober 2015 hat das Landgericht den Einstellungsbeschluss vom 9. Juni 2015 abgeändert und die einstweilige Einstellung auf die verjährten Grundschuldzinsen beschränkt (Bl. 194 f. d.A.). Hiergegen hat die Klägerin unter dem 31. Oktober 2015 Gegenvorstellung erhoben und die Wiederherstellung des Beschlusses vom 9. Juni 2015 beantragt (Bl. 206 f. d.A.). Zur Begründung hat die Klägerin auf Rechtsprechung der Instanzgerichte zur vermeintlichen Unzulässigkeit einer Teileinstellung verwiesen (Bl. 208 ff. d.A.) sowie darauf, dass „es sich bei der Vollstreckung um ein recht formalisiertes Verfahren handelt und nur die komplette Einstellung den Schuldnern weiterhilft.“
16Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, es bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis für die VollstreckungsgegenKlage trotz des ausdrücklichen Verzichts der Beklagten hinsichtlich der verjährten Zinsen, denn diese halte den unbeschränkten Titel auch weiterhin in ihren Händen.
17Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
18die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Grundschuldurkunde ohne Brief des Notars T vom 4.02.2000, URNr. ##/####, hinsichtlich der vor dem 1.1.2011 fällig gewordenen Grundschuldzinsen für unzulässig zu erklären.
19Die Beklagte hat beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Sie ist der Ansicht gewesen, die Klage sei sowohl allgemein mangels Rechtsschutzbedürfnisses der Klägerin als auch speziell wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig.
22Das Landgericht hat die Klage unter Hinweis auf die Entscheidung des Senats (Urt. v. 22.12.2014, Aktenzeichen 5 U 80/14, zitiert nach juris Tz. 49 ff. m.w.N.) abgewiesen. Die VollstreckungsabwehrKlage sei gegenüber der Beklagten bereits unzulässig, da die Klägerin mit ihr das ihr prozessual zustehende Klagerecht missbrauche, um eine Verzögerung des Zwangsversteigerungsverfahrens zu erreichen. Die Klägerin habe selbst dargelegt, dass die Einstellung der Zwangsvollstreckung benötigt werde, um Zeit für eine Umschuldung zu gewinnen. Damit gehe es der Klägerin nicht um eine Abwehr der Vollstreckung bzgl. der verjährten Zinsen, sondern um eine Verzögerung schlechthin. Dieses Interesse sei nicht schutzwürdig. Denn das Instrument der VollstreckungsabwehrKlage und auch der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung solle dem Schuldnerschutz nur insoweit dienen, als dem Schuldner berechtigte materiell-rechtliche Einwendungen zustünden. Vorliegend stehe der Klägerin aber mit der Einrede der Verjährung keine materiell-rechtliche Einwendung zu, die sich gegen den titulierten Anspruch insgesamt richte.
23Mit ihrer Berufung wendet sich die Klägerin gegen das Klageabweisende Urteil. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die VollstreckungsabwehrKlage bestehe – solange der Gläubiger noch den Titel in den Händen halte – nach der Rechtsprechung des BGH selbst dann, wenn ein Verzicht auf die verjährten Zinsen vorliege oder Einigkeit bestehe, dass eine Zwangsvollstreckung aus den verjährten Zinsen nicht in Betracht kommt. Diskutiert habe der BGH einen Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses zudem nur in Fällen, in denen die titulierte Forderung teilweise erfüllt worden sei, woran es hier bereits fehle. Jedenfalls könne das Rechtsschutzbedürfnis nur bei Rückgabe des Titels oder dessen Abänderung gem. § 733 ZPO entfallen. Eine Abänderung sei auch ohne weiteres möglich, erzeuge weder erheblichen Kosten- noch Zeitaufwand und müsse regelmäßig nur ein einziges Mal erfolgen. Das Landgericht sei zu Unrecht von Rechtsmissbrauch ausgegangen. Legitimes (Klage-)Ziel sei nach wie vor die Beseitigung der Vollstreckbarkeit des Titels, die Einstellung der Zwangsvollstreckung insgesamt – für die zudem die Klägerin nicht die Verantwortung trage – sei lediglich ein „Nebenprodukt“. Soweit die Beklagte hierdurch Nachteile erleide, füge sie sich diese aufgrund ihrer Weigerungshaltung selber zu. Dass die Klägerin versuche, ihr Haus durch eine Umschuldung zu retten, sei ihr Recht und begründe keinen Rechtsmissbrauch. So sei auch der Schuldnerin des Parallelverfahrens OLG Hamm 5 U 51/15 aufgrund des Zeitgewinns eine Umschuldung gelungen. Der Wille zur Umschuldung begründe auch deswegen keine Benachteiligungsabsicht, weil im Falle einer Umschuldung die titulierte Forderung voll beglichen würde.
24Die Klägerin beantragt,
25unter Abänderung des Landgerichts Detmold vom 11. November 2015 die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 2) aus der notariellen Grundschuldurkunde ohne Brief des Notars T vom 4. Februar 2000 Urk.Nr ##/#### hinsichtlich der vor dem 1. Januar 2011 fällig gewordenen Grundschuldzinsen für unzulässig zu erklären.
26Die Beklagte beantragt,
27die Berufung zurückzuweisen.
28Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Verzögerung einer Vollstreckungshandlung sei nicht vom Rechtsschutzbedürfnis einer Vollstreckungsabwehr erfasst. Die von der Klägerin herangezogene Rechtsprechung des BGH zum fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnis sei auf verjährte Grundschuldzinsen nicht anwendbar, weil der BGH erst mit Urteil vom 28. September 1999 seine frühere Rechtsprechung, nach der die Verjährung von Grundschuldzinsen bis zum Eintritt des Sicherungsfalles gehemmt sei, aufgegeben habe. Die Klägerin müsse sich zudem daran festhalten lassen, dass sie mit Schreiben vom 22. April 2015 noch eine „Zusicherung“ habe ausreichen lassen und die Beklagte zeitnah eine solche abgegeben habe. Würde die Beklagte auf ein Vorgehen nach § 733 ZPO verwiesen, müsse sie den Titel jährlich auf ihre Kosten anpassen. Vorliegend drohe eine Zwangsvollstreckung wegen der verjährten Zinsen unzweifelhaft nicht. Dabei könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich die Beklagte beim Amtsgericht Detmold – wenn auch erfolglos – um ein Vorgehen nach § 733 ZPO bemüht habe. Selbst wenn ein Rechtsschutzbedürfnis bestünde, wäre die VollstreckungsgegenKlage jedenfalls rechtsmissbräuchlich.
29II.
30Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die erhobene VollstreckungsabwehrKlage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Es mangelt ihr bereits am Rechtsschutzbedürfnis. Hiervon unabhängig stellt sie sich auch als rechtsmissbräuchlich dar, so dass die Klage auch aus diesem Grund unzulässig ist. Im Einzelnen:
311. Es fehlt der VollstreckungsabwehrKlage am Rechtsschutzbedürfnis. Grundsätzlich ist nach der Rechtsprechung des BGH das Rechtsschutzbedürfnis für eine VollstreckungsgegenKlage gem. § 767 ZPO zwar solange gegeben, wie der Gläubiger den Titel in den Händen hält (st. Rspr., vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 767 ZPO Rn. 8 m. w. N.; BGH, Urteil vom 08. Februar 1984 - IVb ZR 52/82 -, juris m. w. N.; BGH, Urteil vom 19-09-1988 - II ZR 362/87 (Stuttgart) = NJW-RR 1989, 124 m. w. N.; BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91 -, juris m. w. N.; BGH, Beschluss vom 15.12.2011 - IX ZR 230/09 = BeckRS 2012, 00067). Das gilt selbst dann, wenn der Gläubiger nach Teilerfüllung für den Forderungsrest noch einen Titel benötigt; er kann dann nach § 733 ZPO eine beschränkte weitere Ausfertigung erwirken und den weitergehenden ursprünglichen Titel dem Schuldner aushändigen (BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91 -, juris m. w. N.; BGH, Urteil vom 23. November 1973 - V ZR 23/72 -, juris; BGH, Urteil vom 12. Juli 1955 - V ZR 11/53 -, juris = NJW 1955, 1556). Das Rechtschutzbedürfnis fehlt lediglich, wenn eine Zwangsvollstreckung unzweifelhaft nicht mehr droht (BGH, Beschluss vom 15.12.2011 - IX ZR 230/09 = BeckRS 2012, 00067 m. w. N.). So liegt es hier:
32a) Für ein „unzweifelhaftes Nicht-mehr-Drohen“ gelten nach der Rechtsprechung des BGH allerdings im Grundsatz strenge Anforderungen. Nicht ausreichend ist es etwa, wenn der Gläubiger auf sein Recht aus dem Titel verzichtet (vgl. Zöller/Herget, a.a.O.; BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91 -, juris m. w. N.). oder zwischen ihm und dem Schuldner Einigkeit darüber besteht, dass eine Zwangsvollstreckung nicht mehr in Betracht kommt (BGH, Beschluss vom 15.12.2011 - IX ZR 230/09 = BeckRS 2012, 00067 m. w. N.). Für ausreichend wurde es (erst) gehalten, wenn der Gläubiger den Titel an den Notar unter Verzicht auf Rücknahme herausgegeben hat, mit dem Auftrag, diesen an den Schuldner herauszugeben (BGH, Urteil vom 21.01.1994 - V ZR 238/92 (München) = NJW 1994, 1161). Ein bloßer Verzicht des Gläubigers auf die Zwangsvollstreckung ohne Herausgabe des Titels an den Schuldner beseitigt das Rechtsschutzinteresse nicht (MüKoZPO/Karsten Schmidt/Brinklageann, ZPO, 4. Aufl. 2012, § 767 Rn. 43).
33b) Der BGH hat jedoch geringere Anforderungen an das „unzweifelhafte Nicht-mehr-Drohen“ gestellt, wenn der Gläubiger den Titel noch für künftig fällig werdende (Unterhalts-)Leistungen benötigt (BGH, Urt. v. 08. Februar 1984, Az.: IVb ZR 52/82 – juris Rn. 19 ff.; für diese Konstellation wurde die Ausnahme des „unzweifelhaften Nicht-mehr-Drohens“ auch erstmals entwickelt). Der BGH hat insoweit darauf abgestellt, dass ein derartiger Titel vom Gläubiger nicht an den Schuldner herausgegeben wird, wenn dieser die Unterhaltsrente für einen bestimmten Zeitraum gezahlt hat, da er den Titel noch für die erst künftig fällig werdenden Ansprüche benötige. Dass der Gläubiger den Titel weiter in der Hand halte, begründe daher hier - anders als bei Titeln auf einmalige Leistungen - nicht schon für sich allein die Besorgnis, er werde daraus trotz bereits eingetretener Erfüllung noch einmal gegen den Schuldner vollstrecken (BGH, a.a.O.). Die vorstehende Ausnahme für wiederkehrende Leistungen hat der BGH in der Folge ausgedehnt und dem Grunde nach auch auf die Fallgruppe der Teilerfüllung in Ansatz gebracht (BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 – XI ZR 166/91 – juris Rn. 7, dort aber angesichts der konkreten Umstände des Falles abgelehnt). Die Übertragung der Ausnahme auf die Fallgruppe der Teilerfüllung ist nach Auffassung des Senats jedenfalls sachgerecht, da hier – ebenso wie bei titulierten zukünftigen Forderungen – das weitere „In-den-Händen-Halten“ des Titels allein nicht die Besorgnis begründet, der Titel würde missbräuchlich eingesetzt. Denn hier wie dort wird er für die weitere Restvollstreckung noch benötigt.
34c) Ob ein „unzweifelhaftes Nicht-mehr-Drohen“ vorliegt, ist eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Tatfrage (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011, Az.: IX ZR 230/09). Die vorzitierte Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2011 ist deswegen von Interesse, weil mit ihr die Revision gegen ein Urteil des OLG Jena nicht zugelassen wurde, welches gleichfalls eine VollstreckungsabwehrKlage gegen einen nicht vollständig erschöpften Titel, der nicht auf eine wiederkehrende Leistung lautete, zum Gegenstand hatte (Urt. v. 2. Dezember 2009, Az.: 2 U 557/09 = BeckRS 2012, 00090). Im dortigen Fall wurde vom Gläubiger der Titel noch für die Festsetzung der Zwangsvollstreckungskosten benötigt, so dass trotz des weiteren „In-den-Händen-halten“ des Titels nach Auffassung des OLG Jena kein Grund für die Annahme bestand, der Gläubiger wolle den bereits durch – unstreitige – Erfüllung erloschenen Forderungsteil vollstrecken. Im dortigen Verfahren hatte der Beklagte sowohl gegenüber dem Kläger die Zahlung bestätigt als auch gegenüber den Vollstreckungsgerichten erklärt, dass Hauptforderung und Zinsen gezahlt seien. Ferner hatte er die Anträge auf Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung zurückgenommen und im dortigen Verfahren nochmals erklärt, dass er den Titel nur noch für die – nicht getilgten – Kosten der Zwangsvollstreckung benötige. Bei dieser Sachlage – so das OLG Jena – habe der Kläger „kein anzuerkennendes Interesse daran, dass mit hoher Kostenbelastung für die Gegenseite richterlich etwas festgestellt wird, was zwischen den Parteien völlig unstreitig ist und was die Beklagte dem Kläger schriftlich bestätigt hat.“ Die VollstreckungsabwehrKlage sei deswegen unzulässig.
35d) Gemessen an all dem gilt nach Auffassung des Senats:
36aa) Es kann dahinstehen, ob die zukünftig fällig werdenden Grundschuldzinsen unter die anerkannte Ausnahmefallgruppe der „zukünftig wiederkehrenden Leistungen“ subsumiert werden kann (tendenziell bejahend: OLG Celle, Urt. v. 20. Februar 2013, Az.: 4 U 122/12; verneinend: OLG Nürnberg, Beschluss vom 13. Dezember 2012, Az.: 6 U 1600/12; OLG Dresden, Beschluss vom 3. Juli 2013, Az.: 9W 265/13), da sich vorliegend jedenfalls die Grundsätze zur Ausnahmefallgruppe der „Teilerfüllung“ fruchtbar machen lassen. Dass es vorliegend nicht um die Erfüllung, sondern um die Verjährung geht, ist ohne Belang. Hier wie dort geht es um zwischen den Parteien unstreitige Einwendungen gegen den titulierten Anspruch. Überdies dürfte bei verjährten Grundschuldzinsen eine Vollstreckung – erhebt der Schuldner die Einrede der Verjährung – noch weniger ernstlich drohen als bei teilweiser Erfüllung. Denn ältere und damit auch verjährte Zinsforderungen haben kraft Gesetzes eine schlechtere Rangklasse als das Grundschuldkapital und die Zinsen der letzten zwei Jahre. Wenn es – wie hier – um verjährte Grundschuldzinsen geht, ist nach Auffassung des Senats zudem bereits aufgrund des betroffenen Sachbereichs ein großzügigerer Maßstab bei der Frage des „unzweifelhaften nicht-mehr-Drohens“ anzulegen: Die – strenge – Rechtsprechung des BGH zum fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnis ist zu einer Zeit ergangen, als die Verjährung von Grundschuldzinsen erst mit Eintritt der Verwertungsreife begann. Erst im Jahr 1999 erfolgte insoweit eine Rechtsprechungsänderung, nach der es zur Verjährung der Zinsansprüche bereits vor Eintritt des Sicherungsfalles kommen konnte (BGH NJW 1999, 3705/3706). Erst nach dieser Rechtslage konnte sich damit überhaupt die Obliegenheit ergeben, gem. § 733 ZPO (ggf.: kontinuierlich) den Titel um die jeweils verjährten Zinsen anpassen zu müssen.
37bb) Vor diesem Hintergrund ergibt die Würdigung der tatsächlichen Umstände, dass vorliegend eine Zwangsvollstreckung nicht (mehr) ernstlich drohte. Eine drohende Zwangsvollstreckung konnte zunächst nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Beklagte ursprünglich auch die verjährten Forderungen im Zwangsversteigerungsverfahren angemeldet hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin die Einrede der Verjährung noch nicht erhoben, so dass keine materiellen Einwendungen gegen den titulierten Anspruch bestanden (vgl. OLG Celle, Urt. v. 20. Februar 2013, Az.: 4 U 122/12). Zwar hatte die Beklagte nach Erhebung der Einrede der Verjährung (mit Schreiben vom 22. April 2014) zunächst mit Schreiben vom 28. April 2016 (lediglich) erklärt, zum Versteigerungstermin die verjährten Zinsen nicht angemeldet zu haben. Mit Schreiben vom 28. Mai 2016 und damit vor Zustellung der Klageschrift hat sie jedoch ausdrücklich erklärt, dass sie „die verjährten Zinsen nicht beanspruche“ und „noch einmal ausdrücklich auf die Geltendmachung der verjährten Zinsen“ verzichte. Ob hierin bereits ein materiell-rechtliches Angebot auf Abschluss eines Verzichtsvertrages (§ 397 BGB) liegt, ist zwar zweifelhaft; jedenfalls lässt diese Äußerung bereits Rückschlüsse auf den mangelnden Vollstreckungswillen zu. Hinzu kommt, dass die Beklagte mit Schreiben vom gleichen Tag ihren Zwangsversteigerungsantrag auf die nicht verjährten Forderungsteile beschränkt und das Amtsgericht Detmold sodann antragsgemäß (unter dem 5. Juni 2015) das Zwangsversteigerungsverfahren insoweit wieder aufgehoben hatte. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte sogar den Versuch unternommen hat, entsprechend der vorzitierten Grundlinie des BGH die vollstreckbare Ausfertigung gem. § 733 ZPO auf die nicht verjährten Forderungsteile zu beschränken und damit (nochmals) ernstlich dokumentiert hat, eine Zwangsvollstreckung der verjährten Zinsen keinesfalls zu beabsichtigen. Entgegen der Auffassung der Klägerin war das Amtsgericht für den Antrag aus § 733 ZPO auch zuständig, da sich die notarielle Urkunde in der Verwahrung des Amtsgerichts Detmold befunden hatte (§ 797 Abs. 2 Satz 2 ZPO i.V.m. §§ 45, 51 BNotO). Dass der Rechtspfleger diesen Antrag abschlägig beschieden und die Beklagte gegen die Entscheidung des Rechtspflegers keine weiteren Rechtsbehelfe ergriffen hatte, kann nicht der redlichen Beklagten zur Last fallen, sondern belegt eher, wie wenig praktikabel das Vorgehen über § 733 ZPO sein kann. Eine Vollstreckung aus den verjährten Grundschuldzinsen ist ferner auch deswegen fernliegend, weil bereits das Grundschuldkapital und die nicht verjährten Zinsen die noch valutierende Forderung weit übersteigen, so dass für die Zwangsvollstreckung aus verjährten Zinsen keinerlei Bedarf besteht. In der Gesamtschau der vorstehenden Gesichtspunkte liegt nach Auffassung des Senats ein „unzweifelhaftes Nicht-mehr-Drohen“ der Vollstreckung der verjährten Forderungsteile vor. Es wäre unter den gegebenen Umständen von der Beklagten mehr als unvernünftig, unternähme sie auch nur den Versuch, wegen der verjährten Zinsforderung zu vollstrecken; ein solches Verhalten ist bei lebensnaher Bewertung schlechterdings nicht zu erwarten, sondern vielmehr sicher auszuschließen.
382. Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen ist die Klage auch wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig. Die vom Senat aufgestellten Kriterien (OLG Hamm, a.a.O., - juris Rn. 57 ff.) für Rechtsmissbrauch lassen sich auch hier feststellen:
39a) Die Verjährungseinrede wurde erstmals zwei Monate vor dem bereits angesetzten Versteigerungstermin erhoben. Es wurde damit zwar ein geringerer Zeitdruck aufgebaut als in dem zuvor vom Senat erschienenen Fall (dort: ein Monat). Gleichwohl spricht der – auch bei Gericht – aufgebaute Zeitdruck dafür, dass das Verfahren zeitlich so gestaltet wurde, um die vollständige einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung – wie dann ja auch geschehen – zu erwirken und so den bereits anberaumten Versteigerungstermin platzen zu lassen.
40Dies gilt umso mehr, als die Klägerin die Einrede der Verjährung zur Überzeugung des Senats auch wesentlich früher hätte erheben können. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat hat der Ehemann der Klägerin als deren Vertreter auf Nachfrage des Senats zunächst erklärt, er habe bereits im Jahr 2013 Kontakt mit Herrn Rechtsanwalt L aufgenommen. Auf Vorhalt des Senats, dass die Verjährungseinrede dann doch wesentlich früher hätte erhoben werden können, hat der Ehemann der Klägerin sodann erklärt, die Kontaktaufnahme müsse dann wohl doch erst später gewesen sein, und zwar nach Erstellung des ersten Wertgutachtens. Auf weiteren Vorhalt des Senats, dass auch dann mehrere Monate zur Erhebung der Verjährungseinrede zur Verfügung gestanden hätten, hat der Ehemann der Klägerin zunächst angegeben, Herr Rechtsanwalt L habe ihnen geraten zu warten. In dem Gespräch habe Herr L auch gesagt, es seien ja „Schulden falsch angerechnet worden“. Auf weitere Frage, ob Herr Rechtsanwalt L, der – wie dem Senat auch aus Parallelverfahren bekannt sei – regelmäßig Verfahren der hiesigen Art führe, dann doch sicherlich auch über die verjährten Grundschuldzinsen gesprochen habe, hat der Ehemann der Klägerin seine Einlassung abermals korrigiert. Nunmehr hat er erklärt, er habe nach dem Eingang des ersten Wertgutachtens zwar mit Herrn Rechtsanwalt L Kontakt aufgenommen, dieser habe ihn und seine Frau aber erst (noch) später beraten. Erst nach dem zweiten Wertgutachten aus dem Dezember 2014 (siehe Bl. 169 ff. BA) habe man mit Herrn Rechtsanwalt L zwei- bis dreimal telefoniert.
41Dass der Ehemann der Klägerin in dem – zugestandenen – Gespräch mit Herrn Rechtsanwalt L nach dem Eingang des ersten Wertgutachtens nicht beraten worden sein soll, hat der Senat dem Ehemann der Klägerin – der auf Vorhalt seine Ausführungen stets angepasst hatte – nicht abgenommen. Dass im Rahmen der zugestandenen Kontaktaufnahme mit Herrn Rechtsanwalt L (spätestens) nach Erstellung des ersten Wertgutachtens auch eine inhaltliche Beratung erfolgt ist, wird schon durch die Erklärung des Klägers, Herr L habe auf „falsch angerechnete Schulden“ verwiesen, belegt. Dieser Aussage muss eine – zumindest summarische – Prüfung vorausgegangen sein. Dass bei dieser Gelegenheit dem – auf Verfahren der vorliegenden Art spezialisierten – Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Verjährung der Zinsen nicht aufgefallen sein sollte (oder er den Ehemann der Klägerin hierauf nicht hingewiesen haben) sollte, ist ernstlich nicht anzunehmen. Das Ergebnis der Parteianhörung korrespondiert damit zur Überzeugung des Senats mit dem aus dem äußeren Verfahrensablauf gewonnenen Eindruck, dass durch den künstlichen Aufbau von Zeitdruck das Gericht veranlasst werden sollte, die vollständige vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung auszusprechen.
42b) Die Klägerin verfolgt keine noch vom Schutzzweck der Vollstreckungsabwehrklage abgedeckten legitimen Ziele. Zweck der Vollstreckungsabwehrklage ist es, die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung im Umfang des Bestehens materieller Einwendungen gegen den titulierten Anspruch herzustellen. In der Hauptsache könnte die Klägerin deswegen – wie auch beantragt – die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung (nur) wegen der verjährten Zinsen erwirken. Dass dies nicht ihr wahres Rechtschutzziel ist, hat sie damit offenbart, dass sie gegen die Abänderung des Einstellungsbeschlusses – der entsprechend die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung nur hinsichtlich der verjährten Forderungsteile aussprach – Gegenvorstellung mit dem Einwand erhoben hat „nur die komplette Einstellung helfe den Schuldnern weiter“. Selbstverständlich muss im Übrigen auch die nur teilweise einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zulässig sein (vgl. OLGR Köln 1992, 162 f.), denn andernfalls erhielte der Schuldner im einstweiligen Rechtsschutz mehr, als er in der Hauptsache jemals erlangen könnte. Dass es der Klägerin letztlich nur um Zeitgewinn geht, belegt auch ihre Äußerung, sie benötige die Einstellung, um Zeit für eine Umschuldung zu gewinnen. All dies zeigt, dass sie den verjährten Forderungsteil lediglich als „Hebel“ zur Verwirklichung verfahrensfremder Ziele einsetzt.
43c) Hiervor muss die Beklagte als redliche Gläubigerin geschützt werden. Es bestand – siehe oben – keine ernstliche Gefahr der Vollstreckung verjährter Zinsen, da die Beklagte bei Zustellung der Klage die Zwangsvollstreckung wirksam auf die nicht verjährten Forderungsteile beschränkt hatte.
443. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Dabei kann dahinstehen, ob die vom Senat angenommene Rechtsmissbräuchlichkeit der Vollstreckungsabwehrklage eine zulassungsbedürftige Rechtsfrage aufwirft. Denn die vorliegende Entscheidung beruht selbstständig tragend darauf, dass der Klägerin auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Vollstreckungsabwehrklage fehlt. Dies aber ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011, Az.: IX ZR 230/09).
(1) Vor der Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung kann der Schuldner gehört werden, sofern nicht die zuerst erteilte Ausfertigung zurückgegeben wird.
(2) Die Geschäftsstelle hat von der Erteilung der weiteren Ausfertigung den Gegner in Kenntnis zu setzen.
(3) Die weitere Ausfertigung ist als solche ausdrücklich zu bezeichnen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 11.11.2015 verkündete Urteil der Zivilkammer II des Landgerichts Detmold wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; das angefochtene Urteil ist jetzt ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten zu 2) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
3I.
4Die Klägerin wendet sich mit ihrer VollstreckungsabwehrKlage in der Berufungsinstanz (nur noch) gegen die Vollstreckung der früheren Beklagten zu 2) (nunmehr nur noch: Beklagte) aus einer notariellen Urkunde. Im Hinblick auf die (frühere) Beklagte zu 1) ist der Rechtsstreit erstinstanzlich durch Teilanerkenntnisurteil erledigt worden und nicht in die Berufungsinstanz gelangt.
5Die Klägerin ist Alleineigentümerin eines Grundstücks in M, G1, Flurstücks ####, Flur X, eingetragen im Grundbuch von M, Blatt ####.
6Die Beklagte betreibt die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldurkunde des Notars T in M vom 4. Februar 2000, UR-Nr. ##/####. Die titulierte Grundschuld dient der Absicherung eines von der Beklagten gewährten Immobilienkredits und hat einen Nominalbetrag in Höhe von 285.000,00 DM (=145.718,19 €), ferner ist eine Nebenleistung sowie eine Zinspflicht von 16 % seit dem 4. Februar 2000 tituliert. Wegen dieser Forderungen unterwarf sich die Klägerin der sofortigen Zwangsvollstreckung in das Pfandobjekt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde verwiesen (Bl. 56 ff. d.A.).
7Anfang 2010 kam die Klägerin mit ihren Darlehensraten erstmals in Verzug, weshalb die Beklagte schließlich unter dem 21. Juli 2011 die Kündigung des Darlehens aussprach. Am 22. November 2011 wurde der Klägerin die vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde zugestellt. Zuvor – am 22. August 2011 – war zwischen den Parteien zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung eine Teilleistungsvereinbarung geschlossen worden, die am 30. September 2013 ausgelaufen war.
8Auf entsprechenden Antrag der Beklagten vom 17. Januar 2014 ordnete das Amtsgericht Detmold mit Beschluss vom 30. April 2014 die Zwangsversteigerung wegen sämtlicher titulierter Forderungen, also einschließlich der Grundschuldzinsen ab dem 4. Februar 2000, an (Bl. 63 f. d.A.).
9Spätestens nach Erstellung des ersten Wertgutachtens vom 12. August 2014, mit dem ein Verkehrswert von 170.000,00 € ermittelt worden war (Bl. 54 ff. der Beiakte AG Detmold, ## K #/##), wandte sich die Klägerin an ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten, auf den sie durch eine Internet-Recherche aufmerksam geworden war. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin steht hinter der Internet-Seite „www.#####-#############.de“, mit der er erklärtermaßen „Tricks gegen die Versteigerung“ vermittelt.
10Mit Beschluss vom 11. Februar 2015 wurde der Verkehrswert nach Einholung eines Gutachtens letztlich auf 210.000,00 € festgesetzt. Mit weiterem Beschluss vom 9. März 2015 wurde der erste Zwangsversteigerungstermin auf den 22. Juni 2015 festgesetzt.
11Erstmals mit Schreiben vom 22. April 2015 ließ die Klägerin über ihren späteren Prozessbevollmächtigten die Einrede der Verjährung hinsichtlich der Zinsen vor dem 1. Januar 2011 erheben und die Beklagte unter Fristsetzung zum 6. Mai 2015 auffordern, den Titel herauszugeben oder einen Austausch vorzunehmen bzw. einen solchen zuzusichern (Bl. 66 d.A.). Die Beklagte lehnte dies unter dem 28. April 2015 unter anderem mit dem Hinweis ab, dass die verjährten Zinsen in die Rangklasse 5 fielen und sie – die Beklagte – bei der Forderungsanmeldung ihren Zinsanspruch auf die Rangklasse 4 beschränkt habe; auch zum Erlösverteilungstermin werde sie eine entsprechende Einschränkung vornehmen (Bl. 68 f. d.A.).
12Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2015 hat die Klägerin unter dem Hinweis „Eilt Versteigerung läuft !!!“ Prozesskostenhilfe für die hiesige VollstreckungsabwehrKlage sowie im beigefügten Klageentwurf die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragt, wobei sie Klage und Einstellungsantrag damit begründet hat, dass die Grundschuldzinsen bis zum 1. Januar 2011 verjährt seien und die Beklagte auch wegen der verjährten Zinsen vollstrecke. Die Beklagte hat im Prozesskostenhilfeverfahren mit Schreiben vom 28. Mai 2015 erklärt, dass sie „die verjährten Zinsen nicht beanspruche“, „noch einmal ausdrücklich auf die Geltendmachung der verjährten Zinsen vor dem 01.11.2011 verzichte“ und „mit gleichtätigem Schreiben die Zwangsvollstreckung darauf“ beschränke (Bl. 102 ff. d.A.). Insoweit hat sie auf ein Schreiben an das Amtsgericht Detmold vom gleichen Tag verwiesen, mit dem sie den Antrag auf Zwangsversteigerung auf das Grundschuldkapital, fällige Zinsen ab dem 01.11.2011 und die einmaligen Nebenleistung beschränkte (Bl. 105 d.A.). Mit Beschluss vom 5. Juni 2015 hob das Amtsgericht Detmold das Zwangsversteigerungsverfahren hinsichtlich der dinglichen Zinsen bis zum 31. Oktober 2011 wegen teilweiser Antragsrücknahme auf (Bl. 132 d.A.).
13Mit Beschluss vom 9. Juni 2015 hat das Landgericht die Zwangsvollstreckung aus der streitgegenständlichen Urkunde einstweilen insgesamt eingestellt (Bl. 108 f. d.A.) und nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 31. Juli 2015 die Zustellung der Klage veranlasst. Der Zwangsversteigerungstermin vom 22. Juni 2015 wurde aufgehoben. Der mit der Grundschuld gesicherte Darlehensrückzahlungsanspruch belief sich am 22. Juni 2015 auf noch 127.613,96 €. Aktuell beträgt der Forderungsstand nach unwidersprochener Darstellung der Beklagten 137.585,27 €.
14Unter dem 27. August 2015 beantragte die Beklagte beim Amtsgericht Detmold als Verwahrstelle der Urkunden des Notars T eine Einschränkung der Vollstreckungsklausel (Bl. 304 f. d.A.). Mit Zwischenverfügung vom 1. September 2015 wies der zuständige Rechtspfleger darauf hin, dass der Einwand der Verjährung nicht im Klauselverfahren zu erheben, sondern im Zwangsvollstreckungsverfahren anzubringen sei (Bl. 306 d.A.). Mit Beschluss vom 9. September 2015 wurde der Antrag auf Einschränkung der Vollstreckungsklausel zurückgewiesen (Bl. 307 ff. d.A.).
15Im vorliegenden Rechtsstreit ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 8. September 2015 erklären, sie benötige die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung, „um Zeit für eine Umschuldung zu gewinnen, da die Beklagten ja nicht mit sich reden ließen und eine Umschuldung nicht innerhalb von zwei Wochen zu machen ist.“ (Bl. 144 d.A.). Mit Beschluss vom 21. Oktober 2015 hat das Landgericht den Einstellungsbeschluss vom 9. Juni 2015 abgeändert und die einstweilige Einstellung auf die verjährten Grundschuldzinsen beschränkt (Bl. 194 f. d.A.). Hiergegen hat die Klägerin unter dem 31. Oktober 2015 Gegenvorstellung erhoben und die Wiederherstellung des Beschlusses vom 9. Juni 2015 beantragt (Bl. 206 f. d.A.). Zur Begründung hat die Klägerin auf Rechtsprechung der Instanzgerichte zur vermeintlichen Unzulässigkeit einer Teileinstellung verwiesen (Bl. 208 ff. d.A.) sowie darauf, dass „es sich bei der Vollstreckung um ein recht formalisiertes Verfahren handelt und nur die komplette Einstellung den Schuldnern weiterhilft.“
16Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, es bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis für die VollstreckungsgegenKlage trotz des ausdrücklichen Verzichts der Beklagten hinsichtlich der verjährten Zinsen, denn diese halte den unbeschränkten Titel auch weiterhin in ihren Händen.
17Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
18die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Grundschuldurkunde ohne Brief des Notars T vom 4.02.2000, URNr. ##/####, hinsichtlich der vor dem 1.1.2011 fällig gewordenen Grundschuldzinsen für unzulässig zu erklären.
19Die Beklagte hat beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Sie ist der Ansicht gewesen, die Klage sei sowohl allgemein mangels Rechtsschutzbedürfnisses der Klägerin als auch speziell wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig.
22Das Landgericht hat die Klage unter Hinweis auf die Entscheidung des Senats (Urt. v. 22.12.2014, Aktenzeichen 5 U 80/14, zitiert nach juris Tz. 49 ff. m.w.N.) abgewiesen. Die VollstreckungsabwehrKlage sei gegenüber der Beklagten bereits unzulässig, da die Klägerin mit ihr das ihr prozessual zustehende Klagerecht missbrauche, um eine Verzögerung des Zwangsversteigerungsverfahrens zu erreichen. Die Klägerin habe selbst dargelegt, dass die Einstellung der Zwangsvollstreckung benötigt werde, um Zeit für eine Umschuldung zu gewinnen. Damit gehe es der Klägerin nicht um eine Abwehr der Vollstreckung bzgl. der verjährten Zinsen, sondern um eine Verzögerung schlechthin. Dieses Interesse sei nicht schutzwürdig. Denn das Instrument der VollstreckungsabwehrKlage und auch der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung solle dem Schuldnerschutz nur insoweit dienen, als dem Schuldner berechtigte materiell-rechtliche Einwendungen zustünden. Vorliegend stehe der Klägerin aber mit der Einrede der Verjährung keine materiell-rechtliche Einwendung zu, die sich gegen den titulierten Anspruch insgesamt richte.
23Mit ihrer Berufung wendet sich die Klägerin gegen das Klageabweisende Urteil. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die VollstreckungsabwehrKlage bestehe – solange der Gläubiger noch den Titel in den Händen halte – nach der Rechtsprechung des BGH selbst dann, wenn ein Verzicht auf die verjährten Zinsen vorliege oder Einigkeit bestehe, dass eine Zwangsvollstreckung aus den verjährten Zinsen nicht in Betracht kommt. Diskutiert habe der BGH einen Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses zudem nur in Fällen, in denen die titulierte Forderung teilweise erfüllt worden sei, woran es hier bereits fehle. Jedenfalls könne das Rechtsschutzbedürfnis nur bei Rückgabe des Titels oder dessen Abänderung gem. § 733 ZPO entfallen. Eine Abänderung sei auch ohne weiteres möglich, erzeuge weder erheblichen Kosten- noch Zeitaufwand und müsse regelmäßig nur ein einziges Mal erfolgen. Das Landgericht sei zu Unrecht von Rechtsmissbrauch ausgegangen. Legitimes (Klage-)Ziel sei nach wie vor die Beseitigung der Vollstreckbarkeit des Titels, die Einstellung der Zwangsvollstreckung insgesamt – für die zudem die Klägerin nicht die Verantwortung trage – sei lediglich ein „Nebenprodukt“. Soweit die Beklagte hierdurch Nachteile erleide, füge sie sich diese aufgrund ihrer Weigerungshaltung selber zu. Dass die Klägerin versuche, ihr Haus durch eine Umschuldung zu retten, sei ihr Recht und begründe keinen Rechtsmissbrauch. So sei auch der Schuldnerin des Parallelverfahrens OLG Hamm 5 U 51/15 aufgrund des Zeitgewinns eine Umschuldung gelungen. Der Wille zur Umschuldung begründe auch deswegen keine Benachteiligungsabsicht, weil im Falle einer Umschuldung die titulierte Forderung voll beglichen würde.
24Die Klägerin beantragt,
25unter Abänderung des Landgerichts Detmold vom 11. November 2015 die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 2) aus der notariellen Grundschuldurkunde ohne Brief des Notars T vom 4. Februar 2000 Urk.Nr ##/#### hinsichtlich der vor dem 1. Januar 2011 fällig gewordenen Grundschuldzinsen für unzulässig zu erklären.
26Die Beklagte beantragt,
27die Berufung zurückzuweisen.
28Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Verzögerung einer Vollstreckungshandlung sei nicht vom Rechtsschutzbedürfnis einer Vollstreckungsabwehr erfasst. Die von der Klägerin herangezogene Rechtsprechung des BGH zum fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnis sei auf verjährte Grundschuldzinsen nicht anwendbar, weil der BGH erst mit Urteil vom 28. September 1999 seine frühere Rechtsprechung, nach der die Verjährung von Grundschuldzinsen bis zum Eintritt des Sicherungsfalles gehemmt sei, aufgegeben habe. Die Klägerin müsse sich zudem daran festhalten lassen, dass sie mit Schreiben vom 22. April 2015 noch eine „Zusicherung“ habe ausreichen lassen und die Beklagte zeitnah eine solche abgegeben habe. Würde die Beklagte auf ein Vorgehen nach § 733 ZPO verwiesen, müsse sie den Titel jährlich auf ihre Kosten anpassen. Vorliegend drohe eine Zwangsvollstreckung wegen der verjährten Zinsen unzweifelhaft nicht. Dabei könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich die Beklagte beim Amtsgericht Detmold – wenn auch erfolglos – um ein Vorgehen nach § 733 ZPO bemüht habe. Selbst wenn ein Rechtsschutzbedürfnis bestünde, wäre die VollstreckungsgegenKlage jedenfalls rechtsmissbräuchlich.
29II.
30Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die erhobene VollstreckungsabwehrKlage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Es mangelt ihr bereits am Rechtsschutzbedürfnis. Hiervon unabhängig stellt sie sich auch als rechtsmissbräuchlich dar, so dass die Klage auch aus diesem Grund unzulässig ist. Im Einzelnen:
311. Es fehlt der VollstreckungsabwehrKlage am Rechtsschutzbedürfnis. Grundsätzlich ist nach der Rechtsprechung des BGH das Rechtsschutzbedürfnis für eine VollstreckungsgegenKlage gem. § 767 ZPO zwar solange gegeben, wie der Gläubiger den Titel in den Händen hält (st. Rspr., vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 767 ZPO Rn. 8 m. w. N.; BGH, Urteil vom 08. Februar 1984 - IVb ZR 52/82 -, juris m. w. N.; BGH, Urteil vom 19-09-1988 - II ZR 362/87 (Stuttgart) = NJW-RR 1989, 124 m. w. N.; BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91 -, juris m. w. N.; BGH, Beschluss vom 15.12.2011 - IX ZR 230/09 = BeckRS 2012, 00067). Das gilt selbst dann, wenn der Gläubiger nach Teilerfüllung für den Forderungsrest noch einen Titel benötigt; er kann dann nach § 733 ZPO eine beschränkte weitere Ausfertigung erwirken und den weitergehenden ursprünglichen Titel dem Schuldner aushändigen (BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91 -, juris m. w. N.; BGH, Urteil vom 23. November 1973 - V ZR 23/72 -, juris; BGH, Urteil vom 12. Juli 1955 - V ZR 11/53 -, juris = NJW 1955, 1556). Das Rechtschutzbedürfnis fehlt lediglich, wenn eine Zwangsvollstreckung unzweifelhaft nicht mehr droht (BGH, Beschluss vom 15.12.2011 - IX ZR 230/09 = BeckRS 2012, 00067 m. w. N.). So liegt es hier:
32a) Für ein „unzweifelhaftes Nicht-mehr-Drohen“ gelten nach der Rechtsprechung des BGH allerdings im Grundsatz strenge Anforderungen. Nicht ausreichend ist es etwa, wenn der Gläubiger auf sein Recht aus dem Titel verzichtet (vgl. Zöller/Herget, a.a.O.; BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91 -, juris m. w. N.). oder zwischen ihm und dem Schuldner Einigkeit darüber besteht, dass eine Zwangsvollstreckung nicht mehr in Betracht kommt (BGH, Beschluss vom 15.12.2011 - IX ZR 230/09 = BeckRS 2012, 00067 m. w. N.). Für ausreichend wurde es (erst) gehalten, wenn der Gläubiger den Titel an den Notar unter Verzicht auf Rücknahme herausgegeben hat, mit dem Auftrag, diesen an den Schuldner herauszugeben (BGH, Urteil vom 21.01.1994 - V ZR 238/92 (München) = NJW 1994, 1161). Ein bloßer Verzicht des Gläubigers auf die Zwangsvollstreckung ohne Herausgabe des Titels an den Schuldner beseitigt das Rechtsschutzinteresse nicht (MüKoZPO/Karsten Schmidt/Brinklageann, ZPO, 4. Aufl. 2012, § 767 Rn. 43).
33b) Der BGH hat jedoch geringere Anforderungen an das „unzweifelhafte Nicht-mehr-Drohen“ gestellt, wenn der Gläubiger den Titel noch für künftig fällig werdende (Unterhalts-)Leistungen benötigt (BGH, Urt. v. 08. Februar 1984, Az.: IVb ZR 52/82 – juris Rn. 19 ff.; für diese Konstellation wurde die Ausnahme des „unzweifelhaften Nicht-mehr-Drohens“ auch erstmals entwickelt). Der BGH hat insoweit darauf abgestellt, dass ein derartiger Titel vom Gläubiger nicht an den Schuldner herausgegeben wird, wenn dieser die Unterhaltsrente für einen bestimmten Zeitraum gezahlt hat, da er den Titel noch für die erst künftig fällig werdenden Ansprüche benötige. Dass der Gläubiger den Titel weiter in der Hand halte, begründe daher hier - anders als bei Titeln auf einmalige Leistungen - nicht schon für sich allein die Besorgnis, er werde daraus trotz bereits eingetretener Erfüllung noch einmal gegen den Schuldner vollstrecken (BGH, a.a.O.). Die vorstehende Ausnahme für wiederkehrende Leistungen hat der BGH in der Folge ausgedehnt und dem Grunde nach auch auf die Fallgruppe der Teilerfüllung in Ansatz gebracht (BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 – XI ZR 166/91 – juris Rn. 7, dort aber angesichts der konkreten Umstände des Falles abgelehnt). Die Übertragung der Ausnahme auf die Fallgruppe der Teilerfüllung ist nach Auffassung des Senats jedenfalls sachgerecht, da hier – ebenso wie bei titulierten zukünftigen Forderungen – das weitere „In-den-Händen-Halten“ des Titels allein nicht die Besorgnis begründet, der Titel würde missbräuchlich eingesetzt. Denn hier wie dort wird er für die weitere Restvollstreckung noch benötigt.
34c) Ob ein „unzweifelhaftes Nicht-mehr-Drohen“ vorliegt, ist eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Tatfrage (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011, Az.: IX ZR 230/09). Die vorzitierte Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2011 ist deswegen von Interesse, weil mit ihr die Revision gegen ein Urteil des OLG Jena nicht zugelassen wurde, welches gleichfalls eine VollstreckungsabwehrKlage gegen einen nicht vollständig erschöpften Titel, der nicht auf eine wiederkehrende Leistung lautete, zum Gegenstand hatte (Urt. v. 2. Dezember 2009, Az.: 2 U 557/09 = BeckRS 2012, 00090). Im dortigen Fall wurde vom Gläubiger der Titel noch für die Festsetzung der Zwangsvollstreckungskosten benötigt, so dass trotz des weiteren „In-den-Händen-halten“ des Titels nach Auffassung des OLG Jena kein Grund für die Annahme bestand, der Gläubiger wolle den bereits durch – unstreitige – Erfüllung erloschenen Forderungsteil vollstrecken. Im dortigen Verfahren hatte der Beklagte sowohl gegenüber dem Kläger die Zahlung bestätigt als auch gegenüber den Vollstreckungsgerichten erklärt, dass Hauptforderung und Zinsen gezahlt seien. Ferner hatte er die Anträge auf Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung zurückgenommen und im dortigen Verfahren nochmals erklärt, dass er den Titel nur noch für die – nicht getilgten – Kosten der Zwangsvollstreckung benötige. Bei dieser Sachlage – so das OLG Jena – habe der Kläger „kein anzuerkennendes Interesse daran, dass mit hoher Kostenbelastung für die Gegenseite richterlich etwas festgestellt wird, was zwischen den Parteien völlig unstreitig ist und was die Beklagte dem Kläger schriftlich bestätigt hat.“ Die VollstreckungsabwehrKlage sei deswegen unzulässig.
35d) Gemessen an all dem gilt nach Auffassung des Senats:
36aa) Es kann dahinstehen, ob die zukünftig fällig werdenden Grundschuldzinsen unter die anerkannte Ausnahmefallgruppe der „zukünftig wiederkehrenden Leistungen“ subsumiert werden kann (tendenziell bejahend: OLG Celle, Urt. v. 20. Februar 2013, Az.: 4 U 122/12; verneinend: OLG Nürnberg, Beschluss vom 13. Dezember 2012, Az.: 6 U 1600/12; OLG Dresden, Beschluss vom 3. Juli 2013, Az.: 9W 265/13), da sich vorliegend jedenfalls die Grundsätze zur Ausnahmefallgruppe der „Teilerfüllung“ fruchtbar machen lassen. Dass es vorliegend nicht um die Erfüllung, sondern um die Verjährung geht, ist ohne Belang. Hier wie dort geht es um zwischen den Parteien unstreitige Einwendungen gegen den titulierten Anspruch. Überdies dürfte bei verjährten Grundschuldzinsen eine Vollstreckung – erhebt der Schuldner die Einrede der Verjährung – noch weniger ernstlich drohen als bei teilweiser Erfüllung. Denn ältere und damit auch verjährte Zinsforderungen haben kraft Gesetzes eine schlechtere Rangklasse als das Grundschuldkapital und die Zinsen der letzten zwei Jahre. Wenn es – wie hier – um verjährte Grundschuldzinsen geht, ist nach Auffassung des Senats zudem bereits aufgrund des betroffenen Sachbereichs ein großzügigerer Maßstab bei der Frage des „unzweifelhaften nicht-mehr-Drohens“ anzulegen: Die – strenge – Rechtsprechung des BGH zum fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnis ist zu einer Zeit ergangen, als die Verjährung von Grundschuldzinsen erst mit Eintritt der Verwertungsreife begann. Erst im Jahr 1999 erfolgte insoweit eine Rechtsprechungsänderung, nach der es zur Verjährung der Zinsansprüche bereits vor Eintritt des Sicherungsfalles kommen konnte (BGH NJW 1999, 3705/3706). Erst nach dieser Rechtslage konnte sich damit überhaupt die Obliegenheit ergeben, gem. § 733 ZPO (ggf.: kontinuierlich) den Titel um die jeweils verjährten Zinsen anpassen zu müssen.
37bb) Vor diesem Hintergrund ergibt die Würdigung der tatsächlichen Umstände, dass vorliegend eine Zwangsvollstreckung nicht (mehr) ernstlich drohte. Eine drohende Zwangsvollstreckung konnte zunächst nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Beklagte ursprünglich auch die verjährten Forderungen im Zwangsversteigerungsverfahren angemeldet hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin die Einrede der Verjährung noch nicht erhoben, so dass keine materiellen Einwendungen gegen den titulierten Anspruch bestanden (vgl. OLG Celle, Urt. v. 20. Februar 2013, Az.: 4 U 122/12). Zwar hatte die Beklagte nach Erhebung der Einrede der Verjährung (mit Schreiben vom 22. April 2014) zunächst mit Schreiben vom 28. April 2016 (lediglich) erklärt, zum Versteigerungstermin die verjährten Zinsen nicht angemeldet zu haben. Mit Schreiben vom 28. Mai 2016 und damit vor Zustellung der Klageschrift hat sie jedoch ausdrücklich erklärt, dass sie „die verjährten Zinsen nicht beanspruche“ und „noch einmal ausdrücklich auf die Geltendmachung der verjährten Zinsen“ verzichte. Ob hierin bereits ein materiell-rechtliches Angebot auf Abschluss eines Verzichtsvertrages (§ 397 BGB) liegt, ist zwar zweifelhaft; jedenfalls lässt diese Äußerung bereits Rückschlüsse auf den mangelnden Vollstreckungswillen zu. Hinzu kommt, dass die Beklagte mit Schreiben vom gleichen Tag ihren Zwangsversteigerungsantrag auf die nicht verjährten Forderungsteile beschränkt und das Amtsgericht Detmold sodann antragsgemäß (unter dem 5. Juni 2015) das Zwangsversteigerungsverfahren insoweit wieder aufgehoben hatte. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte sogar den Versuch unternommen hat, entsprechend der vorzitierten Grundlinie des BGH die vollstreckbare Ausfertigung gem. § 733 ZPO auf die nicht verjährten Forderungsteile zu beschränken und damit (nochmals) ernstlich dokumentiert hat, eine Zwangsvollstreckung der verjährten Zinsen keinesfalls zu beabsichtigen. Entgegen der Auffassung der Klägerin war das Amtsgericht für den Antrag aus § 733 ZPO auch zuständig, da sich die notarielle Urkunde in der Verwahrung des Amtsgerichts Detmold befunden hatte (§ 797 Abs. 2 Satz 2 ZPO i.V.m. §§ 45, 51 BNotO). Dass der Rechtspfleger diesen Antrag abschlägig beschieden und die Beklagte gegen die Entscheidung des Rechtspflegers keine weiteren Rechtsbehelfe ergriffen hatte, kann nicht der redlichen Beklagten zur Last fallen, sondern belegt eher, wie wenig praktikabel das Vorgehen über § 733 ZPO sein kann. Eine Vollstreckung aus den verjährten Grundschuldzinsen ist ferner auch deswegen fernliegend, weil bereits das Grundschuldkapital und die nicht verjährten Zinsen die noch valutierende Forderung weit übersteigen, so dass für die Zwangsvollstreckung aus verjährten Zinsen keinerlei Bedarf besteht. In der Gesamtschau der vorstehenden Gesichtspunkte liegt nach Auffassung des Senats ein „unzweifelhaftes Nicht-mehr-Drohen“ der Vollstreckung der verjährten Forderungsteile vor. Es wäre unter den gegebenen Umständen von der Beklagten mehr als unvernünftig, unternähme sie auch nur den Versuch, wegen der verjährten Zinsforderung zu vollstrecken; ein solches Verhalten ist bei lebensnaher Bewertung schlechterdings nicht zu erwarten, sondern vielmehr sicher auszuschließen.
382. Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen ist die Klage auch wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig. Die vom Senat aufgestellten Kriterien (OLG Hamm, a.a.O., - juris Rn. 57 ff.) für Rechtsmissbrauch lassen sich auch hier feststellen:
39a) Die Verjährungseinrede wurde erstmals zwei Monate vor dem bereits angesetzten Versteigerungstermin erhoben. Es wurde damit zwar ein geringerer Zeitdruck aufgebaut als in dem zuvor vom Senat erschienenen Fall (dort: ein Monat). Gleichwohl spricht der – auch bei Gericht – aufgebaute Zeitdruck dafür, dass das Verfahren zeitlich so gestaltet wurde, um die vollständige einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung – wie dann ja auch geschehen – zu erwirken und so den bereits anberaumten Versteigerungstermin platzen zu lassen.
40Dies gilt umso mehr, als die Klägerin die Einrede der Verjährung zur Überzeugung des Senats auch wesentlich früher hätte erheben können. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat hat der Ehemann der Klägerin als deren Vertreter auf Nachfrage des Senats zunächst erklärt, er habe bereits im Jahr 2013 Kontakt mit Herrn Rechtsanwalt L aufgenommen. Auf Vorhalt des Senats, dass die Verjährungseinrede dann doch wesentlich früher hätte erhoben werden können, hat der Ehemann der Klägerin sodann erklärt, die Kontaktaufnahme müsse dann wohl doch erst später gewesen sein, und zwar nach Erstellung des ersten Wertgutachtens. Auf weiteren Vorhalt des Senats, dass auch dann mehrere Monate zur Erhebung der Verjährungseinrede zur Verfügung gestanden hätten, hat der Ehemann der Klägerin zunächst angegeben, Herr Rechtsanwalt L habe ihnen geraten zu warten. In dem Gespräch habe Herr L auch gesagt, es seien ja „Schulden falsch angerechnet worden“. Auf weitere Frage, ob Herr Rechtsanwalt L, der – wie dem Senat auch aus Parallelverfahren bekannt sei – regelmäßig Verfahren der hiesigen Art führe, dann doch sicherlich auch über die verjährten Grundschuldzinsen gesprochen habe, hat der Ehemann der Klägerin seine Einlassung abermals korrigiert. Nunmehr hat er erklärt, er habe nach dem Eingang des ersten Wertgutachtens zwar mit Herrn Rechtsanwalt L Kontakt aufgenommen, dieser habe ihn und seine Frau aber erst (noch) später beraten. Erst nach dem zweiten Wertgutachten aus dem Dezember 2014 (siehe Bl. 169 ff. BA) habe man mit Herrn Rechtsanwalt L zwei- bis dreimal telefoniert.
41Dass der Ehemann der Klägerin in dem – zugestandenen – Gespräch mit Herrn Rechtsanwalt L nach dem Eingang des ersten Wertgutachtens nicht beraten worden sein soll, hat der Senat dem Ehemann der Klägerin – der auf Vorhalt seine Ausführungen stets angepasst hatte – nicht abgenommen. Dass im Rahmen der zugestandenen Kontaktaufnahme mit Herrn Rechtsanwalt L (spätestens) nach Erstellung des ersten Wertgutachtens auch eine inhaltliche Beratung erfolgt ist, wird schon durch die Erklärung des Klägers, Herr L habe auf „falsch angerechnete Schulden“ verwiesen, belegt. Dieser Aussage muss eine – zumindest summarische – Prüfung vorausgegangen sein. Dass bei dieser Gelegenheit dem – auf Verfahren der vorliegenden Art spezialisierten – Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Verjährung der Zinsen nicht aufgefallen sein sollte (oder er den Ehemann der Klägerin hierauf nicht hingewiesen haben) sollte, ist ernstlich nicht anzunehmen. Das Ergebnis der Parteianhörung korrespondiert damit zur Überzeugung des Senats mit dem aus dem äußeren Verfahrensablauf gewonnenen Eindruck, dass durch den künstlichen Aufbau von Zeitdruck das Gericht veranlasst werden sollte, die vollständige vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung auszusprechen.
42b) Die Klägerin verfolgt keine noch vom Schutzzweck der Vollstreckungsabwehrklage abgedeckten legitimen Ziele. Zweck der Vollstreckungsabwehrklage ist es, die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung im Umfang des Bestehens materieller Einwendungen gegen den titulierten Anspruch herzustellen. In der Hauptsache könnte die Klägerin deswegen – wie auch beantragt – die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung (nur) wegen der verjährten Zinsen erwirken. Dass dies nicht ihr wahres Rechtschutzziel ist, hat sie damit offenbart, dass sie gegen die Abänderung des Einstellungsbeschlusses – der entsprechend die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung nur hinsichtlich der verjährten Forderungsteile aussprach – Gegenvorstellung mit dem Einwand erhoben hat „nur die komplette Einstellung helfe den Schuldnern weiter“. Selbstverständlich muss im Übrigen auch die nur teilweise einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zulässig sein (vgl. OLGR Köln 1992, 162 f.), denn andernfalls erhielte der Schuldner im einstweiligen Rechtsschutz mehr, als er in der Hauptsache jemals erlangen könnte. Dass es der Klägerin letztlich nur um Zeitgewinn geht, belegt auch ihre Äußerung, sie benötige die Einstellung, um Zeit für eine Umschuldung zu gewinnen. All dies zeigt, dass sie den verjährten Forderungsteil lediglich als „Hebel“ zur Verwirklichung verfahrensfremder Ziele einsetzt.
43c) Hiervor muss die Beklagte als redliche Gläubigerin geschützt werden. Es bestand – siehe oben – keine ernstliche Gefahr der Vollstreckung verjährter Zinsen, da die Beklagte bei Zustellung der Klage die Zwangsvollstreckung wirksam auf die nicht verjährten Forderungsteile beschränkt hatte.
443. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Dabei kann dahinstehen, ob die vom Senat angenommene Rechtsmissbräuchlichkeit der Vollstreckungsabwehrklage eine zulassungsbedürftige Rechtsfrage aufwirft. Denn die vorliegende Entscheidung beruht selbstständig tragend darauf, dass der Klägerin auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Vollstreckungsabwehrklage fehlt. Dies aber ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011, Az.: IX ZR 230/09).
(1) Die Hypothek für Rückstände von Zinsen und anderen Nebenleistungen sowie für Kosten, die dem Gläubiger zu erstatten sind, erlischt, wenn sie sich mit dem Eigentum in einer Person vereinigt. Das Erlöschen tritt nicht ein, solange einem Dritten ein Recht an dem Anspruch auf eine solche Leistung zusteht.
(2) Zum Verzicht auf die Hypothek für die im Absatz 1 bezeichneten Leistungen genügt die Erklärung des Gläubigers gegenüber dem Eigentümer. Solange einem Dritten ein Recht an dem Anspruch auf eine solche Leistung zusteht, ist die Zustimmung des Dritten erforderlich. Die Zustimmung ist demjenigen gegenüber zu erklären, zu dessen Gunsten sie erfolgt; sie ist unwiderruflich.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)